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A. W. Tozer
Das Wesen Gottes
Eigenschaften Gottes und ihre Bedeutungfr das Glaubensleben
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Tozer, Aiden W.:
Das Wesen Gottes : Eigenschaften Gottes und ihre Bedeutung
fr das Glaubensleben / A. W. Tozer. [bers, aus dem
Amerikan. von LITERA/Sperling-Botteron]. - [Nachdr.J -
Neuhausen-Stuttgart : Hnssler, 1996
(Hnssler-Taschenbuch)
Einheitssacht.: The knowledge of the holy
ISBN 3-7751-2604-X
Das vorliegende Buch erschien in einer frheren Ausgabe alsTELOS-Paperback Nr. 1258.
Copyright 1961 by Aiden Wildson TozerPublished by Harper & Row Publishers, Incorporated,New York, USA
Originaltitel: The Knowledge of the Holybersetzt von LITERA/Sperling-Botteron
hnssler-Taschenbuch
Bestell-Nr. 392.604
Copyright der deutschen Ausgabe 1985 und 1996
by Hnssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart
Umschlaggestaltung: Stefanie Stegbauer
Titelfoto: Reiner Baumann (MEV Verlag)
Gesamtherstellung: Ebner Ulm
Inhalt
Vorwort 7
Es ist wichtig, sich Gott richtig vorzustellen! .... 10
Gott ist unbegreiflich 15
Eine gttliche Eigenschaft-was ist das? 22
Die heilige Dreieinigkeit 27
Die Unbedingtheit Gottes 35
Gott gengt sich selbst 43
Die Ewigkeit Gottes 49
Gottes Unendlichkeit 54
Die Unvernderlichkeit Gottes 60
Die gttliche Allwissenheit 67
Die Weisheit Gottes 71
Die Allmacht Gottes 78
Die gttliche Erhabenheit 82
Gottes Allgegenwart 87
Die Treue Gottes 91
Die Gte Gottes 96
Die Gerechtigkeit Gottes 100
Die Barmherzigkeit Gottes 105
Die Gnade Gottes 109
Die Liebe Gottes 114
Die Heiligkeit Gottes 121
Die Souvernitt Gottes 127
Das offene Geheimnis 134
Anmerkungen 138
VORWORT
Wahre Religion stellt Erde und Himmel einander gegenberund macht die Einwirkung der Ewigkeit auf die Zeit erkennbar.Ein Botschafter Christi, der als Beauftragter Gottes spricht, muauch den Zustand seiner Hrer ansprechen, so sagen die Quker.Tut er das nicht, so redet er eine Sprache, die nur ihm selbstverstndlich ist. Seine Botschaft mu also nicht nur zeitlos,sondern auch zeitgem sein. Er mu zu seiner eigenen Genera-tion sprechen.
Die Botschaft dieses Buches ist nicht neu, aber sie ist geradeheute wichtig, denn die Gemeinde Jesu ist seit Jahren in einemZustand, der sich zusehends verschlimmert. Die Gemeinde hatden Sinn fr Gottes Majestt verloren und hat ihre einstigeGottesvorstellung durch eine andere ersetzt, die niedrig und Gottunangemessen ist. Diese fr einen glaubenden und denkendenMenschen vllig unwrdige Tat geschah jedoch nicht bewut oderabsichtlich, sondern nach und nach. Doch gerade dieses Unbe-wute macht alles noch schlimmer.
Die niedrige Gottesvorstellung, die heute unter den Christenbeinahe berall zu finden ist, ist auch die Grundlage fr zahlreichekleinere und weit verbreitete bel. Dieser eine Irrtum in unseremreligisen Denken fhrt zu einer vollstndig neuen Konzeptionunseres christlichen Lebens.
Mit dem Verlust des Majesttsbegriffs verlieren wir auch dasBewutsein fr Gottes Gegenwart und die Ehrfurcht vor ihm. Wirhaben den Geist der Anbetung und die Fhigkeit, uns innerlich zusammeln und Gott in anbetungsvollem Schweigen zu begegnen,verloren. Das moderne Christentum bringt einfach keine Christenmehr hervor, die das Leben im Geist richtig zu schtzen wissenoder persnlich erfahren. Das Wort: Seid stille und erkennet,da ich Gott bin (Ps 46,11) bedeutet dem betriebsamen Glubi-gen von heute nicht mehr viel.
Dieser Verlust der Vorstellung von Gottes Majestt ist ausge-rechnet zu einem Zeitpunkt eingetreten, an dem religise Mchte
aufsehenerregende Erfolge erzielten und die Kirchen ganz neuaufblhten. Das Erschreckende dabei ist, da unsere Erfolgegrtenteils uerer Art und unsere Verluste ausschlielich inner-lich sind. Aber gerade weil die Qualitt unseres Glaubens vominneren Zustand abhngig ist, knnten sich unsere vermeintlichenErfolge in Wahrheit als tiefgehende Verluste erweisen.
Das, was uns geistlich verlorengegangen ist, knnen wir nurdadurch wieder erlangen, da wir die Ursachen aufdecken undntige Korrekturen vornehmen. Unsere Schwierigkeiten habendamit begonnen, da wir die Erkenntnis des heiligen Gottesverloren haben, und wir werden diese Schwierigkeiten auch nurdurch eine Wiederentdeckung der Majestt Gottes loswerden.Solange unsere Vorstellungen von Gott falsch oder unangemessensind, ist es unmglich, unser Verhalten und unsere innere Einstel-lung gesund zu erhalten. Wenn unser Leben wieder geistlicheKraft bekommen soll, mssen wir damit beginnen, so ber Gott zudenken, wie er in Wirklichkeit ist.
Diese Studie ber die Eigenschaften Gottes soll mein beschei-dener Beitrag zu einem besseren Verstndnis der allerhchstenMajestt sein. Wrden die Glubigen auch heute noch die Werkeeines Augustinus oder Anselm von Canterbury lesen, so wre einBuch wie dieses nicht ntig. Doch diese von Gott erleuchteten,geistlichen Meister sind dem modernen Christen nur noch demNamen nach bekannt. Wie es sich gehrt, erscheinen ihre Bcherimmer wieder in neuen Auflagen und finden dann auch auf denBcherregalen unserer Studierzimmer ihren Platz. Doch leiderbleiben sie dort, denn in der gegenwrtig herrschenden Stimmungist es sogar fr gebildete Christen praktisch unmglich, sie zulesen.
Offensichtlich machen sich nur sehr wenige die Mhe, Hunder-te von Seiten anspruchsvoller geistlicher Literatur konzentriertdurchzuarbeiten, denn solche Bcher erinnern manchen an dieKlassiker, die er in der Schule lesen mute, und so wendet er sichentmutigt ab.
Aus diesen Grnden halte ich dieses Buch fr sehr ntzlich,denn es ist weder auf Eingeweihte noch auf Experten zugeschnit-ten und in der Sprache der einfachen Andacht gehalten, waszustzlich zum Lesen ermuntern soll. Obwohl ich glaube, da der
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Inhalt dieses Buches in jedem Punkt einer gesunden christlichenTheologie entspricht, ist es nicht fr theologische Fachleutegeschrieben, sondern fr alle, die Gott mit dem schlichten Verlan-gen ihres Herzens suchen.
Ich hoffe, da dieses Buch den persnlichen Glauben einesjeden Lesers vertieft, und sollten einige durch das Lesen ermutigtwerden, damit anzufangen, ehrfrchtig ber das Wesen Gottesnachzusinnen, dann hat sich alle Mhe, die dieses Buch gemachthat, vollauf gelohnt.
A. W. Tozer
KAPITEL 1
Es ist wichtig, sich Gott richtigvorzustellen!
O Herr, allmchtiger Gott - nicht der Gott der Philoso-phen und der Weisen, sondern der Gott der Propheten undApostel und vor allem der Gott und Vater unseres HerrnJesu Christi - darf ich es ungescholten wagen, von Dir zureden?
Die, welche Dich nicht kennen, sehen Dich als einen Gott,der Du in Wirklichkeit gar nicht bist. Und so beten sienicht Dich an, sondern ein Gebilde ihrer eigenen Phanta-sie. Erleuchte deshalb unsere Sinne und la uns Dich soerkennen, wie Du bist, auf da wir Dich uneingeschrnktlieben und Dich recht preisen knnen. Im Namen unseresHerrn Jesu Christi. Amen.
Eines Tages wird es wohl offenbar werden, da ein Volk immerauf dem Niveau geblieben ist, auf dem auch seine Religion war,und die menschliche Geistesgeschichte wird gewi zeigen, dakeine Religion je grer gewesen ist, als auch ihre Gottesvorstel-lung es war. Die Gottesverehrung steht auf hohem oder aufniedrigem Niveau, je nachdem ob der Glubige hohe oder niedri-ge Vorstellungen von Gott hat.
Deshalb ist die Gottesvorstellung selbst immer die entscheidend-ste Frage fr eine Gemeinde, und ebenso ist bei einem Menschennicht das, was er in einem bestimmten Moment sagt oder tut, dasBedeutsamste, sondern seine Auffassung von Gott. Aufgrundeines verborgenen Gesetzes der Seele neigen wir dazu, unseremgeistigen Gottesbild nachzustreben. Das trifft nicht nur auf deneinzelnen Glubigen zu, sondern auch auf die Gemeinschaft derGlubigen, die Gemeinde. Das Aufschlureichste an einer Ge-meinde ist stets ihre Vorstellung von Gott, und ihre Botschaft istgekennzeichnet von dem, was sie ber Gott sagt oder verschweigt-und manchmal ist das Schweigen beredter als alles Reden. Nie kanneine Gemeinde verhindern, da ihr Gottesbild enthllt wird.
Wre es mglich, von irgendeinem Menschen eine umfassende
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Antwort auf die Frage zu bekommen, was ihm beim Gedanken anGott durch den Kopf geht, so knnten wir mit Sicherheit diegeistliche Zukunft dieses Menschen voraussagen. Wre uns be-kannt, was die einflureichen und magebenden Persnlichkeitendes religisen Lebens heute von Gott denken, so knnten wir miteiniger Genauigkeit voraussehen, wo die Gemeinde morgenstehen wird.
Ohne Zweifel ist der grte Gedanke, dessen der menschlicheGeist fhig ist, der Gottesgedanke, und das bedeutendste Wortjeder Sprache ist ihr Ausdruck fr Gott. Denken und sprechensind Gaben, die Gott den nach seinem Bilde gestalteten Geschp-fen gibt. Beide sind eng und unauflslich mit ihm verbunden. Esist hchst bedeutsam, da das erste Wort das Wor/war: Das Wortwar bei Gott, und Gott war das Wort (Joh 1,1). Wir knnenreden, weil Gott redet. In ihm sind Wort und Gedanke nichtvoneinander zu trennen.
Es ist fr uns von grter Wichtigkeit, da unsere Gottesvor-stellung so nahe wie mglich an das wahre Wesen Gottes heran-reicht. Verglichen mit dem, was wir wirklich ber Gott denken,sind Bekenntnisse unseres Glaubens von geringerer Bedeutung.Unsere eigentliche Gottesvorstellung kann unter dem Schuttlandlufiger religiser Auffassungen vergraben liegen, und esbedarf einer wohlberlegten und entschlossenen Suche, damit sieschlielich ausgegraben und erkennbar gemacht werden kann.Nur durch eine schmerzhafte Selbstprfung ergibt sich fr uns dieMglichkeit, herauszufinden, was wir im tiefsten Grunde berGott denken.
Eine richtige Gottesvorstellung ist nicht nur die Grundlage frdie systematische Theologie, sondern auch fr das praktischeGlaubensleben. Sie ist das Fundament des Gottesdienstes. Ist eszu klein oder falsch gebaut, so mu das ganze Gebude frheroder spter zusammenstrzen. Ich glaube kaum, da es irgend-welche Irrtmer in der Lehre oder Versagen im praktischenChristenleben gibt, die nicht letzten Endes alle auf unvollkomme-ne und niedrige Gottesvorstellungen zurckgefhrt werdenknnen.
Meiner Meinung nach ist die Auffassung der heutigen Christenvon Gott so dekadent, da sie in keiner Weise der Wrde Gottes,
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des Allerhchsten, entspricht. Da dies auch bei ernsthaftenGlubigen so ist, ist beinahe so etwas wie eine moralische Kata-strophe.
Wrde man uns auf einen Schlag mit allen Problemen desHimmels und der Erde konfrontieren, so wren diese unerheb-lich, verglichen mit der alles berragenden Frage nach Gott:seiner Existenz, seinem Wesen und den Aufgaben, die wir alssittliche Wesen ihm gegenber haben.
Wer zum richtigen Gottesglauben gelangt, wird eine Mengeirdischer Probleme los, denn er erkennt sofort, da diese durchDinge entstehen, die ihn hchstens noch fr eine kurze Zeitbeschftigen. Doch auch wenn die zahlreichen irdischen Proble-me von ihm genommen wren, so wrde an deren Stelle diemchtige Brde der Ewigkeit auf ihm zu lasten beginnen, undzwar viel schwerer als alle Nte der Welt vereint. Diese mchtigeBrde ist eine Verpflichtung Gott gegenber. Sie beinhaltet dielebenslngliche Pflicht, Gott mit allen Krften des Geistes undder Seele zu lieben, ihm vllig gehorsam zu sein und ihn anzu-beten, wie es ihm gebhrt. Wenn das unruhige Gewissen demMenschen sagt, da er nichts von alledem getan hat, sondern sichseit seiner Kindheit der schndlichen Auflehnung gegen dieMajestt des Himmels schuldig gemacht hat, so kann die innereSelbstanklage unertrglich werden.
Das Evangelium vermag die Seele von dieser zerstrerischenLast zu befreien und den bedrckten Geist gegen Lobpreisauszutauschen. Solange jedoch der Mensch die Schwere dieserLast nicht versprt, bedeutet ihm auch das Evangelium nichts.Und bevor er nicht die Erhabenheit und Gre Gottes erkannthat, wird es fr ihn keine innere Not geben. Fr den, der eineniedrige Auffassung von Gott hat, ist das Evangelium wir-kungslos.
Kaum eine Snde, zu der das menschliche Herz fhig ist,.istGott mehr ein Greuel als der Gtzendienst; denn er ist eineBeleidigung Gottes. Das gtzendienerische Herz setzt voraus,da Gott anders ist, als er ist - schon dies ist eine ungeheureSnde -, und ersetzt den wahren Gott durch einen, der dereigenen Vorstellung entspricht. Dieser Gott ist stets ein Abbildseines Schpfers und wird gemein oder rein, grausam oder gtig
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sein - je nach der moralischen Verfassung des Geistes, dem erentsprungen ist.
Ein Gott, der in einem finsteren Herzen eines gefallenenMenschen geboren wurde, wird niemals echte hnlichkeit mitdem wahren Gott aufweisen. Da meinst du, sagt der Herr imPsalm zum Gottlosen, ich sei so wie du (Ps 50,21).
Dies ist zweifellos eine ernstzunehmende Beleidigung des Al-lerhchsten, dem die Cherubime und Seraphime unaufhrlichzurufen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth!
Geben wir acht, da wir in unserem Stolz nicht der irrigenMeinung verfallen, nur das sei Gtzendienst, wenn man vorGegenstnden niederkniet und sie anbetet und darum gbe es ihnbei zivilisierten Vlkern nicht! Das Wesen des Gtzendienstesbesteht im Festhalten an Gottesvorstellungen, die Gottes unwr-dig sind. Er nimmt seinen Anfang im menschlichen Geist undkann auch dort vorhanden sein, wo er sich nicht in uerenreligisen Handlungen zeigt. Obwohl sie von Gott wuten,schreibt Paulus, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihmgedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedan-ken, und ihr unverstndiges Herz ist verfinstert (Rom 1,21).
Dann folgte die Anbetung von Gtzen in der Gestalt vonMenschen, Vgeln, vierfigen und kriechenden Tieren. Dieseganze Reihe entwrdigender Taten hat ihren Ursprung im Geistdes Menschen. Verkehrte Gottesvorstellungen sind nicht nur dieQuelle, aus der das verseuchte Wasser des Gtzendienstes fliet,sondern sie sind selbst Gtzendienst. Der Gtzendiener machtsich seine eigenen Vorstellungen von Gott und handelt, als seiensie wahr.
Wo in einer Religion verdrehte Ansichten ber Gott auftreten,fhren sie bald zu deren Niedergang. Die lange Geschichte Israelszeigt dies deutlich genug, und auch die Geschichte der GemeindeJesu beweist es. Eine erhabene Gottesvorstellung ist fr dieGemeinde unbedingt notwendig; sinkt dieses Gottesbild auch nurein wenig ab, so hat dies unweigerlich negative Auswirkungen aufden Gottesdienst und die sittlichen Mastbe der Gemeinde. Dererste Schritt einer Gemeinde auf dem Weg nach unten ist immerdann getan, wenn sie ihre hohe Gottesvorstellung aufgibt.
Dem Niedergang einer christlichen Gemeinde geht in der Regel
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eine Aufweichung der theologischen Grundlagen voraus. Auf dieFrage: Wie ist Gott? gibt sie eine falsche Antwort, und hierausfolgen alle weiteren Schritte. Auch wenn sie noch an ihremtheoretischen Glaubensbekenntnis festhlt, so wird dies dochnicht mehr in die Praxis umgesetzt. Die Anhnger dieser Gemein-den machen sich so ein Bild von Gott, das nichts mehr mit derWirklichkeit zu tun hat, und das bedeutet Irrlehre der heim-tckischsten und tdlichsten Art.
Die schwerwiegendste Aufgabe, die der Gemeinde heute ge-stellt wird, ist, ihre Gottesvorstellung so zu reinigen und aufzuwer-ten, da sie Gottes wieder wrdig ist. Das sollte in allem Betenund Wirken an erster Stelle stehen. Den grten Dienst erweisenwir der nachkommenden Generation von Glubigen, indem wirimmer die erhabene Gottesvorstellung, die wir von unserenjdischen und christlichen Vorfahren bezeugt bekommen haben,unverndert weitergeben. Das wird sich fr sie als von greremWert erweisen als das, was Kunst oder Wissenschaft zu ersinnenvermgen.
Du Gott Bethels, von dessen Hand
Dein Volk noch ernhrt wird;
Der Du whrend dieser ermdenden Pilgerfahrt
Alle unsere Vter gefhrt hast!
Unsere Gelbde, unsere Gebete bringen wir nunVor Deinen Gnadenthron.Gott unserer Vter! sei der GottIhres nachfolgenden Geschlechtes.
Philip Doddridge
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KAPITEL 2
Gott ist unbegreiflich
Herr, in was fr einem Zwiespalt leben wir! In DeinerGegenwart sollten wir schweigen, doch die Liebe machtuns brennend und drngt uns zu reden.Mten wir schweigen, so wrden die Steine schreien.Doch wenn wir reden, was sollen wir dann sagen? Gib unsdie Erkenntnis, da wir von uns aus nichts erkennenknnen, denn kein Mensch ist fhig, das Gttliche zuerkennen, nur der Geist Gottes selbst kann dies tun. Woder Verstand versagt, komm uns mit dem Glauben zuHilfe, und wir werden begreifen, weil wir glauben, undnicht, um dann erst glauben zu knnen. In Jesu Namen.Amen.
Das Kind, der Philosoph und der glubige Mensch haben alledie eine Frage: Wie ist Gott?
Dieses Buch ist ein Versuch, auf diese Frage Antwort zu geben,doch geht dies nur unter einer Bedingung. Man mu davonausgehen, da Gott nicht mit irgend etwas vergleichbar ist, dasheit, er ist nicht genau wie irgend etwas oder irgend jemand.
Wir lernen, indem wir das, was wir bereits wissen, auf Unbe-kanntes zu bertragen versuchen. Fr den menschlichen Geist istes unmglich, vom Vorwissen losgelst etwas ganz Anvertrauteszu ergrnden. Nicht einmal der khnste und wagemutigste Geistvermag durch bloe Phantasie etwas aus dem Nichts zu erschaf-fen. Auch die Gestalten der Mythologie und des Aberglaubenssind nicht nur der Phantasie entsprungen. Gewhnliche Bewoh-ner der Erde, der Luft und des Meeres wurden dadurch, da manihnen bernatrliche Eigenschaften zuschrieb, oder einfach dieGestalt von zwei oder mehreren verschmolz\ vllig neue Wesen.Wie schn oder grotesk diese auch sein mgen, so kann man siedoch immer identifizieren, denn sie zeigen eindeutig hnlichkeitmit etwas schon Bekanntem. In der Heiligen Schrift, in der vomGeist inspirierte Menschen versuchen, das Unbegreifliche und
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Unaussprechliche darzustellen, sehen wir, welch ungeheuer hoheAnforderungen an Verstand und Sprache dieser Menschen ge-stellt werden. Da diese oft Offenbarungen einer bernatrlichenWelt erhielten, jedoch die Menschen, fr die sie diese nieder-schrieben, Teil der Natur sind, waren die Verfasser gezwungen,zahlreiche Wie-Worte zu gebrauchen, um sich dadurch ver-stndlich zu machen.
Wenn der Heilige Geist uns mit etwas bekannt machen will, dasjenseits unseres Wissens liegt, so sagt er uns, da diese Sache wieeine andere ist, die wir bereits kennen. Doch es ist wichtig, daraufzu achten, da diese Beschreibungen wirklich Vergleiche sind unddie Wirklichkeit nicht absolut treffen. Als zum Beispiel derProphet Hesekiel den Himmel offen sah und Gott schaute, fehltenihm die Worte, dies zu beschreiben. Was er da sah, war vlliganders als alles, was er bisher kannte, und so gebrauchte erVergleiche, um es zu beschreiben. Zwischen den Gestalten sah esaus, wie wenn feurige Kohlen brennen (Hes 1,13).
Je mehr er sich dem feurigen Thron nherte, desto unprziserwurden seine Worte: Und ber der Feste, die ber ihrem Hauptwar, sah es aus wie ein Saphir, einem Thron gleich, und auf demThron sa einer, der aussah wie ein Mensch. Und ich sah, und eswar wie blinkendes Kupfer... erblickte ich etwas wie Feuer undGlanz ringsumher... So war die Herrlichkeit des Herrn anzuse-hen (Hes 1,26-28).
So seltsam diese Sprache auch ist, so erweckt sie doch nie denEindruck von Unwirklichkeit. Man schliet daraus, da die ganzeSzene sehr real, aber dem, was die Menschen auf Erden kennen,vllig fremd ist. Um also das, was er sieht, vermitteln zu knnen,mu der Prophet solche Begriffe wie hnlichkeit, es schienwie... zu sein, es war wie und so weiter verwenden. Sogar derThron wird einem Thron gleich beschrieben, und der auf ihmsitzt, ist trotz seiner hnlichkeit mit einem Menschen dennochdiesem so unhnlich, da der Schreiber die Worte einer, deraussah wie ein Mensch, whlt.
Wenn in der Heiligen Schrift steht, da der Mensch nach demBilde Gottes erschaffen wurde, so wagen wir es nicht, dieseAussage einfach zu erweitern und zu sagen, er habe uns alsgenaues Abbild geschaffen. Denn das hiee, den Menschen zu
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einer Kopie Gottes zu machen, die Einzigartigkeit Gottes zuverlieren und damit schlielich auch Gott ganz zu leugnen. Dieunendlich hohe Mauer zwischen dem, Was-Gott-Ist, und dem,Was-Gott-nicht-Ist, wre damit eingerissen. Geschpf undSchpfer als im Wesentlichen gleich zu sehen, bedeutet, Gottseiner gttlichen Eigenschaften zu berauben und ihn auf denStatus eines Geschpfes herabzuziehen. Damit wrde man seineUnendlichkeit unmglich machen, denn es kann nicht zwei un-begrenzte Wesen im Universum geben. Er wre seiner Souver-nitt beraubt, denn zwei absolut freie Wesen knnen nichtnebeneinander leben; frher oder spter mssen ihre vollkom-men freien Willen aufeinandertreffen. Schon diese beiden Bei-spiele zeigen, da es nur ein Wesen mit gttlichen Eigenschaf-ten geben kann.
Wenn wir uns vorzustellen versuchen, wie Gott ist, sind wir vonunserem Verstand her gezwungen, uns zuerst mit dem zu beschf-tigen, Was-Gott-nicht-Ist. Also entsprechen die Vorstellungen,die wir uns von Gott machen, nicht dem, wie er wirklich ist. Wirhaben sie von seiner Schpfung abgeleitet, aber was Gott erschaf-fen hat, ist nicht wie er selbst. Wenn wir uns Gott unbedingtvorstellen wollen, konstruieren wir letzten Endes einen zwar nichtmit Hnden, dafr aber mit Gedanken gemachten Gtzen. Undein gedanklicher Gtze ist Gott ebenso ein Greuel wie ein vonHand gemachter.
Der Intellekt wei, da er eigentlich nichts von dir wei߫, sagteNikolaus von Kues, denn er wei genau, da man dich nichtkennen kann, es sei denn, das Unfabare wre zu fassen, dasUnsichtbare zu sehen und das Unerreichbare zu erreichen.1
Wenn jemand einen Plan entwirft, der es mglich machen soll,dich zu begreifen, sagt von Kues weiter, wei ich sofort, dadieser Plan nicht von dir ist; denn nur im Paradies war es mglich,dich zu erkennen... Wenn also jemand davon redet, dich verste-hen zu wollen, so ist dieser Mensch noch weit von dir entfernt...,denn du bist grer als alle Plne, die ein Mensch ersinnen kann.2
Wir Menschen neigen dazu, uns Gott so vorzustellen, da er fruns noch manipulierbar bleibt. Wir wollen ihn irgendwo festset-zen, so da wir uns seiner jederzeit bedienen knnen oder, wennwir ihn brauchen, wenigstens wissen, wo er ist. Am liebsten htten
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wir einen Gott, den wir in gewisser Weise kontrollieren knnen,denn wissen, wie Gott ist, gibt uns Sicherheit. Zu diesen Vorstel-lungen haben wir zustzlich all die Darstellungen Gottes vorAugen, die wir von Bildern, aus Erzhlungen und von unsereneigenen Ideen her kennen.
Diese Aufdeckung seines Gottesbildes wird den modernenChristen erstaunen, denn Gott wird seit mehr als 50 Jahren einfachals selbstverstndlich hingenommen, und man denkt nicht weiterber ihn nach. Die Herrlichkeit Gottes ist dieser Generation nichtoffenbart worden. Der Gott des zeitgenssischen Christentums istnicht einmal mehr den Gttern Griechenlands und Roms berle-gen, denn er ist schwach und hilflos, wogegen jene wenigstenseinen Einflu auf die Menschen hatten.
Wenn Gott nicht so ist, wie wir ihn uns vorstellen, wie ist es dannberhaupt mglich, ber ihn nachzudenken? Wenn er tatschlichunbegreiflich und unnahbar ist, wie Paulus sagt, wie knnen wirGlubigen dann unser Verlangen nach ihm stillen? Die aufmun-ternden Worte: So vertrage dich nun mit Gott und macheFrieden (Hi 22,21) haben ihre Gltigkeit durch die Jahrhundertebeibehalten. Doch wie wollen wir uns mit jemandem befreunden,der sich trotz aller Bemhungen des Geistes und des Herzens nichterfassen lt? Kann man uns dafr verantwortlich machen, dawir nicht erkennen, was man nicht erkennen kann? Meinst du,da du weit, was Gott wei, oder kannst du alles so vollkommentreffen wie der Allmchtige? Die Weisheit ist hher als derHimmel: was willst du tun?, tiefer als die Hlle: was kannst duwissen? (Hi 11,7-8). Jesus selbst sagt: Niemand kennt denVater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will (Mt11,27). Das Johannesevangelium zeigt, mit welcher Hilflosigkeitder menschliche Geist vor dem groen Geheimnis Gott steht,und Paulus lehrt im ersten Korintherbrief, da man Gott nurerkennen kann, wenn sich der Heilige Geist im Herzen dessuchenden Menschen offenbart.
Unser Bestreben, den Unerforschlichen zu ergrnden, denUnbegreiflichen zu erkennen und den Unnahbaren zu berhren,hat seinen Ursprung darin, da wir als Abbild Gottes erschaffenwurden. Obwohl die Seele von der groen Katastrophe, die dieTheologen den Sndenfall nennen, befleckt und umfangen ist,
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fhlt sie ihren Ursprung und sehnt sich nach ihm zurck. Wie kanndieses Sehnen gestillt werden?
Die Bibel antwortet darauf einfach: Durch Jesus Christus,unsern Herrn. In und durch Christus zeigt sich Gott, wie er ist. Ergibt sich nicht dem Verstand, sondern dem Glauben und der Liebezu erkennen. Im Glauben erkennen wir ihn, und durch die Liebeknnen wir ihn erleben. Gott ist als Mensch zu uns gekommen, inJesu Tod hat er sich mit uns vershnt, und durch den Glauben unddie Liebe nehmen wir dies an und knnen ihn erfassen.
Wahrlich, Gott ist von unendlicher Gre, sagt RichardRolle, ein bekannter Liederdichter, er ist grer, als wir unsvorstellen knnen und seiner Schpfung unbegreiflich. Wir wer-den sein eigentliches Wesen nie erfassen knnen. Und doch ist dieSeele, wenn sie von einem brennenden Verlangen nach Gotterfllt ist, hier und jetzt imstande, das Licht zu empfangen und -durch die Gaben des Heiligen Geistes inspiriert und erfllt - diehimmlischen Freuden zu schmecken. Sie berwindet das Irdischeund wird zur Se des ewigen Lebens emporgehoben... Hierinliegt wahrlich die vollkommene Liebe, wenn alles Streben desGeistes, alles verborgene Bemhen des Herzens hineingehobenwird in die Liebe Gottes.3
Da die Seele Gott durch persnliche Erfahrung erkennenkann, er dem neugierigen Verstand jedoch unendlich fern bleibt,diese Erkenntnis ist in den Worten zusammengefat:
Finsternis fr den Verstand,Aber Sonnenschein fr das Herz.
Frederick W. Faber
Der Autor, der das kleine Bchlein The Cloud of Unknowing(Die Wolke des Unbekannten) geschrieben hat, beschftigt sichin dem ganzen Buch mit dieser These. Whrend der SuchendeGott naht, so schreibt er, entdeckt er, da Gott in der Verborgen-heit wohnt, verhllt von einer Wolke des Unbekannten. Dennochsollte dieser Mensch nicht entmutigt sein, sondern seinen Willenvllig auf Gott ausrichten. Diese Wolke steht zwischen demSuchenden und Gott, so da er Gott weder durch Erleuchtung desVerstandes, noch durch die Regungen der Seele fhlend begreifen
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kann. Doch die Gnade Gottes macht es mglich, da der Menschdurch den Glauben in seine Gegenwart treten darf, vorausgesetzt,der Suchende glaubt dem Wort Gottes und ist beharrlich in seinemStreben.4
Ein spanischer Heiliger, Miguel de Molinos, lehrte das gleiche.In seinem Geistlichen Fhrer liest man, da Gott die Seele beider Hand nehmen und sie den Weg reinen Glaubens fhren will,und indem er den Verstand dazu bringt, alle berlegungen undErwgungen hinter sich zu lassen, zieht er die Seele vorwrts...So kann sie durch eine schlichte und verborgene Glaubenser-kenntnis, getragen von der Liebe, ihrem Brutigam entgegen-gehen.5
Als Strafe fr die Verbreitung solcher Lehren wurde de Molinosvon der Inquisition als Ketzer bezeichnet und zu lebenslnglicherHaft verurteilt. Bald darauf starb er im Gefngnis; doch dieErkenntnis, die ihm geschenkt wurde, wird ewig bleiben. ber dieglubige Seele schreibt er: Sie sollte wissen, da die ganze Weltund die ausgefeiltesten Plne der weisesten Intellektuellen ihrnichts zu sagen haben, weil die Gte und Schnheit ihres Gelieb-ten unendlich hher ist als alles menschliche Wissen; sie solltedavon berzeugt sein, da alle Geschpfe zu unwissend sind, umsie zu unterweisen und zur wahren Erkenntnis Gottes zu fh-ren ... Sie soll also ihrer Liebe folgen und all ihr Verstehenwollenhinter sich lassen. Sie mge Gott so lieben, wie er wirklich ist, undnicht so, wie sie sich ihn vorstellt.6
Wie ist Gott? Wenn wir damit nach Gottes innerster Natur,seinem Wesen fragen, so finden wir keine Antwort. Wollen wirjedoch wissen, was Gott ber sich selbst geoffenbart hat, das derglubige Verstand auch erfassen kann, gibt es, wie ich glaube, einebefriedigende Antwort. Gottes Name und Wesen wird fr unsimmer unbegreiflich bleiben, jedoch in seiner unendlichen Liebeenthllt uns Gott einige seiner Wesenszge, die wir Eigenschaf-ten nennen.
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Allerhchster Vater, himmlischer Knig,Dir zu singen wagen wir nun;Frhlich bekennen wir Deine EigenschaftenHerrlich alle und ohne Zahl.
Charles Wesley
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Kapitel 3
Eine gttliche Eigenschaft - was ist das?
O allerhchste Majestt, meine Seele verlangt danach,Dich zu schauen. Aus dem Staub rufe ich zu Dir.Doch wenn ich nach Deinem Namen frage, so ist erverborgen. Du selbst bleibst verborgen im Licht, und keinMensch kann Dir nahen. Was Du bist, ist unvorstellbarund nicht in Worte zu fassen, denn Deine Herrlichkeit istunbeschreiblich.
Dennoch, Prophet und Psalmist, Apostel und Heiligehaben mich ermutigt zu glauben, da ich ein wenig von Direrkennen kann. Deshalb bitte ich Dich, mir auf der Suchenach dem zu helfen, was Du nach Deinem Wohlgefallenvon Dir enthllt hast, nach dem Schatz, der kostbarer alsEdelsteine oder feines Gold ist. Denn mit Dir werde ichleben, wenn selbst Sterne und Himmel nicht mehr seinwerden und nur Du allein bleibst. Amen.
Sich mit den Eigenschaften Gottes zu beschftigen ist allesandere als langweilig oder schwierig, vielmehr wird es fr denGlubigen eine erfrischende und packende geistliche bung sein.Fr die nach Gott drstende Seele gibt es nichts Kstlicheres.
Nur dazusitzen und an Gott zu denken,
Ach welche Freude ist das!
Den Gedanken zu denken, den Namen zu hauchen,
Auf Erden gibt es keine grere Wonne.
Frederick W. Faber
Doch sollten wir zuerst einmal klren, was unter dem WortEigenschaft zu verstehen ist. Hier ist nicht der philosophische Sinnund auch nicht eine streng theologische Deutung gemeint, son-dern einfach das, was Gott selbst von sich offenbart.
Hier stellt sich auch die Frage, wie viele gttliche Eigenschaftenes gibt. Religise Denker haben darber ganz verschiedene
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Auffassungen. Einige behaupten, es seien sieben, ein anderersingt Gott hat tausend Eigenschaften, und Charles Wesleyspricht in einem seiner Lieder von unzhligen. Die letzterenzhlten nicht nach, sondern priesen Gott. Es ist weise, sich nichtan vorsichtigen theologischen berlegungen aufzuhalten, son-dern der Einsicht des erleuchteten Herzens zu folgen. Da es sichhier um Eigenschaften des Wesens Gottes handelt, ist ein Ver-such, sie zu zhlen, unsinnig. Auerdem ist es fr diese Medita-tion unerheblich, da nur einige genannt werden sollen.
Wenn eine Eigenschaft etwas ist, das eine Wahrheit ber Gottausdrckt, dann ist es auch etwas, was wir an ihm wahrnehmenknnen. Da Gott unendlich ist, mu er Eigenschaften besitzen,ber die wir nichts wissen knnen. Das, was wir als Eigenschaftbenennen, ist eine Vorstellung des Menschen, seine intellektuel-le Antwort auf Gottes Selbstoffenbarung.
