Herbert Jantzen

 

Die Hauptlehren der Heiligen Schrift

Band 7: Die Lehre von der Gemeinde

 

 

Vom Wesen der Gemeinde

 

Band 7a

 

 

 

 

 


 

 

Herbert Jantzen –

Die Hauptlehren der Heiligen Schrift

 

Eine Reihe für Gemeinde und Schule

von Herbert Jantzen

 

Band 7

Die Lehre von der Gemeinde

 

Band 7a

Vom Wesen der Gemeinde


Die Hauptlehren der Heiligen Schrift

 

Eine Reihe für Gemeinde und Schule

von Herbert Jantzen

 

Band 7

Die Lehre von der Gemeinde

 

Band 7a

Vom Wesen der Gemeinde

 

 

Vorwort zu der ganzen Schriftenreihe

 

Im Jahr 1993, im Rahmen eines dreiwöchigen Weiterbildungskurses für leitende Gemeindemitarbeiter aus verschiedenen Teilen der früheren Sowjetunion, hatte ich das Vorrecht, mit einem Dogmatikunterricht zu dienen. Für die Brüder war es neues Gelände. Doch ihre Bibel kannten sie; sie waren sehr diszipliniert, und so konnte eine Menge an Material durchgearbeitet werden. Der Kurs wurde in Tula, südlich von Moskau, abgehalten. Ich wurde vom Deutschen ins Russische übersetzt.

    Es war nun der Wunsch des Missionswerkes und Verlages FriedensBote, dieses Material sowohl für Gläubige im Osten als auch im Westen zur Verfügung zu stellen. Nachdem Herr Achim Hähnel sich freundlicherweise für eine Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt hatte, war es möglich, mit dem Projekt zügig voranzugehen. Herr Karl Zimmermann, der einen recht engagierten Vortragsdienst tut, hatte inzwischen begonnen, die Tonaufnahmen abzutippen. Herr Hähnel setzte die Arbeit fort, hat dabei manches neu formuliert und sonst wertvolle Vorschläge für die Gestaltung gemacht.

    Es ist das Vorhaben, eine Reihe über Themen biblischer Glaubenslehre in einfacher Formulierung herauszubringen. Die Themen der Reihe lauten wie folgt:

·        Einführung in die Glaubenslehre

·        Die Lehre von Gott

·        Die Lehre von Christus

·        Die Lehre vom Göttlichen Geist

·        Die Lehre von den geschaffenen Geistern

·        Die Lehre vom Menschen

·        Die Lehre vom Heil

·        Die Lehre von der Gemeinde

·        Die Lehre von den zukünftigen Dingen

    Der Vortragsstil ist teilweise geblieben. Es war nicht möglich – und wohl auch nicht immer wünschenswert –, ihn ganz zu entfernen. Die Bibelzitate wurden zum großen Teil dem „Neuen Testament deutscher Fassung“ entnommen, dem der sog. textus receptus zugrunde liegt. (Das Testament soll unter dem Namen desselben Verfassers erscheinen.) Da das Buch als Studienhilfe gedacht ist, empfiehlt es sich, alle nicht ausgeschriebenen Bibelstellen aufzuschlagen und nachzulesen.

    Unser innigster Dank gebührt unserem himmlischen Herrn, der zu dieser Arbeit bis heute Gesundheit und Gnade schenkte. Sodann bin ich Carol, meiner lieben Frau, endlosen Dank schuldig: Sie hat mir in aufopfernder Weise so manches abgenommen, damit ich für meinen Dienst freier sei, und hat mich in Zeiten mangelnder Gesundheit in Treue gepflegt.

    Achim Hähnel, einem meiner früheren Studenten, der inzwischen sowohl Freund als unentbehrlicher Helfer geworden ist, bin ich ebenfalls von Herzen dankbar. Einen idealeren Mitarbeiter könnte ich mir nicht denken.

    Als besonderes Geschenk betrachte ich auch die bereits seit Jahren bestehende gute Beziehung zu den Brüdern des Missionswerkes FriedensBote.

    Hinzu kommen Geschwister aus der Gemeinde und anderen Gegenden, die ganz spontan und in selbstverständlicher Weise hier und da nicht unwichtige Dienste übernommen haben. Ihnen sei herzlich gedankt.

 

Herbert Jantzen

Aesch bei Basel im August 1996

 

 

 

Vorwort zu Band 7a

 

Sie merken, die Reihe „Hauptlehren der Heiligen Schrift“ kommt nicht in der numerischen Reihenfolge heraus. Mit Band 7a beginnt eine Serie über die Gemeinde, auf die manche schon lange gewartet haben.

    An der Vorbereitung der Manuskripte war diesesmal nebst Achim Hähnel auch Thomas Jettel beteiligt. Er bot freundlicherweise seine Mitarbeit an. Wir danken ihm für seinen selbstlosen Einsatz.

    Ein besonderer Dank gebührt Hans und Olga Ens und Stefan und Renate Homeier, die in Halle (Westf.) ihre Wohnungen Monate lang zur Verfügung stellten, damit wir in Stille arbeiten konnten. Ebenfalls bin ich Peter Wölk zu Dank verpflichtet, der in selbstloser Opferbereitschaft seine Computerkenntnisse und Zeit bereitstellte. Andere Geschwister boten liebevolle Gastfreundschaft und Hilfe. Auch ihnen sei an dieser Stelle gedankt.

    Inzwischen ist übrigens auch im Verlag des Missionswerkes FriedensBote das angekündigte NT in deutscher Fassung erschienen.

 

Im Herrn der Gemeinde verbunden

Ihr

H. Jantzen

Kelowna, Canada, im Juli 2007

 

 

 

 

Einige Erklärungen

 

1.  Zur Gliederung

      

Johann Sebastian Bach, der als der Größte unter den Musikern betrachtet wird, soll gesagt haben: „Die Kunst liegt im Einfachen.“ 

    „Ja“, kann man sagen, „und doch muss man dieses Einfache kennen.“ Die Sache mit dem sprichwörtlichen Ei des Kolumbus war höchst einfach, nur musste man dahinterkommen.

    So dürfte es sich mit unserer Gliederung verhalten. Es wird wohl nicht jeder in Band 1 mit ihr zurechtgekommen sein. Im Grunde ist sie sehr einfach; doch muss man auch hier „dahinterkommen“.

    In unserer heutigen Zeit sind die meisten Menschen eher bildorientiert und weniger gewohnt, von einem Text her gliederungsmäßig zu denken. Von daher wird sich vielleicht der eine oder andere anfangs mit der Gliederung schwer tun. Es fällt aber leichter, sich Zusammenhänge einzuprägen, wenn sie durch eine Gliederung strukturiert sind. Es reicht jedoch für einen Stoff größeren Umfanges das heute übliche Zahlensystem lange nicht aus.

    Für unsere Aufgliederung werden je zwei Arten von Zahlen, Buchstaben und Punkten (evtl. auch Strichen) benutzt, und zwar stufenweise. In jeder Stufe werden römische Zahlen, Großbuchstaben, arabische Zahlen und Kleinbuchstaben in der genannten Reihenfolge verwendet. Um mehrere Gliederungsstufen unterscheiden zu können, werden die Zahlen und Buchstaben zusätzlich mit Punkt, dann Doppelpunkt, versehen: Die erste Stufe erhält einen Punkt nach dem Symbol: I. A. 1. a. Die zweite Stufe erhält einen Doppelpunkt nach dem Symbol: I: A: 1: a: In der dritten Stufe erhalten die Symbole einen zusätzlichen Punkt zur Rechten des Doppelpunktes: I:. A:. 1:. a:., und in einer nächsten Stufe wird es dann ein zweiter Doppelpunkt an Stelle des zusätzlichen Punktes sein, also zwei Doppelpunkte nach dem Symbol.

 

2.  Zitate

      

Aus der Schrift wird viel zitiert, denn in dieser Glaubenslehre soll vornehmlich Gott zur Sprache kommen.

    Jesus sagte: „Der Mensch wird leben … von jedem Wort, das durch Gottes Mund hervorgeht.“ (Mt 4,4M)

    Auch wo es der Verfasser ist, der spricht, soll es möglichst Wiedergabe der Gedanken Gottes sein, wie Petrus uns dazu aufruft: „… wenn jemand redet, [rede er] als einer, der Worte Gottes spricht …“ Ob es auch wirklich so ist, das möge der Leser prüfen, und wo es anders ist, da möchte der Verfasser darauf hingewiesen werden.

    Bei den vielen Schriftzitaten sind wir aber in guter Gesellschaft. Man vergleiche den Hebräerschreiber und streckenweise Paulus.

    Viele Schriftstellen, wenn nicht die meisten, werden ausgeschrieben, um das Aufschlagen während der Lektüre zu ersparen. Die Fassung der Zitate ist fast immer die des Verfassers.

    Manche Texte werden mehrmals angeführt. Paulus meint: „Dasselbe euch zu schreiben, ist mir nicht lästig.“ Mein Wunsch ist, dass es auch niemandem, der meine Zeilen liest, zu viel wird. Gottes Wort ist reich. Viele Passagen werfen Licht auf mehr als ein Thema.

    In anderen Zitaten wurde etwaiges altes Deutsch stehen gelassen.

 

3.  Abkürzungen

      

Die Abkürzungen der biblischen Bücher sind meistens nicht die üblichen, aber der Leser dürfte sich da ohne weiteres zurechtfinden.

    Hinter einer Schriftstellenzahl kann ein Buchstabe stehen. A bedeutet dann Anfang, M Mitte und E Ende des Verses.

    Einige andere Abkürzungen haben wir uns erlaubt, die verständlich sein dürften, wie z. B. AT und NT.

    [[Abkürzungen, die aus lediglich einem Buchstaben bestehen, werden mit einem Punkt versehen.]]

 

4.  Formulierungen

      

Wenn an einigen Stellen eine Formulierung ungewohnt oder sogar grammatisch oder stilistisch falsch erscheint, so darf der Leser davon ausgehen, dass sie wegen der inhaltlichen Aussage bewusst so gewählt war.

 

5.  Griechische Wörter

      

Diese werden mit deutschen Buchstaben ausgeschrieben und zwar so, wie sie auszusprechen sind.

 

 

 


Vom Wesen der Gemeinde

 

 

A.  Einleitendes

 

    1.  Allgemeines zum Thema Gemeinde

 

        .  Die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts kann theologisch–geschichtlich eine Zeit der Gemeinde genannt werden. Traditionell war das Thema für die Dogmatik nicht ein besonders wichtiges. Aber im genannten Jahrhundert ist es als eine theologische Frage recht stark in den Vordergrund getreten.

    Alfred Kuen, der sich viel mit diesem Gebiet beschäftigte, meinte 1974: „Die Frage nach der Gemeinde ist gewiss eines der wichtigsten und aktuellsten Probleme der Gegenwart… Wir sind Zeugen der ‚Wiederentdeckung der Gemeinde’ (Plachte). Man spricht von der ‚langen Suche nach der Gemeinde’ (Drobnitzky). Schon im Jahre 1929 hatte Otto Dibelius prophezeit: ‚Das 20. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Kirche sein’. In den letzten 40 Jahren haben die Ereignisse seine Prophezeiung völlig bestätigt. Man spricht viel von der Kirche. Schon 1948 hat Karl Barth behauptet, man habe in den 30 Jahren nach dem ersten Weltkrieg mehr von der Kirche gesprochen als im 18. und 19. Jahrhundert zusammen. Was würde er heute sagen! Auf allen Seiten sucht man eifrig nach Strukturen, probiert man originale Formeln.“[1]

    1985 schrieb Dieter Boddenberg: „Unsere Zeit kennt ein ganz neues Fragen nach den Aussagen der Heiligen Schrift zum Thema Gemeinde. Menschen, die erkannt haben, dass ihre persönliche Lebenserfüllung darin liegt, den Willen Gottes für sich zu entdecken, forschen und suchen ernstlich danach.“[2]

    Gut ist es, wenn man auch bei diesem Thema „nach den Aussagen der Heiligen Schrift“ fragt und nie aufhört zu fragen (auch wenn man meint, die Frage sei schon beantwortet), denn, wie Kuen treffend schreibt, die „Gemeinden, die wir in der Apostelgeschichte vorfinden, und die, welche wir in den Briefen erkennen, sind … Gemeinden, die nach Gottes Plan gegründet waren – Gemeinden, die seinen Gedanken und [seinem] Willen entsprachen. Die Kirchen aber, die aus der geschichtlichen Entwicklung der Urgemeinden entstanden und eine andere Gestalt annahmen, können nicht Anspruch darauf erheben, im gleichen Einklang mit Gottes Plan zu stehen.“[3]

    So wie Mose das Zelt der Zusammenkunft nach dem Muster im Himmel zu bauen hatte, so erwartet Gott, dass wir nach seinem in der neutestamentlichen Schrift offenbarten Plan an seiner Gemeinde arbeiten.

 

        .  In dieser Behandlung des Themas werden die Lehre von der Gemeinde als Gemeinwesen und die Lehre vom Christen zusammengeflochten. Die Begriffe Gemeinde und Gläubige werden nämlich im Neuen Testament in starkem Maße auswechselbar verwendet.

    Das zu besprechende Lehrgebiet wird manchmal mit dem Fremdwort Ekklesiologie bezeichnet. Diese Vokabel setzt sich zusammen aus den dem Griechischen entnommenen Wörtern ekkleessia und logos.

    Das erste Wort heißt einfach „Gemeinde“. Man spricht manchmal von der „Gerufenen“, was aber eigentlich irreleitend ist. Ian Howard Marshall, in seinem Kommentar zur Apostelgeschichte (in Tyndale New Testament Series, Inter-Varsity Press, Leicester, England, 1980), sagt sogar (zu 5,11), dem griechischen Wort diese Bedeutung zu geben mit Berufung auf seinen Sinnursprung (Etymologie), sollte ein für allemal aufgegeben werden. In einigen griechischen Stadtstaaten wurden die Mitglieder der freien politischen Gemeinde zwar zusammengerufen, aber das muss nicht heißen, dass die Gemeinde Jesu selbst als eine „Gerufene“ zu bezeichnen wäre. Begriffe wachsen und nehmen manchmal eine andere Bedeutung an, als die ihres Ursprungs. Nicht, dass die Gemeinde nicht eine Gerufene wäre und dass das griechische Wort nicht schön dazu passen würde; aber nicht deshalb heißt sie „ekkleessia“. Es darf nicht übersehen werden, dass diese Bezeichnung bereits viele Jahre vor der neutestamentlichen Zeit Verwendung kannte und zum Teil für sehr verschiedene Arten von Zusammenkünften. Die beste deutsche Wiedergabe ist immer noch „Gemeinde“.

    Logos heißt ‚Wort’, kann aber auch ‚Abhandlung’ bedeuten. In diesem Fall ist es das Bedenken eines Themas. ‚Theologie’ ist das Bedenken des Themas Gott, ‚Pneumatologie’ das Bedenken des Themas Geist. ‚Ekklesiologie’ ist das Bedenken (und Besprechen) des Themas Gemeinde.

    Es ist die Lehre von der Gemeinde Gottes, um die es uns hier geht, der Gemeinde Jesu Christi – nicht irgendwelcher Gemeinde.

 

        .  Folgende Themen sollen in dieser Reihe, den Bänden 7a, 7b usw., behandelt werden:       

            -  Das Wesen der Gemeinde

            -  Verantwortung und Wegbestimmung in der Gemeinde

            -  Die Gemeinschaft der Gemeinde

            -  Das Werden der Gemeinde

            -  Der Christ und die Welt

            -  Die Ausrüstung der Gemeinde

            -  Der Auftrag der Gemeinde

            -  Die zeichenhaften Handlungen der Gemeinde

 

 

    2.  Einleitendes zum Thema Wesen der Gemeinde

 

Was ist nun Gemeinde?

    Ein Hochschullehrer schreibt: „Als Professor an [einer christlichen Hochschule] fing ich vor etlichen Jahren damit an, zusammen mit einer Anzahl meiner Studenten die Heilige Schrift neu zu erforschen, um herauszufinden, was die Gemeinde im Neuen Testament wirklich war.“[4]

    Dieses ist nur ein Beispiel von dem erneuten Fragen nach dem Wesen der christlichen Gemeinde.

 

        a.  Gemeinde ist ein problematischer Begriff.

              

            .  Manchem fällt es schwer, ihn zu definieren. Viele sind es, die, aus verschiedenen Gründen, um die Verwirklichung gesunder Gemeinde ringen; es bestehen dennoch bis jetzt große Unterschiede in den Auffassungen über christliche Gemeinschaft und Gemeindeleben, oft auch Unsicherheiten. Es ist erstaunlich, wie viel Unklarheit an dieser Stelle auch unter bibelorientierten Reichgottesarbeitern herrscht, wie wenige selbst die allererste Frage: Was ist Gemeinde? eigentlich beantworten können.

    In einem internationalen Seminar, an dem der Verfasser teilnehmen durfte, antwortete ein führender evangelikaler Theologe auf diese Frage traditionsgemäß: „Sie ist dort, wo Wort Gottes verkündet wird und Sakramente gehandhabt werden.“

    Die Frage wird aber durch diese Antwort etwas verschoben. Sie lautet nämlich nicht: Wo ist Gemeinde?, sondern: Was ist sie? Ist Gemeinde denn wirklich überall dort, z. B., „wo Wort Gottes gepredigt wird“? Hat Martin Luther Recht, wenn er sagt:

    „Es ist aber dieses Stücklein sonderlich zu merken, auf dass wir wissen, Christi Reich sey … allein … regiert … durch das Wort des Evangelii. Dieses Evangelium, wo es lauter und rein geprediget wird, es sey an welchem Ort es wolle, da ist Christi Reich. Und dieses Kennzeichen der Kirche, oder des Reichs Christi, kann nicht trügen, denn wo das Wort ist, da ist der Heilige Geist, entweder beym Zuhörer, oder beym Lehrer. Die äußerlichen guten Werke können betrügen, sindemal sie auch an den Heyden gefunden worden. Derowegen irret das Pabstthum, welches dafür hält, es wären andere Kennzeichen der Kirche, als das Wort. Und weil sie sagen, sie wären deßwegen die Kirche, weil sie einer anderen Lebensart folgen, so betrügen sie sich selbst. Denn das Wort ist allezeit das einzige, immerwährende und unbetrügliche Kennzeichen der Kirche gewesen…

    Zum vierten setzt er die Früchte des Worts hinzu, dass die Heyden durch das Wort zur Erkenntniß der Sünde kommen und hernach durch eben dieses Wort Trost und Friede empfangen werden.“[5]

    Weitere Fragen: Wo und was ist Gemeinde, wenn Wort Gottes nicht gepredigt wird, zum Beispiel in der Woche oder wo es nicht erlaubt ist? Ist Gemeinde wirklich überall dort, „wo die Sakramente gehandhabt werden?“ Können „das Wort gepredigt und die Sakramente gehandhabt werden“, ohne dass Gemeinde vorhanden ist? Ist Gemeinde institutionell, oder ist sie personell? Oder ist sie beides?

   

            .  Vor einigen Jahrzehnten schrieb Howard Snyder: „Tatsache ist, dass der Protestantismus nie eine vollständige, biblische Lehre der Gemeinde entwickelt hat. Der Protestantismus (und folglich auch der gegenwärtige Evangelikalismus) hat oft eine unklare und teilweise platonische Sicht der Gemeinde, welche die Möglichkeit untergräbt, eine biblische Lösung für die vielen Fragen zu finden, die mit dem Wesen und der Sendung der Gemeinde zusammenhängen. Das gilt für die Fragen der Einheit, der Verkündigung, des sozialen Zeugnisses und vieles mehr.“[6]

 

            .  Wenn Christen es schwer finden, diesen Begriff zu bestimmen, so soll es uns nicht Wunder nehmen, wenn der Staat damit nicht fertig wird. Unter den ersten Einwanderern nach Nordamerika waren viele, die aus Ländern flohen, in welchen die Kirche im Sattel des Staates saß und ihn benutzte, um biblische Christen auszugrenzen und zu verfolgen. Als man dann die Verfassung der Vereinigten Staaten schuf, war es verständlicherweise ein starkes Anliegen, „Kirche und Staat zu trennen“. Aus Mangel an klarem Verständnis des Begriffes „Kirche“ wurde der Trennungspassus mit der Zeit zu einem regelrechten Stolperstein und zu einem willkommenen Anlass für gottfeindliche Kräfte, das Christentum im Lande an die Wand zu drücken. Aus „Kirche“, worunter die Verfassungsväter eine organisierte religiöse Benennung verstanden, wurde „Religion“, sodass mit der Zeit christliche Elemente durch die Rechtsprechung aus Regierungsbereichen verdrängt wurden, die Bibel z. B. aus den Schulen. Wo Christen jedoch selbst nicht ein klares Bild von Kirche bzw. Gemeinde haben, ist es heute schwer, das Lenkrad der Geschichte herumzuholen.

 

            .  Im Kern allerdings entstanden in der Reformationszeit einige recht treffende Formulierungen[7] zur Definition von Gemeinde (wäre man nur dabei geblieben!):

                -  Luther: „… die gläubigen Heiligen [Vf.: besser hätte er schreiben können: ‚die heiligen Gläubigen’] und die Schafe, welche auf die Stimme ihres Hirten hören (Jh 10,3) …“

                -  Der Ansbacher evangelische Ratschlag von 1524: „… die Zahl oder die Vereinigung aller derer, die an Christus glauben, die in der Einheit des Geistes, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe leben, weshalb man sie die Gemeinschaft der Heiligen nennt …“

                -  Die Confessio Belgica: „… eine heilige Vereinigung oder Versammlung der wirklich gläubigen Christen, die ihr ganzes Heil von Jesus Christus erwarten, die durch sein Blut gewaschen, durch den Heiligen Geist geheiligt und versiegelt sind. Sie ist die Versammlung der Geretteten.“

    Das zweite Helvetische Bekenntnis[8] von 1566 (Confessio Helvetica Posterior) ist dem belgischen ähnlich: „… eine aus der Welt berufene oder gesammelte Schar der Gläubigen, eine Gemeinschaft aller Heiligen, nämlich derer, die den wahren Gott durch das Wort und den Heiligen Geist in Christus, dem Heiland, wahrhaft erkennen und recht anbeten und im Glauben an allen durch Christus umsonst angebotenen Gütern teilhaben.“

        b.  Gemeinde ist ein alter Begriff.

              

Der Gemeindebegriff kommt aus mehreren geschichtlichen Räumen. In ihnen haben wir die Vorläufer des neutestamentlichen Wortes zu sehen.

 

            I:  Gemeinde im alten Griechenland

                  

Die Bezeichnung ekkleessia konnte sich zu alter Zeit auf eine Vielfalt von Menschenansammlungen beziehen. E. Petersen meint:

    „Die Zusammenkunft konnte religiöser Art sein, wie etwa eine Anbetung in einem heidnischen Tempel, oder sie konnte auch wirtschaftlicher Art sein, wie Versammlungen verschiedener Handelsgilden.“[9]

    Formal war sie im alten Hellas die Gemeinde der aus den in Freistaaten durch den Herold heraus- und zusammengerufenen Bürger. Jede solche ordnungsgemäß einberufene Versammlung bildete die politische Gemeinde. (Nicht alle, die in einem Freistaat wohnten, waren Bürger.)

    Hier ist der demokratische Gedanke vorherrschend. Die Mitglieder nehmen am Vorgehen der Versammlung teil. Sie hören nicht nur zu, sondern bringen auch eigene Gedanken mit ein.

 

            II:  Gemeinde im alten Israel

                  

Es ist durch die griechische Übersetzung des AT, dass das Wort ekkleessia zur neutestamentlichen Gemeinde gekommen ist. Von daher ist der Gebrauch im früheren Israel für uns von Bedeutung für ein besseres Verständnis des Begriffes.

    Drei Bauten sind es, die hier im Mittelpunkt stehen: das Zelt der Zusammenkunft, der Tempel und die Synagoge.

    Qahal (zu Deutsch: vorladen, zusammenrufen) ist die Gemeinde Israel[10], die zusammengerufen und zum Zelt der Zusammenkunft vorgeladen wird, um zu hören, was Gott zu sagen hat, um wiederum in seinem Auftrag zu handeln. Erstrangig ist die Begegnung mit Gott, zweitrangig die Begegnung miteinander. In das Zelt und später in den Tempel gehen nur einige Erwählte. Dreimal im Jahr haben die Männlichen im Volk sich dort zu versammeln. Das ganze Volk heißt aber qahal, „Gemeinde“.

    Die Synagoge stellt eine örtliche Versammlung dar. Man kommt am Schabbatt zusammen, um Gesetz (Gottes Reden zum Menschen) und Gebet (des Menschen Reden zu Gott) zu pflegen. Es findet auch ein gewisser Austausch statt; doch steht das geschichtliche Reden Gottes (in den Heiligen Schriften) im Vordergrund.

    In der Gemeinde Israels ist also der theokratische Gedanke vorherrschend, nicht der demokratische.

 

            III:  Gemeinde im alten Rom

                  

Die Römer sollen diesen Begriff von den Griechen übernommen haben. Doch wird er von ihnen etwas anders gehandhabt.

    Die Bürgerschaft des römischen Imperiums war einfach ein erweitertes Rom. Diese Stadt hatte ja ihre Herrschaft auf Italien und andere Länder ausgeweitet bis nach Asien und Afrika. Je weiter sich die Herrschaft Roms ausdehnte, umso weiter dehnte sich auch die Bürgerschaft der Stadt aus. Im römischen Imperium war jeder Bürger ein Bürger der Stadt Rom – und zugleich des ganzen Imperiums. Alle Bürger bildeten eine ‚Gemeinde’, wovon die örtlichen Gemeinden jeweils nur einen Ausschnitt darstellten.

    Kam ein freier Bürger von Athen oder Philippi nach Spanien in eine Stadt, die zu Rom gehörte, war er automatisch (ohne besondere Einführung) ein Glied der dortigen politischen Gemeinde. Fand dort eine Gemeindeversammlung statt, so war es ihm ohne weiteres gestattet, als Teilnehmer beizuwohnen. Er war ja ein Bürger dieser Gemeinde. Alle römischen Bürger waren Bürger einer einzigen großen Gemeinde.[11]

    Ähnlich ist es in der biblischen. In der alttestamentlichen ist das ganze Volk die Gemeinde und die Glieder des Volkes an einem Ort ein Ausschnitt davon. In der neutestamentlichen bilden Christen überall eine einzige Gemeinde. Die eines Ortes sind Glieder der ganzen Gemeinde, und alle Christen der ganzen Gemeinde sind Glieder jeder Gemeinde am Ort.

    Eine interessante Beobachtung von Achim Hähnel sei hier angefügt:

    „Es wäre interessant zu prüfen, ob dies vielleicht sogar ein allgemein orientalisches Verständnis von Gemeinde ist. - Wie ich von einem Freund erfahren habe, sei es für einen Muslimen in der Türkei völlig egal, wo er in eine Moschee gehe, Hauptsache er gehe hin. Es bestehe keine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Region, etwa abhängig vom Wohnsitz, sondern etwa so: Wer Moslem ist, gehört dazu und darf in jeder beliebigen Moschee die Versammlung besuchen.“

 

            IV:  Gemeinde im alten aramäischen Raum

                  

Lamsa sagt zu Mt 18,17, im Aramäischen beziehe sich der Begriff Gemeinde auf die Leitung der Bevölkerung eines Ortes: „Das aramäische Wort ist mit ‚Gruppe’ oder ‚Vorstand’ zu übersetzen, der sich aus den Ältesten und Stadträten zusammensetzt …“[12]

    Es ist noch zu erwägen, wie stark dieser Gedanke bei Jesus vorhanden ist, wenn er zwölf Männern sagt, was für seine ganze Gemeinde gedacht ist. (Dass diese weiterzugeben hatten, was ihnen anvertraut wurde, besagen folgende Stellen: Mt 28,20; Jh 15,26E.27; Ag 1,8M: „… ihr werdet Zeugen von mir sein …“; 10,39.)

 

 

        c.  Gemeinde ist ein biblischer Begriff.

              

Im Neuen Testament wird das griechische Wort für Gemeinde unter verschiedenen Aspekten verwendet.

 

            I:  Im hebräischen Sinne

                  

Ag 7,38: „Dieser ist der, der in der Gemeinde in der Wüste war mit dem [himmlischen] Boten, der am Berge Sinai zu ihm redete, und mit unseren Vätern, der lebende Worte entgegennahm, um sie uns zu geben …“

 

 

             II:  Im römischen Sinne

                   

(In den folgenden Versen wird das griechische Wort für Gemeinde mit „Versammlung“ übersetzt.)

    Ag 19,39–41: „‚Wenn es aber etwa andere Dinge sind, über die ihr Gesuche habt –: In der gesetzesgemäßen Versammlung wird es erledigt werden – denn wir laufen auch Gefahr, bezüglich dieses Tages des Aufruhrs angeklagt zu werden, da nicht ein Grund besteht, mit dem wir diesen Zusammenlauf werden rechtfertigen können.’

    Und nachdem er dieses gesagt hatte, entließ er die Versammlung.“

    Vgl. auch V. 32: „Die einen also schrien dies, die anderen das, denn die Versammlung war in Verwirrung, und die Mehrzahl wusste nicht, aus welchem Grunde man zusammengekommen war.“

 

            III:  Im christlichen Sinne

                 

In diesem Sinne hat das Wort Gemeinde einen vierfachen Anwendungsbereich.

 

                A:  Gemeinde im Himmel und auf der Erde

                      

Die ganze Schar von Gläubigen im Himmel und auf der Erde kann „Gemeinde“ heißen:

    Eph 3,21: „… ihm gebührt die Herrlichkeit in der Gemeinde in Christus Jesus zu allen Geschlechtern aller Ewigkeit.“

    Ob hier auf der Erde oder bereits in der Ewigkeit, alle sind im Grunde eine große Gemeinde, eine Schar, die Jesus Christus gehört. Diese schließt alle Gottesmenschen aller Zeiten ein. Sie ist die Schar aller auf Christus Vertrauenden, ob vor oder nach seinem ersten Kommen in die Welt.

    Heb 12,22.23: „… sondern ihr seid hingekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebenden Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu vielen Tausenden von Engeln, der Gesamtfestversammlung und zur Gemeinde der Erstgeborenen in den Himmeln eingetragen und zu Gott, dem Richter aller, und zu vollendeten gerechten Geistern …“

 

                B:  Gemeinde auf der Erde seit Pfingsten

                       

1Kr 12,12.13: „… denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, also ist auch der Christus, denn auch in einem Geist wurden wir alle in einen Leib getauft, seien wir Juden oder Griechen, leibeigene Knechte oder Freie, und wir wurden alle in einen Geist getränkt.“ Die Tatsache, dass alle Christen in einen Leib versetzt sind und alle in einen Geist getränkt, macht sie eins. Seit Pfingsten ist die ganze Gemeinde ein Leib. Diese Leibhaftigkeit bezieht sich auf die irdische Gemeinde, was gegen Ende des Kapitels zum Ausdruck kommt:

    V. 27.28: „Ihr seid aber Christi Leib und Glieder im Besonderen. Und es setzte Gott in der Gemeinde im einzelnen erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer, nach dem Kraftwirkungen, danach Gnadengaben des Heilens, Hilfeleistungen, Lenkungen, Sprachenarten.“ Auf Erden gibt es verschiedene Arten von dienenden Christen. Alle diese Dienste hören auf, wenn die Gemeinde im Jenseits ist. Im Himmel gibt es keine Apostel, keine Propheten, keine Lehrer.

    15,9: „… denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht tauge, Apostel genannt zu werden, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgte.“ Hier ist ebenfalls an die irdische Gemeinde gedacht.

 

                C:  Gemeinde am Ort

                        

Gemeinde sind auch die Heilsmenschen in einer engeren geografischen Gegend wie z. B. die Gemeinde in Jerusalem: Ag 8,1; die Gemeinde in Antiochien: Ag 13,1; die Gemeinde im Hause des Aquila: Rm 16,5; die Gemeinde in Korinth: 1Kr 1,2. (Für eine solche Versammlung kann auch „Synagoge“ gebraucht werden.)

    Diesem entsprechend steht das Wort in der Mehrzahl, wenn Gruppen von Christen an mehreren Ortschaften gemeint sind: „… aber dem Gesicht nach war ich den Gemeinden Judäas, die in Christus sind, unbekannt …“: Ga 1,22.

 

                D:  Eine Versammlung von Christen

                        

Ag 15,22; 1Kr 11,18; 14,19.28.34.35; Kol 4,16; 3J 6.10.

 

        d.  Gemeinde ist ein wichtiger Begriff.

               

            I:  Die Gemeinde ist wichtig für Gott.

 

                .  Der ganze Gott verbindet sich mit ihr.

Mt 28,19: Die Wassertaufe geschieht im Zeichen des dreieinigen Gottes. Der ganze Dreieinige identifiziert sich mit uns beim Eintritt in seine Gemeinde.

    In Eph 4,4–6 sehen wir wieder, dass der ganze dreieinige Gott mit der Gemeinde in Verbindung gebracht wird: „… ein Leib und ein Geist entsprechend dem, dass ihr gerufen wurdet in einer Hoffnung eures Rufes, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in euch allen ist.“

    In V. 4 ist der Heilige Geist genannt, in V. 5 der „Herr“ (im Neuen Testament normalerweise ein Hinweis auf Christus) und in V. 6 „Gott der Vater“. Um jede dieser Bezeichnungen der Dreieinigkeit sammeln sich in diesem Text einige Ausdrücke bzw. Begriffe. Mit dem Geist hängen „Leib“ und „Ruf“ zusammen; zu dem „Herrn“ gesellen sich der „Glaube“ und die „Taufe“; und bei Gott, dem Vater, wird seine umfassende Beziehung zur Gemeinde zum Ausdruck gebracht. Der ganze dreieinige Gott also identifiziert sich mit seiner Gemeinde.

 

                .  Gott hält viel von seiner Gemeinde.

 

                    -  Wie teuerwert Gott die Seinen sind, sehen wir schon im AT. Er ist z. B. bereit, Sodom vor dem Untergang zu verschonen, wenn dort nur zehn Gerechte zu finden sind.

    Vgl. auch 2P 2,7-9A.

    Jeremia sagt sogar (5,1): „Streift durch die Gassen Jerusalems und schaut nach und erkundigt euch und forscht nach auf ihren Plätzen, ob ihr einen Mann findet, ob einer da ist, der Rechtes tut und sich der Wahrhaftigkeit befleißigt, so will ich ihr gnädig sein.“

    Mose erklärt: „Wie hat er die Stämme so lieb! Alle seine Heiligen waren in deiner Hand. Und sie lagerten zu deinen Füßen. Ein jeder nahm von deinen Worten.“ (5M 33,3)

 

                    -  Seine Wertschätzung der neutestamentlichen Gemeinde kommt wie folgt zum Ausdruck:

Lk 10,20: „Doch darüber freut euch nicht, dass sich die Geister euch unterordnen; aber freut euch vielmehr, dass eure Namen in den Himmeln aufgeschrieben wurden.“ Vgl. Of 3,5.

    Jh 17,22-24A: „Und ich, die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, so wie wir eins sind – ich in ihnen und du in mir –, damit sie in eins Vollendete seien, damit die Welt Kenntnis haben möge, dass du mich sandtest und dass du sie liebtest, so wie du mich liebtest. Vater, die, die du mir gegeben hast, – ich will, dass auch dieselben bei mir seien, wo ich bin.“

    1Kr 3,17: „Wenn jemand das Tempelheiligtum Gottes verdirbt, wird Gott ihn verderben, denn das Tempelheiligtum Gottes ist heilig, welches ihr seid.“ Gott rächt sich an jedem, der seinen heiligen Tempel (die Gemeinde) schädigt.

    Eph 1,3-5: „Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn, Jesu Christi, der uns durch Christus mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen Bereichen segnete, entsprechend dem, dass er uns vor Grundlegung der Welt in ihm sich erwählte, damit wir seien heilig und tadellos vor ihm in Liebe; er bestimmte uns nämlich im Voraus zur Sohnesstellung für sich durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens.“

    V. 18: „… wobei die Augen eures Verständnisses erleuchtet werden mögen, um zu wissen, welches die Hoffnung seines Rufes ist und welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen.“

    V. 11 hatte von unserem Erbe, das wir von Gott bekommen haben, gesprochen. V. 18 spricht davon, dass wir sein Erbe sind. Paulus wünscht uns geöffnete Augen, zu wissen, welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in seinen Heiligen sei. Als sein Erbe sind wir reichlich herrlich für Gott und bedeuten ihm viel. Gott möge uns geöffnete Augen dafür geben, wie geliebt, hoch geschätzt und wertvoll wir ihm sind.

    3,13: „… weshalb ich mir erbitte, nicht mutlos zu sein in meinen Bedrängnissen für euch, was eure Herrlichkeit ist.“

    Of 1,20; 2,1: „Was das Geheimnis der sieben Sterne, die du auf meiner rechten Hand sahst, und was die sieben goldenen Leuchter betrifft: Die sieben Sterne sind sieben Boten der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter, die du sahst, sind sieben Gemeinden. Dem Boten der ephesischen Gemeinde schreibe: Das sagt der, der die sieben Sterne in seiner rechten Hand hält, der inmitten der sieben goldenen Leuchter geht.“ Jesus ist mitten in seiner Gemeinde. Er hat sie gerne in seiner Nähe und hält ihre Hirten in seiner Hand.

 

                .  Gott hat viel in die Gemeinde investiert.

Mt 13,45.46: „Wiederum ist das Königreich der Himmel gleich einem Menschen, einem Handelsmann, der schöne Perlen suchte, der, als er eine einzige hochwertige Perle fand, hinging, alles verkaufte, was er nur hatte, und sie kaufte.“ Der Sohn Gottes ist es, der in die Welt kam, um Perlen zu suchen. Wie er alles hingab, um uns zu erkaufen, beschreibt der Apostel in Php 2.

    Ag 20,28: „Habt also Acht auf euch selbst und auf alle in der kleinen Herde, in der der Heilige Geist euch zu Aufsehern setzte, um Hirten zu sein der Gemeinde Gottes, die er durch das eigene Blut erwarb.“ Das Blut, das auf Golgatha floss, gehörte Gott. In Jesus Christus hatte er Fleisch angenommen und Blut fließen lassen. Es war Gott, der am Kreuz hing, kein Geringerer – Gott in Menschengestalt.

    Jes 53,10.11A: „Und dem HErrn gefiel es, ihn zu zerschlagen, ihn leiden zu lassen. Wird seine Seele ein Übertretungsopfer gestellt haben, wird er Samen sehen, lange leben, und das Wohlgefallen des HErrn wird in seiner Hand gedeihen. Von der Mühsal seiner Seele wird er es sehen. Er wird zufrieden sein.“ Gott ist zufrieden und freut sich über seine Gemeinde, weil er seiner Seele keine Mühsal erspart hat, um sie zu erkaufen.

    Eph 5,25–32: Gott ist Mensch geworden, um uns zu suchen, zu lieben, sein Leben für uns zu geben, weil wir ihm so viel bedeuten.

    Kol 1,21.22: „Und euch, die ihr einst Entfremdete wart und Feinde in der Gesinnung, was sich in den bösen Werken äußerte, versöhnte er jetzt aber in dem Leibe seines Fleisches durch den Tod, um euch darzustellen als Heilige und Tadellose und Unsträfliche vor ihm.“ Gott hat sehr viel investiert, um uns eines Tages vor seinen Augen als Kostbare und Wertvolle darzustellen.

    Für Carl Garve war diese Wahrheit ein großer Trost: „Stark ist meines Jesu Hand, und er wird mich ewig fassen, hat zu viel an mich gewandt, um mich wieder loszulassen. Mein Erbarmer lässt mich nicht. Das ist meine Zuversicht.“

 

            II:  Die Gemeinde ist wichtig für die Engel.

                  

Für die himmlischen Boten ist die Gemeinde ebenfalls von Bedeutung. Sie dienen Gott, sind ihm treu, tun seinen Willen sofort und ganz. Und was Gott interessiert, interessiert auf jeden Fall auch sie.

    1P 1,12: „… denen enthüllt wurde, dass sie nicht sich selbst zu Diensten standen, uns aber mit dem, das euch nun als Botschaft eindringlich weitergegeben wurde – durch die, die euch die gute Botschaft sagten durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist –, Dinge, in die auch [himmlische] Boten hineinzuschauen begehren.“ Die Engel haben Freude an der Entwicklung des Heils. Wenn die Christusbotschaft unter Menschen in Form von Gemeinde Gestalt annimmt, suchen die himmlischen Boten da hineinzuschauen.

    Eph 3,10: „… damit nun den Erstrangigen und Vollmächtigen in den himmlischen Bereichen durch die Gemeinde die sehr mannigfaltige Weisheit Gottes kund würde.“ Paulus erwartet, wenn Gemeinde entsteht, dass der unsichtbaren Welt etwas von der Weisheit Gottes kund wird. Was aber die Gemeinde groß und herrlich macht, ist das große und herrliche Evangelium.

    1Kr 11,10: „Deswegen soll die Frau Vollmacht auf dem Haupt haben – wegen der Engel.“ Es interessiert sie nämlich, wie die Gemeinde sich verhält und was in ihr vorgeht, wenn sie zusammenkommt.

 

            III:  Die Gemeinde ist wichtig für Paulus.

 

                .  Seine Dankbarkeit für die Gemeinde bringt er wiederholt zum Ausdruck: 1Kr 1,4; Php 1,3; Kol 1,3; 1Th 1,2; 2Th 1,3.

 

                .  Der ganze Dienst des Apostels dreht sich um die Gemeinde: 2Kr 4,14.15A: „… denn alles ist euretwegen.“

 

                .  Die Gemeinde kommt in der Fürsorge zuerst daran (Ga 6,10): „Lasst uns dann also, wie wir Gelegenheit haben, das Gute wirken gegen alle, am meisten aber gegen die, die von der Glaubensfamilie sind.“

 

                .  Weil die Gemeinde so wichtig ist, ist Paulus auch bereit, für sie zu leiden.

Kol 1,24: „Nun freue ich mich in meinen Leiden für euch, und ich fülle vertretend auf das noch Fehlende von der Bedrängnis Christi in meinem Fleisch für seinen Leib, der die Gemeinde ist …“

    Was ihm die Gemeinde jedoch so wichtig macht, dass er willig ist, für sie zu leiden, ist nichts an ihr selbst, sondern der, der sie erkauft und erlöst hat: „Nun freue ich mich“: nachdem er nämlich von der vielseitigen Würde des Sohnes Gottes gesprochen hat und gesagt: Seiner Botschaft Diener bin ich geworden.

 

                .  Die Gemeinde, an der er arbeitet, wird sein Ruhm sein.

Php 2,15.16: „… damit ihr frei von Tadel und unlauterer Beimischung seid, Gottes untadelige Kinder mitten in einem krummen und verkehrten Geschlecht, in dem ihr offenbar seid wie Lichter in der Welt, darhaltend das Wort des Lebens, für mich ein Anlass des Rühmens im Blick auf den Tag Christi, damit ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe.“

    1Th 2,19.20: „… denn was ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Rühmens? Seid nicht auch ihr es vor unserem Herrn, vor Jesus Christus, bei seiner Ankunft? – denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude.“ Wenn Paulus bei Jesus ankommt, will er stolz und froh sein über die Gemeinde. Deshalb investiert er seine ganze Zeit, Energie, sein Hab und Gut für sie – wie ein Vater und eine Mutter sich ganz für die Kinder hingeben. Vgl. V. 7 u. 11.

 

            IV:  Die Gemeinde ist wichtig für jeden Menschen.

 

Mt 6,33A: „Trachtet aber stets zuerst nach dem Königreich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit …“

    11,12: „Von den Tagen Johannes, des Täufers, bis jetzt bricht sich das Königreich der Himmel mit Macht[13] Bahn, und die, die Gewalt[14] anlegen, raffen es an sich.“

    19,12M: „… es gibt Eunuchen, welche sich wegen des Königreiches der Himmel selbst zu Eunuchen machten[15].

    25,42.43: „… denn ich hungerte, und ihr gabt mir nicht zu essen, dürstete, und ihr tränktet mich nicht, war ein Fremder, und ihr brachtet mich nicht zusammen mit euch, unbekleidet, und ihr umkleidetet mich nicht, krank und im Gefängnis, und ihr besuchtet mich nicht.“

    An der Gemeinde – wie an Christus – entscheidet sich ewiges Los, denn wie man zu den einzelnen der Gemeinde steht, so steht man zu ihrem Haupt.

 


B.  Grundsätzliches

          

Hier soll vom eigentlichen Wesen der Gemeinde die Rede sein.

 

    1.  Ein entscheidendes Merkmal der Gemeinde ist das Heil, die Rettung.

 

        a.  Einleitendes

                  

Die Rettung ist das Heil, das Jesus Christus zuwege gebracht hat und zu dem er Menschen ruft. Folgen sie seinem Ruf, so geschieht zweierlei: Sie vollziehen, erstens, eine Umkehr, und sie werden, zweitens, durch den Geist Gottes vom Heil erfasst, mit dem Heil versehen. Diese zwei zusammen kann man die persönliche Heilswende nennen. Zum Zeitpunkt dieser Wende entsteht auch eine zweifache neue Beziehung: eine besondere Beziehung zu Gott und eine besondere zueinander.

