Höhepunkte im Leben Jesu aus jüdischer Sicht - Teil 5/7 - Die Verurteilung Jesu

Abschrift des Vortrages von Arnold Fruchtenbaum, Israelkonferenz 1992, gehalten am 15.01.1992

 

Herr Jesus, wir sind erschüttert von solch einem Lied und wir müssen sagen, wir haben uns auch immer wieder entfernt aus dieser anbetenden Nähe zu Dir. O lass diese Stunden und Tage auch dazu dienen, dass wir uns ganz nah zu Dir zurückführen lassen, für den heiligen Priesterdienst, den Du uns aufgetragen hast. Herr, wir können es nicht ausdenken, welche Not und Sünde und Schande auf Dich gelegt wurde, als Du die Last der ganzen Menschheit trugst. Wie sollen wir danken? Du wartest auf unser Ausleben, auf unser Verwandeltwerden. Herr, lass diese Tage bitte auch dazu dienen, dass wir vollmächtige Fürbitter werden, dass wir in unseren Gemeinden das Zeugnis glaubhaft weitergeben, dass ein Aufwachen kommen möchte in den Gemeinden, auch über Dein prophetisches Wort, das Du gibst als ein Licht, wo es so dunkel wird. Herr, so sende uns in Deiner Gnade neu für Israel, für unsere Gemeinden, für unser Volk und Land. Noch einmal möchten wir bitten für die Gemeinden in Israel. Herr, es ist ein Wunder vor unseren Augen, sieben messianische Gemeinden in Jerusalem. O lass sie in großem Frieden zusammenstehen, damit Du sie gemeinsam segnen kannst, dass sie zueinander finden. Und öffne gerade Israel, den Gläubigen, das prophetische Wort. Herr, wir wollen Dir vertrauen, dass Du mehr tun wirst, als wir wagen jetzt zu bitten. Nun danken wir Dir für den Segen, den Du für diese Stunde bereitet hast. Amen

An diesem Morgen beginnen wir mit einem neuen Thema. Wir behandeln immer noch das Hauptthema, das Leben Jesu aus jüdischer Sicht. Wir verbrachten vier Studieneinheiten mit der Betrachtung seiner Lehren und seinem Konflikt mit den Pharisäern. Wir stellten fest, dass der Hauptgrund, warum Jesus abgelehnt wurde, seine Ablehnung des pharisäischen Gesetzes war. In unserem nächsten Thema, der Gerichtsverhandlung von Jesus, werden wir häufig sehen, dass die Pharisäer selbst genau das taten, wessen sie Jesus beschuldigten, nämlich das Mischna-Gesetz zu brechen. Sie haben eine Liste mit 21 Gesetzen vorliegen und diese Liste[1] möchte ich jetzt durchgehen und einige Worte dazu sagen. Dann werden wir uns den Bibeltext anschauen und genau sehen, wo diese Gesetze gebrochen wurden.

Das erste Gesetz sagt, eine Gefangennahme konnte nicht durch eine religiöse Autorität veranlasst werden, die durch eine Bestechung beeinflusst war. Dieses Gesetz hatte sich aus 2. Mose 23, 8 entwickelt. Zweitens konnten auch keine gerichtlichen Schritte nach Sonnenuntergang unternommen werden. Der Sinn dieses Gesetzes bestand darin, jeglichen Verdacht einer Verschwörung zu vermeiden und Dinge im Schutz der Dunkelheit zu tun. Also wenn die Sonne einmal untergegangen war, im jüdischen Denken ist das, wenn man drei Sterne sieht, konnte man keine gerichtlichen Schritte mehr unternehmen. Drittens durften Richter und Mitglieder des Sanhedrins sich nicht an der Verhaftung beteiligen. Das hatte den Sinn, sie grundsätzlich neutral zu halten. Denn wenn sie sich an der Verhaftung beteiligen, bedeutet dies ja, dass sie schon für eine Seite Partei ergriffen haben. Viertens durfte es keine Gerichtsverhandlung vor dem Morgenopfer geben. All die gewöhnlichen rituellen Dinge im Tempel mussten beendet sein, bevor mit irgendeiner Verhandlung begonnen werden konnte. Fünftens durften Gerichtsverhandlungen niemals im geheimen abgehalten werden, sondern sie mussten immer öffentlich sein. Sechstens durften Gerichtsverhandlungen des Hohen Rates ausschließlich im Gerichtssaal des Tempels abgehalten werden. Weil alle Gerichtsverhandlungen öffentlich sein mussten, war es für das Volk wichtig zu wissen, wo der Prozess stattfinden würde. Und da dies ein Prozess des Hohen Rates war, war der Gerichtssaal des Tempels der einzige Raum, wo sie ihn abhalten konnten. Siebtens erfolgte in einem Prozess zuerst die Verteidigung und danach die Anklage. Das ist das Gegenteil des westlichen Systems. Aber in diesem System begann ein Prozess, indem viele Gründe vorgelegt wurden, warum der Beschuldigte in keiner Weise schuldig sein konnte. Erst danach wurde die Anklage dargelegt. Achtens durften zwar alle für einen Freispruch, aber nicht alle einstimmig für einen Schuldspruch plädieren. Es durften alle für den Angeklagten sein, aber es war nicht gestattet, dass alle gegen ihn redeten. Neuntens musste es zwei oder drei Zeugen der Anklage geben und ihre Zeugnisse mussten in jedem Punkt übereinstimmen. Das war entwickelt worden aus der hier vorliegenden Bibelstelle, nämlich 5. Mose 19, 15. Zehntens war es dem Angeklagten nicht erlaubt, gegen sich selbst auszusagen. Das war vorgeschrieben um die folgenden zwei Möglichkeiten auszuschließen: Ein Mensch konnte selbstmordgefährdet sein und hat dann vielleicht eine Tat zugegeben, die er niemals begangen hat, oder er wollte mit seiner Aussage jemand anderen schützten. Deswegen war es notwendig, zwei oder drei unabhängige Zeugen zu haben.