Wie ist Gott? Was fr ein Gott ist er? Welche Handlungen unsund allem Erschaffenen gegenber drfen wir von ihm erwarten?Das sind nicht nur wissenschaftliche Fragen, denn sie berhrendie tiefsten Bereiche des menschlichen Geistes, und ihre Beant-wortung wirkt sich auf Leben, Charakter und Schicksal einesMenschen aus. Werden solche Fragen in Ehrfurcht gestellt unddie Antworten in Demut gesucht, so knnen sie unserm Vater imHimmel nur wohlgefllig sein. Denn er will, da wir mit Erken-nen und Lieben beschftigt sind, schrieb die englische Mystike-rin Juliana von Norwich, bis dies im Himmel vollkommen seinwird... Vor allem durch das Schauen und Lieben der Seele ltsie sich selbst gering erscheinen und erfllt sie mit echter Gottes-furcht und Demut sowie mit reichlicher Liebe zu den Mitglu-bigen.7
Auf unsere Fragen hlt Gott Antworten bereit - natrlichnicht auf alle, doch es sind genug, um unseren Intellekt zubefriedigen und unsere Herzen zu erheben. Diese Antwortenfinden wir in der Natur, in der Heiligen Schrift und in der Personseines Sohnes.
Der Gedanke, da Gott sich in der Schpfung offenbart, giltbei modernen Christen nicht besonders viel, aber an den bibli-schen Aussagen darber im Alten Testament, besonders beivDavid und Jesaja und im Neuen Testament im Brief des Paulus
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an die Rmer kommt man nicht vorbei. In der Heiligen Schriftwird diese Offenbarung Gottes noch klarer:
Die Himmel erzhlen Deine Ehre, Herr,
In jedem Stern leuchtet Deine Wahrheit;
Aber wenn unsere Augen Dein Wort betrachten,
Dann lesen wir Deinen Namen in schnerer Schrift.
Isaac Watts
Und es ist heiliger und unentbehrlicher Bestandteil der christ-lichen Botschaft, da die Offenbarung Gottes am hellsten in derGeburt seines Sohnes erstrahlt. Das ewige Wort wurde Fleisch,um unter uns zu wohnen.
Obschon Gott uns in dieser dreifachen Offenbarung Antwortauf unser Fragen gibt, sind diese nicht leicht zu finden. Manmu im Gebet und Nachsinnen ber dem geschriebenen Wortsowie durch grndliche Arbeit nach ihnen suchen. Wie hell dasLicht auch scheinen mag - es kann nur von denen wahrgenom-men werden, deren Geist darauf vorbereitet ist, es aufzuneh-men. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gottschauen (Mt 5,8).
Wenn wir in unserm Nachdenken ber die EigenschaftenGottes genau sein wollen, mssen wir lernen, Worte wie Cha-rakterzug, Eigentmlichkeit und Beschaffenheit aus unseren Ge-danken fernzuhalten. Solche Worte sind notwendig, um Ge-schpfe zu beschreiben, aber vllig ungeeignet, wenn wir unsmit Gott beschftigen. Wir mssen uns von der Gewohnheitlsen, vom Schpfer genauso wie von seinen Geschpfen zudenken. Wahrscheinlich ist es unmglich, ohne Worte zu den-ken, doch wenn wir uns selbst erlauben, mit falschen Worten zudenken, so knnen daraus leicht auch falsche Gedanken wer-den. Dies liegt daran, da Worte, mit deren Hilfe wir Gedan-ken ausdrcken, die Eigenschaft haben, ber ihre eigentlichesprachliche Bedeutung hinauszugehen und den Gedankeninhaltaufzudecken. Weil nichts leichter ist als denken, sagte Tho-mas Traherne, ist nichts so schwer wie gut zu denken.8 Undgerade beim Nachdenken ber Gott kommt es wirklich daraufan, gut zu denken.
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Ein Mensch ist die Summe seiner Glieder und sein Charakterdie Summe der Wesenszge, aus denen er besteht. Diese Charak-tereigenschaften sind von Mensch zu Mensch verschieden undsogar im Menschen selbst von Zeit zu Zeit unterschiedlich. Dermenschliche Charakter ist nicht konstant, denn seine Wesenszgesind nicht stabil. Sie erscheinen und verschwinden wieder, auchihre Intensitt ist das ganze Leben hindurch unterschiedlich. So isteiner mit dreiig vielleicht freundlich und rcksichtsvoll, mitfnfzig jedoch grausam und grob. Solch eine Vernderung istmglich, weil der Mensch ein Geschpf ist. Er ist eine Zusammen-setzung im eigentlichen Sinne, er ist die Summe der Wesenszge,die seinen Charakter ausmachen.
Fr uns ist es ganz natrlich und auch richtig, den Menschen alsWerk der gttlichen Intelligenz zu sehen. Er wurde erschaffen undgemacht. Wie er erschaffen wurde, ist eines der gttlichen Ge-heimnisse: wie er vom Nichtsein zum Sein und vom Nichts zumEtwas gelangte, das ist nicht bekannt. Auer dem Schpfer selbstwird dies vielleicht nie jemand wissen. Doch wie Gott ihn machte,knnen wir ein Stck weit erkennen. Wir wissen, da der Menscheinen Leib, eine Seele und einen Geist besitzt, da er einGedchtnis, einen Verstand, einen Willen, einen Intellekt sowieWahrnehmungsfhigkeiten hat. Damit diese einen Sinn erhalten,besitzt er auch die wundersame Gabe des Bewutseins. Alle dieseTeile bilden gemeinsam mit den verschiedensten Temperamentendas Selbst eines Menschen. Gott hat ihm in unendlicher WeisheitGaben zugeordnet, die die kleinste Einheit der Schpfung bilden.Fden, aus denen das meisterhafte Gewebe des Universumszusammengesetzt ist.
Schon beim Nachdenken ber diese Dinge haben wir menschli-che Gedanken und verwenden, um sie auszudrcken, Worte, diesich Geschpfe erdacht haben. Deshalb sind weder unsere Gedan-ken noch unsere Worte Gott angemessen. Der Vater ist vonniemand weder gemacht, noch geschaffen, noch geborn, heit esim athanasianischen Glaubensbekenntnis. Der Sohn ist alleinvom Vater, nicht gemacht, noch geschaffen, sondern geborn. DerHeilige Geist ist vom Vater und Sohn, nicht gemacht, nichtgeschaffen, nicht geborn, sondern ausgehend.9 Gott existiert insich selbst und durch sich selbst. Er verdankt das Dasein nieman-
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dem. Sein Wesen ist nicht in Teile zerlegbar, sondern er ist einzigin seinem einheitlichen Sein.
Die Lehre von der gttlichen Einheit beinhaltet nicht nur, daGott allein Gott ist, sondern auch, da Gott eins mit sich selbst ist.Die Harmonie seines Wesens ist nicht das Resultat einer vollkom-menen Ausgeglichenheit aller seiner Bestandteile, sondern ist nurmglich, weil Gott nicht aus Teilen besteht. In seinem Wesenkann kein Widerspruch existieren. Seine Eigenschaften lseneinander nicht ab, sie sind nicht unterschiedlich stark, sondern alleeins in ihm. Alles, was Gott tut, tut er mit seinem ganzen Wesen;wenn er handelt, handelt er in der totalen Ganzheit seines Seins.
Eine Eigenschaft ist also nicht ein Teil Gottes, sondern zeigt,wie Gott ist, und soweit es unser Verstand erfassen kann, kannman auch sagen, sie ist das, was Gott ist. Gott kann sich uns nichtexakt beschreiben, wie ich schon zu erklren versucht habe. WasGott ber sich selbst wei und wessen er sich selbst bewut ist,wei nur er allein. So wei auch niemand, was in Gott ist, alsallein der Geist Gottes (1 Kor 2,11b). Nur einem Gleichgestell-ten knnte Gott das Geheimnis seiner Gottheit mitteilen, und andie Existenz eines Gottes Gleichgestellten auch nur zu denken istabsolut absurd.
Eine Eigenschaft Gottes ist etwas, wovon wir wissen, da es aufGott zutrifft. Diese Eigenschaften sind nicht mit menschlichenCharakterzgen zu vergleichen, denn sie sind Gott, so, wie ersiehseinen Geschpfen offenbart. Liebe, zum Beispiel, ist nicht etwas,was Gott hat und das wchst oder abnimmt oder ganz verschwin-det. Gott ist Liebe, und wenn er liebt, ist er einfach sich selbst.Genauso verhlt es sich auch mit den anderen EigenschaftenGottes.
Ein Gott! Eine Majestt!
Es gibt keinen Gott auer Dir!
Unbegrenzte, unerweiterte Einigkeit!
Unergrndbare See!
Alles Leben kommt aus Dir,
Und Dein Leben ist Deine selige Einigkeit.
Frederick W. Faber
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Kapitel 4
Die heilige Dreieinigkeit
Gott unserer Vter, wie reich ist unsere Sprache. Unddoch, wie armselig scheinen unsere Worte, wenn wirversuchen, Deine Wunder zu rhmen! Wenn wir dasGeheimnis Deiner dreieinigen Gottheit betrachten, legenwir ehrfrchtig die Hand auf den Mund. Im Anblick desbrennenden Busches begehren wir nicht, zu begreifen,sondern sehnen uns danach, Dich, den einen Gott, geof-fenbart in drei Personen, gebhrend anbeten zu knnen.Amen.
ber die drei Personen der Gottheit nachzusinnen ist wie inGedanken durch den Garten Eden zu gehen und auf heiligenBoden zu treten. Unser ernsthaftestes Bemhen, das unbegreif-liche Geheimnis zu erfassen, wird stets vergeblich sein, und nurtiefste Ehrfurcht kann es vor tatschlicher Anmaung bewahren.
Manche Leute, die alles ablehnen, was sie nicht erklrenknnen, bestreiten auch, da Gott eine Trinitt ist. Sie unterzie-hen den Allerhchsten einer nchternen Prfung und kommen zudem Schlu, da er unmglich gleichzeitig Einer und doch Dreisein kann. Solche Leute vergessen, da ihr ganzes Leben in einGeheimnis gehllt ist. Sie bedenken nicht, da selbst einfachsteNaturphnomene nie ganz zu ergrnden sind und kaum besser alsdas Geheimnis der Gottheit geklrt werden knnen.
Jeder Mensch hat einen Glauben, der Unglubige wie derHeilige; der eine glaubt an die Naturgesetze, der andere an Gott.Jeder Mensch mu in seinem Leben Dinge akzeptieren, die ernicht verstehen kann. Selbst den gelehrtesten Weisen kann manmit der Frage Was ist das? zum Schweigen bringen. DieAntwort auf diese Frage liegt fr alle Zeiten in der unendlichenTiefe des Unbekannten verborgen; kein Mensch wird sie jeentdecken. Gott wei den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Sttte(Hi 28,23), niemals aber der sterbliche Mensch.
hnlich wie Piaton stellt sich Thomas Carlyle einen heidnischen
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Menschen vor, der in einer versteckten Hhle zur Reife herange-wachsen ist und nun pltzlich herausgebracht wird, um denSonnenaufgang mit anzusehen. Wie gro wre sein entzcktesStaunen beim Anblick dessen, dem wir tglich mit Gleichgltig-keit begegnen! Mit dem freien, offenen Sinn eines Kindes, jedochauch mit dem reifen Geist eines Mannes, wrde sein ganzes Herzentbrennen... Diese grne, blhende, auf Felsen gebildete Erdemit all ihren Bumen, Flssen und wogenden Meeren; die blaueWeite, die sich ber uns ausbreitet; das Wehen der Winde; dieschwarze Wolke, die sich zusammenballt und einmal Feuer, einanderes Mal Hagel und Regen ausschttet - was ist das? Ja, was?Im tiefsten Innern wissen wir es noch nicht und werden es auch niewissen.10
Wie anders reagieren wir! Wir haben uns daran gewhnt undsind durch die Flle der wunderbaren Dinge, die uns umgeben,abgestumpft! Nicht durch unsere berragende Einsicht berwin-den wir das Unverstndliche, sagte Carlyle, sondern durchunseren berragenden Leichtsinn, unsere Unaufmerksamkeit unddurch unseren Mangel an Einsicht. Das Nichtdenken lt unsaufhren zu staunen... Wir nennen das Feuer aus der dunklenWolke >Elektrizitt< und halten darber gelehrte Vortrge. Aberwas ist Elektrizitt? Wohin geht sie? Woher kommt sie? DieWissenschaft hat viel fr uns getan; aber ist das nicht eine armeWissenschaft, die uns die tiefe, heilige, unendliche Unwissenheitverbergen mchte, auf deren Oberflche sie schwimmt und wel-che sie nie durchdringen wird! Diese Welt ist trotz all unseresWissens und all unserer Wissenschaft immer noch ein Wunder -groartig, unergrndlich und faszinierend fr alle, die darbernachdenken.
Diese eindrcklichen, beinahe prophetischen Worte wurdenvor mehr als einem Jahrhundert geschrieben, aber trotz deratemberaubenden Fortschritte, die Wissenschaft und Technik seitjener Zeit erlebten, ist kein einziges unzeitgem geworden. Wirsind immer noch Unwissende. Wir wahren das Gesicht, indem wirgedankenlos im Fahrwasser der Wissenschaft schwimmen. Diegewaltige Energie der Erde machen wir uns zu Nutzen undbeherrschen sie mit einem Knopfdruck, es sei im Auto oder in derKche. Wir lassen sie fr uns arbeiten wie Aladins Wunderlampe,
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aber noch immer wissen wir nicht, was sie ist. Weltliche Interes-sen, Materialismus und die gegenwrtigen Dinge, die stndig inuns eindringen, haben das Licht in unsern Seelen gelscht und unszu einer Generation lebendiger Leichen gemacht. Wir verdeckenunsere Unwissenheit mit Worten, wir schmen uns zu staunen undfrchten uns davor, das Wort Geheimnis auch nur zu flstern.
Die Gemeinde hat nie gezgert, die Dreieinigkeit zu lehren.Ohne vorgeben zu wollen, diese zu verstehen, hat sie sie bezeugtund hat damit die Lehre der Heiligen Schrift wiederholt. Manchebestreiten, da die Bibel die Dreieinigkeit Gottes lehrt. Sie gehendavon aus, da die ganze Idee von einer Dreiheit, die gleichzeitigeine Einheit ist, in sich selbst ein Widerspruch ist. Doch wenn wirnicht einmal das Herabfallen eines Blattes vom Baum am Straen-rand oder das Ausbrten eines Eies im Rotkehlchennest verste-hen knnen, warum sollte dann die Trinitt fr uns ein Problemdarstellen? Wir denken edler von Gott, sagt Miguel de Molinos,wenn wir erkennen, da er unbegreiflich ist und unser Verstehenbersteigt, als wenn wir ihn mit der Begrenztheit unseres Verstan-des in irgendeinem Bilde und in der Naturschnheit bruchstck-haft wahrnehmen.11
Nicht alle, die sich in vergangenen Jahrhunderten Christennannten, glaubten an die Dreieinigkeit. Doch wie die GegenwartGottes in der Feuerwolke ber dem Lager Israels whrend derganzen Wstenwanderung aufleuchtete und der gesamten Weltbezeugte: Dies ist mein Volk, so strahlt der Dreieinigkeitsglau-be seit den Tagen der Apostel wie ein Licht ber der Gemeinde,die ihren Weg durch die Wste der Zeit sucht. Reinheit und Kraftsind Folgen dieses Glaubens. Unter diesem Banner schrittenApostel, Glaubensvter, Mrtyrer, Mystiker, Liederdichter, Re-formatoren und Erweckungsprediger vorwrts, und das Siegelgttlichen Wohlgefallens ruhte auf ihrem Leben und Tun. Wiesehr sie auch in unbedeutenderen Dingen voneinander abwichen,so verband sie in gleichem Mae die Lehre der Dreieinigkeit.
Was Gott kundtut, bekennt das glaubende Herz, ohne weitererBeweise zu bedrfen. Einen Beweis zu suchen bedeutet ja nichtsanderes, als dem Zweifel Raum zu geben, und einen Beweis zuerhalten heit, den Glauben berflssig zu machen. Jeder, der dieGabe des Glaubens besitzt, wird die Weisheit in jenen khnen
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Worten eines der frhen Kirchenvter erkennen: Ich glaube, daChristus fr mich starb, weil es unglaublich ist. Ich glaube, da ervon den Toten auferstand, weil es unmglich ist.
Das war auch die Haltung Abrahams, der trotz all der uerenUmstnde im Glauben stark wurde und Gott die Ehre gab. Daswar die Glaubenshaltung Anselms von Canterbury, des zweitenAugustinus, eines der grten Denker der christlichen Geschich-te, der daran festhlt, da der Glaube den Vorrang vor allemintellektuellen Bemhen hat. Das Nachsinnen ber offenbarteWahrheit zieht den Glauben ganz natrlich nach sich, doch derGlaube kommt zuerst zum hrenden Ohr und nicht zum denken-den Verstand. Der glaubende Mensch kommt nicht durch dasverstandesmige Erfassen des Wortes zum Glauben. Die Best-tigung seines Glaubens sucht er nicht in der Philosophie oderWissenschaft. Sein Schrei ist: Gott ist wahrhaftig, und alleMenschen sind Lgner (Rom 3,4).
Heit das, man solle die Gelehrsamkeit im christlichen Glau-ben, der von den Offenbarungen Gottes lebt, aufgeben? Keines-wegs. Dem Gelehrten fllt - im richtigen Rahmen - eine wichtigeund wesentliche Aufgabe zu. Seine Aufgabe ist es, die Reinheitdes Textes zu garantieren und so nahe wie mglich an dasursprngliche Wort heranzukommen. Er soll Schriftwort mitSchriftwort so lange vergleichen, bis er den wahren Sinn desTextes herausgefunden hat. Aber genau an dieser Stelle endetseine Autoritt. Er darf sich nie zum Richter ber das, wasgeschrieben ist, erheben. Die Bedeutung des Schriftwortes darf ernicht vor den Richtstuhl seiner Vernunft ziehen. Er darf nichts alsvernnftig oder unvernnftig, als wissenschaftlich oder unwissen-schaftlich empfehlen oder verwerfen. Hat er die Bedeutung desTextes herausgefunden, so ist sie es, die ihn beurteilt - niemalsumgekehrt!
Die Lehre von der Dreieinigkeit ist eine Wahrheit, die mit demHerzen aufgenommen wird. Nur der Geist des Menschen, nichtder Verstand, vermag durch den Vorhang hindurch in dieses Al-lerheiligste zu treten. La mich dich verlangend suchen, flehteAnselm, suchend verlangen. La mich liebend finden, findendlieben.12 Liebe und Glaube sind im Geheimnis der Gottheit zuHause. Die Vernunft mge drauen in Ehrfurcht niederknien.
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Christus zgerte nicht, ber den Vater, den Heiligen Geist undsich selbst in der Mehrzahl zu sprechen. Wir werden zu ihmkommen und Wohnung bei ihm nehmen (Joh 14,23). Doch ersagte auch: Ich und der Vater sind eins (Joh 10,30). Es ist sehrwichtig, da wir Gott als drei in einem sehen und weder diePersonen durcheinanderbringen noch sein Wesen zerteilen. Nurso denken wir richtig von Gott und in einer Weise, die seinerwrdig und auch unserer Seele angemessen ist.
Dieser Anspruch unseres Herrn auf das Gleichsein mit demVater brachte die damaligen Juden gegen ihn auf und fhrte biszur Kreuzigung. Der Angriff, den Arius 200 Jahre spter gegen dieDreieinigkeitslehre einleitete, richtete sich ebenfalls gegen denGottheitsanspruch Jesu. Whrend dieser Kontroverse versam-melten sich in Niza 318 Kirchenvter (viele von ihnen durchfrhere Verfolgungen verstmmelt und narbenbedeckt) und ver-faten ein Glaubensbekenntnis, dessen einer Teil lautet:
Ich glaube an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
Aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
Wahrer Gott vom wahren Gott,
Gezeugt, nicht geschaffen,
Eines Wesens mit dem Vater,
Durch ihn ist alles geschaffen.
ber 600 Jahre diente dieses Bekenntnis als Prfstein derRechtglubigkeit, denn es fat in theologischer Sprache die Lehredes Neuen Testamentes ber die Stellung des Gottessohnes in derDreieinigkeit zusammen.
Das Nizische Glaubensbekenntnis spricht auch vom HeiligenGeist als von Gott selbst und setzt ihn mit dem Vater und demSohne gleich:
Ich glaube an den Heiligen Geist,
Der Herr ist und lebendig macht,
Der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
Der mit dem Vater und dem Sohne
Angebetet und verherrlicht wird.
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Bis auf die Frage, ob der Geist vom Vater allein oder aber vomVater und vom Sohn gemeinsam ausgeht, ist dieser Lehrsatz desalten Glaubensbekenntnisses sowohl in den stlichen wie auch inden westlichen Zweigen der Kirche und - mit Ausnahme einerkleinen Minderheit - von allen Glubigen festgehalten worden.
Die Verfasser des Athanasianischen Glaubensbekenntnissesformulierten die Beziehung der drei gttlichen Personen zueinan-der sehr sorgfltig. Die Lcken, die das menschliche Denken nichtberwinden kann, fllten sie so gut wie mglich, ohne dabei dieGrenzen des inspirierten Wortes zu berschreiten. In dieserDreieinigkeit, so heit es im Athanasianum, ist nichts frheroder spter, ist nichts grer oder kleiner, sondern alle dreiPersonen sind ewig eins und gleich.
Wie knnen diese Worte mit dem Ausspruch Jesu Mein Vaterist grer als ich bereinstimmen? Jene alten Theologen warensich dieser Frage bewut und schrieben ins Bekenntnis: Gleichmit dem Vater in seiner Gottheit, geringer als der Vater in seinemMenschsein. Diese Interpretation sollte jeder kennen, der aufeinem Gebiet, wo das Licht so hell ist, da es das Auge blendet,nach Wahrheit sucht.
Um die Menschheit zu erlsen, verlie der Ewige Sohn denScho des Vaters nicht. Als Jesus schon geboren war, sprachJohannes von ihm als von dem Eingeborenen (Sohn), der Gott istund in des Vaters Scho ist (Joh 1,18). Jesus selbst dagegen sagtvon sich, er sei der Menschensohn, der vom Himmel herabge-kommen ist (Joh 3,13). Zugegeben - hier stoen wir auf einGeheimnis, aber nicht auf einen Widerspruch. In seiner Fleisch-werdung verhllte der Sohn seine Gttlichkeit, machte sie da-durch aber nicht ungltig und hob sie auch nicht auf. Die Einheitder Gottheit machte es ihm unmglich, etwas von seiner Gttlich-keit aufzugeben. Als er Mensch wurde, erniedrigte er sich nicht,denn Gott kann nie geringer werden. Es ist undenkbar, da Gottsich verndert, er bleibt ewig derselbe.
Da die Personen der Gottheit eins sind, haben sie auch nureinen Willen. Sie wirken immer gemeinsam; jede geringste Tatdes einen hat die sofortige Zustimmung der anderen, sie wird inder Einheit der Dreieinigkeit vollbracht. Hier zwingt uns unserVerstand, Gott in menschliche Begriffe zu fassen. Wir denken von
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Gott so, wie wir auch von Menschen denken wrden; deshalbkann das Ergebnis zwangslufig nicht die ganze Wahrheit umfas-sen. Wenn wir jedoch berhaupt ber Gott nachdenken wollen,mssen wir menschliche Gedanken und Worte auch auf unserenSchpfer anwenden. Daraus entsteht diese zwar verstndliche,jedoch absolut falsche Vorstellung, die Personen der Gottheitwrden miteinander diskutieren und dann gemeinsam beschlie-en, so wie wir Menschen es tun. Ich hatte schon immer denEindruck, da Milton, der Autor des Buches Das verloreneParadies, das Ansehen der Gottheit dadurch schwcht, da erVater, Sohn und Heiligen Geist ber die Erlsung der Menschheitberatend darstellt.
Als der Sohn Gottes als Menschensohn auf Erden wandelte,redete er oft mit dem Vater, und dieser antwortete ihm; jetzt trittder Menschensohn bei Gott als Vermittler fr sein Volk ein. Der inder Bibel geschilderte Dialog zwischen dem Vater und dem Sohn istimmer ein Dialog zwischen dem Ewigen Vater und dem MenschenJesus Christus. Die augenblickliche, unmittelbare Kommunika-tion zwischen den Personen der Gottheit besteht von aller Ewigkeither und kennt weder Laute noch Mhe noch Bewegung.
Inmitten der ewigen StilleWurde Gottes endloses Wort gesprochen;Keiner hrte, auer dem, der immer sprach,Und die Stille blieb ununterbrochen.
Erstaunlich! Anbetungswrdig!Kein Gesang noch Klang wird gehrt,Doch berall und zu jeder StundeSpricht der Vater sein ewiges WortIn Liebe, in Weisheit und in Kraft.
Frederick W. Faber
Viele Glubige haben die Vorstellung, das Wirken Gottes seiunter den drei Personen aufgeteilt, wobei sie jeder Person einebestimmte Aufgabe zuordnen. So zum Beispiel dem Vater dieSchpfung, dem Sohn die Erlsung und dem Heiligen Geist dieWiedergeburt. Das trifft jedoch nur zum Teil zu, denn Gott teilt
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sich selbst nicht so, da die eine gttliche Person wirkt, whrenddie anderen unttig sind. Die Heilige Schrift zeigt uns, da alledrei Personen gemeinsam in harmonischer Einheit all ihre Werkeim Universum vollbringen.
In der Bibel wird das Schpfungswerk dem Vater (1 Mo 1,1),dem Sohn (Kol 1,16) und dem Heiligen Geist (Hi 26,13; Ps 104,30)zugeschrieben. Sie zeigt ebenso, da die Fleischwerdung von allendrei Personen der Gottheit in voller bereinstimmung vollendetwurde (Lk 1,35), obwohl nur der Sohn Fleisch wurde, um unteruns zu wohnen. Bei der Taufe Christi stieg der Sohn aus demWasser, der Geist kam auf ihn hernieder, und die Stimme desVaters ertnte vom Himmel (Mt 3,16 f.). Die wahrscheinlichschnste Beschreibung des Vershnungswerkes finden wir inHebrer 9,14, wo gesagt wird, da Christus sich ohne Fehl durchden ewigen Geist Gott geopfert hat, und auch hier sehen wirwieder das Zusammenwirken der drei Gottheitspersonen.
hnlich wird die Auferstehung Christi abwechselnd dem Va-ter (Apg 2,32), dem Sohn (Joh 10,17 f.) und dem Heiligen Geist(Rom 1,4) zugeschrieben. Die Errettung des einzelnen Men-schen ist nach den Worten des Apostels Petrus das Werk allerdrei gttlichen Personen (1 Petr 1,2); die glubige Seele erfhrt,da der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in ihr wohnen(Joh 14,15-23).
Die Lehre von der Dreieinigkeit ist, wie ich bereits erklrte,eine Wahrheit, die mit dem Herzen ergriffen wird.
Die Tatsache, da man sie nicht zufriedenstellend erklrenkann, spricht nicht gegen, sondern fr sie.
Du gepriesene Dreieinigkeit!
Du einzige Majestt! Du drei in Einem!
Du bist fr immer Gott allein.
Heilige Dreieinigkeit!
Gepriesene, gleichgestellte Drei,
Wir preisen Dich, den einen Gott.
Frederick W. Faber
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Kapitel 5
Die Unbedingtheit Gottes
Herr allen Seins! Du allein kannst von Dir sagen: ICHBIN, DER ICH BIN. Doch wir, die nach Deinem Bildegeschaffen sind, knnen fr uns nur Ich bin wiederho-len, und bekennen damit, da wir von Dir herkommen undunsere Worte nur ein Echo Deiner eigenen sind. Wiranerkennen Dich als das groe Original, dessen dankbare,wenn auch unvollkommene Bilder wir durch Deine Gtesind. Wir beten Dich an, o ewiger Vater. Amen.
Gott hat keinen Ursprung, schrieb Novatian,13 und ebendiese Ursprungslosigkeit ist es, wodurch sich das Was-Gott-Ist vonallem unterscheidet, was nicht Gott ist.
Ursprung ist ein Wort, das nur in Verbindung mit erschaffenenDingen gebraucht werden kann. Gott jedoch existiert in sichselbst, er ist unbedingt, whrend alles Erschaffene logischerweiseirgendwo und irgendwann seinen Anfang genommen hat. NurGott allein hat seinen Ursprung in sich selbst.
Indem wir uns bemhen, den Ursprung der Dinge zu entdek-ken, bekunden wir unseren Glauben, da alles von dem Einenerschaffen wurde, den niemand erschaffen hat. Unsere Erfahrunglehrt uns, da alles von etwas anderem herkommt. Alles Beste-hende mu eine Ursache haben, die schon vorher da war und diedem Neuen mindestens gleichwertig ist, da etwas wesensmigGeringeres nichts Greres hervorbringen kann. Jede Personoder jede Sache kann beides zusammen sein: Wirkung undUrsache anderer Wirkungen. Gott dagegen, der die Ursache fralles ist, ist durch nichts verursacht.
Wenn ein Kind fragt: Woher kommt Gott?, so gesteht esdamit ungewollt ein, da es auch Gott fr erschaffen hlt. DerGedanke an Ursprung und Ursache ist bereits fest in seinerVorstellung verankert. Es wei, da alles ringsumher von etwasanderem herkommt und dehnt diese Vorstellung einfach auch aufGott aus. Dieser kleine Philosoph denkt in den Mastben eines
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Geschpfes, und seine berlegung - wenn man den Mangel angrundlegender Information bercksichtigt - ist daher berechtigt.Man mu ihm erst sagen, da Gott keinen Anfang hat; doch dieszu erfassen wird fr ihn nicht leicht sein, weil er mit einer vlligungewohnten Kategorie bekannt gemacht wird. Dies luft derallen intelligenten Wesen innewohnenden Neigung zuwider, al-lem einen Ursprung zuzuschreiben - eine Neigung, die sie dazutreibt, immer weiter zurckzutragen, um die Anfnge zu entdek-ken. Fest an das zu glauben, worauf sich der Ursprungsgedankenicht anwenden lt, ist nicht leicht, vielleicht sogar unmglich.So wie man einen kleinen Lichtpunkt nur dann sehen kann, wennman den Blick leicht auf die Seite und nicht direkt ins Licht richtet,also gewisse Bedingungen einhalten mu, verhlt es sich auch mitder Vorstellung des Unerschaffenen. Wenn wir unsere Gedankenauf den Einen zu konzentrieren versuchen, der nicht erschaffenwurde, so erkennen wir vielleicht berhaupt nichts; denn er wohntin einem Lichte, dem niemand nahen kann. Nur durch denGlauben und die Liebe knnen wir einen flchtigen Blick auf ihnwerfen, whrend wir in der Felsenkluft geborgen sind und ihnvorbergehen sehen (2 Mo 33,18-23). Und obwohl dieses Schau-en sehr schwach, vage und allgemeiner Natur ist, sagt Miguel deMolinos, bewirkt es, da es bernatrlich ist, ein deutlicheres undvollkommeneres Erkennen Gottes als irgendeine besondere Vor-stellung, die man sich in diesem Leben bilden kann, da alle spr-und fhlbaren Vorstellungen von Gott unendlich weit von ihmselbst entfernt sind.14
Dem erschaffenen menschlichen Geist ist es bei dem Gedankenan den Unerschaffenen begreiflicherweise unbehaglich zumute.Die Gegenwart eines Wesens zu akzeptieren, das gnzlich auer-halb unseres gewohnten Wissensbereiches steht, fllt uns nichtleicht. Die Vorstellungen von Einem, der uns das Dasein nichtbegrndet, keinem Rechenschaft schuldet, selbst-existent, unab-hngig und in sich selbst gengsam ist, beunruhigen uns.
Philosophie und Wissenschaft stehen der Gottesidee nichtimmer freundlich gegenber. Der Grund dafr liegt in derenBemhen, Dinge erklren zu wollen, und in ihrer Ungeduld allemgegenber, das sich diesem Bemhen widersetzt. Sowohl derPhilosoph wie der Wissenschaftler gibt zu, da es viel gibt, was er
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nicht wei. Aber das ist etwas ganz anderes als einzugestehen, daes etwas gibt, das sie niemals wissen knnen und das sich demZugriff ihrer Techniken und Methoden entzieht. Zugegeben, daes Einen gibt, der jenseits unseres Begreifens steht, der sich inkeine unserer blichen Kategorien einordnen lt und sich nichtunserem neugierigen Forschen unterwirft - all das erfordert einbetrchtliches Ma an Demut, jedenfalls mehr, als die meistenvon uns besitzen. So wahren wir das Gesicht, indem wir Gottdurch unser Denken auf unsere Ebene herunterholen oder zumin-dest dahin bringen, wo wir ihn handhaben knnen. Aber wie sehrentzieht er sich solchen Bestrebungen! Denn er ist berall unddoch zugleich nirgendwo; denn wo hat mit Materie und Raumzu tun, und Gott ist von beidem unabhngig. Er steht jenseits vonZeit und Bewegung, ist vllig unabhngig und schuldet keiner deraus seinen Hnden hervorgegangenen Welten irgend etwas.
Zeitlos, raumlos, einzig, einsam,
Doch erhabene Drei,
Du bist vornehm, immer allein,
Gott in Einigkeit.
Allein in Herrlichkeit, allein in Ehre -
Wer soll die herrliche Geschichte Deiner Existenz er-
Zhlen?
Ehrfurchtgebietende Dreieinigkeit !
Frederick W. Faber
Es ist kein erfreulicher Gedanke, da Millionen von uns, die ineinem Land leben, in dem es Bibeln gibt, die Gemeinden angeh-ren und sich fr die Ausbreitung der christlichen Botschafteinsetzen, ein ganzes Leben auf dieser Erde verbringen, ohnejemals ernsthaft ber Gott nachzudenken oder wenigstens denVersuch dazu zu unternehmen. Nur wenige unter uns kennen dastiefe Staunen ber den, der von sich sagt: ICH BIN, ber den, derLeben in sich selbst hat und den sich keine Kreatur vorstellenkann. So etwas ist fr uns zu unbequem. Wir denken lieber berDinge nach, aus denen wir praktischen Nutzen ziehen knnen:z. B. wie man eine bessere Mausefalle konstruiert oder wie manden Ertrag einer Ernte verdoppelt. Und dafr zahlen wir nun den
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hohen Preis der Verweltlichung unseres Glaubens und des Ver-falls unseres Innenlebens.
Vielleicht stellt sich manch ein aufrichtiger, aber verwirrterChrist an dieser Stelle die Frage nach der praktischen Anwend-barkeit solcher Auffassungen, wie ich sie hier vertrete. WelcheAuswirkung hat das auf mein Leben? fragt er. Welche Bedeu-tung kann die Unbedingtheit, dieses In-sich-selbst-ExistierenGottes mglicherweise fr mich und andere in der heutigen Zeithaben?
Darauf lautet meine Antwort: Wir sind das Werk Gottes, unddaraus folgt, da alle unsere Probleme und ihre Lsungen theo-logischer Natur sind. Ein bestimmtes Wissen ber diesen Gott,der das All regiert, ist fr eine gesunde Lebensphilosophie undeine vernnftige Weltanschauung unerllich. Der vielzitierteRatschlag von Alexander Pope: Erkenne dich selbst und maedir nicht an, Gott zu erforschen; denn der Mensch ist es, dendie Menschheit erforschen mu߫, wrde, befolgte man ihn wrt-lich, dem Menschen jede Mglichkeit nehmen, sich nicht nuroberflchlich zu erkennen. Wir knnen niemals wissen, weroder was wir sind, bis wir nicht zumindest etwas darber wissen,wie Gott ist. Darum ist die Unbedingtheit Gottes nicht einStck trockener, akademischer Lehre, sondern eine Tatsache,die uns so nahe wie unser Atem ist und so praktisch wie dieneueste chirurgische Technik.
Aus Grnden, die nur Gott selbst kennt, hat er dem Men-schen, indem er ihn zu seinem Bilde schuf, mehr Ehre erwiesenals allen anderen Lebewesen. Darber, da die Gottebenbild-lichkeit des Menschen nichts mit poetischer Phantasie zu tun hatund ebensowenig einer religisen Sehnsucht entsprungen ist,sollte kein Zweifel bestehen. Sie ist eine solide theologischeTatsache, die in der ganzen Bibel unmiverstndlich gelehrt undvon der Gemeinde Jesu anerkannt wird als eine fr das rechteVerstndnis des christlichen Glaubens notwendige Wahrheit.
Der Mensch ist ein erschaffenes, abhngiges Wesen, dasnichts von sich aus besitzt, sondern in seiner Existenz jedenAugenblick von dem Einen abhngig ist, der ihn nach seinemBilde erschaffen hat. Die Tatsache, da es Gott gibt, ist dieBedingung fr die Tatsache der Existenz des Menschen. Man
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denke sich Gott weg, und der Existenz des Menschen wird jedeBasis entzogen!