    Die Menschen, die diese persönliche Heilswende erfahren haben, sind demzufolge Heilsmenschen, und aus diesen besteht die Gemeinde Jesu Christi. Alle Briefe des NT werden an solche gerichtet.

    Für Gott ist die Gemeinde also nicht in erster Linie eine Sache. Der bibelgläubige Professor Johann Tobias Beck sagte:

    „Ekklesiologie heißt nie die Kirche [Gemeinde] als Anstalt, sondern immer nur das Personal der Gläubigen und Bekehrten.“[16]

    Gemeinde ist eine Zahl von bestimmten Menschen, Menschen, die durch Umkehr und Heilszuwendung eine besondere Beziehung zu Gott und zueinander bekommen haben. Das Heil ist der Raum der Gemeinde. Wer im Heil steht, steht in der Gemeinde. Wer in der Gemeinde steht, steht im Heil. Gemeinde ist das Heilsvolk.

    „Nach Pfingsten finden wir die christliche Gemeinde zuerst erwähnt Ag 2,47. Sie stellt sich dar als die Gesamtheit aller Gläubigen … Später kommt die Gemeinde als gleichbedeutend vor mit den Bezeichnungen ‚Jünger’ (Ag 6,1.7; 9,38), ‚Gläubige’ (Ag 4,32; 1Th 1,7; 2Th 1,10; 1Tm 4,12), ‚Heilige’ (Ag 9,13.32).“[17]

 

        b.  Umkehrbezeichnungen

 

Weil die persönliche Heilswende das Kennzeichen der Gemeinde ist, besteht Gemeinde aus bekehrten Menschen. Die, die die Gemeinde ausmachen, haben eine Umkehr zu Gott vollzogen. Diese Umkehr ist die menschliche Seite in der persönlichen Heilswende. Sie besteht aus Buße und Glauben. Buße ist Abkehr, Sinnesänderung, Änderung des Denkens, radikales Umdenken; sie heißt, Nein zu sagen zu Satan, zu sich selbst und zur Sünde. Zu glauben heißt, Ja zu sagen zu dem, der rief, Hinkehr zu Gott und Jesus Christus. Umkehr ist also Abkehr und Hinkehr.

    Die Menschen, die diese Wende vollzogen haben, werden nach gewissen Bezeichnungen genannt, die dieses zum Ausdruck bringen.

    In diesem Sinne sind sie ­

 

            I:  Gläubige

                      

Das Wort Gemeinde findet in der Schrift Anwendung auf solche, die an Jesus Christus glauben.

    In Jh 10,26 lesen wir: „Ihr jedoch glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen.“ Zu seiner geistlichen Herde zählt Jesus also die, die ihm ihr Vertrauen geschenkt haben.

    Ag 2,41.44.47: „Die also, die sein Wort begrüßten und gerne aufnahmen, wurden getauft. An jenem Tage wurden etwa 3000 Seelen hinzugefügt… Alle Gläubigen waren zusammen und hatten alles gemeinsam; … priesen dabei Gott und hatten Gunst beim ganzen Volk. Täglich tat der Herr die, die dabei waren, gerettet zu werden, [d. h.: die Gerettetwerdenden] zur Gemeinde hinzu.“

    Nach dem „überlieferten Text“ kommt in V. 47 zum ersten Mal in der Apostelgeschichte der Begriff Gemeinde vor. Es ist auch unabhängig davon vom größeren Zusammenhang her klar, dass von der Gemeinde die Rede ist, wenn von Glaubenden gesprochen wird.

    Alle Glaubenden werden mit dem Vollzug des Glaubens zur Gemeinde hinzugetan. Was in V. 47 „Gemeinde“ heißt, hieß in V. 44 „alle Gläubigen“. Alle Gläubigen in Jerusalem zu dieser Zeit sind die Gemeinde, die am Ort. Das waren alle diejenigen, die vor Pfingsten Jesu Jünger waren, zusammen mit denen, die nun das Wort im Vertrauen aufnahmen. Etwa dreitausend waren es, die der Herr an jenem Tage hinzufügte. Wer Gottes Wort aufnahm und glaubte, war ohne zusätzliche „Aufnahme in die Gemeinde“ dabei. Vgl. 4,32; 5,11.14 u.a.

    Als Glaubende sind Menschen der Gemeinde auch Kinder Abrahams: Rm 4,11; Ga 3,7.29. Wie das gekommen ist, zeigt Paulus in Rm 11,1.5-7.16-18.

 

            II:  Jünger

                       

Diese sind Nachfolger Jesu: Ag 5,11; 6,1.2.7; 8,1.2; 11,24.26. Vgl. Kol 1,13.

    Die Jünger der Ag 6,1.2 sind die Gemeinde von 5,11. In 6,2 schreibt Lukas nicht: „Als die Zwölf die Gemeinde versammelt hatten“ bzw.: „eine Gemeindeversammlung einberufen hatten“, denn die Jünger waren die Gemeinde. Das Vermehren der Jünger war das Mehren der Gemeinde. Gemeinde wuchs dadurch, dass Menschen Nachfolger Jesu wurden.

    Als solche, die in der Gefolgschaft Jesu stehen, befinden sich die Menschen der Gemeinde unter neuer Herrschaft:

    Kol 1,13: „… der uns aus der Obrigkeit der Finsternis befreite und uns versetzte in das Königreich des Sohnes seiner Liebe …“

    Rm 6,17.18: „Gott aber sei Dank, dass ihr leibeigene Knechte der Sünde wart, aber ihr gehorchtet von Herzen dem Muster der Lehre, dem ihr übergeben wurdet. Nachdem ihr aber von der Sünde befreit wurdet, wurdet ihr der Gerechtigkeit als leibeigene Knechte dienstbar.“

    Alle Umstände ihres Lebens werden von Gott bestimmt. Sie stehen unter der Herrschaft seines Sohnes und ihres Herrn:

    „Wir wissen aber: Denen, die Gott lieben, wirkt alles zusammen zum Guten, denen, die nach einem Vorsatz gerufen sind …“ (Rm 8,28)

    Daher können sie auch immer dankbar sein: „In allem dankt, denn dieses ist Gottes Wille in Christus Jesus für euch.“ (1Th 5,18)

    Wie wird man Jünger Jesu? Nicht in einer Schule, sondern durch Reue und Vertrauen in den, der in seine Nachfolge ruft. Ausgewiesener Jünger wird man im Fruchttragen, das aus der Gemeinschaft mit Jesus hervorgeht:

    „Wenn ihr an [und in] mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was immer ihr wollt, und es wird euch geschehen. Darin ist mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht tragt, und ihr werdet mir Jünger werden [o.: euch als echte Jünger erweisen].“ (Jh 15,7.8)

    Eine ernste Bedingung für das Jüngersein erwähnt Jesus, wenn er sagt (Lk 14,27): „… und welcher nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein …“ Ein solcher ist dann auch nicht in seiner Gemeinde der Erlösten.   

 

            III:  Den Namen Anrufende

                        

Gemeinde besteht aus Betern, solchen, die den Namen Jesu anrufen.

    Ag 9,14: „Und hier hat er Vollmacht von den Hohen Priestern, alle zu binden, die deinen Namen anrufen.“

    V. 21: „Es gerieten aber alle, die es hörten, außer sich.

    ‚Ist das nicht der’, sagten sie, ‚der in Jerusalem Zerstörung anrichtete unter denen, die diesen Namen anrufen?’“

    Solche werden in 1Kr 1,2 Gemeinde genannt: „… der Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den gerufenen Heiligen, samt allen, die an jedem Ort, an ihrem wie an unserem, den Namen unseres Herrn anrufen, Jesus Christus.“

    Hierhin gehören auch folgende Stellen: Jh 4,23; Rm 14,11; 1Kr 1,2;

    Eph 2,18: „… weil durch ihn wir beide in einem Geist den Zutritt zum Vater haben.“

    2Tm 2,22M: „Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden jage nach mit denen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen.“

    Heb 7,19: „… (denn das Gesetz vollendete nichts), andererseits eine Einführung einer besseren Hoffnung, durch die wir zu Gott nahen.“

    V. 25A: „Daher vermag er auch die bis aufs ganz Vollkommene zu retten, die durch ihn zu Gott hinzutreten.“

    1P 2,3.4A: „… wenn ihr wirklich schmecktet, dass der Herr freundlich war, zu welchem kommend als solche, die sich hin zu ihm nahen …“ Zu dem Wort, das im Grundtext dem „kommend als solche, die sich hin zu ihm nahen“ zu Grunde liegt, schreibt Beck:

    „… es giebt das an, was von ihnen stetig geschehen soll, damit das [Bauen] zu Stand kommt. Als Participium Imperfecti = ‚zu welchem ihr gekommen seid’ darf [Hinkommende] hier neben dem Präsens [bauen] nicht gefaßt werden. Die Bedeutung von [‚Hinkommende’] ist zu eng, wenn man es übersetzt durch: ‚verehren’, oder: ‚sich zu ihm bekennen’; wörtlich heißt es ‚hinzunahen’. Wie dies nun im äußerlichen Gottesdienst des Alten Testaments den ganzen Tempelverkehr mit Gott in sich schließt, so im innerlichen Gottesdienst des Neuen Testaments umfaßt es den ganzen gläubigen Verkehr mit dem Herrn im Geist, namentlich auch wie er durch Gebet und durch Aneignung des Wortes (V. 2f.) vermittelt ist…

    Dieses geistige Nahen besteht also nicht bloß in der Bekehrung zum Christenthum; sie ist nur der Anfang der Gemeinschaft, der erste Act des Nahens. Dieses selbst ist etwas, was durchs ganze Christenleben hindurch dauert, und namentlich zu erneuern ist bei jeder Mühseligkeit und Beladenheit; es ist daher dasselbe wie Eph 2,18 [Zutritt im Geist], was dort den Gegensatz bildet zu dem Fernesein. Durch dieses [Hinzukommen] schöpft der Christ Gnade um Gnade aus Christo (Jh 1,16), um das in ihm liegende Leben sich zu- und anzueignen und immer wieder gereinigt zu werden. Kol 2,9f.; 1Jh 2,1.

    Einem gemeinen Mann braucht man nicht mit Erklärungen zu kommen, was es ist, ‚zu Gott, zu Christus kommen’, einem gemeinen Mann, der in Noth gelernt hat, zu Christus zu gehen.“[18]

    Es wird also deutlich, dass die Gemeinde aus wahrhaft Betenden besteht. Bereits zur Zeit des ATs war – im Gegensatz zu den Gottfernen – der, der es mit Gott hielt, ein solcher:

    Hi 27,10: „Hat [der Gottlose] seine Lust an dem Allmächtigen? Ruft er Gott allezeit an?“

 

            IV:  Den Namen Christi Bekennende

                       

Mt 10,32: „Jeder also, welcher sich vor den Menschen zu mir bekennen wird, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater, der in den Himmeln ist.“

    Rm 10,9.10: „… nämlich: Wenn du mit deinem Munde bekennst: ‚Herr Jesus’, und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten erweckte, wirst du gerettet werden; denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit; mit dem Munde wird bekannt zur Rettung …“

    1Kr 12,3: „Daher setze ich euch in Kenntnis: Niemand, wenn er im Geiste Gottes redet, sagt, dass Jesus verflucht sein solle, und niemand kann sagen: ‚Jesus sei Herr!’ als nur im Heiligen Geist.“

    2Tm 2,19: „Dennoch gilt: Der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: ‚Der Herr kannte die, die sein sind’, und: ‚Jeder, der den Namen Christi nennt, nehme Abstand von Ungerechtigkeit.’“

    Heb 3,1: „… weswegen, heilige Brüder, Mitteilhaber am himmlischen Ruf: Betrachtet den Gesandten und Hohen Priester unseres Bekenntnisses, Christus Jesus …“

    4,14: „… denn wir sind Mitteilhaber Christi geworden, wenn wir den Anfang unseres Gewissheitsgrundes als einen festen bis zum Ende, bis zum Ziel, festhalten …“

 

            V:  Anhänger eines neuen Weges – des Heilsweges

                      

Mt 7,14: „… und weil das Tor eng ist und der Weg schmal, die wegführen ins Leben. Und es sind wenige, die dahin finden.“

    Warum ist der Weg des Heils so schmal? Aus mehreren Gründen:

    .  Er schließt alle anderen Wege aus; es gibt nur den einen.

    .  Es gibt nur einen Retter.

    .  Es gibt nur eine Herde.

    .  Es gibt nur eine Wahrheit.

    Ag 9,1.2: „Aber Saulus, der Drohung und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte, ging zum Hohen Priester und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen von Damaskus, damit, wenn er welche Anhänger des Weges fände, ob Männer oder auch Frauen, er sie gebunden nach Jerusalem führe.“

    19,9A: „Aber als etliche verhärtet wurden und im Unglauben ungehorsam waren und vor der Menge schlecht von dem Wege sprachen, trennte er sich von ihnen …“

    V. 23: „Aber es entstand um jene Zeit eine nicht geringe Unruhe um den Weg …“

    22,4: „… der ich diesen Weg verfolgte bis zum Tode: Ich band sie und überlieferte sie in Gefängnisse, Männer und auch Frauen.“

    24,14A: „Dieses bekenne ich dir aber, dass ich gemäß dem Wege, den sie eine Sonderrichtung nennen, dem Gott meiner Väter obliegenden und verehrenden Dienst tue …“

    V. 22: „Nachdem Felix dieses alles gehört hatte, verwies er sie auf einen späteren Zeitpunkt – er wusste nämlich recht genau um den Weg …“

    Diese Personen werden in Ga 1,13; 2,14 Gemeinde genannt.

    Vgl. auch:

    2P 2,15: „Sie verließen den geraden Weg und gingen irre: Sie gingen nämlich dem Weg Bileams nach, des Sohnes Bosors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte.“

    1Kr 4,17: „Deshalb schickte ich Timotheus zu euch, der mein geliebtes Kind und treu im Herrn ist, der euch erinnern wird an meine Wege, die in Christus sind, sowie ich überall in jeder Gemeinde lehre.“

    Ag 13,10M: „… hörst du nicht auf, zu verkehren die geraden Wege des Herrn?“

    Jer 32,39A: „Und ich gebe ihnen ein Herz und einen Weg, mich zu fürchten alle Tage …“

 

            VI:  Bekehrte bzw. Umgekehrte

                       

Paulus schreibt an die Gemeinde in Thessalonich: „Sie erzählen selbst von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch zu Gott von den Götzenbildern wandtet, um einem lebenden und wahren Gott leibeigenen Dienst zu leisten.“ (1Th 1,1.9)

    Wo dieses nicht stattgefunden hat, ist nicht Gemeinde, denn diese besteht aus lauter solchen, die sich von allem Ungöttlichen abgewandt und ihren ganzen Widerstand gegen Gottes Willen aufgegeben haben.

 

            VII:  Gerufene

                         

Rm 1,6: „… unter welchen auch ihr seid, Gerufene Jesu Christi.“

    8,28: „Wir wissen aber: Für die Gott Liebenden wirkt alles zusammen zum Guten, für die, die nach einem Vorsatz Gerufene sind.“

    V. 30: „Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch, und welche er rief, diese rechtfertigte er auch.“

    Heb 9,15: „Und deswegen ist er Mittler eines neuen Bundes und Testamentes, sodass, nachdem ein Tod geschehen war zur Erlösung [von den] Übertretungen unter dem ersten Bund und Testament, die, die gerufen worden sind, die Verheißung des ewigen Erbes empfangen möchten.“

    Es gibt in der Schrift zwei Gruppen von Gerufenen:

    –  alle Menschen, denn alle sind gerufen; alle in der Welt dürfen kommen; sie sind eingeladen.

    –  diejenigen, die dem Ruf folgen; diese bekommen die Bezeichnung „Gerufene“ noch speziell.

    Im Bilde gesprochen: Jeder ist eingeladen (gerufen), durch eine Tür einzutreten. Aber wenn jemand durch die Tür kommt, ist einer da, der ihm eine Etikette reicht, auf welcher steht: Gerufener. Er ist dem Ruf gefolgt und verdient nun den Namen.

    Und es ist als Gerufener, dass man in die Gemeinschaft Gottes kommt, nicht durch eigene Wahl oder Initiative. Andererseits bedeutet Gerufensein, dass man nicht gezwungen wird: Man antwortet auf den Ruf. Die Initiative liegt bei Gott. Die Antwort des Menschen ist freiwillig.

    Gerufensein heißt auch, dass man herausgerufen und abgesondert wurde.

 

        c.  Heilsbezeichnungen

 

Weil die persönliche Heilswende das Kennzeichen der Gemeinde ist, besteht Gemeinde aus geretteten Menschen. Die Menschen, die die Gemeinde ausmachen, sind von Gott ins Heil versetzt worden.

    Rm 5,2: „… durch welchen wir auch, durch den Glauben, den Zutritt bekommen haben zu dieser Gnade, in der wir stehen.“

    Auf die Umkehr folgt unmittelbar die Heilszuwendung. Sie ist die göttliche Seite in der persönlichen Heilswende und besteht aus einer Reihe von Handlungen Gottes. Zur Zeit der Umkehr und auf sie hin bewirkt er Vergebung, Erneuerung, Versiegelung mit dem Heiligen Geist usw. Ist von Gemeinde die Rede, so ist von Menschen die Rede, die dieses Heil empfangen haben.

    In diesem Zeichen sind sie

 

            I:  Gerettete

                      

Ag 2,47E: „Die dabei waren, gerettet zu werden, tat der Herr [in diesem Moment und dadurch] zu der Gemeinde hinzu.“ Die Gemeinde besteht aus Menschen, die das Heil erfahren haben.

    Eph 2,5.8: „… auch uns, die wir tot waren in unseren Übertretungen, machte er zusammen mit Christus lebendig. Durch Gnade seid ihr Gerettete … durch den Glauben, und dieses nicht aus euch, denn es ist Gottes Gabe.“ Dass dabei von der Gemeinde die Rede ist, gibt K. 1,22 an.

 

            II:  Gerechtfertigte

                       

1Kr 6,11: „Ihr wurdet jedoch gerechtfertigt! – in dem Namen des Herrn Jesus und in dem Geist unseres Gottes.“ Dass es sich hier um Gemeindemenschen handelt, zeigt die Anrede in K. 1,2.

    Rm 8,30A: „Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch, und welche er rief, diese rechtfertigte er auch.“

    Als Gerechtfertigte heißen neutestamentliche Gläubige wie alttestamentliche „Gerechte“:

    1P 4,18: „Und wenn der Gerechte kaum gerettet wird, wo wird der Ehrfurchtslose und Sünder erscheinen?“

 

            III:  Geheiligte

                        

Zu diesem Begriff schreibt Ernst Lohmann: „Dass dieser Name für die Glieder der Christusgemeinde gewählt wird, ist außerordentlich kennzeichnend: Sie sind ‚Gott Geweihte’, solche, die für Gott da sind, ihm zur Verfügung stehen. Die ‚Heiligen’ bilden keine besondere Rangklasse innerhalb der Gemeinde. Es ist die allgemeine Bezeichnung der Gesamtheit der Glieder. Heilig ist also ein religiöser Begriff, kein ethischer……Man versperrt sich völlig das einfache Verständnis dessen, was der Apostel [im Römerbrief] schreibt, wenn man mit der von der Dogmatik konstruierten Formel herangeht: erst Rechtfertigung, dann Heiligung; so etwa: K. 1,18 – 5,21 die Darstellung der Rechtfertigung und K. 6,1 – 8,17 die darauf folgende Heiligung. Da kommt es schließlich zu der Ungeheuerlichkeit, dass man unterscheidet: Man ist wohl gerechtfertigt aber noch nicht geheiligt…..Wer dem Liebesruf Gottes folgt, der wird geheiligt durch den Geist Gottes. Der wird ein Gott Geweihter. Das, was Gott 2M 19,5.6 als Forderung aufgestellt hat: ‚Ihr sollt mein Eigentum sein, ein Königreich von Priestern, ein heiliges Volk’, das ist jetzt erfüllt: 1P 2,9.“[19]

    Geheiligte sind Gott Zugeordnete und Gereinigte:

    Ag 9,13: „Ananias antwortete: ‚Herr, ich habe von vielen über diesen Mann gehört, wie viel Übles er deinen Heiligen in Jerusalem tat.’“

    20,32: „Und nun übergebe ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das Kraft hat, euch aufzubauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten.“

    Rm 1,7: „Allen Geliebten Gottes, die in Rom sind, den gerufenen Heiligen.“

    1Kr 1,2: „… der Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den gerufenen Heiligen.“

    6,11: „Und dieses waren etliche von euch. Ihr wurdet jedoch gewaschen! Ihr wurdet jedoch geheiligt!“ Sie sind gereinigt, abgesondert von der Sünde und Gott zugeordnet. Sie gehören Gott. „Heilige“ ist ein Rettungsbegriff. Gott heiligt, und so rettet er. Die Gemeinde in Korinth besteht aus Heiligen, auch wenn sie nicht sündlos sind.

    Heb 2,11A: „… denn beide, der, der heiligt, und die, die geheiligt werden, von einem sind alle …“ Wie wir „geheiligt werden“, erfahren wir aus dem Zusammenhang der Stelle:

    .  Er „schmeckte für jeden den Tod“: V. 9.

    .  Er sühnte so „die Sünden des Volkes“: V. 17.

    .  Er „vollzog durch sich selbst die Reinigung [von] unseren Sünden“: 1,3

    .  „Im Bringen vieler Söhne zur Herrlichkeit“ ist er der „Anfänger ihres Heils“: 2,10.

    Auf diese Weise hat Christus die Seinen des neuen Gottesvolkes geheiligt, Gott zugeordnet.

 

            IV:  Neu Geschaffene

                       

2Kr 1,1 und 5,17: „Paulus … der Gemeinde Gottes, die in Korinth ist … So ist einer auch, wenn er in Christus ist, ein neues Geschöpf. Das alte verging. Siehe: Alles ist neu geworden.“

 

            V:  Auferstandene

                       

Eph 2,6: „Und er erweckte uns zusammen mit ihm und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen Bereichen in Christus.“ Dieses sagt der Apostel von denen, die einige Verse zuvor „Gemeinde“ genannt wurden.

 

            VI:  Neugeborene

                       

Die Menschen der Gemeinde sind Verwandelte. Sie sind nicht mehr, was sie früher waren.

    Rm 8,16.17.21: „Der Geist selbst gibt Zeugnis zusammen mit unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, Gottes Erben und Christi Miterben, unter der Bedingung, dass wir mitleiden, damit wir auch mit verherrlicht werden, … weil auch sie selbst, die Schöpfung, befreit werden wird von der Versklavung an die Verderblichkeit in die Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.“

    2Kr 3,3: „… die ihr offenbar gemacht werdet, dass ihr ein Brief Christi seid, durch uns bedient, eingeschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebenden Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.“

    Tt 3,5: „… nicht auf Grund von Werken, die wir in Gerechtigkeit verrichteten, sondern nach seiner Barmherzigkeit rettete er uns durch Waschung der Wiedergeburt, durch Erneuerung des Heiligen Geistes.“

    Jk 1,18: „Nach seinem Beschluss gebar er uns durch das Wort der Wahrheit, dass wir eine Art Erstlingsfrüchte seiner Geschöpfe seien.“

    1P 1,21–23: „… die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn von den Toten erweckte und ihm Herrlichkeit gab, sodass euer Glaube zugleich Hoffnung auf Gott sein darf. Nachdem ihr durch den Geist eure Seelen im Gehorchen der Wahrheit gereinigt habt zu ungeheuchelter Bruderliebe, liebt einander aus reinem Herzen mit nachhaltiger, edelster Liebe, als Wiedergeborene – nicht aus verderblichem Samen, sondern aus unverderblichem, durch das lebende und in Ewigkeit bleibende Wort Gottes …“

   

            VII:  Geheilte

                         

1P 2,24: „… der selbst unsere Sünden in seinem Leibe auf das Holz trug, damit wir, den Sünden zu Nichtseienden geworden, der Gerechtigkeit leben möchten, durch dessen Wunde ihr geheilt wurdet …“

 

            VIII:  Gesegnete

 

So heißen sie in Mt 25,34A: „Dann wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: ‘Kommt her, ihr von meinem Vater Gesegneten!’“

    „Gesegnete“ sind sie, weil sie mit Mittel zum geistlichen Leben versehen sind, u. z. als solche, die bereits das wahre Leben erhalten haben, dann auch als solche, die das ewige Leben zugesagt bekommen hatten. Nirgends vielleicht ist dieses Gesegnetsein so gut zusammengefasst wie in Eph 1,3-14.

 

            IX:  Christen

                          

Diese Bezeichnung steht ebenfalls im Zeichen des empfangenen Heils, da sie von der Salbung des Heiligen Geistes spricht.

    Das griechische Wort lautet ‚christ-ian-oi’. Es ist ein auffallendes Gemisch von Griechischem und Lateinischem: Der erste und der letzte Teil sind griechisch; der mittlere Teil ist lateinisch. Möglicherweise wurde die Bezeichnung von Lateinisch Sprechenden gebildet, die eine griechische Vokabel hörten.

    Im NT treffen wir sie zum ersten Mal in der Ag 11,26 an: „Ein ganzes Jahr wurden sie in der Gemeinde versammelt, und sie lehrten eine beträchtliche Menge. In Antiochien [war es] auch, [dass] die Jünger zuerst als Christen bezeichnet wurden.“

    Ein zweites Mal begegnen wir ihr in der Ag 26,28 („… dass ich ein Christ werde …“) und ein drittes und letztes Mal in 1P 4,14A.16A:

    „Wenn ihr im Namen Christi [d. h., des Gesalbten] geschmäht werdet, seid ihr Selige, weil der Geist der Herrlichkeit und Gottes auf euch ruht. [Vgl. Jes 61,1: ‚Der Geist des HErrn, des Herrn, ist auf mir, weil der HErr mich gesalbt hat.’] … Wenn er aber als Christ leidet, schäme er sich nicht.“

    Möglicherweise spricht Jakobus von diesem Ehrennamen in Jk 2,7: „Lästern sie nicht den edlen Namen, der auf euch gerufen wurde?“

    Von der Bedeutung des Namens spricht Johannes, wenn er sagt: „Und ihr, ihr habt eine Salbung von dem Heiligen …“: 1Jh 2,20.

 

            X:  Verherrlichte

                       

Rm 3,23.24: „… denn alle sündigten, und sie reichen nicht an die Herrlichkeit Gottes heran; sie werden ohne Verdienst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus …“ – sodass sie Gottes Herrlichkeit nicht mehr ermangeln.

    8,29.30: „… weil er die, die er im Voraus kannte, auch im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei. Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch, und welche er rief, diese rechtfertigte er auch. Aber welche er rechtfertigte, diese verherrlichte er auch.“

    Zu diesen Versen zwei Zitate:

    Ernst Lohmann[20]: „So gewiß er uns deshalb auf Grund dieses Erkennens und Bestimmens durch die Verkündigung des Evangeliums und die Arbeit seines Geistes an uns berufen hat, so gewiß hat er uns auch in Christus gerechtfertigt und damit auch bereits die ewige Herrlichkeit geschenkt. Das alles sind vollendete Tatsachen …“

    v. Hofmann (bei Dächsel): „Wenn Paulus hierauf das Weitere aufzählt, was Gott denen gethan habe, die er seinem Sohne ebenbildlich zu gleichen bestimmt hat, so erinnert er damit, wie vieles schon geschehen sei, seinen Vorsatz zu verwirklichen; es will da im dritten Satze das ‚herrlich gemacht’ nicht ausschließlich auf die Zukunft bezogen sein, denn mit dem, welchen Gott für gerecht erklärt hat, steht es nicht mehr so, wie mit dem, welcher noch in seinen Sünden ist (Kap. 3,23), daß er gleich diesem des Ruhmes mangelte, den wir an Gott haben sollten. Wer den Geist empfangen hat, der da lebendig macht in Christo Jesu (V. 2 und ein Geist der Herrlichkeit ist 1Petri 4,14), der entbehrt der Gottesherrlichkeit nicht mehr, sondern besitzt sie schon, wenn auch vorerst nur innerlich und verborgen, weshalb der Apostel die Zuwendung der uns bestimmten künftigen Herrlichkeit in V. 19 eine Offenbarung der Kinder Gottes selbst genannt hat; ist sie dies, so ist unsere zukünftige Verherrlichung nur die Vollendung einer bereits geschehenen …“

    Vgl. auch Jh 17,10E.22A: „… ich bin in ihnen verherrlicht … Und ich, die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben …“

 

            XI:  Schuldner des Heils

                      

Rm 8,11.12: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten erweckte, in euch wohnt, wird der, der Christus Jesus von den Toten erweckte, auch eure sterblichen Leiber lebend machen wegen seines in euch wohnenden Geistes. Dann sind wir also, Brüder, Schuldner – nicht dem Fleisch, um nach dem Fleisch zu leben.“

 

        d.  Heilsbeziehungen

 

Weil die persönliche Heilswende das Kennzeichen der Gemeinde ist, kennen die Menschen der Gemeinde besondere Beziehungen des Heils.

 

            I:  Sie kennen eine besondere Beziehung zu Gott.

 

                A:  Als Versöhnte

                           

Kol 1,21.22A: „Und euch, die ihr einst entfremdet wart und Feinde im Denken, was sich in den bösen Werken äußerte, versöhnte er jetzt …

 

                B:  Als von Gott Geliebte

 

                    1:  Bereits die Mitglieder des ersten Volkes Gottes werden Geliebte genannt.

 

Gott liebt alle Menschen. Das ist uns bekannt. Dem Juden Nikodemus hat Jesus das mit unmissverständlicher Deutlichkeit gesagt (Jh 3,16). Auch dem Propheten Jona musste es klargemacht werden, dass Gott eine Liebe zu Menschen außerhalb Israels hatte.

    Dennoch hat er eine besondere Liebe zu denen, die er sein Volk nennt:

    5M 32,10E: „Er behütete ihn wie seinen Augapfel.“

    33,3A: „Ja, er liebt die Stammesvölker.“

    Jes 62,4E: „Der HErr hat Lust an dir.“

    Jr 31,3E: „Ich habe dich mit ewiger Liebe geliebt. Darum habe ich dich gezogen aus lauter Güte.“

    Rm 11,26A.28M: „Und auf diese Weise wird das ganze Israel gerettet werden, wie geschrieben ist … Gemäß der Erwählung sind sie Geliebte, der Väter wegen …“

    Heb 12,6 (ein Zitat aus dem AT): „… denn wen der Herr liebt, weist er zurecht, und er geißelt jeden Sohn, den er zu sich nimmt.“

 

                    2:  In dem geliebten Sohn Gottes sind nun sowohl Juden als auch Heiden der Liebe Gottes zugänglich geworden.

 

Rm 1,7: „Allen Geliebten Gottes, die in Rom sind, den gerufenen Heiligen.“

    Eph 5,1: „Werdet also Nachahmer Gottes wie geliebte Kinder …“

    Kol 3,12: „Es sei also von euch als Erwählten Gottes, Heiligen und Geliebten angezogen herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld.“

    Diese Liebe wird zum Ausdruck gebracht in seiner großen Gnade:

    Eph 1,3.5.6A: „Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn, Jesus Christus, der uns durch Christus mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen Bereichen segnete … er bestimmte uns nämlich im Voraus zur Sohnesstellung für sich durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns in dem Geliebten gnädig war …“

 

                    3:  Es ist im Zeichen des Geliebtseins, dass Heilsmenschen „Erwählte“ sind, denn sie sind Gott kostbar.

   

Gottes Erwählung ist ein Ausdruck seiner Liebe:

    Er erachtet seine Erwählten als ‚vorzüglich’: „… wissen wir doch, Brüder, die ihr von Gott geliebt worden seid, um eure Erwählung …“ (1Th 1,4)

    Kol 3,12: „Es sei also von euch als Erwählten Gottes, Heiligen und Geliebten angezogen herzliches Erbarmen.“ Die Gemeinde in Kolossä besteht aus geliebten Erwählten.

    Ebenso ist es in den Gemeinden in und um Ephesus: „… entsprechend dem, dass er uns vor Gründung der Welt in ihm sich erwählte, damit wir seien heilig und tadellos vor ihm in Liebe …“ (Eph 1,4)

    Auch in Jh 15 steht die Erwählung der Jünger Jesu in der Nähe der Liebe zu ihnen (V. 13-16): „Größere als diese Liebe hat niemand: dass jemand seine Seele hinlegt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich nenne euch nicht mehr leibeigene Knechte, weil der leibeigene Knecht nicht weiß, was sein Herr tut. Euch habe ich aber Freunde genannt, weil ich alles, was ich bei meinem Vater hörte, euch zur Kenntnis gab. Nicht erwähltet ihr mich, sondern ich erwählte euch und setzte euch, dass ihr hingeht und Frucht tragt und eure Frucht bleibe, damit, was immer ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, er euch gebe.“

 

                    4:  Als Geliebte Gottes sind Heilsmenschen auch Begabte.

 

                        a:  Ihnen ist der Geist geschenkt.

                                  

Rm 5,5: „Die Hoffnung beschämt aber nicht, weil die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen worden ist durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde.“

    Jh 14,16.18: „Und ich werde den Vater erbitten, und er wird euch einen anderen Fürsprecher geben, damit er bei euch bleibe in Ewigkeit… Ich lasse euch nicht als Waisen zurück. Ich komme hin zu euch.“

    Tt 3,4-6: „Aber als die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien – nicht auf Grund von Werken, die wir in Gerechtigkeit verrichteten, sondern nach seiner Barmherzigkeit rettete er uns durch Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes, den er durch Jesus Christus, unseren Retter, reichlich über uns ausgoss …“

       

                        b:  Sie sind mit Gaben der Gnade beschenkt.

                                  

Rm 12,4-6; 1Kr 12,14-18

    Man erinnere sich, dass Gnade eine Ausdrucksform der Liebe ist.

    Eph 4,7: „Aber jedem einzelnen von uns wurde die Gnade gegeben nach dem Maße der Gabe Christi.“

 

                    5:  Als Geliebte werden Jünger Jesu auch Freunde genannt.

                               

Lk 12,4: „Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und nach diesem nicht haben, etwas Reichlicheres zu tun.“

    Jh 15,13-15: „Niemand hat größere Liebe als diese, dass er seine Seele, sein Leben, hinlegt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich nenne euch nicht mehr leibeigene Knechte [wie es die Glieder des Volkes Gottes bis dahin waren (Ga 4,1-5)], weil der leibeigene Knecht nicht weiß, was sein Herr tut; euch aber habe ich Freunde genannt, weil ich alles, was ich bei meinem Vater hörte, euch zur Kenntnis gab.“ Leibeigene erhalten von ihren Herren Anordnungen, die sie ohne immer zu verstehen auszuführen haben. Unter dem alten Bund, sagt Paulus (Ga 4,1-3), war dieses das Verhältnis Israels zu seinem Gott. Doch Christus hebt in eine neue Beziehung, in der er den Seinen seine Pläne im Voraus kundtut (Eph 1,9) und sie zu „Informierten“ macht. Welch ein Vorrecht, eingeweiht zu sein in die Heilsvorhaben des Höchsten!

    Vgl. auch Jk 2,23; Sp 17,17; Hld 1,9.

 

                C:  Als Gott Liebende

                          

Rm 5,5: „Die Hoffnung beschämt aber nicht, weil die Liebe Gottes ausgegossen worden ist in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde.“

    8,28: „Wir wissen aber: Für die Gott Liebenden wirkt alles zusammen zum Guten, für die, die nach einem Vorsatz Gerufene sind.“ Alles dient den Gott Liebenden zum Guten. Lieben können wir nur, weil Gott das in uns gewirkt hat. So heißen wir als Gerettete jetzt Gott Liebende.

    1Kr 2,9E.10A: „‚Was ein Auge nicht sah und ein Ohr nicht hörte und nicht in das Herz eines Menschen kam, was Gott bereitete denen, die ihn lieben.’ Aber uns enthüllte Gott sie durch seinen Geist.“

    16,22: „Wenn jemand den Herrn Jesus Christus nicht liebt, sei er verflucht!“ Er ist in dem Fall nicht in der Gnade, nicht im Leben, sondern im Tode. Die Liebe zu Gott ist also ein Kennzeichen des Gerettetseins.

    Eph 6,24: „Die Gnade sei mit allen, die unseren Herrn lieben, Jesus Christus, mit unverderblicher Liebe. Amen.“ Die Gemeinde, an die Paulus geschrieben hat, besteht nur aus Gott in Wirklichkeit Liebenden. Wo Menschen diese Liebe kennen, da haben wir es mit Gemeinde Jesu zu tun.

    Php 1,8: „… denn Gott ist mein Zeuge, wie mich nach euch allen verlangt in dem Inneren Jesu Christi.“ Wir Menschen sind ohne Christus nicht fähig zu lieben. Das können wir erst, wenn Gott in uns wohnt. Wenn Christus in Paulus lebt (Ga 2,20), nimmt er die Gedanken und Empfindungen von Paulus mit sich und liebt die philippischen Christen. So vermag Paulus durch Christus zu lieben. Er vermag alles durch den, der ihn dazu kräftig macht, Christus: Php 4,13.

    2Tm 4,8: „Hinfort liegt die Krone der Gerechtigkeit für mich bereit, die der Herr mir an jenem Tage zuerkennen wird, der gerechte Richter, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung geliebt haben.“

    Jk 1,12: „Ein Seliger ist der Mann, der in der Versuchung Ausdauer bewahrt, weil er, nachdem er sich bewährt hat, die Krone des Lebens empfangen wird, die der Herr denen verhieß, die ihn lieben.“

    1P 1,8: „[Jesus Christus], den ihr nicht gesehen habt [und den] ihr liebt, den ihr jetzt nicht schaut, [an den] ihr aber glaubt, [auf den] ihr euch freut mit hoher, unaussprechlicher und verherrlichter Freude.“

 

                D:  Als Eigentum Gottes

                          

Mt 16,18M: „… auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“

    Ag 20,28: „Gebt also stets Acht auf euch selbst und auf die ganze kleine Herde, in der der Heilige Geist euch zu Aufsehern setzte, um Hirten zu sein der Gemeinde Gottes, die er durch das eigene Blut erwarb.“

    Rm 7,4: „Und so, meine Brüder, ist es auch bei euch: Ihr wurdet dem Gesetz getötet durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, der von den Toten erweckt wurde, damit wir Gott Frucht brächten.“

    1P 5,2A: „Seid Hirten für die kleine Herde Gottes bei euch …“

 

                E:  Als Mitteilhabende

                          

Heb 3,1: „… weswegen, heilige Brüder, Mitteilhabende am himmlischen Ruf: Betrachtet den Gesandten und Hohen Priester unseres Bekenntnisses, Christus Jesus.“

    V. 14 „… denn wir sind Mitteilhabende Christi geworden, wenn wir den Anfang unseres Gewissheitsgrundes als einen festen bis zum Ende festhalten, bis zum Ziel …“

    6,4: „… denn es ist unmöglich, die, die einmal erleuchtet wurden, auch die himmlische Gabe kosteten und Mitteilhabende des Heiligen Geistes wurden …“

    12,8: „Seid ihr aber ohne Züchtigung, derer sie alle Mitteilhabende geworden sind, dann seid ihr ja unecht und keine Söhne.“

    Rm 8,17A: „Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, Gottes Erben und Christi Miterben …“

   

Wie ist es dazu gekommen, dass wir Gottes Mitteilhabende sind? Jesus machte es dem Petrus in Gegenwart der anderen Jünger einmal deutlich:

    Jh 13,8: „Petrus sagt zu ihm: ‚Du wirst auf keinen Fall meine Füße waschen, in Ewigkeit nicht!’

    Jesus antwortete ihm: ‚Wenn ich dich nicht wasche, hast du nicht Teil mit mir.’“

    Man sagt uns, dass es in der ganzen Geschichte der Juden, der Griechen und der Römer nicht ein Beispiel gegeben habe von einem Herrn, der die Füße eines Knechtes gewaschen hätte. Carson (in seinem Johanneskommentar) versucht, sich das Staunen der Jünger vorzustellen.

    K. 13,1 ist die Einführung zu den darauf folgenden Kapiteln. In allem, das Jesus tut und sagt, offenbart er seine Liebe zu seinen Jüngern, auf die er sich, nachdem er Ende K. 12 von der Öffentlichkeit Abschied genommen hat, nun konzentriert. In dieser kleinen aber entscheidenden Begegnung zwischen Jesus und Petrus wird klar: Es sei denn der, der alles in seiner Hand hat und das Ende vom Anfang bereits kennt, sich zu dem Menschen herabneigt, der sich im ersten Garten über seinen Schöpfer erhoben hatte, und ihn reinigt und ihm dient, hat er nichts Gemeinsames mit diesem Schöpfer und dem, den er sandte. Wird diese Reinigung aber gestattet, so ist man in die innigste Lebensgemeinschaft mit dem Gesandten wie dem Sendenden getreten, ist man ein Mit-Teilhabender ewiger Güter geworden. Und mehr: Er ist „tauglich [gemacht] für das, das [sein] Teil sein wird, das Erbe der Heiligen im Licht“ (Kol 1,12), wird einen „Teil [haben am] Buch des Lebens und … [an] der heiligen Stadt …“ (Of 22,19)

 

                F:  Gott und seine Gemeinde kennen eine gegenseitige Innewohnung.

                          

1Kr 3,16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempelheiligtum seid …?“

    2Kr 6,16M: „… denn ihr seid ein Tempel des lebenden Gottes, wie Gott sagte: ‚Ich werde in ihnen wohnen …’“

    Eph 3,19M: „… damit ihr gefüllt werdet in alle Fülle Gottes.“

    1Th 1,1A: „Paulus und Silvanus und Timotheus der Gemeinde der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“

    1J 4,12.13: „Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. An diesem erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt, dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“

    Diese gegenseitige Bewohnung findet in der Ewigkeit ihre volle und herrliche Erfüllung:

    Of 21,3.22: „Und ich hörte eine große Stimme aus dem Himmel, die sagte: ‚Siehe: die Wohnung Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Volksscharen sein, und Gott selbst wird bei ihnen ihr Gott sein’ … Und ich sah in ihr keinen Tempel, denn der Herr, Gott, der Machthaber über alles, ist ihr Tempel – und das Lamm.“

 

            II:  Kraft des Heils bildet die Gemeinde eine besondere Einheit mit Christus.

                       

Rm 8,29: „… weil er die, die er im Voraus kannte, auch im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei.“

    Heb 2,11.12A.17A: „… denn beide, der, der heiligt, und die, die geheiligt werden, sind alle von einem, aus welchem Grunde er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen, wenn er sagt: ‚Ich werde deinen Namen meinen Brüdern lobend künden.’ … es war notwendig, in allem den Brüdern gleich gemacht zu werden …“

 

                A:  Seinen Jüngern hatte Jesus diese Einheit bereits geschildert.

 

Mt 12,49.50: „Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sagte: ‚Siehe! Meine Mutter und meine Brüder! – denn wer irgend den Willen meines Vaters, der in den Himmeln ist, tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.’“

    18,5: „Und wer immer ein solches kleines Kind auf meinen Namen hin aufnehmen wird, nimmt mich auf.“

    V. 19.20: „Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch sich auf der Erde einigen, eins werden, – in Bezug auf jede Sache, um die sie bitten mögen: Es wird ihnen bei meinem Vater, der in den Himmeln ist, gewährt werden, denn wo zwei oder drei zu meinem Namen zusammengekommen sind, dort bin ich in ihrer Mitte.“ Wo Christusgläubige sind (auch wenn sie Kinder sind), da ist Gemeinde, und wo Gemeinde ist, da ist Christus.

    25,40.45: „Und der König wird ihnen zur Antwort geben: ‚Wahrlich! Ich sage euch: In dem Maße, als ihr es einem dieser meiner geringsten Brüder tatet, tatet ihr es mir.’ …

    Dann wird er ihnen antworten mit den Worten: ‚Wahrlich! Ich sage euch: So viel ihr nicht einem dieser Geringsten tatet, tatet ihr auch mir nicht.’“

    Die „geringsten Brüder“ sind weder Juden als solche noch Arme aus der dritten Welt, sondern die, die den Willen Gottes tun, also unter seiner Herrschaft stehen und Jünger Jesu geworden sind:

    Jh 20,17M: „Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage …“

    Trotz dieser Verwandtschaft nennen wir den Sohn Gottes nicht „Bruder Jesus“, sondern „Herr“. Hiermit ist uns gerade sein irdischer Halbbruder ein Vorbild: Jk 1,1.

 

                B:  Diese Einheit wird in besonderer Weise Paulus in seiner Bekehrung offenbart.

 

Ag 9,3-5A: „Während er unterwegs war, nahte er sich Damaskus. Und plötzlich umstrahlte ihn ein Licht vom Himmel. Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme.

    Die sagte zu ihm: ‚Saul, Saul, was verfolgst du mich?’

    Er sagte: ‚Wer bist du, Herr?’

    Der Herr sagte: ‚Ich bin Jesus, den du verfolgst.’“

    Verfolgt hatte er Christen. Jetzt eröffnet ihm der Auferstandene, dass er dabei gegen ihn angegangen war. Paulus wird klar: Jesus und seine Nachfolger sind eine Einheit.

