Vom Segen der Enttäuschungen - Teil 1/2 - Worauf kann ich mich als Christ verlassen?

CHRIST & LEBEN Christen sind häufig enttäuscht über sich selbst, schlechte Predigten, ihre Mitchristen und manchmal über Gott. Doch das müsste nicht sein, nähmen sie die ganze Heilige Schrift ernst - und nicht nur ihre Lieblingsstellen. Ein Kommentar von idea-Leiter Helmut Matthies

Es ist der Urwunsch jedes Menschen...

Es ist der Urwunsch jedes Menschen zu wissen: Auf was und auf wen kann ich mich wirklich verlassen? Und es ist eine Ur-Enttäuschung zu erfahren: „Ich habe mich geirrt' Doch jede Enttäuschung ist auch eine Chance, befreit sie uns doch von Täuschung. Auf diese Weise kann sie uns zur Wahrheit führen und so zum Segen werden. Unsere Zeit ist ja in besonderer Weise davon geprägt, dass Menschen meinen, sie könnten sich auf niemanden und nichts mehr verlassen. Entsprechend nimmt an vielen Wahlen nur noch jeder zweite Bürger teil. Denn immer mehr sind enttäuscht von Versprechungen, die nicht gehalten werden.

„Du kannst dich auf niemanden verlassen"

Bei der weltgrößten Buchmesse - der Frankfurter - klebten auf dem Weg zum Messegelände alle paar Meter Plakate für das Buch „Du Narr". Der Untertitel: „Du kannst dich auf niemanden verlassen/' Dieses Gefühl führt zu ständig neuen Protestbewegungen: von den Anti-Atommüll-Demos in Gorleben bis hin zu Stuttgart 21. Eine Analyse der Bucherscheinungen des letzten Jahres kommt zu dem Urteil: Es gibt einen Siegeszug der Wut-Literatur. Bücher boomen, die die Ohnmachtsgefühle vieler Bürger ausdrücken. Das Fazit der Analyse: „Das Zetern und Protestieren ist das Gebot der Stunde" (Süddeutsche Zeitung). Auch unter uns Christen? Wir wissen ja, dass wir unser Vertrauen nicht auf Versicherungen, auf Geld - oder gar Horoskope - setzen dürfen. Wo werden wir dann enttäuscht? Und worauf können wir uns wirklich verlassen?

I. Kann ich mich auf mich selbst verlassen?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen letztes Silvester gegangen ist. Ich habe mir viele Jahre aufgeschrieben, was ich alles im neuen Jahr nicht mehr machen möchte. Das Ergebnis bei mir war schon nach wenigen Tagen so wie bei 90 % aller anderen auch: Ich kann mich nicht auf mich verlassen.

Wenn es um den Bauchumfang geht, ist das auch nicht weiter tragisch. Schlimmer ist es bei offensichtlichen Sünden. Da nimmt sich jemand vor: Ich will jeden Sexklick im Internet meiden, bei Intrigen nicht mehr mitmachen und auch bei der Steuererklärung stets ans Jüngste Gericht denken. Und dann stellt er auch hier fest, was Paulus so beschreibt: Das, was ich tun will, tue ich nicht, und das, was ich nicht tun soll, das tue ich (Römer 7, 15).

Wie Niederlagen zum Segen werden

Eines ist klar: Ich soll nicht sündigen! Und wenn es doch passiert? Christus wäre umsonst ans Kreuz gegangen, wenn ich dann nicht immer wieder in Anspruch nehme, was allein der christliche Glaube bietet: einen Neuanfang - dank der Vergebung. Martin Luther sagte einmal: „Jeder Tag ist Bußtag." Jeden Morgen muss ich neu umkehren zu meinem Herrn mit der bewussten Entscheidung: Auch dieser Tag soll dir gehören! Und jeden Abend habe ich die Möglichkeit, reinen Tisch zu machen: „Herr, das habe ich falsch gemacht, da habe ich gesündigt. Es tut mir leid. Ich will es nicht wieder tun. Bitte vergib mir!" Und er tut es!

Das Internet vergisst nie, aber Gott!

Die Debatte der letzten Wochen hat uns ja vor Augen geführt: Das Internet vergisst nie! Gott aber bekennt: Mit der Beichte vergesse ich! Das ermöglicht keine andere Religion! Es gäbe sicher mehr fröhliche Christen, nähmen sie dieses Wellnessprogramm für die Seele in Anspruch!