Da Gott alles und der Mensch nichts ist, ist ein grundstzlicherLehrsatz des christlichen Glaubens. Hier decken sich die Lehrendes Christentums mit denen der hher entwickelten und einsichti-gen Religionen des Ostens. Bei all seinem Genius ist der Menschlediglich ein Echo der Urstimme, ein Widerschein des unerschaf-f enen Lichtes. Wie der Sonnenstrahl stirbt, wenn er von der Sonneabgeschnitten wird, so wrde der Mensch, getrennt von Gott, indie Leere des Nichts zurcksinken, aus der er beim Schpfungsrufhervorgegangen ist.
Nicht nur der Mensch, sondern alles, was existiert, ist demfortdauernden schpferischen Impuls entsprungen und von ihmabhngig. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott,und Gott war das Wort... Alle Dinge sind durch dasselbegemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist,so erklrt es Johannes (Joh 1,1.3). Und Paulus pflichtet ihm bei:Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erdenist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oderHerrschaften oder Mchte oder Gewalten; es ist alles durch ihnund zu ihm geschaffen. Und er ist vor allem, und es besteht alles inihm (Kol 1,16-17). Der Verfasser des Hebrerbriefes schlietsich diesem Zeugnis an, indem er schreibt, da Christus derAbglanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild seines Wesensist und alle Dinge mit seinem krftigen Wort trgt (Hebr 1,3).
In dieser gnzlichen Abhngigkeit aller Dinge vom Schpfer-willen Gottes liegt die Mglichkeit zur Heiligkeit und zur Snde.Eines der Merkmale der Gottesbildlichkeit des Menschen liegt inseiner Fhigkeit, eine moralische Wahl zu treffen. Nach der Lehredes Christentums entschied sich der Mensch fr die Unabhngig-keit von Gott und bekrftigte seine Wahl, indem er das gttlicheGebot bewut bertrat. Diese Tat verletzte die Beziehung, dieursprnglich zwischen Gott und seinem Geschpf bestand, undmit ihr wurde Gott als Existenzgrundlage abgelehnt und derMensch auf sich selbst zurckgeworfen. Dadurch wurde derMensch nicht zu einem Planeten, der sich um die eine, zentraleSonne dreht, sondera zu einer eigenmchtigen Sonne, um die sichalles andere zu drehen hat.
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Man knnte sich kaum eine positivere Behauptung ber dasSelbst vorstellen als jene Worte, die Gott zu Moses sprach: ICHBIN, DER ICH BIN. Das ganze Wesen Gottes wird mit dieseruneingeschrnkten Erklrung unabhngigen Seins ausgedrckt.Doch das Ich Gottes ist nicht Snde, sondern der Inbegriff allerGte, Heiligkeit und Wahrheit.
Der natrliche Mensch ist ein Snder, weil er Gottes Ich in derBeziehung zu seinem eigenen herausfordert. In allem anderenmag er Gottes Herrschaft willig akzeptieren - in seinem eigenenLeben jedoch lehnt er sie ab. Fr ihn hrt der HerrschaftsbereichGottes da auf, wo sein eigener beginnt. Fr ihn wird das Selbst zueinem bersteigerten Ich-Bewutsein, und damit imitiert er unbe-wut Luzifer, jenen gefallenen Morgenstern, der in.seinem Her-zen dachte: Ich will in den Himmel steigen und meinen Thronber die Sterne Gottes erhhen... Ich will... gleich sein demAllerhchsten (Jes 14,13 f.).
Allerdings ist das Ich so listig, da der Mensch sich dessenAnwesenheit kaum bewut ist; als geborener Rebell will er selbstnicht bemerken, da er ein Rebell ist. Seine stndige Selbstbest-tigung erscheint ihm, soweit er berhaupt daran denkt, als etwasvllig Normales. Er ist bereit, sich fr eine erstrebenswerte Sache- manchmal bis zur Selbstaufopferung - einzusetzen, aber nie-mals, sich selbst entthronen zu lassen. Ganz gleich, wie tief er inden Augen der Gesellschaft sinken mag, in seinen eigenen Augenist er immer noch Knig auf seinem Thron, und niemand, nichteinmal Gott, kann ihn von diesem Thron verdrngen.
Die Snde zeigt sich auf vielen Gebieten; ihr Ursprung ist aberdie Tat eines sittlichen Wesens, das - eigentlich zur Anbetung vorGottes Thron erschaffen - sich auf den Thron seines Selbst setztund von dort verkndet: ICH BIN. Das ist der wahre Kern derSnde. Aber weil dies natrlich ist, erscheint es auch als gut. Nurwenn die Seele durch das Evangelium ohne den Schutzschild derUnwissenheit vor das Angesicht des allerheiligsten Gottes gestelltwird, wird ihr dieses erschreckende Miverhltnis bewut. Ver-kndiger des Evangeliums sprechen von einem Uberfhrtwerdendes Menschen durch die alles verzehrende Gegenwart des all-mchtigen Gottes. Darauf bezog sich Christus, als er von demGeist, den er in die Welt senden wollte, sagte: Und wenn er
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kommt, wird er der Welt die Augen auftun ber die Snde undber die Gerechtigkeit und ber das Gericht (Joh 16,8).
Die frheste Erfllung dieser Worte Christi geschah zu Pfing-sten, nachdem Petrus die erste christliche Predigt gehalten hatte.Als sie aber das hrten, ging's ihnen durchs Herz, und siesprachen zu Petrus und den andern Aposteln: Ihr Mnner, liebeBrder, was sollen wir tun? (Apg 2,37). Dieses Was sollen wirtun ist der Schrei eines jeden Menschen aus der Tiefe desHerzens, der pltzlich erkennt, da er ein Thronruber ist, dersich unberechtigterweise auf einen fremden Thron gesetzt hat.Mag dies auch schmerzhaft sein, so ist es doch genau diese tiefeBestrzung, die echte Bue bewirkt und einen gesunden Christenschafft, der entthront wurde und durch das Evangelium Verge-bung und Frieden erfahren hat.
Reinheit des Herzens ist es, etwas zu wollen, sagte Kirke-gaard, und wir knnten dieses Wort ohne weiteres umkehren undsagen: Das Wesen der Snde ist es, etwas zu wollen. Dennunseren Willen gegen den Willen Gottes zu stellen heit, Gott zuentthronen und uns selbst im Knigreich unserer Seele zumHerrscher zu machen. Das ist die bse Wurzel der Snde. DieSnden knnen so zahlreich sein wie die Sandkrner am Meeres-strand, sie alle zusammen bilden nur die eine groe Snde.Snden gibt es, weil es die Snde gibt. Dies ist die Grundlage dervon vielen geschmhten Lehre der natrlichen Verderbtheit desMenschen, die aussagt, da der Mensch, der nicht zur Bue bereitist, nichts anderes als sndigen kann und auch in seinen gutenWerken nicht gut ist. Gott verwirft sogar seine besten frommmotivierten Werke, wie er einst Kains Opfer verwarf. Nur wennder Mensch seinen Platz auf dem Thron Gott bergibt, werdenseine Werke vor Gott angenehm.
Obwohl der Christ darum ringt, gut zu sein, lebt in ihm derHang zur Selbstbesttigung als unbewuter moralischer Reflexweiter. Dies beschreibt der Apostel Paulus im siebten Kapitelseines Briefes an die Rmergemeinde eindrcklich, und seinZeugnis stimmt voll mit der Lehre der Propheten berein. 800Jahre vor dem Kommen Christi identifizierte der Prophet Jesajadie Snde als Auflehnung gegen den Willen Gottes und alsBehauptung des Menschen, er habe ein Recht darauf, seinen
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eigenen Weg zu whlen. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe,ein jeder sah auf seinen Weg (Jes53,6). Ich glaube, es hat nie einegenauere Beschreibung der Snde gegeben als diese.
Das Zeugnis der Heiligen deckt sich vllig mit dem der Prophe-ten und Apostel. Es besagt, da das Prinzip der Selbstsucht, die imMenschen liegt, das menschliche Verhalten bestimmt und alles,was die Menschen tun, in Bses verwandelt. Um uns ganz zuerretten, mu Christus unsere Natur umkehren. Er mu einanderes Prinzip in uns legen, so da unser neues Verhalten vondem Wunsche, die Ehre Gottes zu mehren und das Wohl unsererMitmenschen zu frdern, geprgt ist. Die alten Ich-Snden ms-sen sterben, und der einzige Weg, dies zu erreichen, ist das Kreuz.Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehmesein Kreuz auf sich und folge mir (Mt 16,24), sagte unser Herr,und Jahre spter konnte Paulus sagen: Ich lebe; doch nun nichtich, sondern Christus lebt in mir (Gal 2,20).
Mein Gott, soll Snde ihre Macht behalten
Und in meiner Seele trotzig leben?
Es gengt nicht, da Du vergibst;
Das Kreuz mu erhoben und das Ich erschlagen werden.
Du Gott der Liebe, offenbare Deine Macht!Es gengt nicht, da Christus emporsteigt.Auch ich mu den erhellenden Himmel suchenUnd von den Toten auferstehen wie Christus auferstand.
Griechisches Lied
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Kapitel 6
Gott gengt sich selbst
Lehre uns, o Gott, da Du nichts ntig hast. Wrdest Dueines Dinges bedrfen, so wrde daran Deine Unvollkom-menheit gemessen werden. Wie knnten wir jemandenanbeten, der unvollkommen ist? Wenn Du nichtsbrauchst, brauchst Du auch niemanden, selbst uns nicht.Wir suchen Dich, weil wir Dich brauchen; denn in Dirleben, weben und sind wir. Amen.
Der Vater hat das Leben in sich selber (Joh 5,26), sagte unserHerr, und es ist charakteristisch fr seine Art zu lehren, da er ineinem kurzen Satz eine Wahrheit ausspricht, die so unfabar hochist, da sie die hchsten aller menschlichen Gedanken bersteigt.Gott, sagte er, ist sich selbst genug. Er ist das, was er ist, imwahrsten Sinne in sich selbst.
Was immer Gott ist, ist er in sich selbst. Alles Leben ist in undvon Gott, ganz gleich, ob es die niedrigste Form unbewutenLebens ist oder das bewute, intelligente Leben der Seraphim.Kein Geschpf besitzt Leben in sich selbst, alles Leben ist eineGabe Gottes.
Umgekehrt ist Gottes Leben nicht die Gabe eines andern. Gbees jemanden, von dem Gott die Gabe des Lebens - oder irgendei-ne Gabe - empfangen knnte, so wre dieser andere der tatschli-che Gott. Man kann sich Gott einfach als den Einen vorstellen, deralles hat, der alles gibt, was gegeben wird, der jedoch nichtsempfangen kann, was er nicht vorher selbst gegeben hat.
Zu behaupten, Gott kenne ein Bedrfnis, wrde bedeuten, dieUnvollkommenheit des gttlichen Wesens einzugestehen. Be-drfnis ist ein Begriff, den Geschpfe verwenden; dem Schpferist er unbekannt. Gottes Beziehung zu allem Erschaffenen ent-springt aus freiem Willen; er hat keine notwendige Beziehung zuirgend etwas auerhalb seiner eigenen Person. Das Interesse anseinen Geschpfen liegt im Wohlgefallen des Herrschers begrn-det, nicht in irgendeinem Bedrfnis, das etwa durch diese Ge-
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schpfe gestillt werden knnte, oder im Wunsche nach Ergn-zung, die sie fr ihn, der in sich doch vollstndig ist, bedeutenknnten.
Wiederum mssen wir lernen umzudenken, das Gewohnteabzulegen und zu verstehen versuchen, was einzigartig und nur indieser Situation allein wahr ist. Wir wissen alle, da GeschpfeBedrfnisse haben. Nichts ist in sich selbst vollstndig, sondernalles bedarf einer Ergnzung, um existieren zu knnen. AllesAtmende braucht Luft, jeder Organismus braucht Nahrung undWasser. Nehme man Luft und Wasser von der Erde, wrde allesLeben augenblicklich verderben. Man kann allgemein grundle-gend festhalten, da alles Erschafffene etwas anderes Erschaffe-nes braucht, um leben zu knnen, und da alle Gott brauchen.Gott allein braucht nichts. Ein Flu wird durch seine Zuflsseimmer grer; aber wo ist jener Zuflu, der den Einen vergrernknnte, von dem alles kommt und dem die gesamte Schpfung ihrDasein verdankt?
Unergrndbare See!
Alles Leben kommt aus Dir,
Und Dein Leben ist Deine selige Einigkeit.
Frederick W. Faber
Die Frage, warum Gott das Universum erschuf, macht denken-den Menschen noch immer zu schaffen. Aber wenn wir auch nichtwissen, warum er es tat, so wissen wir doch wenigstens, da erseine Welten nicht ins Dasein rief, um sich selbst ein Bedrfnis zubefriedigen, so wie sich z. B. ein Mensch ein Haus baut, um sichgegen Klte zu schtzen, oder ein Kornfeld anlegt, um sich mit dernotwendigen Nahrung zu versorgen. Das Wort notwendig ist Gottgnzlich unbekannt.
Da Gott als allerhchstes Wesen ber allem steht, kann er nichtnoch mehr erhht werden. Nichts steht ber ihm, nichts geht berihn hinaus. Fr sein Geschpf ist jede Regung zu ihm hinErhhung, jedes Abwenden von ihm Niedergang. Er hlt seineStellung kraft seines eigenen Vermgens und nicht durch irgendjemandes Erlaubnis. Niemand kann ihn befrdern, niemanddegradieren. Es steht geschrieben, da er alle Dinge durch sein
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krftiges Wort aufrechterhlt. Wie kann er von etwas erhht oderuntersttzt werden, das nur durch ihn aufrechterhalten wird?
Wren alle Menschen pltzlich blind, wrde dennoch am Tagdie Sonne scheinen und die Sterne in der Nacht leuchten, denndiese sind all den Millionen, die aus ihrem Lichte Nutzen ziehen,in nichts verpflichtet. Genausowenig Einflu htte es auf Gott,wrden alle Menschen auf Erden Atheisten. Was er ist, ist er insich selbst, ungeachtet aller anderen. An Gott zu glauben bedeu-tet keine Ergnzung seiner Vollkommenheit, und an ihm zuzweifeln beeintrchtigt ihn nicht.
Der allmchtige Gott braucht - gerade weil er allmchtig ist -keine Untersttzung. Das Bild eines nervsen Gottes, der sich beiden Menschen einschmeichelt, um ihre Gunst zu gewinnen, istgewi nicht erfreulich. Aber genau dies sind die allgemeinenVorstellungen, die man von Gott hat. Die Christenheit des 20.Jahrhunderts hat ihn zu einem Gott ihrer Gnaden gemacht.Unsere Meinung von uns selbst ist so hoch, da wir es als leicht, jasogar als angenehm empfinden, zu glauben, da Gott unserbedarf. Aber die Wahrheit ist, da Gott durch unsere Existenznicht grer wird, genausowenig wie es ihm Abbruch tun wrde,gbe es uns nicht. Unsere Existenz ist ausschlielich auf Gottesfreien Entschlu und Vorsatz zurckzufhren, nicht auf unserenWert oder auf eine Notwendigkeit.
Am schwersten fllt uns durch unseren angeborenen Egoismuswohl der Gedanke, Gott knnte unsere Hilfe gar nicht ntighaben. Wir stellen Gott gewhnlich als einen geschftigen, eifri-gen, irgendwie frustrierten Vater dar, der bei der Realisierungseines Plans, der Welt Frieden und Heil zu bringen, Hilfe ben-tigt. Doch in Wirklichkeit ist es so, wie Juliana von Norwich sagte:Ich erkannte, da gewilich Gott alle Dinge tut, auch dieAllergeringsten.15
Der Gott, der alle Dinge wirkt, braucht bestimmt weder Hilfenoch Helfer.
Allzu viele Missionsaufrufe sttzen sich auf diese vermeintlicheFrustration des allmchtigen Gottes. Ein gebter Redner kannleicht Mitleid bei seinen Hrern wecken, Mitleid nicht nur fr diearmen Heiden, sondern auch fr den Gott, der sich schon langenachdrcklich, aber vergeblich, um deren Errettung bemht hat,
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weil ihm die Untersttzung fehlte. Ich frchte, da Tausendejunger Menschen als Beweggrund fr ihren Dienst im ReicheGottes die peinliche Lage, in der Gott steckt, sehen, in die ihnseine Liebe gebracht hat und aus der er mit seinen beschrnktenFhigkeiten ohne ihre Hilfe nicht mehr herauskommt. Fgt mandem noch ein gewisses Ma an lblichem Idealismus sowie einegute Portion Erbarmen fr die weniger Privilegierten hinzu, sofindet man den wahren Antrieb, der heute hinter einem Groteilchristlicher Aktivitten steht.
Des weiteren braucht Gott auch keine Verteidiger. Er ist derewig Unverteidigte. Gott gebraucht in der Bibel fters solchemilitrische Ausdrcke, damit wir ihn besser verstehen. Dies darfuns jedoch keinesfalls zu der Meinung verleiten, der Thron derallerhchsten Majestt befnde sich im Belagerungszustand undwrde von Michael und seinen Engeln gegen die heftigen Angriffevon auen verteidigt. Damit htten wir alles, was uns die Bibelber Gott sagt, miverstanden. Weder das Judentum noch dasChristentum knnten solch naive Vorstellungen gutheien. EinGott, der verteidigt werden mu, knnte uns nur dann helfen,wenn auch ihm jemand hlfe. Wir knnten nur dann auf ihnzhlen, wenn er die gewaltige Auseinandersetzung zwischen Gutund Bse gewnne. Solch ein Gott knnte niemals den Respektintelligenter Menschen gewinnen, sondern nur ihr Mitleid er-regen.
Um auf den rechten Weg zu kommen, mu unser Denken vonGott seiner wrdig sein. Es ist unbedingt notwendig, alle unange-brachten Vorstellungen ber die Gottheit aus unserm Sinn zu ver-bannen und Gott so sein zu lassen, wie er wirklich ist. Die christ-liche Religion hat mit Gott und dem Menschen zu tun. Aber nichtder Mensch steht im Brennpunkt, sondern Gott. Der Menschkann sich nur aufgrund seiner Gottebenbildlichkeit Bedeutungzumessen; in sich selbst ist er nichts. Die Psalmisten und Prophe-ten der Bibel sprechen betrbt spottend vom schwachen Men-schen, der wie ein Grashalm ist, der am Morgen blht und sprotund des Abends welkt und verdorrt. Die Bibel lehrt nachdrck-lich, da Gott selbst unbedingt ist und der Mensch allein zu GottesVerherrlichung existiert. Wie im Himmel, so mu die Ehre Gottesauch auf Erden absolute Prioritt besitzen.
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All das lt uns immer besser verstehen, warum die HeiligeSchrift so viel ber die lebensnotwendige Bedeutung des Glaubenszu sagen hat und den Unglauben als eine Todsnde brandmarkt.Keines der erschaffenen Wesen drfte es wagen, auf sich selbst zuvertrauen. Gott allein vertraut auf sich selbst, wie auch alle anderenWesen auf ihn vertrauen mssen. Unglaube ist in Wirklichkeitverkehrter Glaube; denn er setzt sein Vertrauen nicht auf denlebendigen Gott, sondern auf sterbliche Menschen. Der Unglubi-ge leugnet die Selbstgengsamkeit Gottes und nennt Eigenschaftensein eigen, die ihm nicht gehren. Diese zweifache Snde verunehrtGott und zerstrt letztlich die Seele des Menschen.
In seiner Liebe und in seinem Erbarmen kam Gott in Christuszu uns. Das war der konsequente Glaube der Gemeinde zur Zeitder Apostel, der bis heute in der christlichen Lehre der Fleisch-werdung Gottes festgehalten wird. Seit einiger Zeit jedoch hatsich hier im Gegensatz zum Glauben der Urchristen eine Bedeu-tungswandlung und auch -minderung eingeschlichen. Der MenschJesus wird in seiner Menschlichkeit mit Gott gleichgesetzt, und allseine menschlichen Schwachheiten und Grenzen werden auf dieGottheit bertragen. Die Wahrheit ist, da der Mensch, der unteruns lebte, nicht eine offene Darstellung der Gottheit, sonderneines vollkommenen Menschseins war. Die schreckenerregendeMajestt der Gottheit wurde zum Schutz der Menschheit inbarmherziger Weise mit dem Mantel menschlicher Natur verhllt.Steig hinab, befahl Gott Mose auf dem Berge, und verwarnedas Volk, da sie nicht durchbrechen zum Herrn, ihn zu sehen,und viele von ihnen fallen (2 Mo 19,21). Und spter: KeinMensch wird leben, der mich sieht (2 Mo 33,20).
Unter den heutigen Glubigen scheint man Christus oft nur alsMensch zu kennen. Sie versuchen, in Gemeinschaft mit ihm zukommen, indem sie ihn seiner verzehrenden Heiligkeit undunnahbaren Majestt berauben und damit auch jener Eigenschaf-ten, die er whrend seines Erdendaseins verhllte, aber in ganzerHerrlichkeit wieder an sich nahm, als er in den Himmel auffuhrund sich zur Rechten seines Vaters setzte. Der Christus desallgemeinen Christentums hat ein mattes Lcheln und einenHeiligenschein. Er ist zu Einem-dort-Oben geworden, der dieMenschen gern hat - zumindest einige -, und diese sind ihm dafr
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zwar dankbar, aber es beeindruckt sie nicht sonderlich. Wenn sieihn brauchen, braucht er bestimmt auch sie.
Wir sollten nun jedoch keinesfalls den Schlu ziehen, dasVerstndnis der gttlichen Selbstgengsamkeit lhmte die christ-liche Aktivitt. Im Gegenteil, sie regt sie zu einem heiligenBemhen an. Diese Eigenschaft Gottes, die das menschlicheSelbstvertrauen in seine Schranken verweist, kann unseren Sinnvon der erdrckenden Last der Sterblichkeit befreien und unsermutigen, das leichte Joch Christi auf uns zu nehmen und unsunter der Fhrung des Heiligen Geistes zur Ehre Gottes und frdas Wohl der Menschheit hinzugeben. Es ist wunderbar, daGott, der niemanden ntig hat, sich in seiner Herrlichkeit herab-neigt, um in seinen Kindern und durch sie zu wirken.
Sollte dies alles widersprchlich scheinen - amen, so sei es also!Einzelne Teile dieser Wahrheit stehen zueinander im Gegensatzund manchmal wird von uns verlangt, an diese scheinbarenWidersprche zu glauben. Aber wir warten auf den Augenblick,wo wir erkennen werden, wie wir erkannt worden sind. Dann wirdsich solch eine Wahrheit, die fr uns noch widersprchlich er-scheint, als in sich geschlossen und harmonisch erweisen. Wirwerden erkennen, da dieser Konflikt in unserem von der Sndegeschdigten Sinn begrndet lag.
Bis dahin finden wir Erfllung im liebenden Gehorsam gegen-ber den Geboten Christi und den vom Geist gegebenen Ermah-nungen der Apostel. Gott ist's, der in euch wirkt (Phil 2,13). Erist auf niemanden angewiesen, aber wo Glaube ist, kann er jedengebrauchen. Voraussetzung fr gesundes geistliches Leben ist,da wir beide Teile dieses Satzes akzeptieren. Viele Jahre langwurde der erste fast vollstndig in den Hintergrund gedrngt. Dasbrachte fr uns einen tiefen geistlichen Schaden mit sich.
Quelle des Guten, aller Segen fliet von Dir;Keinen Mangel kennt Deine Flle;Was kannst Du auer Dir selbst begehren?Doch selbstgengsam, wie Du bist,Begehrst Du mein unwrdiges Herz;Dies, dies allein verlangst Du.
Johann Scheffler
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Kapitel 7
Die Ewigkeit Gottes
Heute erkennen unsere Herzen mit Freuden, was unserVerstand nie vllig erfassen kann - Deine Ewigkeit, oAllmchtiger. Bist Du nicht von Ewigkeit her gewesen, oHerr, mein Gott, Du Heiliger?
Ewiger Vater, wir beten Dich an, dessen Jahre kein Endehaben; und Dich, den geliebten eingeborenen Sohn, dervon Ewigkeit her gewirkt hat; wir ehren auch Dich,ewiger Geist, und beten Dich an, der Du vor Grundle-gung der Welt in gleicher Herrlichkeit mit dem Vater unddem Sohn lebtest und liebtest.
Erweitere und reinige unsere Herzen, damit sie wrdigeWohnungen Deines Geistes seien, Du, der Du ein auf-richtiges und reines Herz allen Tempeln vorziehst. Amen.
Der Begriff der Ewigkeit zieht sich durch die gesamte Bibelhindurch und nimmt im orthodoxen jdischen und christlichenDenken eine wichtige Stellung ein. Wrden wir ihn verwerfen,wre es uns ganz unmglich, die Gedanken der Propheten undApostel nachzuvollziehen, denn sie waren von den Gedanken aneine Ewigkeit erfllt.
Da das Wort ewig von den Schreibern der Bibel manchmal imSinne von lange andauernd gebraucht wird (wie z. B. in 1 Mo49,26: ... die ewigen Hgel), sind einige Leute der Meinung,der Gedanke der unendlichen Existenz sei nicht von dem abzu-leiten, was die biblischen Autoren mit diesem Wort gemeinthtten, sondern erst spter von den Theologen eingefhrt wor-den. Dieser schwerwiegende Irrtum entspringt - meiner Mei-nung nach - einer fehlenden ernsthaften Wissenschaftlichkeit.Durch diese Argumentation flchten einige Bibelausleger vorder Lehre der ewigen Bestrafung. Sie lehnen die Idee ewigerVergeltung ab und sind deshalb dazu gezwungen, die ganzeVorstellung einer Endlosigkeit zu schwchen. Das ist nicht daseinzige Beispiel dafr, wie Menschen versuchen, klare Aussagen
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zu verndern, um damit alle Beweise gegen ihren Irrtum zuvernichten.
Die Wahrheit ist, da selbst, wenn die Bibel nicht die EwigkeitGottes wortwrtlich lehren wrde, wir trotzdem nicht daranvorbeikmen, sie aus seinen anderen Eigenschaften abzuleiten.Gbe es in der Heiligen Schrift kein Wort fr Ewigkeit, so mtenwir notwendigerweise eines erfinden, um damit ein Konzept, dasberall in der Schrift vorausgesetzt wird, in Worte fassen zuknnen.
Der Gedanke der Endlosigkeit ist fr das Reich Gottes von sogrundlegender Bedeutung wie der Kohlenstoff fr die Natur. Sowie der Kohlenstoff als wesentliches Element in fast allen leben-den Stoffen vorhanden ist und sie mit Energie versorgt, so ist eineAuffassung von Endlosigkeit notwendig, um jeder christlichenLehre Sinn zu verleihen. Ich kenne keinen Lehrsatz des christli-chen Glaubensbekenntnisses, der ohne den Ewigkeitsgedankenseinen Sinn bewahren knnte. Du bist, Gott, von Ewigkeit zuEwigkeit (Ps 90,2), sagte Mose, vom Geist erfllt. Der Verstandblickt, so weit er vermag, in die Vergangenheit zurck, undwendet dann seinen Blick in die Zukunft, so weit es ihm seinVorstellungs- und Denkvermgen ermglicht. Gott, bei dem eskeine Vergangenheit und Zukunft gibt, ist sowohl hier wie dort.
Zeit markiert den Anfang der Existenz der Geschpfe; da Gottnie zu existieren begann, ist sie auf ihn auch nicht anwendbar.Beginnen ist ein Zeit-Wort und besitzt daher fr den Hchsten,der in der Ewigkeit wohnt, keine persnliche Bedeutung.
Kein Alter kann Dich mit Jahren beladen;Lieber Gott! Du bist selbst Deine eigene Ewigkeit.
Frederick W. Faber
Weil Gott im immerwhrenden Jetzt lebt, hat er keineVergangenheit und keine Zukunft. Zeitbegriffe, die in der Bibelgebraucht werden, beziehen sich auf unsere, nicht auf seine Zeit.Die vier Gestalten, die Tag und Nacht vor dem Throne Gottesrufen: Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr, der Allmchtige,der da war und der da ist und der da kommt! (Offb 4,8),identifizieren Gott mit der Lebensform seiner Geschpfe und
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deren drei Zeitformen. Das ist richtig und gut so; denn Gottselbst will dies. Da Gott jedoch unerschaffen ist, bleibt er vonden aufeinanderfolgenden Wechseln, die wir Zeit nennen, unbe-rhrt.
Gott lebt in der Ewigkeit, die Zeit dagegen wohnt in ihm. Gotthat schon unsere ganze Zukunft, sowie auch unsere Vergangen-heit durchlebt. Vielleicht hilft uns hier ein Versuch von C. S.Lewis, dies zu veranschaulichen. Er schlgt vor, sich die Ewigkeitals ein unendlich groes Blatt Papier vorzustellen. Eine kurzeLinie, die man auf diesem Blatt zieht, bedeutet die Zeit. So wiediese Linie auf dem unendlich groen Blatt beginnt und endet, sobegann die Zeit in Gott und wird auch in Gott enden.
Da Gott zu Beginn der Zeit erscheint, ist nicht allzu schwerzu verstehen. Aber da er am Anfang und am Ende der Zeitgleichzeitig erscheint, ist nicht so leicht zu fassen. Dennoch ist eswahr. Wir Menschen verstehen Zeit als eine Abfolge von Ereig-nissen, und mit ihrer Hilfe erklren wir uns aufeinanderfolgendeVernderungen im Universum. Vernderungen geschehen nichtalle auf einmal, sondern eine nach der andern, und es ist dasVerhltnis vom Nachher zum Vorher, welches uns den Zeitbe-griff vermittelt. Wir warten darauf, da die Sonne von Ostennach Westen zieht oder da sich der Stundenzeiger auf demZifferblatt im Kreis bewegt. Aber Gott ist nicht auf ein solchesWarten angewiesen, bei ihm ist alles zuknftige Geschehenbereits vollendet.
Deshalb kann Gott sagen: Ich bin Gott, und sonst keinermehr, ein Gott, dem nichts gleicht. Ich habe von Anfang anverkndigt, was hernach kommen soll, und vorzeiten, was nochnicht geschehen ist (Jes 46,9 f.). Er sieht beides, Anfang undEnde, mit einem Blick. Denn unendliche Dauer, das Wesen derEwigkeit, umschliet alles Aufeinanderfolgen, sagt Nikolausvon Kues, und alles, was fr uns wie ein zeitliches Nacheinanderaussieht, ist fr deinen Begriff immer jetzt... Weil du Gott derAllmchtige bist, wohnst du in den Menschen des Paradieses,und diese Mauern sind ein zeitliches Zusammenfallen von frheroder spter, wo das Ende eins ist mit dem Anfang und wo dasAlpha und Omega dasselbe ist... Denn jetzt und dann falleninnerhalb der Mauern des Paradieses zusammen. O mein Gott,
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du Absoluter und Ewiger, du bist und sprichst jenseits vonGegenwart und Vergangenheit.16
Als Mose hochbetagt war, schrieb er Psalm 90, aus dem indiesem Kapitel schon zitiert wurde. Darin besingt er die EwigkeitGottes. Fr ihn ist diese Wahrheit eine feststehende theologischeTatsache, so fest und unerschtterlich wie der ihm so vertrauteBerg Sinai. Sie enthielt fr ihn eine doppelte praktische Bedeu-tung: Da Gott ewig ist, wird er stets das einzige Zuhause seinervon der Zeit getriebenen Kinder sein. Herr, du bist unsreZuflucht fr und fr. Der zweite Gedanke ist weniger trstend:Gottes Ewigkeit ist unendlich und unsere Jahre auf Erden sindgezhlt - wie sollen wir dabei mit unseren Hnden etwas Bleiben-des schaffen knnen? Wie sollen wir der steten Wiederholung vonGeschehnissen entgehen, die uns zermrben und an den Rand derErschpfung und Zerstrung bringen? Dieser ganze Psalm sprichtber Gott, und so ist er es auch, den Mose wehmtig anruft:Lehre uns bedenken, da wir sterben mssen, auf da wir klugwerden (Ps 90,12). Mge das Wissen um deine Ewigkeit, o Gott,fr mich nicht umsonst sein!
Von uns, die wir in dieser hektischen Zeit leben, wre es weise,oft und lange in der Gegenwart Gottes und an der Schwelle zurEwigkeit ber unser Leben und unsere Zeit nachzudenken. Dennwir sind fr die Ewigkeit ebenso gemacht wie fr die Zeit hier aufErden, und als verantwortliche sittliche Wesen mssen wir uns mitbeiden befassen.
Fr die Ewigkeit erschaffen und trotzdem gezwungen zu sein, inder Zeit zu leben, ist fr die Menschheit eine Tragdie groenAusmaes. Alles in uns schreit nach Leben und Bestndigkeit,und alles um uns her erinnert uns an Sterblichkeit und Wechsel.Dennoch ist die Tatsache, da Gott uns fr die Ewigkeit gemachthat, beides: Herrlichkeit und Prophezeiung - eine Herrlichkeit,die Wirklichkeit werden wird, und eine Prophezeiung, die nocherfllt werden wird.
Ich hoffe, da man es nicht fr unntig hlt, wenn ich hiernochmals auf das Bild Gottes im Menschen, auf diesen Grundpfei-ler christlicher Theologie, zurckkomme. Die Merkmale desAbbildes Gottes sind durch die Snde so unkenntlich gemachtworden, da sie nicht leicht wiederzuerkennen sind. Aber ist es
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nicht vernnftig zu glauben, da eines dieser Merkmale dasunersttliche Verlangen des Menschen nach Unsterblichkeit ist?
Du wirst uns nicht im Staube liegenlassen
Du hast den Menschen geschaffen, er wei nicht warum;
Er denkt, er sei nicht zum Sterben erschaffen,
Du hast ihn gemacht: Du bist gerecht!
Tennyson
Das Abbild Gottes im Menschen lt, vielleicht auch nurschwach, einen jeden bestndig auf eine Fortdauer seiner Exi-stenz hoffen. Trotzdem kann er sich nicht freuen; denn dasLicht des Verstandes, das alle Menschen erleuchtet, die in dieseWelt kommen, beunruhigt sein Gewissen, indem es ihn durchBeweise seiner Schuld und die Gewiheit des Sterbens er-schreckt. So wird er zwischen Hoffnung und Furcht hin- undhergerissen.
Doch genau an diesem Punkt erscheint die herrliche Botschaftdes Evangeliums. Jesus Christus hat dem Tode die Machtgenommen und das Leben und ein unvergngliches Wesen ansLicht gebracht... durch das Evangelium (2 Tim 1,10). Diesschreibt Paulus kurz bevor er zur Hinrichtung gefhrt wird. GottesEwigkeit und die Sterblichkeit des Menschen machen uns deut-lich, da es uns nicht einfach freigestellt ist, an Jesus Christus zuglauben oder ihn abzulehnen. Fr jeden Menschen gilt die Ent-scheidung: entweder der Glaube an Christus oder eine ewigeVerdammnis. Unser Herr kam aus der Ewigkeit, um seine Brderzu retten, deren moralisches Fehlen sie nicht nur zu Toren dervergnglichen Welt, sondern auch zu Sklaven der Snde und desTodes gemacht hat.
Ein kurzes Leben ist hier unser Anteil,Kurzer Kummer, kurze Sorge;Das Leben, das kein Ende kennt,Das Leben ohne Trnen ist dort.
Dort werden wir Gott, unseren Knig
In der Flle Seiner Gnade
Dann immer sehen
Und von Angesicht zu Angesicht anbeten.
Bernhard von Cluny
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Kapitel 8
Gottes Unendlichkeit
Unser himmlischer Vater, la uns Deine Herrlichkeitschauen - im Schtze der Felsenkluft und in der SicherheitDeiner bewahrenden Hand. Ganz gleich, ob uns dies denVerlust von Freunden, Gtern oder Lebenstagen bringt,la uns Dich erkennen, wie Du bist, damit wir Dichanbeten, wie wir es sollten. Im Namen Jesu Christi,unseres Herrn. Amen.
Die Welt liegt im argen. Es bleibt uns immer weniger Zeit, unddie Herrlichkeit Gottes ist von der Gemeinde gewichen, wie sichdie Feuerwolke in der Vision des Propheten Hesekiel von der Trdes Tempels emporhob.