    Auffallend ist (Ag 13,46.47) seine Behauptung – zusammen mit Barnabas – in der Synagoge im pisidischen Antiochien: „Es war notwendig, euch zuerst das Wort Gottes zu sagen. Nachdem ihr es aber von euch stoßt und euch selbst des ewigen Lebens nicht würdig achtet, – siehe! – wir wenden uns zu denen von den Völkern, denn es hat der Herr uns geboten:

    ‚Ich habe dich zum Licht gesetzt für die von den Völkern, damit du zur Rettung seiest bis an das Ende der Erde.’“

    Dabei führt er Worte aus Jes 49,6 an, wo in einer messianischen Verheißung Gott, der Vater, zum Sohn sagt: „Es ist ein Geringes gewesen, dass du mir ein leibeigener Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen; ich habe dich auch zum Licht der Völker gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde.“

    Wenn die Missionare also sagen: „… denn es hat der Herr uns geboten …“, so wenden sie, was vom kommenden Christus gesagt wird, auf sich an, was heißt: Der Heils- bzw. Missionsauftrag des Hauptes ist der Auftrag seines Leibes. Christus und seine Gemeinde sind eine organische Einheit.

 

                C:  Die Gemeinde ist mit Christus verwachsen.

 

Rm 6,5: „… denn wenn wir [bei der Umkehr zu Jesus Christus, der für uns starb,] Zusammengewachsene geworden sind in der Ähnlichkeit seines Todes, werden wir [sie] aber bestimmt auch sein [in der] der Auferstehung …“

    1Kr 6,17: „Aber wer mit dem Herrn vereinigt wird, ist ein Geist [mit ihm].“

    Dieses Zusammengewachsensein ist in 1Kr 1,13A vorausgesetzt, wenn Paulus sagt: „Ist der Christus aufgeteilt worden?“

    Und es wird dort in V. 30 auf das Handeln Gottes an uns zurückgeführt: „Aber aus ihm ist es, dass ihr in Christus Jesus seid …“, was sich auf die bezieht, die in V. 2 „Gemeinde Gottes“ heißen.

    2Kr 6,1.2: „Aber als Mitwirkende rufen wir euch auch auf, die dargebotene Gnade Gottes nicht vergebens entgegenzunehmen, denn er sagt: ‚Zur angenehmen Zeit erhörte ich dich, und am Tage des Heils eilte ich dir zur Hilfe’ (Seht, jetzt ist ‚angenehme Zeit’. Seht, jetzt ist ‚Tag des Heils’.)“ Was der Apostel zitiert, ist wieder ein prophetisches Wort Gottes an die Person des Messias in Jes 49. Er wendet es hier an auf die Christen in Korinth: Was dem Haupt der Gemeinde zugesagt wurde, gilt den Gliedern des Leibes. Es wird also die Einheit der beiden vorausgesetzt.

    Als mit Christus verwachsen befindet sich die Gemeinde, behauptet der Apostel, im Himmel (Eph 2,6): „… und er weckte uns zusammen mit ihm und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen Bereichen in Christus …“

 

                D:  Die Gemeinde trägt den Namen Christi.

 

1Kr 12,12.13A: „… denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, so ist auch der Christus, denn auch in einem Geist wurden wir alle in einen Leib getauft …“

    Ag 15,14: „Symeon erzählte, wie Gott zuerst eingriff und darauf sah, von den Völkern ein Volk auf seinen Namen zu nehmen.“ Jakobus sagt, was Gott in Cäsarea in Gegenwart des Petrus tat, entspreche dem, was er durch Amos bereits ankündigen ließ. Und dort hieß es u.a. (V. 17A):

    „… damit die Übriggebliebenen der Menschen den Herrn mit Fleiß suchen und alle, die von den Völkern sind, auf die mein Name gerufen wurde …“

    Die Ausdrücke „auf die mein Name gerufen wurde“ und „ein Volk auf seinen Namen zu nehmen“ decken sich also. Ähnliche Formulierungen finden sich in 5M 28,10; 2Ch 7,14; Jes 43,6.7; 63,19; Jr 14,9; 15,16. Sie sprechen davon, dass Gott gewissen Menschen seinen Namen zu tragen gibt als Zeichen, dass sie sein sind, seine Familie.

    1P 4,14.16: „Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, seid ihr Selige, weil der Geist der Herrlichkeit und Gottes auf euch ruht; bei ihnen ist der Name gelästert, bei euch aber verherrlicht… Wenn er aber als Christ leidet, schäme er sich nicht, verherrliche aber Gott in diesem, das ihm zuteil wurde.“

 

                E:  Christus ist der Wohnort der Gemeinde.

 

Zu diesem Tatbestand gibt es eine Menge von Schriftstellen. Nur einige sollen genügen.

    Rm 8,1A: „Es ist dann nun gar keine Verurteilung für die, die in Christus Jesus sind …“

    1Kr 1,2A.30A: „… der Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den gerufenen Heiligen … Aus ihm ist es, dass ihr in Christus Jesus seid …“

    2Kr 5,17A: „So ist einer auch, wenn er in Christus ist, ein neues Geschöpf.“

    Eph 2,13.15M: „Nun aber, in Christus Jesus, seid ihr, die ihr früher ‚fern’ wart, ‚nahe’ geworden durch das Blut Christi … damit er die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe …“

 

                F:  Christus ist Leben und Wesen der Gemeinde.

 

Das ist er kraft dessen, dass er in ihr und sie in ihm ist (Jh 15,4A).

    Das ist er kraft dessen, dass sie sein Leib ist und Leib und Haupt eine Person bilden (1Kr 12,12).

    Zu diesem Vers schreiben Kling, Braune u. Braune (bei Lange): „Die [Gemeinde] ist nicht ein für sich bestehender Körper, welchem die einzelnen Christen angehören, sich anschließen, sondern die gläubigen Seelen sind die [Gemeinde], der Leib, dessen Ich Christus ist. Durch Zugehörigkeit zu Christus bilden die Gläubigen den Leib Christi.“

    Das ist er kraft dessen, dass sein Geist eins mit dem Heiligen Geist ist (Rm 8,9.10), der die Gemeinde in sich aufgenommen hat und sie wiederum bewohnt wie getrunkenes Wasser (1Kr 12,13).

 

                G:  Die Gemeinde ist der Raum, den Christus bewohnt und füllt.                      

 

Sie ist es im Einzelnen wie im Ganzen.

    Eph 1,22: „… und er tat alles unter seine Füße, und ihn, Haupt über alles, gab er der Gemeinde, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen füllt …“

    3,17: „… Christus wohnen zu lassen in euren Herzen durch den Glauben …“

    4,10: „Der, der niederstieg, ist derselbe, der auch aufstieg über alle Himmel, damit er alles fülle.“

 

                H:  In dieser Beziehung ist die Gemeinde Christus unterstellt.

 

Hiervon spricht Eph 5,24. Leider ist der Vers nicht ohne weiteres klar:

    Im ersten Teil kann es heißen: „Geradeso jedoch wie die Gemeinde sich Christus unterordnet …“ So Braune und Braune (bei Lange), Ewald (bei Zahn) und Schlatter, dessen Bemerkungen hierzu besonders wertvoll sind. In diesem Fall wird vorausgesetzt, dass sie es tut. Aber dann fragen wir uns: Ist diese Unterordnung so vollkommen, dass sie für verheiratete Frauen als Beispiel dienen darf? Im zweiten Teil hat der Grundtext kein Tätigkeitswort. Es wird aber ganz offensichtlich eines vorausgesetzt, und zwar in der Befehlsform. Haben wir im ersten Teil nun die Sichform, so würde es im zweiten lauten: „so [sollen sich] auch die Frauen in allem den eigenen Männern [unterordnen].“ Die Folge wäre: Ist die Unterordnung der Gemeinde unter Christus unvollkommen, sei auch die Unterordnung der Frauen unvollkommen!

    Der erste Teil kann aber auch im Passiv stehen. Haubeck und von Siebenthal ziehen hier den Passiv dem Medium vor: „Geradeso jedoch wie die Gemeinde Christus unterordnet wird …“ In diesem Fall ist Gott als der Handelnde zu erwarten. Mit der entsprechenden Tätigkeitsform lautet der anschließende Teil dann: „so [sollen] auch die Frauen in allem den eigenen Männern [unterordnet werden].“ Das ist eher nachvollziehbar.

    Nun kann man einwenden, in V. 24 werde V. 22 fortgesetzt. Überblickt man die drei Verse, so ist das tatsächlich der Eindruck. Doch zwischen den zwei Aufforderungen an die Frauen stehen entscheidende Worte: „… wie dem Herrn … wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde. Und er ist der Retter des Leibes.“

    Zwei Wahrheiten werden hier ersichtlich: a) Beide, Mann und Frau, werden an ihren gemeinsamen Herrn ausgerichtet. b) Dieser Herr ist nicht nur Befehlshaber, sondern Retter, u. z. des „Leibes“. Nun ist Leib ein Bild, zusammen mit der Frau, von der Gemeinde. Und wenn der Apostel sagt, Christus sei Herr und Haupt der Gemeinde, so sollen die Leser wissen, zuvor ist er ihr Retter. Retter ist nun Christus von Sünde, der Sünde der Auflehnung des ersten und aller Menschen. Rettung bringt zurück in die Unterordnung unter und in den Gehorsam gegen unseren Gott. Wir werden unterordnet.

    Für uns Christen geht nun die Rettung in einem gewissen Sinne weiter bis zur Vollendung. Auf das Bild der Ehe angewendet: Während der Mann in seiner Liebe zur Frau das rettende Haupt zum Vorbild hat, erfährt die Frau denselben Herrn als einen Retter, der nicht nur Unterordnung fordert, sondern bereit ist, diese Unterordnung in ihr zu erwirken. Wenn es nun in V. 22 hieß: „wie dem Herrn“, so ist die Frau zum gläubigen Gehorsam gegenüber Christus aufgerufen, mit ihm „dem Herrn“, der sie dem Manne unterordnen will, mitzumachen.

    Es darf dann wohl bei der Passivlösung bleiben: „so [sollen] auch die Frauen in allem den eigenen Männern [unterordnet werden].“

    Dass wir in der persönlichen Umkehr dem Herrn Jesus unterstellt wurden, ist weiter oben herausgestellt worden. Es gehört aber auch zum Wesen der Gemeinde, dass sie stets von Gott zur demütigen Unterordnung hingeführt wird. Vgl. 1P 5,6:

    „Lasst euch also demütigen unter der mächtigen Hand Gottes …“

 

                I:  Als mit Christus Verbundene sind alle Heilsmenschen Fruchttragende.

 

Jh 15,2: „Jeden Rebzweig an mir, der nicht Frucht trägt, ihn nimmt er weg. Und jeden, der Frucht trägt, ihn reinigt er, damit er mehr Frucht trage.“

 

                J:  Einen Familiencharakter erhält die Gemeinde in ihrer Beziehung zu Christus über die gemeinsame Sohnschaft.

   

Rm 8,29: „… weil er die, die er im Voraus kannte, auch im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei.“

    Mt 12,48-50: „Er gab dem, der zu ihm redete, zur Antwort: ‚Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?’

    Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sagte: ‚Siehe! Meine Mutter und meine Brüder! – denn wer irgend den Willen meines Vaters, der in den Himmeln ist, tut, der ist mein Bruder und [meine] Schwester und [meine] Mutter.’“

    28,10: „Dann sagt Jesus zu ihnen: ‚Fürchtet euch nicht! Geht und gebt meinen Brüdern Bericht …’“

    Heb 2,9-14A: „Wir sehen aber den, der ein wenig geringer als die Engel gemacht wurde, damit er durch die Gnade Gottes für jeden den Tod schmeckte, Jesus, wegen und mittels des Todesleidens mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, denn es ziemte ihm, um deswillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind, im Bringen vieler Söhne [Gottes] zur Herrlichkeit den Anfänger ihres Heils durch Leiden hindurch zum Ziel zu bringen, denn beide, der, der heiligt, und die, die geheiligt werden, sind alle von einem, aus welchem Grunde er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen, wenn er sagt:

    ‚Ich werde deinen Namen meinen Brüdern melden. Inmitten der Gemeinde werde ich dir lobsingen’, und [wenn er] wiederum [sagt]: ‚Ich werde stets das Vertrauen auf ihn setzen’, und wiederum: ‚Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gab!’

    Da also ‚die Kinder’ Fleisches und Blutes teilhaftig geworden sind, nahm auch er in gleicher und uns nahekommender Weise an denselben teil …“

    Als Brüder Christi müssen die Menschen der Gemeinde aber auch bereit sein, die Schmach ihres Herrn auf sich zu nehmen:

    Jes 53,3: „Er war verachtet und im Stich gelassen von [hohen] Männern … wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir achteten ihn nicht.“

    Mt 25,40: „Und der König wird ihnen als Antwort sagen: ‚Wahrlich! Ich sage euch: In dem Maße, als ihr es einem dieser tatet, meiner Brüder, der Geringsten, tatet ihr es mir.’“ Von denen zur Linken werden sie in liebloser Weise als Geringe betrachtet und behandelt.

 

            III:  Heilsmenschen kennen auch eine besondere Beziehung zueinander.

                       

Gemeinde ist nicht nur eine gewisse Anzahl von Wiedergeborenen, von Menschen, die individuell verändert wurden, sondern diese durch das Heil Veränderten haben somit auch eine ganz besondere neue Beziehung zueinander, die aber auf die oben besprochene Beziehung des Einzelnen zu Christus zurückzuführen ist.

 

                A:  Sie sind eine Einheit.

 

                    1:  Die Gemeinde erfüllt hierin eine grundsätzliche Bedingung.

 

Für eine Gesellschaft, die Bestand haben soll, lehrte Jesus, sei Einheit eine Grundvoraussetzung: Mt 12,25.26; und die Gemeinde, die er stiftete, erfüllt sie.

    Ag 4,23 spricht von einer besonderen Zusammengehörigkeit: „Nachdem sie freigelassen wurden, kamen sie zu den Ihrigen und erzählten alles, was die Hohen Priester und die Ältesten zu ihnen gesagt hatten.“ Petrus und Johannes kommen vom Verhör vor der Führung Israels und gehen zu „den Ihrigen“. Die Führung Israels war ihre Führung im Volk, aber sie hatten jetzt eine zusätzliche Verbindung. In Israel gab es nun etwas Neues: Gemeinde Jesu. Und das waren nun die Ihrigen, die Brüder und Schwestern ihrer Familie.

    Ga 3,28: „Es ist nicht Jude noch Grieche; es ist nicht Sklave noch Freier; es ist nicht männlich und weiblich; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus.“ Obwohl sie viele sind, sind sie doch eins – in Christus Jesus. Äußerlich sind sie dieselben geblieben – leibeigene Knechte, Freie, Skythen, Männliche, Weibliche. Aber die eigentliche Person ist bereits neugeschaffen. Und da sind sie im Wesen einer in Christus Jesus. Vorher waren sie das nicht:

    Jes 53,6: „Wir alle irrten wie Schafe. Wir wandten uns, jeder seinem Weg zu.“ Menschen, die abseits von Gott leben, leben auch abseits voneinander, isoliert. Menschen, die zur Gemeinde Gottes gehören, gehören zusammen.

 

                    2:  Die Ursache dieser Einheit ist in folgenden Stellen zu finden.

 

1Kr 12,12.13A: „… denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, also ist auch der Christus, denn auch in einem Geiste wurden wir alle in einen Leib getauft, seien wir Juden oder Griechen, leibeigene Knechte oder Freie …“

    Eph 2,15M: „… damit er die Zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe – und so Frieden stifte …“ Jesus hat aus Israeliten und Heiden einen neuen Menschen geschaffen. Vorher waren sie volksmäßig von einander verschieden gewesen. Jetzt gibt es eine neue Menschheit mit neuen internen Beziehungen.

    4,4–6: „Ein Leib ist es und ein Geist, entsprechend dem, dass ihr gerufen wurdet in einer Hoffnung eures Rufes, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in euch allen ist.“ Die Einheit des Geistes ist verknüpft mit der Dreieinigkeit Gottes. So wie Vater, Sohn und Heiliger Geist eins sind, so ist die Gemeinde, die ja aus demselben Gott geboren ist, ebenfalls eins. Sie bezieht ihre Einheit durch die Wiedergeburt aus dem Dreieinigen. Deshalb ist Gemeinde Jesu in so starkem Maße eins, weil sie durch die Neuschöpfung von ihm herrührt.

    Kol 3,11: „… wo es nicht gibt den Griechen und den Juden, Beschneidung und Unbeschnittenheit, den Barbaren, den Skythen, den leibeigenen Knecht, den Freien, sondern alles und in allen ist Christus.“ Christus ist nicht nur das Haupt, sondern auch das Leben, das uns alle durchzieht. Er ist alles in allen. Unser neues Leben ist Christus. Kraft dessen sind wir alle eins.

 

                    3:  Diese neue Menschheit, die Gemeinde, ist gleichsam eine Person.

                              

Von ihr heißt es in Eph 5,19: „… zu einander redend …“ Das Fürwort an dieser Stelle im Grundtext lautet eigentlich: „euch selbst“. Wenn Christen beieinander sind und Gemeinschaft haben, sind sie wie eine Person – ob es sich um zwei oder drei oder auch zweitausend handelt. Weil die Gemeinde wie eine Person ist, kann man sagen: Sie spricht zu sich selbst. D. h.: Wenn einer zu allen anderen spricht, spricht die Gemeinde sich selbst an, weil sie eine Einheit ist.

    Man vgl. auch 4,32: „… vergebt euch dabei untereinander

    Bei Petrus haben wir denselben Gedanken (1P 4,8A.10A): „Dabei habt vor allem zu euch innige, sich ausstreckende Liebe, … und wobei jeder, so wie er eine Gnadengabe empfing, euch [als einer Einheit] damit dient …“

    Eph 4,25: „Darum lasst die Lüge abgelegt sein und ‚jeder rede Wahrheit mit seinem Nächsten’, weil wir Glieder von einander sind.“ Dadurch, dass wir Glieder von Christus sind, sind wir auch Glieder voneinander, miteinander verbunden. Die Einheit der Gemeinde ist also eine sehr enge, enger als die der verwandtschaftlichen Blutsbande.

 

                    4:  Die Einheit ist eine, die der Bewahrung bedarf.

                              

Eph 4,3: „… und euch befleißigt, die Einheit des Geistes in dem Band des Friedens zu bewahren.“ Die Einheit des Geistes ist geschaffen worden. Nun soll sie aber mit Hilfe des Geistes in der Gemeinde bewahrt bleiben – und zwar mit dem Band des Friedens, wie das Stahlband, das die Bretter in einem Weinfass zusammenhält. Das Fass ist eins; der Bretter sind viele. Das Band des Friedens hält uns alle zusammen.

 

                    5:  Die Einheit ist nicht solcher Art, dass sie die Individualität des Einzelnen aufheben würde.

   

Rm 12,5: „So sind auch wir, die Vielen, ein Leib in Christus, als einzelne Glieder voneinander.“

    1Kr 12,12.14: „… gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, so ist auch der Christus … denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele Glieder.“

    Diese Individualität ist also auch nicht solcher Art wiederum, dass sie die Einheit beeinträchtigen könnte.

 

                B:  Sie sind eine Bruderschaft.

 

                    1:  Dieses ist die Lehre Jesu.

                              

Mt 23,8M: „… denn einer ist euer Führer: der Messias. Ihr alle seid aber Brüder.“

 

                    2:  Es ist die Erfahrung der ersten Gemeinde.

                              

Ag 10,23: „Daraufhin bat er sie hereinzukommen, und er beherbergte sie. Am folgenden Tage ging er fort mit ihnen, und etliche der Brüder von Joppe gingen mit ihm.“

    V. 45: „Und die Gläubigen aus der Beschneidung, alle, die mit Petrus gekommen waren, waren erstaunt darüber, dass auch über die, die von den Völkern waren, die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war.“ Die Gläubigen von V. 45 wurden in V. 23 „Brüder“ genannt.

    Ag 14,27 - 15,3A: „Als sie angekommen waren, versammelten sie die Gemeinde und berichteten, wie viel Gott mit ihnen getan und dass er denen von den Völkern die Tür des Glaubens aufgetan habe. Dort hielten sie sich eine nicht geringe Zeit auf zusammen mit den Jüngern.

    Und etliche kamen von Judäa herab und lehrten die Brüder: ‚Wenn ihr nicht beschnitten werdet nach der Sitte Moses, könnt ihr nicht gerettet werden.’

    Als also Paulus und Barnabas in nicht geringe Aufregung und Disputation mit ihnen gerieten, verordneten sie, dass Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen dieser Frage wegen nach Jerusalem zu den Aposteln und Ältesten hinaufgehen sollten. Sie wurden also von der Gemeinde begleitet und durchzogen Phönizien und Samarien und erzählten von der Umkehr derer, die von den Völkern waren, und machten allen Brüdern große Freude.“

    Die Gemeinden in Antiochien, Phönizien und Samarien bestehen also aus Brüdern.

    15,22.23: „Dann schien es den Aposteln und den Ältesten zusammen mit der ganzen Versammlung gut, aus ihrer Mitte gewählte Männer zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu schicken: Judas, zusätzlich genannt Barsabas, und Silas, leitende Männer unter den Brüdern.

    Folgendes Schreiben war verfasst und wurde geschickt durch ihre Hand: ‚Die Apostel und die Ältesten und die Brüder – den Brüdern aus den Völkern in Antiochien und Syrien und Kilikien: Freut euch!’“

    16,4.5: „Als sie durch die Städte reisten, übergaben sie ihnen zum Einhalten die Bestimmungen, die Entscheidungen der Apostel und der Ältesten in Jerusalem. Es wurden also die Gemeinden im Glauben gestärkt, und sie nahmen an Zahl täglich zu.“

    Die Schrift war an Brüder gerichtet. Lukas sagt aber, sie waren Gemeinden. Gemeinde ist also eine Bruderschaft.

    1P 2,17A: „… ehrt alle; liebt die Bruderschaft …“

    5,9: „Dem widersteht, fest im Glauben, wissend, dass dieselben Leiden sich an eurer Bruderschaft, die in der Welt ist, vollziehen.“

    „Bruderschaft“ heißt übrigens nicht: organisierter Gemeindeverband. Die Gemeinde Jesu ist aufgeteilt in unabhängige Gruppen. Jedoch ob fern oder nah, Kinder Gottes empfinden sich als eine große Familie.

 

                    3:  Brüderliche Gemeinschaft gehört zum Wesen der Gemeinde.

                              

Kol 1,2: „… den Heiligen und treuen Brüdern in Christus, [die] in Kolossä [sind] …“

    1P 1,22.23: „Nachdem ihr durch den Geist eure Seelen im Gehorchen der Wahrheit gereinigt habt zu ungeheuchelter Bruderliebe, liebt einander aus reinem Herzen mit nachhaltiger, edelster Liebe, als Wiedergeborene – nicht aus verderblichem Samen, sondern aus unverderblichem, durch das lebende und in Ewigkeit bleibende Wort Gottes.“ Petrus ruft auf, die Brüder zu lieben, und sagt: Ihr könnt lieben, weil ihr durch die Christusbotschaft von Grund auf neu geworden seid. In der Wiedergeburt entstand diese Voraussetzung.

 

                    4:  Kraft der Bruderliebe sind Christen auch Freunde von einander.

                              

                        .  Ag 27,3: „Am nächsten Tag legten wir zu Sidon an. Und Julius, der im Umgang mit Paulus menschenfreundlich war, erlaubte ihm, zu Freunden zu gehen, um ihre Fürsorge zu genießen.“

 

                        .  3Jh 15: „Friede sei dir zuteil. Es grüßen dich die Freunde. Grüße die Freunde mit Namen.“

 

                        .  Diese Freundschaft rührt aus der mit dem gemeinsamen Herrn:

Jh 15,13-15: „Größere als diese Liebe hat niemand: dass jemand seine Seele hinlegt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich nenne euch nicht mehr leibeigene Knechte, weil der leibeigene Knecht nicht weiß, was sein Herr tut. Euch habe ich aber Freunde genannt, weil ich alles, was ich bei meinem Vater hörte, euch zur Kenntnis gab.“

 

                        .  Das griechische Wort für Bruderliebe kann auch mit „Bruderfreundschaft“ wiedergegeben werden.

 

                    5:  Neben dem Bruder steht auch die Schwester.

                              

Rm 14,13; 16,1: „Lasst uns also nicht mehr über einander urteilen, sondern urteilt lieber dieses: dem Bruder nicht einen Anlass zum Stolpern in den Weg zu legen oder einen Fallstrick… Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die eine Dienerin der Gemeinde zu Kenchrea ist.“

    1Kr 7,15: „Wenn sich der Ungläubige aber trennt und sich getrennt hält, trenne er sich und halte sich getrennt; der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden – in Frieden hat uns Gott gerufen.“

    9,5: „Haben wir nicht Berechtigung, eine Schwester als Frau mitzuführen, wie auch die anderen Apostel und die Brüder des Herrn, auch Kephas?“

    Phm 2: „… und Apphia, der Geliebten, und Archippus, unserem Mitstreiter, und der Gemeinde in deinem Hause.“

    Jk 2,15: „Wenn ein Bruder oder eine Schwester unbekleidet wäre und der täglichen Nahrung entbehrte …“

 

                C:  Sie kennen keine Rangunterschiede.

 

                    .  Jeder ist gleichwertig, obwohl weder äußerlich noch innerlich gleichartig.

Ag 2,17.18: Durch den Empfang des Heiligen Geistes werden soziale Rangunterschiede innerlich aufgehoben. Vgl. Joel 3,1ff.

    13,1.2A: „Es waren in Antiochien bei der Gemeinde, die dort bestand, etliche Propheten und Lehrer: beide, Barnabas und Symeon, der Niger genannt war, und Lukius, der Kyrenäer, auch Manaen, ein Pflegebruder des Vierfürsten Herodes, und Saulus. Als sie dem Herrn Dienst leisteten und fasteten …“

    Barnabas – ein Jude aus Zypern, ist ein feiner Christ, ein „Sohn des Trostes“. Neben ihm steht Symeon – ein Schwarzer, Niger genannt: „der Dunkelhäutige“. Farbe spielte keine Rolle. Neben ihnen ist Lukius, der Kyrenäer, und Manaen, ein Pflegebruder des Vierfürsten Herodes (wie ein Königssohn erzogen), zuletzt Saulus, der die Gemeinde verfolgt hat. Sie sind hier alle eins – Brüder, die zusammen fasten und beten.

    1Th 5,27: „Ich beschwöre und verpflichte euch auf den Herrn, den Brief vor allen heiligen Brüdern lesen zu lassen.“ Paulus verpflichtet alle Christen in Thessalonich, weil jeder Bruder gleich wert ist. Es gibt keinen Klerus. Jeder ist gleichrangig, und jeder soll zur Kenntnis nehmen, was der Apostel geschrieben hat. Jeder ist mitverantwortlich für den Inhalt.

    Es ist keiner in der neutestamentlichen Gemeinde, der nicht alle Wahrheiten der göttlichen Offenbarung empfangen und verstehen darf. Und es ist keiner, der nicht Verantwortung trägt. Hier soll jeder die Bibel lesen. Hier ist es notwendig, dass jeder die Bibel kennt. Jeder ist Lehrer, und jeder ist Bruder des anderen.

    Jk 2,1–8: In der Gemeinde ist kein Rangunterschied. Da darf auch ein Reicher auf einem Hocker sitzen und ein Armer im gepolsterten Stuhl.

 

                    .  Alle sind zusammen Mitarbeitende.

Die Verordnung haben wir in Eph 4,11.12: „Und er selbst gab: die einen zu Aposteln, andere zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere zu Hirten und Lehrern, zwecks der Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi …“

    Beispiele haben wir in folgenden Stellen:

    Php 4,2.3: „Euodia rufe ich auf, und Syntyche rufe ich auf, derselben Gesinnung zu sein im Herrn. Und ich bitte auch dich, echter Syzygos, Mitziehender am Joch, nimm dich dieser an, die in der guten Botschaft mit mir kämpften – nebst auch Klement und den übrigen, die mit mir wirkten, deren Namen im Buch des Lebens stehen.“

    Rm 16,3: „Grüßt Priskilla und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus …“

    V. 12: „Grüßt Tryphena und Tryphosa, die im Herrn arbeiten. Grüßt Persis, die Geliebte, die viel arbeitete im Herrn.“

    Phm 23.24: „Es grüßen dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, [der mein Los teilt,] Markus, Aristarchus, Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.“

 

                D:  Bezeichnend ist auch, dass alle drei Haupttexte über die Gnadengaben im Zeichen der Betonung der Einheit der Gläubigen stehen.

   

Die Texte sind: Rm 12,3–8; 1Kr 12; Eph 4,7–16.

                                                                                                       

            IV:  Heilsmenschen kennen sogar eine Verwandtschaft zu den erschaffenen Bewohnern des Himmels.

   

Heb 12,22: „… sondern ihr seid hingekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebenden Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu vielen Tausenden von Engeln, der Gesamtfestversammlung …“

    Of 12,10: „Und ich hörte eine große Stimme im Himmel sagen: ‚Jetzt ist geworden die Rettung und die Kraft und die Königsherrschaft unseres Gottes und die Obrigkeit seines Gesalbten, weil der Verkläger unserer Brüder niedergeworfen ist, der sie vor unserem Gott verklagte Tag und Nacht.’“

    19,10: „Und ich fiel nieder vor seinen Füßen, ihn zu huldigen.

    Und er sagte zu mir: ‚Sieh! Tu es nicht! Ich bin wie du ein leibeigener Knecht und wie deine Brüder, die das Zeugnis Jesu haben.’“

                                                                                                                               

        e.  Weil die persönliche Heilswende das Kennzeichen der Gemeinde ist, deckt sich der Umfang der Gemeinde mit dem der Schar der Geretteten.

 

            I:  Gemeinde schließt alle Geretteten ein.

                       

Das entscheidende Merkmal der Gemeinde Gottes ist das Heil. Sie schließt daher alle Geretteten ein.

    Jh 10,16: „Und andere Schafe habe ich, die nicht aus dieser Hürde sind. Auch die muss ich bringen. Und sie werden auf meine Stimme hören. Und es wird eine Herde, ein Hirte werden.“

    17,19–21: „Und für sie heilige ich mich selbst, damit auch sie in Wahrheit geheiligt seien. Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich sandtest.“ Menschen, die später zum Glauben kommen, gehören zur selben Gemeinde. Es gibt also auf der ganzen Welt nur eine.

    Ag 20,32: „Und nun übergebe ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das Kraft hat, euch aufzubauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten.“

    Rm 15,7: „Darum nehmt einander zu euch, sowie auch Christus uns zu sich nahm zu Gottes Verherrlichung.“ Die Zugehörigkeit zu Christus ist also identisch mit der Zugehörigkeit zum örtlichen Kreis der Gläubigen. Es ist kein Christ, der nicht in der Gemeinde wäre, auch einer örtlichen. Wo immer es Gläubige gibt, dort ist Gemeinde Gottes.

    In der Ag 13,14.15 lesen wir: „Sie zogen von Perge aus hindurch und kamen in das pisidische Antiochien. Und sie gingen am Tage des Sabbats in die Synagoge und setzten sich. Nach der Lesung des Gesetzes und der Propheten sandten die Synagogenvorsteher zu ihnen und ließen sagen:

    ‚Männer, Brüder! Ist in euch ein Wort des Zuspruchs an das Volk, sagt es.’“

    Als die zwei Sendboten durch das Tor von Antiochien in Pisidien schritten, gab es somit in jener Stadt Gemeinde Jesu Christi. Und mit jedem, der sich nach der ersten Versammlung im Glauben an ihre Botschaft zu ihnen gesellte, wuchs diese Gemeinde:

    „Nachdem die Versammlung der Synagoge aufgelöst war, folgten viele der Juden und der ehrfürchtigen Proselyten Paulus und Barnabas, welche zu ihnen redeten und ihnen Vertrauen zuflößten, ganz bei der Gnade Gottes zu bleiben.“ (V. 43)

    1Kr 12,12.13: „… denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, also ist auch der Christus, denn auch in einem Geiste wurden wir alle in einen Leib getauft, seien wir Juden oder Griechen, leibeigene Knechte oder Freie, und wir wurden alle in einen Geist getränkt.“ Alle, die zum Herrn gehören, sind sein Leib, seine Gemeinde.

    Eph 2,15: „… indem er das Gesetz mit dessen in Satzungen gefassten Geboten außer Kraft setzte, damit er die Zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe, so Frieden stifte …“

    3,18.21: „… damit ihr, als solche, die in Liebe gewurzelt und gegründet sind, sehr stark und im Stande seid, mit allen Heiligen für euch zu erfassen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe ist … Ihm gebührt die Herrlichkeit in der Gemeinde in Christus Jesus zu allen Geschlechtern aller Ewigkeit.“ Zusammen mit allen Heiligen sollen wir über das Heil Gottes lernen. Es gibt keine internen Grenzen, nur eine einzige Gemeinde.

   

            II:  Gemeinde schließt nur Gerettete ein.

                       

Alle echten Christen sind eins. Es handelt sich aber nur um echte Christen. Die Bibel spricht von einem Drinnen und einem Draußen. Gemeinde Jesu Christi schließt also eine bestimmte Zahl ein, die die drinnen sind. Diejenigen, die draußen sind, gehören nicht zu dieser Schar.

 

                .  Schon zu Jesu Zeit gab es die, die drinnen, und die, die draußen waren.

Im Gleichnis von dem guten Hirten und seiner Herde zeigt Jesus, wie sein Rufen die echten Schafe von den anderen trennt:

    Jh 10,2.3: „Aber der, der durch die Tür eintritt, ist der Hirte der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme. Und die eigenen Schafe ruft er mit Namen, und er führt sie hinaus.“ Wozu führt er sie hinaus und weg von den anderen Schafen? Um die Seinen aus der Masse der Ablehnenden (S. 1,11) herauszuholen und eine neue Herde zu bilden. Im Wirken des Messias wurde immer wieder erkenntlich, wer die Stimme dieses „neuen“ Hirten als die des „alten“ und wahren Hirten Israels erkannte, die man in der schriftlichen Offenbarung vernehmen konnte. Die Folge? Manche machten sich auf und folgten ihm und hielten sich zu ihm. Andere wandten sich gegen ihn.

    Mk 4,10.11: „Aber als er dann allein war, fragten ihn die, die um ihn waren, zusammen mit den Zwölfen nach dem Gleichnis.

    Und er sagte zu ihnen: ‚Euch ist es gegeben worden, das Geheimnis vom Königreich Gottes zu kennen. Aber jenen, die draußen sind, geschieht alles in Gleichnissen.’“

    In 10,42.43 machte er klar, dass die Seinen in der Welt eine gesonderte Gesellschaft bildeten: „Aber Jesus ruft sie zu sich und sagt zu ihnen: ‚Ihr wisst: Die, die in den Völkern als Erstrangige gelten, halten sie in ihrer Herrschaft nieder, und ihre Großen üben Autorität über sie aus. So wird es aber unter euch nicht sein, sondern wer irgend wünscht, groß unter euch zu werden, wird euer Diener sein.’“

    Lk 12,29.30: „Auch ihr, trachtet nicht weiterhin danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und lasst euch nicht länger umtreiben, denn nach diesem allem trachten die aus den Völkern der Welt. Euer Vater weiß aber, dass ihr diese Dinge bedürft.“

    24,24A: „Und einige von denen bei uns gingen weg zum Grab …“

    Wenn in Mt 28,19 Jesus sagt: „Macht zu Jüngern“, setzt er voraus, dass seine Boten unterscheiden können zwischen Jüngern und Nichtjüngern.

 

                .  Zur Zeit der Apostel wurde die Gemeinde des Messias zu einer himmlischen Insel im Meer der weltlichen Gesellschaft.

    Ag 4,23: Sie kamen zu „den Ihrigen“. Die, von denen sie kamen (nämlich die Hohen Priester), waren auch Israeliten; sie waren sogar die Führung, aber sie gehörten nicht zu ihnen.

    1Kr 5,12 - 6,1: „… denn – was? Liegt es an mir, auch die, die außerhalb sind, zu richten? Richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber, die draußen sind, wird Gott richten. Und tut ihr den Bösen weg aus eurer Mitte! Wagt jemand von euch es, wenn er eine Sache gegen einen anderen hat, vor den Ungerechten gerichtet zu werden und nicht vor den Heiligen?“

    2Kr 6,14: Licht und Finsternis schließen einander aus. Da hört die Einheit auf.

    Eph 2,3E: „… wie auch die anderen.“ Die gehören nicht zum Heilsvolk.

    Kol 1,2 und 4,5: Diejenigen, von denen in 1,2 die Rede ist, sind drinnen; die anderen sind draußen. Man muss durch die Tür des Heils kommen, um in der Gemeinde zu sein.

    1Th 4,12A: „… damit ihr einen wohlanständigen Wandel führt gegenüber Außenstehenden …“

    V. 13: „… wie die Übrigen.“ Die Christen sind die Gemeinde, die anderen die Übrigen; so auch 5,6.

    5,15: „Seht, dass niemand jemandem Böses mit Bösem vergelte, sondern strebt allezeit dem Guten nach – gegen einander und gegen alle.“

    1Tm 3,5.7: „Gemeinde Gottes … Außenstehenden.“ Die Gemeinde besteht aus den Innenstehenden. Die anderen sind draußen.

    Ti 3,14: Die „Unsrigen“ werden von den anderen unterschieden.

    1P 4,17: Die Menschheit wird in zwei Gruppen aufgeteilt: „wir“ und „die dem Evangelium nicht gehorchen“.

    1Jh 2,8E.9: „… das wahre Licht scheint bereits. Wer sagt, er sei im Licht, und hasst im fortdauernden Sinne seinen Bruder, ist bis jetzt in der Finsternis.“ Das Licht der apostolischen Botschaft schließt nicht jeden ein, sondern trennt, teilt die Weltbevölkerung auf in zwei nicht zu verwechselnde Gebiete und lässt in Finsternis, wer nicht ins Licht kommen will.

    Es gibt also nur eine Gemeinde. Und sie hat deutliche Grenzen.

 

                .  In den Briefen an die Epheser und die Kolosser gibt Paulus in seiner Anrede zu verstehen, dass die Gemeinde aus den Treuen besteht.

    Eph 1,1: „Paulus, Apostel Jesu Christi durch Gottes Willen, – den Heiligen, die in Ephesus sind, und Treuen in Christus Jesus …“

    6,24: „Die Gnade sei mit allen, die unseren Herrn lieben, Jesus Christus, mit unverderblicher Liebe. Amen.“   

    Kol 1,2: „… den Heiligen und treuen Brüdern in Christus in Kolossä.“

 

                .  Überhaupt sind die an einen Ort gerichteten Briefe des Neuen Testamentes für eine bestimmte Auswahl an Ortsbewohnern gedacht, nicht für die ganze Bevölkerung.

   

                .  Auch die Zusammenkünfte der Gemeinde sind nicht für alle, sondern sind Versammlungen der Glaubenden. Die anderen gelten, falls sie auftauchen, als Besucher: 1Kr 14,23.24.

 

            III:  Die Gemeinde Himmels und der Erde schließt die alttestamentlichen Gottestreuen ein.

 

                .  Rm 3,28: „Wir rechnen also damit, dass ein Mensch durch den Glauben gerechtfertigt ist, ohne Werke des Gesetzes.“ Welcher Mensch? Der, von dem in V. 23 gesagt war, dass er gesündigt hatte. Der Text beginnt nämlich mit V. 21:

    V. 21-24: „Nun aber ist, unabhängig vom Gesetz, Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten, Gottes Gerechtigkeit durch Glauben an Jesus Christus – für alle und auf alle, die glauben, denn es ist kein Unterschied, denn alle sündigten, und sie reichen nicht an die Herrlichkeit Gottes heran; sie werden ohne Verdienst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus …“

    Und für wen ist diese „Erlösung“?

    Der Apostel fährt fort (V. 25.26): „… den Gott darstellte als Sühnemittel durch den Glauben – in seinem Blut – zum Erweis seiner Gerechtigkeit wegen des Übergehens der zuvor geschehenen Sünden in der Zurückhaltung Gottes im Blick auf den Erweis seiner Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um gerecht zu sein und zu rechtfertigen den, der aus Glauben an Jesus wäre.“ (Beachten wir: Die Verse 21-26 sind ein Satz.)

    Das Argument wird in K. 4 fortgesetzt, wo wir in den V. 7.8 ein Zitat antreffen. In V. 9A stellt der Apostel eine Frage – ohne Tätigkeitswort:

    „Diese Seligkeit also, auf die Beschneidung oder auch auf die Unbeschnittenheit?“

    Die Antwort wird gegeben in den Versen 10-14. Vers 14 lautet:

    „… denn wenn die vom Gesetz Erben sind, ist der Glaube zunichte gemacht und die Verheißung aufgehoben …“

    Die Gegenwartsform in diesem Vers zeigt, dass auch in V. 9 die Frage in der Gegenwartsform zu denken war. In Heilsfragen denkt Paulus also übertestamentlich. Alttestamentliche Glaubende werden mit neutestamentlichen gleichgesetzt. Auch die Vaterschaft Abrahams in diesen Versen spricht von dieser Einheit. Die Verse 16-25 bestätigen das Argument.

    Vergleichen wir jetzt Rm 8,32: „Der sogar des eigenen Sohnes nicht verschonte, sondern für uns alle ihn dahingab, wie wird er nicht auch zusammen mit ihm uns alles in Gnade geben?“ Starb Jesus nur für Neutestamentliche? Wenn er aber für alle starb und die alttestamentlichen Glaubenden genauso gerechtfertigt wurden wie die neutestamentlichen es werden, wird er ihnen nicht auch wie uns alles schenken?

 

                .  11,16M: „… und wenn die Wurzel mit Stamm heilig ist, sind es auch die Zweige.“ Beide gehören also zusammen, und wenn die Zweige der israelitische Anfang der neutestamentlichen Gemeinde sind, so sind sie grundsätzlich ein Gewächs mit der alttestamentlichen.

 

                .  1Kr 15,20E: „Er wurde Erstling der Entschlafenen.“

Benjamin Newton[21] weist auf Folgendes hin: Da er „Erstling“ war, als er auferstand, war er es zunächst für die bis dahin verstorbenen Gottestreuen, ein Hinweis auf die jenseitige Einheit der alttestamentlichen und der neutestamentlichen Gemeinden.

    V. 21-23 begründen V. 20E. Man beachte in V. 23: „die, die Christus gehören“, was die alttestamentlichen Messiasgläubigen einschließt.

 

                .  Ga 2 u. 3

2,15.16: „Wir, die wir von Natur aus Juden sind und nicht Sünder von den Völkern, die wir wissen, dass ein Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, auch wir glaubten an Jesus Christus, damit wir gerechtfertigt würden – aus Glauben an Christus und nicht aus Gesetzeswerken, weil kein Fleisch aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird.“

    Für diesen Grundsatz wird Abraham als Beispiel herangezogen (3,6-9): „… so wie Abraham Gott glaubte, ‚und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet’. Nehmt dann zur Kenntnis, dass die, die aus dem Glauben sind, diese sind Söhne Abrahams. Da die Schrift voraussah, dass Gott aus Glauben die, die von den Völkern sind, rechtfertigt, sagte sie dem Abraham die gute Botschaft im Voraus:

    ‚In dir werden alle Völker gesegnet werden.’

    So werden auch die, die aus dem Glauben sind, zusammen mit dem glaubenden Abraham gesegnet …“

    Man beachte das Wort „zusammen“ in dem letzten Satz.

    In V. 14 heißt es dann: „… damit denen, die von den Völkern sind, der Segen Abrahams zuteil werde in Christus Jesus, damit wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben.“ Sollte der alttestamentliche Abraham von seiner eigenen Verheißung ausgeschlossen sein?

    In V. 16 wird Abraham aufs Engste mit Christus selbst verknüpft: „Aber Abraham wurden die Verheißungen zugesprochen und seinem Samen. Er sagt nicht: ‚und den Samen’, als ob es sich auf viele beziehe, sondern als auf einen, ‚und deinem Samen’: Der ist Christus.“

    V. 29 fasst die Einheit der zwei testamentlichen Gemeinden zusammen: „Aber wenn ihr Christus angehört, dann seid ihr Abrahams Same und nach der Verheißung Erben.“

 

                .  Heb 4,6-9: „Da es also übrig bleibt für etliche, in sie einzugehen, und die, denen vormals gute Botschaft gesagt wurde, nicht eingingen wegen ungläubigen Ungehorsams, bestimmt er wieder einen gewissen Tag: ‚Heute’, wenn er bei David sagt nach einer solchen langen Zeit, so wie es gesagt ist: ‚Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, verhärtet nicht eure Herzen’, denn wenn Josua ihnen Ruhe gegeben hätte, hätte er nicht nach dem von einem anderen Tage gesprochen. Dann bleibt übrig ein Sabbathalten dem Volk Gottes …“

    „Volk Gottes“ bezieht sich hier sowohl auf das alttestamentliche als das neutestamentliche. Für den Psalmisten, der zitiert wird, war es das frühere. Weil das neue die Fortsetzung des alten ist, konnte der Briefschreiber das von David Gesagte ohne weiteres auf seine Lesergemeinde beziehen.