II. Kann ich mich auf Methoden verlassen?

Wenn ich mich nun nicht auf mich selbst verlassen kann, dann doch hoffentlich - so meinen viele Christen - auf Methoden a la Mose, Abraham und andere Glaubenshelden. Das jedenfalls schlagen zahlreiche fromme Bücher vor, wie: „Die Moses-Methode" oder „Jesus für Manager". Der Wunsch danach ist ja auch verständlich, denn die Zahl der Christen im deutschsprachigen Europa sinkt. Deshalb möchte man sich auf Methoden verlassen, damit mehr Menschen Christen oder Betriebe von Christen erfolgreicher werden. Das gelingt sogar in einzelnen Fällen. Aber was ist, wenn alles danebengeht?

 

Wenn alles danebengeht...

 

Im letzten Jahr vertrauten über 700 Christen in Deutschland geistlichen Leitern rund 15 Millionen Euro an, hatten diese ihnen doch gesagt: „Wir haben eine Methode, bei der nicht nur eine Menge Geld für euch herausspringt, sondern auch für die Mission." Die Folge der falschen Versprechungen vor allem in baptistischen russlanddeutschen Kreisen war, dass diese Christen sehr viel Geld verloren, manche alles. Hier ging es eben nicht in erster Linie um Mission, sondern um das, was Paulus so beschreibt: „Geldgier ist die Wurzel allen Übels" (1. Timotheus 6, 10).

 

Wenn die Vision dem Verstand widerspricht

 

Ein anderes Beispiel: Da haben Mitarbeiter eines großen, aber finanziell angeschlagenen Verlages ihren neuen, extrem charismatischen Inhabern vertraut, erklärten diese ihnen doch: „Wir haben die Vision von Gott, dass jetzt alles besser wird. Jeder behält seinen Arbeitsplatz." Tatsächlich verloren ihn bald alle 78, was dem Ansehen der Christen dort, wo es passierte - im Schwarzwald -, schwer geschadet hat.

Das sind zweifelsohne Ausnahmen. Bei ihnen wurde vergessen: Nicht die Vision, sondern der Verstand ist die normale Gabe Gottes. Und wenn die Vision dem Verstand widerspricht, sollte sie von nüchternen Christen geprüft werden - nach dem Motto: „Habe Mut, dich eines anderen Verstandes zu bedienen, wenn du wenig davon hast."

 

Und der Atheist sagt nur: „Es war ganz nett..."

 

Doch es gibt natürlich auch begrüßenswerte Methoden: Wir haben einige aus den USA empfohlen bekommen, beispielsweise: wie man Gottesdienste freundlicher gestaltet und sich mehr um Kirchenfremde bemüht. Vermutlich gäbe es ohne die Befolgung dieser Ratschläge noch weniger Christen. Doch trotz Schulung von Zehntausenden gibt es nicht einmal eine kleine Erweckung - auch nicht in den USA. Viele Christen sind enttäuscht, wenn trotz toller Predigten, eines unterhaltsamen Programms mit Pantomime, Film und Musik der eingeladene Gast zum Schluss nur meint: „Es war ganz nett, aber es sagt mir nichts."

 

Wie werden mir diese Enttäuschungen zum Segen?

 

Indem ich ernst nehme, was das Neue Testament über unsere Aufgaben sagt. Als Christen sollen wir auf der einen Seite unser Bestes geben: privat, beruflich, in der Gemeinde. Denn wir werden einmal von Gott danach gefragt, was wir aus den Gaben gemacht haben, die er uns gegeben hat. Und hier ist eine Menge von Lohn die Rede. Wir kommen in den Himmel allein aus Gnade - aber wir empfangen den Lohn, nach dem wie wir gelebt haben. Auf der anderen Seite können wir auch durch noch so großes Engagement nicht einen Menschen bekehren. Jesus sagte zu seinen Jüngern nicht: „Seid Christenmacher", sondern: „Seid Zeugen, sprecht von mir! Seid Menschenfischer, indem ihr allen meine Botschaft weitersagt!" Der Heilige Geist kann dann etwas daraus machen. Er ist es, der zum Glauben führt. Wenn mir das bewusst ist, brauche ich nicht enttäuscht zu sein, wenn das Echo mager ist. Das ist bei all unserem Einsatz eine große Entlastung!