Elftens war es dem Hohepriester verboten seine Kleidung zu zerreißen. Unter den Juden ist das Zerreißen der Kleidung ein Ausdruck einer Gefühlsregung. Wenn ein Familienmitglied starb, zerrissen Familienangehörige ihre Kleidung. Oder wenn ein Jude einen nichtjüdischen Partner heiratete, zerrissen manchmal die Familienmitglieder ihre Kleidung. Oder wenn ein Jude zum Glauben an Jesus kam, zerrissen andere Juden manchmal ihre Kleidung. Aber ein jüdischer Gerichtsfall musste auf der Basis von Tatsachen entschieden werden und nicht auf der Basis von Gefühlen. Deshalb war es dem Hohepriester verboten während der Gerichtsverhandlung seine Kleidung zu zerreißen. Zwölftens durften Richter keine Anklagen vorbringen, sondern nur die von anderen Personen vorgebrachten Anklagen untersuchen. Dies geschah ebenfalls um die Richter neutral zu halten, denn wenn durch sie eine Anklage erhoben würde, hätten sie schon Partei für eine Seite ergriffen. Dreizehnter Punkt: Die Anklage einer Gotteslästerung war nur zulässig, wenn der Angeklagte den Namen Gottes selbst ausgesprochen hatte. Der Name Gottes besteht aus vier hebräischen Buchstaben. Bevor man nicht diesen Vier-Buchstaben-Namen Gottes benutzte, konnte man rechtlich nicht der Gotteslästerung angeklagt werden.

Vierzehnter Punkt: Eine Person konnte nicht allein aufgrund eigener Aussagen verurteilt werden. Wiederum benötigte man diese zwei oder drei Zeugen. Fünfzehnter Punkt: Ein Schuldspruch konnte niemals in der Nacht erklärt werden, sondern immer nur bei Tage. Damit vermied man eine zu rasche Entscheidung. Vielleicht ist es ein langer Tag gewesen, sie hatten alle möglichen Zeugen befragt, die Richter waren müde und selbst wenn sie wussten, wie das Urteil ausfallen würde, mussten sie aufhören, sobald die drei Sterne am Himmel erschienen, und bis zum nächsten Tag warten. Sechzehnter Punkt: Gerichtsverhandlung und Schuldspruch durften im Falle eines Todesurteils nicht an ein und demselben Tag stattfinden. Es mussten mindestens 24 Stunden dazwischen liegen. Diese Zeit war eingeplant, damit noch mehr Informationen zugunsten des Angeklagten gesammelt und vorgebracht werden konnten. Siebzehnter Punkt: Bei einem Todesurteil musste jeder seine Stimme persönlich abgeben, angefangen bei dem Jüngsten, damit er durch die Älteren nicht beeinflusst werden konnte.

Von all den 21 Gesetzen hier ist die Nummer 18 mein bevorzugtes: Ein einstimmiger Schuldspruch zeigte die Schuldlosigkeit des Angeklagten, weil es unmöglich ist, dass 23-71 Männer ohne Verschwörung eine Einstimmigkeit erreichen. Die Zahl 71 ist die gesamte Mitgliederzahl des Sanhedrins. Es war nicht erforderlich, dass alle 71 Mitglieder dort anwesend waren, aber man benötigte die Mindestanzahl von 23. Für die Juden war es undenkbar, dass auch nur 23 von ihnen in einer Sache übereinstimmen könnten. Wenn also diese 23 Männer einen einstimmigen Beschluss fassen würden, dann musste das eine Verschwörung sein. Da gibt es einen jüdischen Witz, der dieses Gesetz widerspiegelt. Wenn zwei Juden zusammen sind, wird es drei Meinungen geben. Und dieses Gesetz reflektiert dieses Denken. Neunzehnter Punkt: Das Schuldmaß konnte erst drei Tage nach der Verurteilung verkündigt werden. Nun, Verhandlung und Schuldspruch mussten 24 Stunden auseinander liegen, aber weitere drei Tage mussten vergehen, bevor das Todesurteil ausgesprochen werden konnte. Das war noch einmal dazu gedacht, mehr Zeit für die Beschaffung von weiteren Informationen zugunsten des Angeklagten zur Verfügung zu haben. Punkt 20: Die Richter mussten menschlich und gütig sein. Punkt 21: Die zum Tode verurteilte Person durfte vorher nicht gegeißelt oder geschlagen werden. Das sind nicht alle Gesetze des Sanhedrins, aber diese 21, so habe ich herausgefunden, wurden in der Verhandlung gebrochen. Während wir durch die Verhaftung und Gerichtsverhandlung gehen, werde ich genau herausstellen, wo und wie diese Gesetze gebrochen wurden und werde dabei die Nummern aus der Liste benutzen. Bis jetzt sind wir in der Regel immer mit einem Evangelium für jeden einzelnen Punkt ausgekommen. Für die Verhandlung Jesu wird dies jedoch nicht möglich sein, aber wir werden zumindest versuchen uns auf zwei Evangelien für jeden einzelnen Punkt zu beschränken.