 

                .  9,15: „Und deswegen, [von daher], ist er Mittler eines neuen Bundes, auf dass, nachdem ein Tod geschehen war zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund, die, die gerufen worden sind, die Verheißung des ewigen Erbes empfangen möchten.“

    „Deswegen“ verbindet mit den V. 11-14, die einen sich durchziehenden Satz bilden, dessen Kern lautet: „Aber Christus … vermittels des eigenen Blutes [in seinem Sterben] ging ein … in die Heiligtümer, nachdem er sich eine ewige Erlösung erschaffen hatte, denn … wie viel mehr wird das Blut des Christus … euer Gewissen reinigen …“

    Wir merken uns: V. 14 spricht von neutestamentlichen Christen: „euer Gewissen“. Diese kommen in den Genuss des Todes Jesu. In V. 15 sind es Alttestamentliche unter dem ersten Bund, die in diese Erlösung eingeschlossen sind. Beide sind V. 15E „die Gerufenen“, die „die Verheißung des ewigen Erbes empfangen“ sollen.

 

                .  V. 28: „… so wird Christus, einmal dargebracht worden, um die Sünden vieler [Alttestamentlicher wie Neutestamentlicher] zu tragen, ein zweites Mal ohne Sünde gesehen werden zum Heil denen, die auf ihn warten …“

    Haben nur Neutestamentliche auf ihn gewartet?

 

                .  11,4: „Im Glauben brachte Abel Gott ein Opfer dar, das mehr war als Kains, durch welchen ihm bezeugt wurde, ein Gerechter zu sein, denn Gott legte über seine Gaben Zeugnis ab. Und durch ihn redet er noch –, nachdem er gestorben ist.“

 

                .  V. 8-10.16: „Im Glauben, als er gerufen wurde, gehorchte Abraham, um auszuziehen an den Ort, den er als ein Erbe empfangen sollte. Und er zog aus – und wusste nicht, wohin er käme. Im Glauben wohnte er als Gast hier und da im Lande der Verheißung wie in einem fremden … denn die Stadt, die Grundfeste hat, war seine Erwartung, deren Architekt und Erbauer Gott ist… Nun aber haben sie sich nach einem besseren [Vaterland] ausgestreckt, das heißt, nach einem himmlischen, weshalb Gott sich ihrer nicht geschämt hat, ihr Gott genannt zu werden, denn er bereitete ihnen eine Stadt.“

    Das ist aber auch die Wohnstadt, zu der wir zu kommen hoffen (12,22.23): „… ihr seid hingekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebenden Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu vielen Tausenden von Engeln, der Gesamtfestversammlung und zur Gemeinde der Erstgeborenen, in den Himmeln eingetragen, und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern von am Ziel angekommenen Gerechten.“

 

                .  V. 39.40: „Und diese alle, denen durch den Glauben Zeugnis abgelegt wurde, erhielten nicht die Verheißung, da Gott in Bezug auf uns etwas Besseres zuvorersehen hatte, damit sie nicht ohne uns vollendet würden.“

    Zu V. 40:  

    -  Dieses „Bessere“ ist denn auch in den vorausgehenden Kapiteln reichlich herausgestellt worden.

    -  „Für uns“ ist es „zuvorersehen“, weil wir in der Zeit leben, in der es bereits gekommen ist und im Ansatz genossen werden darf.

    -  „Nicht ohne uns“ konnten sie vollendet werden, weil das Bessere, das die Vollendung möglich macht, noch nicht da war. „Nicht ohne uns“ werden sie vollendet, 1.) weil ihr Glaube dasselbe Ziel wie der unsrige hatte und 2.) weil das Heil in Christus, das Bessere, für sie wie für uns war.

    -  Daher warten sie auf uns und sind wir zu ihnen gekommen (12,22A.23E), denn wir sind eine Gemeinde.

    -  „Ohne uns“ sollten sie nicht „vollendet“ werden, die Auferstehung (V. 35) erleben. An jenem Tage wird nur eine angekommene Gemeinde sein, ein Volk Gottes.

    -  Ohne das „Bessere“, die Vorkehrung des Heils, konnten sie auch nicht vollendet werden.

    -  Auf den Punkt gebracht ist die Bemerkung der Jubiläumsbibel: „Diese alle, Genannte und Ungenannte, haben trotz dem Zeugnis der Gerechtigkeit, das sie durch den Glauben erlangten, das verheißene Heil in Christus bei ihren Lebzeiten nicht gesehen (Lk 10,24). Für uns dagegen hat Gott das Bessere aufbehalten: die Vollendung des reinen Gewissens durch Christi Priestertum (K. 9,14) schon jetzt und die Vollendung des Heils in der ‚besseren’ Auferstehung dereinst (10,37ff). Wie viel mehr sollte sich bei uns ein solcher Glaube finden, damit wir in der Zeit der Vollendung dann mit jenen uns freuen könnten der Herrlichkeit Gottes! Zur Vollendung des Einzelnen gehört das Ganze, zur Vollendung des Ganzen der Einzelne.“

 

                .  Of 4,4: „Und rings um den Thron [waren] vierundzwanzig Throne. Und auf den Thronen sah ich die vierundzwanzig Ältesten sitzen, umkleidet mit weißen Gewändern, und auf ihren Häuptern goldene Kronen.“

    Wie oft angenommen, dürften die Ältesten die alttestamentliche sowie die neutestamentliche Gemeinde Gottes darstellen. In dem Fall wären die zwei Scharen von Gottestreuen als eine kontinuierliche Gemeinde zu denken. Dasselbe würde für die Frau in K. 12 gelten, von der ebenfalls angenommen wird, sie stelle die in der Schrift sich fortsetzende Gemeinde dar.

 

        f.  Das Heil der Heilsmenschen ist noch nicht vollständig.

                 

Die Heilsmenschen der Gemeinde sind noch nicht am Ziel.

 

            I:  Nur der innere Mensch ist heute vom Heil erfasst.

                     

Das Heil kennzeichnet die Heilsmenschen. Aber dieses Heil ist bei diesen nicht immer zur Zufriedenheit erkenntlich, weil es sich noch nicht bis zu seiner Fülle entfaltet hat. Die Erneuerten sind noch nicht vollendet. Die Segnungen der Heilsmenschen sind im geistlichen Raum, nicht im irdischen. Die Stellen 2Kr 5,14‑17; Ga 3,28; Eph 1,3 u. ä. beziehen sich nicht auf den äußeren Menschen. Daher gibt es auch immer noch Mann und Frau, sind ihre jeweiligen Rollen nicht aufgehoben und hat der Leib noch auf seine Erneuerung zu warten: Rm 8,23.

    Die künftige Herrlichkeit ist noch nicht da:

    Rm 8,17.18: „Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, Gottes Erben und Christi Miterben, unter der Bedingung, dass wir mitleiden, damit wir auch mit verherrlicht werden, denn ich rechne, dass die Leiden der jetzigen Zeit in keinem entsprechenden Gewicht sind im Verhältnis zur kommenden Herrlichkeit, die uns enthüllt werden soll …“

    Gemeinde Jesu Christi ist also als ein geistliches Gebilde zu verstehen mit einer irdischen äußeren Gestalt: 2Kr 4,7; 1Kr 15,49.

    Weil die Heilsmenschen immer noch im Leibe handeln, sind auch manche Bewegungen in der Gemeinde „leiblich“, irdisch. Sie gehen mit irdischen Dingen um (Schreibzeug, Büchern, Häusern, Fahrzeugen, …). Dieser Teil der Gemeinde ist irdisch und vergänglich.

 

            II:  Ganz sündlose Christen gibt es noch nicht.

                       

Jk 1,13-16: „Niemand sage, wenn er versucht wird: ‚Ich werde von Gott versucht’, denn Gott ist einer, der nicht versucht wird, nicht versucht werden kann von Bösem und zu Bösem. Er selbst versucht niemanden. Ein jeder wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust weggezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Die Sünde, wenn sie vollendet wird, gebiert Tod. Werdet nicht irregeleitet, meine geliebten Brüder.“

    3,2: „Wir alle straucheln oft. Wenn jemand nicht im Wort strauchelt, ist dieser ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib im Zaum zu halten.“

    In der Gegenwartsform schreibt Johannes in seinem ersten Brief und schließt sich selbst, einen Apostel, mit ein (1,8 - 2,1): „Wenn wir sagen, wir haben nicht Sünde [das gr. hamartia bedeutet Verfehlung], leiten wir uns selbst in die Irre und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dahingehend, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, machen wir ihn zu einem Lügner, und sein Wort ist nicht in uns. Meine Kindlein, dieses schreibe ich euch, damit es nicht vorkommt, dass ihr sündigt. Und wenn es vorkommt, dass jemand sündigt, haben wir [stets] einen Fürsprecher vor dem Vater, Jesus Christus, einen Gerechten.“

 

            III:  Die, die in der Sünde verharren, gelten nicht als Christen.

                        

Eph 5,3–5: „Aber außereheliche Geschlechtsverbindung und alle Unreinheit oder Habsucht werde nicht einmal bei euch genannt, wie es sich für Heilige (d. h., Christen) geziemt, auch nicht Schändlichkeit und albernes Gerede, noch Witzelei, was unschicklich ist, sondern lieber Dank, denn von diesem seid ihr in Kenntnis, dass keiner, der sich der außerehelichen Geschlechtsverbindung hingibt, kein Unreiner oder Habsüchtiger – der ein Götzendiener ist – Erbteil hat im Königreich Christi und Gottes.“

    Achten wir auf die unterschiedlichen Bezeichnungen, die der Apostel verwendet. Anfänglich spricht er von Sünden, die für Gläubige eine Versuchung und darum eine Gefahr darstellen. Diese sollen nicht, können aber, vorkommen. Ein Christ kann in die Pfütze, in Sünde, fallen, darf sich aber reinigen lassen und wieder hergestellt werden. Kehrt er aber nicht von seiner Sünde um, verharrt er in ihr, so treffen die Bezeichnungen zu, die anschließend verwendet werden: „Unreiner“, „Habsüchtiger“ usw. (Hauptwörter). Solche verfehlen das Ziel des künftigen Heils, sagt Paulus.

    Auch V. 24A ist von Bedeutung: „… wie die Gemeinde Christus unterordnet wird …“, eine Aussage, nicht ein Befehl. Wo Christus nicht Herr ist, ist nicht Gemeinde.

    1Jh 3,6-10: „Jeder, der in ihm verbleibt, sündigt nicht im fortdauernden Sinne. Jeder, der so sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn kennen gelernt. Kindlein, lasst niemanden euch irreleiten. Wer die Gerechtigkeit übt, ist gerecht, so wie jener gerecht ist. Wer die Sünde im fortdauernden Sinne tut, ist aus dem Teufel, weil der Teufel von Anfang sündigt. 

    Hierzu wurde der Sohn Gottes geoffenbart, damit er die Werke des Teufels auflöse. Jeder, der von Gott geboren worden ist, übt nicht Sünde, lebt nicht in ihr, weil sein Same in ihm verbleibt; und er kann nicht fort und fort sündigen, weil er von Gott geboren worden ist.

    An diesem sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Jeder, der nicht Gerechtigkeit im fortdauernden Sinne tut, ist nicht aus Gott und wer nicht seinen Bruder stets liebt.“

 

            IV:  Auch das Leiden ist heute noch da.

                       

Rm 8,23: „… aber nicht nur das, sondern auch wir selbst, als solche, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns selbst, während wir auf die Sohnesstellung, die Erlösung unseres Leibes, warten.“

    Siehe auch 1Kr 15,40-50.

 


Das erste Wesensmerkmal der Gemeinde Jesu Christi ist also das Heil. Wir kommen nun zu dem zweiten.

 

 

    2.  Die Gemeinde ist etwas Geistliches.

 

        a.  Ihr Wesen ist geistlich.

                  

Jh 3,5.6: „Jesus antwortete: ‚Wahrlich! Wahrlich! Ich sage dir: Es sei denn, dass jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in Gottes Königreich eingehen. Das aus dem Fleisch Geborene ist Fleisch, und das aus dem Geist Geborene ist Geist.’“

    1Kr 6,17: „Aber wer mit dem Herrn vereinigt wird, ist ein Geist mit ihm.“

 

        b.  Ihre Wohnung ist eine geistliche.

                  

Rm 8,9: „Ihr aber, ihr seid … im Geist, unter der Voraussetzung, dass Gottes Geist in euch wohnt.“

    Eph 2,22: „… in dem auch ihr mitgebaut werdet zu einer Wohnstätte Gottes im Geist.“

    V. 6: „… und er erweckte uns zusammen mit ihm und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen Bereichen in Christus …“

    Infolgedessen ist die Gemeinde nicht im Fleisch (Rm 7,5A; 8,9A): „… denn als wir im Fleisch waren … Ihr aber, ihr seid nicht im Fleisch, sondern im Geist …“

    Auch ist sie darum nicht im Gesetz (Rm 7,6): „Aber nun wurden wir dem Gesetz enthoben, da wir in dem starben, in dem wir festgehalten wurden; und so sollten wir Leibeigenendienst tun im Neuen, im Geist, und nicht im Älteren, im Geschriebenen, [in dem Gesetz].“

 

        c.  Sie wird bewohnt vom Geist.

                 

Jh 14,17: „… den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht schaut noch ihn kennt. Aber ihr kennt ihn, weil er bei euch verbleibt, und er wird in euch sein.“ 

    Rm 8,11: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten erweckte, in euch wohnt, wird der, der Christus Jesus von den Toten erweckte, auch eure sterblichen Leiber lebend machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“

    1Kr 3,16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempelheiligtum seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“

    12,13M: „… wir wurden alle in einen Geist getränkt …“

 

        d.  Ihre Lebens- und Kraftquelle ist der Geist.

                  

Jh 7,37M-39A: „‚Wenn jemanden dürstet, komme er her zu mir, und es trinke der, der an mich glaubt – so wie die Schrift sagte: Ströme werden aus seinem Inneren fließen, [dem Inneren des Messias,] Ströme lebenden Wassers.’

    Dieses sagte er aber über den Geist …“

    Ag 1,8: „… sondern ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist …“

    Ga 5,25: „Wenn wir durch den Geist leben, (was ja der Fall ist) …“

    2Tm 1,7: „… denn Gott gab uns nicht einen Geist des Zagens, sondern der Kraft und der Liebe und eines gesunden Sinnes mit Zucht.“

    Man sehe auch ein: 1Kr 12,13 (man beachte die Begründungen); Eph 5,18-21 (ein zusammenhängender Satz); Ga 5,22; Kol 1,8.

 

        e.  Ihre Lebensausrichtung ist nach dem Geist.

                  

Rm 8,14: „… denn so viele von Gottes Geist geleitet werden, diese sind Söhne Gottes …“

    Ga 5,25: „Wenn wir durch den Geist leben, sollen wir uns auch durch den Geist ausrichten.“

 

        f.  Ihre Anbetung ist im Geist.

                 

Jh 4,24; Rm 8,15; Eph 2,18; 6,18; Jd 20

 

        g.  Sie ist begabt im Geist.

                  

1Kr 12,7-9: „Einem jeden wird die Offenbarung des Geistes … gegeben … in demselben Geist …“

 

        h.  Ihr Dienst ist im Geist.

                  

Rm 7,6M: „… und so sollten wir Leibeigenendienst tun im Neuen, im Geist …“

    15,16: „… um ein Dienstleistender Jesu Christi zu sein für die, die von den Völkern sind, und priesterlich zu wirken an der guten Botschaft Gottes [einschließlich die Bedienung der guten Botschaft], damit die Darbringung derer, die von den Völkern sind, als Weihegabe wohlangenehm werde, im Heiligen Geist geheiligt.“

    Php 3,3M: „… die wir im Geist Gott in Verehrung dienen …“     

 

        i.  Ihre Geistlichkeit ist eine Verheißung.

                 

In 2Kr 4,7A wird unsere Gegenwart beschrieben („wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen“), aber Rm 8,11 und 1Kr 15,43.44 eröffnen eine neue Perspektive:

    „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten erweckte, in euch wohnt, wird der, der Christus Jesus von den Toten erweckte, auch eure sterblichen Leiber lebend machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“

    „Es wird gesät in Unehre. Es wird erweckt in Herrlichkeit. Es wird gesät in Schwachheit. Es wird erweckt in Kraft. … Es wird erweckt ein geistlicher Leib.“   

    Die Schlussfolgerung: „Dann sind wir also Schuldner, Brüder, – nicht dem Fleisch, um nach dem Fleisch zu leben …“ (Rm 8,12)

 

 

    3.  Zum grundsätzlichen Wesen der Gemeinde gehört auch die sie prägende Christusbotschaft.

 

        a.  Ihre Entstehung liegt im Wort des Christus.

 

            .  Das Christsein – und somit das Gemeindesein – konstituiert sich an der besonderen Christusbotschaft, der man Vertrauen schenkt. Aus dem Wort kommen Christen hervor. Das Gepräge des Wortes tragen sie fortan.

    Rm 6,17: „Gott aber sei Dank, dass ihr leibeigene Knechte der Sünde wart, aber ihr gehorchtet von Herzen dem Muster der Lehre, dem ihr übergeben wurdet.“

    1Kr 15,1.2.11.14: „Ich lasse euch kennen, Brüder, das Evangelium, das ich euch als gute Botschaft brachte, das ihr auch übernahmt, in dem ihr auch steht, durch das ihr auch gerettet werdet, wenn ihr festhaltet, was für ein Wort ich euch als gute Botschaft sagte, es sei denn, dass ihr ohne Grund und ohne Erfolg glaubtet… Ob also ich oder jene: So verkünden wir, und so glaubtet ihr… Wenn aber Christus nicht erweckt worden ist, dann ist unsere Verkündigung vergeblich, vergeblich aber auch euer Glaube.“

    2Kr 3,2.3: „Unser Brief seid ihr, eingeschrieben worden in unseren Herzen, gekannt und gelesen von allen Menschen, die ihr offenbar gemacht werdet, dass ihr ein Brief Christi seid, durch uns bedient, eingeschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebenden Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.“

    Jk 1,18A: „Nach seinem Beschluss gebar er uns durch das Wort der Wahrheit …“

    1P 1,23: „… als Wiedergeborene – nicht aus verderblichem Samen, sondern aus unverderblichem, durch das lebende und in Ewigkeit bleibende Wort Gottes …“

 

            .  Will man als Christ gelten, muss man einer ganz bestimmten Botschaft Glauben schenken.

1Jh 4,2-4A: „An diesem kennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus, den Christus, als im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott, und jeder Geist, der nicht Jesus, den Christus, als im Fleisch gekommen bekennt, ist nicht aus Gott. Und dieser ist der des Antichristus, der kommt. Das hörtet ihr. Und er ist jetzt schon in der Welt. Ihr seid aus Gott, Kindlein, und habt sie überwunden …“

    2Jh 1.2: „Der Ältere der erwählten Herrin und ihren Kindern, die ich in Wahrheit liebe und nicht allein ich, sondern auch alle, die die Wahrheit kennen gelernt haben, wegen der Wahrheit, die unter uns bleibt und auf ewig bei uns sein wird.“

    V. 9-11: „Jeder, der übertritt und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat nicht Gott. Wer in der Lehre des Christus bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch hin kommt und diese Lehre nicht bringt, nehmt ihn nicht in die Wohnung und sagt ihm nicht einen Gruß, denn wer ihm einen Gruß sagt, nimmt teil an seinen bösen Werken.“

 

        b.  Dieses Gotteswort hat Raum in denen, die Gemeinde sind.

                  

Ein Christ ist jemand, der auf das Wort Gottes eingestellt ist. Es nimmt den entscheidenden Platz ein in seinem Leben: Jh 8,31.32.37.43.47.

    Jh 10,16A: „Und andere Schafe habe ich, die nicht aus dieser Hürde sind. Auch die muss ich bringen. Und sie werden auf meine Stimme hören.“ 

    2Kr 3,2.4: „Unser Brief seid ihr, eingeschrieben worden in unseren Herzen, gekannt und gelesen von allen Menschen… Aber solches Vertrauen haben wir zu Gott durch Christus.“

    Heb 8,10: „… weil dieses der Bund ist, mit dem ich mich dem Hause Israels verpflichten werde nach jenen Tagen, sagt der Herr, wobei ich meine Gesetze in ihr Denken gebe, und auf ihre Herzen werde ich sie schreiben. Und ich werde ihnen zum Gott sein, und sie werden mir zum Volk sein.“

    1Jh 1,10: „Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, machen wir ihn zu einem Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“

    2,24.25: „Ihr also, das, was ihr von Anfang hörtet, bleibe stets in euch. Wenn das, was ihr von Anfang hörtet, in euch bleibt, werdet auch ihr in dem Sohn und in dem Vater bleiben. Und das ist die Verheißung, die er uns verhieß: das ewige Leben.“

    Es ist der, der die Christusbotschaft im Herzen trägt, der auf dem Weg zum ewigen Leben ist und als solcher in der Gemeinde des Erlösers.

 

        c.  Diese Botschaft bestimmt und prägt die Gemeinde.

 

            .  Wo das Evangelium angenommen wird, erfüllt sich die Verheißung Jeremias.

32,39: „Und ich gebe ihnen ein Herz und einen Weg, mich zu fürchten …“ Ein Pluralismus in der Ethik ist also ausgeschlossen. Über Gut und Böse, über das, was richtig, und das, was nicht richtig ist, sind Gott wohlgefällige Christen sich einig.

 

            .  Neutestamentliche Aussagen

Rm 6,17: „Gott sei aber Dank, dass ihr leibeigene Knechte der Sünde wart, aber ihr gehorchtet von Herzen dem Muster der Lehre, dem ihr übergeben wurdet.“              

    1Tm 1,10: „… solche, die sich der außerehelichen Geschlechtsverbindung hingeben, Homosexuelle, solche, die Menschen in Knechtschaft führen, Lügner, Meineidige und das, was sonst der gesunden Lehre [welche Christen kennzeichnet] zuwider ist.“

    4,15.16 (In Folgendem soll Timotheus ein Beispiel für alle sein): „Diesen [Anliegen] widme deine Aufmerksamkeit – sei in ihnen –, damit dein Fortschritt allen offensichtlich sei; habe stets Acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beharrlich bei ihnen; denn indem du dieses tust, wirst du sowohl dich selbst bewahren und retten als auch die, die dich hören.“

    6,1.3.4A: „So viele als leibeigene Knechte unter dem Joch sind, sollen die eigenen [über sie] herrschenden Herren aller Ehre wert halten, damit nicht der Name Gottes und die Lehre gelästert werden. … Wo jemand Andersartiges lehrt und nicht einverstanden ist mit gesunden Worten, die unseres Herrn Jesu Christi sind, und der Lehre, die der rechten Ehrfurcht entspricht und zu ihr führt, ist er aufgeblasen …“

    2Tm 3,10: „Aber du bist mit Aufmerksamkeit nachgefolgt meiner Lehre, meiner Lebensweise, meinem Vorsatz, meinem Glauben, meiner Geduld, meiner Liebe, meiner Ausdauer.“

    4,3: „… denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer anhäufen werden, wobei ihnen die Ohren kitzeln werden.“

    Tt 1,1: „Paulus, leibeigener Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi für den Glauben der Erwählten Gottes und die Erkenntnis der Wahrheit, die zur rechten Ehrfurcht führt …“

    V. 9: „… einer, der sich an das treue Wort der Lehre hält, damit er in der gesunden Lehre aufrufen und Zuspruch geben kann und auch die Widersprechenden zurechtweisen [kann].“

    2,1.10: „Rede du aber das, was der gesunden Lehre geziemt … nichts unterschlagen, sondern alle gute Treue erweisen, damit sie die Lehre Gottes, eures Retters, in allem zieren.“

 

            .  Diese Christuslehre grenzt Gemeinde Jesu auch ab. Irrlehre, bzw. Sonderrichtung, und Gemeinde werden zu unversöhnlichen Gegensätzen:

    Rm 16,17.18: „Ich rufe euch aber auf, Brüder, Acht zu geben auf die, die Zwiespalt anrichten und Fallstricke legen oder ein Ärgernis sind entgegen der Lehre, die ihr wie Jünger lerntet, und wendet euch von ihnen ab, denn solche tun nicht Leibeigenendienst unserem Herrn, Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch freundlich klingende und schöne Worte betrügen sie gänzlich die Herzen der Arglosen.“

    Tt 3,10.11: „Einen Menschen, der eine Sonderrichtung vertritt, meide nach einer und einer zweiten Ermahnung in dem Wissen, dass ein solcher ganz verkehrt ist und am Sündigen ist, durch sich selbst verurteilt.“

    2P 2,1: „Aber es entstanden auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die zerstörerische Sonderrichtungen nebeneinführen werden, die den unumschränkten Herrscher, der sie kaufte, verleugnen werden, die sich selbst einen schnellen Untergang zuziehen.“

    2Jh 9-11: „Jeder, der übertritt und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat nicht Gott. Wer in der Lehre des Christus bleibt, dieser hat den Vater und auch den Sohn. Wenn jemand zu euch hin kommt und diese Lehre nicht bringt, nehmt ihn nicht in die Wohnung und sagt ihm nicht einen Gruß, denn wer ihm einen Gruß sagt, nimmt teil an seinen bösen Werken.“

 

 

    4.  Zum Wesen der Gemeinde gehört, dass sie nur eine Gemeinde ist.

              

Eph 4,4: „Ein Leib ist es.“

 

        a.  Es gibt nur eine Art von Gemeinde.

 

            I:  Ungeachtet des dreifachen Umfanges

 

Wenn es einen dreifachen Umfang des Begriffes Gemeinde gibt, heißt das nicht, dass damit auf drei Arten von Gemeinde hingewiesen würde. Das Heilsvolk ist immer eine einzige Gemeinde, ein Volk. Ob im Himmel, auf der ganzen Erde oder an einem Ort, es gibt nur eine einzige Art von Heilsvolk. Gemeinde Jesu Christi ist immer: Heilsmenschen; und alle Heilsmenschen sind Gemeinde.

   

                .  Es leiden viele Christen – leider – unter der Auffassung, universale Gemeinde und die am Ort wären zu unterscheiden. Mit wem in der Geschichte des Christentums diese Auffassung einsetzte, ist nicht bekannt. Dr. David Ewert, ein Theologe der mennonitischen Brüdergemeinden, teilt mit, dass diese Unterscheidung nicht neutestamentlich sei. Sie sei erst später aufgekommen.

    Dr. Getz vom Dallas Theological Seminary meint: „Als Paulus schrieb, dass Christus das Haupt der Gemeinde [war] und dass Christus die Gemeinde liebte und sich selbst für sie dahingab (Eph 5,23.25), da bezog er sich auf die Gemeindearbeit. Doch als er einen Brief ‚an die Gemeinde Gottes in Korinth’ schrieb, oder als er Bezug nahm auf die Lehre, die er ‚überall in den Gemeinden’ lehrte, hatte er eindeutig örtliche Gruppen von Gläubigen im Auge (1Kr 1,2; 4,17). Manchmal ist es schwierig, zwischen den beiden Verwendungsarten des Wortes ekklesia zu unterscheiden. Doch in den meisten Fällen ist es ziemlich klar, dass mit dem Wort in erster Linie eine Ortsgemeinde gemeint ist. Diese Verwendung des Ausdrucks überwiegt im Neuen Testament. Alfred Kuen glaubt, dass von den 115malen, da dieses Wort ekklesia im Neuen Testament erscheint, es sich 90mal auf die örtlichen Gemeinden bezieht.“[22]

    Es ist nicht nur „schwierig“, sondern ein müßiges Unterfangen, überall identifizieren zu wollen, um welche Art von Gemeinde es sich handle, denn einen Wesensunterschied zwischen Universalgemeinde und Ortsgemeinde kennt die Schrift nicht. Was die Gemeinde als Ganzes ist, das ist die Gemeinde am Ort in Sonderheit. Die am Ort ist lediglich ein Ausschnitt der größeren.

    Wenn Gott in den ersten Tagen nach Pfingsten „zur Gemeinde hinzutut“, ist es zur gleichen Zeit zur Gemeinde überhaupt und zu der in Jerusalem:

    Ag 2,47M: „Täglich tat der Herr die, die gerettet wurden, als sie gerettet wurden, zur Gemeinde [schlechthin] hinzu.“

    Und da es täglich nach Pfingsten so war, wird es auch am Pfingsttage (V. 41E) so gewesen sein. D. h.: Der Raum der Gemeinde ist der Raum des Heils. So wie man in Christus hineinkommt, so kommt man in die Gemeinde: durch Buße und Glauben an Jesus Christus.

 

                .  „Durch Buße und Glauben an Jesus Christus kommt man in die Gemeinde“ – also nicht z. B. mit der Taufe. Im Neuen Testament wird die Taufe nur an „Gemeindegliedern“ vollzogen – eben weil sie an Christen vollzogen wird und diese bereits zur Gemeinde Jesu (allgemein und am Ort) gehören. Man wird weder in Christus noch in die Gemeinde getauft, sondern in Wasser. Diese Wassertaufe kommt nachdem man in Christus und in der Gemeinde (am Ort) ist. Ag 2,41-47 will genau gelesen werden.

 

Die Auffassungen der deutsch- und russischsprachigen baptismusorientierten Gemeinden über Gemeindebeitritt scheinen auf Johann Gerhard Oncken und seine Gedanken zu den Schlussversen der Ag 2 zurückzugehen. Woher dieser sie bezog, ist dem Verfasser nicht bekannt. Die Auffassung einer zweifachen Gemeindezugehörigkeit (der örtlichen wie der universalen) scheint bereits eine alte und in vielen Ländern verbreitete zu sein.

    Der Biograf George M. Ella berichtet[23] von einem mehrfachen Briefwechsel während der Jahre, in denen Oncken sich intensiv mit dieser Frage beschäftigte, mit dem baptistischen Geschichtler Ivemy in England sowie führenden amerikanischen Baptisten. Eine enttäuschende Antwort von Robert Haldane rief bei ihm die Bemerkung hervor: „Auch große Männer können irren.“ Persönlichen Kontakt hatte er mit dem amerikanischen Baptistenprediger Prof. Dr. Barnas Sears, der ihn auch taufte. Matthews, der ebenfalls die Untertaufe annahm, Pastor der englischen Reformierten Gemeinde in Hamburg, die Oncken längere Zeit besuchte, scheint eher von Letzterem beeinflusst worden zu sein als umgekehrt. Oncken war recht selbstständig, las viel und genoss das Vertrauen mancher höher gestellter Persönlichkeiten wie Tholuck, Hahn und Hengstenberg. Es ist also wahrscheinlich, dass er eine eigene Theologie der Gemeinde entwickelte.

    Die Entdeckung Onckens, dass bekannte Persönlichkeiten sich irren konnten, sollten wir alle zu Herzen nehmen und darum immer wieder zur Schrift zurückgehen mit der Frage: „Was sagt denn der Höchste?“

 

                .  In den neutestamentlichen Briefen sind Universal- und Ortsgemeinde identisch.

1Kr 12,27: „Ihr [Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, … samt allen, die an jedem Ort, an ihrem und auch an unserem, den Namen unseres Herrn anrufen (1,2)] seid aber Christi Leib und Glieder im Besonderen.“

    1Tm 3,14.15: „Solches schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen; falls ich aber verzögere, damit du weißt, wie man wandeln soll im Hause Gottes, das die Gemeinde des lebenden Gottes ist, ein Pfeiler und eine Stütze der Wahrheit.“ Die Gemeinde am Ort Ephesus, in der Timotheus tätig ist, ist hier identisch mit der allgemeinen.

    1P 5,9: „Dem widersteht, fest im Glauben, wissend, dass dieselben Leiden sich vollziehen an eurer Bruderschaft, die in der Welt ist.“

 

                .  Das Missverständnis um Gemeinde am Ort spiegelt sich wieder in Bemerkungen, die man in Berichten von Reichgottesmitarbeitern hören kann.

                    -  In einem Zeugnis über einen Arbeitsanfang und einen bereits entstandenen Hauskreis heißt es: „Es muss in Richtung Gemeinde gehen.“

                    -  „Wir wollen neutestamentliche Gemeinde werden.“

                    -  „Ab Juni 1989 werden wir eine unabhängige Gemeinde sein.“

                    -  „Der Saal ist voll. Wachstum ist nicht mehr möglich.“

                    -  Eine Krankenschwester, Missionarin, erlebt, dass vierzig Menschen zum Glauben an Jesus Christus kommen. Und, so heißt es, „da ist eine Gemeinde entstanden.“

    Man meint auch, zwischen (verfassten) Gemeinden bzw. Kirchen und „para-gemeindlichen“ Werken unterscheiden zu müssen.

 

            II:  Es gibt auch nicht zwei Arten von Gemeinde in dem Sinne, dass eine unsichtbar, die andere sichtbar wäre.

 

                .  Letztlich ist Gemeinde für menschliche Augen immer unsichtbar – bis Jesus Christus wiederkommt. Die Gemeinde Gottes ist durch unseren irdischen Leib immer verhüllt. Nur der innere Mensch ist wiedergeboren und vom Heil erfasst. Und diesen sehen wir nicht. Nur im inneren Menschen besteht die Einheit. Äußerlich sind wir noch in der alten Schöpfung:

    Kol 2,20: „… als lebtet ihr noch in der Welt …“ Im Leib wohnen sie in der Welt, aber sie selbst sind im himmlischen Bereich (Eph 2,6.7), nicht in dieser Welt. Wer im Leibe Jesu ist, gehört zu einer anderen Welt.

    3,3.4: Das Leben der Gemeinde ist verborgen worden mit Christus in Gott. Christus sehen wir jetzt nicht, ebenso wenig unser Leben.

 

                .  Zur gleichen Zeit ist die ganze Gemeinde Gottes aber auch eine sichtbare. Wie? Insofern sich das neue Leben (d. h.: das Heil) in Haltung und Bewegung der Leiber der Gläubigen bemerkbar macht, wenn sie z. B. beten, singen, Wort Gottes weitergeben, im Heiligen Geist ernst oder fröhlich sind. In dem Maße, in dem Heilsmenschen sich in einer vom Heil geprägten Art und Weise begegnen oder verhalten, sind sie als Gemeinde Jesu Christi erkennbar. Wenn zum Beispiel Liebe Jesu nicht zu sehen ist, ist Gemeinde an dieser Stelle nicht mehr sichtbar, kann die Welt nicht erkennen, wie Jesus sagte, dass wir seine Jünger sind.

    Dieses trifft zu für die versammelte Gemeinde wie für die Zeit dazwischen. Wir sind nur in dem Maße sichtbar, wie das Heil sichtbar wird. Es ist nicht die Zusammenkunft als solche, durch welche Gemeinde sichtbar wird.

    Friedrich Heitmüller meinte: „Dieser Organismus des Leibes Christi, des heiligen Tempels im Herrn, des gottgeweihten Volkes ist nicht das farblose Gebilde einer ‚unsichtbaren Kirche Christi’, von der auch heute noch so viel geredet und geschrieben wird.“[24]

 

                .  Die Gemeinde Gottes ist also immer zur gleichen Zeit sichtbar und unsichtbar.

 

        b.  Es gibt auch nur eine Art von Gliedschaft.

 

            .  Im Grunde besteht kein Unterschied zwischen Gliedschaft der Gemeinde am Ort und der großen Gemeinde Gottes. In der Schrift ist der, der Glied am Leibe Christi ist, somit Glied der Gemeinde am Ort. Gläubige auf Reisen gehören zu jeder Gemeinde Jesu, zu der sie hinkommen, weil es nur eine einzige Gemeinde gibt. Gemeinde ist die Schar der Erlösten, wie oben festgestellt. Ein Christ unterwegs gehört immer zur Schar der Wiedergeborenen, wo diese sich auch versammeln. Freilich kann er nicht überall mit den Christen gleich viel Gemeinschaft haben; aber dennoch gehört er zu ihnen, ganz einfach deshalb, weil er ebenso wie sie ein Wiedergeborener ist. Er mag zwar dem Irdischen nach zu Gast sein an jenem Ort, aber niemals kann er „Gaststatus“ haben in der Gemeinde Gottes an jenem Ort. Die Gemeinde ist eine Familie. Zur Familie gehört man entweder, oder man gehört nicht zu ihr. Man kann nicht einerseits zur Familie gehören, andererseits aber nur Gaststatus haben.

    Verlässt ein Christ irgendwo die Gemeinde Gottes, so gibt es keine andere. Daher kommt es – neutestamentlich gesprochen – auf dasselbe hinaus, ob man sagt, jemand hätte den Herrn verlassen, oder er hätte die Gemeinde verlassen. Wer den Herrn verlässt, verlässt das Heil und damit auch die Gemeinde des Heils. Hat also jemand (in diesem neutestamentlichen Sinne gesprochen) die Gemeinde verlassen, so ist er somit kein Christ mehr. Wenn er kein Jesus-Nachfolger mehr ist, hat er die Gemeinde Jesu verlassen.

    Ebenso kann es von einem Jesus-Nachfolger nie heißen: „Er ist (noch) nicht in der Gemeinde“ – denn sobald er ein Jesus-Nachfolger ist, ist er in der Gemeinde Jesu.

 

            .  Am Pfingsttage und den Tagen danach werden die gezählt, die durch Umkehr hinzugetan werden. Hinzu tut aber nicht der Mensch, sondern der Herr:

    Ag 2,41.47: „Die also, die sein Wort im Vertrauen aufnahmen, wurden getauft. Und an jenem Tage wurden etwa 3000 Seelen hinzugefügt… priesen dabei Gott und hatten Gunst beim ganzen Volk. Täglich tat der Herr die Gerettetwerdenden zur Gemeinde hinzu.“ D. h., als der Herr dabei war, sie zu retten, war er dabei, sie der Gemeinde in Jerusalem hinzuzutun.

    Und sie wurden, berichtet Lukas, dem Herrn selbst hinzugefügt:

    5,14: „Aber mehr noch wurden Glaubende dem Herrn zugefügt, Mengen von Männern und auch Frauen.“

    11,24: „Und es wurde eine große Menge dem Herrn hinzugetan.“

    In dem Moment, in dem jemand das Wort annahm, eines anderen Sinnes wurde und an Jesus Christus glaubte, nahm der Herr ihn an und in seinen Leib auf. Es war also kein Unterschied zwischen Hinzufügung zum Herrn und Hinzufügung zur Schar der Gemeinde. Es bedurfte nicht noch eines zweiten Schrittes, um zur Gemeinde am Ort zu gehören. (Man hört auch niemanden in der Schrift sagen: „Ich gehöre zu dieser oder jener Gemeinde.“ Das besitzanzeigende Fürwort, z. B. mein, dein, sein, unser, wird in Verbindung mit dem Wort Gemeinde im NT nie erwähnt. Die einzige – und bezeichnende – Ausnahme ist Mt 16,18.)

    Ag 6,1: „In jenen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, entstand ein Murren der Griechischen gegen die Hebräer, weil ihre Witwen bei der täglichen Bedienung übersehen wurden.“

    V. 7: „Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem erfuhr eine sehr starke Vermehrung. Auch eine große Menge der Priester gehorchte dem Glauben.“

    Die Gemeinde in Jerusalem nahm also zu durch Zunahme der Zahl der Jünger. Mit der Bekehrung von Menschen wuchs die Gemeinde. Zwischen Gemeinde(mit)gliedschaft und Jüngerzahl war also kein Unterschied. Zählte man alle Jünger Christi in Jerusalem, so wusste man, wie viele in der örtlichen Gemeinde waren. Die Begriffe „Gemeinde“, „Gläubige“ und „die Menge derer, die dem Herrn zugefügt wurde“, werden auswechselbar gebraucht. Vgl. auch 8,1.

 

            .  Auch in Antiochien ist die Zahl der Gläubigen identisch mit dem Begriff Gemeinde: Ag 11,20.21.24E.26A. Alle Bekehrten heißen Gemeinde. D. h., diejenigen, die sich in Antiochien bekehren, sind dort auch das, was Gemeinde genannt wird.

 

            .  In K. 14 stellen wir fest: Die „Glaubenden“ von V. 1, die „Brüder“ von V. 2 und die „Jünger“ der V. 21 u. 22 heißen in V. 23 „jede Gemeinde“. Die Christen in der ganzen Gegend von Ikonium bis Derbe heißen abwechselnd „Gläubige“, „Brüder“, „Jünger“ und „Gemeinde“. Wenn es dann in 16,5 heißt: „Die Gemeinden wurden im Glauben gestärkt und nahmen an Zahl täglich zu“, so weiß man, dass es sich um Bekehrungen handelt.

 

            .  „Gemeinde“ als Bezeichnung für einen Kreis von Christen dürfte dennoch von einer Gewissen Einheit sprechen. Darauf könnte ihr Gebrauch in Rm 16,5 von der Gruppe, die sich im Hause Aquilas traf, hinweisen, während sie in der Anrede des Briefes, K. 1, fehlt. Ausleger haben denn auch vermutet, dieses Fehlen deute hin auf einen der Gründe für den Brief, nämlich, die Einheit der Gläubigen in Rom zu fördern. Ist dem so, so fällt das Mittel auf (der Brief), mit dem der Apostel eine solche Einheit erzielen will, denn diese ist geistlicher Art, nicht organisatorischer.

 

            .  Dass es bei dieser Einheit nicht um eine verfasste geht, dürfte andererseits in Php 1,1 zum Ausdruck kommen. Trotz Erwähnung der Aufseher und Diener, fehlt die Bezeichnung Gemeinde hier ebenfalls. Obwohl es Paulus offensichtlich um vermehrte Einigkeit geht, drückt der Brief im Ganzen doch eine gewisse Zufriedenheit mit den Lesern aus. Wohlenberg (bei Zahn), der sich ausführlich mit dem Fehlen des Begriffes Gemeinde befasst, dürfte es getroffen haben: Das Wort fehle zu Gunsten einer Betonung – wie im Brief überhaupt – auf „jeden“, auch im Kreise der Verantwortlichen: Jeder solle wissen, dass er vom Apostel anerkannt sei, und keinem habe er auch nur einen Vorwurf wegen Trägheit in der Fürsorge für ihn zu machen.

 

            .  Eine besondere Gemeinde„mitgliedschaft“ darf auch nicht abgeleitet werden von der Tatsache, dass das Wort Gemeinde in der Mehrzahl vorkommt – so wenig, wie man beim Wort Schar an Mitgliedschaft denkt. Wenn man z. B. sagt: „Eine große Schar von Menschen strömte aus allen Himmelsrichtungen in das Stadion“, wird niemand meinen, man müsse zuerst „Mitglied“ werden, um zu dieser Schar zu gehören. Es könnte hier eingewendet werden, der Begriff Gemeinde sei aber ein fester umrissener und hätte doch vereinsähnlichen Charakter. Beim deutschen Wort hat sich tatsächlich dieses Empfinden entwickelt. Wir haben es jedoch 1.) mit Gottes Wort zu tun und 2.) mit einem griechischen Begriff, der vom Wesen der Teilnehmer und nicht vom Mitgliedschaftsgedanken geprägt war.

    Wenn im NT das Mehrzahlwort „Gemeinden“ vorkommt, heißt das nicht, dass damit von etwas anderem gesprochen wird als von der einen Gemeinde, dem Leibe Christi. Der, der zur Schar der Erlösten in der Welt gehört, gehört auch zur Schar der Erlösten an einem bestimmten Ort, wenn er sich gerade an diesem Ort befindet.

    Ähnliches kann gesagt werden vom Ausdruck „Gemeinde zu/in (Name des Ortes)“. Wer sich zu einer bestimmten Gemeinde in einer Stadt hält, ist dort nicht in stärkerem Maße „Mitglied“ als sonstwo, wo er hinkommt, wenn er auf Reisen ist.

   

            .  1Kr 5,13: „… tut ihr den Bösen weg aus eurer Mitte!“ Auch aus diesem Vers kann nicht eine besondere Gemeinde„mitgliedschaft“ abgeleitet werden. Der Begriff „Mitte“ setzt nicht eine „Mitgliedschaft“ voraus, sondern Gemeinschaft. „Aus der Mitte zu entfernen“, ist die Aufgabe eines jeden Christen in Korinth (vgl. 1,2) und eine Wiederholung von 5,2E („damit der, der diese Tat verübte, aus eurer Mitte entfernt würde“) sowie eine Neuformulierung der Aufforderung von V. 11 („nun habe ich euch geschrieben, nicht Umgang zu pflegen, wenn jemand als Bruder bezeichnet werde und ein Unzüchtiger … sei“). Jeder hatte die christliche Gemeinschaft mit dem Betreffenden abzubrechen. Dass nicht alle diesem nachkamen, zeigt 2Kr 2,6. (Von einem dritten Brief zu sprechen, dazu gibt es nicht genügend Grund. Bleiben wir bei dem, das geschrieben steht.)

 

            .  Was Paulus in Rm 15,7 sagt, stimmt mit diesem überein. Christen haben einander anzunehmen, wie Christus sie angenommen hat. Gemeinde entsteht nicht, nachdem Menschen zum Glauben gekommen sind, sondern in dem Moment, da Menschen zum Glauben an Jesus und zu neuem Leben in ihm gelangen. Von dem Zeitpunkt an, wo Jesus Christus jemanden angenommen hat, ist derjenige einer von uns.

    Zugehörigkeit zu Christus ist in der ersten Zeit identisch mit Zugehörigkeit zur Gemeinde, ob sie die örtliche oder die allgemeine ist. Die Gemeinde schließt die Zahl aller durch den Glauben Erneuerten ein.