 

Das Wort Erfolg kommt in der Bibel nicht vor

 

Und vergessen wir nicht: Das Wort Erfolg kommt in der Bibel nicht vor. Stattdessen ist von Frucht die Rede. Erfolg wäre, wenn ich beispielsweise in meiner Firma in einem Jahr 30 Neue Testamente an Mitarbeiter weitergereicht hätte. Frucht ist, wenn man an meinem Leben gemerkt hat, dass Botschaft und Botschafter zusammengehören und man sich dann für den christlichen Glauben interessiert

 

 

III.        Kann ich mich auf unsere Verkündigung verlassen?

 

Zunächst: Es gibt gute Predigten! Die Zahl der Pastoren ist in der Minderheit, die das 7. Gebot missachten: „Du sollst nicht stehlen" - nämlich auch nicht meine wertvolle Zeit am Sonntagmorgen durch langweilige Reden. Doch wie kommt es, dass trotzdem so wenig passiert? Liegt es eventuell daran, dass sich das Verständnis von Gott geändert hat? Vor 100 Jahren wurde noch häufig verkündet, Gott sei ein richtender, fordernder Gott. Inzwischen klingt vielfach das Gegenteil an: Gott liebt jeden und er vergibt alles. Doch wenn Gott mich liebt, egal was ich tue, warum sollte ich mich dann eigentlich ändern? Dann kann ich ja gleich Atheist bleiben! Und wenn Gott sowieso immer alles so schnell vergibt, warum sollte ich dann die nächste Sünde lassen? Liegt es vielleicht an diesem Gottesbild, dass es so viele lasche Christen gibt und sich nur wenige für Christliches interessieren?

 

Jeder Mensch glaubt an ein Leben nach dem Tod

 

Jeder Mensch glaubt an ein Leben nach dem Tode. Wir Christen schon vorher, die anderen erfahren es spätestens danach. Wir wissen jetzt schon, dass es zwei Ausgänge gibt: Himmel oder Hölle (u. a. Markus 9,43ff, Matthäus 24f). Der Beginn der Evangelien wird mit zwei Worten zusammengefasst: Tut Buße! Also: Kehrt um! Bleibt nicht, wie ihr seid. Jesus liebt eben nicht die Sünde. Er will, dass ich in den Himmel komme. Also muss ich umkehren.

 

Wenig Halleluja in der Bibel aber viel in Liederbüchern

 

Und das ist oft schmerzhaft, kann es doch einen harten Bruch mit Freunden und Gewohnheiten bedeuten. Christ werden heißt eben nicht „Paradies sofort" - auch wenn wir gern schon jetzt in Halleluja-Stimmung wären. Entsprechend kommt ja auch in unseren modernen Liederbüchern Halleluja viele hundert Mal vor. Aber auf den 1.400 Seiten der Bibel nur 27 Mal - auf nur jeder 51. Seite! Wer also die ganze Bibel ernst nimmt, kann auch hier nicht enttäuscht werden!

 

IV.        Können wir uns auf unsere Taten verlassen?

 

Jahrhundertelang galt die Verkündigung als entscheidend und die Tat als zweitrangig. Auch hier hat sich ein anderes Extrem herausgebildet nach dem Motto „Es kommt alles auf die Tat an. Wir sind Gottes Hände." Doch ist Gott tatsächlich von uns abhängig? Eine Kommunität hat das Motto „Rede nicht (von Christus), wenn du nicht gefragt wirst, aber lebe so, dass man dich fragt". Das klingt gut und bringt Beifall.

Aber wenn die iroschottischen Mönche, die im 7. Jahr-hundert das Evangelium nach Germanien brachten, so verfahren wären - also gewartet hätten, bis da mal eine Horde Germanen rüberkommt und nachfragt -, wären wir wohl heute keine Christen, sondern immer noch Heiden. Denn es ist leider oft so, dass nicht gefragt wird. Es wird einfach hingenommen, dass es eben auch gute Menschen gibt.