Wir beginnen also mit der Verhaftung Jesu. Die zwei Evangelien, denen wir uns zuwenden wollen, sind Lukas 22 und Johannes 18. Wir schauen uns zuerst Johannes 18, 2 an. Dort lesen wir, dass Judas die Leute anführt, die Jesus verhaften wollen. Wir wissen aus einer anderen Textstelle der Schrift, dass Judas dafür mit 30 Silberlingen bestochen wurde. Hier haben wir den Bruch des ersten Gesetzes, wo die religiösen Amtsträger keine Verhaftung veranlassen konnten, wenn eine Bestechung stattgefunden hatte. Im Johannesevangelium steht am Ende von Vers 3, dass sie mit Lampen und Fackeln dorthin kamen. Das zeigt uns, dass es Nacht war. Und das bricht das zweite Gesetz, wo steht, dass keine strafgerichtlichen Maßnahmen nach Sonnenuntergang stattfinden durften. Nun zu Lukas 22, 52. Unter denen, die kamen, um ihn zu verhaften, waren auch die obersten Priester und die Ältesten, und diese sind Mitglieder des Hohen Rates. Ihre Anwesenheit bei der Verhaftung bricht das dritte Gesetz, demzufolge diese Leute an der Verhaftung nicht beteiligt sein durften.

Alles in allem war Judas aus drei Gründen notwendig. Der erste Grund war, ihnen zu zeigen, wie man Jesus fernab der Volksmenge verhaften konnte. Dies erfüllt er gerade in diesem Abschnitt. In Johannes 18, 2 wird uns gesagt, dass Jesus sich oft dort mit seinen Jüngern versammelte. Es war also seine Gewohnheit, wenn er in Jerusalem war, sich dort aufzuhalten und zu beten. Judas kannte diese Gewohnheit und war deshalb in der Lage, diese Leute an einen Ort zu führen, wo sich Jesus abseits der Masse aufhalten würde. Der zweite Grund, warum Judas benötigt wurde, hatte mit einem Punkt des römischen Gesetzes zu tun. Bevor die römische Kohorte zu einer Verhaftung ausgeschickt werden konnte, musste jemand vor dem römischen Statthalter erscheinen, was zu dieser Zeit Pontius Pilatus war, und das Opfer einer Tat bezichtigen, die nach römischem Gesetz strafwürdig war. Also musste in diesem Fall Judas vor Pontius Pilatus erscheinen und Jesus einer Tat beschuldigen, die vor dem römischen Gesetz strafwürdig war. Denn in Johannes 18, 3 wird uns gesagt, dass Judas die Kohorte bekommen hatte. Das ist eine römische Kohorte. Judas konnte keine römische Kohorte bekommen, ohne dass er zuvor jemanden verklagt hätte.

Normalerweise lebte der römische Stadthalter in Cäsarea, aber während des Passahfestes kam er gewöhnlich nach Jerusalem, um den Frieden aufrecht zu erhalten. Ein Teil der ursprünglichen Verschwörung zwischen Judas und den obersten Priestern war es, dass sie nichts während des Passahfestes tun wollten. Sie würden auf eine Zeit nach dem Passahfest warten. Das ist das satanische Element dieser Verschwörung. Wenn Jesus nicht am Passahfest, sondern zu irgendeiner anderen Zeit gestorben wäre, oder in einer anderen Weise als der Kreuzigung, hätte es keine Sühnung gegeben. Es war nicht nur sein Tod notwendig, anderenfalls hätte er ja schon als Zweijähriger in Bethlehem durch Herodes sterben können und es wäre genug gewesen. Aber das hätte eben nicht ausgereicht. Er musste zur richtigen Zeit und auf die richtige Art sterben. Wir haben bisher schon viele Stellen gelesen, an denen sie versucht haben, Jesus zu töten, aber entweder war es zur falschen Zeit oder in der falschen Art und Weise, wie durch das Schwert oder durch Steinigung. Alle diese Versuche schlugen fehl und die Begründung dafür lautet jedes Mal, dass seine Stunde noch nicht gekommen war.

Nun ist seine Stunde gekommen und Teil der satanischen Verschwörung ist es, zu verhindern, dass Jesus zur Zeit des Passahs stirbt. Also bestand die Verschwörung darin, dass Judas ihn zwar verraten sollte, aber nicht während des Passahs. Denn wenn ihnen das gelänge, würde Jesus zur falschen Zeit sterben. Während des Passahmahls wies Jesus Judas zweimal als den Verräter aus. Und indem er das tat, erzwang er die weitere Begebenheit. Also verließ Judas das Passahmahl bevor es beendet war, ging zu den obersten Priestern, erzählte ihnen, dass Jesus von der Verschwörung wusste, und zwang sie somit geradezu, genau in der Nacht etwas zu unternehmen, in der sie es unbedingt vermeiden wollten. Das ist also der Grund, warum, wenn wir durch die Verhandlung selbst gehen, am Anfang alle Dinge durcheinander laufen: sie hatten ihre Zeugen nicht, sie waren nicht organisiert, sie hatten einfach nicht erwartet, dies in dieser Nacht zu tun. Da Pilatus in Jerusalem war, hatten sie Judas vor Pilatus gebracht, Judas hatte Jesus eines Verbrechens angeklagt, das nach dem römischen Gesetz strafbar war und die römische Kohorte wurde ausgesandt. So erfüllte er die ersten beiden Funktionen, die er hatte. Aber da gibt es einen dritten Grund, warum er benötigt wurde, und diesen würde er nicht erfüllen. Für den jüdischen Prozess wurde Judas nicht gebraucht, aber er würde benötigt werden für die römische Gerichtsverhandlung, denn der dritte Grund, warum er gebraucht wurde, ist, dass er als Zeuge der Anklage dienen sollte, gegen Jesus. Und wie wir sehen werden, wird er hierin versagen.