Der Gott Abrahams hat seine sprbare Gegenwart von unszurckgezogen, und ein anderer Gott, den unsere Vter nichtkannten, richtet sich bei uns ein. Diesen Gott haben wir uns selbstgemacht, und weil wir ihn selbst gemacht haben, knnen wir ihnverstehen. Weil wir ihn selbst gemacht haben, kann er uns wederberraschen noch berwltigen, weder in Erstaunen versetzennoch uns bertreffen.
Der Gott der Herrlichkeit hat sich manchmal wie eine Sonnegeoffenbart, um zu wrmen und zu segnen, aber oft auch, um zuerstaunen, zu berwltigen und zu blenden, bevor er heilte undbleibendes Augenlicht schenkte. Dieser Gott unserer Vter willausdrcklich auch der Gott ihrer Nachkommen sein. Wir brau-chen ihm nur in Liebe, Glauben und Demut eine Wohnung zubereiten. Wir mssen ihn nur wirklich haben wollen, und er wirdkommen und sich uns offenbaren.
Schenken wir doch den ermahnenden Worten eines so gottes-frchtigen und aufmerksamen Mannes wie Anselm von Canter-bury Gehr: Wohlan jetzt, Menschlein, entfliehe ein wenigdeinen Beschftigungen... Wirf ab jetzt deine drckenden Sor-gen und stelle zurck die mhevollen Geschfte. Sei frei ein wenigfr Gott und ruhe ein bichen in ihm. >Tritt ein in die Kammer<
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deines Herzens, halte fern alles auer Gott und was dir hilft, ihn zusuchen, mach Schlieung der Tre< suche ihn. >Sprich< jetzt,>mein ganzes Herz<, sprich jetzt zu Gott: >Ich suche dein Antlitz:dein Antlitz, Herr, suche ich.<17
Von allem, was ber Gott gesagt und gedacht werden kann, istseine Unendlichkeit am schwersten zu erfassen. Schon der Ver-such, sie sich vorzustellen, erscheint widersprchlich, denn dies inWorte fassen zu wollen erfordert von uns etwas, von dem wir vonAnfang an wissen, da wir es nie schaffen. Trotzdem mssen wires versuchen, denn die Heilige Schrift lehrt uns, da Gott unend-lich ist, und wenn wir seine anderen Eigenschaften akzeptieren,mssen wir auch diese annehmen.
Wir drfen uns beim Bemhen um Verstehen nicht deshalbabhalten lassen, weil der Weg schwierig ist und es keine Hilfe beimAufstieg gibt. Weiter oben ist die Aussicht viel besser, aber dies istkein Fuweg, sondern das Herz mu ihn gehen! Lat darumGedanken und Geist sich so hoch emporschwingen, wie Gott esuns in seinem Wohlgefallen gewhrt; wissend, da der Herr oftden Blinden sehen lt und den Unmndigen Wahrheiten offen-bart, von denen sich die Weisen und Klugen nie trumen lieen.Jetzt mssen die Blinden sehen und die Tauben hren. Jetztmssen wir erwarten, die heimlichen Schtze und die verborgenenKleinode zu empfangen!
Unendlichkeit bedeutet Unbegrenztheit, und es ist offensicht-lich fr den begrenzten Verstand unmglich, den Unbegrenztenzu erfassen. Auch in diesem Kapitel werden wir wieder mit demDilemma konfrontiert, dessen Ursache bereits oben angedeutetwurde. Wir bemhen uns, uns eine Wesensart vorzustellen, dievllig fremd und allem unhnlich ist, was wir in unserer Welt vonMaterie, Raum und Zeit kennen.
Hier und bei all unserem Nachsinnen ber die Eigenschaftendes Wesens Gottes, schreibt Novatian, fehlt uns die dafrnotwendige Vorstellungskraft, und menschliche Worte reichennicht aus, um seine Gre darzustellen. Beim Betrachten undBeschreiben seiner Majestt verstummt alle Beredtsamkeit underweist sich alle geistige Anstrengung als ungengend. Er istgrer als jede Sprache, und keine Aussage vermag ihn zuerfassen. Wre es mglich, ihn mit Worten zu beschreiben, so
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wre er in Wirklichkeit geringer als die menschliche Sprache. AlleGedanken, die wir uns ber ihn machen, werden seine Gre nieerfassen knnen, und unsere hochtrabendsten uerungen wer-den im Vergleich mit seinem wirklichen Wesen Belanglosigkeitensein.18
Unglcklicherweise hat man sich nicht immer an die genaueBedeutung des Wortes unendlich gehalten, sondern es einfachsorglos im Sinne von viel oder einegroe Menge gebraucht. Sosagen wir z.B., der Knstler gibt sich unendliche Mhe mit seinemBild, oder eine Lehrerin zeigt unendliche Geduld mit ihrer Klasse.Genaugenommen kann das Wort nicht fr etwas Erschaffenesverwendet werden, sondern dessen Bedeutung trifft ausschlie-lich auf Gott zu. Auch eine Diskussion darber, ob der Weltraumunendlich sei, ist nur ein Wortspiel. Unendlichkeit steht nur demEinen zu.
Wenn wir sagen, da Gott unendlich ist, meinen wir damit, daer keine Grenzen hat. Auch in diesem Punkt mssen wir uns vomgewohnten Wortsinn lsen. Grenzenloser Reichtum und uner-schpfliche Energie sind weitere Beispiele fr den Mibrauchvon Worten. Natrlich gibt es keinen Reichtum, der unbegrenztist, und keine Energie, die unerschpflich ist, es sei denn, wirsprechen vom Reichtum und der Energie Gottes.
Zu sagen, da Gott unendlich ist, heit, da er unermebar ist.Erschaffene Dinge sind mebar, das heit, da Begrenzungen undUnvollkommenheiten sie bestimmen. Wir sind vertraut mit Ma-en fr Gewichte, Entfernungen, Lngen, Flssigkeiten, Energie,Ton, Licht und Mengenangaben. Auch abstrakte Qualittenversuchen wir zu messen, indem wir z. B. von groem oderkleinem Glauben, von niedriger oder hoher Intelligenz sprechen.
Es ist doch leicht verstndlich, da all dies nicht auf Gottanwendbar ist und sein kann, denn dies ist die Art und Weise, wiewir die Schpfung betrachten sollen, jedoch nicht den Schpferselbst. Gott steht auerhalb und jenseits all dieser Dinge. Mitunseren Mastben knnen wir Berge und Menschen, Atome undSterne, Schwerkraft, Energie und Geschwindigkeit erfassen, nie-mals jedoch Gott. Im Zusammenhang mit ihm knnen wir nichtvon Ma oder Menge, Gre oder Gewicht sprechen, denn damitbeschreiben wir Wachstum, Hinzufhrung oder Entwicklung.
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Dies entspricht nicht dem Wesen Gottes, denn in ihm gibt es nichtweniger oder mehr, grer oder kleiner. Er ist, was er in sich selbstist - einfach Gott.
In der uns erschreckenden Tiefe des Gttlichen knnten Eigen-schaften verborgen liegen, von denen wir nichts wissen, die aberfr uns nicht von Bedeutung sind, so wie z. B. die Gnade undBarmherzigkeit Gottes keine persnliche Bedeutung fr die Che-rubim und Seraphim besitzen. Diese heiligen Wesen knnen, auchwenn sie diese Eigenschaften Gottes kennen, sie nicht selbsterfahren, weil sie nicht gesndigt haben wie wir Menschen unddarum auch nicht der Barmherzigkeit und Gnade bedrfen. Sogibt es - davon bin ich berzeugt - noch andere Eigenschaften desWesens Gottes, die er nicht einmal seinen erlsten und vom Geisterleuchteten Kindern offenbart. Diese verborgene Seite der NaturGottes betrifft niemanden auer ihn selbst. Es besteht fr unskeine Veranlassung, das zu entdecken zu versuchen, was er unsnicht geoffenbart hat.
Dich selbst immer fllend
Mit selbstentzndeter Flamme,
Aus Dir selbst gewinnst Du
Krfte ohne Namen!
Ohne Anbetung der Geschpfe,
Ohne Verschleierung Deines Gesichtes,
Bleibst Du, Gott, immer derselbe!
Frederick W. Faber
Doch Gottes Unendlichkeit ist uns bekannt. Das Wissen dar-ber ist uns zu unserem eigenen Nutzen mitgeteilt worden. Aberwas bedeutet dies fr uns, abgesehen von dem Staunen, das unsbefllt, wenn wir darber nachdenken? Eine ganze Menge, unddas um so mehr, je besser wir uns selbst und Gott kennenlernen.
Weil Gottes Wesen unendlich ist, ist auch alles daraus Entsprin-gende unendlich. Wir armseligen menschlichen Geschpfe sindstndig dadurch frustriert, da uns Beschrnkungen von auenund innen auferlegt werden. Unsere Lebenszeit ist knapp bemes-sen, und unsere Tage fliegen in Windeseile dahin. Das Leben istkurz und scheint uns wie ein stndiges Proben fr ein Konzert zu
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sein, das wir nicht einmal mehr miterleben knnen. Haben wir esendlich zu einem gewissen Knnen gebracht, werden wir gezwun-gen, unsere Instrumente niederzulegen. Es ist einfach nichtgengend Zeit vorhanden, um mit unserem Denken, Werden undVollbringen es dazu zu bringen, wozu wir aufgrund unserer Naturfhig wren.
Wie befriedigend ist es dagegen, sich von unseren Begrenzun-gen weg zu einem Gott hinzuwenden, der selbst keine kennt! DieEwigkeit ruht in seinem Herzen. Fr ihn vergeht die Zeit nicht, siebleibt; und diejenigen, die in Christus sind, teilen mit ihm all denReichtum unbegrenzter Zeit und unendlicher Jahre. Gott ist nie inEile; es gibt keine Termine, auf die er zu achten hat. Schon dasWissen darum beruhigt unsern Geist und entspannt unsere Ner-ven. Einem Menschen, der nicht in Christus ist, erscheint die Zeitwie ein hungriges, wildes Tier. Den Shnen der neuen Schpfungjedoch ist die Zeit Untertan; aus dem ehemaligen Feind des altenMenschen wird dem neuen ein Freund. Selbst die Sterne in ihremLauf kmpfen fr den Menschen, der Gott ehrt (Ri 5,20). Diesalles drfen wir aus der gttlichen Unendlichkeit lernen.
Das ist jedoch noch nicht alles! Gottes Gaben der Natur habenihre Begrenzungen, sie sind begrenzt, weil sie erschaffen sind.Doch die Gabe des ewigen Lebens in Christus Jesus ist sounbegrenzt wie Gott selbst. Der glubige Mensch besitzt Gotteseigenes Leben und hat Anteil an dessen Unendlichkeit. In Gott istgenug Leben fr alle und gengend Zeit, um sich daran zuerfreuen. Natrliches Leben durchluft einen Zyklus von derGeburt bis zum Tod und hrt dann auf zu sein, das Leben Gottesjedoch ruht in sich selbst und endet nie. Das ist das ewige Leben:den einzig wahren Gott zu erkennen und Jesus Christus, den ergesandt hat (Joh 17,3).
Auch die Gnade Gottes ist unendlich. Jeder Mensch, dererfahren hat, wie sehr die eigene Schuld schmerzen kann, wei,da dies keine leeren Worte sind. Wo aber die Snde mchtiggeworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mchtiger gewor-den (Rom 5,20). Mchtige Snde ist der Schrecken der Welt,aber mchtige Gnade ist die Hoffnung fr die Menschheit. Wiemchtig die Snde auch sein mag, sie hat ihre Grenzen; denn sie istdas Resultat vergnglicher Sinne und Herzen. Aber Gottes Viel-
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Mchtiger macht uns mit der Unendlichkeit bekannt. Den schwe-ren Krankheiten seiner Geschpfe steht Gottes unendliche Hei-lungsfhigkeit gegenber.
Das Zeugnis der Christen lautete durch die Jahrhunderte:Also hat Gott die Welt geliebt... (Joh 3,16). Es ist an uns, dieseLiebe im Lichte der Unendlichkeit Gottes zu sehen. Seine Liebeist unermelich, ja noch mehr: sie ist grenzenlos, weil sie eineEigenschaft Gottes ist. Gott ist Liebe, und weil er unendlich ist,hat diese Liebe Raum fr die gesamte Welt und 10000 mal 10000Welten zustzlich.
Dies, dies ist der Gott, den wir anbeten!Unseren treuen, unvernderlichen Freund,Dessen Liebe so gro ist, wie seine Macht,Keine kennt Grenze noch Ende!
Jesus ist es, der Erste und Letzte,Dessen Geist uns sicher nach Hause fhrt;Ihn preisen wir fr alles Vergangene,Und Ihm vertrauen wir in allem, was kommt.
Joseph Hart
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Kapitel 9
Die Unvernderlichkeit Gottes
O Christus, unser Herr, Du warst unsere Zuflucht durchalle Generationen. Wie die Kaninchen in ihren Bau, soflchten wir zu Dir, um Schutz zu suchen. Wie Vgel aufihrem Zug, so fliegen wir zu Dir, um Frieden zu finden.Zufall und Vernderung treten in unserer kleinen, natr-lichen und menschlichen Welt hufig auf, doch bei Dirgibt es keine Unbestndigkeit oder den Schatten derVernderung. Wir ruhen in Dir ohne Furcht und Zweifelund sehen dem Morgen ohne Besorgnis entgegen.Amen.
Die Unvernderlichkeit gehrt zu den weniger schwer zuverstehenden Eigenschaften Gottes. Doch um sie erfassen zuknnen, mssen wir unsere gewohnte Denkweise, die wir er-schaffenen Dingen gegenber anwenden, ablegen und uns umeine neue bemhen.
Wenn wir sagen, Gott sei unvernderlich, heit das, da erimmer gleich bleibt. Die Vorstellung von einem wachsendenoder sich entwickelnden Gott ist der Heiligen Schrift fremd.Der Gedanke, da Gott sich in irgendeiner Weise verndert,scheint mir aus folgendem Grunde undenkbar zu sein:
Ein sittliches Wesen kann sich in drei Richtungen verndern:vom Besseren zum Schlechteren, vom Schlechteren zum Besse-ren, oder - bei gleichbleibender Qualitt - von der Unreife zurReife. Uns sollte klar sein, da Gott sich in keine dieser Rich-tungen bewegt, denn seine Vollkommenheit schliet eine solcheMglichkeit fr immer aus.
Gott kann sich nicht zum Besseren verndern. Da er vollkom-men heilig ist, war er nie weniger heilig, als er es jetzt ist, under kann nie heiliger sein, als er es immer war. Ebensowenigkann Gott sich zum Schlechteren verndern. Eine Verschlechte-rung des unaussprechlich heiligen Wesens Gottes ist unmglich.Ich glaube sogar, da es unmglich ist, an so etwas berhaupt
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zu denken, denn wenn wir das tun, ist der Gegenstand unseresDenkens nicht mehr Gott, sondern etwas, das geringer ist als er.
So wie es keine Vernderung der Moral Gottes geben kann, sokann es auch in seinem gttlichen Wesen keine geben. Das WesenGottes ist einzigartig im wrtlichsten Sinne, das heit, es istverschieden von allen anderen Wesen. Wir haben gesehen, wiesich Gott von seinen Geschpfen dadurch unterscheidet, da erunbedingt, selbstgengsam und ewig ist. Aufgrund dieser Eigen-schaften ist Gott Gott und nicht irgendein anderes Wesen. Je-mand, der auch nur der geringsten Vernderung unterworfen ist,ist nicht unbedingt, selbstgengsam und ewig und damit auch nichtGott.
Nur ein aus Teilen zusammengesetztes Wesen kann sich vern-dern; denn eine Vernderung ist im Grunde eine Verschiebungder Beziehung der Teile zueinander oder das Hinzutreten einesfremden Elementes zur ursprnglichen Zusammensetzung. DaGott unbedingt ist, das heit, in sich selbst besteht, kann er nichtzusammengesetzt sein. Es gibt nichts an ihm, was zu verndernwre, und da er selbstgengsam ist, kann von auen nichts in seinWesen eindringen.
Was aus Teilen zusammengefgt ist, sagt Anselm von Canter-bury, ist durchaus nicht eines, sondern irgendwie mehreres undverschiedenartig von sich selber und kann - sei es wirklich odergedanklich - zerlegt werden ; das ist dir fremd... Es gibt also keineTeile in dir, Herr, noch bist du mehreres, sondern so sehr bist duetwas Eines und dir selber Gleiches, da du in nichts dir selberunhnlich bist; vielmehr bist du die Einheit selber, durch keinenVerstand teilbar.19
Alles, was Gott ist, ist er immer gewesen, und alles, was ergewesen ist und jetzt ist, wird er immer sein. Von dem, was Gottber sich selbst ausgesagt hat, unterliegt nichts der Vernderung;auch das, was die inspirierten Propheten und Apostel ber ihnausgesagt haben, wird niemals aufgehoben. Dies garantiert unsseine Unvernderlichkeit.
Die Unvernderlichkeit Gottes erscheint in ihrer vollkommen-sten Schnheit, wenn sie mit der Vernderlichkeit des Menschenverglichen wird. In Gott ist keine Vernderung mglich, derMensch dagegen kann der Vernderlichkeit nicht entfliehen.
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Weder der Mensch noch seine Welt sind unvernderlich, sondernbefinden sich in stndiger Bewegung. Jeder Mensch lebt seineZeit, lacht und weint, arbeitet und spielt, geht dann dahin undmacht denen Platz, die ihm folgen.
Manch ein Dichter findet am Gesetz der Unbestndigkeit einschier krankhaftes Vergngen und singt in Molltnen das Lied desstndigen Wechsels. Omar Chaijau zum Beispiel schrieb mitPathos und Humor ber Unbestndigkeit und Sterblichkeit, dieZwillingskrankheit des Menschen. Gehe mit dem Ton nicht sogrob um, ermahnt er den Tpfer, es knnte der Staub deinesGrovaters sein, mit dem du hantierst. - Wenn du den Bechererhebst und den roten Wein trinkst, erinnert er den Zecher,kt du vielleicht die Lippen einer lngst verstorbenenSchnen.
Dieser Ton der sen Sorge, vermischt mit liebenswrdigemHumor, verleiht den Vierzeilern eine leuchtende Schnheit. Dochwie schn dieses Gedicht auch erscheinen mag, so ist es dochkrank, todkrank. Wie sich der Vogel von der drohenden Schlangebetren lt, so ist der Dichter von dem Feind fasziniert, der ihnund alle Menschen aller Generationen zerstrt.
Auch die heiligen Schreiber sehen der Vernderlichkeit desMenschen ins Auge, aber es sind gesunde Menschen, in derenWorte eine heilsame Kraft liegt. Diese Schreiber haben dasHeilmittel fr die groe Krankheit in der Erkenntnis, da Gottsich niemals verndert, gefunden. Eine gefallene Welt fllt unterdas Gesetz der Vernderlichkeit, Gott aber ist unvernderlich,und in ihm findet der glubige Mensch endlich ewige Bestndig-keit. Schon zu Lebzeiten arbeitet die Vernderlichkeit fr dieKinder des Reiches und nicht gegen sie. Die Vernderungen, diein ihnen geschehen, werden durch die Hand des in ihnen wohnen-den Geistes gewirkt. Nun aber, schreibt der Apostel, schauenwir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrnwie in einem Spiegel, und wir werden verklrt in sein Bild voneiner Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist(2 Kor 3,18).
In einer Welt des Wechsels und Zerfalls kann nicht einmal derGlubige vollstndig glcklich sein. Instinktiv sucht er das Bestn-dige und ist betrbt ber die Vergnglichkeit.
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O Herr! Mein Herz ist krank,
Krank von diesen ewigen Vernderungen.
Und das Leben luft lstig schnell
Durch die Abwechslungen und den rastlosen Lauf;
Vernderungen finden ihresgleichen nicht in Dir
Und weckt kein Echo in Deiner stillen Ewigkeit.
Frederick W. Faber
Doch so sehr wir den Mangel an Bestndigkeit, der allenirdischen Dingen anhaftet, beklagen, so ist doch in einer gefalle-nen Welt wie dieser, gerade die Fhigkeit zur Vernderung eingoldener Schatz, eine Gabe Gottes von solch wunderbarem Wert,da sie zu stndigem Danken bewegen sollte. Die Fhigkeit zurVerndenmg schafft fr uns Menschen die Mglichkeit zur Erl-sung. Ein anderer Mensch zu werden ist nur durch die Buemglich: der Lgner wird wahrhaftig, der Dieb ehrlich, derUnzchtige rein, der Stolze demtig. Die ganze Moral einesMenschenlebens wird verndert. Die Gedanken, die Wnsche,die Neigungen sind andere geworden, und der Mensch ist nichtmehr der gleiche, der er vorher war. Diese Vernderung ist soradikal, da der Apostel den einstigen Menschen den altenMenschen nennt und den jetzigen den neuen Menschen, dererneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihngeschaffen hat (Kol 3,9 f).
Doch die Vernderung ist tiefer und grundlegender, als irgend-eine uere Erscheinung kundtun kann, denn sie schliet auchein, da ein neues Leben empfangen wird, das von anderer undhherer Qualitt ist. Der alte Mensch lebt, auch wenn er sich vonder besten Seite zeigt, nur das Leben Adams; der neue Menschdagegen hat das Leben Gottes. Dies ist mehr als eine bloeRedensart, es ist wortwrtlich wahr. Wenn Gott den Geist einesMenschen mit ewigem Leben durchdringt, so wird dieser MenschTeil einer neuen und hheren Seinsordnung.
Der unvernderliche Gott gebraucht bei seinem erlsendenWirken eine Folge von Vernderungen und erreicht dadurchschlielich Dauerhaftigkeit. Am deutlichsten wird dies im He-brerbrief dargestellt. Er hebt das erste auf, damit er das zweiteeinsetze (Hebr 10,9). Das ist eine Art Zusammenfassung der
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Lehre dieses bemerkenswerten Briefes. Der alte Bund wurdeaufgehoben, damit der neue und unvergngliche Bund an dessenStelle treten konnte. Das Blut der Ochsen und Bcke verlor seineBedeutung, als das Blut des Passahlammes vergossen wurde. DasGesetz, der Altar, das Priestertum - all das war Vernderungenunterworfen. Jetzt ist das ewige Gesetz Gottes fr immer in derlebendigen, empfindsamen, menschlichen Seele eingegraben.Das alte Heiligtum existiert nicht mehr, doch das neue Heiligtum,in dem der Sohn Gottes der Hohepriester ist, ist auf ewig in denHimmeln eingerichtet.
Hier sehen wir, da Gott Vernderungen gebraucht, um da-durch seine Erlsten zu segnen. Er selbst jedoch steht auerhalbdes Gesetzes der Vernderlichkeit und bleibt von allen Wechseln,die sich im Universum ereignen, unberhrt.
Und alles verkndet, whrend es sich verndert,Den ewig gleichen Herrn.
Charles Wesley
Wieder erhebt sich die Frage danach, was es mir ntzt, zuwissen, da Gott unvernderlich ist. Ist dies alles nicht blo einemetaphysische Spekulation, die den Leuten, die sich damit be-schftigen, Befriedigung verschafft, aber fr die anderen, prakti-schen Menschen keine wirkliche Bedeutung besitzt?
Wenn praktische Menschen unglubige Menschen sind, diesich nur um weltliche Geschfte kmmern, dem Anspruch Christi,dem Wohlergehen ihrer eigenen Seele oder den Interessen derzuknftigen Welt jedoch gleichgltig gegenberstehen, dann be-sitzt fr sie weder dies noch irgendein anderes den Glaubenernstnehmendes Buch berhaupt eine Bedeutung. Aber auchwenn es berwiegend solche Menschen gibt, so stellen sie keines-wegs die Gesamtheit der Bevlkerung dar. Da sind immer nochdie siebentausend, die ihre Knie nicht vor Baal beugen, unddaran glauben, da sie erschaffen wurden, um Gott anzubetenund sich auf ewig seiner Gegenwart zu erfreuen. Diese Menschenwollen so viel sie knnen ber den Gott, mit dem sie die Ewigkeitzu verbringen hoffen, lernen.
Ist es fr uns nicht eine Quelle wunderbarer Kraft, zu wissen,
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da Gott sich niemals verndert, auch wenn uns die Menschendieser Welt vergessen, ihre Haltung uns gegenber je nach ihrenEigeninteressen ndern und ihre Meinung ber uns beim gering-sten Anla revidieren? Gottes Einstellung uns gegenber jedochbleibt auch in der zuknftigen Ewigkeit dieselbe, die sie in dervergangenen schon war.
Welch einen Frieden bringt es dem glubigen Herzen, sichbewut zu machen, da unser himmlischer Vater sich nie von demunterscheiden wird, was er jetzt ist. Wir knnen zu ihm kommen,wann wir wollen, und brauchen uns nie zu fragen, ob er in diesemMoment in guter Laune ist. Er ist immer empfnglich fr Not undElend, genauso wie fr Glaube und Liebe. Festgelegte Zeiten, indenen er niemanden sehen will, kennt er nicht. Auch seineMeinung ndert er niemals. Heute, in diesem Augenblick, emp-findet er seinen Geschpfen, den Babys, Kranken, Gefallenenund Sndigen gegenber genauso wie damals, als er seineneingeborenen Sohn in die Welt schickte, damit er fr die Mensch-heit sterben sollte.
Gott kennt keine Stimmungen, seine Zuneigung verblat nicht,seinen Enthusiasmus verliert er nicht. Seine Haltung der Sndegegenber ist heute noch die gleiche wie damals, als er densndigen Menschen aus dem Garten Eden vertrieb, und seineEinstellung zum Snder ist dieselbe wie damals, als er seine Armeausstreckte und rief: Kommt her zu mir, alle, die ihr mhseligund beladen seid; ich will euch erquicken (Mt 11,28). Gottschliet keine Kompromisse und lt sich nicht dazu berreden,sein Wort zu ndern oder selbstschtige Gebete zu erhren. Beiall unseren Bemhungen, Gott zu finden, ihm zu gefallen undGemeinschaft mit ihm zu haben, sollten wir daran denken, dasich jegliche Vernderung auf unserer Seite vollziehen mu. Ich,der Herr, wandle mich nicht (Mal 3,6). Wir mssen nur seine klarausgesprochenen Bedingungen erfllen und unser Leben in ber-einstimmung mit seinem Willen bringen, dann wird seine unendli-che Kraft augenblicklich an uns in der Weise wirksam werden, wiees im Evangelium dargestellt ist.
Ursprung des Seins, Quelle des Guten!Unvernderlich bleibst Du!
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Kein Schatten einer Vernderung kannDie Herrlichkeit Deines Reiches verdunkeln.
Die Erde samt all ihren Mchtigen mag vergehen,
Wenn es der groe Schpfer will;
Doch Du bist fr immer derselbe.
ICH BIN ist immer noch Dein Ehrenmal.
Aus Walker's Collection
Kapitel 10
Die gttliche Allwissenheit
Herr, Du kennst alles; Du weit, wann ich sitze und wannich aufstehe; alle meine Wege sind Dir bekannt. Ich kannDir nichts erzhlen, was Dir neu wre, und jeder Versuch,etwas vor Dir verbergen zu wollen, ist umsonst. Im LichteDeines vollkommenen Wissens bin ich so unwissend wieein kleines Kind. Hilf mir, alle Sorge wegzutun; denn Dukennst den Weg, den ich gehe, und aus Deiner Prfungwerde ich wie gelutertes Gold hervorgehen. Amen.
Wenn wir von der Allwissenheit Gottes reden, so meinen wirdamit, da er vollkommenes Wissen besitzt und darum nichtshinzuzulernen braucht. Aber es bedeutet noch mehr. Es bedeutet,da Gott nie etwas gelernt hat, da er gar nicht lernen kann.
Die Heilige Schrift sagt uns, da Gott niemals etwas von einemanderen gelernt hat. Wer bestimmt den Geist des Herrn, undwelcher Ratgeber unterweist ihn? Wen fragt er um Rat, der ihmEinsicht gebe und lehre ihn den Weg des Rechts und lehre ihnErkenntnis und weise ihm den Weg des Verstandes? (Jes 40,13bis 14). Wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist seinRatgeber gewesen? (Rom 11,34). Diese schon beantwortetenFragen des Propheten Jesaja sagen deutlich aus, da Gott nieetwas erlernen mute.
Daraus zu schlieen, da Gott auch nichts hinzulernen kann, istnun ein kleiner Schritt. Knnte Gott irgendwann oder irgendwiezustzlich Wissen aufnehmen, so wre er unvollkommen und nichtGott. Knnten wir uns Gott vorstellen, wie er zu Fen einesLehrers - und wre es ein Erzengel oder Seraph - se, so wrdenwir dabei keinesfalls an Gott, den Allerhchsten und Schpfer desHimmels und der Erde, denken.
Da ich das Thema der Allwissenheit Gottes damit einleite, zubeschreiben, wie Gott nicht ist, halte ich dadurch fr gerecht-fertigt, da ich es einfacher finde, uns, die wir noch nicht viel berGott wissen, diese Eigenschaft Gottes auf diesem Wege verstnd-
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licher zu machen. Von dieser Methode haben wir auch in denbisherigen Betrachtungen schon fters Gebrauch gemacht. Wirhaben gesehen, da Gott keinen Ursprung und keinen Anfanghat, da er keine Helfer braucht, da er keinen Vernderungenunterworfen ist und da sein Wesen keine Beschrnkungen kennt.
Auch die inspirierten Verfasser der Heiligen Schrift haben sichdieser Methode der Verneinung bedient. Weit du nicht? Hastdu nicht gehrt? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden derErde geschaffen hat, wird nicht mde noch matt (Jes 40,28). Dieeindrckliche Feststellung, die Gott ber sich selbst macht: Ich,der Herr, wandle mich nicht, sagt mehr ber die gttlicheAllwissenheit aus, als eine eingehende Abhandlung es zu tunvermchte. Gottes ewige Wahrhaftigkeit wird vom Apostel Pau-lus durch eine Verneinung besttigt: Gott, der nicht lgt (Tit1,2). Die Besttigung des Engels, da bei Gott kein Dingunmglich ist, fgt sich mit der obigen Verneinung zu etwasunberhrbar Positivem zusammen.
Da Gott allwissend ist, wird nicht nur in der Bibel gelehrt,sondern ist auch aus all dem zu schlieen, was wir sonst ber ihnwissen. Gott wei alles ber seine eigene Person, und weil er selbstQuelle und Ursprung aller Dinge ist, folgt daraus auch sein allesumfassendes Wissen. Dieses Wissen hat er im gleichen Augen-blick eines Geschehens und in absoluter Vollkommenheit. Erkennt jede Einzelheit aller Dinge, die irgendwo im All irgend-wann existiert haben, noch existieren oder erst existieren werden.
Gott kennt sofort, ausnahmslos und ohne Mhe, alle Dinge,alle Gedanken, alle Geister, alle Wesen, alle Geschpfe, alleGesetze, alle Beziehungen, alle Geheimnisse, alle Rtsel, alleGefhle, alle Wnsche, alles Verborgene, alle Throne und Rei-che, alle Persnlichkeiten, alles Sichtbare und Unsichtbare imHimmel und auf der Erde, Bewegung, Raum, Zeit, Leben, Tod,Gut und Bse, Himmel und Hlle.
Weil Gott alle Dinge vollkommen durchschaut, kennt er daseine nicht besser als das andere, entdeckt er nie etwas, ist nieberrascht und nie erstaunt oder verwundert. Er sucht keineInformationen und stellt keine Fragen, es sei denn, da er einenMenschen die Wahrheit zu dessen Wohl bekennen lt.
Gott, der in sich selbst besteht und in sich alles enthlt, kennt
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das, was keine Kreatur kennen kann - sich selbst. So wei auchniemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes (1 Kor 2,11).Nur der Unendliche kann das Unendliche kennen.
Die gttliche Allwissenheit fhrt uns den Schrecken und dieFaszination der Gottheit vor Augen. Da Gott jeden Menschendurch und durch kennt, kann fr einen, der etwas zu verbergenhat, Grund zum Zittern und Frchten sein. Ein Mensch, dereineSnde gegen andere oder Gott zu verstecken sucht, tut wohldaran, vor Gott zu zittern, da dieser ja die Fadenscheinigkeit jederAusrede und Entschuldigung fr sndiges Verhalten genau kennt.Denn unsre Missetaten stellst du vor dich, unsre unerkannteSnde ins Licht vor deinem Angesicht (Ps 90,8). Welch einerschreckender Anblick ist es, zu sehen, wie sich die Shne Adamszwischen den Bumen eines anderen Gartens verstecken. Dochwo sollen sie sich verbergen? Wohin soll ich gehen vor deinemGeist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?...Sprche ich: Finsternis mge mich decken und Nacht statt Lichtum mich sein -, so wre auch Finsternis nicht finster bei dir, unddie Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht(Ps 139,7.11-12).
Welch unaussprechlicher Trost liegt fr uns, die wir bei ihmZuflucht haben und die im Evangelium dargebotene Hoffnungergreifen, in dem Wissen, da unser himmlischer Vater uns durchund durch kennt. Niemand kann uns bei ihm verleumden, keinFeind kann uns anklagen, kein vergessener dunkler Punkt kannpltzlich aus einem verborgenen Winkel hervorgeholt werden unduns demtigen und unsere Vergangenheit offen darlegen. Keineunerwartete Schwachheit unseres Charakters kann ans Lichtkommen und Gott dazu veranlassen, sich von uns abzuwenden;denn er kannte uns schon, ehe wir ihn kannten, und rief uns zu sichin voller Kenntnis dessen, was gegen uns stand. Denn es sollenwohl Berge weichen und Hgel hinfallen, aber meine Gnade sollnicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nichthinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer (Jes 54,10).
Unser Vater im Himmel kennt unsere Art und wei, da wirStaub sind. Er wute um unsere angeborene Verderbtheit undrettete uns um seinetwillen (Jes 48,8-11). Sein eingeborener Sohnfhlte, als er unter uns wandelte, unsere Schmerzen und auch
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intensive Angst. Christus kennt unsere Anfechtungen und Ntenicht nur theoretisch, sondern persnlich; er kann sie mitfhlen.Was uns auch immer widerfahren mag, Gott wei es und ist umuns besorgt, wie kein anderer es sein kann.
Er gibt allen seine Freude;Er wird zum kleinen Sugling;Er wird ein Mann der Schmerzen;Er sprt auch das Leid.
Denke nicht, Du knntest einen Seufzer seufzen,Und Dein Schpfer wre nicht dabei;Denke nicht, du knntest eine Trne weinen, und DeinSchpfer wre nicht nahe.
Ach! Er gibt uns seine Freude,Um unsere Schmerzen zu vernichten;Bis unser Schmerz davongeflogen ist,Sitzt er bei uns und sthnt mit uns.
William Blake
Kapitel 11
Die Weisheit Gottes
O Christus, der Du versucht wurdest in allen Dingen wiewir, doch ohne Snde, mache uns stark, damit wir dasVerlangen, weise zu sein und von andern als weise ange-sehen zu werden, berwinden. Wir wenden uns von unse-rer Weisheit und Torheit ab und flchten zu Dir, der Dudie Weisheit und die Kraft Gottes bist. Amen.
Diese kurze Studie ber die gttliche Weisheit beginnen wirmit dem Glauben an Gott. Wir wollen auch hier nicht verstehen,um dann glauben zu knnen, sondern glauben, um zu verstehen.Also werden wir nicht nach Beweisen fr die Weisheit Gottessuchen. Der unglubige Verstand wrde sich auch dadurch nichtberzeugen lassen, und der glubige Mensch braucht keine Be-weise.
Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit,sprach der Prophet Daniel, denn ihm gehren Weisheit undStrke... Er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verstndi-gen ihren Verstand, er offenbart, was tief und verborgen ist; erwei, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist lauter Licht(Dan 2,20 ff.). In der Offenbarung (7,12) beten die Engel Gottan: Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraftund Strke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Dasakzeptiert der glubige Mensch, ohne da es ihm einfallen wr-de, Gott mte Beweise fr seine Wahrheit oder seine Krafterbringen. Gengt es nicht, da er Gott ist?
Die Feststellung der christlichen Theologie, Gott sei weise,bedeutet viel mehr als dieses schwache Wort auszudrcken ver-mag, das durch die Gewichtigkeit seines Inhalts schier erdrcktwird. Seine Weisheit ist nicht zu ermessen, sagt der Psalmist.Was die Theologie hier auszudrcken versucht, ist nichts Ge-ringeres als Unendlichkeit.
Da das Wort unendlich etwas umschreibt, das einzigartig ist,kann es davon keine Steigerangsformen geben. Worte wie einzig-
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artiger oder besonders unendlich kennen wir nicht. Vor derUnendlichkeit mssen wir verstummen.