 

            .  Gemeinde hat also keine „Mitglieder“, wie auch eine Herde keine „Glieder“ hat. Durch das Wort „Herde“ wird bereits eine Gruppe von mehreren Individuen bezeichnet. Ebenso ist es bei dem Wort „Gemeinde“. Sie ist eine Schar von Menschen besonderen Wesens. Sobald man „Schaf“ Christi wird, gehört man zur Herde. Sobald man Christ wird, gehört man zur Gemeinde. Folglich ist es überflüssig und von der Bibel her letztlich sogar falsch, von „Gliedern“, im Sinne von „Mitgliedern“, zu sprechen. Wenn Paulus beispielsweise in 1Kr 12 Christen als „Glieder“ am Leibe Jesu Christi bezeichnet, gehört das zu dem Bild, mit dem er die Gemeinde vergleicht, nämlich mit dem Körper Jesu Christi. Außerhalb dieses Bildes ist der Bibel der Begriff „Glied“ mit der Bedeutung „Zugehöriger zur Gemeinde“ jedoch fremd.

    Nehmen wir an, an einem Ort, wo bis vor kurzer Zeit das Evangelium völlig fremd war, ist jemand irgendwo auf ein Neues Testament gestoßen, das man begierig zu lesen und herumzureichen begonnen hat, und eine Erweckung ist ausgebrochen. Junge und alte Menschen haben sich bekehrt. Nehmen wir an, ich komme dorthin; ich freue mich über die Erweckung, aber ich teile den Lieben mit: „Ihr braucht Gemeinde“, obwohl sie bereits glückliche Gemeinschaft haben. Ich stelle nun Kriterien auf, die, sagen wir, neunzig Prozent der Bekehrten erfüllen. Nach der Schrift gehören jedoch alle zum Leib Christi, in welchem jeder seine Aufgabe am anderen hat. Durch das Einführen einer formalen Mitgliedschaft habe ich nun einen Riss durch die Gemeinde Jesu an dem entsprechenden Ort eingeführt.

    Es wird hiermit deutlich, dass dieses Thema nicht einfach eine Meinungsangelegenheit ist, über die man ruhigen Gewissens verschiedener Auffassung sein kann. Es gibt fast überall Christen am Rande von organisierten Gemeinden, die ungenügende Betreuung erfahren, weil sie irgendwelche von Menschen aufgestellten Mitgliedschaftskriterien nicht erfüllen. Wer geht ihnen nach?

    Wer zu Jesus gehört, gehört zur Gemeinde Gottes, zur örtlichen wie zur universalen. Eine Gemeindezugehörigkeit, die darüber hinausgeht, kennt die Schrift nicht.

    Nach 1Kr 12 tragen alle Glieder (Christen) zum Wohl aller Glieder (Christen) bei. Eine zweite Art Gliedschaft, eine Mitgliedschaft, hindert diesem. Die Praxis zeigt es.

 

            .  Warum ist eine zusätzliche Gemeindemitgliedschaft hinderlich?

                -  Anstatt zur Einheit des Leibes Christi beizutragen, spaltet sie vielmehr die Gemeinde Jesu. Sie schafft eine künstliche Grenze da, wo Gott keine macht. Das entspricht nicht der Liebe. Zusätzliche Mitgliedschaft schließt alle die aus, die aus irgendwelchen Gründen mit dieser Mitgliedschaft nicht mitmachen.

                -  Mit der Einführung einer zusätzlichen Mitgliedschaft wird der Begriff Gemeinde neu definiert. Aber eine solche „Gemeinde“ kennt die Schrift nicht. Zusätzliche Mitgliedschaft verzerrt und stört das Bild von der einen Familie bzw. Herde Gottes. In einer Familie wird man nicht durch ein zusätzliches Ereignis Mitglied, sondern man wird hineingeboren.

                -  Die klaren biblischen Grenzen von Draußen und Drinnen werden verwischt. Es kann dann vorkommen, dass welche drinnen sind, die nicht Christen aber Mitglieder sind, und welche draußen sind, die aber Christen sind. Äußere Zugehörigkeit ist nicht Indiz dafür, wie es um das innere Leben steht. Wen der Herr aufgenommen hat, den haben wir anzunehmen. Wen er nicht aufgenommen hat, der ist nicht so zu behandeln als gehöre er dazu (vgl. Rm 15,7; Ag 2,41.47; 3Jh 8; Ag 18,27; Rm 16,2; Php 2,29). 

                -  Zusätzliche Gemeindemitgliedschaft fördert das Denken in Denominationen. Man beginnt zu fragen: „Zu welcher Gemeinde gehörst du?“ Richtig wäre: „Mit wem pflegst du regelmäßigere Gemeinschaft?“ Sollten Christen nur mit denen Gemeinschaft haben, die in ihrer Denomination Mitglieder sind?

 

            .  Die oft angeführten Gründe für die Einführung einer zusätzlichen Mitgliedschaft sind folgende:

                -  Sie fördere die Verbindlichkeit der Gemeindeglieder.

Dagegen: Die Praxis beweist, dass sie das nicht tut. Oft sind die, die nicht Mitglieder sind, verbindlicher als die Mitglieder. Gemeinde Jesu ist Familie. Dinge geschehen aus Liebe und Vertrauen – und aus direkter Verbindung mit dem Haupt des Leibes, aus Gehorsam zum Herrn. Wo unter Christen dieses nicht (mehr) der Fall ist, ist Buße angezeigt. 

                -  Sie erleichtere die so genannte „Gemeindezucht“.

Dagegen: Biblische „Gemeindezucht“ hat nichts mit Mitgliedschaft zu tun, sondern mit Leben. Ihre Form ist Entzug der Gemeinschaft.

                -  Sie verringere die Verantwortung der Ältesten.

Dagegen: Kein Ältester hat Verantwortung für jeden Besucher der Versammlung. Ein Hirte sorgt für die Herde Christi, und der Herr bestimmt, in welchem Umkreis. Nicht jeder Hirte kann allen Schafen nachgehen. Jeder Christ ist aufgerufen, seines Bruders Hüter zu sein.

                -  Sie verhindere Mitläufertum.

Dagegen: Mitläufer wird es immer geben. Das kann man auch durch die Gemeindemitgliedschaft nicht ändern. Mitläufertum wird aber gedämmt, wenn die Gemeinde ein heiliges Leben führt. In der ersten Gemeinde haben sich Mitläufer nicht allzu lange wohl gefühlt (vgl. Ag 5,13; 1Kr 14,23; 1J 2,19).

 

            .  Entgegen Befürchtungen, die an dieser Stelle gerne aufkommen wollen, darf gesagt werden: Die Schrift fördert keine Anarchie. Sind wir imstande, es besser zu machen, als unser Herr es in seinem Wort uns mit großer Sorgfalt hat aufzeichnen lassen?

 

 

    5.  Unterscheidungen sind notwendig.

 

        a.  Echte Gemeinde und erkannte Gemeinde

                 

Zu sagen, was nach der Schrift echte Gemeinde ist, ist leichter, als bis zur Unmissverständlichkeit eine solche darzustellen. Wir wissen nicht immer, ob Menschen, die hinzukommen, in Wirklichkeit neues Leben haben, weil wir den inneren Menschen nicht sehen können.

 

            I:  Unechte Christen können nämlich wie echte aussehen.

                     

Sie können daher unter den echten unbemerkt vorkommen: Ga 2,4; Php 3,18.19; Jd 4.12. Deshalb ruft Paulus die Korinther auf, sich zu prüfen, ob sie im Glauben stehen: 2Kr 13,5. Weder ein Christ noch ein Nichtchrist kann normalerweise auf den ersten Blick erkannt werden. Auch sind Abgefallene nicht sofort als solche zu erkennen. Es kann sogar vorkommen, dass unechte Christen sich selbst täuschen in der Meinung, sie stünden in der Gunst Gottes: Mt 7,21–23. Es kommen im Kreise der Glaubenden immer wieder Unechte vor: Jh 2,23.24; 6,64; 7,31; 8,30-59; 2P 2,1.

    Doch weiß Gott um die Seinen: 2Tm 2,19. Eines Tages gibt es dann die ganz reine Gemeinde: Ps 1,5.

 

            II:  Auch echte Christen können unerkannt sein.

                      

Es kann auch vorkommen, dass sogar echte Christen unerkannt bzw. nicht anerkannt sind. Saulus von Tarsus nach seiner Bekehrung ist ein Beispiel: Ag 9,26. Besonders schwer wird es, Wiedergeborene als solche zu erkennen, wenn sie krank sind und der Welt gleichen.

 

        b.  Gemeinde und Gemeinschaft

                  

Auch an dieser Stelle ist zu unterscheiden.

 

            I:  Entzug der Gemeinschaft ist manchmal notwendig.

                     

Es kommt vor, dass Christen aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgesondert werden müssen: 1Kr 5. Es wird ihnen die Gemeinschaft entzogen. Ein gesunder Körper sorgt dafür, dass Fremdelemente ausgeschieden werden. Wenn der Leib Fremdkörper aussondert, ist dieses ein Heilungsprozess.

    Entzug der Gemeinschaft ist an zwei Stellen notwendig:

-  wenn jemand mit dem Munde eine Lehre vertritt, die dem Evangelium nicht entspricht;

-  wenn jemandes Handeln nicht dem Evangelium entspricht. Er mag zwar Wahrheit sprechen, lebt aber Unwahrheit.

 

            II:  Entzug der Gemeinschaft ist nicht ein Gemeindeausschluss.

                      

Biblische Gemeinde, ob am Ort oder allgemein, wird nicht von Menschen durch Aufnahme und Ausschluss bestimmt. Das Heil bestimmt, wer in der Gemeinde ist. Daher ist es Gott, der zu ihr hinzutut. Menschen können also nicht andere in die Gemeinde aufnehmen. Auch können nicht Menschen andere Menschen aus der Gemeinde ausschließen. Nur Gott bestimmt, wer in Christus – und somit in der Gemeinde – ist. Niemand kann jemanden aus der Gemeinde ausschließen, denn damit würde man ihn aus dem Heil ausschließen. Und das kann nur Gott tun. Vgl. Of 3,16.

    Ist jemand nicht mehr in der Gemeinde, so ist er auch nicht ein Christ. Ist er aber Christ, so ist er immer noch in der Gemeinde.

    Dass jemandem die Gemeinschaft der Gläubigen entzogen wird, kann allzu oft vorkommen. Dieser Vorgang sollte aber nicht als „Gemeindeausschluss“ bezeichnet werden, weil er das nicht ist. Es ist also zwischen Gemeinde und Gemeinschaft zu unterscheiden.

    Einen „Gemeindeausschluss“ im verbreiteten und üblichen Sinne kennt die Schrift nicht. Um ihn aber zu begründen, wird man wohl spätestens auf 1Kr 5 hinweisen.

    Nehmen wir einmal an, dort sei an einen Gemeindeausschluss gedacht. Was war Gemeinde in Korinth? Woraus bestand sie?

    1Kr 1,2A: „… der Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den gerufenen Heiligen …“

    Die „Gemeinde“, „die in Korinth ist“, bestand aus denen in Korinth, die zu Christus Jesus „gerufen“ wurden, „geheiligt“ waren „in dem Namen des Herrn Jesus und in dem Geiste unseres Gottes“ (6,11E) und nun „Heilige“ „in Christus Jesus“ waren. Wer nicht mehr in der Gemeinde war, der war nicht mehr ein Gerufener, sprich: Bekehrter, nicht mehr in Christus, Gott nicht mehr geheiligt, sondern von ihm verbannt. Traute Paulus es den Korinthern zu, den Schuldigen von dem einen Bereich des Heils in den anderen der Verlorenheit zu versetzen? Er selbst ging nicht so weit.

    Sein Urteil war (5,5), „einen solchen dem Satan zu übergeben zum Verderben des Fleisches, damit der Geist am Tage des Herrn Jesus gerettet werde.“ Sowohl vor als nach Vollstreckung des Urteils galt er für den Apostel als einer, der sich innerhalb des Heilsbereiches und somit innerhalb der Korinthergemeinde befand und den es galt, für das ewige Leben zu bewahren, wozu eine gewisse Züchtigung für nötig befunden wurde, aber nicht ein „Gemeindeausschluss“.

    Und welche Aufgabe hatten die Korinther?

    5,2.6M.7A.9.11.13E: „Und ihr seid aufgebläht und trauertet nicht lieber, damit der, der diese Tat beging, aus eurer Mitte entfernt würde … Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig säuert? Fegt also den alten Sauerteig aus, damit ihr ein frischer Teig seid, entsprechend dem, dass ihr ungesäuert seid … Ich schrieb euch in dem Brief, nicht mit Unzüchtigen Umgang zu pflegen … Aber nun habe ich euch geschrieben, nicht Umgang zu pflegen, wenn jemand als Bruder bezeichnet werde und ein Unzüchtiger oder Habsüchtiger oder Götzendiener oder Lästerer oder sich Berauschender oder ein Räuberischer sei, mit einem solchen nicht einmal zu essentut ihr den Bösen weg aus eurer Mitte …“

    Beim Begriff „Mitte“ geht es also um „Umgang“, um solchen, bei dem man angesteckt, zum Bösen hin beeinflusst werden könnte. Die Treuen sollen „ungesäuert“ bleiben.

    Ist das befremdende Sprache? Man prüfe, was die Schrift eigentlich sagt. Auch der Verfasser untersteht dieser Pflicht.

 

            III:  Entzug der Gemeinschaft ist auch keine Lieblosigkeit.

                       

Biblische Heiligkeit und biblische Liebe stehen nie im Widerspruch. Heb 12,6 lehrt uns, dass Zucht ein Akt der Liebe ist.

 

            IV:  Entzug der Gemeinschaft bedeutet auch nicht Abbruch von jeglichem Kontakt.        

                      

Schon die Zurechtweisung bedeutet Begegnung: 2Th 3,14E. Es soll also nicht jeder Kontakt abgebrochen, aber ein Unterschied in der Gemeinschaft gemacht werden. Mit einem solchen Menschen hat man nicht mehr denselben Umgang. Man grüßt ihn nicht auf dieselbe Weise und isst unter Umständen nicht mit ihm.

 

            V:  Für Entzug der Gemeinschaft ist jeder Christ verantwortlich.

                        

2Kr 2,6: „Genügend ist solchem die Strafe, die von der Mehrzahl erteilt wurde.“

    Nicht jeder in Korinth hatte also beim Gemeinschaftsentzug, der in 1Kr 5 befohlen war, mitgemacht.

    1Th 5,27: „Ich beschwöre euch und verpflichte euch auf den Herrn, den Brief vor allen heiligen Brüdern lesen zu lassen.“

    2Th 3,6: „Wir weisen euch aber an, Brüder, im Namen unseres Herrn, Jesus Christus, euch von jedem Bruder zurückzuziehen, der in unordentlicher Weise wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns überkam.“

    V. 14: „Wenn jemand unserem Wort mittels Brief nicht gehorcht, merkt diesen und habt nicht Umgang mit ihm, damit er beschämt werde.“

    Jeder einzelne Christ ist angesprochen. Man wartet nicht, bis alle anderen es tun, sondern jeder hat die individuelle Verantwortung, sich andere zu merken und sich ihnen zu entziehen, wo die Voraussetzungen für Gemeinschaft nicht, bzw. nicht mehr, gegeben sind. Je größer jedoch der Konsens, desto besser ist es.

 

            VI:  Fazit

                       

Bei der so genannten „Gemeindezucht“ geht es also nicht um Gemeindeausschluss, sondern um einen Unterschied im Umgang. Man hat sich zu fragen: Kann ich mit diesem, der immer noch im Raum der Gemeinde ist, Gemeinschaft haben?

 

        c.  Biblische Gemeinde und Gemeindebezeichnungen

 

            .  Der biblische Begriff Gemeinde (Heilsgemeinde) deckt sich nicht mit dem heutigen Gebrauch von Gemeindebezeichnungen wie z. B. Kirche, Freikirche, Gemeinde, christliche Gemeinde, christliche Gemeinschaft, Versammlung, Bruderschaft. Dabei ist es unerheblich, ob sie kirchlicher, innerkirchlicher oder freikirchlicher Art sind.

    „Versammlung“ als Übersetzung von ekkleessia genügt nicht, weil Gemeinde mehr ist als nur Versammlung. Der Ursprung des Wortes Kirche dürfte, obwohl das in Frage gestellt worden ist, im griechischen kyriakos (‚einem Herrn gehörend’) liegen. Dieses Wort kommt im NT zweimal vor (1Kr 11,20; Of 1,10), doch nicht als Bezeichnung für die Gemeinde. E. Petersen bemerkt:

    „Religiöse Gebäude und denominationelle Gruppen haben sich im Namen des Christentums die Bezeichnung ‚Kirche’ angeeignet, während sie zur selben Zeit den eigentlichen geistlichen Sinn des Wortes im Neuen Testament verletzten.“[25]

    Es werden heute verschiedene Formulierungen für organisierte Gemeinde oder Kirche gebraucht, z. B.: Baptistengemeinde, Brüderverein, Brüderversammlung, Christliche Gemeinde, Christliche Gemeinschaft, Evangelische Kirche, Freie Christengemeinde, Freie evangelische Gemeinde, Freie Missionsgemeinde, Gemeinde Christi, Gemeinde Gottes, Katholische (Allgemeine) Kirche, Lutherische Kirche, Mennonitengemeinde, Methodistenkirche, Reformierte Kirche. Diese sind Bezeichnungen für Organisationen. Das Wort Gemeinde (bzw. Kirche) in solchen Bezeichnungen bezieht sich dann auf die betreffende Organisation (Denomination, Benennung), auf ein Gebilde, eine Sache also. So gebraucht, ist es nicht mit dem biblischen Wort Gemeinde zu verwechseln, denn im NT ist Gemeinde Heilsmenschen.

    Einen Namen hat die Gemeinde des Erlösers als solche nicht.

 

            .  Die verfasste Gemeinde kennt die Schrift nicht.

„Die Gemeinde Jesu in dieser Welt ist eine Größe, die nicht mit anderen Institutionen verglichen und gemessen werden kann. Sie lebt nach ganz anderen Gesetzen. Das Wesen der Gemeinde ist nur erkennbar, wenn wir ihren Ursprung ausschließlich in Gottes Tat im Pfingstgeschehen begründet sein lassen. Sie ist keine menschliche Erfindung oder Eingabe. Sie ist nicht entstanden durch menschliche Organisation. Gemeinde Jesu ist viel mehr als ein Zweckverband. Es ist das Einzigartige an der Gemeinde, dass sie keine Organisation ist und, wie Emil Brunner sagt, ‚nichts vom Charakter der Institution’ an sich hat. Sie ist ein Organismus. Sie ist der ‚Leib Christi’.“[26]

    In dem Maße, wie ein vom Geiste Gottes und der Schrift getragenes „Leib“leben der Nachfolger Jesu fehlt, kann die Versachlichung eintreten und zunehmen in dem Versuch, das Funktionieren des Gemeindelebens weiterhin zu gewährleisten. Doch werden wir mit unseren erfahrungsbewährten Vorstellungen und Modellen nie „fortschrittlicher“ sein als die einfachen aber ewiglich gültigen Gedanken, die unser Herr uns in seinem Wort vorgezeichnet hat.

 

            .  Es gibt heute Bestrebungen, die verfassten Gemeinden (Denominationen) einander näher zu bringen, weil man eine Einheit sucht. Dabei verwechselt man die biblische Wesenseinheit der Gemeinde mit einer organisatorischen. Indem man dieses tut, hindert man jedoch die Darstellung der biblischen Einheit der Gemeinde Jesu. Durch menschlich organisierte Bündnisse von Gemeinden oder Denominationen trägt man nicht zur Darstellung der biblischen Einheit der Gemeinde bei, weil die Einheit eine geistliche ist. Sie kann nicht auf menschliche Art und Weise hergestellt werden, sondern durch Ausleben der inneren gottgegebenen Einheit des Geistes. Dieses geschieht durch fleißiges Ausüben von Liebe und Ausleben der Wahrheit in einer Haltung der Demut, Sanftmut und Geduld (Eph 4,2.3) – am Ort wie überörtlich.

 

            .  Wie heißen nun die Gemeinden der ersten Zeit? Namen in unserem Sinne tragen sie nicht. Will man die Gläubigenkreise einer Gegend identifizieren, so kann man damals wie folgt sprechen:

    -  „die Gemeinde, die in Jerusalem war“: Ag 8,1; 11,22;

    -  „… Antiochien bei der Gemeinde, die dort bestand“: 13,1;

    -  „die Gemeinde zu Kenchrea“: Rm 16,1;

    -  „die Gemeinde in ihrem Hause“ (in dem von Priskilla und Aquila): V. 5; 1Kr 16,19; vgl. Phm 2; Kol 4,15;

    -  „die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist“: 1Kr 1,2; 2Kr 1,1;

    -  „die Gemeinden von Galatien“: 1Kr 16,1; Ga 1,2;

    -  „die Gemeinden Asiens“: 1Kr 16,19; vgl. Of 1,11;

    -  „die Gemeinden Makedoniens“: 2Kr 8,1;

    -  „die Gemeinden Judäas“: Ga 1,22;

    -  „die Gemeinde der Laodikeer“: Kol 4,16; vgl. Of 3,14;

    -  „die Gemeinde der Thessalonicher“: 1Th 1,1; 2Th 1,1;

    -  „die ephesische Gemeinde“: Of 2,1;

    -  „die Gemeinde von Smyrnaern“: V. 8;

    -  „die Gemeinde in Pergamos“: V. 12;

    -  „die Gemeinde in Thyatira“: V. 18;

    -  „die Gemeinde in Sardis“: 3,1;

    -  „die Gemeinde in Philadelphia“: V. 7. 

    Spricht man von der Gemeinde im Allgemeinen, so sagt man:

    -  „die Gemeinde Gottes“: Ag 20,28; 1Kr 10,32; 11,16.22; 15,9; Ga 1,13; 1Tm 3,5;

    -  „die Gemeinden Gottes“: 1Th 2,14; 1Th 1,4;

    -  „die Gemeinden derer, die von den Völkern sind“: Rm 16,4;

    -  „die Gemeinden Christi“: V. 16;

    -  „die Gemeinden der Heiligen“: 1Kr 14,34;

    -  „die Gemeinde des lebenden Gottes“: 1Tm 3,15;

    -  „die Gemeinde der Erstgeborenen“: Heb 12,23.

    Man sagt auch einfach: „die Gemeinde“ bzw. „Gemeinden“.

    Keine aber dieser Bezeichnungen sind in unserem Sinne Namen von Gemeinde. Sie sind beschreibende Erkennungsmittel.

 

        d.  Gemeinde und Quasi-Gemeinde

                  

Es gibt heute auch viele Kreise, die nie echtes Gemeindeleben kennengelernt haben, sich aber auch nicht von ihrem kirchlichen Umfeld trennen wollen. Sie bemühen sich, biblisches Leibleben (Gemeinschaftsleben) zu verwirklichen, z. B. in Aktionskreisen, Bruderschaften, Hauskreisen, Jugendkreisen, Kommunitäten, landeskirchlichen Gemeinschaften, Missionskreisen, Studentenmissionen, Zweierschaften. Die Absicht ist anerkennenswert. Aber auch diese Formen sind nicht Ersatz für schriftgemäßes Gemeindeleben.

    Biblische Gemeinde kann nicht durch Quasi-Gemeinde ersetzt werden.

 

        e.  Gemeinde und Gemeindesaal

                  

So wie „Kirche“ eine Bezeichnung für den Bau geworden ist, in dem Christen sich treffen, ist auch das Wort Gemeinde bereits zu einer Bezeichnung für den Raum geworden, in dem Gläubige (meistens Christen außerhalb der verfassten Kirchen) zusammenkommen. Das führt zu Ausdrücken wie: „Ich habe meine Bibel in der Gemeinde gelassen“, oder: „In dieser Woche sind wir dran, die Gemeinde zu putzen.“ Solche Angewohnheiten tragen ebenfalls dazu bei, biblische Vorstellung von Gemeinde zu vernebeln.

 

        f.  Gemeindewesen und Gemeindestruktur

                 

Biblische Gemeinde ist zu unterscheiden von der Gestalt, die Menschen ihr manchmal zu geben versuchen.

    Gehört zum Wesen der Gemeinde eine bestimmte Struktur?

    Ag 14,23: „Nachdem sie ihnen in jeder Gemeinde Älteste bestimmt hatten, unter Fasten gebetet, übergaben sie sie dem Herrn, an welchen sie geglaubt hatten.“ In jeder Gemeinde bestimmten sie Älteste. Nicht erst mit dem Einsetzen derselben also wurden sie Gemeinden. Auch G. Getz, der die Gemeinde am Ort sehr betont, gibt dieses zu:

    „Auch Gemeindeleiter scheinen keine Voraussetzung dafür zu sein, um eine Gruppe von Gläubigen als Gemeinde zu betrachten; denn in der Bibel werden Gruppen von Gläubigen in Lystra, Ikonium und Antiochien ‚Gemeinden’ genannt, ehe Älteste bestimmt worden waren (Ag 14,21-23).“[27]

    Als Gemeinden werden dort die Menschen bezeichnet, die sich vor einigen Tagen bzw. Wochen an den Messias Jesus ausgeliefert hatten, ohne dass sie noch zusätzlich zu „Gemeinden“ organisiert wurden. Im NT werden Gemeinden nie „aufgemacht“, „begonnen“, „gegründet“, „gemacht“, „gepflanzt“, „organisiert“. Es „bilden sich“ nicht Gemeinden. Man „geht“ auch nicht „in eine Gemeinde“, „hat“ nicht eine, „gehört“ nicht zu einer. Man ist sie.

    Sichtbare Struktur ist nicht ein notwendiger Bestandteil des Wesens der Gemeinde. Wohl aber gehört eine Struktur zu einer wohl funktionierenden Gemeinde. Diese wird aber nicht von Menschen geschaffen, sondern durch die von Gott verteilten Gnadengaben bestimmt. Sie tritt naturgemäß in dem Maße hervor, wie sich einzelne Christen dem Herrn zum Dienst zur Verfügung stellen. Man gibt sich nicht selbst Statuten. Wie viele Älteste in der Gemeinde sein werden und wie viele Diakone, Lehrer usw., dürfen Menschen nicht vorschreiben. Das entscheidet Gott, der die entsprechenden Gnadengaben gibt. Die Gemeinde stellt sie fest und handelt demnach.

    Die Struktur der Gemeinde erwächst aus den erkannten Gnadengaben, und der Herr lässt diese Struktur wachsen. Man ist dann natürlich auf viel Beten angewiesen. Da muss man wirklich flehen: „Herr, öffne uns die Augen für das, was du willst und tust.“

 

    6.  Zur weiteren Orientierung

              

Die Frage, ob neutestamentliche Gemeinde in der Heilsgeschichte etwas Neues oder etwas Altes ist, wird für ein späteres Thema aufgehoben, wenn vom Werden der Gemeinde die Rede ist, ebenfalls das Thema „Geheimnis“, da es dabei um ihre Geschichte geht.

 

 

    7.  Persönliches

              

Vor Jahren bekam der Verfasser einmal einen unerwarteten Anruf von einem älteren leitenden Theologen eines ihm wohlbekannten Gemeindeverbandes. Dieser wusste, dass ich bereits viele Jahre im Verkündigungsdienst gewesen war, und stellte die Frage:

    „Wie bekommt man starke Gemeinden?“

    Der Vater in Christus hatte sich offensichtlich Sorgen gemacht um den Zustand der Gemeinden seiner Benennung. Da ich in einigen von diesen gedient hatte, erwähnte ich einen Bruder, dessen Wirksamkeit mir Eindruck machte. Ob nicht die Gemeinde, in der er diente, ein Beispiel sei.

    Er erwiderte in seiner bedächtigen Art aber mit Traurigkeit in der Stimme: „Das ist nicht eine starke Gemeinde.“

    Viel mehr wusste ich nicht zu sagen, und so wurde das Gespräch nicht lang.

    Seit dem Tage habe ich viel über diese Frage nachdenken müssen. Heute ist sie etwas klarer geworden.

    Wenn es in der Schrift um Schwachheit und Stärke der Gläubigen geht, ist es der einzelne Christ, der angesprochen ist. Of 3,8 ist keine Ausnahme, da es dort nicht um einen geistlichen Zustand geht, für den man verantwortlich wäre. Trotz des Wissens um die Einheit der Gemeinde, bleiben Gläubige vor Gott Einzelpersonen. Vor dem Richterstuhl Christi (zu Recht so bezeichnet) stehen wir alleine, nicht als Gemeinden. Erst wenn ein Christ persönlich stark ist, kann er zur Stärkung anderer beitragen.

    Zu wissen um das biblische Wesen der Gemeinde ist grundlegend, wenn wir starke Christen und starke Gemeinden haben wollen. Der Einheitscharakter einer Gemeinde beginnt nicht am Tage, an dem eine Gruppe von Gläubigen sich zu einer am Ort konstituiert, sondern bei der kleinsten Einheit, dem einzelnen Christen – und nicht dadurch, dass dieser Mitglied wird und sich zu Verbindlichkeit verpflichtet, sondern dass er sich an das Haupt hält (Kol 2,19). Stark wird er im Herrn (Eph 6,10), in der Gemeinschaft mit ihm. Zu diesem Erstarken gehört die Zunahme an Frucht des Geistes, in welcher ja die Liebe Vorrang hat. Diese drängt ihn zur Gemeinschaft mit dem Bruder, und Leibleben entsteht, das sich keineswegs in einer Gegenwart in – oder gar Teilnahme an – geplanten Versammlungen erschöpft, sondern in einer Vielfalt von Begegnungen. Die wenigsten Gläubigen kennen dieses Familienleben im Herrn. Zeiten des Geisteswehens weisen es immer wieder auf.

    Alles Gemeinsame lebt vom Beitrag des Einzelnen. Selbst starke Ehen beruhen auf der Stärke des einzelnen Partners. Jemand hat gesagt: „Die praktische Tragkraft der Ehe ist die selbstständige Stärke des Einzelnen. Ehe ist zuerst Einsamkeit – mit dem Herrn.“ Das Sprichwort ist bekannt: Eine Kette ist nur so stark wie das einzelne Glied. Zwischen einer Gruppe von Christen und einer Kette besteht jedoch dieser Unterschied: Ist das Gros der Gruppe stark, kann sie auch Schwache tragen. Dennoch hängt auch die Stärke dieses Gros’ von der des Einzelnen ab. Soll es starke Gemeinden geben, die den Stürmen des Feindes standhalten werden, brauchen wir Nachfolger Jesu, die ihn kennen, mit Inbrunst lieben, in seinen Worten zu Hause sind und alleine den Weg mit ihm gehen können. Solche werden, wenn sie einander begegnen, nie Einzelgänger sein, sondern gerade im Zeichen ihrer Stärke im Herrn zusammenhalten und gemeinsam „Gottes untadelige Kinder [sein] mitten in einem krummen und verkehrten Geschlecht … offenbar … wie Lichter in der Welt, darhaltend das Wort des Lebens“ (Php 2,15M.16A).

 


C.  Die Gemeinde in bildlicher Darstellung

          

Was Gemeinde ist, lässt sich anschaulich machen mittels einer Anzahl biblischer Vergleiche. Sie sind hier in drei Gruppen geteilt: Bilder aus dem Bereich der Menschen, Bilder aus dem Bereich der Natur und gegenständliche Bilder.

 

 

    1.  Bilder aus dem Bereich der Menschen

 

        a.  Die Gemeinde ist ein neuer Mensch.

 

            I:  Zum Begriff

 

                A:  Die Schrift kennt viererlei „alter Mensch“.

 

                    ·  Der erste Mensch, Adam: 1Kr 15,45.47

                    ·  Die erste Menschheit: Rm 5,12

                    ·  Eine Person der ersten Menschheit – vor der Umkehr: Rm 6,6

                    ·  Die Lebensweise solcher Menschen: Kol 3,9

 

                B:  Dem entsprechend gibt es vier „neue Menschen“.

 

                    ·  Der zweite Mensch, Jesus Christus: 1Kr 15,45.47

                    ·  Die zweite Menschheit: Eph 2,15

                    ·  Eine Person der zweiten Menschheit: 2Kr 5,17

                    ·  Die Lebensweise solcher Menschen: Eph 4,22.24; Kol 3,9.10. Vgl. Rm 6,4.

 

                C:  Bemerkungen

                          

Vier „alte Menschen“ stehen also vier „neuen“ gegenüber. Adam steht an erster Stelle in einer ersten Schöpfung, Jesus Christus in einer neuen.

    Jesus Christus ist zu gleicher Zeit letzter Adam und zweiter Mensch. Mit dem Tode Christi kommt die alte Menschheit zu ihrem Ende. Sie wird gerichtet. Mit seiner Auferstehung entsteht eine neue Menschheit – in seiner Person.

    Vgl. auch die Gegenüberstellung in Rm 5, ab V. 12.

 

            II:  Zum neuen Menschen der Gemeinde

 

                A:  Die Gemeinde als neue Menschheit steht der alten in Adam gegenüber.

                          

„Das Besondere der [irdischen] Menschheit im Unterschied von anderen Kreaturen Gottes ist der natürliche Zusammenhang in Abhängigkeit von Gott. Das Besondere der Christenheit ist der geistliche Zusammenhang in der Lebensverbindung mit Christus. Vgl. Rm 6,5: ‚… wir sind mit ihm zusammengewachsen, eine Pflanze mit ihm geworden …’“[28].

    Eph 2,14.15: „… denn er ist unser Friede (er, der die beiden eins machte und die Scheidewand des Zauns auflöste, die Feindschaft, [und zwar] in seinem Fleisch, indem er das Gesetz mit dessen in Satzungen gefassten Geboten außer Kraft setzte), damit er die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe, so Frieden stifte …“ Christus ist gestorben, um einen neuen Menschen zu schaffen. Dieser ist eine neue Menschheit. Sie entsteht aber erst nach dem Kreuz. Vorher war sie nicht da.

    1P 2,9: Das erwählte Geschlecht ist ein neues. Schon im AT war die Rede vom Geschlecht der Gerechten bzw. vom Geschlecht der Bösen. Hier haben wir ein Geschlecht der Gerechten durch Jesus Christus, den Gerechten. Mit Jesus Christus entsteht eine neue Menschheit.

    Haupt und Vater dieser Menschenform ist der Messias: Jes 9,5; 53,10; Rm 5,17; 1Kr 15,22.45.48.

 

                B:  Der einzelne Christ steht dem einzelnen Nichtchristen gegenüber.

                           

Jeder, der an Jesus Christus glaubt, ist ein neuer Mensch. Christus, der neue Mensch, verleiht ihm sein Leben. Somit entsteht die neue Menschheit, die Gemeinde Jesu. Der alte Mensch ist das, was der Christ selbst vorher war und was andere Menschen, die noch nicht Christen sind, immer noch sind.  

    Vom alten Menschen sagt Paulus, dass er gekreuzigt ist. Ich und meine alte Lebensweise wurden am Kreuz mit Christus hingerichtet. Zur Klarstellung: Diese Kreuzigung findet nicht in meinem Leben statt, sondern hat schon vor 2000 Jahren am Kreuz Jesu stattgefunden. Diese Wahrheit wird angewendet, wenn ich mich im Glauben als mit Christus gekreuzigt halte: Ga 2,19.20; 5,24. Der alte Mensch wurde damals mitgekreuzigt; auch die Lebensweise wurde mitgekreuzigt. Der alte Mensch muss nicht „ersäuft“ werden, wie Luther es ausdrückte. Er ist schon mit Christus gestorben. Ich habe mich jetzt juristisch dafür zu halten: Rm 6,11.

    Als lebender neuer Mensch soll nun jeder in der Gemeinde betreut werden und in das Bild Christi wachsen:

    Eph 4,11-15: „Und er selbst gab: die einen zu Aposteln, andere zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere zu Hirten und Lehrern, zwecks der Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen mögen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu einem erwachsenen Manne, zum Größenmaß der Fülle des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin und her geworfen und von jedem Wind der Lehre umhergetrieben durch die Betrügerei der Menschen, durch Verschlagenheit, hin zu mit List ersonnenem Irrweg, indem wir aber wahrhaftig sind in Liebe, wir in allem heranwachsen mögen zu ihm, der das Haupt ist, Christus …“

 

                C:  Die neue Lebensweise steht der alten Lebensweise gegenüber.

                          

Eph 4,22.24: Die Christen bekamen in diesem Brief die Anweisung, den neuen Menschen anzuziehen. Wie Kleider, die man Stück für Stück anzieht, soll man sich die Tugenden Jesu zulegen.

    Im Grunde ist die neue Lebensweise die Lebensweise Jesu, sein Charakter. Wir ziehen Christus an: Rm 13,14; Ga 3,27. Seine Lebensweise eignet man sich an zwei Stellen an: grundsätzlich in der Umkehr, dann aber auch im christlichen Leben. Da haben wir Stück für Stück das Alte abzulegen und das Neue anzuziehen. So wachsen wir in der Gerechtigkeit, in der Heiligung.

 

        b.  Die Gemeinde ist ein Leib.

 

            I:  Grundsätzliches

                     

Rm 12,4.5: „… denn gleichwie wir an einem Leibe viele Glieder haben, nicht aber alle Glieder dieselbe Verrichtung, so sind auch wir, die Vielen, ein Leib in Christus, als einzelne Glieder voneinander.“

    Christus hat einen Körper. Mit seinem ersten Körper, den er immer noch – in verwandelter Form – hat, hat er Gott in dieser Welt dargestellt. An Jesus Christus in Menschengestalt war Gott zu lesen:

    Jh 14,9: „Jesus sagt zu ihm: ‚Für so lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht gekannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen, und wie sagst du: Zeige uns den Vater?’“

    Der Körper ist das Mittel, wodurch eine Person sich zum Ausdruck bringt. So ist es mit dem zweiten Leib Jesu, der Gemeinde: Mit ihr möchte sich Jesus Christus in dieser Welt ausdrücken – durch ihren Mund und ihr Leben, durch Reden und Handeln. Mit unseren Worten sollen wir sprechen, was und wie Gott spricht, und mit unserem Handeln soll das Wesen Jesu Christi zum Ausdruck gebracht werden. Jesus auf Erden war Offenbarungsmittel Gottes. Die Gemeinde ist nun Jesu Offenbarungsmittel auf der Erde.

    In besonderer Weise wird der Leibcharakter der Gemeinde am Tisch des Herrn zum Ausdruck gebracht durch die gemeinsame Teilnahme am selben Brot, das den Herrn darstellt:

    „Das Brot, das wir brechen, ist es nicht eine Gemeinschaft des Leibes Christi? – weil es ein Brot ist, ein Leib wir, die Vielen, sind, denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig.“ (1Kr 10,16M.17)

    Es ist aus verschiedenen Gründen, dass der Leib in der Schrift mit der Gemeinde in Verbindung gebracht wird. U. a. sind wir ein Leib, weil Jesus seinen Leib hergab:

    Eph 2,15M: „… indem er das Gesetz mit dessen in Satzungen gefassten Geboten außer Kraft setzte, damit er die Zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe …“

    Und weil wir ein Leib mit Christus sind, sollte unser Leib für ihn da sein:

    1Kr 6,19.20: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist, den ihr von Gott habt, und ihr euch nicht selbst gehört? – denn ihr wurdet um einen Preis erkauft. Verherrlicht ja Gott in eurem Leibe und in eurem Geiste, welche Gottes sind!“

    Das Bild vom Haupt und Leib spricht von Folgendem:

 

            II:  Im Leib wird regiert.

                       

Eph 1,22: „… und er tat alles unter seine Füße, und ihn, Haupt über alles, gab er der Gemeinde, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen füllt.“

    Kol 1,17.18: „… und er selbst ist vor allem; und alles besteht in ihm; und er selbst ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, der der Anfang ist, Erstgeborener von den Toten, damit er in allem der Erste würde …“

    2,19: „… und der sich nicht hält an das Haupt, von dem aus der ganze Leib durch die Gelenke und Sehnen sich darreicht und zusammengefügt wird und so ein Wachstum erfährt, das Gottes ist.“

    Es gibt solche, die sich nicht an das Haupt halten. Sie richten sich nicht an ihm aus. Mit anderen Worten, das Haupt dieses Leibes ist dessen Regierung.

 

            III:  Im Leib wird versorgt.

                        

Nebst seinem Herrsein ist Christus als Haupt auch Helfer.

    Eph 5,29: „… denn niemand hasste je sein Fleisch, sondern er nährt und pflegt es – gleichwie auch der Herr die Gemeinde.“

    Christus nährt und pflegt die Gemeinde. Er nimmt sich meiner täglich an. Meine Sorgen sind eigentlich seine Sorgen. Ich darf sie ohne weiteres auf ihn werfen: 1P 5,7. Habe ich Probleme, darf ich sagen: „Herr, das ist dein Problem.“ Nicht nur sind die Glieder für das Haupt da, sondern das Haupt ist auch für die Glieder da.

    Als Haupt hat Christus auch die Gaben und Aufgaben der Glieder so verteilt, dass der Leib zu seinem eigenen Wachstum beiträgt:

    Eph 4,11-16: „Und er selbst gab: die einen zu Aposteln, andere zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere zu Hirten und Lehrern, zwecks der Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen mögen … , … wir in allem heranwachsen mögen zu ihm, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der ganze Leib … sich das Wachstum des Leibes bewirkt, sodass er sich selbst baut in Liebe.“

 

            IV:  Der Leib kennt Verschiedenheit.

                       

1Kr 12,12–20.27: Die Glieder am Leib der Gemeinde sind grundsätzlich in zwei Aspekten verschieden: was die Gaben und was die Aufgaben betrifft.

 

                A:  Verschiedenheit in den Gaben

                          

Paulus vergleicht jeden Christen mit einem Glied an einem Körper. Dabei ist jedes Glied zugleich Gnadengabe und auch Christ. Der eine ist eine Hand, der andere ein Fuß, ein weiterer ein Ohr oder ein Auge. Wer Fuß ist, ist Fuß; wer Auge ist, ist Auge – konstant, von Tag zu Tag.

    Die Verschiedenheit im Wesen macht einen jeden von uns zu einem Original. Niemand muss den anderen kopieren. Keiner darf es. Jeder hat seine Möglichkeiten und auch seinen Platz, den er zu füllen hat. Die Gaben sind nämlich für die Aufgaben da.

 

                B:  Verschiedenheit in den Aufgaben

                          

Wer Ohr ist, tut, was ein Ohr tut. D. h., wenn wir Glieder sind, haben wir Aufgaben. Diese tun wir immer wieder. Die Gliedschaft am Leibe Jesu Christi spricht von Sein und von Tun. Wir sind etwas, und wir tun etwas. Wir sind es konstant, und wir tun es immer wieder.

    Rm 12,4.5: „… denn gleichwie wir an einem Leibe viele Glieder haben, nicht aber alle Glieder dieselbe Verrichtung, so sind auch wir, die Vielen, ein Leib in Christus, als einzelne Glieder voneinander.“

    Alle Glieder gehören zum selben Leib, aber sie haben verschiedene Aufgaben.

 

            V:  Der Leib kennt Einheit und Gemeinschaft – mit dem Haupt und auch unter den Gliedern.

 

                .  Die Gemeinde ist lebensmäßig mit Christus verbunden.

Rm 6,5: „… denn wenn wir Zusammengewachsene geworden sind …“

    1Kr 12,12: „… denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat … so ist auch der Christus.“

    Der Leib ist eins mit dem Haupt, Jesus Christus: Eph 1,22; Kol 1,18.24. Von ihm her vollzieht sich das Wachstum: Eph 4,15.16. Er bestimmt es. Als Glied bin ich mit Jesus Christus verbunden: Sein Leben ist mein Leben, seine Geschichte meine Geschichte, seine Zukunft meine Zukunft. Die Glieder sind die Ergänzung des Hauptes – eins mit ihm. Durch sie möchte er sich zum Ausdruck bringen.      

    Das sollte unser Gebet sein, dass Jesus mehr und mehr in unserem Leben zu sehen und zu hören sein darf. Wir sind ein Fleisch, ein Bein mit ihm, haben Leben von seinem Leben: Eph 5,23.30.31.

    Eph 3,6: „… dass die, die von den Völkern sind, gemeinsame Erben und gemeinsamer Leib und gemeinsame Teilhaber seiner Verheißung in Christus Jesus seien durch die gute Botschaft.“ Juden und Nichtjuden werden eine Einheit, wenn sie Glieder dieses Leibes werden.

 

                .  Gemeinde als Leib ist Zusammengehörigkeit, Gemeinschaft.

Kol 3,15A: „Und der Friede Gottes walte wie ein Kampfrichter in euren Herzen, zu dem ihr auch gerufen wurdet in einem Leibe.“ Der Christus, der zu sich ruft, ist seit Pfingsten nicht ohne Leib zu denken. Er ruft in eine Friedensbeziehung zum Dreieinigen, die aber auch die Beziehung der Gerufenen unter einander kennzeichnet. Die Einheit der Glieder untereinander soll an einem ausgestrahlten Frieden und einer gegenseitigen Dankbarkeit erkennbar sein.

    Eph 4,16: „… von dem aus der ganze Leib, wohl zusammengegliedert und zusammenverbunden durch jedes Gelenk als ein darreichendes, nach dem Wirken eines Teiles in [seinem] Maße, sich das Wachstum des Leibes bewirkt, sodass er sich selbst baut in Liebe.“ Aufgrund der Einheit (mit dem Haupt) können die Glieder einander dienen. Durch diesen Dienst können sie sich gegenseitig immer mehr aufbauen.

    Gemeinde Jesu Christi ist ein geistlicher Leib. Und was sie ist, soll sie sein. D. h., Gemeinde soll wie ein Leib leben. Christen haben ihr Sololeben aufzugeben und zu lernen, in Leibgemeinschaft zu leben – und diese beschränkt sich keineswegs auf regelmäßige Zusammenkünfte.