Alles in allem ist eine ansehnliche Gruppe von Menschen bei der Verhaftung anwesend, nur um eine einzige Person zu festzunehmen. Es gibt hier vier verschiedene Menschengruppen. Zuerst einmal die römische Kohorte; und die Größe einer römischen Kohorte lag irgendwo zwischen 400 und 600 Mann. Also waren mindestens 400 römische Soldaten dort. Eine zweite Gruppe, in Lukas 22, 50 erwähnt, war ein Knecht des Hohenpriesters. Das alles fand ja in der Zeit vom ersten Abend bis zum ersten Tag des Passahs statt. Während dieser Zeit konnte aber der Hohenpriester sein Gelände nicht verlassen. Denn am ersten Tag des Passahs musste er ein bestimmtes Passahopfer darbringen. Aber wenn er rituell unrein wurde, konnte er mit dem Opferdienst nicht fortfahren. Also stellten sie sicher, dass er rituell nicht unrein werden konnte, indem er sich die ganze Zeit über im Bereich des Tempels aufhalten musste. Er selbst konnte also nicht außerhalb des Gebietes an der Verhaftung teilnehmen. Deshalb sandte er seinen Knecht, um sicher zu gehen, dass alles in rechter Weise ablief. Die dritte Gruppe, in Vers 52 erwähnt, sind die obersten Priester und die Ältesten und diese waren Mitglieder des Sanhedrin. Also nahmen Mitglieder des Hohen Rates als dritte Gruppe an der Verhaftung teil. Die vierte Gruppe, ebenfalls in Vers 52 erwähnt, wird als die Hauptleute des Tempels bezeichnet. Das war die jüdische Tempelpolizei. Heiden durften sich nur im Vorhof des Tempels aufhalten, aber sie durften nicht in den Innenhof gehen. Also gab es eine Gruppe jüdischer Tempelpolizisten, um den Frieden im Innenhof aufrecht zu erhalten. Diese wurden die Hauptleute des Tempels genannt. Das war die vierte Gruppe, die an der Verhaftung beteiligt war. So kommen durchaus einige Leute in den Garten, nur um einen einzigen Mann gefangen zu nehmen.

Nur einen Punkt aus dem Markusevangelium, Markus 14, 43. Dort wird uns berichtet, dass diese Schwerter trugen, als sie kamen. Das griechische Wort für Schwert, das bei Markus benutzt wird, bezieht sich auf ein Yard-langes Kampfschwert, ungefähr einen Meter lang. Es war lang und sehr breit. Es wurde nicht dazu benutzt jemanden zu erschlagen, sondern es war dazu gedacht, den Kopf des Feindes abzuschlagen (oder zu spalten?). Wegen seines enormen Gewichtes durchbrach es Helm und Schädel. Also behaltet im Hinterkopf, dass hier mindestens 400 Soldaten sind und andere, die dieses große, breite, schwere Schwert tragen. Wir werden in Kürze darauf zurückkommen.

Wir gehen jetzt zum Bericht des Johannes. Als diese große Gruppe in den Garten kommt, ergreift Jesus die Initiative. Amos Ende von Vers 4 fragt er sie: „Wen sucht ihr?“ In Vers 5 antworten sie: „Jesus, den Nazarener.“ Er sagt darauf: „Ich bin (es).“ Im Englischen sind das zwei Wörter, wie im Deutschen. Aber sowohl im Griechischen wie im Hebräischen ist dies nur ein Wort und kann auf zweifache Weise verstanden werden. Einerseits kann es das ICH BIN des JHWH im alten Testamente bezeichnen, Er, der sich selbst Mose als der ‚Ich bin, der ich bin’ offenbarte. Andererseits kann es das einfache „ich bin“ bezeichnen, in der Weise „Ich bin es. Ich bin der, den ihr sucht. Ich bin Jesus von Nazareth“. Jesus benutzte diesen Ausdruck zweimal. Das erste Mal, als er dies sagte, meinte er „ich bin JHVH“[2] und das zweite Mal, als er dies sagte, meinte er, „ich bin der Jesus, den ich sucht“. In Vers 5 sagt er zum ersten Mal „ich bin“ und in Vers 6 wird uns dann berichtet, dass genau aus diesem Grund, weil er dies sagte, die Leute zurückwichen und zu Boden fielen. Es war dieses Wort „ich bin“, das dies verursachte. Das zeigt uns, dass, als er dies zum ersten Mal verwendete, es die Bedeutung von ‚ich bin JHWH’ hatte. Es ist die Darlegung seiner Göttlichkeit. Und er zeigt, wer wirklich die Kontrolle hat. Sie könnten ihn nicht verhaften, bevor er dies zulässt. Er hat die volle Kontrolle. Wir haben hier auch einen kleinen Hinweis auf die Zukunft; denn wenn die Mächtigen Roms auf ihre Knie niederfallen werden, dann werden sie dies vor den Füßen des Königs der Juden tun. Und was jetzt in dieser geringfügigen Weise geschieht, wird dann bei seinem Zweiten Kommen vollumfänglich geschehen. Nachdem er deutlich gezeigt hatte, wer wirklich das Geschehen kontrolliert, fragt er sie in Vers 7 noch einmal: „Wen sucht ihr?“ Wieder antworten sie: „Jesus von Nazareth.“ In Vers 8 antwortet Jesus zum zweiten Mal: „Ich bin (es).“ Dieses Mal meint er das einfache „Ich bin“, also „ich bin der, den ihr sucht“. Er sagt ihnen: „Ich habe euch gesagt, dass ich es bin. Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen!“ Damit meinte er seine Jünger. So hat sich Jesus zu diesem Zeitpunkt ihnen klar zu erkennen gegeben. Die Römer wussten nun, dass dies der Mann ist, den sie verhaften wollten.