Es gibt zwar eine sekundre, erschaffene Weisheit, die Gottseinen Geschpfen verliehen hat, aber im Vergleich zur grenzen-losen Weisheit Gottes ist alle Weisheit der Menschen klein undarmselig. Gott allein ist weise, und alle Weisheit der Menschenoder Engel ist nur ein Widerschein jenes unerschaffenen Glanzes,der vom Throne der himmlischen Majestt ausgeht.
Der Gedanke der unendlichen Weisheit Gottes setzt an derWurzel aller Wahrheit an und ist eine Glaubensgrundlage, die frdie Gltigkeit aller anderen Aussagen ber Gott notwendig ist.Da Gott unabhngig von allen Geschpfen existiert, ist er natr-lich auch nicht von unseren Meinungen ber ihn abhngig. Aberunsere moralisch-geistige Gesundheit fordert, da wir dem Schp-fer und Erhalters des Universums eine absolut vollkommeneWeisheit zuschreiben. Das zu leugnen wrde bedeuten, genau dasin uns zu verraten, was uns von Tieren unterscheidet.
Der Begriff Weisheit wird in der Bibel meist in Verbindung mitGott und guten Menschen gebraucht und trgt dadurch einenstark moralischen Beiklang. Sie wird als rein, voller Liebe undGte beschrieben, whrend dagegen eine Weisheit, die lediglichSchlauheit bedeutet, oft bsen Menschen zugeschrieben wird,denn solche Weisheit ist trgerisch und falsch. Diese gegenstzli-chen Ausdrucksformen von Weisheit stehen in stndigem Kon-flikt miteinander. Betrachtet man die ganze Weltgeschichte vonder Hhe des Sinai oder von Golgatha aus, so erscheint sietatschlich als eine Auseinandersetzung zwischen der WeisheitGottes und der Schlauheit Satans und des gefallenen Menschen.Das Ergebnis dieses Konflikts steht auer Zweifel. Das Unvoll-kommene mu schlielich dem Vollkommenen unterliegen. Gotthat gewarnt, da er die Weisen bei ihrer eigenen Schlauheitpacken und die Weisheit der Klugen zuschanden werden lassenwird.
Weisheit ist unter anderem die Fhigkeit, sich vollkommeneZiele zu stecken und zu versuchen, diese mit den vollkommenstenMitteln zu erreichen; von Anfang an das Ende vor Augen zuhaben und sich nicht auf Raten und Mutmaen einzulassen.Weisheit erkennt den Kern aller Dinge und die Beziehung, in der
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sie zueinander stehen, und kann deshalb mit fehlerfreier Przisionauf die vorherbestimmten Ziele hinwirken.
Alle Taten Gottes geschehen in vollkommener Weisheit, inerster Linie zu seiner eigenen Verherrlichung und dann zumAllerbesten mglichst vieler Menschen ber mglichst lange Zeit.Alle seine Taten sind ebenso rein und gut wie weise. Nicht nurseine Taten, sondern auch die Art und Weise, wie sie ausgefhrtwerden, sind vollkommen. Ein unendlich weiser Gott mu ineiner Weise wirken, die von begrenzten Geschpfen nicht verbes-sert werden kann. O Herr, wie mannigfaltig sind deine Werke! Duhast sie alle in Weisheit gemacht. Die Erde ist voll von deinenReichtmern!
Ohne die Schpfung wre die Weisheit Gottes auf ewig in derunendlichen Tiefe des gttlichen Wesens verschlossen geblieben.Gott schenkte seinen Geschpfen das Dasein, um sich an ihnen zuerfreuen und damit sie sich an ihm erfreuen sollten. Und Gott sahan alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut(1 Mo 1,31).
Jahrhunderte hindurch haben sich viele auerstande erklrt,an die grundlegende Weisheit einer Welt, in der so viel verkehrtzu sein scheint, zu glauben. Voltaire stellt in Candide einenentschlossenen Optimisten namens Dr. Pangloss vor, dem er alldie Argumente der Besten-aller-moglichen-Welten-Philoso-phie in den Mund legt. Offensichtlich bereitete es dem franzsi-schen Zyniker groes Vergngen, den alten Professor in Situatio-nen zu versetzen, die seine Philosophie lcherlich erscheinenlieen.
Aber die Lebensanschauung des glubigen Christen ist in jederHinsicht realistischer als die des Dr. Pangloss mit seiner Vernunft-glubigkeit. Ein Christ ist sich dessen bewut, da diese Welt imAugenblick nicht die beste aller mglichen Welten ist, sondern imSchatten eines ungeheuren Unglcks, des Sndenfalls des Men-schen, steht. Die inspirierten Bibelautoren bezeugen, da sich dieganze Schpfung unter dem furchtbaren Schock des Sndenfallsngstet und nach Erlsung sehnt. Sie versuchen nicht, vernnfti-ge Grnde hervorzuholen; sie betonen, die Schpfung ist jaunterworfen der Vergnglichkeit - ohne ihren Willen, sonderndurch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoffnung
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(Rom 8,20). Hier wird kein Versuch unternommen, Gottes Wege,die er die Menschen fhrt, zu rechtfertigen, sondern einfach eineTatsache beschrieben. Das Wesen Gottes ist mehr als alle Vertei-digung.
Aber all unsere Trnen tragen Hoffnung in sich. In der Stundedes Triumphes Christi wird die leidende Welt zur herrlichen Frei-heit der Shne Gottes hinausgefhrt werden. Fr die Menschen derneuen Schpfung ist das goldene Zeitalter nicht die Vergangenheit,sondern die Zukunft, und wenn sie anbricht, wird eine staunendeWelt erkennen, da Gott in Wahrheit all seine Weisheit berreich-lich an uns verschwendet hat. Bis dahin setzen wir unsere Hoffnungauf den allein weisen Gott, unseren Heiland, und warten mitGeduld auf die schrittweise Entfaltung seiner Plne.
Trotz Trnen, Schmerzen und Tod glauben wir, da der Gott,der uns alle erschaffen hat, unendlich weise und gut ist. So wieAbraham nicht an den Verheiungen Gottes zweifelte, sondernstark wurde im Glauben, Gott die Ehre gab und vllig davonberzeugt war, da Gott das, was er verheit, auch tun kann, sosetzen gleicherweise auch wir unsere Hoffnung auf Gott allein, bissein Tag anbricht. Wir ruhen in dem, was Gott ist. Ich glaube, dasallein ist wahrer Glaube. Jeglicher Glaube, der Untersttzungdurch augenfllige Beweise braucht, ist kein echter Glaube.Jesus spricht zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darumglaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! (Joh20,29).
Das Zeugnis des Glaubens lautet, da ungeachtet dessen, wie esin dieser gefallenen Welt aussieht, alle Taten Gottes in vollkom-mener Weisheit vollbracht wurden. Die Fleischwerdung des ewi-gen Sohnes war eine von Gottes mchtigen Taten, und wir knnenversichert sein, da diese Tat mit einer Vollkommenheit geschah,deren nur der Unendliche fhig ist. Und gro ist, wie jedermannbekennen mu, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart imFleisch (1 Tim 3,16).
Auch die Vershnung wurde mit derselben makellosen Erfah-renheit vollbracht, die alle Taten Gottes auszeichnet. Auch wennwir es kaum begreifen, so wissen wir jedenfalls, da ChristiVershnungswerk Gott und die Menschen vollkommen miteinan-der vershnt und allen, die da glauben, das Reich Gottes aufge-
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schlssen hat. Unser Anliegen ist nicht, zu verstehen, sondern zuverkndigen. Mich wundert tatschlich, ob Gott uns all dasverstehen lassen kann, was dort am Kreuz geschah. Nach denWorten des Apostels Petrus verstehen es nicht einmal die Engel,die gelstet, diese Dinge zu schauen.
Das Wirken des Evangeliums, die Wiedergeburt, die Sendungdes Heiligen Geistes in die menschliche Natur, der endgltige Siegber das Bse und schlielich die Aufrichtung des Reiches Christider Gerechtigkeit - all dies flo und fliet noch immer aus derunendlichen Flle der Weisheit Gottes. Auch das schrfste Augedes heiligsten Beobachters unter der seligen Schar droben kannbei der Ausfhrung all dieser Ereignisse keinen Makel an denWegen Gottes entdecken, und ebensowenig vermag alle Weisheitder Seraphim und Cherubim zusammen eine Verbesserung amgttlichen Vorgehen vorzuschlagen. Ich merkte, da alles, wasGott tut, das besteht fr ewig; man kann nichts dazutun nochwegtun. Das alles tut Gott, da man sich vor ihm frchten soll(Pred 3,14).
Das Festhalten dieser Wahrheit der unendlichen WeisheitGottes als Lehrsatz unseres Glaubensbekenntnisses ist fr unsentscheidend wichtig. Doch dies allein gengt noch nicht. Wirmssen sie durch den Gebrauch unseres Glaubens und das Gebetin die praktische Welt unserer alltglichen Erfahrung hinein-tragen.
Der bewute Glaube daran, da unser himmlischer Vater fruns stndig Situationen plant, die gegenwrtig zu unserem Bestenund zustzlich zu unserem ewigen Wohlbehagen beitragen, be-deutet fr den inwendigen Menschen einen echten Segen. Diemeisten von uns gehen durch das Leben, indem sie ein wenigbeten, ein wenig planen, sich in eine gute Position bringen wollen,stndig hoffen, aber sich einer Sache nie wirklich sicher sind, undbei alledem im Geheimen frchten, da sie den richtigen Wegverpassen knnten. Das ist eine tragische Verschwendung derWahrheit und bringt dem Herzen nie Ruhe.
Es gibt einen besseren Weg, nmlich sich nicht auf die eigeneWeisheit, sondern statt dessen auf die unendliche Weisheit Gotteszu verlassen. Wenn wir unbedingt selber Vorsorge treffen wollen,so ist das ganz natrlich, aber es ist auch ein Hindernis fr unser
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geistliches Wachstum. Gott hat die volle Verantwortung frunser ewiges Glck auf sich genommen und steht bereit, dieFhrung ber unser Leben in dem Augenblick zu bernehmen,wo wir uns im Glauben ganz an ihn wenden. Er hat verheien:Aber die Blinden will ich auf dem Wege leiten, den sie nichtwissen; ich will sie fhren auf den Steigen, die sie nicht kennen.Ich will die Finsternis vor ihnen her zum Licht machen und dasHckerige zur Ebene. Das alles will ich tun und nicht davonlassen (Jes 42,16).
La Ihn dich blindlings vorwrts fhren,Liebe braucht nichts zu wissen;Kinder, die der Vater fhrt,Fragen nicht, wohin sie gehen,Sei noch so unbekannt der Wegber einsames Moor und Gebirge.
Gott ermutigt uns unaufhrlich, ihm im dunkeln zu vertrauen.Ich will vor dir hergehen und das Bergland eben machen, ichwill die ehernen Tren zuschlagen und die eisernen Riegel zer-brechen und will dir heimlich Schtze geben und verborgeneKleinode, damit du erkennst, da ich der Herr bin, der dich beimNamen ruft, der Gott Israels (Jes 45,2 f.).
Es ist ermutigend zu erfahren, wie viele der mchtigen TatenGottes im Verborgenen geschahen, geschtzt vor den neugieri-gen Augen der Menschen oder Engel. Als Gott Himmel undErde schuf, lag Finsternis ber der Tiefe. Als der ewige SohnHeisch wurde, weilte er fr eine Zeit in der Dunkelheit desgesegneten jungfrulichen Schoes. Als er starb, damit die Weltleben konnte, geschah dies in der Finsternis. Als er von denToten auferstand, war es sehr frh am Morgen. Niemand sahihn auferstehen. Es ist, als wollte Gott sagen: Was ich bin, istalles, was fr dich zhlt; denn darin liegt deine Hoffnung unddein Friede. Ich werde tun, was ich tun will, und es wird allesirgendwann ans Licht kommen. Aber wie ich es tue, das ist meinGeheimnis. Vertraue mir und frchte dich nicht.
Wenn die Gte Gottes unser Bestes will, wenn die WeisheitGottes alles plant und wenn die Kraft Gottes es vollbringt - was
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fehlt uns dann noch? Ganz gewi sind wir die Bevorzugtesten allerGeschpfe!
In allen Werken unseres SchpfersLeuchten Allmacht und Weisheit.Diese ganze wunderbare GefolgschaftRhmt die Ehre Seines Namens.
Thomas Blacklock
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Kapitel 12
Die Allmacht Gottes
Unser himmlischer Vater, wir haben Dich sagen hren:Ich bin der allmchtige Gott; wandle vor mir und seifromm. Aber es sei denn, da Du uns durch Deineberragende Kraft dazu befhigst, wie knnen wir, die wirvon Natur aus schwach und sndig sind, untadelig vor Dirwandeln? Hilf, da wir lernen, das Wirken der mchtigenKraft zu erfassen, die in Christus wirksam wurde, als Duihn von den Toten auferwecktest und zu Deiner Rechtenim Himmel setztest. Amen.
In seiner Vision hrte Johannes eine Stimme, und es war wieeine Stimme einer groen Schar und wie eine Stimme groerWasser und wie eine Stimme starker Donner im ganzen All, unddie Botschaft, die die Stimme verkndigte, war die Souvernittund Allmacht Gottes: Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, derAllmchtige, hat das Reich eingenommen! (Offb 19,6).
Souvernitt und Allmacht gehren unbedingt zueinander; daseine kann nicht ohne das andere sein. Um zu regieren, mu GottMacht zu haben, und um souvern zu regieren, mu er alle Machthaben. Und genau das ist es, was allmchtig bedeutet, nmlich,alle Macht zu haben. Dieses Wort kommt in der Bibel hufig vor,aber nur in Verbindung mit Gott. Er allein ist allmchtig.
Gott besitzt, was kein Geschpf je hatte: eine unbegreiflicheMachtflle, eine Macht, die absolut ist. Das wissen wir durchgttliche Offenbarung. Aber sobald man dies wei, erkennt manauch, da es mit der Vernunft in bereinstimmung steht. Ist Gottunendlich und unbedingt, so folgern wir daraus sofort, da er auchallmchtig sein mu, und der Verstand kniet nieder und betet vorder gttlichen Allmacht an.
Gott allein ist mchtig, sagt der Psalmist (Ps 62,12), undder Apostel Paulus erklrt, da die Natur selbst Zeugnis gibt vonder unvergnglichen Macht der Gottheit (Rom 1,20). Aufgrunddieses Wissens schlieen wir auf die Allmacht Gottes. Dies
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geschieht in folgenden Schritten: Gott besitzt Macht. Da erunendlich ist, mu auch alle Macht, die er hat, grenzenlos sein.Darum hat Gott unbegrenzte Macht, er ist allmchtig. Wir sehenweiter, da Gott, der in sich selbst bestehende Schpfer, dieQuelle aller bestehenden Macht ist. Und weil eine Quelle zumin-dest all dem, was aus ihr entspringt, gleich ist, ist Gott logischer-weise aller Macht gleich, die es gibt, und das heit wiederum,da er allmchtig ist.
Gott hat seinen Geschpfen Macht bertragen, doch weil ersich selbst gengt, kann er keine seiner Vollkommenheiten auf-geben. Weil seine Macht vollkommen ist, hat er nie auch nur denkleinsten Teil davon aufgegeben. Er gibt, aber er gibt nicht weg.Alles, was er gibt, bleibt sein Eigentum und kehrt wieder zu ihmzurck. Auf ewig mu er bleiben, was er ewig gewesen ist: Gott,der allmchtige Herr.
Man kann nicht lange aufmerksam in der Bibel lesen, ohne dengravierenden Unterschied in der Einstellung der biblischen Ge-stalten und jener der heutigen Menschen zu sehen.
Wir leiden heute unter einer Verweltlichung; wo die Bibelver-fasser von Gott sprachen, sprechen wir von Naturgesetzen. IhreWelt war ausgefllt, unsre dagegen ist leer. Ihre Welt warlebendig und persnlich, unsre ist unpersnlich und tot. Damalsregierte Gott; wir lassen uns von Naturgesetzen regieren, und dieGegenwart Gottes kennen wir gar nicht mehr.
Was sind diese Naturgesetze, die in den Kpfen von MillionenMenschen zum Ersatz fr Gott geworden sind? Das Wort Gesetzhat eine doppelte Bedeutung. Einmal bedeutet es ein behrdli-ches Gebot oder Verbot, zum Beispiel zur Abwehr von Krimina-litt. Im anderen Fall bezeichnet man damit das immer gleich-bleibende Verhalten der Dinge im Universum. Doch dieserzweite Wortgebrauch beruht auf einem Irrtum. Was wir in derNatur beobachten, sind ganz einfach die Fuspuren der Machtund Weisheit Gottes in der Schpfung. Eigentlich sind es Phno-mene und nicht Gesetze. Aber wir nennen sie Gesetze wegenihrer hnlichkeit mit den willkrlichen Gesetzen der Gesell-schaft.
Die Wissenschaft beobachtet, wie die Kraft Gottes wirkt. Siestellt ein regelmiges Verhaltensmuster fest und fixiert dieses
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als Gesetz. Die Gleichfrmigkeit des gttlichen Wirkens in derSchpfung ermglicht es dem Wissenschaftler, den Verlauf einesnatrlichen Phnomens vorauszusagen. Darauf grndet der Wis-senschaftler seinen Glauben; dies ist sein Ausgangspunkt, umbedeutende und ntzliche Dinge in der Navigation, der Chemie,der Landwirtschaft und den medizinischen Wissenschaften zuerreichen.
Religion dagegen geht auf das Wesen Gottes zurck, sie befatsich nicht mit den Fuspuren Gottes, die in der Schpfung zuerkennen sind, sondern mit dem Schpfer selbst. Religion ist inerster Linie an dem interessiert, der die Quelle aller Dinge, derHerr eines jeden dieser Phnomene ist. Die Philosophie hat frGott verschiedene Namen bereit. Der frchterlichste, den ich jezu hren bekam, stammt von Rudolf Otto: Der absolute, giganti-sche, nie erlahmende, aktive Welt-Stre.20 Da erinnert sich derglubige Christ lieber daran, da dieser Welt-Stre߫ sich selbstICH BIN nannte und da der grte aller Lehrer seine Jngerunterwies, Gott als Person anzureden: Wenn ihr betet, sosprecht: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt(Lk 11,2). Die Menschen der Bibel verkehrten mit diesem gigan-tischen Absoluten in einer so persnlichen Weise, wie es ihnendie Sprache ermglichte. Propheten und Heilige wandelten mitihm, erfllt von einer Hingabe, die beglckend und zutiefstbefriedigend fr sie war.
Allmacht bedeutet nicht nur die Summe aller Macht, sondernsie ist eine Eigenschaft des persnlichen Gottes, der fr unsChristen der Vater unseres Herrn Jesus Christus und all derer ist,die an ihn glauben. Fr den Menschen, der glaubt und anbetet, istdiese Erkenntnis eine wunderbare Kraftquelle seines Glaubens-lebens. Sein Glaube schwingt sich zur Gemeinschaft mit demempor, der tun kann, was immer er tun will, und fr den nichts zuschwer ist, weil er absolute Macht besitzt.
Da ihm alle Macht des Universums zur Verfgung steht, kannGott, der allmchtige Herr, alles mit grter Leichtigkeit tun.Keine seiner Taten kostet ihn auch nur die kleinste Anstrengung.Er verbraucht keine Energie, die ersetzt werden mte. In seinerSelbstgengsamkeit hat er es nicht ntig, von auen eine Erneue-rang seiner Kraft zu erwarten. Alle Kraft, die erforderlich ist, um
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das, was er will, tun zu knnen, liegt in der unverminderten Flleseines eigenen unwandelbaren Wesens.
Ein in den mittleren Jahren stehender Pfarrer, A. B. Simpson,der schwer erkrankt und tief niedergeschlagen, jedoch zur Aufga-be seines Dienstes bereit war, hrte zufllig den einfachen Negro-Spiritual:
Nothing is too hard for Jesus,No man can work like Him.Nichts ist fr Jesus zu schwer,Niemand kann so wirken wie er.
Diese Botschaft drang wie ein Pfeil in sein Herz und verlieh ihmGlaube und Hoffnung fr Geist, Seele und Leib. Er zog sich aneinen stillen Ort zurck und erhob sich, nachdem er eine Zeitlangallein mit Gott gewesen war, vollstndig geheilt. Mit groerFreude fuhr er in seinem Dienst fort und grndete eine dergrten Missionsgesellschaften der Welt. Auch in den folgenden35 Jahren nach dieser Begegnung mit Gott wirkte er auf wunder-bare Weise im Dienste Jesu Christi. Sein Glaube an den Gottunbegrenzter Macht gab ihm all die ntige Kraft, um weiterzuma-chen.
Allmchtiger! Ich beuge mich im Staub vor Dir;Ebenso beugen sich verschleierte Cherubim;In ruhiger und stiller Andacht bete ich Dich an,Allwissender, allgegenwrtiger Freund.
Der Erde hast Du ihr smaragdgrnes Gewand gegebenUnd sie in Schnee gehllt.
Und die helle Sonne und der sanfte Mond am HimmelBeugen sich vor Deiner Erscheinung.
Sir John Bowring
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Kapitel 13
Die gttliche Erhabenheit
O Herr, unser Gott, niemand ist Dir gleich im Himmel und- auf Erden. Dein ist die Gre und die Wrde und dieMajestt. Dein ist alles, was im Himmel und auf Erden ist.Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit inEwigkeit, o Gott, und Du bist erhht als Haupt ber allem.Amen.
Wenn wir von der Erhabenheit Gottes reden, so verstehen wirdarunter natrlich, da er so hoch ber das erschaffene Univer-sum erhht ist, da es das menschliche Denken nicht mehrerfassen kann.
Wir drfen aber nicht vergessen, da hoch erhht nichts mitrumlicher Distanz zu tun hat, sondern sich auf die Qualitt seinesSeins bezieht. Wir interessieren uns hier nicht fr Hhe oder eineFestlegung im Raum, sondern fr das Leben.
Gott ist Geist, und Hhe und Weite sind ohne Bedeutung frihn. Da sie aber fr uns zu Vergleichs- und Illustrationszweckenntzlich sind, bezieht Gott sich immer wieder auf sie, wenn er seinReden unserm begrenzten Verstehen anpat. Wenn Gott inJesaja sagt: So spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt(Jes 57,15), dann erwecken diese Worte den Eindruck von Hhe.Doch das kommt daher, da wir als Bewohner einer Welt, diebestimmt ist durch Materie, Raum und Zeit, dazu neigen, in ebendiesen Kategorien zu denken. Wir vermgen abstrakte Ideen nurzu erfassen, wenn wir sie irgendwie mit materiellen Dingenidentifizieren knnen. In seinem Ringen, sich von der Tyranneider natrlichen Welt zu befreien, mu das menschliche Herzlernen, die Sprache, in der der Geist Gottes uns unterweist, insHhere zu bersetzen.
Erst der Geist verleiht der Materie Sinn, und ohne ihn ist letztenEndes alles wertlos. Ich will dies an einem Beispiel veranschauli-chen, in dem sich ein kleines Kind von einer Gruppe, diezusammen einen Ausflug macht, entfernt, und auf dem Berge
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verirrt. Augenblicklich verndert sich die ganze geistige Perspek-tive der Gruppe. Die Bewunderung der Naturschnheit mu derSorge um das verlorengegangene Kind Platz machen. Alle schwr-men in verschiedene Richtungen aus, man ruft nach dem Kind undsucht jeden verborgenen Winkel ab, an dem es sich eventuellbefinden knnte. Was hat diese pltzliche Vernderung hervorge-rufen? Der von Bumen bedeckte Berg ist immer noch da und ragtmit atemberaubender Schnheit in die Hhe. Aber niemandschenkt ihm jetzt Beachtung. Die ganze Aufmerksamkeit konzen-triert sich nunmehr auf die Suche nach dem kleinen Kind, das nochnicht einmal zwei Jahre alt ist und weniger als 15 Kilogrammwiegt. Obwohl es noch so jung und so klein ist, ist es den Elternund Freunden mehr wert als der mchtige, uralte Berg, den sienoch vor ein paar Minuten bestaunt hatten. In dieser Entschei-dung wird deutlich, wie hier die ganze zivilisierte Welt zusammen-wirkt, denn das kleine Mdchen kann im Gegensatz zum Berglieben und lachen, sprechen und beten. Die Qualitt seines Seinsmacht den Wert dieses Kindes aus.
Dennoch drfen wir das Wesen Gottes nie mit etwas anderemvergleichen, so wie wir es gerade mit dem Berg und dem Kindgetan haben. Wir drfen uns Gott nicht als ein an der Spitzestehendes hchstes Wesen einer Hierarchie vorstellen, die mitdem Einzeller beginnt und ber Fisch und Vogel zum Menschenund ber diesen zum Engel und zum Cherub bis hin zu Gottaufsteigt. Damit wrden wir Gott zwar einen hohen, ja sogar denhchsten Rang einrumen, aber dies gengt nicht. Wir mssenihm Erhabenheit im vollsten Sinne des Wortes zuschreiben. Gottist ewig ber allem und in einem Lichte, dem niemand nahenkann. Er steht ebenso hoch ber einem Erzengel wie ber einerRaupe, denn die Kluft, die den Erzengel von der Raupe trennt, istendlich, whrend die Kluft zwischen Gott und dem Erzengelunendlich ist. Der Erzengel und die Raupe sind, obwohl weitvoneinander entfernt, auf der Skala erschaffener Dinge eins, dasie gleicherweise erschaffen wurden. Sie gehren beide zur Kate-gorie des Nichtgttlichen und sind durch die Unendlichkeit vonGott getrennt.
Scheu und Drang liegen in einem Herzen, das von Gott redenmchte, in ewigem Streit miteinander.
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Wie sollen verdorbene Sterbliche es wagen,
Zu Deiner Ehre zu singen oder Deine Gnade zu loben?
Fern unter Deinen Fen liegen wir
Und sehen nur die Schatten Deines Angesichts.
Isaac Watts
Doch trsten wir uns mit dem Wissen, da Gott selbst dasSuchen nach ihm in unsere Herzen gelegt hat und es auchermglicht hat, ihn bis zu einem gewissen Grad zu erkennen.Auch das schwchste Bemhen, von ihm zu zeugen, ist ihmwohlgefllig.
Kme irgendein heiliges Wesen aus der himmlischen Welt aufdie Erde, fr wie bedeutungslos wrde es das endlose Geschwtzder geschftigen Menschen halten! Wie fremd und leer erschienenihm die flachen, abgedroschenen Worte, die Woche fr Wochevon so mancher Kanzel zu hren sind. Sollte der himmlischeBesucher auf Erden sprechen - wrde er nicht von Gott reden?Wrde er seine Zuhrer nicht mit leidenschaftlichen Beschreibun-gen der Gottheit faszinieren und begeistern? Und knnten wir,nachdem wir ihn angehrt htten, je wieder mit etwas Geringeremals der Lehre von Gott zufrieden sein? Wrden wir nach diesemErlebnis nicht auch von unseren Lehrern verlangen, da sie vomBerge des Gottschauens zu uns redeten oder sonst besserschwiegen?
Als der Psalmist die Snde der beltter sah, sagte ihm seinHerz, wie es dazu hatte kommen knnen. Es ist keine Gottes-furcht bei ihnen, erklrte er (Ps 36,1), und offenbarte uns damitdie Psychologie der Snde. Wenn die Menschen keine Ehrfurchtvor Gott haben, bertreten sie ohne Zgern die gttlichen Gebo-te. Die Furcht vor den Konsequenzen kann sie nicht mehrerschrecken, sobald die Gottesfurcht verschwunden ist.
Von unseren Vtern im Glauben hie es, sie wandelten in derFurcht Gottes und dienten dem Herrn in Furcht. Wie intimihre Gemeinschaft und wie khn ihre Gebete auch waren, dieGrundlage ihres Glaubenslebens war die Vorstellung von einemerhabenen und furchteinflenden Gott. Diese Vorstellungdurchzieht die ganze Bibel und veranschaulicht uns den Charakterder Heiligen. Diese Gottesfurcht war mehr als nur die Wahrneh-
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mung einer Gefahr, sie war eine nicht-rationale Furcht, die denMenschen in der Gegenwart des allmchtigen Gottes ein Gefhlder eigenen Unzulnglichkeit vermittelte.
In biblischen Zeiten war das Resultat einer Gotteserscheinungstets dasselbe: die Menschen berkam ein bermchtiges Gefhlvon Schrecken und Bestrzung, und die eigene Sndhaftigkeitund Schuld wurde ihnen pltzlich bewut. Als Gott redete, warfsich Abraham flach auf die Erde, um zu hren. Als Mose demHerrn im brennenden Busch begegnete, verbarg er sein Antlitzaus Furcht, Gott zu sehen. Als Jesaja Gott in einer Vision sah,schrie er: Weh mir, und bekannte: Ich vergehe! Denn ich binunreiner Lippen (Jes 6,5).
Daniels Begegnung mit Gott war wahrscheinlich die frchter-lichste und zugleich wunderbarste von allen. Der Prophet hobseine Augen auf und sah Einen, dessen Leib war wie ein Trkis,sein Antlitz sah aus wie ein Blitz, seine Augen wie feurige Fackeln,seine Arme und Fe wie helles, glattes Kupfer, und seine Redewar wie ein groes Brausen. Und Daniel fhrt fort: Aber ich,Daniel, sah dies Gesicht allein, und die Mnner, die bei mirwaren, sahen's nicht ; doch fiel ein groer Schrecken auf sie, so dasie flohen und sich verkrochen. Ich blieb allein und sah dies groeGesicht. Es blieb aber keine Kraft in mir; jede Farbe wich ausmeinem Antlitz, und ich hatte keine Kraft mehr. Und ich hrteseine Rede, und whrend ich sie hrte, sank ich ohnmchtig aufmein Angesicht zur Erde (Dan 10,6-9).
Diese Erfahrungen zeigen, da ein Schauen der gttlichenErhabenheit jegliche Kontroverse zwischen Mensch und Gottaugenblicklich beendet. Der Mensch gibt auf und ist bereit, wieSaulus zu fragen: Herr, was willst du, da ich tun soll? (Apg9,6). Heute dagegen sind Selbstsicherheit und grundstzliche, invielen unserer religisen Zusammenknfte anzutreffende Leicht-fertigkeit sowie der schockierende Mangel an Ehrfurcht vor derPerson Gottes Beweis genug fr die groe Blindheit des Herzens.Viele nennen sich Christen, sprechen viel von Gott und betengelegentlich zu ihm. Aber offensichtlich wissen sie nicht, wer erist. Die Furcht des Herrn ist eine Quelle des Lebens (Spr 14,27).Doch diese heilsame Furcht ist heute unter den Glubigen nursehr schwer zu finden.
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Goethe brachte whrend eines Gesprches mit seinem FreundEckermann die Rede auf die Religion und sprach vom Mibrauchdes Namens Gottes. Die Leute traktieren ihn (den NamenGottes), als wre das unbegreifliche, gar nicht auszudenkendehchste Wesen nicht viel mehr als ihresgleichen. Sie wrden sonstnicht sagen: der Herr Gott, der liebe Gott, der gute Gott. Er wirdihnen, besonders den Geistlichen, die ihn tglich im Mundefhren, zu einer Phrase, zu einem bloen Namen, wobei sie sichauch gar nichts denken. Wren sie aber durchdrungen von seinerGre, sie wrden verstummen und ihn vor Verehrung nichtnennen mgen.21
Herr allen Seins, der Du im Himmel thronst,Deine Herrlichkeit leuchtet wie Sonne und Stern;Mittelpunkt und Seele jeder Sphre,Und doch wie nah jedem suchenden Herzen!
Herr allen Seins, in der Hhe wie in der Tiefe,Dein Licht ist Wahrheit, und Wrme Deine Liebe.Vor Deinem immer strahlendem ThronFragen wir nicht nach eigenem Glanz.
Oliver Wendell Holmes
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Kapitel 14
Gottes Allgegenwart
Unser Vater, wir wissen, Du bist bei uns. Aber unserWissen ist nur ein Abbild und ein Schatten der Wahrheitund besitzt nur wenig von dem geistlichen Wohlgeschmackund der Se, die ein solches Wissen mit sich bringensollte. Das ist fr uns von groem Schaden und dieUrsache innerer Schwachheit. Hilf uns, da unser Lebenschon hier unverzglich die notwendige Korrektur erhlt,bevor wir die wahre Bedeutung der Worte: Vor DeinemAngesicht ist Freude die Flle erfahren knnen. Amen.
Das Wort gegenwrtig bedeutet in unserem Sprachgebrauchhier, nahe, und die Vorsilbe //-verleiht ihm Universalitt. Gottist berall und nahe bei allen und allem.
Nicht jede Lehre wird in der Heiligen Schrift mit einer solchenKlarheit gelehrt wie die der gttlichen Allgegenwart. Die sichdarauf beziehenden Bibelstellen sind so eindeutig, da man sichschon ziemlich Mhe geben mte, sie mizuverstehen. Die Bibellehrt, da Gott in seiner Schpfung wohnt, und es gibt keinen Ortim Himmel oder auf Erden, an dem sich der Mensch vor derGegenwart Gottes verbergen knnte. Sie lehrt, da Gott zurgleichen Zeit weit entfernt und dennoch nahe ist und da dieMenschen in ihm leben, weben und sind. Was gleichermaenberzeugt, sind die Bibelstellen, die uns berall zu der Auffassungzwingen, da die Allgegenwart Gottes auch in anderen Tatsachenzu finden ist.
Zum Beispiel lehrt uns die Bibel, da Gott unendlich ist. Dasbedeutet, da sein Wesen keine Grenzen kennt. Darum kannauch seine Gegenwart nicht begrenzt werden; er ist allgegenwr-tig. In seiner Unendlichkeit umgibt und umfat er die endlicheSchpfung. Auer in ihm gibt es keinen Ort, wo etwas seinknnte. Gott umgibt uns wie das Wasser die Fische und die Luftdie Vgel. Gott ist ber allen Dingen, schrieb Hildebert vonLavardin, unter allen Dingen, auerhalb aller Dinge; er ist
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innerhalb, aber nicht eingeschlossen; auerhalb, aber nicht ausge-schlossen ; er ist oben, aber nicht emporgehoben ; unten, aber nichterniedrigt; er ist gnzlich unter allem, indem er trgt; gnzlich inallem, indem er erfllt.22
Der Glaube, da Gott in seinem Universum gegenwrtig ist,kann nicht isoliert dastehen. Er bringt praktische Auswirkungenauf vielen Gebieten des theologischen Denkens mit sich und stehtin direkter Beziehung zu bestimmten religisen Problemen wiezum Beispiel der Natur der Welt. Denkende Menschen allerZeiten und jeder Kultur haben sich mit der Frage, welcher Art dieWelt ist, beschftigt: Leben wir in einer materiellen Welt, die vonselbst funktioniert? Oder in einer geistigen Welt, die von unsicht-baren Mchten regiert wird? Erklrt sich dies ineinander verwo-bene System selbst, oder liegt alles in einem Geheimnis verbor-gen? Beginnt und endet der Strom des Seins in sich selbst oder gibtes eine Quelle hoch oben in den Bergen?
Die christliche Theologie erhebt den Anspruch, die Antwortauf diese Fragen zu besitzen. Sie hlt sich nicht mit Spekulationenoder verschiedenen Meinungen auf, sondern sieht ihre Autorittin dem So-spricht-der Herr. Sie erklrt mit Entschiedenheit, dadie Welt geistigen Charakters ist, da sie dem Geist entsprang, ausdem Geist lebt, in ihrem Wesen geistig ist und ohne den Geist, derihr innewohnt, bedeutungslos wre.
Die Lehre der gttlichen Allgegenwart verdeutlicht die Bezie-hungen des Menschen zum Universum, in dem er sich befindet.Diese groe, zentrale Lehre verleiht allen anderen WahrheitenBedeutung und dem Leben des Menschen Wert. Gott ist gegen-wrtig, er ist uns nahe, er ist bei uns. Dieser Gott sieht uns undkennt uns durch und durch. An diesem Punkt beginnt der Glaube*und wenn er auch tausend andere wunderbare Wahrheiten um-fat, so gehen diese alle auf die eine Wahrheit zurck, nmlich:da Gott ist und da Gott hier ist. Wer zu Gott kommen will,heit es im Hebrerbrief (11,6), der mu glauben, da er ist.Und Jesus Christus selbst sagt: Glaubt an Gott und glaubt anmich... (Joh 14,1). Alles, was diesem grundlegenden Glaubenan Gott hinzugefgt wird, ist nur ein berbau und ruht immernoch fest auf dem ursprnglichen Fundament.