    Auch Wahrhaftigkeit ist eine Frucht dieser Wesenseinheit (Eph 4,25): „Darum lasst die Lüge abgelegt sein, und ‚jeder rede Wahrheit mit seinem Nächsten’, weil wir Glieder von einander sind.“

    Siehe auch 1Kr 12,18-27; Eph 5,19-21; 1P 4,8-10; Jd 20.21.

 

                .  Erich Schnepel schreibt im Vorwort zu seinem Studienbuch über die Offenbarung:

„Es bewegt mich immer wieder, in welch starkem Umfang wir Prediger- und Pastorenkirche sind und wie selten wir solche kleinen Gemeindlein um die Bibel antreffen, die nicht ständig von einem Pfarrer oder Prediger versorgt werden, sondern in einer selbstständigen Weise in der Bibel forschen und sich gegenseitig Bruder und Hirte, Lehrer und Seelsorger zu sein versuchen.

    Auch in der Kirche der Reformation ist das praktische Ausleben des allgemeinen Priestertums der Gläubigen keine Selbstverständlichkeit. Und doch ist es nach Eph 4,11–13 die entscheidende Aufgabe eines Pfarrers, diejenigen, die den Weg zu einer echten Hingabe an Christus gefunden haben, so zu führen und zu stärken, dass sie zu selbstständigen Männern und Frauen in Christus werden, die nicht nur persönlich ihren Weg mit ihrem Herrn finden, sondern auch andere darin zu stärken und zu Christus zu führen vermögen.

    Wo aber eine Schar von Jüngern Jesu ein Stück Bruderschaft miteinander leben will, wird der Quellort ihres Zusammenlebens nächst ihrem gemeinsamen Herrn immer die Bibel sein, oder diese Bruderschaft verliert an wirklicher innerer Kraft, wird fade und armselig und ist nicht in der Lage, ihr Leben mit Christus in klarem Kurs zu gestalten, weil sie den Kompass, die Bibel, nicht gebraucht.

    Ich weiß, dass viele sich gern in solcher Weise über der Bibel zusammensetzen würden, wenn sie nur wüssten, wie sie das Forschen in der Schrift ohne Pfarrer und Prediger fruchtbar und praktisch gestalten könnten. Das vorliegende Buch möchte helfen, dass solch ein Gemeindlein innerhalb der großen Gemeinde Jesu den Weg findet.“[29]

 

        c.  Die Gemeinde ist eine Geliebte.

                 

Das Bild von der Geliebten findet in der Schrift Anwendung auf das Volk der Erlösten. Es ist verständlich, dass derjenige, der die Menschen als Mann und Frau in seinem Bilde schuf, diese Seite der Menschheit als Bild für seine teuer Erkaufte verwendet. Als Geliebte ist Gemeinde zweierlei: eine Verlobte und eine Frau.

 

            I:  Alttestamentliche Beispiele[30]

 

                A:  Eva

                          

1M 2,22-24; Eph 5,30-32

    In der zweiten Stelle wird aus der ersten zitiert. Dabei ist es wichtig, dass wir die Anführungsstriche an richtiger Stelle anbringen:

    „… weil wir Glieder seines Leibes sind, ‚von’ seinem ‚Fleisch und von’ seinem ‚Gebein. Deswegen wird ein Mensch den Vater und die Mutter verlassen und an seine Frau gefügt werden, und die Zwei werden ein Fleisch sein.’ Dieses Geheimnis ist groß, aber ich spreche in Bezug auf Christus und in Bezug auf die Gemeinde.“

    Dieses Beispiel wird vom Apostel angeführt, um zu zeigen, wie „der Herr die Gemeinde“ liebt und warum. Er zeigt seine Liebe zu ihr indem er sie „nährt und pflegt“. Mit treuster Fürsorge umgibt er uns, die Seinen. Und ein Grund für diese tätige Liebe ist unser Ursprung in ihm. Am Kreuz, wo er in den Todesschlaf gelegt wurde, war gleichsam unsere Geburtsstunde. Auf Grund davon formte der Heilige Geist uns aus ihm am Pfingsttage. So sind wir ihm wesensverwandt, „von“ seinem „Fleisch und von“ seinem „Gebein“.

    Bedenkenswert sind die Bemerkungen Petersens: „Damit Adam in Empfang nehmen konnte, musste er bereit sein zu geben. Er musste die Wunde davontragen, die notwendig war, damit Gott seinen Plan und seine Absicht ausführen konnte. Aus dieser Wunde und aus diesem Opfer konnte Gott dann die Braut und Partnerin formen, die zu einem nach dem Bilde Gottes geschaffenen Geschöpf passte. Eva wurde deshalb von allem Anfang an so sehr ein Teil von Adam, weil sie das eigentlich schon immer gewesen war – ein Teil von ihm. Die Wunde in Adams Seite ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, wem sie gehörte, denn von dort war sie gekommen. Genauso lässt auch die Wunde in der Seite Jesu keinen Zweifel zu, wem wir angehören. Und wir sehen in dieser Wunde die Quelle und den Ursprung unseres neuen Lebens …“[31]

    Unsere Ähnlichkeit mit der Eva schließt zudem eine Führung ein. So, wie Gott sie dem Adam zuführte, wird er eines Tages seine Gemeinde seinem Sohne zuführen in der herrlichen Hochzeit an den Pforten der Ewigkeit.

 

                B:  Rebekka

                          

1M 24

    Nachdem uns in 1M 22 die einzigartige Aufopferung des „einigen“ Sohnes Abrahams berichtet wird, ein Hinweis auf die Dahingabe des Sohnes Gottes, begegnet uns eine Geschichte in K. 24, die ebenfalls eine auffallende Ähnlichkeit mit einer neutestamentlichen Wahrheit aufweist: Ein Knecht Abrahams geht hinaus, um eine Braut für den Sohn der Verheißung zu holen. So ist der Heilige Geist heute dabei, eine Braut aus der Fremde für den Sohn Gottes heimzuholen.

    Als die, die zu schwerem Dienst bereit war (V. 19.20), sich schmücken und kleiden ließ (V. 22.53) und bereit war, ihre Heimat zu verlassen, um in die Ferne zu ziehen, ist Rebekka ein Vorbild für die Gemeinde des geliebten Sohnes Gottes.

 

                C:  Rahel

                          

1M 29,20: „Und Jakob diente um Rahel sieben Jahre. Und sie waren in seinen Augen wie einzelne Tage, weil er sie liebte.“

    Es ist ein besonderer Zug in der Geschichte dieser Frau, die sie zu einem Vorbild für die Gemeinde macht: Ihr Bräutigam diente, um sie zu gewinnen, weil er sie liebte. Nicht liebte er, weil sie gut war. Unergründlich ist die Liebe Jakobs, ein Schattenbild der Liebe unseres Bräutigams, der so viel Ungerechtigkeit und Schweres auf sich nahm, um seine Erwählte als Eigentum zu bekommen.

 

                D:  Asnath

                          

1M 41,50-52: „Und dem Josef wurden zwei Söhne geboren, ehe das Jahr der Hungersnot kam, die Asnath ihm gebar, die Tochter Potipheras, des Priesters zu On. Und Josef gab dem Erstgeborenen den Namen Manasse, ‚denn Gott hat mich vergessen lassen all meine Mühsal und das ganze Haus meines Vaters.’ Und dem Zweiten gab er den Namen Efraim, ‚denn Gott hat mich fruchtbar gemacht im Lande meines Elends.’“

    Sieht man bei Rahel, was der Bräutigam der Braut bedeutet, so bei Asnath, was sie ihrem Mann bedeutet.

    In Jes 53,10.11A lesen wir: „Und dem HErrn gefiel es, ihn zu zerdrücken, ihn leiden zu lassen. Wird seine Seele ein Übertretungsopfer gestellt haben, wird er Samen sehen, lange leben, und das Wohlgefallen des HErrn wird in seiner Hand gedeihen. Von der Mühsal seiner Seele wird er sehen. Er wird zufrieden sein.“

    Für Josef, Retter seines Völkleins und Vorbild auf den großen Retter, war Asnath mit ihren Kindern (Efraim heißt: doppelte Fruchtbarkeit) nach seiner Leidenszeit eine wahre Erquickung und ein Trost. Stellen wir uns vor: Wenn Jesus seine Gemeinde sieht, denkt er: Es hat sich gelohnt!

 

                E:  Zippora

                          

2M 2,15-21

   Mose, der Ausgestoßene, wird zu einem Retter einer Braut in der Fremde und ist so ein Vorbild auf unseren Herrn, und seine Frau wird zu einem Vorbild der Gemeinde des Herrn. Es wird denn auch ihr Los, das Leidenslos ihres Mannes mitzutragen. Wenn dieser Text etwas geheimnisvoll ist, sind die Gedanken Steinbergers[32] nicht so abwegig. Er schreibt:

    „Sie trug ja mit Mose seine Verwerfung; denn die vierzig Jahre in Midian waren für Mose auch eine Zeit der Verwerfung von seinem Volk, das ihn nicht haben wollte als Führer. Aber als das Gericht über ihr eigenes Leben gehen sollte, da bebte sie zurück. Sie wusste ja, dass Mose als Nachkomme Abrahams beschnitten war. Aber als er auch die Beschneidung vornehmen wollte an seinem Sohne, dem Fleisch und Bein der Zippora, da schrak sie zurück und ließ es nicht geschehen. Und erst als sie auf dem Wege nach Ägypten waren und Gott des Nachts in der Herberge den Mose anfiel und ihn töten wollte wegen dieser Sache, da holte sie das Versäumte nach, indem sie sprach:

    ‚Du bist mir ein Blutbräutigam!’ (2M 4,24-26)

    Sie wusste noch nicht, dass ihre Verbindung mit Mose den Tod für die Natur in sich schloss – was ja die eigentliche Bedeutung der Beschneidung ist.

    ‚Damals sprach sie: Blutbräutigam, der Beschneidung wegen.’

    O, wir alle haben solche ‚Damals’ in unserem Leben, wo er uns tiefere Wege führte und die Todesschatten des Kreuzes über unser Wesen gehen ließ.“

    Später wurde es der Zippora wieder beschert, die Schmach ihres Gemahlen zu tragen: 4M 12,1-3.

 

                F:  Ruth

                          

In diesem Brautbild begegnet uns der Charakterzug der Treue, einer Eigenschaft, worin die Gemeinde an Ruth ein besonderes und nachahmungswürdiges Beispiel hat. Sie war treu in ihrem Entschluss der Nachfolge: 1,16.17. Sie war treu im Geringen: 2,7. Sie war treu in ihrer gesellschaftlichen Stellung: 2,13. Sie war treu in der Not (Ende K. 2), teilte mit ihrer Schwiegermutter nicht nur ihre schwere Lage, sondern machte durch ihre Liebe all den Verlust vergessen. Sie war auch treu im Blick auf ihre Zukunft: 3,9-11. Sie wusste, dass sie als nächste Verwandte dem Boas zugehöre, und im Blick auf diese Zusammengehörigkeit hielt sie sich treu und rein für ihn.

 

                G:  Die „Gemahlin des Königs“

                          

Ps 45,2.7.8.10-12

 

                H:  Schulamith

 

Das Buch Hohelied

 

                J:  Das Volk Israel

                          

Jes 54,5.6: „… denn der dich gemacht hat, ist dein Mann; HErr der Heere ist sein Name; und der Heilige Israels ist dein Erlöser; er wird der Gott der ganzen Erde genannt werden; denn wie eine verlassene und im Geist betrübte Frau ruft dich der HErr, und wie eine Frau der Jugend, wenn sie verstoßen ist, sagt dein Gott.“

    Die Fruchtbarkeit Israels als Frau des HErrn ist nicht von ihr abhängig, sondern von ihrem Mann. Wenn die Frau unfruchtbar ist, kann sie doch Kinder bekommen, weil ihr Mann, der HErr, ein Schöpfer ist.

    Siehe auch Jes 62,4.5; Jr 2,2; 3,20; Hes 16,8; Hos 2,16-22.

 

            II:  Die Gemeinde als eine Verlobte

                       

                A:  Dieses spricht von Freude.

                          

                    .  Jh 3,26-29: „Und sie kamen hin zu Johannes und sagten ihm: ‚Rabbi, der, der jenseits des Jordans mit dir war, für den du Zeugnis ablegtest, – siehe! – dieser tauft, und alle kommen hin zu ihm.’

    Johannes gab ihnen zur Antwort: ‚Ein Mensch kann nichts empfangen, es sei ihm denn gegeben aus dem Himmel. Ihr selbst seid meine Zeugen, dass ich sagte: Ich bin nicht der Gesalbte, sondern: Ich bin vor jenem gesandt. Der, der die Braut hat, ist der Bräutigam. Aber der Freund des Bräutigams, der sich hingestellt hat, dasteht und ihn hört, freut sich sehr, wegen der Stimme des Bräutigams. Diese meine Freude also ist erfüllt.“ Der Täufer wusste um den alttestamentlichen Vergleich Israels mit einer Braut und Frau, als er so sprach.

    Der „Freund des Bräutigams“ war es in der Tat, aber mehr: Er vermittelte zwischen dem Mädchen, das der junge Mann im Auge hatte, warb um sie und bat um ihre Hand, diente dem Brautpaar während der Verlobungszeit als Mittelsperson, traf Vorbereitungen für die Hochzeit und führte endlich beim Hochzeitsfest den Vorsitz[33]. In diese Aufgabe wusste sich Johannes „aus dem Himmel“, von Gott, gestellt. Deshalb vermochte er sich mit dem Messias, dem „Gesalbten“, zu freuen, wenn „alle hin zu ihm“ kamen und seine „Braut“ wurden. Es war ja keine einfache Sache gewesen, diese Braut zu gewinnen. Unter großen Entbehrungen hatte er in Israel ernstlich den Ruf des himmlischen Bräutigams weitergegeben.

   

                    .  Auch Paulus verstand sich als ein solcher Brautwerber: 2Kr 11,2. Chemnitz (bei Dächsel) wendet diesen Gedanken weiter an, wenn er sagt:

    „Das ist ein lieblicher Name, welcher hier den Dienern des Wortes gegeben wird, daß sie ‚Freunde des Bräutigams’ heißen, denn gleichwie ein Bräutigam vertrauter Freunde zu Brautwerbern sich bedient, so bedient Christus sich seiner Diener, welche das geistliche Verlöbniß mit ihm den elenden Sündern antragen und sie durch Aufdeckung ihrer Sünden und Vormalung seiner Versöhnung ihm gewinnen sollen … Das ist ein feines Bildniß, wodurch sowohl das Amt des neuen Testaments herrlich geziert, als die Verwalter desselben an ihren Beruf gemahnt werden, daß sie es nämlich ihre höchste Freude sein lassen, Christo viele Seelen zu gewinnen und zuzuführen; denn keine größere Freude mag dem, welcher in Wahrheit des Bräutigams Freund ist, widerfahren, als wenn er hört die Stimme des Bräutigams, wie er die Braut aufnimmt und mit sich ewig verbindet zur Gemeinschaft aller seiner Güter.“

   

                    .  „Der, der die Braut hat“ und sich über sie freuen darf, „ist der Bräutigam“, und nur er. Und für die Braut kommt kein anderer in Frage.

 

                B:  Es spricht von Hoffnung.

                          

Heute wird geworben und gehofft. Morgen kommt die Hochzeit: Mt 22,2ff. Inzwischen ruft die Braut nach dem Bräutigam (Of 22,17A):

    „Und der Geist und die Braut sagen: ‚Komm! (Sei stets am Kommen!)’“

    Of 19,6–9: Wir haben die gewisse Hoffnung, unseren Herrn zu sehen. Die Beziehung zu ihm wird dann bestätigt werden. Es ist etwas ganz besonderes, zu dieser Hochzeit geladen zu sein, d. h., dabei zu sein. Seine Braut, heißt es, hat sich vorbereitet. Zu dieser Vorbereitung trug aber auch in geheimnisvoller Weise die Verfolgung seitens der Hure bei. Doch hielt sie sich während der langen Zeit des Wartens auf den Bräutigam rein für ihn.

    Bereiten wir uns vor? Leben wir in der Erwartung jenem Tag entgegen!

 

               C:  Es spricht von Bewährung.

                         

2Kr 11,2.3: „Doch ertragt ihr mich auch, denn ich eifere um euch mit der Eifersucht Gottes, denn ich verlobte euch einem Mann, eine reine Jungfrau Christus darzustellen. Aber ich fürchte, ob nicht etwa, wie die Schlange in ihrer List Eva gänzlich betrog, so eure Gedanken verdorben sein könnten, weggezogen von der Einfalt gegen Christus.“ Geliebt wird also in den Gedanken. Die Gemeinde soll eine „reine Jungfrau“ sein, die ihrem Bräutigam, Christus, vorgeführt werden kann.

    Of 19,7; 20.6: „Lasst uns froh sein und jubeln und ihm [den Ruhm der] Herrlichkeit geben, weil die Hochzeit des Lammes gekommen ist, und seine Frau machte sich selbst bereit… Ein Seliger und ein Heiliger ist der, der Teil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Vollmacht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und als Könige mit ihm herrschen …“ Die Braut soll Mit-Regentin werden! Die mit Christus verlobte Gemeinde macht heute eine Bewährungsprobe durch. Die Besiegelung der Beziehung kommt noch.

    Die Verlobung ist aber bereits eine feste Bindung. In Israel war sie der erste Bestandteil einer zweistufigen Eheschließung. Sie geschah unter Zeugen, hatte also Öffentlichkeitscharakter. Man war gesetzlich verbunden, lebte aber noch nicht zusammen. Aber man gehörte bereits zueinander. Inzwischen wurde alles für die große Feier und für das Zusammenleben vorbereitet.

    So ist es in der Verbindung zwischen Christus und der Gemeinde. Wir gehören ganz dem Herrn, gehören einander, aber wir stehen in der Bewährung und sollen Treue halten bis zur Hochzeit. Es soll jetzt zu sehen sein, dass wir Jesus lieben und für ihn da sind. Niemand anderer und nichts anderes soll uns in den Bann ziehen. Nichts anderes sollte die Liebe zu Jesus ersetzen, um sich nicht dem Vorwurf des Jakobus auszusetzen:

   „Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer immer sich also entschließt, ein Freund der Welt zu sein, stellt sich als Feind Gottes hin.“ (4,4)

 

            III:  Die Gemeinde als eine verheiratete Frau

                        

Eph 5,22ff: Christus und seine Gemeinde sind eine Einheit wie Mann und Frau. Er ist das Haupt.

    Rm 7,4: „Und so, meine Brüder, ist es auch bei euch: Ihr wurdet dem Gesetz getötet durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, dessen, der von den Toten erweckt wurde, damit wir Gott Frucht brächten.“

    Wenn in Eph 5 die Gemeinde mit der verheirateten Frau verglichen wird, dann weil es schon jetzt um ein geistliches Fruchtbringen geht und weil die Gemeinde in ihrem Sendungsauftrag die Aufgabe übernimmt, die in der Schöpfung der Frau zugedacht war, als Gehilfin – u. z. des Messias. Sie ist mit dem Auferstandenen vermählt. Wir sollen hervorbringen, was er in uns erzeugt und wachsen lässt. Damit er in uns diese Frucht hervorbringen kann, sollen wir uns ihm ganz hingeben.

 

            IV:  Verwandte Bilder

 

Als etwas Ganzes wird die Gemeinde, wie wir es eben getan haben, mit einer Geliebten verglichen. Diese ist einmal eine Braut, dann eine verheiratete Frau. Als Schar von Einzelgläubigen jedoch wird sie auch mit Brautfreundinnen und Gästen verglichen. Beim zweiten Vergleich wird die Botschaft für Jesu Anhänger persönlicher.

 

                A:  Die treuen Freundinnen der Braut

 

Mt 25,1: „Dann wird das Königreich der Himmel zehn Jungfrauen verglichen sein, welche ihre Lampen nahmen und ausgingen, dem Bräutigam zu begegnen.“

    Mit diesem Bild macht Jesus das Leben seiner Jünger „zum Vorabend des Festtages“, wie Schlatter so schön sagt.

    V. 2: „Fünf von ihnen waren klug und fünf töricht.“

    In der Umgebung der Treuen Jesu gibt es solche, die starke Ähnlichkeit mit ihnen haben. Wer aber beim Kommen seines Herrn bereit sein will, lässt sich nicht von lässigen und untreuen Gottesdienern beirren, sondern konzentriert sich auf das hinterlassene Wort seines Meisters, hat nur es im Ohr und nur ihn vor Augen. Die Versuchung ist heute äußerst stark, so zu sein wie andere, von denen man dann auch immer wieder angehalten wird, den Weg mit ihnen zu gehen.

    Spätestens mit dem Erscheinen des Bräutigams zeigt sich der Unterschied zwischen Begeisterung und Beständigkeit, zwischen oberflächlichem Glauben und ausharrendem. Viele werden gerufen und machen sich auf den Weg. Wenige harren aus und kommen am Ziel an. Die fünf Törichten wollen dabei sein, wollen Öl, gehen auch auf den Rat ein und zahlen den Preis. Aber es ist zu spät. Das Interesse war zu Beginn nicht stark genug, um beizeiten die nötigen Vorkehrungen zu treffen.

 

                B:  Die würdigen Gäste des Mahles

 

Of 19,7-9A: „’Lasst uns froh sein und jubeln und ihm [den Ruhm der] Herrlichkeit geben, weil die Hochzeit des Lammes gekommen ist, und seine Frau machte sich selbst bereit.’

    Und es wurde ihr gegeben, dass sie umkleidet werde mit reinem und glänzendem feinen Linnen, denn das feine Linnen ist die Gerechtigkeiten der Heiligen.

    Und er sagte zu mir: ‚Schreibe: Selige die, die zum Hochzeitsmahl des Lammes gerufen sind.’“

    Hier wird die Schar der Gemeinde zuerst als „Frau“ bezeichnet, dann als die „Heiligen“, sodann als die zum Mahl Gerufenen.

    In der Parallelstelle Mt 22,2-14 sind die zum Heil Gerufenen und Erwählten ebenfalls die zum Hochzeitsmahl des Königssohnes würdiglich gekleideten Geladenen. Vgl. auch Mk 2,19.20.

    In Lk 14,15-24 geht es um die Annahme der Einladung. Wer ihr Folge leistet, ist somit gewürdigter Gast, auch wenn er zuvor der Geringste in der Gesellschaft war.

 

        d.  Die Gemeinde ist eine Familie.

 

            .  Die göttliche Institution der Familie ist eine geschichtliche Voraussetzung für das Gemeindeleben, denn die Gemeinde ist eine Familie Gottes. Gott hat sowohl die irdische als auch die himmlische Familie eingerichtet.

    Die ganze Gesellschaft ist aus Familien zusammengesetzt. Die Familie bildet den Kern der größeren menschlichen Gesellschaft. Das Volk wird letztlich von einer alle verbindenden Blutsverwandtschaft zusammengehalten. Die Familie besteht aus zwei Einzelpersonen, die eine zweigeschlechtliche Beziehung eingegangen sind, und aus deren Kindern. Diese Kinder verknüpfen sich durch Ehen mit anderen Familien, sodass Sippen entstehen, die dann ein Volk bilden. Diese Blutsverwandtschaft ist ein Faktor für den Zusammenhalt der menschlichen Gesellschaft.

    Bei der Neuordnung der menschlichen Gesellschaft, wie sie heute stattfindet, geht man jedoch nicht mehr von der Familie aus. Man schuf die Nation als Zusammensetzung der Einzelbürger in einem geografischen Raum. In einer Nation fehlt der bindende Faktor „Blutsverwandtschaft“. Den Zusammenhalt versucht man mit künstlichen Mitteln wie örtlichen Regierungen, Erziehungsprogrammen usw. zu erreichen.

   

            .  Die Gemeinde ist eine Gottesfamilie. Doch besteht sie nicht wie ein natürliches Volk aus irdischen Familien. Jesus machte deutlich, dass das Evangelium mitten durch Familien hindurch Grenzen ziehen werde. Und Paulus zeigt an, dass die Grenze sogar durch Ehen gehen kann. Die natürliche Familie ist demnach nicht als Einheit garantiert, und es wäre nicht richtig, zu behaupten, im NT seien ganze Familien getauft worden, nur weil der Vater zum Glauben gekommen war. Es wurden Einzelpersonen getauft. Kam es jedoch vor, dass alle Einzelpersonen einer Familie sich taufen ließen, dann war es, weil sie alle glaubten; d. h., es handelte sich um glaubensfähige Mitglieder der Familie.

    Die Gemeinde besteht also nicht nur aus solchen Familien, in denen alle gläubig sind; aber wer als Familienoberhaupt gläubig ist, soll im Stande sein, seine göttliche Menschenaufgabe wahrzunehmen, nämlich, in der Familie unbescholten zu sein. Wenn er das nicht kann, kommt er z. B. als Ältester in der Gemeinde nicht in Frage.

 

            .  Für diese Gesellschaftszelle kann die Schrift das Wort Haus gebrauchen. Aber auch andere Begriffe weisen auf den Familiencharakter der Gemeinde hin. Der Himmel, das neue Jerusalem, ist unsere Mutter: Ga 4,26. Wer den Willen des Vaters im Himmel tut, ist Jesu Mutter, Bruder und Schwester: Mt 12,48-50 (Mk 3,34.35). Wenn wir zu Jesus kommen, werden wir seine Brüder: Mt 25,40.41.45.46; 28,10; Rm 8,29; Heb 2,9-14M, und der himmlische Vater wird auch unser Vater. Wir gehören dann zu einer geistlichen Familie.

 

            .  Jesus lässt die Seinen nicht als Waisen zurück: Jh 14,16–18. Er war für die Jünger Vater und Fürsorger gewesen. Nun geht er weg, verleiht ihnen jedoch einen neuen Vater, den Heiligen Geist.

    Die Seinen sind also Kinder Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Mit der Vaterschaft Gottes ist und wird die Gemeinde als Familie reichlich beschenkt: Mt 7,11; Lk 11,13; 15,31; Rm 8,32; Eph 1,3-5; Jk 1,17.   

 

            .  1Tm 5,1.2: Timotheus soll die verschiedenen Altersgruppen wie Familienmitglieder behandeln. Das spricht zu gleicher Zeit von Nähe und auch von Abstand. In einer Familie ist man sich nahe, aber nicht zu nahe. Man lernt, in rechter Weise miteinander umzugehen, lernt den Unterschied zwischen Einheit und Individualität. Hier ist jedes ein Individuum, aber auch geborgen in der Einheit dieser Gesellschaftszelle. Beides kommt in der Gemeinde ebenfalls zum Ausdruck, wo Gemeinde als Familie gelebt wird.

 

            .  Weitere Schriftstellen: Ga 6,10; Eph 2,19; 3,15; 5,1–6; 1Tm 3,15; Heb 3,6; 10,21; 1P 2,17; 5,9.

 

            .  Noch ein zu beherzigendes Wort von Friedrich Heitmüller sei angefügt: „Die Gemeinde Jesu trägt in ihren Erscheinungsgefäßen das Gepräge einer Familie. Nicht das Band von Statuten und Lehrsätzen ist das Einigende und Ordnende, sondern die durch den Heiligen Geist in die Herzen ausgegossene Gottes- und Bruderliebe ist die zusammenschließende und -haltende, herrschende und leitende Macht. Das Gemeindeleben gestaltet sich schlicht und einfach aber würdig, ‚lieblich und fein’ geordnet und geleitet durch den Heiligen Geist.“[34]

 

        e.  Die Gemeinde ist eine Priesterschaft.

                  

            .  Sie wird z. B. mit der Priesterschaft des Alten Testamentes verglichen:

Rm 15,16: „… um ein Dienstleistender Jesu Christi zu sein für die, die von den Völkern sind, und priesterlich zu wirken an der guten Botschaft Gottes [einschl. die Bedienung der guten Botschaft], damit die Darbringung derer, die von den Völkern sind, als Weihegabe wohlangenehm werde, im Heiligen Geist geheiligt.“

    1P 2,5.9.10: „… auch ihr selbst als lebende Steine gebaut werdet – ein geistliches Haus, eine heilige Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesus Christus… Aber ihr seid ein erwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, um kund werden zu lassen die Lobenswertigkeiten dessen, der euch aus der Finsternis rief in sein wunderbares Licht, die ihr einst nicht ein Volk wart, aber nun Gottes Volk seid, die ihr nicht Barmherzigkeit empfangen hattet, nun aber Barmherzigkeit empfingt.“

    Of 1,6A: „… auch machte er uns zu Königen und zu Priestern für seinen Gott und Vater …“

    5,10A: „… und uns machtest zu Königen und Priestern für unseren Gott …“

    20,6: „Ein Seliger und ein Heiliger ist der, der Teil hat an der ersten Auferstehung. Über diese hat der zweite Tod keine Vollmacht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und als Könige mit ihm herrschen für tausend Jahre.“

    Vgl. Jes 61,6.

 

            .  Christen sind Priester im Tempel der Gemeinde. Jeder tut hier Priesterdienst. Dieser ist ein von den Menschen zu Gott und ein von Gott zu den Menschen hingewandter.

    Wenn der Hohe Priester in den Tempel ging und vor Gott trat, hatte er die Menschen im Rücken. Er vertrat sie vor Gott. Die Namen der Stämme Israels trug er zweimal auf seinem Leibe: zum einen auf zwei Steinen (auf jeder Schulter einen, je sechs Namen auf einem Stein), zum anderen auf der Brust, auf dem Efod (zwölf Steine, je ein Name der Stämme Israels pro Stein).

    So treten auch wir vor den Herrn und legen Fürbitte ein für Mitchristen und Verlorene. Auch wir bringen Opfer dar: den Leib (Rm 12,1), das Lob der Lippen (Heb 13,15), Wohltätigkeit (Heb 13,16) und Teilnahme an der Gewinnung von Menschen für Christus (Rm 15,16).

    Als Priester werden wir dann von Gott zu diesen Menschen gesandt. Gott steht hinter uns als Sendender; die Menschen sind vor uns, damit wir ihnen dienen. Der Priester dient zuerst als Evangelist (Mal 2,1.6.7). Dann soll er das Gefundene belehren. Jeder von uns sollte früher oder später, mehr oder weniger lehren, etwas beitragen, sodass der andere in seinem Glaubensleben vorankommt.

    Nach Hes 44,15 ist es die Aufgabe eines Priesters, vor Gott zu treten, ihm zu dienen, vor ihm zu stehen: eine hohe und vollzeitige Aufgabe!

 

        f.  Die Gemeinde ist ein Volk.

 

            I:  Die Gemeinde ist ein Volk wie jedes Volk.

                      

Hier geht es um ihre Wesensart.

    1P 2,9: „Ihr seid ein erwähltes Geschlecht, … ein Volk.“

    Das Bild vom Volk spricht von einer erweiterten Familie. Gott ist ein Vater von allem, das Familie ist: Eph 3,15.

   

                .  Die Gemeinde ist ein erwähltes Volk, wie Israel ein erwähltes war – und ist.

 

                .  Die Gemeinde ist ein neues Volk, das mit keinem irdischen zu identifizieren ist, weder mit Israel noch mit einem aus den vielen Völkern. In Eph 2,15 heißt es:

    „… damit er die Zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe …“ Für ‚neu’ steht im Grundtext kainos, neu in Qualität, nicht lediglich in Bezug auf die Zeit.

   

                .  Die Gemeinde kennt eine völkische Zusammengehörigkeit. Dieses Volk Gottes hat vieles gemeinsam. Volk heißt, dass die Gemeinde eine gemeinsame Lebensordnung hat, ein neues Gesetz, eine neue Gesetzmäßigkeit, auch wenn alles eine „Familie“ ist. Kurz: Sie ist ein Gemeinwesen, das vieles zusammen besitzt und vieles zusammen tut.

    Zwei Texte können dieses beleuchten:

    Php 3,20: „… denn unsere bürgerliche Heimat hat ihren Bestand in den Himmeln, von woher wir auch einen Retter erwarten …“

    Trefflich gibt Prof. Schlatter wieder: „Denn unsere Gemeinde, in der wir das Bürgerrecht haben, ist in den Himmeln“ und schreibt dazu: „Die jüdisch gesinnten Männer bemühten sich, eine irdische Gemeinde herzustellen und wollten auf Jerusalem, die irdische Gottesstadt, nicht verzichten. Paulus dagegen gehorcht dem göttlichen Ruf, der uns das Bürgerrecht nicht in einer irdischen Gemeinschaft verleiht, uns darum auch kein irdisches Glück verbürgt und uns nicht die Erfüllung derjenigen Begehrungen verschafft, die im Bauch entspringen. Die Gemeinde, der wir durch Jesu Ruf eingegliedert sind, hat vielmehr ihren Platz bei Gott im Himmel.“

    Das griechische Wort, das „bürgerliche Heimat“ zugrunde liegt, heißt politeüma, ein staatliches Gemeinwesen, in dem man als Bürger registriert war und seine bürgerliche Heimat hatte. „Der Staat“ des Christen ist ein himmlischer, „verborgen mit Christus“, dem Haupt, in Gott. Wenn also das Wesen der Gemeinde ein geistliches ist, so ist es doch verkleidet in menschliche Leiber und offenbart sich in dieser Welt durch diese in einer übernatürlichen Zusammengehörigkeit.

    1,27A: „Allein: Führt den Lebenswandel als Glieder eines Gemeinwesens in einer Weise, die der guten Botschaft des Christus würdig ist …“

    Hier haben wir denselben Gedanken in der Tätigkeitsform. Paulus befiehlt: „Politeüesthe!“, „Verhaltet euch, wie es Bürgern dieses himmlischen Gemeinwesens geziemt.“

    Schlatter übersetzt: „Nur verwaltet die Gemeinde so, wie es der Botschaft des Christus würdig ist …“

    Einige Sprachkenner meinen, zum Zeitpunkt dieses Schreibens hätte das Wort seinen politischen Gesellschaftscharakter verloren und wäre gleich dem Wort für „wandeln“. Andere sind überzeugt, der Gedanke an ein Gemeinwesen schwinge immer noch mit. Selbst in der Ag 23,1 dürfte das der Fall sein:

    „Paulus blickte den Hohen Rat unverwandt an und sagte: ‚Männer, Brüder! Ich habe mich [als Glied unseres Volkes Gemeinwesens] mit allem guten Gewissen vor Gott aufgeführt bis auf diesen Tag.’“ Schon das Wort „Brüder“ gibt an, dass hier ein Israelit zu Israeliten spricht. Wenn er nun als solcher beurteilt werden soll, kann er bezeugen, dass er sich weder vor dem Volk noch vor Gott hat zu Schulden kommen lassen.

    Persönlich bin ich der Meinung, der Apostel hätte in Php 1 dieses Wort bewusst gewählt im Blick auf seine Lage sowie die der Philipper. Diese waren, als Bewohner einer römischen Kolonie, Bürger der Stadt Roms und des Imperiums. Auch Paulus war kraft seines elterlichen Wohnsitzes vollgültiger Bürger. Doch wurden beide, Paulus und die philippischen Christen, von ihren staatlichen Mitbürgern bedrängt wegen des Evangeliums, der Botschaft von Jesus Christus. An diesem Christus teilten sich nämlich die Geister des römischen und des himmlischen Reiches, und zwar lebensbedrohlich. Der Apostel in Rom und die Christen in Philippi standen „im selben Kampf“ (Php 1,30). Seine Leser sollten ihn zum Beispiel nehmen, sich wie Himmelsbürger verhalten und zusammenstehen. Ihre Evangeliumsgemeinsamkeit war der Gemeinsamkeit, die sie mit ihren irdischen Mitbürgern teilten, übergeordnet.

 

            II:  Die Gemeinde ist ein Volk aus den Völkern.

 

                A:  Einleitendes

                          

Hier geht es um ihre Herkunft.

    Die Menschen der Gemeinde kommen aus den verschiedensten Völkern der Erde. Sie hat also universalen Charakter.

    Die Völker der Welt werden in der Schrift in zwei Gruppen geteilt: Israel auf der einen Seite, „die Völker“ auf der anderen. Die Heilsgemeinde Gottes kommt aus beiden Teilen. Beides muss auch betont werden.

    Wie Gott in dieser Hinsicht alles wunderbar geplant und gefügt hat, zeigt sich auch in der geografischen Lage des Ursprungslandes des Evangeliums. Israel liegt nämlich an einer Stelle, wo drei große Kontinente der Erde zusammentreffen: Afrika, Asien und Europa.

 

                B:  Die Gemeinde kommt aus Israel.

                          

In welchem Sinne?

 

                    1:  In dem Sinne, dass ihre geistlichen Wurzeln in Israel liegen

 

                        a:  Schriftstellen

                                  

Jh 4,22: „Ihr betet einen an, über den ihr nicht Bescheid wisst. Wir beten einen an, über den wir Bescheid wissen, weil das Heil von den Juden ist.“

    Rm 11,16-18: „Wenn der Erstling heilig ist, ist es auch die Teigmasse, und wenn die Wurzel mit dem Stamm heilig ist, sind es auch die Zweige. Wenn aber einige der Zweige ausgebrochen wurden und du, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel mit dem Stamm und der Fettigkeit des Ölbaums mitteilhaftig wurdest, rühme dich nicht gegen die Zweige. Wenn du dich aber gegen sie rühmst: Du trägst nicht die Wurzel mit dem Stamm, sondern die Wurzel mit dem Stamm trägt dich.“

    1Kr 10,1: „Ich will nicht, dass ihr darüber in Unkenntnis seid, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren …“ „Brüder“ bezieht sich auf die Gemeinde, „Väter“ auf Israel.

 

                        b:  Hinweise

                                  

Eine Anzahl von Tatsachen weist auf diesen Ursprung der Gemeinde hin.

 

                            .  Das Haupt der Gemeinde stammt aus Israel.

                            .  Die Bibel stammt zum größten Teil aus Israel.

                            .  Die ersten Boten stammen aus Israel.

                            .  Die Synagoge der Israeliten war oft Raum der Bekehrung, für Juden und für viele Heiden, oft Raum und Form der Gemeinde.

                            .  Der Begriff Gemeinde stammt u. a. aus Israel, wie oben bereits erwähnt.

                            .  Der Ältestenbegriff kommt aus Israel.

                            .  Die Taufe kommt aus Israel, im AT wie im NT.

                            .  Der Ursprung des Herrnmahls ist gebettet im israelitischen Passafest. 

                            .  Israel ist Bild von der Gemeinde: 1P 2,9; 1Kr 10,11: „Vorbilder“; Rm 15,4.

                            .  In Of 21,9-12 geht der Weg in die Gemeinde durch die zwölf Stämme (Tore), über Gottes Handeln in diesem Volk – wie Jesus sagte: „Das Heil kommt von den Juden.“

 

                    2:  In dem Sinne, dass viele Israeliten den Messias annehmen

 

Die Gemeinde kommt aus Israel, wenn, wie es die Evangelien und die Apostelgeschichte berichten, Menschen aus diesem Volk zu Jesus Christus und so zu seiner Heilsgemeinde kommen. In den Jahren besteht die christliche Gemeinde fast nur aus Israeliten.

 

                    3:  Nicht aber in dem Sinne, dass das ganze Israel dabei wäre

                              

Rm 9,1-6; 10,1-3.16-21; 11,7-10

 

                C:  „Aus Israel und den Völkern“ heißt: Gemeinde kommt nicht nur aus Israel.               

 

                    1:  Der schriftliche Befund

                              

                        .  Bereits von den Propheten war dieses angesagt worden:

Ps 22,28A: „Des HErrn werden gedenken und sich zu ihm kehren alle Enden der Erde …“

    Jes 55,3-5: „Neigt euer Ohr, [Israel], und kommt zu mir! Hört, und eure Seele wird leben! Und ich werde einen ewigen Bund mit euch machen, die gewissen heiligen Gnadenerweisungen Davids, [die ihm verheißen waren]. Siehe! Ich habe ihn, [den Verheißenen des Bundes], den Völkerschaften zum Zeugen gestellt, zum Fürsten und Gebieter von Völkerschaften. Siehe, du wirst die aus den Völkern rufen, die du nicht kennst. Und die aus den Völkern, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des HErrn willen, deines Gottes, und des Heiligen [Messias] in Israel, der dich herrlich gemacht hat.“

    56,6-8: „Und Söhne der Fremde, die sich dem HErrn angeschlossen haben, ihm zu dienen und den Namen des HErrn zu lieben, ihm zu leibeigenen Knechten zu sein, jeden, der den Sabbat hält, dass er ihn nicht entweihe, und die, die festhalten an meinem Bunde, diese werde ich zu meinem heiligen Berge bringen und sich freuen lassen in meinem Bethause; … denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker.

    Spruch des Herrn, des HErrn, der die Ausgestoßenen Israels sammelt: ‚Zu ihm, zu seinen Gesammelten, werde ich noch mehr hinzusammeln.’“

   

                        .  Jesus kündigte an (Mt 9,17), der neue Wein werde neue Schläuche benötigen, und seine Botschaft sei für alle Völker: Mt 24,14; 28,19; Lk 24,47; Jh 10,16; 11,52.

   

                        .  Wohl waren die ersten Christen Juden und immer noch der Meinung, die mit Pfingsten eingetroffene Erneuerung gelte nur Israel. Die Klärung blieb aber nicht lange aus: Ag 10; 11; 15; Rm 9,6-8; 15,10; Ga 3,14; Eph 3,6:

    „… dass die, die von den Völkern sind, gemeinsame Erben und gemeinsamer Leib und gemeinsame Teilhaber seiner Verheißung in Christus Jesus seien durch die gute Botschaft.“

    2,11–19: Sie waren ohne Messias, ausgeschlossen von der Bürgerschaft Israels. Jetzt aber sind sie nicht mehr Fremdlinge ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.

 

                    2:  Die Folgen für den israelitischen Christen

 

                        a:  Ist der Jude, der Christ wird, kein Israelit mehr?

                                  

Sind für ihn „Christ“ und „Jude“ Gegensätze?

    Ja: Ga 3,22:

    „Die Schrift schloss jedoch alles unter die Sünde zusammen, damit die Verheißung aus Glauben an Jesus Christus gegeben würde den Glaubenden.“ Zur Gemeinde gehören nur Christen, „die Glaubenden“.

    Nein: Rm 11,1:

    „Ich sage also: Verstieß Gott sein Volk? Das sei fern! – denn auch ich bin ein Israelit aus dem Samen Abrahams …“ Juden dürfen sich immer noch zu Jesus wenden, und wenn sie das tun, behalten sie ihre Volksbezeichnung. Im Grunde wird ein Jude mit der echten Bekehrung zum Messias sogar zu einem echten Juden:

    Rm 2,17.26-29: „Sieh, du wirst Jude genannt und ruhst auf dem Gesetz und rühmst dich Gottes … wird nicht … die Unbeschnittenheit von Natur, die das Gesetz ausführt, dich richten, der du bei Geschriebenem, [beim Gesetz], und Beschneidung ein Übertreter des Gesetzes bist? – denn nicht der [Jude], der es im Sichtbaren ist, ist Jude, noch ist die [Beschneidung], die es im Sichtbaren ist, im Fleisch, Beschneidung, sondern der [Jude], der es im Verborgenen ist, ist Jude, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Geschriebenen, [im Gesetz]. Eines solchen Lob ist nicht von Menschen, sondern von Gott.“

    11,24: „… denn, wenn du von dem von Natur wilden Ölbaum abgeschnitten und wider die Natur in einen edlen Ölbaum eingepfropft wurdest, wie viel mehr werden diese, die natürlichen Zweige, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden …“

 

                        b:  Dürfen Judenchristen sich in eigenen Gemeinden versammeln?

                                  

In der Ag 19,1-7 wird ein Ereignis berichtet, das hier wegweisend sein könnte. Paulus führt jüdische Männer zu Jesus, tauft sie, aber der Heilige Geist hat sich zurückgehalten, ist nicht, wie üblich, bei der Bekehrung gekommen. Wie in der Ag 8 scheint er die Aufmerksamkeit auf etwas lenken zu wollen: dass Judenchristen keine Insel für sich bilden sollen.

 

                        c:  Dürfen Judenchristen sich mit ihrem Volk identifizieren?

                                  

Ja, so lange sie dabei keinen Schatten auf den Messias werfen. Sie dürfen sich nicht z. B. wieder unter das Gesetz stellen.

 

                D:  Die Gemeinde kommt aus allen Völkerteilen.

                          

D. h.:

 

                    1:  Aus allen Völkerfamilien

                               

Drei besondere Bekehrungsberichte in der Apostelgeschichte bringen dieses zum Ausdruck (bedenken wir, dass Noahs drei Söhne, nach 1M 10 u. 11, die Urväter der heutigen Erdbevölkerung sind):

    .  Ag 8: die Bekehrung eines Sohnes Hams

    .  Ag 9: die Bekehrung eines Sohnes Sems

    .  Ag 10: die Bekehrung eines Sohnes Japhets

    Mit diesen Berichten hat Lukas gezeigt, wie die Christusbotschaft von Israel aus zu den drei großen Menschheitsfamilien kam.

 

                    2:  Aus allen Völkerstämmen

                              

Of 5,9: „Und sie singen ein neues Lied, dessen Worte lauten: ‚Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, weil du geschlachtet wurdest und uns für Gott erkauftest mit deinem Blut – aus jedem Stamm und jeder Sprache und Volksschar und jedem Volk …’“

 

                    3:  Aus allen Volksschichten

                              

Ag 2,17.18; 13,1; 1Kr 1,26-29; Ga 3,28; Kol 3,11

    Das heißt: Keiner soll übersehen werden! Jeder soll es hören.