Ein anderer Punkt aus dem Markusbericht. In Markus 14, 44 hatte Judas bereits die Vereinbarung mit den jüdischen Wachen getroffen, dass sie niemanden verhaften sollten, bevor er nicht den Betreffenden durch einen Kuss identifizieren würde. Nur durch den Kuss würden sie wissen, wen sie zu verhaften hatten. Aber Jesus hatte sich selbst schon zweimal zu erkennen gegeben. Es war nicht mehr nötig diesen Kuss zu geben. Aber in Lukas 22, 47 wird uns berichtet, dass Judas herankam, denn er wollte sich noch immer das Geld verdienen. Also fährt er damit fort, zu Jesus zu gehen, um ihn zu küssen. In Vers 48, bevor er Jesus den Kuss gibt, will Jesus ihn davon abhalten das zu tun. Aber Judas beharrte weiter darauf. Und in der Version von Markus wird uns gesagt, dass er ihn Rabbi’ nannte und ihn dann küsste. Die griechische Bedeutung dieses Wortes sagt aus, dass er ihn mehrmals küsste. Hier entheiligt Judas etwas, das zu dieser Zeit unter den Juden als heilig betrachtet wurde. Einen Rabbi zu küssen war ein Zeichen der Jüngerschaft. Das war die Art, wie Jünger zum Ausdruck brachten, dass sie sich unter die Autorität des Rabbis stellten. Somit war das Küssen eines Rabbi etwas Heiliges. Und Judas benutzt selbst diesen Ausdruck ‚Rabbi’. Aber das war nicht ein Kuss der Ehrerbietung oder der Jüngerschaft, sondern ein Kuss des Verrates.

Wenn wir im Johannesevangelium weiterschauen, wird uns nun berichtet, dass Petrus ein Schwert zog, Vers 10. Das griechische Wort für das Schwert von Petrus ist ein anderes als das, welches für die heraufgezogene Menge benutzt wurde. Sie hatten dieses lange, breite Schwert. Das Wort, das nun hier benutzt wird, bezieht sich auf ein langes Zeremonialmesser. Es war die Art von Messer, die benutzt wurde, um das Passahopfer zu schlachten. Und Petrus war zusammen mit Johannes mit dieser Sache betraut worden. Stellt euch im Geiste diese Szene vor: Auf der einen Seite sind dort unter anderem diese 400-600 römischen Soldaten mit ihren langen Schwertern und auf der anderen Seite zieht Petrus ein einziges langes Messer heraus und glaubt, er könne einen jüdischen Rambo spielen. Und er glaubt, er könne all diese römischen Soldaten mit diesem einen langen Messer bekämpfen und er beweist sehr schnell, dass er kein Soldat, sondern ein Fischer ist. Er schwingt sein Messer auf jemandes Kopf zu, verfehlt ihn aber und haut stattdessen das rechte Ohr des Mannes ab. Er zeigt hier einige Weisheit, denn er greift keinen römischen Soldaten, sondern den Knecht des Hohenpriesters an, der ein Schwert gehabt haben mochte, oder auch nicht. Jesus hält sofort den Petrus von weiteren Aktionen ab und heilt das Ohr des Mannes und indem er dies tut, rettet er Petrus das Leben. Alle vier Evangelien berichten davon, dass Petrus das Ohr des Mannes abschlug, aber nur Lukas berichtet auch von der Heilung, seinem Beruf des Arztes entsprechend. Alle anderen waren ganz aus dem Häuschen darüber, dass er das Ohr abgeschlagen hatte. Aber weil Lukas Arzt war, hat ihn die Heilung weit mehr beeindruckt und deshalb erwähnt er sie auch in seinem Bericht

An diesem Punkt lehrt Jesus Petrus drei Lektionen. Sie finden sich alle in Matthäus 26. Erste Lektion, in Vers 52: „Alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“ Das Schwert kann nicht zur Verteidigung des Glaubens benutzt werden. Es gibt geeignete Momente, um ein Schwert zu gebrauchen, aber nicht um den Glauben zu verteidigen. Dafür müssen wir die andere Wange hinhalten und gewillt sein, Märtyrer zu werden. Zweite Lektion, in Vers 53: Dies ist wirklich ein geistlicher Kampf. Solche geistlichen Kämpfe müssen auch mit geistlichen Mitteln geführt werden. Er erzählt Petrus, dass er 12 Legionen Engel hätte, die er rufen könnte. Er brauchte das eine lange Messer von Petrus nicht. Drittens, Verse 54-56: Dies alles ist notwendig, um die Schrift zu erfüllen. Die Jünger realisieren nun, dass er nichts weiter zu seiner Verteidigung unternehmen wird, und so fliehen sie alle auseinander. Und Jesus lässt seine Gefangennahme zu.