Das Neue Testament lehrt, da Gott die Welt durch den Logos,
das Wort, erschaffen hat, und das Wort wird mit der zweitenPerson der Gottheit identifiziert, die schon in der Welt war, ehesie in der Fleischwerdung menschliche Gestalt annahm. Durch dasWort wurden alle Dinge gemacht, und das Wort blieb in dieserWelt, um sie zu tragen und zu erhalten und um gleichzeitig einmoralisch-sittliches Licht zu sein, durch das jeder Mensch dasGute vom Bsen unterscheiden kann. Das geordnete System desUniversums funktioniert nicht durch unpersnliche Gesetze, son-dern durch die schpferische Stimme der immanenten und univer-salen Gegenwart, durch den Logos.
Canon W. G. H. Holmes aus Indien erzhlte, da er einstHindu-Glubige dabei beobachtet habe, wie sie an Bume schlu-gen und dabei flsterten: Bist du da? Bist du da? Sie riefen nacheinem Gott, den sie in den Bumen zu finden hofften. In echterDemut kann jeder Christ auf diese Frage Antwort geben. Gott isttatschlich da. Er ist da, so wie er hier und berall ist, nicht aneinen Baum oder einen Stein gebunden, sondern frei im Univer-sum, allen, die ihn lieben, sofort durch Jesus Christus zugnglich.
Diese entscheidende Wahrheit und Lehre der AllgegenwartGottes bedeutet fr den berzeugten Christ eine Quelle tiefenTrostes im Leid und eine gewisse Zuversicht in mancherleiErfahrungen seines Lebens. Fr ihn bedeutet die Praxis derGegenwart Gottes nicht ein aus sich selbst heraus projiziertesObjekt, dessen Gegenwart er zu realisieren versucht. Sie bestehtvielmehr im Erkennen der tatschlichen Gegenwart des Einen, dernach dem bereinstimmenden Zeugnis jeder gesunden Theologiebereits da ist-als objektive Ganzheit, die unabhngig davon, obsievon seinen Geschpfen erkannt wird oder nicht, existiert. Diedaraus resultierende Erfahrung ist nicht eingebildet, sondern real.
Die Gewiheit, da Gott uns immer nahe ist, gegenwrtig inallen Teilen seiner Welt, noch nher als unsere Gedanken, sollteuns die meiste Zeit ber in einen erhebenden Glckszustand ver-setzen; jedoch nicht die ganze Zeit. Es wre nicht ehrlich, jedemGlubigen einen stndigen Jubel zu verheien, und es wre nichtrealistisch, ihn zu erwarten. Wie ein Kind vor Schmerzen weint,auch wenn es in den Mutterarmen geborgen ist, so wei auch derGlubige manchmal, was es heit, sogar in der ihm bewu-ten Gegenwart Gottes zu leiden. Obwohl allezeit frhlich
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(2 Kor 6,10), gibt Paulus doch zu, manchmal auch betrbt zu sein.Und Christus hat um unseretwillen starkes Geschrei und Tr-nen gekannt, obwohl er nie den Scho des Vaters verlassen hatte(Joh 1,18).
Aber genau so soll es auch sein. In einer Welt wie dieser habenTrnen therapeutische Wirkung. Die sich offenbarende gttlicheGegenwart spendet einen heilsamen Balsam, der unsere Leidenheilt, bevor sie tdlich werden. Das Wissen, da wir nie alleinsind, glttet die unruhigen Wogen unseres Lebens und lt denFrieden in unsere Herzen einziehen.
Da Gott da ist, bezeugt uns sowohl die Bibel wie auch dieVernunft. Es ist an uns, dies in bewuter Erfahrung erkennen zulernen. Ein Satz aus einem Brief von Dr. Allen Fleece steht fr dasZeugnis von vielen anderen Glubigen: Das Wissen um dieGegenwart Gottes ist ein Segen; aber seine Gegenwart zu fhlen,das ist echtes Glck.
Gott ist gegenwrtig.
Lasset uns anbeten
Und in Ehrfurcht vor Ihn treten.
Du allein sollst es sein,Unser Gott und Herre,Dir gebhrt die Ehre.
Gott ist gegenwrtig,Dem die CherubinenTag und Nacht gebcket dienen.
Gerhard Tersteegen
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Kapitel 15
Die Treue Gottes
Das ist ein kstlich Ding, Dir danken und Deinem Namenlobsingen, Du Hchster, des Morgens Deine Gnade unddes Nachts Deine Treue verkndigen. Wie Dein Sohn, alser auf Erden weilte, Dir, seinem himmlischen Vater, treuwar, so steht er jetzt im Himmel treu zu uns, seinenirdischen Brdern. Und in diesem Wissen gehen wirvorwrts und sehen voller Zuversicht und Hoffnung derZukunft entgegen. Amen.
Wie ich schon an anderen Stellen betonte, sind Gottes Eigen-schaften nicht isolierte Charakterzge, sondern Einzelteile seinesganzheitlichen Wesens. Sie sind nicht etwas, das in sich selbstbesteht, sondern Gedanken, die wir ber Gott haben, Aspekteeines vollkommenen Ganzen, Namen, mit denen wir das bezeich-nen, was wir als Wahrheit der Gottheit erkannt haben.
Um ein richtiges Verstndnis von Gottes Eigenschaften zuhaben, ist es wichtig, da wir sie als Einheit sehen. Wohl knnenwir jede einzeln untersuchen, aber wir knnen sie nicht voneinan-der trennen. Alle Gott zugeschriebenen Eigenschaften knnensich in Wirklichkeit - aufgrund der vollkommenen >Einheit<Gottes - nicht voneinander unterscheiden, obgleich wir verschie-dene Worte dafr gebrauchen, sagt Nicolaus von Kues. Des-halb, obwohl wir Gott Sehen, Hren, Schmecken, Riechen,Berhren, Fhlen, Denken, Verstand usw. zuschreiben - und dasin jeder Bedeutung des jeweiligen Wortes -, ist doch bei ihmSehen nichts anderes als Hren oder Schmecken, Riechen oderBerhren, Fhlen oder Verstehen. So formt alle Theologie sozu-sagen einen Kreis, da jede einzelne der Eigenschaften Gottesdurch die anderen besttigt wird.23
Beim Studium der einzelnen Eigenschaften wird die eigentlicheEinheit aller Eigenschaften bald ersichtlich. Zum Beispiel sehenwir, da, wenn Gott unbedingt, in sich selbst existierend ist, ersiehauch selbst gengen mu; und wenn er Macht hat, dann mu
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er - weil er unendlich ist - alle Macht haben. Wenn er Wissenbesitzt, dann bedingt seine Unendlichkeit, da er alles Wissenbesitzt. hnlich ist von seiner Unvernderlichkeit auf seine Treuezu schlieen. Ist er unwandelbar, so folgt daraus, da er nichtuntreu sein kann; denn das wrde erfordern, da er sich vern-dert. Eine Schwche im gttlichen Wesen wrde Unvollkommen-heit bedeuten. Aber da Gott vollkommen ist, kann er keineSchwche kennen. So erklrt eine Eigenschaft die andere undbeweist, da es lediglich flchtige Eindrcke sind, die unser Sinnvon der absolut vollkommenen Gottheit erhascht.
Alle Taten Gottes stehen in bereinstimmung mit seinenEigenschaften. Keine Eigenschaft widerspricht einer anderen,sondern sie harmonisieren miteinander und gehen in der unendli-chen Tiefe der Gottheit ineinander ber. Alles, was Gott tut,deckt sich mit dem, was Gott ist. Tun und Sein ist in ihm eins. Diebekannte Vorstellung von einem Gott, der zwischen seiner Ge-rechtigkeit und seiner Gnade hin und her gerissen ist, entsprichtberhaupt nicht den Tatsachen; auerdem wrde dies bedeuten,sich einen Gott vorzustellen, der sich seiner selbst nicht sicher,sondern frustriert und gefhlsmig unbestndig ist. Das hieenatrlich, da der, von dem wir in dieser Weise denken, nicht derwahre Gott ist, sondern nur ein schwacher, vollkommen unschar-fer geistiger Widerschein des lebendigen Gottes.
Gott kann aufgrund dessen, was er ist, nicht aufhren zu sein,was er ist. Und weil er ist, was er ist, kann er nicht im Widerspruchzu seinem Wesen handeln. Er ist gleichzeitig treu und unvernder-lich, und so mu er auch in all seinen Worten und Taten treu seinund treu bleiben. Menschen werden untreu aus Vorsatz, Angst,Schwachheit, verlorengegangenem Interesse oder aufgrund einesstarken ueren Einflusses. Es liegt auf der Hand, da nichts vonalledem Gott auch nur im geringsten beeinflussen kann. Er ist sichselbst Grund fr alles, was er ist und tut. Er kann nicht von auenher zu etwas gezwungen werden, sondern redet und handelt stetsaus eigenem Antrieb, seinem souvernen Willen und Wohlgefal-len entsprechend.
Es kann meiner Meinung nach bewiesen werden, da jedeIrrlehre, die der Gemeinde Jesu im Laufe der Jahre zu schaffengemacht hat, entweder durch falsche Gottesvorstellungen oder
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durch berbetonung bestimmter Lehren entstanden ist. EineEigenschaft so hervorzuheben, da dadurch eine andere verdun-kelt oder gar ausgeschlossen wird, bedeutet, sich in einen betrbli-chen theologischen Morast zu versenken. Und trotzdem sind wirimmer wieder versucht, genau das zu tun!
Zum Beispiel lehrt die Bibel, da Gott Liebe ist. Durch die Artund Weise, wie manche das ausgelegt haben, ist Gottes Gerechtig-keit, die von der Bibel ja auch gelehrt wird, so gut wie geleugnetworden. Andere berspitzen die Lehre von der Gte Gottes sosehr, da sie in Widerspruch zu seiner Heiligkeit gesetzt wird.Manche bringen es fertig, durch berbetonung seines Erbarmensseine Wahrheit aufzuheben. Wieder andere verstehen dieSouvernitt Gottes in einer Weise, die seine Gte und Liebezerstrt oder auf ein Minimum herabsetzt.
Nur dann stehen wir der Wahrheit korrekt gegenber, wenn wirall das zu glauben wagen, was Gott ber sich selbst ausgesagt hat.Der Mensch ldt sich eine schwere Verantwortung auf, wenn erdie Offenbarung Gottes um jene Teile zu verkrzen trachtet, dieihm in seiner Unwissenheit als anfechtbar erscheinen.
Wenn jemand unter uns so vermessen ist, etwas Derartiges zuversuchen, dann mu ja Blindheit auf ihn fallen. Dabei ist dasvllig unntig. Wir brauchen keine Angst davor zu haben, dieWahrheit so stehenzulassen, wie sie geschrieben ist. Es gibt unterden gttlichen Eigenschaften keine Konflikte. Gottes Wesen istunitr, das heit, vollkommen eins in sich. Es kann sich nichtspalten und zu gegebener Zeit der einen Eigenschaft entsprechendhandeln, whrend die brigen unttig bleiben. Alles, was Gott ist,mu mit all dem bereinstimmen, was Gott ist. Gerechtigkeit muin der Gnade gegenwrtig sein, und Liebe im Gericht. So verhltes sich mit allen gttlichen Eigenschaften.
Fr eine gesunde Theologie ist die Treue Gottes eine reineTatsache, aber fr den Glubigen ist sie weit mehr. Zuerst wird sievom Verstand erfat und wird dann zur Nahrung fr die Seele.Denn die Bibel lehrt nicht nur die Wahrheit, sie zeigt auch ihrenNutzen fr die Menschheit. Die inspirierten Schreiber standenmitten im Leben und waren Menschen wie wir. Was sie ber Gotterfuhren, wurde fr sie zu einem Schwert, zu einem Schild, zueinem Hammer. Es wurde ihre Lebensmotivation, ihre Hoffnung
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und ihre zuversichtliche Erwartung. Aus den objektiven theologi-schen Fakten leiteten ihre Herzen unzhlige, beglckende persn-liche Anwendungen ab ! Die Psalmen sind voll von frohem Dank frdie Treue Gottes. Das Neue Testament greift das Thema auf undpreist die Treue Gottes, des Vaters, und seines Sohnes Jesu Christi,der vor Pontius Pilatus sein Zeugnis abgelegt hat. In der Offenba-rung sehen wir Christus, wie er auf einem weien Pferd seinemTriumph entgegenreitet, und seine Namen sind Treue und Wahr-haftigkeit.
Auch das christliche Lied preist die Eigenschaften Gottes, undunter diesen die gttliche Treue. In unsern Liederbchern werdensie zu einer Quelle, aus der Strme frhlicher Melodien entsprin-gen. Hier und dort mag sich noch ein altes Gesangbuch finden,dessen Lieder keinen Titel tragen. Dafr deutet eine in Schrg-schrift vorangesetzte Zeile das Thema an, und das von Anbetungerfllte Herz kann sich ber das, was es da findet, nur freuen: Preisder herrlichen Vollkommenheit Gottes, Weisheit, Majestt undGte, Allwissenheit, Allmacht und Unwandelbarkeit,Herrlichkeit, Barmherzigkeit und Gnade - das sind nur ein paarBeispiele, die einem 1849 in England herausgegebenen Gesang-buch entnommen sind. Doch jeder, der die christlichen Liederkennt, wei, da die lange Reihe der geistlichen Lieder schon in derFrhzeit der Gemeinde Jesu ihren Anfang nahm. Von Anfang anweckte der Glaube an die Vollkommenheit Gottes in den Glubi-gen frohe Zuversicht und lehrte sie zu allen Zeiten zu singen.
Gottes Treue ist der tragende Grund unserer Hoffnung auf diezuknftige Glckseligkeit. Sein Bund und seine Verheiungenstehen und fallen mit seiner Treue. Nur wenn wir die vlligeGewiheit haben, da er treu ist, knnen wir im Frieden leben undzuversichtlich dem zuknftigen Leben entgegenblicken. Jeder vonuns kann diese Wahrheit und alles, was sich daraus ergibt, fr sichselbst und seine Bedrfnisse in Anspruch nehmen. Der Angefoch-tene, der Bekmmerte, der Furchtsame, der Niedergeschlagene-sie alle knnen neue Hoffnung und neuen Mut schpfen in demWissen, da unser Vater im Himmel treu ist. Er wird immer zuseinem Wort stehen. Die hartbedrngten Shne des Bundes drfengewi sein, da er ihnen nie seine Barmherzigkeit entziehen und nieseine Treue brechen wird!
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Glcklich der Mann, dessen Hoffnung sich auf den Gott
Israels sttzt;
Er schuf den Himmel und die Erde und die Meere mit
Ihrem ganzen Gefolge;
Seine Wahrheit steht immer fest;
Er rettet die Unterdrckten, Er speiset die Armen,
Und keiner wird Seine Verheiung unerfllt finden.
Isaac Watts
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Kapitel 16
Die Gte Gottes
Tue uns Gutes nach Deinem Wohlgefallen, o Herr. Hand-le mit uns nicht nach unserm Verdienst, sondern wie esDir, dem Gott, der Du bist, entspricht. So werden wirweder in dieser noch in der zuknftigen Welt etwas zufrchten haben. Amen.
Das Wort gut ist fr viele Menschen von so unterschiedlicherBedeutung, da wir dieses kurze Studium der Gte Gottes miteiner Definition beginnen mssen. Um die eigentliche Bedeutungdes Wortes herauskristallisieren zu knnen, geht man am bestenvon einer Reihe sinnverwandter Wrter aus und kehrt auf ver-schiedenen Wegen wieder zum Ausgangspunkt zurck.
Wenn die christliche Theologie sagt, da Gott gtig ist, so meintsie damit nicht dasselbe wie mit seiner Gerechtigkeit oder Heilig-keit. Die Heiligkeit Gottes wird vom Himmel herab wie mitPosaunenschall verkndigt und auf der Erde berall da, wo Gottsich den Menschen offenbart hat, von Heiligen und Weisenbesttigt. Doch wir befassen uns jetzt nicht mit seiner Heiligkeit,sondern mit seiner Gte, die etwas ganz anderes ist.
Die Gte Gottes ist das, was ihn freundlich, herzlich, wohlwol-lend und guten Willens den Menschen gegenber macht. Er istweichherzig und voller Mitgefhl und ist zu allen sittlichen Wesenoffen und freundlich. Von Natur aus neigt er dazu, Segen zuschenken, und hat ein heiliges Wohlgefallen am Glck seinesVolkes.
Da Gott gtig ist, wird auf jeder Seite der Bibel gelehrt, dasheit zum Ausdruck gebracht, und mu als Glaubensgrundsatzakzeptiert werden, der ebenso unerschtterlich ist wie der ThronGottes. Die Gte Gottes ist ein Grundstein, auf den sich jedesgesunde Denken ber Gott und alle moralische Gesundheitgrndet. Die Mglichkeit zuzulassen, da Gott nicht gtig ist,wrde heien, die Gtigkeit allen Denkens zu leugnen und zurVerneinung jeglichen moralischen Urteils fhren. Wenn Gott
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nicht gtig ist, kann es auch keine Unterscheidung zwischenFreundlichkeit und Grausamkeit geben, und Himmel knnteHlle und Hlle knnte Himmel sein.
Die Gte Gottes ist die treibende Kraft hinter all den Segnun-gen, mit denen er uns tglich berschttet. Gott erschuf uns, weiles seinem Herzen wohltat, und aus dem gleichen Grunde hat eruns auch erlst.
Juliana von Norwich, die vor 600 Jahren lebte, hatte deutlicherkannt, da die Grundlage fr alles Glck die Gte Gottes ist.Das sechste Kapitel ihres unbeschreiblich schnen und scharf-sinnigen kleinen Klassikers Revelations of Divine Love be-ginnt mit dem Satz: Diese Darstellung dient dazu, unsere Her-zen zu lehren, sich wohlweislich an die Gte Gottes zu klam-mern. Sie erkannte, da all unsere religisen Aktivitten undjedes Mittel, Gnade zu erlangen, so richtig und ntzlich sie auchsein mgen, nichts wert sind, bis wir begreifen, da der Hinter-grund aller Taten Gottes eine spontane Gte ist, die wir nichtverdienen.
Die Gte Gottes ist wie all seine Eigenschaften selbstgewollt,unendlich, vollkommen und ewig. Weil Gott unwandelbar ist,verndert sich auch die Intensitt seiner Herzensgte nie. Er istnie freundlicher gewesen, als er es jetzt ist, und er wird auch niefreundlicher sein. Bei ihm gilt kein Ansehen der Person, sonderner lt seine Sonne ber Bse und Gute scheinen, und er sendetseinen Regen auf die Gerechten wie auf die Ungerechten. DieUrsache seiner Gte liegt in ihm selbst. Alle, die diese Gteempfangen, haben ihren Anteil daran, ohne ihn verdient zuhaben.
Der Verstand mu dem zustimmen, und alle moralische Ein-sicht und Weisheit anerkennt ohne weiteres, da nicht einmal dasreinste und beste menschliche Verhalten sich ein Verdienst erwer-ben kann. Die Gte Gottes ist stets unsere grundlegende Erwar-tung. Bue, obwohl notwendig, bringt keinen Verdienst, sondernist eine Voraussetzung fr den Empfang der Vergebung, die Gottin seiner Gte schenkt. Sie kann Gott keinerlei Verpflichtungauferlegen und macht ihn auch niemand gegenber zum Schuld-ner. Er erhrt Gebet, weil er gtig ist, und aus keinem anderenGrunde. Ebensowenig bringt uns der Glaube einen Verdienst. Er
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ist einfach das Vertrauen in die Gte Gottes, und Mangel anGlauben ist eine falsche Einstellung gegenber dem heiligenCharakter Gottes.
Die ganze Einstellung der Menschheit wrde sich verndern,knnten wir alle glauben, da wir unter einem gndigen Himmelwohnen, und da Gott, obwohl hoch erhht in Macht undMajestt, gerne unser Freund sein mchte.
Aber die Snde hat uns furchtsam und zugleich selbstbewutgemacht. Jahre der Auflehnung gegen Gott haben in uns eineFurcht hervorgerufen, die nicht an einem Tag berwunden wer-den kann. Der gefangengenommene Rebell tritt nur ungern in dieGegenwart des Knigs, fr dessen Sturz er lange gekmpft hat.Aber wenn es ihn aufrichtig gereut, darf er hinzutreten und auf dieGte des Herrn zhlen, ohne da ihm die Vergangenheit vorge-halten wird. Meister Eckhart ermutigt uns, daran zu denken, daGott, wenn wir zu ihm zurckkehren, uns unsere Snden nichtanrechnet, und wren ihrer so viele wie die der ganzen Menschheitzusammen, sondern uns soviel Vertrauen schenkt, als htten wirnie gesndigt.
Nun fragt aber ein vorsichtiger Mensch, der trotz seiner vergan-genen Snden mit Gott vershnt werden mchte: Wenn ich zuGott komme, was wird er dann mit mir machen? Welche Einstel-lung wird er mir gegenber haben, wie sich verhalten?
Die Antwort darauf lautet: Er wird genau wie Jesus sein. Wermich sieht, der sieht den Vater, sagte Jesus (Joh 14,9). JesusChristus wandelte unter den Menschen auf Erden, um einemGeschlecht, das sich Gott ganz falsch vorstellte, zu zeigen, wie diewahre Natur des Vaters im Himmel ist. Das war nur eine seinerTaten, die er auf Erden vollbrachte, und er tat sie vollkommen.
Durch ihn erfahren wir, wie Gott sich den Menschen gegenberverhlt. Die Heuchler, die Unaufrichtigen, werden ihn kalt undabweisend finden, so wie sie es einst bei Jesus erlebten; aber dieBufertigen werden in ihm einen gndigen Gott finden. Wer sichselbst verurteilt, wird ihn gromtig und freundlich erleben. DenFurchtsamen gegenber ist er freundlich, den Armen im Geistevergibt er gerne, den Unwissenden gegenber ist er nachsichtig.Die Schwachen behandelt er schonungsvoll, die Fremden gast-freundlich.
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Wir knnen die Art, wie er uns aufnimmt, durch unsere eigeneHaltung bestimmen. Obwohl die Freundlichkeit Gottes einunendlicher, berflieender Quell der Herzlichkeit ist, zwingtGott uns seine Aufmerksamkeit nicht auf. Wollen wir, da er unswillkommen heit wie den verlorenen Sohn, so mssen wir auchwie der verlorene Sohn kommen. Und wenn wir so kommen, wirdes drinnen ein Willkommensfest mit Musik und Tanz geben,whrend es die Phariser und Gesetzesspezialisten drauen ver-driet, und der Vater wird sein Kind wieder an sein Herz drcken.
Die Gre Gottes lst in uns Furcht aus, seine Gte aberermutigt uns, keine Angst vor ihm zu haben. Ihn zu frchten, aberkeine Angst zu haben - das ist das Paradoxon des Glaubens.
Du Gott, meine Hoffnung, meine himmlische Ruhe,
Meine ganze Freude hier auf Erden,
Erhre meine dringliche Bitte;
Zeige mir Deine Gte;
Offenbare Dein seligmachendes Angesicht,
Den Glanz des Ewigen Tages.
La vor meinen, durch den Glauben erleuchteten AugenDeine ganze gnadenvolle Gte vorbeiziehen.Deine Gte rhme ich hoch;La mich Dein freundliches Antlitz sehen:Verkndige Deine Natur in meiner Seele,Offenbare Deine Liebe und Deinen glorreichen Namen.
Charles Wesley
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Kapitel 17
Die Gerechtigkeit Gottes
Unser Vater, wir lieben Dich wegen Deiner Gerechtigkeit.Wir erkennen, da Deine Gerichte durch und durch wahrund gerecht sind. Deine Gerechtigkeit erhlt die Ordnungim All aufrecht und gewhrleistet die Sicherheit aller, dieihr Vertrauen in Dich setzen. Wir leben, weil Du gerechtbist und barmherzig. Heilig, heilig, heilig, Herr, allmchti-ger Gott, gerecht in all Deinen Wegen und heilig in allDeinen Werken. Amen.
Das Alte Testament spricht klar und eingehend von der Gerech-tigkeit Gottes, und dies in einer so schnen Weise, wie es sonst inder Literatur nie zu finden ist. Als die Zerstrung Sodomsangekndigt wurde, trat Abraham fr die Gerechten in der Stadtein und erinnerte Gott daran, da er in einer solchen menschli-chen Notlage ebenso handeln wrde. Das sei ferne von dir, dadu das tust und ttest den Gerechten mit dem Gottlosen, so dader Gerechte wre gleich wie der Gottlose! Das sei ferne von dir!Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten? (1 Mo 18,25).
Die Psalmisten und Propheten Israels erkannten in Gott einenallmchtigen, hoch erhhten und unparteiisch regierenden Herr-scher. Wolken und Dunkel sind um ihn her, Gerechtigkeit undGericht sind seines Thrones Sttze (Ps 97,2). ber den lang-ersehnten Messias wurde prophezeit, er werde bei seinem Er-scheinen das Volk mit Gerechtigkeit richten. Heilige Menschen,sonst voll zarten Mitgefhls, beteten, erzrnt ber die Ungerech-tigkeit der in der Welt Herrschenden: Herr, du Gott der Vergel-tung, du Gott der Vergeltung, erscheine! Erhebe dich, du Richterder Welt; vergilt den Hoffrtigen, was sie verdienen! Herr, wielange sollen die Gottlosen, wie lange sollen die Gottlosen prah-len? (Ps 94,1-3). Und diese Bitte ist nicht etwa als Ausdruck einespersnlichen Rachegefhls zu verstehen, sondern als Ausdruck derSehnsucht nach Gerechtigkeit in der menschlichen Gesellschaft.
Mnner wie David und Daniel bekannten angesichts der Ge-
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rechtigkeit Gottes ihre eigene Ungerechtigkeit, und dadurchgewannen ihre bufertigen Gebete groe Vollmacht und Wirk-samkeit. Du, Herr, bist gerecht, wir aber mssen uns alle heuteschmen (Dan 9,7). Als das lange zurckgehaltene GerichtGottes ber die Welt kommt, sieht Johannes die Schar derberwinder am glsernen, mit Feuer vermengten Meer stehen. Inihren Hnden halten sie die Harfen Gottes. Sie singen das Lied desMoses und das Lied des Lammes, und das Thema ihres Gesangesist die gttliche Gerechtigkeit: Gro und wunderbar sind deineWerke, Herr, allmchtiger Gott! Gerecht und wahrhaftig sinddeine Wege, du Knig der Vlker. Wer sollte dich, Herr, nichtfrchten und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bistheilig! Ja, alle Vlker werden kommen und anbeten vor dir, denndeine gerechten Gerichte sind offenbar geworden (Offb 15,3 f.).Gerechtigkeit verkrpert die Idee moralischer Unparteilichkeit,und Ungerechtigkeit ist das genaue Gegenteil davon. So istf/ngerechtigkeit menschliches Denken und Tun ohne Gerechtig-keit. Gericht bedeutet die Ausfhrung der Gerechtigkeit inbestimmten Situationen und kann vorteilhaft oder unvorteilhaftausfallen, je nachdem ob der Betroffene in seinem Herzen undWandel gerecht oder ungerecht gewesen ist.
Manchmal heit es: Die Gerechtigkeit fordert von Gott, so zuhandeln. Das ist eine falsche Denk- und Ausdrucksweise; denndies wrde bedeuten, da es neben Gott noch andere Rechts-grundstze gbe, die ihn zu einer bestimmten Handlungsweisezwingen. Solche Grundstze gibt es natrlich nicht. Und wenn essie gbe, wrden sie ber Gott stehen, denn nur eine hhereMacht kann Gehorsam fordern. In Wahrheit kann es nie etwasneben Gottes Natur geben, das ihn in irgendeiner Weise ntigenknnte. All seine Beweggrnde entspringen seinem gttlichenWesen. Nichts ist in Ewigkeit zum Wesen Gottes hinzugetanworden, nichts ist davon entfernt worden, und nichts hat sichverndert.
Wenn wir das Wort Gerechtigkeit in bezug auf Gott gebrau-chen, so nennen wir damit eine gttliche Eigenschaft. Und wennGott gerecht handelt, so tut er es nicht, um einem objektivenMastab gerecht zu werden, sondern er verhlt sich einfachseinem Wesen gem. So wie Gold nie in einer anderen Form als
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Gold gefunden werden kann und sich nie verndert, so ist GottGott - immer, ausschlielich, vllig Gott. Er kann nie etwasanderes sein als das, was er ist. Alles im Universum ist nur so gut,wie es auf die Natur Gottes ausgerichtet ist, und es ist bse, wenndiese Ausrichtung nicht vorhanden ist. Gott ist sich selbst einGerechtigkeitsmastab, und wenn er bse Menschen richtet oderdie Gerechten belohnt, handelt er nur seinem innersten Wesenentsprechend und ohne jegliche Beeinflussung von auen.
Alles dies scheint die Hoffnung auf Rechtfertigung des umkeh-renden Snders zunichte zu machen. Der christliche Philosophund Theologe Anselm von Canterbury versuchte, den scheinba-ren Widerspruch zwischen der Gerechtigkeit und dem ErbarmenGottes aufzulsen. Jedoch wie schonst du die Bsen, will er vonGott wissen, wenn du ganz gerecht und hchst gerecht bist?24Dann blickte er in Erwartung einer Antwort direkt auf Gott; denner wute, da er sie im Wesen Gottes finden konnte. AnselmsErkenntnisse knnen wie folgt umschrieben werden: Gottes We-sen ist eins. Es besteht nicht aus einer Anzahl von Teilen undGliedern, die harmonisch zusammenwirken, sondern aus einem.Seine Gerechtigkeit schliet in keiner Weise sein Erbarmen aus.Von Gott so zu denken, wie wir uns manchmal einen freundlichenRichter vorstellen, der, durch das Gesetz gezwungen, unterTrnen und sich halb entschuldigend einen Menschen zum Todeverurteilt, ist des wahren Gottes gnzlich unwrdig. Gott kenntkeinen inneren Zwiespalt. Keine Eigenschaft Gottes steht imKonflikt mit einer anderen.
Gottes Mitleid liegt in seiner Gte begrndet, und Gte ohneGerechtigkeit ist keine Gte. Gott verschont uns, weil er gtig ist,aber er knnte nicht gtig sein, wenn er nicht gerecht wre. WennGott die Bsen bestraft, so folgert Anselm, dann deshalb, weil esihrer Bosheit entspricht; und wenn er die Bsen verschont, danndeshalb, weil es mit seiner Gte vereinbar ist. So tut Gott also, wasihm als dem in hchstem Grade gtigen Gott zusteht. Hier suchtder Verstand zu verstehen, nicht um zu glauben, sondern weil erschon glaubt.
Eine einfachere und vertrautere Lsung des Problems, wie Gottgerecht sein kann und dennoch den Ungerechten gerechtspricht,findet sich in der christlichen Erlsungslehre. Hier heit es, da
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aufgrund des Shnewerkes Christi die Gerechtigkeit nicht verge-waltigt wird, wenn Gott einen Snder verschont, sondern da ihrGenge getan wird. Die Theologie der Erlsung lehrt, da dasErbarmen ber den Menschen nicht wirksam wird, bis die Gerech-tigkeit ihr Werk getan hat. Die gerechte Strafe fr die Sndewurde vollzogen, als Christus, unser Stellvertreter, fr uns amKreuz starb. So unangenehm das in den Ohren des natrlichenMenschen klingen mag, so lieblich ist es fr die Ohren desGlaubenden. Millionen von Menschen sind durch diese Botschaftmoralisch und geistlich umgewandelt worden, haben ein vongroer sittlicher Kraft getragenes Leben gefhrt und sind schlie-lich im Vertrauen darauf im Frieden gestorben.
Da der Gerechtigkeit Genge getan wurde und nun dasErbarmen handelt, ist mehr als willkommene theologische Theo-rie. Es bedeutet vielmehr die Verkndigung einer Tatsache, dieaufgrund unserer groen menschlichen Not zu einer Notwendig-keit geworden ist. Durch unsere Snde schwebt ber uns allen einTodesurteil; wir sind unter einem Gericht, das herbeigefhrtwurde, als die Gerechtigkeit mit unserer moralischen Situationkonfrontiert wurde. Als die unendliche Gerechtigkeit mit unsererchronischen und willentlichen Ungerechtigkeit zusammenstie,kam es zwischen den beiden zu einem heftigen Kampf, den Gottgewann und immer gewinnen mu. Doch wenn der reuige Sndersich auf Christus und sein Heil sttzt, wird die moralische Situa-tion umgekehrt. Die Gerechtigkeit wird mit der verndertenSituation konfrontiert und spricht den glaubenden Menschengerecht. Auf diese Weise tritt die Gerechtigkeit tatschlich aufdie Seite derer, die auf Gott als seine Kinder vertrauen. Das istder Sinn jener khnen Worte des Apostels Johannes: Wenn wiraber unsre Snden bekennen, so ist er treu und gerecht, da eruns die Snden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtig-keit (1 Jo 1,9).
Aber Gottes Gerechtigkeit wird gegen den Snder immer inuerster Strenge Stellung nehmen. Die vage und klglicheHoffnung, da Gott zu gtig sei, um die Gottlosen zu strafen, istzu einem tdlichen Betubungsmittel fr das Gewissen von Millio-nen von Menschen geworden. Sie beschwichtigt ihre Befrchtun-gen und gestattet ihnen, alle Schlechtigkeit zu praktizieren,
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whrend der Tod jeden Tag nher rckt und der Befehl zur Bueunbeachtet verhallt. Als verantwortliche sittliche Wesen drftenwir es nicht wagen, so mit unserem ewigen Schicksal zu spielen!
Christi Blut und Gerechtigkeit,Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid,Damit will ich vor Gott bestehn,Wenn ich zum Himmel werd eingehn.
Drum soll auch dieses Blut allein
Mein Trost und meine Hoffnung sein;
Ich bau im Leben und im Tod
Allein auf Jesu Wunden rot.
Strophe I: Graf N. L. von ZinzendorfStrophe II: Christian Gregor
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Kapitel 18
Die Barmherzigkeit Gottes
Heiliger Vater, Deine Weisheit erweckt unser Staunen,Deine Macht erfllt uns mit Schrecken, Deine Allgegen-wart macht jeden Flecken Erde zu einem heiligen Ort.Doch wie knnen wir Dir nur genug fr Deine Barmher-zigkeit danken, die uns in tiefster Not widerfhrt und unsSchmuck statt Asche, Freudenl statt Trauerkleid undLobgesang statt eines betrbten Geistes gibt. Wir lobenund rhmen Deine Barmherzigkeit durch Jesus Christus,unsern Herrn. Amen.
Wenn wir Kinder des Schattens durch das Blut des ewigenBundes endlich unsere Heimat droben im Lichte erreichen,werden wir tausend Saiten auf unserer Harfe haben, aber diewohlklingendste wird wohl jene sein, die am vollkommensten zumRuhm der Barmherzigkeit Gottes erklingt!
Denn was fr ein Recht haben wir, dort zu sein? Beteiligten wiruns nicht durch unsere Snden an jener unheiligen Rebellion,durch die der herrliche Knig der Schpfung tollkhn vom Throngestrzt werden sollte? Gingen wir unseren Weg frher nicht nachder Weise der Welt, nach dem Mchtigen, der in der Luft herrscht,dem Geist, der zu dieser Zeit sein Werk in den Kindern desUnglaubens wirkt? Lebten wir einst nicht alle in den Lsten desFleisches? Waren wir nicht von Natur aus Kinder des Zornes wiedie andern? Aber wir, die wir einst Feinde Gottes und ihm durchbse Werke entfremdet waren, wir werden Gott dann von Ange-sicht zu Angesicht schauen, und sein Name wird auf unserer Stirnegeschrieben sein. Wir htten chtung verdient und werden stattdessen die Freude der Gemeinschaft erleben. Wir htten dieQualen der Hlle verdient und werden doch die Seligkeit desHimmels erfahren. Dies alles kann nur durch die Barmherzigkeitunseres Gottes geschehen, die die Herrlichkeit aus der Hhe zuuns herabsteigen lie.
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Wenn meine anbetende Seele, o mein Gott,
Alle Deine Barmherzigkeit erfat,
Verliere ich mich in Verwunderung, Liebe und Lob.