 

Nie gab es so viel Gutes wie heute

 

In Deutschland ist von den Kirchen auf sozialem Gebiet noch nie so viel getan worden wie gegenwärtig: 950.000 Mitarbeiter zählen allein Diakonie und Caritas. Die Kirchen stellen jedes 3. Krankenhaus, jeden 2. Kindergarten und die meisten Entwicklungshelfer wie Hilfsorganisationen. So viel Tat war nie! Lob und Preis! Wie sähe es im deutschsprachigen Europa und weltweit aus - ohne all diese Hilfe der vielen Kirchen! Doch trotz all der vielen sozialen Taten nimmt der Einfluss der Christen ab.

 

Wie kann mir hier Enttäuschung zum Segen werden?

 

Indem ich mir bewusst mache: Soziales tun auch andere. Es gibt auch viel gottlose Barmherzigkeit. Nur wir Christen können eben Christus ins Spiel bringen. Und wenn wir überzeugt sind, dass seine Botschaft für alle Menschen wichtig ist, dann kann sie auch durch die liebevollste Tat nicht ersetzt werden. Beides gehört deshalb zusammen: Evangelisation und Diakonie, Soziales und Verkündigung.

 

V. Kann ich mich auf meine Mitchristen verlassen?

 

Es ist ein merkwürdiges Phänomen. Die größte Unternehmensberatung McKinsey stellte fest: „Je mehr Christen es gibt, desto besser geht es der Gesellschaft." Fromme Protestanten - laut Studie die mit einer hohen Kirchenbindung - sind zufriedener, opferbereiter und setzen sich mehr für die Gemeinschaft ein als andere. Eine weitere Studie hat ergeben, dass Christen weniger schwarzfahren, weniger bei der Steuer betrügen und vieles Positive mehr tun. Eigentlich müsste von daher der Staat Mission geradezu finanziell fördern, um seinen Schuldenberg abzubauen.

 

Warum „leuchten" Muslime mehr?

 

Die andere Seite ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Worten anklingen, die uns nachdenklich stimmen sollten: „Man darf Muslimen nicht vorwerfen, dass sie mit leuch-tenden Augen über ihren Glauben sprechen, wir aber nicht in der Lage sind, mit noch leuchtenderen Augen von unserem Glauben zu reden/' Warum leuchten unsere Augen so wenig? Warum wirken wir häufig wie Leute auf dem Weg zum Zahnziehen? Warum verhalten sich Christen unter-einander oft schlechter, als man es bei Heiden beobachten kann? Und dabei ist die Messlatte leider nicht selten: „Je frömmer, desto schlimmer." Wie ist das zu erklären, dass die, die genau wissen, wie man in den Himmel kommt, so viel Hölle auf Erden verbreiten?

 

Wie können uns die Enttäuschungen, die wir uns als Christen untereinander bereiten, zum Segen werden?

 

Zum einen: Indem wir uns nicht gegenseitig überfordern. Es gibt eine Tendenz in Predigten, die steilsten Thesen he-rauszustellen. Da wird beispielsweise bei Trauungen gern von Paulus zitiert: „Die Liebe erträgt alles, die Liebe deckt alles zu, die Liebe duldet alles" (1. Korinther 13). Beim ersten Ehekrach stellt sich dann die Frage: Bin ich jetzt eigentlich noch Christ? Warum wird nicht auch erwähnt, dass der große Paulus nicht alles geduldet hat? Ja er trennte sich sogar von einem Mitarbeiter (Apostelgeschichte 15, 37-39) im Streit. Auf der einen Seite wird gesagt: Jesus ist nicht nur wahrer Gott, sondern auch wahrer Mensch gewesen. Aber dann wird der Eindruck erweckt: Jesus war immer friedlich. Doch so stimmt es nicht! Sonst wäre Jesus eben nicht auch Mensch gewesen. Jesus konnte - wie wir auch - unduldsam, ja harsch sein. Er hat sogar mit der Peitsche die Händler aus dem Tempel herausgetrieben (Johannes 2, 13-16).