Wir wenden uns nun den zwei Gerichtsprozessen von Jesus zu, denn er musste sich zwei unterschiedlichen Gerichtsverfahren aussetzen. Zuerst fand das jüdische Gerichtsverfahren, also das religiöse Gerichtsverfahren, statt. Das zweite Verfahren war das römisch-heidnische und war das zivile Strafverfahren. Beide Verfahren haben drei Etappen. Der Anklagepunkt in dem religiösen Verfahren wird der der Gotteslästerung sein. Das wird nicht der Anklagepunkt im römischen Verfahren sein, aber eben im jüdischen. Die erste Phase im jüdischen Prozess ist das Verhör vor Hannas. Hier haben wir nur eine Textstelle, die darüber berichtet, die in Johannes 18, in den Versen 12-23. Hannas fungierte als Hohepriester in den Jahren 7 bis 14 nach Christus. Im Jahre 14 nach Christus wurde er vom römischen Statthalter abgesetzt und konnte das Amt des Hohenpriesters nicht länger ausüben. Aber er behielt die Kontrolle über das Hohenpriesteramt, denn es folgten ihm in seinem Dienst nacheinander seine eigenen vier Söhne, danach sein Schwiegersohn und am Ende seines Lebens einer seiner Enkel. Er selbst war ein Mitglied der Sadduzäer und er benutzte den Bereich des Tempels für seine privaten Geschäftsunternehmungen. Dazu gehörten all diese Dinge, wie der Verkauf von Opfertieren oder der Geldwechsel. Die Pharisäer mochten dies auch nicht und sprachen sich oft dagegen aus, was Hannas tat. Zweimal stieß Jesus diese Geschäfte um, und zwar während des ersten und des letzten Passahfestes in der Zeit seines öffentlichen Dienstes. Somit hatte Hannas einen besonderen Groll gegen Jesus. Der Zweck dieser ersten Phase des jüdischen Prozesses war es, zu versuchen, den Nachweis für ein besonderes religiöses Vergehen zu erbringen. Und wiederum liegt der Grund, warum hier am Anfang alles so durcheinanderlief, darin, dass sie die Verhandlung in dieser Nacht nicht erwartet hatten.

In den Versen 12 bis 14 bringen sie Jesus unverzüglich zur Verhandlung vor Hannas. Damit brachen sie das vierte Gebot auf der Liste, nämlich dies, dass kein Prozess vor dem Morgenopfer stattfinden durfte. In den Versen 19-23 stellt er heraus, dass dies eine geheime Gerichtsverhandlung ist. Dies brach das fünfte Gesetz unserer Liste. In Vers 19 wird Jesus über zwei Dinge ausgefragt, über seine Lehre und über seine Jünger. Über seine Lehre, um ihn zu belasten und über seine Jünger, um diese anklagen zu können. Aber nun haben sich die Dinge gewendet. Jesus erinnert sie daran, dass er nach jüdischem Gesetz nicht verpflichtet ist, ihre Fragen zu beantworten. Sie müssen ihre Zeugen beibringen. Weil er ja die Menschen öffentlich lehrte, hätten sie doch keine Schwierigkeit, die zwei oder drei benötigten Zeugen aufzutreiben, falls er wirklich falsche Dinge lehrte. Hier beharrt Jesus also auf seine jüdischen Bürgerrechte. Und für diese Äußerung wurde er das erste von vielen Malen geschlagen. Allerdings endet diese erste Phase des jüdischen Prozesses, ohne dass man eine bestimmte Anklage gegen ihn vorbringen konnte.

Nun wollen wir zur zweiten Phase übergehen, der Verhandlung vor Kajaphas. Unsere zwei Textstellen werden Matthäus 26 und Markus 14 sein. Kajaphas war der Schwiegersohn des Hannas, er diente als Hohepriester in den Jahren 25 bis 36 nach Christus und diese Verhandlung fand im Jahr 30 nach Christus statt, in der Mitte seines Hohenpriesterdienstes. Der Sanhedrin versammelte sich im Hause des Kajaphas (Lukas 22, 54) und das bricht das Gesetz Nummer 6 unserer Liste, denn eine Gerichtsverhandlung des Hohen Rates durfte nur in einem Raum des Tempelbereichs stattfinden. Noch einmal, der Sanhedrin bestand aus 71 Mitgliedern. Die 71 Plätze waren sorgfältig aufgeteilt, 24 gingen an die Hohenpriester und diese waren Sadduzäer, 24 andere gingen an die Ältesten und das waren Pharisäer, 22 weitere gingen an die Schriftgelehrten und das waren ebenso Pharisäer und der letzte Sitz ging an den amtierenden Hohenpriester und dieser war ein Sadduzäer. Also wurde eine Verhandlung durch einen Sadduzäer geleitet, die Stimmenmehrheit aber besaßen die Pharisäer. Noch einmal: Nicht alle 71 Mitglieder mussten dort anwesend sein, aber die Mindestanzahl von 23 Mitgliedern wurde benötigt. Wir wissen nicht, wir viele dieser Mitglieder anwesend waren, aber wir wissen, dass nicht alle 71 dort waren. Mindestens zwei davon fehlten, Nikodemus und Joseph von Arimathia.

Nun, in Markus 14, 55 wird uns mitgeteilt, dass sie falsche Zeugnisse gegen Jesus zu bekommen suchten. Und so beginnt der Prozess mit falschen Zeugen. Dies bricht Gesetz Nummer 7, denn eine Gerichtsverhandlung musste mit der Verteidigung beginnen. Markus sagt ausserdem, dass jeder der Anwesenden das Gleiche zu tun begehrte, alle wollten gegen Jesus aussagen. Das bricht das achte Gesetz. Alle dürfen sich zugunsten der Verteidigung aussprechen, aber nicht alle für einen Schuldspruch plädieren. Sie bringen einen Zeugen nach dem anderen herein, aber es gibt zu viele Unstimmigkeiten in ihren Aussagen. So wurde einer nach dem anderen fortgeschickt. Auch dies spiegelt die anfängliche Verwirrung wider. Sie hatten die Zeugen nicht beisammen, die die gleiche Geschichte erzählen würden, weil sie nicht erwarteten, diesen Prozess an diesem Abend zu führen. Nach vielen Versuchen fanden sie zwei Zeugen, die scheinbar die gleiche Geschichte erzählten. Und diese zwei wurden als offizielle Zeugen vor den Sanhedrin gebracht. Beide brachten ihren Fall vor. Aber als sie geendet hatten, so wird in Markus 14, 59 gesagt, stimmten auch so ihre Aussagen nicht überein. Also obwohl sie übereinstimmend auszusagen schienen, gab es doch einen entscheidenden Unterschied in ihren Aussagen. Und deshalb wurden sie für untauglich erklärt. Wir können sehen worin dieser Unterschied bestand, indem wir die Aussagen in Matthäus und Markus miteinander vergleichen. In Markus 14, 58 wird ein Zeuge erwähnt, der aussagt: ‚Jesus sagte, er werde diesen Tempel zerstören.’ Aber in Matthäus 26, 61 zitiert der andere Zeuge Jesus wie folgt: ‚Ich bin fähig, den Tempel zu zerstören.’ Also sagte Jesus nun ‚ich will’ oder ‚ich kann’ diesen Tempel zerstören? Und dies ist ein zu großer Unterschied und schließt sie somit als Zeugen aus.