Joseph Addison
Barmherzigkeit ist eine Eigenschaft Gottes, eine unendliche undunerschpfliche Energie der gttlichen Natur, die Gott zu einemteilnehmenden Mitleid bewegt. Sowohl das Alte wie das NeueTestament bezeugen die Barmherzigkeit Gottes; das Alte Testa-ment hat sogar mehr als viermal soviel darber zu sagen wie dasNeue Testament.
Wir sollten die bliche, jedoch falsche Vorstellung aus unseremSinn verbannen, Gerechtigkeit und Gericht charakterisierten denGott Israels und Barmherzigkeit und Gnade den Herrn derGemeinde, denn in Wirklichkeit besteht prinzipiell kein Unter-schied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Auch wenndas Neue Testament mehr den Erlsungsplan Gottes entfaltet, soredet Gott doch in beiden Teilen gleich, und was er redet, entsprichtdem, was er ist. Wo und wann immer Gott Menschen erscheint,handelt er seinem Wesen gem. Ob im Garten Eden oder imGarten Gethsemane - Gott ist sowohl barmherzig wie gerecht. Erhat der Menschheit von jeher Barmherzigkeit erwiesen, und er wirdseine Gerechtigkeit immer an ihr erweisen, auch wenn seineBarmherzigkeit ausgeschlagen wird. So tat er es zu vorsintflutli-chen Zeiten ; so tat er es, als Christus unter den Menschen weilte ; sotut er es heute, und so wird er es immer tun, weil er Gott ist.
Wenn wir nur begreifen knnten, da die gttliche Barmherzig-keit keine vorbergehende Laune, sondern eine Eigenschaft desunvergnglichen Gottes ist, so wrden wir nicht mehr lngerbefrchten, sie knnte eines Tages zu Ende sein. Barmherzigkeithat nie angefangen zu sein, sondern besteht von Ewigkeit her. Sowird sie auch kein Ende haben. Sie wird nie zunehmen, weil sie insich selbst schon unendlich ist; und sie wird nie abnehmen, weil dasUnendliche keine Verminderung kennt. Nichts, was im Himmel,auf Erden oder in der Hlle geschehen ist oder geschehen wird,kann etwas am gndigen Erbarmen unseres Gottes ndern. SeineBarmherzigkeit steht ewig fest - eine grenzenlose, berwltigendeUnermelichkeit gttlichen Mitleids.
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Gleich wie das Gericht Gottes Gerechtigkeit gegenber morali-scher Ungerechtigkeit ist, so ist Barmherzigkeit die Gte Gottesgegenber menschlichem Leiden und Verschulden. Gbe es keineSchuld in der Welt, keinen Schmerz und keine Trnen, wre Gottdennoch voll unendlichen Erbarmens, wenn auch vielleicht in derVerborgenheit seines Herzens und dem erschaffenen Universumunbekannt. Keine Stimme wrde sich dann erheben, um dieBarmherzigkeit zu rhmen, der niemand bedrfte. Das Elend unddie Snde des Menschen ist es, was die gttliche Barmherzigkeitauslst. Kyrie eleisonl Chris te eleisonl (Herr, bzw. Christus,erbarme Dich) hat die Kirche Jahrhunderte hindurch gebetet.Aber wenn ich mich nicht tusche, hre ich darin einen Ton vonTraurigkeit und Verzweiflung. Ihr klagendes, oftmals in diesemniedergeschlagenen, resignierenden Ton wiederholtes Gebetzwingt einen zur Vermutung, da sie um einen Segen bittet, densie in Wirklichkeit gar nicht zu empfangen erwartet. Sie magweiterhin pflichtgem die Gre Gottes besingen und das Glau-bensbekenntnis unzhlige Male hersagen, aber ihre Bitte umBarmherzigkeit tnt wie eine verlorene Hoffnung - als ob Barm-herzigkeit eine himmlische Gabe wre, nach der man sich wohlsehnt, die man jedoch nie richtig erfhrt.
Ist diese Unfhigkeit, die echte, bewut erlebte Freude derBarmherzigkeit zu erfassen, das Resultat unseres Unglaubensoder unserer Unwissenheit oder beider zusammen? Das war einstin Israel der Fall. Denn ich bezeuge ihnen, sagte Paulus berIsrael, da sie Eifer fr Gott haben, aber ohne Einsicht (Rom10,2). Sie versagten, weil es zumindest eine Sache gab, die sienicht wuten, eine Sache, die den ganzen Unterschied ausgemachthtte. ber die Israeliten in der Wste heit es im Hebrerbrief:Aber das Wort der Predigt half jenen nichts, weil sie nichtglaubten, als sie es hrten (Hebr 4,2). Um Barmherzigkeiterlangen zu knnen, mssen wir zuerst wissen, da Gott barmher-zig ist. Es gengt nicht zu glauben, da er sich einst ber Noahoder Abraham oder David erbarmte und da er irgendwanneinmal in der Zukunft seine Barmherzigkeit wieder zeigen wird.Wir mssen glauben, da Gottes Barmherzigkeit grenzenlos undfrei ist, und da sie uns durch unsern Herrn Jesus Christus jetzt, inunserer gegenwrtigen Lage, zugnglich ist.
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Wir knnen ein Leben lang unglubig um Barmherzigkeit bittenund am Ende unserer Tage trotzdem nur die schwache Hoffnunghaben, sie irgendwo und irgendwann einmal zu empfangen. Dashiee verhungern, whrend nebenan der Festsaal ist, den wir trotzfreundlicher Einladung nicht betreten haben. Wir knnen aberauch, wenn wir wollen, im Glauben die Barmherzigkeit Gotteserfassen, in den Festsaal eintreten und uns mit verlangendenSeelen, die sich nicht durch Schchternheit und Unglauben vomFest und den fr sie bereiteten guten Dingen abhalten lieen,niedersetzen.
Steh auf, meine Seele, steh auf;Schttle Deine schuldbeladenen ngste ab;Das um meinetwillen blutende Opfer erscheint;Vor dem Thron steht, der fr mich brgt.Mein Name steht in Seinen Hnden geschrieben.
Mein Gott ist vershnt;
Ich hre Seine vergebende Stimme;
Er bekennt sich zu mir als zu Seinem Kind;
Ich brauche mich nicht lnger zu frchten;
Zuversicht strkt mich,
Und ich rufe: Abba, lieber Vater!
Charles Wesley
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Kapitel 19
Die Gnade Gottes
Gott aller Gnade, der Du uns gegenber nur Gedankendes Friedens und nicht des Leidens hast, gib uns ein Herzvoller Glauben, da wir angenommen sind in dem Gelieb-ten, und gib uns den Sinn, jene Vollkommenheit DeinerWeisheit zu bewundern, die einen Weg gefunden hat, dieReinheit des Himmels zu bewahren und uns dennoch darinaufzunehmen. Wir knnen nur staunen, da ein so heiligerund gewaltiger Gott wie Du uns in seinen Festsaal einldts und uns mit dem Banner der Liebe bedeckt. Wir vermgendie Dankbarkeit, die wir empfinden, nicht auszudrcken.Sieh Du darum in unsere Herzen hinein, um sie dort zuerkennen. Amen.
In Gott sind Barmherzigkeit und Gnade eins. Doch in unsernAugen erscheinen sie als zwei Dinge, die verwandt, aber nichtidentisch sind.
So wie Barmherzigkeit die Gte Gottes gegenber dem Elendund der Schuld des Menschen ist, so ist Gnade seine Gtegegenber menschlichem Verschulden und mangelndem Ver-dienst. Es geschieht durch Gnade, da Gott da Verdienst beimit,wo vorher keiner bestand, und Freiheit von Schuld ermglicht, wofrher Schuld bestand.
Gnade ist das Wohlgefallen Gottes, das ihn bewegt, demWohltaten zu erweisen, der sie nicht verdient hat. Sie ist ein dergttlichen Natur innewohnender Grundsatz und erscheint uns alseine Neigung, sich des Elenden zu erbarmen, den Schuldigen zuschonen, den Ausgestoenen aufzunehmen und denjenigen wohl-gefllig und angenehm zu machen, der sich eine berechtigteMibilligung zugezogen hat. Ihr Nutzen fr uns sndige Menschenbesteht darin, da wir gerettet und in das himmlische Wesen inChristus Jesus versetzt werden, damit er in den kommendenZeiten den berschwenglichen Reichtum seiner Gnade durchseine Gte gegen uns in Christus Jesus erzeigt (Eph 2,7).
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Wir tragen aus dieser Tatsache, da Gott gerade das ist, was erist, ewigen Nutzen. Weil er ist, was er ist, ffnet er uns dieGefngnistr, vertauscht unser Strflingskleid mit einem knigli-chen Gewand und lt uns alle Tage unseres Lebens an seinemTische essen.
Die Gnade hat ihren Ursprung im Herzen Gottes, in derunfabaren Tiefe seines heiligen Seins, aber der Kanal, durch densie zu den Menschen fliet, ist der Gekreuzigte und Auferstande-ne, Jesus Christus. Der Apostel Paulus, der wie kein anderer dieErlsungsgnade beschrieben hat, trennt Gottes Gnade nie vomgekreuzigten Sohn Gottes. In seiner Lehre gehren die beidenimmer zusammen, organisch eins und unzertrennbar.
Eine umfassende, klare Zusammenfassung der Lehre des Pau-lus ber dieses Thema findet man in seinem Brief an die Epheser:... in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinderzu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seinesWillens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er unsbegnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlsungdurch sein Blut, die Vergebung der Snden nach dem Reichtumseiner Gnade (Eph l,4b-7).
Auch Johannes identifiziert in seinem Evangelium Christus alsdas Werkzeug, durch welches die Gnade zu den Menschengelangt: Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnadeund Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden (Joh 1,17).
Aber gerade hier verfehlt man leicht den Weg und irrt von derWahrheit ab, was schon so manche getan haben. Sie isoliertendiesen Vers von den anderen Bibelstellen, die sich auf die GnadeGottes beziehen, und haben daraus eine Lehre abgeleitet, diebesagt, da Mose nur das Gesetz kannte und Christus nur dieGnade. So wird aus dem Alten Testament ein Gesetzbuch und ausdem Neuen Testament ein Gnadenbuch.
Ein Blick in die Zehn Gebote (2 Mo 20; 5 Mo 5) zeigt aber, dadas Gesetz, das Gott durch Mose dem Volk Israel gab, im Grundemit dem Evangelium, mit der Botschaft von der Rettung durchGott beginnt - und somit mit der Gnade. Ich bin der Herr, deinGott, der ich dich aus gyptenland, aus der Knechtschaft, gefhrthabe (2 Mo 20,2) lautet der Auftakt, die berschrift der ZehnGebote. Dieses Wort verweist auf das Geschehen bei Israels
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Durchzug durch das Schilfmeer (2 Mo 14), bei dem sich Gott alsrettender Gott erwies. Gott ist Gott fr Israel; vor seinemAnspruch, den er in seinen Geboten diesem Volk vor Augenfhrte, erfolgte sein Zuspruch, sein gndiges Handeln an Israel.Der gndig rettende Gott ist zugleich der heilige, beanspruchendeGott, der die Erretteten in eine - in seine - Ordnung hineinnimmt- in eine Ordnung, die schon vor Grundlegung der Welt bestandund die jetzt fr die, die Gott gehren, Weisung und Lebenshilfeist. hnlich zeigt dies Paulus im Rmerbrief: Whrend er in denersten Kapiteln die voraussetzungslose Gnade Gottes, die ohneVerdienst gerecht macht (Rom 3,24), vor Augen fhrt, stellt erab Rmer 12 den Anspruch Gottes heraus, der diejenigen, die diefreie Gnade umsonst empfangen haben, in den Gehorsam gegen-ber Gott nimmt. Die Gnade Gottes ist keine billige Gnade, mitder die Beschenkten umgehen knnten, wie sie wollten, sonderndiese Gnade befreit und nimmt in Anspruch zugleich. Nach keinervon diesen beiden Seiten hin darf Gottes Gnade vereinseitigtwerden, sonst wird sie entweder zur billigen Gnade oder zumttenden Gesetz. Bereits die Zehn Gebote mit ihrem vielfachenDu sollst/du sollst nicht und ihrem Vorwort weisen daraufhin.
Wren die alttestamentlichen Zeiten nur Zeiten unbeugsamerGesetzesstrenge gewesen, so wre die ganze damalige Welt beiweitem weniger heiter gewesen, als wir sie in den alten Schriftenbeschrieben finden. Es htte keinen Abraham, den Freund Got-tes, gegeben; keinen David, den Mann nach dem Herzen Gottes;keinen Samuel, keinen Jesaja, keinen Daniel. Das elfte Kapiteldes Hebrerbriefes, diese Aufzhlung der Glaubenshelden desAlten Testamentes, wrde dunkel und leer dastehen. Die Gnademachte den Glauben in alttestamentlichen Tagen ebenso mglich,wie sie es heute tut.
Angefangen bei Abel ist bis zum heutigen Tage keiner auf eineandere Weise gerettet worden als durch Gnade. Seit die Mensch-heit aus dem Garten Eden vertrieben wurde, konnte kein MenschGottes Wohlgefallen wiedererlangen, auer durch die reine GteGottes. Wo immer einem Menschen Gnade widerfuhr, geschah esdurch Jesus Christus. Die Gnade kam durch ihn, aber sie wartetenicht auf seine Geburt in der Krippe oder auf seinen Tod
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am Kreuz, bevor sie zu wirken anfing. Christus ist ein Lamm, dasvon Grundlegung der Welt an geschlagen wurde. Der allerersteMensch, der wieder in die Gemeinschaft mit Gott gelangte, kamzu ihm durch den Glauben an Jesus. In frheren Zeiten blicktendie Menschen auf das zuknftige Erlsungswerk Christi, spterblickten sie darauf zurck. Doch immer kamen und kommen sieim Glauben durch Gnade.
Wir drfen nicht vergessen, da die Gnade Gottes unendlichund ewig ist. So wie sie keinen Anfang hat, kann sie auch keinEnde nehmen, und da sie eine Eigenschaft Gottes ist, ist sie sogrenzenlos wie die Unendlichkeit.
Statt sich anzustrengen, dies als eine theologische Tatsacheerfassen zu knnen, wre es besser und einfacher, die Gnade,Gottes mit unserem Bedrfnis zu vergleichen. Wir werden nie dieganze Ungeheuerlichkeit unserer Snde erkennen, und das istauch nicht ntig. Was wir aber erkennen knnen, ist, da da, wodie Snde mchtig geworden ist, die Gnade noch viel mchtigergeworden ist (Rom 5,20).
So zu sndigen, da die Snde mchtig wird, ist das Schlimm-ste, was wir tun knnen. Aber obwohl wir spren, da sich unsereSnden wie ein Riesenberg auftrmen, hat dieser Berg doch seineGrenze, indem er so hoch ist und nicht hher. Aber wer wollte diegrenzenlose Gnade Gottes definieren? Ihr viel mchtiger fhrtunsere Vorstellung in die Unendlichkeit, und hier hrt unserVerstehen auf. Hier knnen wir Gott nur noch danken fr dieGnade, die mchtiger ist als all unsere Snde!
Wir, die wir uns der Gemeinschaft mit Gott entfremdet fhlen,drfen zu unserer Ermutigung nunmehr das Haupt emporhebenund aufblicken. Durch den Opfertod Jesu Christi ist die Ursacheunserer Vertreibung beseitigt worden. Wir drfen als verloreneShne zurckkehren und finden bei Gott eine offene Tre. Wennwir uns dem Garten Eden, unserem Zuhause vor dem Sndenfall,nhern, stellen wir fest, da das flammende Schwert nicht mehr daist. Die Hter des Lebensbaumes treten vor einem Sohn derGnade zur Seite.
Kehre zurck, du Wanderer, kehre nun zurckUnd suche deines Vaters Angesicht;
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Jene neuen Verlangen, die in dir brennen,Wurden durch Seine Gnade entzndet.
Kehre zurck, du Wanderer, kehre nun zurck,Und wische die fallende Trne weg.Dein Vater ruft - trauere nicht lnger;Liebe ldt dich ein.
William Benco Collyer
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Kapitel 20
Die Liebe Gottes
Unser Vater, der Du bist im Himmel! Wir, Deine Kinder,sind oft bekmmert, weil wir in uns zur gleichen Zeit denZuspruch des Glaubens und die Anklage des Gewissenshren. Wir wissen nur zu gut, da in uns nichts ist, was dieLiebe eines so Heiligen und Gerechten, wie Du es bist,gewinnen knnte. Doch Du hast Deine unwandelbareLiebe zu uns in Christus Jesus bezeugt. Wenn nichts in unsDeine Liebe gewinnen kann, so kann auch nichts imUniversum Dich daran hindern, uns zu lieben. DeineLiebe ist unverdient und kommt aus freien Stcken. Duselbst bist der Grund fr die Liebe, mit der wir geliebtwerden. Hilf uns, an die Intensitt und die Ewigkeit derLiebe zu glauben, die uns gefunden hat. Dann wird dieLiebe die Furcht vertreiben, und unsere bekmmertenHerzen werden zum Frieden erhalten, indem wir nichtdarauf vertrauen, was wir sind, sondern darauf, was Duber Dich selbst gesagt hast. Amen.
Der Apostel Johannes schrieb vom Geist getrieben: Gott istLiebe, und manche haben seine Worte als eine definitive Aussa-ge ber das Wesen Gottes aufgefat. Das ist ein groer Irrtum.Johannes hat mit seinen Worten eine Tatsache bezeugt, aberniemals eine Definition angeboten.
Die Liebe mit Gott gleichsetzen zu wollen, ist absolut falsch,und dieser Fehler wurde zum Ursprung ungesunder Religionsphi-losophie und einer Flut von nebelhafter Poesie, die berhauptnicht mit der Heiligen Schrift bereinstimmen und aus einemanderen Klima stammen als das historische Christentum.
Htte der Apostel gesagt, da Liebe das ist, was Gott ist, wrenwir zu der Annahme gezwungen, da Gott das ist, was Liebe ist.Wenn Gott buchstblich Liebe ist, dann ist Liebe buchstblichGott, und wir mten die Liebe als den einzigen Gott anbeten,den es gibt. Wenn Liebe mit Gott gleich ist, dann ist Gott nur mit
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Liebe gleich, und Liebe und Gott wren identisch. Auf dieseWeise aber zerstren wir das Konzept der Persnlichkeit Gottesund leugnen alle seine Eigenschaften - mit einer Ausnahme, unddiese Ausnahme setzen wir an Gottes Stelle. Der Gott, den wirdamit verlassen haben, ist nicht der Gott Israels. Er ist nicht derGott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er ist nicht der Gottder Propheten und der Apostel. Er ist nicht der Gott der Heiligen,der Reformatoren und der Mrtyrer. Und er ist auch nicht derGott der Theologen und der Liederdichter der Gemeinde Jesu.
Wir mssen um der eigenen Seele willen lernen, die HeiligeSchrift zu verstehen. Wir mssen der Sklaverei der Worte entflie-hen und uns statt dessen treu an ihre Bedeutung halten. Wortesollen Gedanken zum Ausdruck bringen, aber nicht erzeugen.Wir sagen, da Gott Liebe ist. Wir sagen, da Gott Licht ist. Wirsagen, da Christus die Wahrheit ist. Und wir wollen solche Wortein hnlicher Weise verstanden wissen, wie wenn man von einemMann sagt: Er ist die Freundlichkeit selbst. Damit stellen wirkeinesfalls fest, da Freundlichkeit und dieser Mann identischsind, und niemand wrde unsere Worte in diesem Sinne ver-stehen.
Die Worte Gott ist Liebe bedeuten, da Liebe eine wesentli-che Eigenschaft Gottes ist. Liebe ist etwas, das auf Gott zutrifft,aber sie ist nicht Gott. Sie drckt die Art aus, wie Gott in seinemWesen ist, ebenso wie die Worte Heiligkeit, Gerechtigkeit, Treueund Wahrheit. Weil Gott unwandelbar ist, handelt er immer sichselbst entsprechend, und weil er eine Wesenseinheit ist, stellt ernie eine seiner Eigenschaften zurck, um eine andere zum Zugekommen zu lassen.
Von den anderen uns bekannten gttlichen Eigenschaftenknnen wir viel ber Gottes Liebe lernen. Aus der UnbedingtheitGottes zum Beispiel knnen wir schlieen, da seine Liebe keinenAnfang hat. Weil er ewig ist, kann seine Liebe auch kein Endehaben. Weil er unendlich ist, kennt sie keine Grenzen. Weil erheilig ist, ist sie die Quintessenz aller makellosen Reinheit. Weilerunermelich ist, ist seine Liebe ein unbegreiflich groer, grund-und uferloser Ozean, vor dem wir in beglcktem Schweigenniederknien und vor dem sich die schnsten Worte verwirrt undbeschmt zurckziehen mssen.
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Doch wenn wir Gott kennen und um anderer willen von ihmsprechen, so mssen wir versuchen, von seiner Liebe zu reden.Alle Glubigen haben das schon versucht, aber noch keiner hat eswirklich sehr gut gemacht. Ich vermag diesem gewaltigen undwundervollen Thema ebensowenig gerecht zu werden, wie einKind nach Sternen fassen kann. Aber es kann, indem es nacheinem Stern greifen will, die Aufmerksamkeit auf ihn lenken unddie Richtung angeben, in welche man schauen mu, um ihn zusehen. Wenn ich also von der herrlichen, leuchtenden LiebeGottes rede, wird vielleicht irgendjemand, der vorher noch nichtsvon ihr wute, dadurch ermutigt, nach oben zu blicken undHoffnung zu schpfen!
Wir wissen es nicht und werden vielleicht auch nie richtigwissen, was Liebe ist. Aber wir knnen wissen, wie sie sichkundtut, und das ist fr uns in diesem Zusammenhang genug.Zunchst einmal tut sie sich als Wohlwollen kund. Liebe will fralle das Gute, nie das Schlechte. Das erklrt die Worte desApostels Johannes: Furcht ist nicht in der Liebe, sondern dievollkommene Liebe treibt die Furcht aus (1 Jo 4,17b-18a). Furchtist das schmerzhafte Gefhl, das bei dem Gedanken, wir knntenSchaden nehmen oder mten leiden, entsteht. Diese Furchtdauert so lange an, wie wir dem Willen einer Person unterworfensind, die uns nicht wohlgesinnt ist. Sobald wir jedoch unter demSchutz eines Menschen, der uns positiv gesinnt ist, stehen, weichtdie Furcht. Ein in einem Warenhaus verlorengegangenes Kind istvoller Furcht, weil es die fremden Menschen um sich als Feindebetrachtet. In den Armen der Mutter ist alle Angst vergessen. DasWissen um das Wohlwollen der Mutter vertreibt die Furcht.
Die Welt ist voller Feinde, und solange wir der Mglichkeitausgesetzt sind, durch sie Schaden zu erleiden, ist Furcht unver-meidlich. Der Versuch, sie zu besiegen, ohne die Grnde zubeseitigen, ist ein nutzloses Unterfangen. Das Herz ist weiser alsdie Apostel der Gelassenheit. Solange wir in den Hnden desZufalls sind; solange wir mit Wahrscheinlichkeitsgesetzen rech-nen mssen; solange wir im Bestreben um das berleben aufunsere Fhigkeiten vertrauen mssen - so lange haben wir allenGrund, uns zu frchten. Und Furcht bringt Pein.
Zu wissen, da Gott Liebe ist, sich zu ihm zu flchten und sich
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auf den Arm des Geliebten zu sttzen - das und nichts andereskann die Furcht vertreiben. Man berzeuge einen Menschen, dafr ihn gar keine Gefahr besteht und ihm nichts schaden kann, sowird er augenblicklich alle Furcht vergessen. Wohl mag manchmalnoch eine natrliche Reaktion auf physischen Schmerz auftreten,aber das qulende Angstgefhl ist fr immer verschwunden. Gottist Liebe, und Gott ist souvern. Seine Liebe lt ihn unser ewigesWohlergehen wnschen, und seine Souvernitt befhigt ihn, esauch zu sichern.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib,
La fahren dahin!
Sie haben's kein Gewinn;
Das Reich mu uns doch bleiben.
Martin Luther
Gottes Liebe sagt uns, da er freundlich ist, und sein Wortversichert uns, da er unser Freund ist und uns zu seinen Freundenmachen mchte. Kein Mensch, der auch nur eine Spur Demutbesitzt, wrde von sich aus behaupten, ein Freund Gottes zu sein.Der Gedanke daran stammt nicht von Menschen. Abraham httenie gesagt: Ich bin Gottes Freund, sondern Gott selbst bezeich-net ihn als seinen Freund. Die Jnger htten wahrscheinlichgezgert, von einer Freundschaft zu Christus zu reden. Aber Jesussagte zu ihnen: Ihr seid meine Freunde. Whrend Bescheiden-heit bei einer solchen Vorstellung Bedenken uert, wagt es derkhne Glaube, dem Wort zu vertrauen und auf die FreundschaftGottes einzugehen. Wir ehren Gott viel mehr, wenn wir glauben,was er ber sich selbst gesagt hat, und den Mut haben, khn zumGnadenthron hinzutreten, als wenn wir uns in selbsterwhlterDemut hinter den Bumen des Gartens verstecken.
Liebe ist auch eine gefhlsmige Identifikation. Sie betrachtetnichts als ihr Eigentum, sondern verschenkt alles an den Gegen-stand ihrer Zuneigung. Das beobachten wir in unserer Welt vollMnner und Frauen ja immer wieder. Eine junge Mutter, abge-magert und mde, nhrt an ihrer Brust ein pummeliges, gesundesBaby. Ohne berhaupt daran zu denken, ihren eigenen Zustand
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beklagen zu knnen, blickt die Mutter mit stolzen und glcklichenAugen auf ihr Kind. Selbstlose Opfer sind fr die Liebe nichtsUngewhnliches. Christus sagte von sich: Niemand hat grereLiebe als die, da er sein Leben lt fr seine Freunde (Joh15,13).
Es ist eine seltsame und schne Eigenart des freien Gottes, daer sich emotional mit den Menschen identifizieren lt. Obwohl erselbstgengsam ist, will er unsere Liebe und ist nicht eher befrie-digt, als bis er sie bekommt. Obwohl er frei ist, hat er sein Herz aufimmer mit uns verbunden. Darin besteht die Liebe: nicht, dawir Gott geliebt haben, sondern da er uns geliebt hat und gesandtseinen Sohn zur Vershnung fr unsre Snden (1 Jo 4,10). Un-sere Seele wird in einer so besonderen Weise von ihm, demAllerhchsten, geliebt, sagt Julia von Norwich, da es dieErkenntnis aller Kreaturen bersteigt. Das heit: Es gibt keinGeschpf, das wei, wie sehr und wie zrtlich uns unser Schpferliebt. Und darum mgen wir mit seiner Gnade und Hilfe stillverharren in geistlichem Schauen, mit einem immerwhrendenStaunen ber diese hohe, berragende, unschtzbare Liebe, dieder allmchtige Gott in seiner Gte zu uns hat.26
Ein weiteres Merkmal der Liebe ist, da sie sich am Gegenstandihrer Zuneigung freut. Gott freut sich an seiner Schpfung. DerApostel Johannes sagt, da Gottes Absicht mit der Schpfung seineigenes Wohlgefallen war. Gott ist glcklich in seiner Liebe zuallem, was er gemacht hat. Wir knnen das Freudengefhl in denAussagen Gottes ber sein Werk nicht bersehen. Psalm 104 istein gttlich inspiriertes, von Glck berflltes Naturgedicht, dasimmer wieder das Wohlgefallen Gottes zum Ausdruck bringt.Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich, der Herr freue sichseiner Werke! (Ps 104,31).
Ganz besonders freut sich der Herr an seinen Heiligen. Vielestellen sich Gott etwa so vor: Er ist weit weg, schaut finster dreinund ist mit allem uerst unzufrieden. In apathischer Stimmungstarrt er auf eine Erde nieder, an der er schon lange sein Interesseverloren hat. Aber das ist eine irrige Vorstellung. Gewi, Gott hatdie Snde und kann sich niemals mit ihr abfinden. Aber woMenschen danach trachten, Gottes Willen zu tun, antwortet er mitechter Zuneigung. Christus hat durch sein Shnopfer die Schranke
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zur Gemeinschaft mit Gott beseitigt. Nunmehr sind alle anChristus glubigen Menschen Gegenstand der Freude Gottes.Denn der Herr, dein Gott, ist bei dir, ein starker Heiland. Erwird sich ber dich freuen und dir freundlich sein, er wird dirvergeben in seiner Liebe und wird ber dich mit Jauchzen frhlichsein (Zeph 3,17).
Im Buche Hiob lesen wir, da Gottes Schpfungswerk untermusikalischer Begleitung geschah. Wo warst du, fragt Gott, alsich die Erde grndete..., als mich die Morgensterne miteinanderlobten und jauchzten alle Gottesshne?
Aus Harmonie, aus himmlischer Harmonie
Begann dieses Universumsgefge.
Als die Natur als ein Haufen
Rasselnder Atome dalag
Und ihr Haupt nicht erheben konnte,
Wurde die klangvolle Stimme aus der Hhe vernommen:
Steht auf, ihr Ungeformten!
Da stellten sich Klte und Wrme, Nsse und Trockenheit
In ihren ordnungsgemen Platz
Und gehorchten der Kraft der Stimme.
Aus Harmonie, aus himmlischer HarmonieBegann dieses Universumsgefge:Von Harmonie zu Harmonie,So lief es um den ganzen Weltenkreis,Um sich als harmonisches Ganzes im Menschen zu voll-enden.
John Dryden
Musik ist sowohl ein Ausdruck wie auch eine Quelle derFreude. Und die Freude, die am reinsten ist und Gott am meistenentspricht, ist die Freude der Liebe. Die Hlle ist ein Ort, an demes keine Freude gibt, weil es dort keine Liebe gibt. Der Himmel istvoller Musik, weil er der Ort ist, an dem die Freuden heiligerLiebe im berflu vorhanden sind. Die Erde ist der Ort, an demdie Freuden mit Schmerz vermischt sind, weil es auf ihr Snde,Ha und Feindschaft gibt. In einer Welt wie der unsrigen muLiebe manchmal leiden, so wie Christus gelitten hat, als er sich fr
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die Seinen dahingab. Aber wir haben die gewisse Verheiung, dadie Ursachen des Leidens letzten Endes beseitigt werden und dadas neue Menschengeschlecht sich auf ewig einer Welt vollerselbstloser, vollkommener Liebe erfreuen wird.
Es liegt in der Natur der Liebe, da sie nicht unttig bleibenkann. Sie ist aktiv, schpferisch und wohlttig. Gott aber erweistseine Liebe zu uns darin, da Christus fr uns gestorben ist, als wirnoch Snder waren (Rom 5,8). Also hat Gott die Welt geliebt,da er seinen eingeborenen Sohn gab (Joh 3,16). So mu es sein,wo Liebe ist. Liebe mu geben, was immer es auch kostet. DieApostel tadelten die jungen Gemeinden scharf, weil einige ihrerGlieder das vergessen hatten und nur an sich selbst dachten,whrend ihre Brder in Not waren. Wenn aber jemand dieserWelt Gter hat und sieht seinen Bruder darben und schliet seinHerz vor ihm zu, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm? So schriebjener Johannes, der durch die Jahrhunderte hindurch als derJnger, den Jesus liebte, bekannt ist (1 Jo 3,17).
Die Liebe Gottes ist eine der groen Realitten des Univer-sums, ein Pfeiler, auf dem die Hoffnung der Welt ruht. Aber sie istauch etwas Persnliches, Intimes. Gott liebt nicht Bevlkerungen,er liebt Vlker. Er liebt nicht Massen, sondern Menschen. Er liebtuns alle mit einer mchtigen Liebe, die keinen Anfang hat undkein Ende haben kann.
Die christliche Glaubenserfahrung kennt einen hchst befriedi-genden Liebesinhalt, der sie von allen anderen Religionen unter-scheidet und weit ber die reinsten und edelsten Philosophienerhebt. Dieser Inhalt ihrer Liebe ist mehr als irgend etwas. Es istder inmitten seiner Gemeinde weilende und ber sein Volksingende Gott. Echte Glaubensfreude ist das harmonische Echodes Herzens auf den Liebesgesang des Herrn.
Ich bete an die Macht der Liebe,Die sich in Jesu offenbart;Ich geb mich hin dem freien Triebe,Wodurch ich Wurm geliebet ward;Ich will, anstatt an mich zu denken,Ins Meer der Liebe mich versenken.
Gerhard Tersteegen
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Kapitel 21
Die Heiligkeit Gottes
Ehre sei Gott in der Hhe! Wir preisen Dich, wir lobenDich, wir beten Dich an um Deiner groen Herrlichkeitwillen. Herr, ich redete Dinge, die ich nicht verstand,Dinge, zu wunderbar fr mich, als da ich sie begriff. Ichhatte von Dir vom Hrensagen vernommen, nun abersieht mein Auge Dich, und ich tue Bue in Staub undAsche. O Herr, ich will meine Hand auf meinen Mundlegen. Einmal habe ich geredet, ein zweites Mal und will'snicht wieder tun. Aber whrend ich nachdachte, branntedas Feuer. Ich mu von Dir reden, damit ich mit meinemSchweigen nicht gegen diese Generation Deiner Kindersndige.
Siehe, was tricht ist vor der Welt, hast Du erwhlt, damitDu die Weisen zuschanden machst, und was schwach istvor der Welt, um das, was stark ist, zuschanden zumachen. O Herr, vergi mich nicht. La mich DeineStrke und Deine Macht dieser Generation und jederzuknftigen bezeugen. Erwecke Propheten und Seher inDeiner Gemeinde, die Deine Herrlichkeit rhmen, undstelle durch Deinen allmchtigen Geist die Erkenntnis desHeiligen unter Deinem Volke wieder her. Amen.
Der Schock, den wir durch unsern furchtbaren Bruch mit demgttlichen Willen erlitten haben, hat in uns allen ein bleibendesTrauma zurckgelassen, das jedes Teil unseres Seins berhrt.Sowohl in uns wie in unserer Umwelt sitzt eine Krankheit.
Das Bewutsein seiner eigenen Verderbtheit kam wie ein Blitzvom Himmel ber den zitternden Jesaja in dem Moment, als er dieberwltigende Schau der Herrlichkeit Gottes empfing. Seinschmerzerfllter Schrei: Weh mir, ich vergehe! Denn ich binunreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinenLippen; denn ich habe den Knig, den Herrn Zebaoth, gesehenmit meinen Augen (Jes 6,5), drckt die Gefhle eines jeden aus,
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der sich selbst unter seiner Verkleidung erkannt hat und durch eininneres Schauen mit der heiligen Reinheit Gottes konfrontiertworden ist. Es kann gar nicht anders sein, als da eine solcheErfahrung von einer heftigen Gefhlsregung begleitet wird.
Bevor wir uns selbst nicht gesehen haben, wie Gott uns sieht,lassen wir uns nicht so leicht durch uere Umstnde aus der Ruhebringen; erst, wenn sie unseren bequemen Lebensstil bedrohen,werden wir aktiv. Wir haben gelernt, mit Unheiligkeit zu leben,und sind so weit gekommen, sie als etwas ganz Natrliches undAlltgliches zu betrachten. Wir sind nicht darber enttuscht, dawir nicht die ganze Wahrheit bei den Lehrern, Gewissenhaftigkeitbei den Politikern, Ehrlichkeit bei den Kaufleuten oder volleVertrauenswrdigkeit bei unsern Freunden finden. Um die Fort-dauer unserer Existenz zu sichern, erfinden wir Gesetze, um unsvor unsern Mitmenschen zu schtzen, und lassen es dabei be-wenden.
Weder der Verfasser noch der Leser dieses Buches ist von sichaus fhig, die Heiligkeit Gottes zu wrdigen. So etwas wie einneuer Kanal mu durch die Wste unseres Sinnes gegrabenwerden, damit das kstliche Wasser der Wahrheit, das unsereschwere Krankheit heilen will, hineinflieen kann. Wir erfassenden wahren Sinn gttlicher Heiligkeit nicht, indem wir einfach anetwas oder jemand sehr Reinen denken und dann diese Vorstel-lung im hchsten Mae veredeln. Gottes Heiligkeit ist keineunendliche Verbesserung des Besten, das wir kennen. Uns istetwas der gttlichen Heiligkeit hnliches gar nicht bekannt. Sie istetwas ganz Besonderes: einzigartig, unnahbar, unbegreiflich undunerreichbar. Der natrliche Mensch ist blind dafr. Er frchtetvielleicht Gottes Macht und bestaunt seine Weisheit, doch seineHeiligkeit kann er sich nicht einmal vorstellen.