 

Ein einseitiges Bild von biblischen Personen

 

Es wird leider oft ein einseitiges Bild von biblischen Personen gezeichnet, so als seien sie unerreichbare Vorbilder. Doch das Gegenteil ist ja der Fall: Da ist Mose einerseits der beispiellose Führer seines Volkes aus der Sklaverei ins Gelobte Land. Andererseits schlug er einen Ägypter tot und würde heute dafür mindestens 5 Jahre Gefängnis bekommen. Da ist der große, vorbildliche Vater des Glaubens - Abraham. Seine andere Seite: Er log aus Feigheit und wäre als Kirchenvorsteher jeder kleinen Gemeinde abgesetzt worden. Und schließlich der alle überragende Glaubensheld König David. Doch auch er sündigte schwer und säße heute wegen Mordes viele Jahre im Knast. Und und und... Wenn wir die Sünden und Fehler der Väter verschweigen, kann Verkündigung krank machen. Sie macht aber gesund, wenn wir deutlich sagen: Es gibt für jede Nullnummer, ja sogar jeden Kriminellen eine Chance zur Umkehr! Ein Weiteres: Jedes Schiff wird von Nieten zusammengehalten. Auch das Schiff Gemeinde. In Gebetsgemeinschaften heißt es oft: „Herr, schenke doch unserem ganzen Land eine Erweckung. Mach doch, dass die gesamte Elite von dir ergriffen wird/' Natürlich könnte Gott das machen. Nur verheißen hat er es nicht! Paulus schreibt viel mehr über die Situation unserer Gemeinden: „Wo sind die Klugen? Wo die Meinungsführer? Wo die Spitzenkräfte dieser Zeit?" (1. Korinther 1, 20+26). Gott hat es offensichtlich so gewollt, dass sie weithin fehlen, damit sich keine Gemein-de rühmen kann: Wir sind toll, weil wir die Besten haben.

 

Unsere Gemeinde - ein einziges Krankenhaus?

 

Tatsächlich zählen zu uns überdurchschnittlich viele, die nicht zur Elite gehören. Es gibt wahrscheinlich auch keine andere Institution, die so viele seelisch Kranke anzieht, wie die Gemeinde Jesu. Ich höre darüber manchmal ein Stöhnen: „Unsere ganze Gemeinde - ein einziges Krankenhaus." Bibelkenner verwundert das nicht, schreibt doch Paulus: „Gott will sich in den Schwachen als stark erweisen" (1. Korinther 1, 27). Gäbe es nur Starke, wofür sollte man dann Gott noch bitten? Und wo wäre dann der Platz für die Schwachen? Wer würde sich denn der seelisch Kranken annehmen - abgesehen von Spezialkliniken?

 

Wir könnten uns also viel Enttäuschung ersparen...

 

wenn wir nicht einem Idealbild von Gemeinde folgen, das unbiblisch ist. Im Neuen Testament ist häufig vom Gegen-spieler Gottes die Rede, dem Teufel. Sein größter Erfolg ist, dass auch manche Christen glauben, es gäbe ihn gar nicht. Wörtlich übersetzt heißt Teufel: der Durcheinanderwerfer. Seine Hauptaufgabe ist, uns Christen durcheinanderzubringen. Bekommen wir deshalb nicht gleich Panik, wenn es kracht, sondern sehen wir es einmal ganz positiv: Nur da, wo Christen es ernst meinen, ist der Teufel in höchster Aufregung. Nur da wird wahr, was Paulus so beschreibt: „Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen" - also mit üblichen menschlichen Auseinandersetzungen -, „sondern mit Mächten und Gewalten" (Epheser 6, 12).

 

Wir leben als Christen nicht normal

 

Wir leben also als Christen nicht normal - wie die Heiden. Martin Luther sagte einmal: „Wenn wir eine Kirche bauen, baut der Teufel eine Kapelle daneben." Mit jedem Bekenntnis zu Christus springen wir dem Teufel ins Gesicht - und er springt zurück und sorgt für Streit. Wir werden nur dann dem Teufel den Sieg vermasseln, wenn wir uns bei Streit-themen fragen: Geht es hier ums Heil oder um Zweitrangiges? Zu den meisten Zerwürfnissen in der Kirchengeschichte kam es jedenfalls nicht, weil es um Himmel oder Hölle ging. Einigkeit gibt es freilich nur dann, wenn allen bewusst wird: Entscheidend ist, dass wir an Jesus als unsern Herrn glauben - nicht ob wir liegend, sitzend oder stehend beten, als Säuglinge oder bereits Glaubende getauft werden oder in einer Landes- oder Freikirche Mitglied sind.

 

In der nächsten Ausgabe kommt zum Abschluss:

Kann ich mich eigentlich auf Gott verlassen?

 

Helmut Matthies

 

Erschienen am: 13.07.2011 (idea spektrum)