Nun haben sie keine weiteren Zeugen mehr. Und nach jüdischem Gesetz hätte Jesus nun freigelassen werden müssen. Die nicht erfolgte Freilassung Jesu bricht das neunte Gesetz. Aber es mussten zwei oder drei Zeugen beigebracht werden, und deren Zeugnis musste in jedem einzelnen Punkt übereinstimmen. All dies gibt Kajaphas einen Anlass zur Frustration. Also fordert er Jesus in Matthäus 26, 62 auf, sich zu verteidigen und zu reden. Dies bricht das Gesetz Nummer 10, in dem steht, dass es einem Angeklagten nicht erlaubt ist, gegen sich selbst zu zeugen. In Vers 63 sagt Jesus, in Übereinstimmung mit dem jüdischen Bürgerrecht, gar nichts. Das verursachte bei Kajaphas eine noch größere Frustration. Darum stellt er in Vers 36 Jesus unter Eid. Er sagt: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes!“ Nun, aufgrund dessen, was Kajaphas gerade zu Jesus gesagt hatte, ist es offensichtlich, dass er zwei Dinge wusste: Er wusste, wer Jesus beanspruchte zu sein, nämlich der jüdische Messias. Zweitens wusste er auch, wer der Messias vermutlich sein würde, nämlich der Sohn Gottes.

Nun ist es im jüdischen Gesetz so, dass man antworten muss, wenn man unter Eid steht. Und Jesus gibt eine Antwort in Markus 14, 62: Ich bin (es). Ich bin der Messias, der Sohn Gottes. Dann fügt er hinzu, dass sie eines Tages die Wahrheit seines Anspruches auf zweifache Weise erkennen würden: Sie werden ihn zur rechten Seite Gottes sitzen und in den Wolken des Himmels wiederkommen sehen. Denn das zweite Kommen wird selbst noch in der Hölle sichtbar sein. In Matthäus 26, 65 wird uns berichtet, dass der Hohenpriester sein Gewand zerreißt und damit das Gesetz Nr. 11 bricht, denn dies verbietet ihm so etwas zu tun. Ebenso ist in Vers 65 zu lesen, dass Kajaphas Jesus der Gotteslästerung anklagt. Dies wiederum bricht das Gesetz Nr. 12, denn diese Anklage kommt vom Richter, Kajaphas, und ein Richter kann selbst keine Anklage erheben. Er sagt auch, wir brauchen keine weiteren Zeugen. Und somit wird Jesus allein aufgrund seiner eigenen Aussage angeklagt. Dies bricht das Gesetz Nr. 13, laut dem die Anklage einer Blasphemie nur erhoben werden kann, wenn der Name Gottes ausgesprochen wurde. Außerdem bricht es das Gesetz Nr. 14, denn es konnte niemand allein aufgrund seiner eigenen Aussage verurteilt werden. Das jüdische Gesetz sagt, dass man zwei oder drei Zeugen haben muss. Kajaphas aber sagt, wir brauchen keine weiteren Zeugen. Das widerspricht dem jüdischen Gesetz.

Darüber hinaus ist es immer noch Nacht. Das bricht das Gesetz Nr. 15, kein Schuldspruch bei Nacht, nur während des Tages. Wir haben hier den Prozess und den Schuldspruch am gleichen Tag. Das bricht das Gesetz Nr. 16, wo im Falle einer Verhandlung, die mit der Todesstrafe enden konnte, zwischen Prozess und Schuldspruch mindestens 24 Stunden liegen mussten. Als Kajaphas zu einem Urteil aufruft, erfolgt die Abstimmung lediglich durch mündlichen Zuruf. Das bricht das Gesetz Nr. 17, das aussagt, dass die Abstimmung durch persönliche Stimmabgabe zu erfolgen hat, angefangen mit dem Jüngsten. In Markus 14, 64 wird außerdem gesagt, dass ihn alle zum Tode verurteilten. Niemand stimmte dagegen. Es war also ein einstimmiger Schuldspruch. Nach jüdischem Gesetz hätte Jesus freigelassen werden müssen. Weil er aber nicht freigelassen wurde, haben sie Gesetz Nr. 18 gebrochen, wo ein einstimmiges Urteil die Unschuld des Angeklagten erweist.