Nur der Geist des Heiligen kann dem menschlichen Geist dieErkenntnis des Heiligen vermitteln. Aber wie der elektrischeStrom nur durch eine Leitung fliet, so fliet der Geist Gottesdurch die Wahrheit. Er mu ein gewisses Ma an Wahrheit imGeist eines Menschen vorfinden, ehe er das Herz erleuchten kann.Glaube wird nur durch die Stimme der Wahrheit geweckt. Sokommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch dasWort Christi (Rom 10,17). Theologisches Wissen ist gleichsam
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das Medium, durch welches der Geist ins menschliche Herzstrmt; aber es setzt demtige Reue voraus, bevor die WahrheitGlauben wecken kann. Der Geist Gottes ist der Geist derWahrheit. Es ist mglich, etwas von der Wahrheit im Kopf zuhaben, ohne den Geist im Herzen zu haben. Aber es ist unmg-lich, den Geist ohne die Wahrheit zu haben.
In seiner eingehenden Studie Das Heilige bringt Rudolf Ottobeachtenswerte Beweise fr das Vorhandensein einer Ahnung immenschlichen Geiste, da es in der Welt ein unbestimmtes,unfabares Etwas gibt, das Mysterium Tremendum, das furchtein-flende Geheimnisvolle, welches das Universum umfat unddurchdringt. Dieses ist ein Schrecken hervorbringendes Etwas,das nie verstandesmig wahrgenommen, sondern nur in denTiefen des Menschengeistes erahnt und erfhlt werden kann. Esbesteht weiter als ein bleibender religiser Instinkt, ein Gefhl frjene namenlose, unauffindbare Gegenwart, die quecksilber-gleich in den Adern der Schpfung pulst und manchmal denVerstand wie betubt, indem es diesem mit einer bernatrlichen,berverstandesmigen Kundgebung seiner selbst gegenbertritt.Der von ihm berwltigte Mensch wird ganz klein und kann nurzittern und schweigen.
Dieser nicht aus der Vernunft stammende Schrecken, dieseAhnung eines nichtkreatrlichen Weltgeheimnisses, bildet denUrgrund aller Religionen. Die reine Religion, wie wir sie in derBibel finden, existiert ebenso wie der niedrigste Animismus desnackten Eingeborenen nur deshalb, weil der menschlichen Naturdieser grundlegende Instinkt innewohnt. Der Unterschied zwi-schen der Religion eines Jesaja oder Paulus und der des Animistenbesteht natrlich darin, da der eine die Wahrheit hat und derandere nicht; letzterer besitzt lediglich den ahnungsvollen In-stinkt. Er fhlt einen unbekannten Gott. Ein Jesaja aber und einPaulus haben den wahren Gott durch seine Selbstuerung in derHeiligen Schrift gefunden.
Das Erahnen des groen Mysteriums ist fr die menschlicheNatur grundlegend und fr den Glauben unentbehrlich, aber siegengt nicht. Wohl lt sie die Menschen flstern: Diesesfrchterliche Etwas! Aber sie rufen nicht aus: Du mein Heili-ger! In der jdischen wie auch in der christlichen Bibel setzt Gott
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seine Selbstoffenbarung fort und macht sich persnlich bekannt.Seine Gegenwart wird nicht als ein Etwas, als ein Ding dargestellt,sondern als ein persnliches Wesen mit allen Eigenschaften einerechten Persnlichkeit. Ja, noch mehr: Dieses Wesen ist vollGerechtigkeit, Reinheit, Geradheit und unbegreiflicher Heilig-keit. Und in alledem ist er unerschaffen, gengt sich selbst und istweder mit dem menschlichen Denkvermgen zu erfassen noch mitdem menschlichen Sprach vermgen auszudrcken.
Durch die Selbstoffenbarung Gottes in der Heiligen Schrift unddurch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gewinnt der Glubigealles und verliert nichts. Seiner Gottesvorstellung wird das Dop-pelkonzept von Persnlichkeit und sittlichem Charakter hinzuge-fgt. Das ursprngliche Empfinden von Staunen und Ehrfurcht inder Gegenwart des welterfllten Mysteriums aber bleibt. Heutehpft vielleicht sein Herz, und er ruft vor lauter Freude: Abba,lieber Vater, mein Herr und mein Gott! Morgen kniet ervielleicht mit verzcktem Zittern nieder, um den Hohen undErhabenen, dessen Wohnung die Ewigkeit ist, zu bestaunen undanzubeten.
Heiligkeit ist Gottes Art. Um heilig zu sein, richtet er sich nichtnach einem Mastab. Er selbst ist sich der Mastab. Seineabsolute Heiligkeit ist von einer unendlichen, unfabaren Rein-heitsflle, die unfhig ist, etwas anderes zu sein, als sie ist. Weil erheilig ist, sind auch alle seine Eigenschaften heilig. Das heit,alles, was wir Gott zuschreiben, mssen wir uns heilig vorstellen.
Gott ist heilig, und er hat Heiligkeit zur moralischen Bedingungfr das Wohl seines Universums gemacht. Die einstweilige Gegen-wart der Snde in der Welt betont dies nur. Was heilig ist, ist auchgesund. Das Bse ist eine Krankheit, die schlielich zum Todefhren mu. Auch im Sprachlichen kommt das zum Ausdruck, hatdoch das Wort heilig die gleiche sprachliche Wurzel wie das Wortheil, das soviel wie gesund, ganz, bedeutet.
Da es Gott im Blick auf seine Welt in erster Linie um derenbereinstimmung mit seiner Lebensordnung, das heit um Hei-ligkeit, geht, zieht alles, was im Gegensatz dazu steht, sein ewigesMifallen auf sich. Um seine Schpfung zu erhalten, mu Gottalles zunichte machen, was diese zerstren wrde. Wenn er sicherhebt, um der Snde entgegenzutreten und die Welt vor einem
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nicht wiedergutzumachenden Zusammenbruch zu retten, dannwird er in der Bibel als zornig beschrieben. Jedes Zorngericht inder Weltgeschichte stellt einen heiligen Akt der Erhaltung dar.Die Heiligkeit Gottes, der Zorn Gottes und das Wohl derSchpfung sind unzertrennbar vereint. Gottes Zorn ist seinevllige Unduldsamkeit allem gegenber, was verdirbt und zer-strt. Er hat die Snde, wie eine Mutter die Krankheit hat, diedas Leben ihres Kindes bedroht.
Gottes Heiligkeit ist absolut und kennt keine Abstufungen. Dasist etwas, das er nicht auf seine Geschpfe bertragen kann. Aberes gibt eine relative und bedingte Heiligkeit, die er sowohl seinenEngeln und Seraphim im Himmel wie auch erlsten Menschen aufErden schenkt, und zwar durch Zurechnung und Mitteilung. Weiler sie ihnen zugnglich gemacht hat durch das Blut des Lammes,fordert er sie auch von ihnen. Zuerst zu Israel und spter zu seinerGemeinde sagte Gott: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig(3 Mo 19,2; 1 Petr 1,16). Er sagte nicht: Seid heilig, wie ich heiligbin, denn das hiee, von uns absolute Heiligkeit zu verlangen,die ja nur Gott allein besitzt. Vor dem unerschaffenen Feuer dergttlichen Heiligkeit verhllen die Engel ihr Antlitz. Nicht einmaldie Himmel und die Sterne sind rein vor seinem Angesicht. Keinehrlicher Mensch kann behaupten: Ich bin heilig. Aber ebenso-wenig ist ein ehrlicher Mensch bereit, die ernsten Worte desinspirierten Schreibers zu ignorieren: Jagt dem Frieden nach mitjedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehenwird (Hebr 12,14).
Was sollen wir Glubigen in diesem Dilemma, in dem wir unsbefinden, tun? Wir mssen uns, hnlich wie Mose, mit Glaube undDemut bedecken, whrend wir einen raschen Blick auf den Gottwerfen, den kein Mensch sehen und dabei am Leben bleibenkann. Das zerbrochene und zerschlagene Herz wird er nichtverachten. Wir mssen unsere Unheiligkeit in den WundenChristi verbergen, so wie Mose sich in der Felsenkluft verbarg,whrend die Herrlichkeit Gottes an ihm vorberzog. Wir mssenvon Gott zu Gott flchten. Vor allem jedoch mssen wir glauben,da Gott in uns seinem Sohn als vollkommen ansieht. Danebenzchtigt und reinigt er uns, damit wir Teilhaber seiner Heiligkeitsind.
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Durch Glauben und Gehorsam, durch anhaltendes Nachden-ken ber die Heiligkeit Gottes, durch Gerechtigkeitsliebe undSndenabscheu, durch wachsende Vertrautheit mit dem Geisteder Heiligkeit knnen wir in der Gemeinschaft der Heiligen aufErden leben und uns fr das ewige Leben vorbereiten. Auf dieseWeise haben die Glubigen, wenn sie sich versammeln, sozusageneinen Himmel, in dem sie sich auf den Himmel vorbereiten.
Wie erhaben ist Deine Allgegenwart,
Du ewiger Herr!
Von gebeugten Seelen wird sie Tag und Nacht
Ohne Unterla gepriesen.
Wie schn, wie schn
Mu es sein, Dich zu sehen,
Deine endlose Weisheit, grenzenlose Macht
Und ehrfurchterregende Reinheit!
Ach, wie ich Dich frchte, lebendiger Gott!Mit tiefsten ngsten, mit zitternder HoffnungUnd mit bufertigen Trnen bete ich Dich an.
Frederick W. Faber
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Kapitel 22
Die Souvernitt Gottes
Wer sollte Dich, o Gott, Herr der Heerscharen, nichtfrchten? Denn Du allein bist Gott. Du hast den Himmelund des Himmels Himmel gemacht, die Erde und alles,was darauf ist, und in Deiner Hand ist alles, was lebt. Duhast Deinen Thron ber der Flut und bleibst Knig inEwigkeit. Du bist ein groer Knig ber alle Welt. Du bistmit Macht bekleidet, Hoheit und Pracht sind vor Dir.Amen.
Gottes Souvernitt ist jene Eigenschaft, durch die er seineganze Schpfung regiert. Um der souverne Gott zu sein, mu erallwissend, allmchtig und absolut frei sein. Die Grnde dafrsind die folgenden:
Wre auch nur ein noch so kleines Wissensdatum Gott unbe-kannt, wrde seine souverne Herrschaft an diesem Punkt zusam-menbrechen. Um Herr ber die ganze Schpfung sein zu knnen,mu er alles Wissen besitzen. Fehlte Gott nur ein kleines Krn-chen Macht, so wrde dieser Mangel seine absolute Herrschaftbeenden und sein Knigreich zugrunde richten. Wrde dieses eineFnkchen Macht jemand anders gehren, so bte Gott nur einebegrenzte Herrschaft aus und wre darum nicht souvern.
Des weiteren erfordert seine Souvernitt, da er absolut freiist. Das bedeutet einfach, er mu frei sein, alles zu tun, was, wound wie er will, um seinen ewigen Plan bis ins letzte Detail undohne Einmischung auszufhren. Wrde er weniger als absolut freisein, wre er weniger als souvern.
Die Vorstellung uneingeschrnkter Freiheit bentigt eine krf-tige Anstrengung des Verstandes. Wir sind psychisch nicht sobeschaffen, da wir Freiheit verstehen knnten, es sei denn inunvollkommener Art. Unsere Vorstellung von Freiheit wurde ineiner Welt geformt, in der keine absolute Freiheit existiert. Hierhngt jedes natrliche Ding von vielen anderen Dingen ab, unddiese Abhngigkeit schrnkt ihre Freiheit ein.
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Am Anfang seines Prelude freut sich Wordsworth, da er derStadt, in der er lange eingesperrt war, entronnen und nun frei,frei wie ein Vogel ist, um sich niederzulassen, wo ich will. Aberfrei wie ein Vogel zu sein heit noch nicht, vllig frei zu sein. DerNaturkundige wei, da der vermeintlich freie Vogel sein ganzesLeben lang in einem aus Furcht, Hunger und Instinkten bestehen-den Kfig lebt. Er ist eingeschrnkt durch Wetterverhltnisse,unterschiedlichen Luftdruck, rtliche Futtermglichkeiten,Raubtiere und - die seltsamste aller Fesseln - den unwiderstehli-chen Drang, innerhalb seines gewohnten kleinen Lebensraumeszu bleiben. Auch der freieste Vogel steht, wie alles andereErschaffene, unter stndiger Kontrolle durch ein ganzes Netz vonNotwendigkeiten. Nur Gott ist wirklich frei.
Gott ist absolut frei, weil nichts und niemand ihn hindern,zwingen oder aufhalten kann. Er kann immer, berall und aufewig tun, was ihm gefllt. Ein solches Freisein ist bedingt durchden Besitz universaler Autoritt. Da Gott unbegrenzte Machthat, wissen wir von der Bibel und wir knnen es auch ausbestimmten anderen Eigenschaften ableiten. Aber wie steht es mitseiner Autoritt?
ber die Autoritt des allmchtigen Gottes zu diskutierenerscheint ein wenig sinnlos, und sie in Frage zu stellen wreabsurd. Knnen wir uns den Herrn der Heerscharen vorstellen,wie er jemanden um Erlaubnis bittet oder eine hhere Instanz umetwas ersucht? Von wem sollte er Erlaubnis erbitten? Wer isthher als der Allerhchste? Wer ist mchtiger als der Allmchti-ge? Wessen Stellung ist der des Ewigen vorrangig? An wessenThron wrde Gott knien? Wer ist der Grere, an den er sichwenden mte? So spricht der Herr, der Knig Israels, und seinErlser, der Herr Zebaoth: Ich bin der Erste, und ich bin derLetzte, und auer mir ist kein Gott (Jes 44,6).
Die Souvernitt Gottes ist eine biblisch gesicherte Tatsacheund ergibt sich auch ohne weiteres aus der Logik der Wahrheit.Doch es tauchen zugegebenermaen gewisse Probleme auf, diebis zum heutigen Tage noch nicht zufriedenstellend gelst wordensind, vor allem die beiden folgenden.
Das erste ist die Frage nach der Existenz gewisser Bestandteileder Schpfung, die Gott nicht billigen kann, wie zum Beispiel
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Bses, Leid und Tod. Wenn Gott souvern ist, so htte er dochihre Entstehung verhindern knnen! Warum tat er es nicht?
Das Zendavesta, das heilige Buch des Parsismus, einer auer-biblischen Religion, hat dieses Problem ziemlich geschickt umgan-gen, indem es einen theologischen Dualismus fordert. Es gab zweiGtter, Ormuzd und Ahriman, und diese beiden erschufen dieWelt. Der gute Gott Ormuzd machte alle guten Dinge, und derbse Gott Ahriman machte das brige. Es war ganz einfach.Ormuzd mute sich nicht um Souvernittsfragen kmmern undhatte offensichtlich nichts dagegen, seine Vorrechte mit einemanderen zu teilen.
Dem Christen gengt diese Erklrung nicht, denn sie wider-spricht eindeutig der von der ganzen Bibel nachdrcklich gelehr-ten Wahrheit, da es nur einen Gott gibt und da dieser alleinHimmel, Erde und alles, was darin ist, geschaffen hat. GottesEigenschaften sind so absolut, da sie die Existenz eines anderenGottes unmglich machen. Der Christ gibt zu, die endgltigeAntwort auf das Rtsel der Existenz des Bsen nicht zu haben,aber er wei, wie die Antwort nicht lautet. Und er wei auch, dadas Zendavesta sie ebenfalls nicht besitzt.
Auch wenn wir keine vollstndige Erklrung fr den Ursprungder Snde kennen, so gibt es doch einige Dinge, die uns bekanntsind. Gott in seiner souvernen Weisheit erlaubt dem Bsen, inabgegrenzten Zonen seiner Schpfung zu existieren, sozusagen alsflchtiger Gechteter, dessen Treiben zeitlich und umfangmigbeschrnkt ist. Damit handelte Gott gem seiner unendlichenWeisheit und Gte. Mehr als das wei gegenwrtig niemand, undmehr als das braucht auch niemand zu wissen. Der Name Gottesist ausreichende Garantie fr die Vollkommenheit seiner Werke.
Ein anderes echtes Problem, das sich aus der Lehre dergttlichen Souvernitt ergibt, bezieht sich auf den Willen desMenschen. Wenn Gott seine Welt mit souvernen Verfgungenregiert, wie kann dann der Mensch einen freien Willen haben?Und wenn der Mensch keine Entscheidungsfreiheit besitzt, wiekann er dann fr sein Verhalten verantwortlich gemacht werden?Ist er in solchem Fall nicht nur eine Marionette, deren Handlun-gen von einem Gott bestimmt werden, der sich hinter den Kulissenbefindet und die Fden zieht, wie es ihm gefllt?
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Der Versuch, diese Fragen zu beantworten, hat die christlicheGemeinde in zwei Lager getrennt, die nach zwei hervorragendenTheologen benannt sind: Jakobus Arminius und Johannes Calvin.Die meisten Christen geben sich damit zufrieden, zum einen oderandern Lager zu gehren und sprechen entweder Gott seineSouvernitt oder dem Menschen seinen freien Willen ab. Esscheint jedoch mglich, diese zwei Standpunkte miteinander zuvershnen, ohne dem einen oder dem andern Gewalt anzutun,obwohl der im folgenden angefhrte Versuch nach Auffassung derAnhnger des einen oder des anderen Lagers sich als unzulnglicherweisen mag.
Ich sehe es so: Gott hat souvern erklrt, da der Menschmoralische Entscheidungsfreiheit haben soll. Der Mensch hat sichvon Anfang daran gehalten, indem er seine Wahl zwischen Gutund Bse traf. Wenn er sich entscheidet, das Bse zu tun, wirkt erdamit nicht dem souvernen Willen Gottes entgegen, sondern hltsich an die Mglichkeit, die ihm der Wille Gottes offenlt. Denndie gttliche Anordnung hat nicht bestimmt, welche Wahl derMensch zu treffen hat, sondern da er frei sein soll, seine Wahl zutreffen. Wenn Gott es in seiner absoluten Freiheit fr richtig hielt,dem Menschen eine beschrnkte Freiheit zu gewhren, wer sollteihn dann daran hindern oder sagen: Was tust du? Des MenschenWille ist frei, weil Gott souvern ist. Ein Gott, der wenigersouvern ist, knnte seine Geschpfe nicht mit moralischer Frei-heit ausstatten. Er wrde sich davor frchten.
Ein einfaches Beispiel mag uns helfen, das besser zu verstehen.Ein Ozeandampfer verlt New York und nimmt Kurs aufHamburg. Sein Bestimmungshafen ist von den zustndigen Be-hrden festgelegt worden, niemand kann ihn ndern. Dies soll einBeispiel fr Souvernitt sein.
An Bord des Schiffes befindet sich eine ganze Anzahl vonPassagieren. Sie sind weder in Ketten gelegt, noch ist ihnen ihrTun vorgeschrieben. Sie sind vllig frei und knnen sich bewegen,wie es ihnen beliebt. Sie essen, schlafen, spielen, spazieren aufdem Deck, lesen, unterhalten sich - so wie sie es gerne mchten.Doch whrend all diesem Tun trgt sie der Ozeandampfer unauf-haltsam dem vorherbestimmten Hafen entgegen.
Hier ist beides vorhanden, Freiheit und Souvernitt, und sie
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widersprechen sich nicht. So verhlt es sich meiner Ansicht nachmit der menschlichen Entscheidungsfreiheit und der SouvernittGottes. Der mchtige, nach Gottes Plan gebaute Ozeanrieseverfolgt unaufhrlich seinen Kurs auf dem Meer der Geschichte.Gott wirkt ungestrt und unbehindert auf die Erfllung jenerewigen Plne hin, die er in Christus Jesus fate, ehe die Welt zuexistieren begann. Wir wissen nicht alles, was in diesen Plnenenthalten ist. Immerhin ist uns so viel enthllt worden, da wireine grobe bersicht ber die kommenden Dinge besitzen undberechtigte Hoffnung und feste Zuversicht auf unser zuknftigesWohl haben.
Wir wissen, da Gott jede den Propheten gegebene Verheiungerfllen wird. Wir wissen, da die Erde eines Tages von Sndernbefreit wird. Wir wissen, da eine erlste Schar zur Freude Gotteseingehen wird und da die Gerechten leuchten werden im Reicheihres Vaters. Wir wissen, da Gottes vollkommenes Tun noch denBeifall aller finden wird; da alle erschaffenen intelligentenWesen Jesus Christus angehren werden zur Ehre Gottes desVaters; da die gegenwrtige unvollkommene Ordnung abgelstwird und ein neuer Himmel und eine neue Erde, die nichtvergehen, gegrndet werden.
Auf all das wirkt Gott hin mit unendlicher Weisheit undvollkommener Genauigkeit in seinen Handlungen. Niemand kannihn von seinen Absichten abbringen. Da er allwissend ist, kann esfr ihn keine unvorhergesehenen Umstnde und keinen Zufallgeben. Weil er souvern ist, kann es kein Widerrufen seinerBefehle geben. Und weil er allmchtig ist, kann es ihm nicht anMacht fehlen, um seine Ziele zu erreichen. Gott gengt sich selbstin allen diesen Dingen.
Trotzdem verluft nicht alles so glatt, wie es diese knappeDarstellung vermuten liee. Das Bse ist bereits am Werk. Aufdem weiten Felde des souvernen, jedoch zulassenden WillensGottes tobt weiterhin der tdliche Konflikt zwischen Gut undBse, und zwar mit zunehmender Heftigkeit. Gott wird seineAbsichten inmitten von Sturm und Wirbelwind durchsetzen; aberSturm und Wirbelwind sind auch fr uns eine Wirklichkeit, und alsverantwortliche Wesen mssen wir unsere Wahl in der gegenwr-tigen Situation treffen.
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Bestimmte Dinge sind nach dem freien Vorsatz Gottes verfgtworden, und eines davon ist das Gesetz von Entscheidung undKonsequenzen. Gott hat bestimmt, da alle, die sich im Glaubens-gehorsam seinem Sohn Jesus Christus bereignen, ewiges Lebenempfangen und Shne Gottes werden. Er hat ebenso bestimmt,da alle, die die Finsternis lieben und in ihrer Auflehnung gegenseine Autoritt verharren, weiterhin in einem Zustand geistlicherEntfremdung bleiben und einst den ewigen Tod erleiden.
Wenn wir die ganze Sache auf die individuelle Ebene bringen,gelangen wir zu einigen wesentlichen und sehr persnlichenSchlufolgerungen. Wer in dem jetzt tobenden geistlichen Kampfum uns her auf Gottes Seite steht, ist auf der Seite des Siegers undkann nicht verlieren. Wer auf der andern Seite steht, ist auf derVerliererseite und kann nicht gewinnen. Hier gibt es keinenZufall, kein Glcksspiel. Wir haben die Freiheit, uns fr die eineoder fr die andere Seite zu entscheiden. Aber wir haben nicht dieFreiheit, ber die Konsequenzen der von uns getroffenen Wahl zuverhandeln. Durch Gottes Gnade knnen wir wohl ber einefalsche Wahl Bue tun und die Folgen durch eine neue undrichtige Wahl ndern, aber darber hinaus knnen wir nichtgehen.
Die ganze Angelegenheit der persnlichen Entscheidung be-sitzt ihren Angelpunkt in Jesus Christus. Er hat deutlich festge-stellt: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich (Mt 12,30) und:Niemand kommt zum Vater denn durch mich (Joh 14,6). DasEvangelium vereinigt drei Elemente: die Verkndigung, einenBefehl und einen Ruf. Es verkndigt die gute Nachricht von deraus Gnaden vollbrachten Erlsung; es gebietet allen Menschenberall, Bue zu tun; und es ruft alle Menschen auf, sich denBedingungen der Gnade zu stellen, indem sie an Jesus Christus alsan ihren Herrn und Heiland glauben.
Wir alle mssen uns entscheiden, ob wir dem Evangeliumgehorsam werden oder uns im Unglauben von Gott abwenden undseine Autoritt ablehnen. Die Entscheidung liegt bei uns, aber dieKonsequenzen der Entscheidung stehen aufgrund des souvernenWillens Gottes bereits fest und sind unabnderlich.
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Der Herr kam von oben herab
Und beugte den hohen Himmel nieder.
Unter Seine Fe warf Er
Die Finsternis des Himmelsgewlbes.
Auf Cherubim und SeraphimRitt er voll kniglicher Wrde.Auf den Rgein mchtiger WindeKam Er von weit her.
Er sa gelassen auf den Ruten,
Um ihr Toben zu zhmen;
Und Er, der allerhchste Herr und Knig,
Wird auf ewig herrschen.
Thomas Sternhold
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Kapitel 23
Das offene Geheimnis
Vom Standpunkt der Ewigkeit aus betrachtet besteht wohl diedringendste Notwendigkeit darin, die Gemeinde aus ihrer baby-lonischen Gefangenschaft zurckzubringen, damit der NameGottes in ihrer Mitte verherrlicht werde wie in frheren Zeiten.Wir drfen uns jedoch die Gemeinde nicht als eine anonymeKrperschaft und als eine mystische religise Abstraktion vorstel-len. Wir glubigen Christen sind die Gemeinde, und alles, was wirtun, das tut die Gemeinde. Deshalb geht die Sache uns alle ganzpersnlich an. Jeder Schritt nach vorn mu beim einzelnenbeginnen.
Was knnen wir einfachen Glubigen, tun, um die von unsgewichene Herrlichkeit zurckzubringen? Gibt es ein Geheimnis,das wir erlernen knnen? Gibt es ein auf die gegenwrtigeSituation und auf uns selbst anwendbares Rezept fr eine persnli-che Erweckung? Die Antwort auf diese Fragen ist ein Ja.
Dennoch wird die Antwort manche vielleicht enttuschen, dennsie ist alles andere als tief. Ich habe keinen esoterischenGeheimtext, keinen mystischen Code anzubieten, der erst mh-sam entschlsselt werden mu. Ich appelliere weder an einverborgenes Gesetz des Unterbewutseins noch an ein verborge-nes, nur fr ein paar Auserwhlte bestimmtes Wissen. Es ist einoffenes Geheimnis, das jeder zu lesen vermag. Es ist einfach deralte und ewig neue Rat: So vertrage dich nun mit Gott. Um ihreverlorengegangene Kraft wiederzuerlangen, mu die Gemeindeden Himmel wieder offen sehen und ein verwandelndes SchauenGottes erleben.
Aber der Gott, den wir schauen mssen, ist nicht der Ntzlich-keitsgott, der sich heute so groer Beliebtheit erfreut und dieAufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht, weil er die Fhig-keit besitzt, ihnen fr die verschiedensten Unternehmungen Er-folg zu schenken und darum von allen, die etwas von ihm wollen,umschmeichelt wird. Der Gott, mit dem wir uns vertragen sollen,ist die himmlische Majestt, Gott, der allmchtige Vater, Schp-
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fer des Himmels und der Erde, der allein weise Gott und unserHeiland. Er ist es, der ber dem Erdkreis thront; der die Himmelwie ein Tuch ausgebreitet hat und darin wie unter einem Zeltwohnt; der die Sterne vollzhlig herausfhrt und sie alle durch dieGre seiner Macht mit Namen ruft; der die Eitelkeit derMenschenwerke sieht und weder sein Vertrauen auf Frsten setzt,noch Knige um Rat fragt.
Die Erkenntnis eines solchen Wesens kann man nicht durchStudium allein erlangen. Man erfhrt sie durch eine Weisheit, vonder ein natrlicher Mensch nichts wei, noch wissen kann, dennsie mu geistlich wahrgenommen werden. Gott zu erkennen ist dieleichteste und zugleich schwerste Sache der Welt. Es ist leicht,weil die Erkenntnis nicht durch schwere Arbeit des Geistesgewonnen wird, sondern eine freie Gabe Gottes ist. Wie dasSonnenlicht auf das freie Feld fllt, so ist die Erkenntnis desheiligen Gottes eine freie Gabe an alle Menschen, die dafr offensind. Aber dies zu erkennen ist auch schwer, weil bestimmteBedingungen erfllt werden mssen, die die widerspenstige Naturdes gefallenen Menschen nicht so leicht akzeptiert.
Eine kurze Zusammenfassung dieser Bedingungen, wie sie dieBibel lehrt und wie sie durch die Jahrhunderte durch gottgeweihteHeilige bekrftigt wurde, sieht so aus:
Erstens: Wir mssen von der Snde lassen. Die berzeugung,da der heilige Gott von Menschen, die bewut ein schlechtesLeben fhren, nicht erkannt werden kann, ist der christlichenReligion nicht neu. Das jdische Buch Die Weisheit Salomos -viele Jahre lter als das Christentum - enthlt folgende Stelle:Liebt Gerechtigkeit, ihr Richter der Erde. Denkt an den Herrnmit einem guten Herzen und sucht ihn in Einfalt des Herzens.Denn er lt sich von denen finden, die ihn nicht versuchen, undzeigt sich solchen, die ihm vertrauen. Trotzige Gedanken trennenvon Gott, und seine Macht, wenn sie herausgefordert wird, schiltden Un weisen. Weisheit zieht in eine bswillige Seele nicht einund wohnt auch nicht in einem Leibe, der der Snde Untertan ist.Denn der heilige Geist der Zucht flieht Unrecht und zieht sich vonunvernnftigen Absichten zurck und wird nicht bleiben, wennUngerechtigkeit einzieht. Derselbe Gedanke findet sich auch inverschiedenen Stellen der Bibel. Die bekannteste von ihnen ist
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wohl das Wort Jesu: Selig sind, die reinen Herzens sind; denn siewerden Gott schauen (Mt 5,8).
Zweitens: Es bedarf einer vollstndigen, glaubensvollen Aus-lieferung des ganzen Lebens an Christus. Das heit: an Christuszu glauben. Es schliet eine willens- und gefhlsmige Bindungan ihn ein, und dazu gehrt der feste Entschlu, ihm in allenDingen gehorsam zu sein. Wir mssen seine Gebote halten, unserKreuz tragen und Gott sowie unsere Mitmenschen lieben.
Drittens: Wir mssen uns fr solche halten, die der Sndegegenber gestorben sind und nun in Christus Jesus fr Gottleben. Dazu kommt die ffnung unserer ganzen Persnlichkeit,damit der Heilige Geist Einzug halten kann. Dann mssen wir inSelbstzucht unseren Wandel im Geist fhren und die Herrschaftber die Lste des Fleisches erringen.
Viertens: Wir mssen unerschrocken die billigen Werte dergefallenen Welt ablehnen, uns innerlich vollstndig von allemlsen, wonach die Unglubigen trachten, und uns nur an jenenFreuden der Natur ergtzen, die Gott fr die Gerechten undUngerechten bereitet hat.
Fnftens: Wir mssen die Kunst des ausdauernden und vonLiebe getragenen Meditierens ber die Majestt Gottes praktizie-ren. Das wird einige Anstrengung kosten; denn der Majesttsbe-griff ist der Menschheit praktisch abhanden gekommen. ImBrennpunkt menschlichen Interesses steht jetzt der Menschselbst. Der Humanismus in seinen verschiedenen Formen hat denPlatz der Theologie als Schlssel zum Lebensverstndnis einge-nommen. Als Swinburne, ein Dichter aus dem 19. Jahrhundert,schrieb: Ehre sei dem Menschen in der Hhe! Denn der Menschist der Herr aller Dinge, beschenkte er die moderne Welt mitihrem neuen Te Deum. Das alles mu durch einen bewuten Aktdes Willens eine Umkehrung erfahren und dann mit Hilfe geduldi-ger Geistesarbeit so bleiben.
Gott ist eine Person, die wir persnlich immer besser kennenler-nen knnen, indem wir unsere Herzen fr diese wunderbareErfahrung ffnen. Es kann sein, da wir unsere bisherigenGottesvorstellungen dann, wenn das Licht, das die Heilige Schriftdurchstrahlt, auch ber unserem inwendigen Leben aufgeht,ndern mssen. Es kann sein, da wir auch in aller Stille und
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Gnade mit dem leblosen Buchstabenglauben brechen mssen, deroft unter Christen vorherrscht; da wir uns gegen den oberflchli-chen Charakter vieler Dinge auflehnen mssen, die bei uns alsChristentum gelten. Dadurch verlieren wir vielleicht Freunde undhandeln uns vorbergehend den Ruf ein, heiliger als die andernsein zu wollen. Aber wer sich in solchen Dingen von der Angst vorunangenehmen Konsequenzen beeinflussen lt, der ist nichttauglich fr das Reich Gottes.
Sechstens: Indem die Erkenntnis Gottes immer wunderbarerwird, wird fr uns auch ein vermehrter Dienst an unseren Mitmen-schen unumgnglich. Diese wunderbare Erkenntnis ist uns nichtgegeben, damit wir uns selbstschtig daran erfreuen. Je besser wirGott kennen, desto mehr werden wir den Wunsch verspren, dieneugefundene Erkenntnis in barmherzige Taten umzusetzen.Whrend wir Gott besser kennenlernen, will er, der uns allesgegeben hat, nun auch durch uns geben.
Bis hierhin haben wir uns mit der persnlichen Beziehung deseinzelnen zu Gott befat. Aber jede vermehrte Gotteserkenntniswird sich bald auch auf die christliche Gemeinschaft auswirken.Darum mssen wir darauf bedacht sein, unser zunehmendes Lichtmit den anderen Bewohnern des Hauses Gottes zu teilen.
Dies knnen wir am besten tun, indem wir die Majestt Gottesvllig in den Brennpunkt aller unserer ffentlichen Zusammen-knfte stellen. Nicht nur unsere Gebete im stillen Kmmerleinsollten von Gott erfllt und durchdrungen sein, sondern inunserem Zeugen, Singen, Predigen und Schreiben mu unserheiliger Herr der Mittelpunkt sein, und alles soll stets die Verherr-lichung seiner groen Wrde und Macht zum Ziele haben. ZurRechten der himmlischen Majestt sitzt der verherrlichte Men-schensohn und vertritt uns in aller Treue. Unser Platz ist innchster Zeit noch unter den Menschen; lat uns hier treueReprsentanten Jesu sein!
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Anmerkungen
Nicholas of Cusa (Nikolaus von Kues), The vision of God (De visione Dei/berdas Schauen Gottes), New York 1928, S. 60.
Ebd; S. 58 f.
Richard Rolle (Richardus Pampolitanus), The Amending of Life, London1922, S. 83 f.
The Cloud of Unknowing, London 1946.
Michael (Miguel) de Molinos, The Spiritual Guide (Gua espiritual), London1950 (6. Aufl.), S. 56.
Ebd., S. 56 f.
Julian of Norwich (Juliana von Norwich), Revelations of Divine Love, London1920 (7. Aufl.), S. 14 f.
Thomas Traherne, Centuries of Meditations, London 1948, S. 6.
Symbolum Athanasii (Athanasianisches Glaubensbekenntnis), in: Die Be-kenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Gttingen 1976 (7.Aufl.), S. 28 ff.
Thomas Carlyle, Heroes and Hero Worship (ber Helden, Heldenverehrungund das Heldentmliche in der Geschichte), Philadelphia, S. 14 f.
Michael de Molinos, a.a.O., S. 58.
Anselm von Canterbury, Proslogion, Stuttgart-Bad Cannstatt 1962, S. 83.
Novatian, On the Trinity (De trinitate), New York 1919, S. 25.
Michael de Molinos, a.a.O., S. 58.
Julian of Norwich, a.a.O., S. 27.
Nicholas of Cusa, a.a.O., S. 48 ff.
Anselm von Canterbury, a.a.O., S. 75.
Novatian, a.a.O., S. 26 f.
Anselm von Canterbury, a.a.O., S. 117.
Rudolf Otto, The Idea of the Holy, New York 1958, S. 24 (deutsch: DasHeilige, Mnchen 1971 [Sonderausgabe]).
Johann Peter Eckermann, Gesprche mit Goethe in den letzten Jahren seinesLebens, Hg. R. Otto, 1984 (2. Aufl.), S. 465.
A New Dictionary of Quotations, New York 1942, S. 462 f.
Nicholas of Cusa, a.a.O., S. 12.
Anselm von Canterbury, a.a.O., S. 97.
Julian of Norwich, a.a.O., S. 58.
138
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