 

            III:  Gemeinde ist ein Volk nebst anderen Völkern.

                        

Hier geht es um die Abgrenzung der Gemeinde.

    1Kr 10,32; 1P 2,9: „ein erwähltes Geschlecht“, nicht „das“. Was bedeutet dieses?

 

                A:  Gemeinde ersetzt nicht Israel.

 

                    1:  Einleitendes

                              

Gemeinde ist nicht Israel, auch wenn viele der Gemeinde aus ihm kommen, auch nicht das „neue Israel“.

    Folgende Bemerkungen Luthers zu Jes 2 geben die Haltung vieler Ausleger wieder: „Also handelt dieses Capitel von nichts anders, als daß es das geistliche Reich Christi beschreibet, in welchem er durchs Wort hin und wieder regieret… Es irren auch die Juden, welche auf ein leibliches Reich ihres Meßiä warten. … jedoch sind alle diese prächtige Verheissungen geistlicher Weise anzunehmen, daß nemlich die Kirche sey ein über alle andere Berge erhöheter und bevestigter Berg, aber im Geist.“[35]

    Israel hat als Verheißungsvolk Gottes immer noch seine Existenzberechtigung. In diesem Sinne löst die Gemeinde Jesu Israel nicht ab. Gott hat noch seine Absichten mit diesem Volk. Nur sollte man vorsichtig sein: Dieses Volk Israel wird noch aufgeteilt werden in zwei Teile: Ein Teil geht unter und verloren; der andere kommt zur Umkehr und zur Gemeinde. In diesem Sinne hat Israel noch eine Bestimmung. In der Ewigkeit wird es dann nur noch ein einziges Volk Gottes geben.

 

                    2:  Für Paulus gibt es Gemeinde und Israel.

                               

Gemeinde Jesu und Israel existieren nach ihm nebeneinander.

    Ag 13,26: Wenn nur die in der Gemeinde Kinder Abrahams sind, warum bezeichnet Paulus hier denn seine irdischen Volksgenossen so?

    Rm 9,6: Israel wird in zwei geteilt.

    Rm 11,1: Hier ist vom irdischen Israel die Rede.

    V. 5 u. 7 sprechen von einem zweiteiligen Israel.

    V. 13-16: Israel steht neben der Gemeinde.

    Siehe auch Rm 11,28–32; 2Kr 3,14-16.

    In Rm 15,8-12 kann der Apostel sogar die Christen aus Israel und die aus den Völkern unterscheiden, was kaum verständlich wäre, wenn nur die Gemeinde als solche das neue Israel wäre.

 

                    3:  Dass Gemeinde und Israel nicht identisch sind, wird durch andere Stellen nicht bestritten.

 

                        .  Mt 8,11 lehrt nicht, dass die Gemeinde zu Israel wird. Verworfen wird Israel schon (Mt 21,43; Rm 11,8-10), nur nicht für immer: Rm 11,15-24.

 

                        .  In Rm 2,28 steht nicht: „… denn nicht der Mensch, der es im Sichtbaren ist, ist Jude.“ Auch steht nicht in V. 29: „… der Mensch, der es im Verborgenen ist, ist Jude“, schon gar nicht: „… der Christ, der …“ Im Auge hat Paulus hier weder Menschen im Allgemeinen noch Christen im Besonderen, sondern Juden, die er ab V. 17 im Besonderen anspricht. Es ist der Jude, der es im Verborgenen ist, im Herzen, der wirklich Jude ist. Der Jude, der es nur im Sichtbaren ist, hat sein Recht auf Zugehörigkeit zum Volke Gottes verwirkt.

    Das hatten aber die alttestamentlichen Propheten schon lange zuvor gesagt, die Israel in einen größeren biologischen und einen inneren Kreis echter Israeliten aufteilten.

    In Ps 73,1 heißt es: „Israel hat dennoch Gott zum Trost …“ Welches Israel? „– wer nur reines Herzens ist.“ Vgl. auch Ps 1; 15; 24,3-6; Jh 8,39.40; Rm 9,7-9; Ga 4,27.28; Jk 1,1.

 

                        .  Für Paulus bedeutet sein Christ Gewordensein nicht die Aufhebung seines Judeseins.

Es ist gerade anders: Dass er als Israelit zu Jesus finden durfte, ist für ihn ein handfester Beweis, dass mit Eintreten des neuen Zeitalters des Messias Gott sein alttestamentliches Volk nicht gänzlich verstoßen hatte:

    Rm 11,1: „Ich sage also: Verstieß Gott sein Volk? Das sei fern! – denn auch ich bin ein Israelit aus dem Samen Abrahams, vom Stamme Benjamin.“

    „Israel“ wird in Rm 11 also nicht neu definiert. Das Israel, das am Ende angenommen wird, ist in Jr 32,42 gekennzeichnet:

    „So spricht der Herr: Wie ich dieses große Urteil, alles, über dieses Volk gebracht habe, so will ich auch alles Gute über sie bringen, das ich über sie rede.“

 

                        .  Rm 4,9-18; Ga 3,7.14.29; 4,28 sprechen nicht von einem Ersetzen, sondern besagen, dass Glaubende außerhalb Israels zusammen mit Glaubenden in Israel das messianische Volk ausmachen. Vgl. Rm 11,17.

 

                        .  Ga 6,16 steht nicht, dass die Gemeinde das Israel Gottes ist. Wenn Paulus anderswo, wie es im AT geschah, sein Volk in zwei Kreise geteilt hat, werden wir auch hier an den inneren Kreis des wahren Israels zu denken haben, nämlich an diejenigen Israeliten, die Christen geworden waren. Ga 6,16 ist im Sinne von Jh 1,47 aufzufassen und steht im Gegensatz zu 1Kr 10,18.

 

                        .  Eph 2,12-15 besagt nicht, dass die Gemeinde zur „Bürgerschaft Israels“ geworden ist.

V. 19: „So seid ihr also [die ihr (V. 11) früher von den Völkern wart’] … Mitbürger der Heiligen [des inneren Kreises echter Israeliten]“.

 

                        .  Php 3,3: „… denn wir sind die Beschneidung, die wir im Geiste Gott in Verehrung dienen und uns rühmen in Christus Jesus und nicht auf Fleisch vertraut haben …“ Man darf in das „wir“ nicht mehr hineinlegen als notwendig. Paulus und viele seiner Mitarbeiter und Freunde waren glaubende Juden.

 

                        .  Auf 1P 2,9 wurde bereits hingewiesen. Of 2,9; 3,9 sprechen von den Israeliten, die nicht zum inneren Kreis gehören, zu den Messiasgläubigen.

 

                B:  Gemeinde ist auch nicht identisch mit denen, die aus den Völkern sind.

 

                    1:  Das zeigt sich an den Stellen, in denen der Begriff für Gemeinde von dem für Menschen aus den Völkern unterschieden wird.

   

1Kr 10,32; 12,2 („wart“); Eph 2,11 („früher“); 4,17; 1P 2,12.

 

                    2:  Wie sind dann aber die Stellen aufzufassen, in denen Gläubige als Menschen aus den Völkern bezeichnet werden?

   

Rm 11,13: „… denn euch, die ihr von den Völkern seid, sage ich: Insofern ich der Apostel bin derer, die von den Völkern sind, verherrliche ich meinen Dienst …“

    Eph 3,1: „Deswegen ist es, dass ich, Paulus, Gebundener Christi Jesu für euch, die ihr von den Völkern seid …“

    In solchen Stellen wird eben offenbar, dass mit dem Kommen des Messias und dem Bilden des neuen Volkes Gottes die völkische Identität der Gerufenen an und für sich nicht aufgehoben ist, wie bei Israel so auch bei denen aus den Völkern nicht. Es ist nämlich der innere Mensch, der, verwandelt, zur neuen Welt gehört.

 

                    3:  Dass Gemeinde nicht identisch ist mit denen, die aus den Völkern sind, ist an den Stellen zu erkennen, in denen die Gemeinde nicht losgelöst von Israel zu betrachten ist.

    

Rm 1,16 gilt heute noch; 11,25: „zum Teil“; ebenso alle Stellen, die bezeugen, dass Gemeinde aus Juden und Nichtjuden besteht (z. B. 1Kr 1,24; 12,13; Ga 2,15).

 

        g.  Die Gemeinde ist ein Königreich.

                  

Weil der Messias ein König ist, ist das messianische Volk auch ein Königreich.

 

            I:  Einleitendes

                      

Allerdings ist die Gemeinde nur eine Form des göttlichen Königreiches. Gott ist wohl allgegenwärtig und somit seine Herrschaft; doch darf man von der Schrift her von folgenden Formen der Königsherrschaft Gottes sprechen:

   

                .  Gottes geschichtliche Herrschaft in drei konzentrischen Kreisen

                    -  Seine Königsherrschaft im Himmel über alles: Ps 103,19

                    -  Seine allgemeine Königsherrschaft auf Erden: Ps 24; 47,3.8.9

                    -  Sein Königreich in Israel: 2M 19,6; 1S 8,7; Ps 47,7; 89,19

 

                .  Gottes verheißenes Königreich

                    -  Angesagt und begonnen zur Zeit des AT: Ps 2,6-12; 93,1; 96,10; Jes 32,1; Jr 23,5

                    -  Zuerst verwirklicht in der Person Jesu Christi: Mt 13,45.46; Mk 11,10; Lk 17,20.21; 1Kr 15,25

    Da Gott, der Vater, auch als König regiert (Mt 22,2), ist der Sohn Co-Regent mit ihm.

    Weil Jesus König ist, ist mit ihm auch das erwartete Königreich in der Form einer Königsherrschaft da. Wo immer er hinkommt, beherrscht und regiert er die Szene mit Wort und mit Tat. Selbst auf dem Weg in den Tod verläuft alles nach seinem Willen. Vgl. Jh 18,1-9.

    Nach Mk 9,1 u. Lk 9,27 geht es beim Begriff Königreich in Mt 16,28 um die Person Jesu. Und nach der Ag 1,3-5.6-8; 2,30-36 dürfte bei der Erfüllung an seine Auferstehung und an Pfingsten zu denken sein.

                    -  Dann dehnt es sich aus auf die Gemeinde Jesu Christi,

                    -  später auf die ganze Erde im tausendjährigen Reich. Am Kreuz hat Israel Gott als seinen König verworfen. Deshalb hat Gott auch sein Volk verworfen, aber nicht auf ewig und nicht ganz. Im tausendjährigen Friedensreich wird die Königsherrschaft Gottes auf der Erde wieder aufgerichtet sein. In diesem Reich wird die Gemeinde mitherrschen, aber es wird größer sein als die Gemeinde. So muss also auch jenes Königreich unterschieden werden vom Königreich Gemeinde.

                    -  Die Endform: Gottes endgültige Allherrschaft: Mt 25,34; Lk 12,31.32; 22.29.30; Ag 14,22; 1Kr 15,24; Eph 5,5; 1Th 2,12; 2Tm 4,18; Heb 12,28; 2P 1,11

 

            II:  Hinweise auf die Gemeinde als Königreich

 

                A:  Die Heilsbotschaft, durch welche die Gemeinde entsteht, ist Botschaft vom Königreich.

                          

Verkündigung des Königreiches ist Verkündigung der guten Botschaft von Jesus Christus. Gemeinde entsteht durch die missionarische Kunde von Christus. Diese ist die Botschaft vom Königreich. Daher heißt sie auch die Botschaft von der Rettung.

    Mt 7,19–23: „Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer getan. Also! An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Nicht jeder, der zu mir sagt: ‚Herr, Herr’, wird in das Königreich der Himmel eingehen, sondern der, der den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.

    Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: ‚Herr, Herr, weissagten wir nicht durch deinen Namen, und trieben wir nicht durch deinen Namen Dämonen aus, und taten wir nicht durch deinen Namen viel Kräftiges?’

    Und dann werde ich ihnen bekennen: ‚Nie kannte ich euch. Fort von mir, ihr, die ihr Gesetzlosigkeit wirkt!’“ V. 21 macht klar, dass es sich um das Königreich des Himmels handelt. Sie nennen ihn „Herr, Herr“, d. h., einen Herrschenden.

    Ag 28,30.31: Die Botschaft von Paulus ist die Botschaft des Evangeliums, identisch mit der Botschaft von der Königsherrschaft Jesu Christi.

 

                B:  Gerettet zu werden heißt, in das Königreich einzutreten.

                          

So in Mt 19,23–26. Gerettet zu werden heißt aber auch, in die Gemeinde zu treten. In das Königreich einzutreten heißt daher, in die Gemeinde einzutreten.

    Mt 9,35: Jesus verkündet die gute Botschaft vom Königreich, damit Menschen gerettet werden.

    Lk 16,16: Bis Johannes war Weissagung; ab jetzt ist Erfüllung. Jetzt ist das Königreich da. Jetzt ist das Heil da. Jetzt können Menschen wirklich gerettet werden.

    Ag 19,8–10: Paulus verkündete das Evangelium vom Königreich Jesu: ‚Jesus ist König. Kommt, unterstellt euch seiner Herrschaft! Dann werdet ihr gerettet.' Gerettet zu sein heißt, unter die Königsherrschaft Jesu zu kommen. Wenn Paulus evangelisiert, damit Menschen gerettet werden und in das Königreich Gottes kommen, verkündet er die Botschaft vom Königreich. Dadurch entsteht Gemeinde.

    Kol 1,13: „… der uns aus der regierenden Macht der Finsternis befreite und uns versetzte in das Königreich des Sohnes seiner Liebe.“ Das Wort Königreich bringt zum Ausdruck, dass Jesus der Herr des Königreiches ist. Jesus ist in seiner Gemeinde König.

    Das Heil bringt ins Königreich. In das Königreich einzutreten heißt, gerettet zu werden. Gemeinde ist die Schar der Geretteten. Das Königreich, in welches man hineingerettet wird, ist die Gemeinde.

 

                C:  In der Nachfolge Jesu zu stehen, heißt, im Königreich Gottes zu sein.

                           

1P 2,9: „Aber ihr seid ein erwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, um kund werden zu lassen die Lobenswertigkeiten dessen, der euch aus der Finsternis rief in sein wunderbares Licht.“

    Lk 9,59.60.62: „Er sagte aber zu einem anderen: ‚Folge mir!’

    Aber der sagte: ‚Herr, gestatte mir, zuerst hinzugehen und meinen Vater zu begraben.’

    Jesus sagte zu ihm: ‚Lass die Toten ihre Toten begraben. Gehe du hin und verkünde das Königreich Gottes.’ …

    Jesus sagte zu ihm: ‚Niemand, der seine Hand an den Pflug gelegt hat und nach hinten blickt, ist passend für das Königreich Gottes.“

    Of 1,9: „Ich, Johannes, der auch euer Bruder ist und Mitteilhabender an der Bedrängnis und an dem Königreich Jesu Christi und der Ausdauer für ihn, ich war auf der Insel, die Patmos genannt wird, wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses Jesu Christi.“

    Ps 23,1 und Rm 8,28 setzen die Herrschaft Gottes in seinem Volk im Besonderen und in der Schöpfung im Allgemeinen voraus. Wir haben einen Gott, an den man sich mit Zuversicht wenden kann. Als Alleinherrscher ist er imstande, Umstände zu ändern.

 

                D:  Der Raum der Gemeinde ist Königreich Gottes.

                          

Kol 4,10.11: Aristarchus und Markus sind Mitarbeiter für die Sache, die Paulus betreibt, das Königreich Gottes. Sie arbeiten an diesem Königreich, sind bemüht, Menschen unter die Herrschaft Christi zu bringen. In der Gemeinde zu sein, heißt darum, im Königreich Gottes zu sein.

    Rm 14,16.17: „Lasst also euer Gutes nicht verlästert werden, denn das Königreich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Die Christen in Rom sind Königreich; und sie sollen darauf achten, dass sie nicht ein falsches Bild von ihm abgeben. Es geht in erster Linie nicht um irdische Werte, sondern um geistliche. Es geht um die Christusähnlichkeit. Die ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Da ist Königreich Gottes; da herrscht Christus als König.

    1Kr 4,19.20: Das Königreich Gottes besteht nicht lediglich in Worten, sondern in Kraft, die auf die Worte folgt, Worte, die kraftgeladen sind, die von Charakter sprechen. Die Sache des Evangeliums in Korinth ist Königreich, also die Gemeinde.

 

                E:  Die Lebensregel der Gemeinde ist das königliche Gesetz.

                          

Jk 2,8: Das Gesetz des Königreiches Christi ist ein sehr gnädiges und wunderbares: das Wort Gottes, das Evangelium. Übrigens ist Jakobus Hebräer, und das hebräische Wort für Gesetz ist Tora, was Weisung bedeutet, sowohl Unterweisung als Anweisung. In diesem Sinne hieß bereits das ganze AT Tora oder „Gesetz“. In 2,8 deutet Jakobus an, was Paulus und der Hebräerschreiber deutlich zum Ausdruck bringen: Das Alte hat einer neuen Ordnung Platz gemacht, dem Evangelium, das ebenfalls Tora genannt werden kann, das Gesetz des königlichen Messias.

    Vgl. 1Kr 9,21; Ga 5,24.25: „Aber die, die Christus gehören, kreuzigten das Fleisch mit den Leidenschaften und Begierden. Wenn wir durch den Geist leben, sollen wir uns auch durch den Geist ausrichten [weil er als Gott unser Herrscher ist].“

 

                F:  Das zukünftige Weltreich nimmt mit der Gemeinde heute schon Form an.

                           

Heb 1,5.6: Das Wort im Grundtext, das hier mit Weltreich wiedergegeben werden kann, lautet oikumenee, „Ökumene“. Dieses spricht von einem Reich, einem Imperium (vgl. Lk 2,1), in diesem Fall von dem Reich der Welt, in dem Menschen herrschen.

 

Oikumenee heißt soviel wie „Hausbleibe“ (oikos = Haus, menein = bleiben, das Substantiv monee = Bleibe). Es ist ein Wort, dem der Philosoph Aristoteles besondere Bedeutung gegeben hat. Er träumte nämlich davon, dass alle Völker unter ein Dach kommen sollten, in einem Haus verbleiben.

    Zu seiner Zeit (der zwischen Altem und Neuem Testament) war Philippus König von Makedonien, im Nördlichen von Griechenland. (Dieses Land ist von Zeit zu Zeit verschieden aufgeteilt gewesen. Der südliche Teil hieß Achaia, der nördliche Makedonien. Zu gewissen Zeiten konnten diese beiden eine Einheit bilden, zu anderen Zeiten aber zwei verschiedene Länder. Auch die Prägung der Bevölkerung war verschieden. Zum Beispiel hatten in Makedonien die Frauen mehr Freiheit. Sie kamen mehr zur Geltung und hatten mehr zu sagen als im Süden.)

    Der König Philippus hatte nun einen heranwachsenden Sohn namens Alexander. Dieser hatte zum Lehrer Aristoteles, den Philosophen, der ein Schüler Platons gewesen war und davon träumte, dass eines Tages alle Völker unter einem Dach leben, ein großes Volk bilden sollten – ein Traum, der bis heute nicht aufgegeben worden ist.

    Alexander, Schüler des Aristoteles, hat diesen Gedanken aufgegriffen. Er war noch ein Jüngling, als er König wurde. Als ausgezeichneter Stratege und Kämpfer fing er an, die Welt zu erobern. Er war es, der zum ersten Mal die Weltherrschaft (die oikumenee) von Asien nach Europa brachte.

    Er schuf ein riesiges Reich, in dem Griechisch gesprochen wurde, von Asien bis nach Rom (auch hier wurde – nebst Lateinisch – Griechisch gesprochen). Sie war die Sprache des Imperiums, der oikumenee – oder: der „Gemeinde“, der „ekkleessia“. Das ganze Imperium war eine große Gemeinde, wo jeder seinen Platz hatte.

 

An einigen Stellen der Schrift handelt es sich beim Wort oikumenee um das menschliche Reich schlechthin oder um ein Imperium, das Menschen regieren – das Imperium Roms z. B., das Imperium Griechenlands oder das endzeitliche antichristliche Reich. Es kann aber auch das Gottesreich sein.

    In Heb 2,5 heißt es: „… denn nicht [himmlischen] Boten unterordnete er das Weltreich, das kommen sollte, von welchem wir reden.“ Hier ist von einem Weltreich die Rede, das im Raum von dem von 1,6 errichtet werden wird. Wenn Jesus Christus zu dieser Welt, wo Menschen die Herrschaft übernommen haben, wiederkommt, wird er sein Weltreich aufrichten. Dieses wird dem Menschensohn Jesus unterstellt sein – und uns: Vgl. 2,6–10. Wir werden dann höher gestellt sein als die Engel und in diesem Reich mitherrschen. Es wird mit Jesus in das Reich der Menschen (1,6) kommen, wenn Gott den Erstgeborenen in die oikumenee dieser Welt führen wird. Dann sollen ihn alle Engel anbeten.

    Vorhanden ist dieses neue Weltreich bereits. Es ist jedoch noch nicht als solches erkennbar. Der Schreiber sagt in 2,5 (beachten wir, dass die V. 1–5 einen Satz bilden und erst mit V. 6 der neue Abschnitt beginnt): Wir sprechen von diesem Weltreich, das jetzt schon (durch die Verkündigung der Heilsbotschaft) Form annimmt. Gerettet zu werden bedeutet ja, unter die Königsherrschaft Jesu Christi zu kommen.

 

            III:  Dieses Königreich ist eine Gabe.

 

Das bedeutet zweierlei: Der Eintritt ist kostenfrei, und es gilt als ein Vorrecht, dazuzugehören.

    Das Königreich Gottes ist eine Gabe, die aus dem Himmel kommt, zu uns Menschen, die wir eingeladen werden, in seine königliche Gemeinschaft zu treten: Mt 22,2.3A.

    Mt 21,43: „Das Königreich Gottes wird … einem Volk gegeben werden …“

    25,34: „Dann wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: ‘Kommt her, ihr von meinem Vater Gesegneten! Erbt das Königreich, das von Gründung der Welt an euch bereitet war …“

    Mk 10,14M.15: „Lasst die Kindlein zu mir kommen und wehrt ihnen nicht, denn solcher ist das Königreich Gottes. Wahrlich! Ich sage euch: Wer irgend das Königreich Gottes nicht annimmt wie ein kleines Kind, wird keinesfalls in dasselbe eingehen.“

    Lk 12,32: „Fürchte dich nicht länger, du kleines Herdchen, weil euer Vater Wohlgefallen hatte, euch das Königreich zu geben.“

    22,29: „Und ich vermache euch, so wie mir mein Vater vermachte, ein Königreich …“

    In welchem Sinne „schenkt“ Gott sein Königreich?

    .  Als allmächtiger König befreit er von der bösen Herrschaft.

    .  Als allgütiger König schafft er freundliche Lebensbedingungen: Fürsorge sowie Schutz vor jeglicher Gefahr.

    2Tm 4,18: „Und der Herr wird mich von jedem bösen Werk befreien und mich bewahren für sein himmlisches Königreich, dem die Herrlichkeit [gebührt] in alle Ewigkeit.“

 

            IV:  In diesem Reich darf ausnahmsweise jeder König sein.

                        

Rm 5,17: „… denn, wenn infolge des Fehltrittes des Einen der Tod durch den Einen als König herrschte, vielmehr werden die, die das Übermaß der Gnade und des Gerechtigkeitsgeschenkes empfangen, im Leben als Könige herrschen durch den Einen: Jesus Christus.“

    Of 1,6A: „… auch machte er uns zu Königen und zu Priestern für seinen Gott und Vater.“

    Of 5,10A: „… und uns machtest zu Königen und Priestern für unseren Gott.“

 

            V:  Das Königreich der Gemeinde mündet eines Tages in die ewige Königsherrschaft Gottes.

                       

2Tm 2,12; 4,18; Heb 12,28; Jk 2,8.5; 2P 1,11; Of 5,10

 

        h.  Die Gemeinde ist eine Schar von Kämpfern.

 

            I:  Eine Schar von Wettkämpfern

                     

1Kr 9,24–27: „Jeder Wettkämpfer übt in allem Selbstbeherrschung. Nun tun jene es, damit sie eine vergängliche Krone bekommen, aber wir für eine unvergängliche. Ich laufe daher so: nicht wie ein Ungewisser. Ich führe einen Faustkampf: nicht wie einer, der die Luft schlägt, sondern ich behandle meinen Leib wie ein Faustkämpfer, der seinen Gegner pausenlos anfährt, und mache ihn zu einem leibeigenen Knecht, um nicht, nachdem ich anderen verkündet habe, selbst verwerflich zu werden, weil ich die Probe nicht bestanden hätte.“

    Php 1,27: „Allein: Führt den Lebenswandel als Glieder eines Gemeinwesens [nach 3,20 das himmlische] [in einer Weise] die der guten Botschaft des Christus würdig ist, damit, ob ich komme und euch sehe oder abwesend bin, ich von euch höre, dass ihr fest steht in einem Geist, mit einer Seele zusammen ringt und kämpft in dem Glauben an die gute Botschaft …“

    2Tm 2,5: „Und auch, wenn jemand wettkämpft, wird er nicht mit dem Siegeskranz gekrönt, wenn er nicht nach den Regeln wettkämpft.“

    Kol 1,29: „… dahin ich auch arbeite, wobei ich ringe nach seinem Wirken, das in mir wirkt in Kraft.“

    Heb 12,1: „Ja, so lasst denn also auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen haben, die uns umgibt, nach Ablegung alles Beschwerenden und der gern umstrickenden Sünde mit Ausdauer laufen in dem Wettlauf[36], der vor uns liegt …“

 

            II:  Eine Schar von Kriegskämpfern

                       

Eph 6,11–17

    Rm 13,12: „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag hat sich genaht. Lasst uns also die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen.“

    2Kr 10,3–5: „… denn wobei wir im Fleisch wandeln, kämpfen wir nicht nach dem Fleisch –, denn die Waffen unserer Kriegführung sind nicht fleischlich, sondern kräftig durch Gott zum Stürzen von Festungen – wobei wir Vernunftschlüsse stürzen und jede Höhe, die gegen die Kenntnis Gottes erhoben wird, und jeden Gedanken gefangen nehmen in den Gehorsam Christi …“

    1Th 5,8: „Da wir aber des Tages sind, lasst uns nüchtern sein als solche, die angezogen haben die Brustwehr des Glaubens und der Liebe und als Helm die Hoffnung des Heils.“

    2Tm 2,3.4: „Erleide du also mit das Üble wie ein rechter Soldat Christi Jesu. Keiner, der Soldatendienst leistet, verwickelt sich in Angelegenheiten dieses Lebens, damit er dem, der ihn in den Dienst aufnahm, gefalle.“

 

            III:  Eine Schar von Überwindern

                        

Rm 8,37: „Jedoch in diesem allem sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebte.“

    2Tm 4,7.8A: „Ich habe den edlen Kampf gekämpft. Ich habe den Lauf vollendet. Ich habe den Glauben bewahrt. Hinfort liegt die Krone der Gerechtigkeit für mich bereit.“

    1Jh 5,4.5: „… weil alles, das von Gott geboren ist, die Welt überwindet. Und dieses ist der Sieg, der die Welt überwand: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“

 

        i:  Die Gemeinde ist eine Schar von leibeigenen Knechten.

 

            .  Das Vorrecht, „meine Gemeinde“ zu sagen, hat Gott sich vorbehalten. M. W. wagt in der Schrift niemand außer einem, so zu sprechen, auch nicht von der Gemeinde am Ort.

    Der Sohn Gottes erklärt (Mt 16,18): „Ich werde meine Gemeinde bauen …“ Diese besteht aus den „Seinen“ (Jh 13,1; 2Tm 2,19). Sie sind „ein Volk zum Eigentum“ (1P 2,9).

 

            .  Eigentum Gottes ist die Gemeinde, weil er sie erkauft hat.

Ag 20,28E: „… Gemeinde Gottes, die er durch das eigene Blut erwarb …“

    1Kr 6,19.20: „Oder wisst ihr nicht, dass … ihr nicht euch selbst gehört? – denn ihr wurdet um einen Preis erkauft. [Die Konsequenz:] Verherrlicht ja Gott in eurem Leibe und in eurem Geiste, welche Gottes sind!“

    7,23: „Ihr seid um einen Preis erkauft. [Darum:] Werdet nicht der Menschen leibeigene Knechte.“

    1P 1,18.19: „… in dem Wissen, dass ihr nicht mit Verderblichem, mit Silber oder Gold, losgekauft wurdet von eurer eitlen, von den Vätern überlieferten Lebensführung, sondern mit kostbarem Blute, als eines fehlerlosen und unbefleckten Lammes, dem Blute des Messias …“

   

            .  Darum heißen sie auch leibeigene Knechte.

Lk 17,10: „So auch ihr, sobald ihr alles, was euch angeordnet ist, getan habt, sagt: Wir sind unnütze leibeigene Knechte; wir haben getan, was zu tun wir schuldig sind.“ Siehe auch 12,35-48.

    Jh 13,16: „Wahrlich! Wahrlich! Ich sage euch: Ein leibeigener Knecht ist nicht größer als sein Herr, auch ist ein Gesandter nicht größer, als der, der ihn schickte.“

    15,20: „Gedenkt des Wortes, das ich euch gesagt habe: Ein Leibeigener ist nicht größer als sein Herr. Verfolgten sie mich, werden sie auch euch verfolgen; bewahrten und hielten sie mein Wort, werden sie auch das eure bewahren und halten.“

    Ag 2,18: „Ja, auch über meine leibeigenen Knechte und leibeigenen Mägde werde ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen …“

    Rm 6,16–22: „Das sei fern! Wisst ihr nicht, dass, wem ihr euch als leibeigene Knechte zum Gehorchen zur Verfügung stellt, dessen leibeigene Knechte ihr seid, dem ihr gehorcht, ob der Sünde zum Tode oder [Knechte] des Gehorchens zur Gerechtigkeit? Aber Gott sei Dank, dass ihr leibeigene Knechte der Sünde wart, aber von Herzen gehorchtet dem Muster der Lehre, dem ihr übergeben wurdet. Nachdem ihr aber von der Sünde frei gemacht wurdet, wurdet ihr der Gerechtigkeit als leibeigene Knechte dienstbar. Ich spreche auf menschliche Weise wegen der Schwachheit eures Fleisches; denn so, wie ihr eure Glieder als leibeigene Knechte zur Verfügung stelltet der Unreinigkeit und der Gesetzwidrigkeit zur Gesetzwidrigkeit, so stellt nun eure Glieder als leibeigene Knechte zur Verfügung der Gerechtigkeit zur Heiligung, denn als ihr leibeigene Knechte der Sünde wart, wart ihr frei von der Gerechtigkeit. Was hattet ihr damals also für Frucht? – Dinge, über die ihr euch nun schämt, denn das Ende derjenigen ist der Tod. Nun aber, von der Sünde frei gemacht aber Gottes leibeigene Knechte geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligung, als Ende aber ewiges Leben …“

    7,6M: „Und so sollten wir Leibeigenendienst tun im Neuen, im [Heiligen] Geist, und nicht im Älteren, im [Gesetzes]Schreiben.“

    14,4A: „Wer bist du, der du über eines anderen Hausknecht urteilst? Er steht oder fällt vor dem eigenen Herrn.“

    1Kr 7,22E: „Desgleichen ist der gerufene Freie ein leibeigener Knecht Christi.“

    Eph 4,8: „Darum sagt er: ‚Als er in die Höhe aufgestiegen war, führte er Gefangenschaft gefangen und gab den Menschen Gaben.’“ Christen sind aus einer zerstörerischen Knechtschaft in eine heilsame Bindung gekommen.

    6,6: „… nicht mit Augendienerei als Menschen Gefällige, sondern als leibeigene Knechte Christi, die von Herzen den Willen des Herrn tun.“

    Kol 3,12.24; 4,1: „Es sei also von euch als Erwählten Gottes, Heiligen und Geliebten angezogen herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld, … wissend, dass ihr vom Herrn als Vergeltung das Erbe empfangen werdet, denn ihr leistet Leibeigenendienst dem Herrn Christus … Herren, gewährt den leibeigenen Knechten das, was gerecht ist, und das, was gleich, wissend, dass auch ihr einen Herrn in den Himmeln habt.“

    1P 2,16: „… als Freie und nicht als hättet ihr die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit, sondern als leibeigene Knechte Gottes.“

    Of 7,3: „Schädigt nicht die Erde noch das Meer noch die Bäume, bis wir die leibeigenen Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegeln!“

    11,18A: „Und die Völker waren zornig, und dein Zorn ist gekommen, auch die Zeit der Toten, um gerichtet zu werden, und die Zeit, den Lohn zu geben deinen leibeigenen Knechten …“

    19,2M: „… und er rächte das Blut seiner leibeigenen Knechte an ihrer Hand.“

 

 

    2.  Die Gemeinde in Bildern aus dem Bereich der Natur

 

        a.  Die Gemeinde ist eine Herde.

 

            .  Die Herde ist ein recht altes Bild für die menschliche Gesellschaft. Bereits der griechische Schriftsteller Homer hatte Könige als Hirten des Volkes bezeichnet. Auch in der Heiligen Schrift findet sich dieses Bild schon früh.

    2S 24,17: „Und als er den Boten, der das Volk schlug, sah, sagte David zu dem HErrn: ‚Siehe! Ich habe gesündigt! Ja, ich habe die Missetat getan! Und diese, die Herde, was haben die getan?’“

    Ps 74,1M: „Gott, warum hast du uns für immer verstoßen? Dein Zorn raucht gegen die Herde deiner Weide?“

    Ps 100: Gott ist der große Hirte. Die Israeliten sind Schafe seiner Herde.

    Mt 2,3-6: Auf Anfrage des Herodes teilen die Hohen Priester und Schriftgelehrten Jerusalems (nicht Matthäus! – wie zu viele ‚Ausleger’ [eigentlich: Hineinleger] es haben wollen) ihm mit: „Und du, Bethlehem, Landschaft Judas, bist keineswegs am geringsten unter den Vorangehenden Judas, denn aus dir wird hervorkommen ein Vorangehender, welcher über mein Volk Israel Hirte sein wird.“

 

            .  Als Volk Gottes wird die Gemeinde mit diesem alttestamentlichen Bild für Israel verglichen, mit einer Kleinviehherde.

    Lk 12,32: Jesus spricht von einer kleinen Herde, klein im Vergleich zur Bewohnerschaft der Erde, aber dennoch so kostbar, dass er sein Leben für sie gibt. Siehe auch Jh 10,1–16.26.27.

    Ag 20,28: „Habt also Acht auf euch selbst und auf alle in der kleinen Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern setzte, um Hirten zu sein der Gemeinde Gottes, welche er durch das eigene Blut erwarb.“

    1P 2,25: „… denn ihr wart wie irrende Schafe; jedoch seid ihr nun umgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen.“

    5,2: „Seid Hirten für die kleine Herde Gottes bei euch und übt Aufsicht – nicht gezwungener, sondern freiwilliger Weise, nicht um schändlichen Gewinn, sondern aus freien Stücken.“ Es gibt viele „kleine Herden“ in dieser Welt, Gruppen von Christen. Sie alle zusammen bilden die große „kleine Herde“. In den kleinen Herden an den verschiedenen Orten gibt es solche, die Hirtendienst tun. Aber diese Hirten sind auch selbst Schafe.

 

            .  Um am Leben zu bleiben, brauchen wir, lehrt Paulus, zweierlei: Nahrung und Bedeckung, bzw. Schutz (1Tm 6,8): „Haben wir die Mittel, uns zu nähren und zu bedecken, so werden wir an denen genug haben.“ Es ist die Aufgabe eines Hirten, für diese zwei zu sorgen.

    Dementsprechend versorgt uns Jesus, unser himmlischer Hirte, in höchster Treue mit Zufuhr von Lebensmitteln und -kräften und schützt vor Wegnahme des Lebens, denn er ist der gute Hirte (Jh 10,10.11.14; vgl. Ps 23), der große Hirte (Heb 13,20; vgl. Jes 63,11) und der Oberhirte (1P 5,2). Er tut aber noch ein Drittes: Er führt durch dieses Leben hindurch in das ewige: Ps 23,3M.6.

    In Ps 81 lesen wir ab V. 14: „Wenn doch mein Volk mir gehorchte und Israel auf meinen Wegen ginge! Wie schnell könnte ich ihre Feinde beugen und meine Hand gegen ihre Gegner wenden! Die, die den HErrn hassen, müssten ihm schmeicheln, und ihre Zeit währte ewiglich. Er ließe ihn essen vom besten Teil des Weizens, und mit Honig aus dem Felsen würde ich dich sättigen.“

    Zu diesen Versen schreibt Luther: „Zwei Dinge sind, deren wir bedürfen: Nähren und Wehren. So sagt nun Gott hier zu, daß, so sie sich bekehren, er nicht allein ihr Kriegsmann sein wolle, der für sie stritte, sondern auch ihr Ackermann, also daß denen, so ihn fürchten und ihm vertrauen, nichts mangeln solle, was zu diesem Leben vonnöten sei.“ (Bei Dächsel)

    Der Hirte ist nicht nur Hüter der Schafe. Er ist auch Herr und Machtausübender in ihrem Umfeld. Diese Tatsache gewährt ihnen das bewahrte Durchkommen. Dementsprechend heißt es in Ps 2,5-9:

    „Dann redet er zu ihnen in seinem Grimm, und in der Glut seines Zorns schreckt er sie. Und ich, ich habe meinen König gesalbt auf Zijon, dem Berge meiner Heiligkeit. Ich melde von einer Festsetzung:

    Der HErr sagte zu mir: ‚Du bist mein Sohn. Ich habe dich heute geboren. Bitte von mir, und ich gebe dir Völker zum Erbe und dir zum Besitz die Enden der Erde. Du regierst sie mit eisernem Stabe, zerbrichst sie wie ein Töpfergeschirr.’“

    Diese Worte werden in der Offenbarung aufgegriffen, dort als Aufgabe eines Hirten betrachtet und auf die obsiegende Gemeinde angewendet, denn der Gottessohn nimmt die Seinen, die überwinden, in seine Mitregentschaft (Rm 8,17; 2Tm 2,12A):

    Of 2,26.27: „Und dem, der überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, werde ich Vollmacht geben über die, die von den Völkern sind, und er wird Hirte über sie sein mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerbrochen werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe.“

    Das letzte Bibelbuch lehrt, dass der Hirte und das Haupt der umdrängten Gemeinde auch Herr und Haupt der ganzen Menschheit und des Kosmos ist, von daher auch imstande, sie hindurchzubringen zum herrlichen Ziel.

 

        b.  Die Gemeinde ist ein Frucht bringendes Feld.

                   

Mt 13,38A: „Das Feld ist die Welt.“

    1Kr 3,9: „Ihr seid Gottes Ackerfeld.“

    Das „Ackerfeld“ in Korinth waren zunächst die Einwohner der Stadt. Wo die Saat des verkündigten Wortes aufging, da entstand Gemeinde. Das Feld war das Ganze. Doch nur ein Teil davon trug Frucht.

    Gemeinde ist dort, wo auf den Ackerboden von Menschenherzen das Wort Gottes als Saat fällt, wo sie aufgeht und Frucht bringt. Die Frucht besteht aus Christen. Und Gott ist dabei, auch auf dem fruchtbringenden Boden weiter zu wirken, damit die Gemeinde noch mehr Frucht trägt.

    Das Bild kennt also drei Stadien:

    .  Zuerst das Ackerfeld von unbekehrten Herzen. Auf dieses fällt die Saat des Wortes Gottes.

    .  Das Ackerfeld, das Frucht bringt. Das ist Gemeinde.

    .  In dieser Gemeinde, die Frucht bringt, wirkt Gott, damit es noch mehr Frucht gibt.

 

        c.  Die Gemeinde ist eine Pflanze.

                 

Bereits der alttestamentliche Gottesmensch wird mit einem Baum verglichen: Ps 1,3; Sp 12,3.12. Jesus setzt diesen Vergleich fort:

    Jh 15,16: „Es ist nicht so, dass ihr mich erwähltet, sondern ich erwählte euch und setzte euch mit dem Ziel, dass ihr hingehen und Frucht tragen sollt und eure Frucht bleiben soll, damit, was immer ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, er euch gebe.“

 

            I:  Die Pflanze kann ein Weinstock sein.

                      

Jh 15,1–8

    Der Textort dieses Vergleiches ist bezeichnend. In den vorangehenden Versen spricht Jesus von Golgatha:

    14,30M.31A: „… es kommt der Fürst dieser Welt. Und in mir hat er nichts; damit jedoch die Welt Kenntnis davon habe, dass ich den Vater liebe und so, wie mir der Vater gebot, auf diese Weise ich handle …“

    Die weiteren Worte unmittelbar vor dem Gleichnis erinnern dann an die so kleine Schar des Messias: „… macht euch auf; lasst uns von hier gehen.“

    Darauf kommt dieses schöne Bild, das vom Geheimnis des Neuen in der Gewissheit letztendlichen Sieges spricht. Von „viel Frucht“ redet der Meister!

    Der Vater ist der Weingärtner. Jesus bringt über die Rebzweige – mit ihnen zusammen – Frucht zur Freude des Weingärtners. Der Saft fließt vom Weinstock in die Rebzweige. Die Rebzweige haben keinen Saft von sich her. Sie beziehen ihn vom Weinstock. Die Frucht, die die Rebzweige tragen, tragen sie nicht von sich aus, sondern sie sind nur Vermittler der Frucht, die vom Weinstock kommt. Jesus ist der echte Weinstock, der wirklich Leben spendet. Er ist die Quelle des Lebens. Es gibt keinen anderen echten Weinstock.

    Wenn Israel Weinstock ist, dann nur im Bilde. Vgl. Ps 80; Jes 5,1ff; Jr 2,21. Aber auch in dem Fall ist Christus als wahrer Israelit, der den Platz seines Volkes einnimmt, die Erfüllung des Vergleiches. Verbindet man dann dieses mit dem des Ölbaums, so kann man sagen, dass die Wurzel mit Stamm in Rm 11 ebenfalls ihre Erfüllung in Christus findet.

    Zweimal wird an den Rebzweigen geschnitten. Jeder Rebzweig an Jesus bringt Frucht. Wo einer nicht Frucht bringt, wo kein Saft mehr durchfließt, da muss der Rebzweig vom Weinstock entfernt werden. Ein zweites Mal wird am Rebzweig selbst geschnitten. Jeder, der überhaupt Frucht bringt, bringt mit der Zeit viel Frucht. Wo am Weinstock lebende Rebzweige sind, werden diese beschnitten, denn es entsteht an ihnen nicht nur Frucht, sondern auch nutzloses Gewächs. Das muss weg. Es kommt zwar aus dem Leben, dient aber jetzt nicht dem eigentlichen Zweck. Jeder von uns wäre zu vielseitigem Dienst fähig. Aber wir dürfen uns nicht verzetteln; wir müssen uns auf eine Bahn konzentrieren, somit verzichten. Und so beschneidet uns der Weingärtner und weist uns durch Wegbegrenzung in die Bahn, um dort zielbewusst für Jesus Frucht zu bringen.

    Ein Rebzweig bringt arteigenes Gewächs hervor, aber wir Menschen bringen auch fremdes Gewächs hervor, Sünde. Wesensunverwandte Frucht muss also ebenfalls weg. So ist bei uns Beschneidung nicht nur das Wegschneiden von nichtdienlichem Gewächs, sondern auch von allem, das verkehrt und krank ist. „Reinigen“ heißt also zweierlei, einmal Verzicht auf Gutes, das (in diesem Fall) nicht zum Ziel führt, und dann Wegtun von Bösem, das wirklich schädlich wäre.

    „Bleibt an mir“: Bleibt bei mir. Das geschieht durch den Glauben, das Vertrauen. Wir hängen an ihm, verlassen uns auf ihn. Das ist keine Leistung, sondern – im Gegenteil – Verzicht auf Leistung. Man verlässt sich ganz auf Jesus.

 

            II:  Die Pflanze kann eine Senfstaude sein.

                       

Mt 13,31.32: „Ein weiteres Gleichnis legte er ihnen vor und sagte: ‚Das Königreich der Himmel ist einem Senfkorn gleich, das ein Mensch nahm und auf seinem Felde säte. Dieses ist, in der Tat, unter allen Samen das Kleinste. Sobald es aber wächst, ist es größer als die Gartengewächse, und es wird ein Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und sich in seinen Zweigen niederlassen.’“

 

               A:  Einleitendes

                          

Dieses Bild ist den Königreichsgleichnissen Jesu entnommen, was die Frage aufkommen lässt, welche Beziehung die Gemeinde denn zum Königreich Gottes habe. Zum Teil wurde diese Frage bereits im Rahmen des Bildes Königreich besprochen. Wer jedoch grundsätzliche Schwierigkeiten damit hat, sollte einmal ein Bibelstudium über das Thema „Königreich und König in der Bibel“ machen. Dabei empfiehlt sich, die Bibel so zu lesen, als würde man es zum ersten Mal tun. Gelingt einem das nicht, so ist die Gefahr nur zu nahe, dass man von bereits vernommenen Gedanken von Menschen gelenkt wird, anstatt von Gott im Wort.

    Um nun aber den Weg zur Besprechung des Bildes Senfstaude zu bahnen, soll wenigstens einiges an möglichem Vorbehalt ausgeräumt werden:

    Waren diese Gleichnisse nicht eher eine neue Lehrmethode für die ablehnende Bevölkerung als eine Anleitung für den apostolischen Kern der neuen Gemeinde?