Sie hatten die Verhandlung an diesem Tag, den Schuldspruch am gleichen Tag, und sie haben auch das Todesurteil an eben jenem Tag ausgesprochen. Das bricht das Gesetz Nr. 19. Das Strafmaß darf erst drei Tage nach dem Schuldspruch bekanntgegeben werden. In Markus 14, 65 und in Matthäus 26, 67 wird uns berichtet, dass einige Leute Jesus mit der Faust schlugen, und einige mit der flachen Hand und ihm auch ins Gesicht spuckten. Damit haben sie die beiden letzten Gesetze auf der Liste gebrochen. Nach jüdischem Gesetz musste man, wenn man jemanden mit der Faust geschlagen hatte, eine Geldstrafe von 4 Denaren zahlen. Ein Denar war gleichbedeutend mit einem Tageslohn. Das war also ein Viertagesverdienst. Eine größere Beleidigung war es, wenn man jemanden mit der flachen Hand schlug. Das wurde nach jüdischem Recht mit einer Zahlung von 200 Denaren bestraft. Das sind zweihundert Tagesverdienste. Noch beleidigender war das Spucken in das Angesicht eines Menschen. Nach jüdischem Recht wurde das mit 400 Denaren bestraft. Das ist mehr als ein Jahresverdienst. Aber niemand wurde für das bestraft, was sie ihm in dieser Nacht antaten. Unsere Zeit ist um und so werden wir uns die dritte Phase morgen anschauen.

 

Wir wollen noch kurz miteinander beten:

Herr Jesus, es soll nicht so sein, dass wir jetzt auf jene Leute, die das Urteil ausgesprochen und vollzogen haben, heruntersehen. Denn auch wir haben Dich schon tausendfach, sowohl in der Kirchengeschichte, als auch in unserem persönlichen Leben, beleidigt und schwer an Dir gesündigt. Wenn wir daran denken, wie wir mit Dir und Deinem Wort umgehen, wie wir mit Deinen Wegen umgehen und nicht einverstanden sind, wie wenig wir hingegeben sind, Dir, unserem Herrn, diesem geliebten, herrlichen, wunderbaren Heiland und Erlöser, dann verstummt unser Mund und wir klagen nicht an, sondern wir beugen uns. Und das wollen wir auch jetzt tun. Ganz besonders danken wir Dir, dass Du einmal alle Schuld Israels an einem einzigen Tag wegnehmen wirst und das ganze Volk wiedergeboren sein wird und Du Dich als der wunderbare Erlöser, Heiland und Retter für ganz Israel erweisen wirst. Dafür sind wir sehr dankbar, auch für unser persönliches Leben. Amen


Höhepunkte im Leben Jesu aus jüdischer Sicht – Teil 5

Die Gesetze des Hohen Rates, die Gerichtsverhandlung betreffend

 

 

1.               Es durfte keine Verhaftung durch religiöse Instanzen vorgenommen werden, die durch Bestechung beeinflusst war, 2. Mose 23, 8.

2.               Gerichtliche Schritte konnten nach Sonnenuntergang nicht unternommen werden.

3.               Richter und Mitglieder des Hohen Rates durften sich an einer Verhaftung nicht beteiligen.

4.               Es durfte keine Gerichtsverhandlung vor dem Morgenopfer stattfinden.

5.               Gerichtsverhandlungen durften nicht im geheimen, sondern nur öffentlich abgehalten werden.

6.               Gerichtsverhandlungen des Hohen Rates durften nur in einem Saal des Tempels abgehalten werden.

7.               Beim Gerichtsverfahren musste zuerst die Verteidigung und danach die Anklage erfolgen.

8.               Alle durften zugunsten des Angeklagten aussagen, aber nicht alle gegen ihn.

9.               Es mussten zwei oder drei Zeugen beigebracht werden, und ihr Zeugnis musste in jedem Detail übereinstimmen, 5. Mose 19, 15.

10.               Der Angeklagte durfte nicht gegen sich selbst Zeugnis ablegen.

11.               Dem Hohenpriester war es verboten, seine Kleidung zu zerreißen, 3. Mose 21, 10.

12.               Anklagen durften nicht von Richtern erfolgen. Die Richter durften nur Anklagen, die ihnen vorgebracht wurden, untersuchen.

13.               Die Anklage einer Gotteslästerung war nur gültig, wenn jemand den Namen Gottes selbst ausgesprochen hat. (den aus 4 Buchstaben bestehenden hebräischen Namen Gottes)

14.               Eine Person konnte nicht allein aufgrund eigener Aussagen verurteilt werden.

15.               Ein Schuldspruch konnte nur bei Tag und nicht bei Nacht bekanntgegeben werden.

16.               Im Falle eines Todesurteils durfte der Schuldspruch nicht am Tage der Gerichtsverhandlung ausgesprochen werden. Es mussten mindestens 24 Stunden dazwischen liegen.

17.               Die Fällung eines Todesurteils musste durch Einzelabstimmung erfolgen, angefangen bei dem Jüngsten, damit er durch die Älteren nicht beeinflusst werden konnte

18.               Ein einstimmiger Schuldspruch erwies die Unschuld des Angeklagten, da es unmöglich ist, dass 23-71 (die Mindest- bzw. Höchstanzahl von Mitgliedern des Hohen Rates bei einer Gerichtsverhandlung) Männer ohne Verschwörung eine Einstimmigkeit erreichen.

19.               Das Strafmaß konnte nur drei Tage nach dem Schuldspruch bekanntgegeben werden.

20.               Der Richter sollte menschlich und freundlich sein.

21.               Eine Person, die zum Tode verurteilt wurde, durfte vorher nicht gegeißelt oder geschlagen werden.



[1] zu finden am Ende dieses Teiles

[2]persönliche Anmerkung des Schreibers: JHVH ist der vierbuchstabige Name Gottes und wird als Jahve oder Jehova übersetzt. Es gibt da sehr unterschiedliche Auffassungen in diesem Punkt. Ich habe mir die Freiheit genommen, da ich mich in diesem Punkt überhaupt nicht festlegen möchte, einfach die vier Buchstaben im Text wiederzugeben.