    Erstens muss festgehalten werden, dass der Begriff Gleichnis keine feste Form hat, besonders als Übersetzung des hebräischen maschal. Diese Redeform umfasste eine große Bandbreite von Vergleichsarten.

    Zweitens ist zu sagen, dass Jesus auch vor diesem Zeitpunkt sich des Mittels des Gleichnisses bedient hatte. Und ab dieser Zeit gebrauchte er die Form nicht nur in der Öffentlichkeit. In seinen bekannten Abschiedsreden an seine Jünger (Mt 24; 25; Jh 15) hat er sie mitbenutzt.

    Verbindet man nun die Tatsache, dass Gott immer im Regiment ist und die Gemeinde eine von mehreren Phasen dieser Herrschaft ist, zusammen mit dem Gedanken, dass es unserem Herrn daran lag, deutlich werden zu lassen, das ersehnte Königreich Gottes sei im Ansatz bereits da, so müsste man weniger ein Problem mit dem vorliegenden Bild haben.

 

                B:  Der Vergleich

 

                    1:  Was wird eigentlich verglichen?

                              

Diese Frage ist ernst zu nehmen – wie jedes Bibelwort. Mit Leichtsinn meinen einige Besprecher des Textes, der Ausdruck „ist gleich einem Senfkorn“ sei nicht so genau zu nehmen; es gehe um den allgemeinen Vergleich. Wenig Wunder, wenn dann das Merkwürdigste zu diesem und anderen Gleichnissen gesagt wird. Die jeweiligen Eingangsworte sind Schlüssel zur Tür ihres Verständnisses.

    Jesu Sprache ist einfach und klar: „Das Königreich der Himmel ist einem Senfkorn gleich …“ Fortan haben wir nun darauf zu achten, was er über dieses Körnchen sagt, um etwas zu lernen über die Himmelsherrschaft in seiner Verkündigung.

    Er erklärt: „Dieses ist, in der Tat, unter allen Samen das Kleinste.“ Über dieses Wort sollte man nicht stolpern. Jedes Mal, wenn die Vokabel „alles“ fällt, hat sie einen eingrenzenden Rahmen, auch in der Schrift. Bei diesem Wort, das vor 2000 Jahren in einem kleinen Volk gesprochen wurde, auch wenn es vom vollkommenen Sohn Gottes war, ist es müßig, an den heutigen weltweiten Stand der Wissenschaft zu denken. Der Meister spricht eine bestimmte Menschengruppe an mit einem bestimmten Ziel, und im Rahmen der botanischen Erfahrung dieser Menschen war das Senfkorn das kleinste Korn.

    Doch ist dieses ein Gleichnis, und Jesus dürfte hier mehr sagen. Da es ohne Kommentar seitens unseres Meisters bleibt, versuchen wir nach dem Modell seiner Erklärung anderer Gleichnisse zu verfahren, was er meinte; denn nach diesem Modell können verschiedene Gegenstände und Bewegungen eines Bildes symbolische Bedeutung haben. Das Senfkorn ist ja das Königreich Gottes. In der Staudeform ist es eine Vielfalt, zu Beginn dagegen eine Einzahl. Wir werden daran erinnert, dass unser Herr selbst die Minigestalt des verheißenen Königreiches ist. Im Vergleich zu seiner Größe im Himmel wurde er zu einem Kleinsten, als er, das Königtum Gottes, in diese Welt kam.

 

                    2:  Welches sind die Handlungen des Vergleiches?

                              

„… das ein Mensch nahm und auf seinem Felde säte.“

    Das „Nehmen“ ist weder überflüssig noch überdramatisch. Man versuche einmal, ein Senfkörnchen zu fassen. Es muss schon bewusst mit Vorsicht „genommen“ werden, um nicht zu entschlüpfen. Bewusst wurde auch Jesus vom Vater genommen, in die Welt getan und hier „gesät“ – auf seinem eigenen Feld, das er geschaffen hatte, denn der Sohn kam „in sein Eigentum“.

 

                    3:  Welche Wirkungen liegen im Vergleich?

                              

„… es wächst … ist … größer als die Gartengewächse, und es wird ein Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und sich in seinen Zweigen niederlassen.“

    Der Ausdruck „Baum“ sollte keinen Anstoß erwecken. Im „New Bible Dictionary“ (Inter-Varsity Press), für Studenten gedacht, werden die Weide und auch der Strauch von Jr 17,6; 48,6 unter „Trees“ (Bäume) besprochen. In diesen Zonen, in denen Jesus sich bewegte, konnte die Senfstaude tatsächlich Baumgröße erreichen.

    Carson macht darauf aufmerksam, dass es in der Bedeutung des Gleichnisses nicht auf die Größe des Senfbaums als solchen geht; es gehe um die organische Einheit von Saat und Staude. Im Verhältnis zum Kleinsten der Körnchen wächst dieser Strauch an, bis er zum Größten seiner Art wird. So beginnt das göttliche, verheißene Königreich mit einer unansehnlichen Geburt des Fleischgewordenen über eine nicht gerade beeindruckende kleine Schar von hauptsächlich Galiläern, weiter über einen schmachvollen Tod, wo alles aus zu sein scheint, und wächst dann an, bis es zum Größten seiner Art wird, zum größten aller Königreiche.

    Und wie die Vögel des Himmels, auf die, lehrt Jesus, sein Vater Acht gibt, Schutz in dieser verzweigten Staude finden, so hat schon mancher, der selbst (noch) nicht dazu gehörte, wohltuende Herberge gefunden bei den Bürgern dieses Gemeindereiches. Sein Einfluss reicht nämlich weit über seine Grenzen hinaus.

 

                C:  Die Lehre

 

Gott kann mit dem Kleinsten beginnen, wenn er sein Reich baut; ja, aus dem Nichts kann er etwas hervorbringen, um seinem Namen Ehre zu bereiten. Man denkt in dieser Verbindung an folgende Stellen:

    Jes 53,1-3: „Wer hat geglaubt, was wir hörten? Und der Arm des HErrn, wem ist er gezeigt?

    Und er ging auf vor ihm wie ein zartes Pflänzchen und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdboden. Er hatte nicht schöne Gestalt und nicht Pracht, und sahen wir ihn, war kein Aussehen da, dass wir Gefallen an ihm gefunden hätten. Er war verachtet und im Stich gelassen von [hohen] Männern, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut und wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir achteten ihn nicht.“

    1Kr 1,26-29: „… denn ihr seht euer Gerufensein an, Brüder, dass nicht viele Weise nach dem Fleisch da  sind, nicht viele mit Können, nicht viele von Geburt Vornehme; sondern das Törichte der Welt erwählte sich Gott, damit er die Weisen beschäme, und das Schwache der Welt erwählte sich Gott, damit er das Starke beschäme, und das von Geburt Niedrige der Welt und das Verachtete erwählte sich Gott und was nicht ist, damit er das, das ist, zunichte mache, damit sich kein Fleisch vor Gott rühme.“

    Bis heute ist dieses der Weg des himmlischen Königs mit seinem Reich: Er fängt an mit dem unwahrscheinlich Schwachen:

    2Kr 4,7-12: „Aber wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die Übertrefflichkeit der Kraft sei Gottes und nicht aus uns – überall, als Bedrängte, jedoch nicht abgeschnitten, als Ratlose, jedoch nicht verzweifelt, als Verfolgte, jedoch nicht verlassen, als Niedergeworfene, jedoch nicht umkommend, allezeit das Sterben des Herrn Jesu im Leibe umhertragend, damit auch das Leben Jesu in unserem Leibe offenbar werde, denn wir, die wir leben, werden ohne Aufhören dem Tode ausgeliefert, Jesu wegen, damit auch das Leben Jesu in unserem sterblichen Fleische offenbar werde. So wirkt auf der einen Seite der Tod in uns, auf der anderen das Leben in euch.“   

    Gott führt seine Gemeinde in Knechtsgestalt ihrem Haupte nach zum Sieg.

 

            III:  Die Pflanze kann ein Ölbaum sein.

                        

Rm 11,16-24

    Dass der Ölbaum ein Bild von der Gemeinde sei, ist von denen bestritten worden, die die Möglichkeit eines Abfalls von Christus nicht wahrhaben wollen. Die wilden Zweige stünden vielmehr für die Christenheit in den Völkern. Aber von einer „Einbürgerung“ von Namenschristen in seinen Plan weiß Gott nichts.

    Um das Bild des Ölbaums besser zu verstehen, wäre es eine Hilfe, wenn wir wüssten, was genau die zwei Bilder Erstling und Wurzel im Textzusammenhang bedeuteten. Das wird uns aber leider vom Apostel nicht mitgeteilt. Er scheint hier einiges vorauszusetzen. Das Rätsel des zweiten Bildes ist ein noch größeres als das des ersten. Nicht nur ist das Bild ein anderes; auch das, wofür es steht, scheint anders zu sein.

    Die griechische Bezeichnung des zweiten Gegenstandes bedeutet, nach Menge: „Wurzel; Spross; Stamm“. Grimm u. Thayer meinen: „Wurzel; nach dem entsprechenden Hebräischen: das, was aus der Wurzel hervorgeht“.

    Manchmal bedeutet es also: der Stamm, als Verlängerung der Wurzel gedacht (vgl. Mt 3,10). Übersieht man dieses, scheint in Rm 11,16, in der Rede von Wurzel und Zweigen, der Stamm übersprungen zu sein.

    Wenn „etliche“ der Zweige ausgebrochen wurden wegen Unglaubens, werden die anderen Zweige die neutestamentlichen jüdischen Glaubenden sein. Wenn diese aus der Wurzel mit dem Stamm hervorgingen und die neutestamentliche israelitische Gemeinde aus der vorpfingstlichen gläubigen Gemeinde in Israel, dürfte die alttestamentliche Glaubensgemeinde gemeint sein, die seit den Vorvätern Israels zur Hauptsache aus den Treuen in diesem Volk bestand. Man vgl. auch V. 28.

    Zur Hauptsache geht es in diesem Kapitel um das Volk Israel, aber das heißt nicht, dass die Wurzel bzw. der Stamm speziell jüdisch sein müsste. Es fällt nämlich auf, dass Paulus diesen Teil des Ölbaumes nie genau identifiziert. Die Glaubensgemeinde des ATs beschränkt sich keineswegs auf Israeliten. Sie beginnt auch nicht mit Abraham, sondern in der allerersten Familie und schließt Persönlichkeiten ein wie Noah, Melchisedek, Jethro, Rahab, Ruth, Urija, Naeman und Nebukadnezar (Da 4,34).

    Im Hintergrund dieses Bildes ist allerdings Christus. Er ist „Saft und Fettigkeit“ des Ölbaumes, die Verheißung, die Abraham gegeben wurde, „der Same“ und „der Segen“, der zu allen Völkern kommen sollte, „der Wurzelspross aus dürrem Erdboden“ (Jes 53,2). Diese saftige Wurzel mit Stamm bringt Zweige hervor – in Form von Gemeinde. Die ersten Zweige waren an Christus gläubig gewordene Juden. Aber es gibt auch Zweige, die aus fremden Ölbäumen geholt und auf diesen gepfropft werden. So gehören sie jetzt zum Ölbaum Gemeinde Jesu, des verheißenen Gesalbten. Sie dürfen sich aber nicht überheben; sonst werden sie wieder entfernt. Leben sie vom Saft des Stammes, in Abhängigkeit von Christus, werden sie bleiben und Frucht bringen.

 

            IV:  Allgemeine Bilder von Pflanzen

 

                .  Rm 6,5: „… denn wenn wir Zusammengewachsene geworden sind, zur Ähnlichkeit seines Todes, werden wir sie aber bestimmt auch sein in der [seiner] Auferstehung.“

    „Verwachsen“ (nicht „gepflanzt“), eins mit Christus, werden wir durch das Handeln Gottes auf den Glauben an Jesus Christus hin. Als Zeichen davon, dass wir zu ihm gekommen sind, lassen wir uns auf Christus taufen. Verwachsenwerden ist der geistliche Rettungsprozess, der der Taufe vorangeht.

 

                .  Eph 3,17: „… in der Liebe verwurzelt.“ Unsere Wurzeln sollten in den Boden der Liebe hineingehen wie die Wurzeln einer Pflanze.

 

                .  Php 1,11: „… voll von Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus entstehen, zur Verherrlichung und zum Lobe Gottes.“

   

                .  Ps 1,1-3A: „Ein Seliger der Mann, der nicht wandelt nach dem Rat der Ehrfurchtslosen, noch steht auf dem Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern Lust hat an der Weisung des HErrn und in seiner Weisung murmelnd nachdenkt Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zu seiner Zeit seine Frucht bringt …“

    In Jr 17,7.8 wird wohl Bezug genommen auf diese Stelle: „Gesegnet der Mann, der auf den HErrn vertraut und dessen Vertrauen der HErr gewesen ist! Und er ist wie ein Baum an Wassern gepflanzt. Am Bach streckt er seine Wurzeln und fürchtet sich nicht, wenn Hitze kommt. Und seine Blätter grünen. Und im Jahr der Dürre bangt er nicht und hört nicht auf, Früchte zu tragen.“

 

        d.  Ist die Gemeinde ein Garten?

                  

Dieser Vergleich scheint in einigen Kreisen ein beliebter zu sein.

    In Jes 58,11 wird der alttestamentliche Gottesfürchtige wie folgt beschrieben: „Der HErr wird dich ohne Unterbrechung leiten und deine Seele in der Dürre sättigen und deine Gebeine stärken. Du wirst sein wie ein wohlbewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, deren Wasser nie versiegen.“

    Man kann sich fragen, ob in Jh 7,38 Jesus an diesen Text dachte. Sollte das der Fall sein, so wäre es der einzelne Jünger, der der Garten wäre, und nicht die Gemeinde, höchstens als Jüngerschar ein Feld von Gärten. Auch fehlte immer noch der beliebte Gartenzaun. (Für Nichteingeweihte: Mit der Mitgliederzahl, sagt man, bekäme die Gemeinde am Ort eine bestimmte Grenze. Als Garten sei das eingeschlossene Gebiet heilig. Was dort unter Umständen an Unangenehmem geschehe, solle nicht nach außen getragen werden.)

    Im NT fehlt m.W. dieses Bild als solches.

 

 

    3.  Die Gemeinde in gegenständlichen Bildern

 

        a.  Die Gemeinde als eine Perle

                  

Mt 13,45.46: „Wiederum ist das Königreich der Himmel gleich einem Menschen, einem Handelsmann, der schöne Perlen suchte, der, als er eine einzige hochwertige Perle fand, hinging, alles verkaufte, das er nur hatte, und sie kaufte.“ Auch dieses Gleichnis, wie das obige von der Senfstaude, will genau gelesen werden. Tut man das, so wird man es auch vom vorangehenden im Text unterscheiden können.

    Das Königreich wird hier mit einem Kaufmann verglichen, nicht mit einer Perle. Die Königsherrschaft Gottes ist in dem Messias verkörpert. Wo er ist, dort ist die Herrschaft Gottes gegenwärtig. Der Sohn Gottes ist es, der in die Welt kam, um Perlen zu suchen. Wie er alles hingab, um uns zu erkaufen, davon hört die Schrift nie auf zu reden. Und die Gemeinde, die erkaufte Perle, sollte nie aufhören, davon zu reden – im Lob zum „Kaufmann“ hin wie im Zeugnis Menschen gegenüber.

 

        b.  Die Gemeinde ist ein Bau.

 

            I:  Allgemeines

                      

Haggai rief einmal Israel zu (2,3): „… dieses Haus … wie seht ihr es jetzt?“

    Wie sehen wir heute das Haus der Gemeinde gestaltet?

    Das Bild vom Bau wird von Paulus – zusammen mit dem vom Leib – am meisten verwendet. Es schließt verschiedene spezielle Begriffe ein, denen man dann in einem Bibelstudium nachgehen kann: Haus, Tempel, Wohnung, Zelt, Heiligtum.

    Wird nun die christliche Gemeinde mit einem Tempelbau verglichen, so sind die Christen die Steine:

    1P 2,5A: „… auch ihr selbst wie lebende Steine gebaut werdet als ein geistliches Haus …“ Die Steine kommen vom Schutthaufen dieser Welt, wo sie Verworfene waren und nichts bedeuteten. Jesus reinigt sie und mauert sie ein als neue, lebende Steine und macht sie zu sinnvollen Bestandteilen seines himmlischen Baues.

    Andererseits ist dieses Haus nicht unbedingt vor Abbau verschont:

    „… weil der Zeitpunkt [da ist], an dem Gericht vom Hause Gottes [her] beginnen sollte; wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die der guten Botschaft Gottes im Unglauben ungehorsam sind?“ (1P 4,17)  

 

            II:  Vom Ort dieses Hauses

                       

Eph 2,20E-22: „… wobei Jesus Christus selbst der Haupt-Eckstein ist, in dem der ganze Bau zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempelheiligtum im Herrn, in dem auch ihr mitgebaut werdet zu einer Wohnstätte Gottes im Geist.“

    „In Jesus Christus“, „im Herrn“, „im Geist“: In dem Gott, der uns das Heil gebracht hat, ist also das Haus der Gemeinde zu finden.

 

            III:  Von der Struktur des Hauses

 

                A:  Seine Bestandteile

 

                    1:  Das Fundament

 

                        .  Eph 2,20: „… aufgebaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten, wobei Jesus Christus selbst der Haupteckstein ist.“

    1Kr 3,10.11: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben wurde, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt, aber ein anderer baut darauf. Ein jeder sehe zu, wie er darauf baut, denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der liegt: Der ist Jesus, der Christus.“

 

                        .  Einer der erwähnten Apostel, Matthäus, berichtet ein Wort, das Jesus selbst gesprochen hat (7,24): „Jeder also, welcher auf diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich vergleichen mit einem klugen Mann, welcher sein Haus auf den Felsen baute.“

 

                        .  Dass Jesus Christus das Fundament ist, bezeugen ebenfalls folgende Stellen: Rm 9,33; 10,9.11; 1P 2,3.4.6.

 

                        .  Wie ist nun Mt 16,18 einzuordnen? Eine Übersetzung folgt, in welcher der Jüngername und das Wort „Fels“ mit den griechischen Wörtern wiedergegeben werden: 

    „Aber auch sage ich dir: Du bist petros, und auf dieser petra werde ich meine Gemeinde bauen. Und Pforten des Todesbereiches werden ihr an Stärke nicht überlegen sein.“   

    „Petrus“ gibt das griechische petros wieder, das in vorchristlicher Zeit nebst lithos noch ein Wort für Stein war. Petros übersetzt wiederum das aramäische kepha, das „massiver Fels“ bedeutete. Petra kann ebenfalls „massiver Fels“ bedeuten. Ein großer Unterschied ist zwischen petros und petra in der Sprachgeschichte nicht gesichert, und beide übersetzen dasselbe aramäische Wort. Doch wird im Griechischen nur petros als Name verwendet. Die Peschitta, eine Übersetzung ins Syrische, das mit dem Aramäischen (der Sprache Jesu) verwandt ist, verwendet in unserem Vers an beiden Stellen dasselbe Wort.

    Es ist möglich, dass im Griechischen bewusst zwei verschiedene Formen des Wortes verwendet wurden, um das Wortspiel zu wahren. Hätte Jesus einen Unterschied zwischen „Stein“ und „Steinmasse“ betonen wollen, hätte er von einem „kleinen kepha“ und einem „großen“ sprechen können. Auch hätte Matthäus in seinem Bericht in Griechisch die Bezeichnungen lithos und petra gebrauchen können. Aber dann hätten wir kein Wortspiel, was offensichtlich beabsichtigt war. Immerhin ist es der griechische Text, den uns der Heilige Geist gegeben hat.

    Dass Petrus in seinem ersten Brief Jesus als den „Felsen“ bezeichnet, heißt nicht, dass er selbst nicht auch, wenn auch in einem anderen Sinne, einer sein könnte. Jesus baut die Gemeinde, aber auch Paulus (1Kr 3,10). Jesus ist Fundament der Gemeinde (1Kr 3,11), auch die Apostel und Propheten (Eph 2,19.20). Jesus ist das Licht der Welt (Jh 9,5). Seine Jünger sind es ebenfalls (Mt 5,14), wenn auch nicht in derselben Weise.

    Was genau Jesus mit „Fels“ gemeint hat, wird vielleicht nie ganz gewiss werden. Jedoch ist es nicht unmöglich, dass er damit Petrus meinte, zumal auch Paulus die Apostel als Grund der Gemeinde bezeichnet hat. Auch ist es mit dieser Annahme einfacher, in diesem Vers den Bauenden und das Fundament der Gemeinde auseinander zu halten: Jesus der eine, Petrus das andere.

    Bei dieser Betrachtungsweise wird jedoch keineswegs der römisch-katholischen Lehre Vorschub geleistet. Diese geht sowohl über die Geschichte als auch über den biblischen Text weit hinaus.

    Theodor Zahn macht aufmerksam auf den Unterschied des Wortlautes zu Mt 7,24, wo, zum einen, „bauen“ mit dem Dativ steht. Hier, dagegen, wird der Akkusativ verwendet zusammen mit „diesem“. Der Gedanke sei eher: „… im Anschluss an diesen Felsen …“ Petrus ist der erste, der Jesus als den Christus bezeugt, als solcher auch der Erste am Pfingsttage und in der Gemeinde zu Jerusalem, wo Jesus als Erhöhter die Gemeinde zu bauen beginnt.

    V. 19 beginnt mit einem „Und“. Möglicherweise soll das darauf Folgende eine Erklärung für V. 18 sein.

 

                    2:  Der Eckstein

 

Dieser war oft ein größerer Stein, der möglicherweise, wenn er groß genug war, mehrere Steinreihen stützen konnte, die an dieser Stelle als Mauern in zwei Richtungen angefügt werden konnten. Der Eckstein konnte auch der Schlussstein sein, eines Kuppelbaus, der die Kuppel zusammenhielt, oder einer Pyramide, der diese abschloss.

    Jesus Christus ist sowohl Fundamentstein als Schlussstein. Aber das Zeugnis von Jesus Christus durch Apostel und neutestamentliche Propheten ist mit Fundament, auf dem gebaut wird. Das Zeugnis von Jesus Christus durch Apostel und Propheten ist das, womit wir bauen, bis der Bau fertig ist, wenn Jesus Christus zurückkommt und dann den Schlussstein bildet.

 

                    3:  Der Oberbau

                              

Das Haus hat einen Oberbau, der wiederum aus Steinen besteht: 1P 2,4.5.

    .  Die Steine sind lebende.

    .  Sie kommen vom Schutthaufen der Welt.

    Eine Frau aus der Gefährdetenhilfe Scheideweg berichtete in einem Zeugnis: „Ich hab’ zuerst ‘ne Menge Schrott gelebt.“ Aber …!

    Man wird zu einem brauchbaren Stein gemacht; niemand tut es selber.

 

                B:  Seine Einheit

                          

Der Bau spricht von der Einheit der Gemeinde. Es gibt nur einen Tempel. Wer zur Gemeinde gehört, gehört zu diesem einen.

    Die Bausteine in diesem Bau sind fest an einander gefügt:

    Eph 2,21: „… in dem der ganze Bau, zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.“

    Ist diese Verkettung zu sehen – im Aufsuchen von Kontakt mit Gläubigen, im Verhalten?

    Der Oberbau ist eins mit dem Grund- und Schlussstein. Das soll zu hören sein, auf welchem Fundament wir stehen. Vgl. 1P 3,15.16.

 

            IV:  Von der Bestimmung des Hauses

 

                A:  Die Gemeinde als Wohnung

 

                    .  Als Haus Gottes ist die Gemeinde eine Wohnung.

Ag 7,48: „Der Höchste wohnt jedoch nicht in von Händen gemachten Tempeln, sowie der Prophet sagt …“

    Mt 18,20: „… denn wo zwei oder drei zu meinem Namen zusammengekommen sind, dort bin ich in ihrer Mitte.“

    Eph 2,22: „… in dem auch ihr mitgebaut werdet zu einer Wohnstätte Gottes …“

    Der Gott, der in seinem Sohn auf der Erde wohnte, wohnt dort wieder in denen, die zu seinem Sohn halten, und will mit ihnen Gemeinschaft haben. Christen sind im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist (z. B. Rm 8,1.9; 1Th 1,1), und der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind in ihnen, wie in einem Hause: Jh 14,17.23; Rm 8,9.10; 1Kr 3,16; 6,19; Eph 2,21.22.

 

                    .  Beim letzten Vers darf noch ein weiterer Aspekt beachtet werden. Trotz der Allgegenwart Gottes ist die Gemeinde die Wohnstätte Gottes in dieser Welt. Sie ist der Raum, in dem Gott sein Zuhause hat. Außerhalb sind die Unversöhnten, ist Feindesgebiet.

    Was unter Umständen die Gegenwart des Herrn bedeuten kann, ersieht man an einem alttestamentlichen Beispiel beim Propheten Hesekiel (35,2.3A.10.11A): „Menschensohn, richte dein Angesicht gegen den Berg Seir und weissage gegen ihn und sage zu ihm: So spricht der Herr, der HErr: Siehe! Ich bin gegen dich, Berg Seir… weil du sagtest: ‚Die beiden Völker und die beiden Länder sind mein, und wir werden sie in Besitz nehmen’, und der HErr war dort. Darum, so wahr ich lebe, sagt der Herr, der HErr, werde ich handeln …“

    Auch David erlebt diese Wahrheit (Ps 14,4.5): „Haben alle Übeltäter nichts erkannt, die mein Volk fressen, als äßen sie Brot? Den HErrn rufen sie nicht an. Da überfiel sie ein Schrecken, denn Gott ist bei dem Geschlecht der Gerechten.

 

                B:  Die Gemeinde als Heiligtum

                          

1Kr 3,16.17; 6,19.20; 2Tm 2,19-21

    Das Heiligtum Gottes ist nur für ihn da, für keinen Fremden. Wie im alttestamentlichen Heiligtum ist es „dem Herrn heilig“, ihm zugeordnet: „… soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“

    1P 3,15A: „Den Herrn, Gott, heiligt in euren Herzen.“

    In der Gemeinde Gottes wird wie folgt gebetet: „Dein Name werde geheiligt.“

    Und in ihr findet dieses Gebet auch gleich Erhörung. Gottes Name wird hier geheiligt. Ihm wird durch seine Priester in Verehrung gedient:

    1P 2,5.9: „… auch ihr selbst als lebende Steine gebaut werdet – ein geistliches Haus, eine heilige Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesus Christus… Aber ihr seid ein erwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, um kund werden zu lassen die Lobenswertigkeiten dessen, der euch aus der Finsternis rief in sein wunderbares Licht …“ – durch Loblieder, durch Gehorsam, durch gegenseitiges Auferbauen.

 

                C:  Die Gemeinde ist ein Bethaus.

 

                    .  Dieses Haus wurde zu einem bestimmten Zweck hergerichtet. Anhänger Jesu Christi wollen sich hier treffen, um ihren Herrn anzubeten und sich gegenseitig dem inneren Menschen nach aufzubauen.

    Mt 21,13: „Und er sagt zu ihnen: ‚Es ist geschrieben: Mein Haus wird ein Haus des Gebetes genannt werden. Aber ihr habt es zu einer Räuberhöhle gemacht.’“

    Israels Tempel war also ein Haus, wo man sich zur Anbetung treffen konnte. Doch als man seinen Gott anzubeten aufhörte, konnte Jahwe auf das Haus verzichten und ließ es abreißen.

    Als das Volk in der siebzigjährigen Verbannung das Beten wieder gelernt hatte, konnte nach der Rückkehr mit einem Neubau begonnen werden.

    Kaum hatte man angefangen, da rief der Prophet Gottes auf zu einer neuen Perspektive. Im Vergleich zum ersten Haus sei das gegenwärtige kümmerlich. Doch Jahwe habe noch etwas ganz anderes vor. 

    Wichtiger als der Anbetungsraum sind die Anbeter. Jesus erinnert die Frau aus Samarien daran: Jh 4,23.

    Der wahre Tempel ist heute das gereinigte Herz eines Sünders: „Sein Haus“, sagt der Hebräerbriefschreiber, „sind wir.“

 

                    .  Jeder Christ ist individuell ein Bethaus.

Paulus schreibt (1Kr 6,19.20): „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist, den ihr von Gott habt, und ihr euch nicht selbst gehört? – denn ihr wurdet um einen Preis erkauft. Verherrlicht ja Gott in eurem Leibe und in eurem Geiste, welche Gottes sind!“

    Dass in diesem Hause stets angebetet würde, sollte unser Gebet sein.

    „O, dass mein Herz ein Altar wär, voll Räuchwerk des Gebets!“

 

                    .  Gemeinsam sind Christen ein Bethaus. Die viel zitierte Stelle in Mt 18 (V. 19 u. 20) kann auch so übersetzt werden: „Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch sich auf der Erde einigen, in Bezug auf jede Sache, um die sie bitten mögen, wird es ihnen bei meinem Vater, der in den Himmeln ist, gewährt werden, denn wo zwei oder drei zu meinem Namen zusammengekommen sind, da bin ich in ihrer Mitte.“

    Es ist eine unglückliche Entwicklung, dass in vielen Gemeinden im Gottesdienst kaum mehr gebetet wird. Oft wird vor der Zusammenkunft die Gebetsgemeinschaft vorgezogen (vielleicht unter den Ältesten oder nur zwischen Prediger und Gastprediger). Im Gottesdienst betet dann der Pastor bzw. der Leitende, aber eine Gebetsgemeinschaft während der regelmäßigen Versammlung fehlt. Freilich können Christen auch außerhalb dieser Zusammenkunft beten, aber die Gebetsgemeinschaft soll in erster Linie dort stattfinden, wo Gemeinde als Gemeinde und Wohnheiligtum Gottes zusammenkommt.

 

                D:  Die Gemeinde ist ein Ort der Begegnung.

 

                    .  Im Alten Testament kam man zu Gott, wenn man sich versammelte. So war das Haus des Herrn ein Ort der Zusammenkunft, zu allererst mit Gott, aber auch mit Mitmenschen. Heute geht man stattdessen „in die Kirche“ oder „in den Gemeindesaal“ oder „in die Predigt“. Das sind Ausdrücke, die zeigen, dass das Christentum verkümmert ist.

    Im Alten Testament ging man zum Herrn. Zur gleichen Zeit, wenn individuelle Israeliten zum Herrn gingen, zur Stiftshütte, wo der Herr sich offenbaren wollte, kamen sie auch zueinander. Wenn Israeliten sich mit Gott treffen wollten, trafen sie sich auch miteinander.

 

                    .  Auch im Neuen Testament ist die Gemeinde ein Ort, wo Menschen dem Herrn und einander begegnen:

    „So seid ihr also nicht mehr Fremde und Ausländer, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen …“: Eph 2,19.

    „Hausgenossen“ heißt: eine Familie von Kindern Gottes, Brüdern und Schwestern.

    Neutestamentliche Gemeinde ist ein Haus sowohl regelmäßiger als auch unregelmäßiger Gemeinschaft. Christen sollten regelmäßig zusammenkommen, dürfen sich aber auch dazwischen immer wieder treffen.

    Kol 3,16.17: „Das Wort Christi wohne reichlich in und unter euch: indem ihr euch unter einander in aller Weisheit lehrt und mahnt, mittels Psalmen, Lobgesänge und geistlicher Lieder, indem ihr in Gnade dem Herrn in euren Herzen singt. Und alles, was immer ihr tut, in Wort oder in Werk, [tut] alles im Namen des Herrn Jesus. Dankt dabei Gott, dem Vater, durch ihn.“

 

                    .  Die Begegnung der Gläubigen wird auch als eine Tischgemeinschaft dargestellt.

Jes 25,6: „Und der HErr der Heere wird auf diesem Berge allen Völkern ein Mahl von fetten Speisen bereiten, ein Mahl von alten Weinen, von fetten, markigen Speisen, von alten, geläuterten Weinen.“

    Siehe auch Lk 22,16.17; 13,29; 14,15-24; 1Kr 5,8; Of 3,20. Vgl. Mt 22,2-12; 26,29; Lk 22,29.30.

 

                    .  Christen begegnen auch Andersdenkenden. Die Gemeinde Gottes übt Gastfreundschaft. Sie sollte in kleineren und größeren Kreisen Nichtchristen willkommen heißen. Es gibt im Neuen Testament keine Art von christlicher Zusammenkunft, wo Nichtchristen nicht dabei sein dürften. 1Kr 14 setzt voraus, dass Ungläubige zugegen sein konnten.

    Allerdings: Im Neuen Testament lädt man nicht zum Gottesdienst ein. Die Zusammenkunft ist in erster Linie eine der Gläubigen, auch wenn Ungläubige dabei sein dürfen.

    Eine Trennung des Zusammenkommens in zwei Teile, einen, bei dem Nichtchristen dabei sein dürfen, und einen, bei dem das Mahl des Herrn gefeiert wird, kennt das Neue Testament auch nicht. Letztlich wissen wir ja nie, ob wir es nur mit Christen zu tun haben oder nicht. Auch Paulus weiß es nicht. Daher ruft er auf: „Prüft euch, ob ihr im Glauben seid …“: 2Kr 13,5.

 

                E:  Die Gemeinde als Ort der Schönheit

                          

Hg 2,3A: „Wer ist unter euch der Übriggebliebene, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit sah?“

    Ein Tempel Gottes soll die Schönheit Gottes ausstrahlen: Esr 7,27; Ps 27,4; Jh 17,22; Tt 2,9.10; 1P 2,9.

 

                F:  Die Gemeinde als Ort der Aufbewahrung

                          

Gottes Wort wird darin aufbewahrt. Im Alten Testament wurde es in der Stiftshütte gelagert. In neutestamentlicher Zeit hatten die Juden eine Kopie des Wortes Gottes in der Synagoge. (Es gab auch in den Familien viele Kopien. Sogar Kinder hatten Bibelteile auf kleinen Rollen.) Das Volk Gottes ist von jeher mit dem Aufheben der göttlichen Offenbarung betraut:

    Rm 3,1.2: „Was ist also der Vorteil des Juden oder was der Nutzen der Beschneidung? Viel, in jeder Hinsicht –, denn ihnen wurden, erstens, die Worte Gottes anvertraut.“

    1Tm 3,14–16: Die Gemeinde trägt das Wort Gottes. Sie sorgt dafür, dass die Wahrheit im Raum bleibt, sollte für das Aufbewahren der Heiligen Schrift sorgen

.  durch sorgfältigen Umgang mit den Kopien der Bibel. Eine Bibel sollte ehrfurchtsvoll behandelt werden. Man sollte beim Lesen vorsichtig sein, dass sie nicht gleich verkommt.

.  durch Herstellen und Verbreiten von Kopien der Bibel. Die Gemeinde sorgt dafür, dass es immer wieder für alle genug Bibeln gibt, durch Herstellung guter Übersetzungen (Leserlichkeit und Verständlichkeit garantieren noch nicht Genauigkeit der Übersetzung), Druck, Verbreitung.

.  durch gute Verkündigung des Inhaltes. Die Gemeinde ist dafür verantwortlich, dass wir die Bibel haben und dass wir sie verstehen.

.  durch Auswendiglernen des Textes. Dann ist er im Herzen aufbewahrt.

    Ps 119,11: „Dein Wort habe ich in meinem Herzen aufgespeichert, damit ich nicht gegen dich sündige.“

.  durch Anwenden und Gestalt–Annehmen im Leben. Die einzige Bibel, die viele Menschen in ihrem Leben lesen werden, sind Christen, die das Wort Gottes in ihrem Leben darstellen.

    2Kr 3,2.3: „Unser Brief seid ihr, geschrieben worden in unseren Herzen, gekannt und gelesen von allen Menschen, die ihr offenbar gemacht werdet, dass ihr ein Brief Christi seid, durch uns bedient, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebenden Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.“

 

                G:  Die Gemeinde als Zufluchtsort

                          

Die Gemeinde ist ein Zufluchtsort für Verirrte: 1Kö 8,41.42; vgl. Ag 8,27. Da jeder einzelne Christ ein Tempel ist, sollte jeder auch eine Anlaufstelle für Heilssuchende sein: 1P 3,15. Jeder Christ sollte andere Menschen in sein Leben hinein willkommen heißen, sodass ein anderer mit seinen Problemen bei ihm Zuflucht finden darf. Das ist wahre Gastfreundschaft.

 

            V:  Vom Bauen an diesem Haus

 

                A:  Wer baut am Haus Gottes Gemeinde?

 

                    1:  Gott selbst

                              

Heb 3,1-4; Kol 2,19

    Jes 53,10: „… in seiner Hand …“, der des Messias, der litt und erhöht wurde. Er beruft, disponiert, treibt an, stärkt, korrigiert, ist Maß beim Bau. Er bringt seine Sache zum Ziel.

    Siehe Mt 16,18; Ag 2,41.47; 9,31; 15,14-16; 1P 2,5.

 

                    2:  Die ersten Sendboten bauen.

                               

1Kr 3,10.11: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben wurde, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt, aber ein anderer baut darauf. Ein jeder sehe zu, wie er darauf baut, denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der liegt: Der ist Jesus, der Christus.“

    Eph 2,20A: „… aufgebaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten …“

 

                    3:  Jeder Christ baut.

                              

Haggai rief die Israeliten auf: „Baut das Haus!“

    Auch wir alle sind dazu aufgefordert.

    1Th 5,11M: „… und einer baue den anderen …“

    1K 3,10: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben wurde, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt, aber ein anderer baut darauf. Ein jeder sehe zu, wie er darauf baut.“

    Eph 4,12: „… zwecks der Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi …“

 

                B:  Wo wird gebaut?

                          

Das Fundament ist gelegt. Wir bauen darauf.

 

                    1:  An der Innenseite

                             

1Th 5,11: „Darum ruft einander auf und einer baue den anderen, so, wie ihr es auch tut.“

    1P 2,5: „… auch ihr selbst als lebende Steine gebaut werdet – ein geistliches Haus …“

    Jd 20: „Ihr aber, Geliebte, während ihr euch selbst aufbaut mittels eures heiligsten Glaubens und im Heiligen Geist betet …“

 

                    2:  An der Außenseite

                              

Es gibt noch so manche Lücke im Bau. Und es sind viele Steine, die im Ruin herumliegen, einige vor unserer Tür, einige weiter entfernt. Wir sollen sie holen und Jesus, dem Baumeister, zuführen. Viele sehen gar nicht wie brauchbare Bausteine aus, sind zerschlagen, aber unser Herr ist der Maurer. Er verwandelt jeden.

 

                C:  Mit welchem Ziel soll gebaut werden?

                          

Eph 4,12-15: „… zwecks der Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen mögen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu einem erwachsenen Manne, zum Größenmaß der Fülle des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und von jedem Wind der Lehre umhergetrieben durch die Betrügerei der Menschen, durch Verschlagenheit, hin zu mit List ersonnenem Irrweg, indem wir aber wahrhaftig sind in Liebe, wir in allem heranwachsen mögen zu ihm, der das Haupt ist, Christus.“

    Ob in Zusammenkunft oder sonstwo, alles soll dem Zweck der Erbauung dienen (1Kr 14.26E) hin zur Christusähnlichkeit. Alles Abbauende soll wegfallen.

    Kol 1,28.29: „… den wir als Botschaft verbreiten, wobei wir jeden Menschen mahnen und jeden Menschen lehren in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen darstellen als vollendeten in Christus Jesus, dahin ich auch arbeite, wobei ich ringe nach seinem Wirken, das in mir wirkt in Kraft.“

    Ga 4,19: „… meine Kindlein, um die ich wieder Geburtswehen habe, bis Christus in euch gestaltet worden ist!“

 

                D:  Wie soll gebaut werden?

 

                    1:  In Liebe und Einmütigkeit

                              

Eph 4,15.16. Vgl. 3,17.

    Paulus sagt: „Kenntnis bläht auf, aber Liebe baut.“ (1Kr 8,1)

    Doch ist nicht alles Liebe, das so heißt. Und es ist nicht alle Liebe von Gott bzw. von Jesus oder dem Heiligen Geist. Es geht um die Liebe, die im Wort erwächst und im Vertrauen auf den Herrn in selbstloser Weise dem anderen dient.

 

                    2:  Mit Wort Gottes

                               

Ag 20,32: „Und nun übergebe ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das Kraft hat, euch aufzubauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten.“

 

                    3:  Mit Weisheit

                              

Wie Paulus: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben wurde, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt, aber ein anderer baut darauf. Ein jeder sehe zu, wie er darauf baut, denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der liegt: Der ist Jesus, der Christus. Wenn jemand auf diesen Grund aufbaut Gold, Silber, kostbare Steine, Holz, Heu, Stroh, wird das Werk eines jeden offenbar werden, denn der Tag wird es klarmachen, weil es in Feuer enthüllt werden wird, und welcherlei das Werk eines jeden ist, wird das Feuer prüfen.“ (1Kr 3,10-13)

 

                    4:  Bis der Bauherr wiederkehrt!

                              

„Handelt bis ich komme.“ (Lk 19,13E)

    Beten wir für günstiges „Bauwetter“:

    Ag 9,31: „Also hatten die Gemeinden durch ganz Judäa und Galiläa und Samarien hin [nach der Bekehrung des Verfolgers Saulus] Frieden, wurden gebaut und lebten in der Furcht des Herrn. Und durch den Zuspruch des Heiligen Geistes wurden sie vermehrt.“

    12,24: „Aber das Wort Gottes wuchs [nach dem Tode seines Feindes Herodes] und mehrte sich immerfort.“

    1Tm 2,1-4: „Vor allem lege ich dir nahe: Lass Flehen, Gebete, Fürbitten und Dank für alle Menschen dargebracht werden, für Könige und alle, die in höherer Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben in aller rechten Ehrfurcht und Ehrbarkeit führen mögen, denn solches ist edel und angenehm vor Gott, unserem Retter, der will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen …“

 

                E:  Worte zur Besinnung

 

An welchem Haus baust du?

 

Du opferst deine beste Kraft, dein ganzes Tun und Streben

dem Haus auf Erden, hast’s geschafft, bequemlich hier zu leben.

 

Auf deines Herzens erstem Platz ist dieses Haus zu finden.

Du opferst manchen großen Schatz, um dessen Bau zu gründen.

 

Doch siehst du nicht, wie Gottes Haus verödet schon seit Jahren?

Und du bleibst still, gehst nicht hinaus, willst dir die Mühe sparen?

 

Du machst dein Leben schön und reich und willst viel Freude sehen,

doch Gottes Werk muss krank und bleich, verwaist am Rande stehen?

 

Dich kümmert’s nicht: Es gibt ja doch die andern, und die sollen

die Arbeit tun. Es gibt ja noch genug, die bauen wollen.

 

Doch lieber Freund, heut’ bitte ich, erlaube mir die Frage:

Besinne und erinn’re dich zurück an diese Tage.

 

Hat sich der ganze Stress gelohnt? Was hast du denn gewonnen?

Nur Unruh’ hat bei dir gewohnt, und alles ist zerronnen.

 

Du brachtest viele Schätze heim, die deinem Hause galten.

Doch Gott blies in dein Werk hinein. Du konntest gar nichts halten.

 

Du hast viel Samen ausgesät, doch wenig nur erworben.

Hast du geschuftet früh bis spät, ist schnell der Lohn verdorben.

 

Du wurdest nicht vom Essen satt. Du trankst und bliebst betrogen.

Nichts hielt, was es versprochen hatt’. Der Durst ist nicht verflogen.

 

War es der ganzen Mühe wert? Was blieb von deinen Schätzen?

Du bist nur müde und verzehrt von all’ der Müh’, vom Hetzen.

 

Du hast die beste Kraft geweiht, für das, was wird vergehen,

und denkst nicht an die Ewigkeit und was dort wird bestehen.

 

Steh’ auf und hole Holz herbei, an Gottes Bau zu helfen!

Und ob der Dienst auch schwierig sei, Gott wird ihn dir vergelten,

 

denn wenn die beste Kraft und Zeit, dein ganzes Tun und Streben

ist Gott und seinem Reich geweiht, wird er dir alles geben.

 

Dann reicht er schon auf dieser Welt dir manches Glück entgegen

und sorgt, dass es dir niemals fehlt an Freude, Haus und Segen.

 

Hab’ doch den Mut und prüf’ es jetzt. Gott wird es dir beweisen:

Wenn du auf sein Verheißen setzt, wird er sich treu erweisen.

 

D’rum geh’ in Gottes Haus sogleich und sorg’ dich nicht um morgen!

Nein, sorge dich um Gottes Reich, und Gott wird für dich sorgen.

 

                                                     - Alexander Derksen, Gifhorn

 

 

        c.  Die Gemeinde als Pfeiler

                 

            .  1Tm 3,15: „… falls ich aber verziehe, damit du weißt, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebenden Gottes ist, Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit.“

    Zur Zeit der Bibel gab es zwei Arten von Pfeilern, den freistehenden wie den tragenden. Der erste diente ästhetischen bzw. Gedenkzwecken. In diesem Sinne könnte der Gläubige die Verheißung in Of 3,12 haben. Der zweite war die Stütze eines Daches, sei es in einem Zelt, einem festen Bau oder einer offenen Überdachung. Es ist dieser, an den der Apostel wohl in seinem Schreiben an seinen Mitarbeiter denkt, denn mit ihm verbindet er gleich den Gedanken der „Grundfeste“, eines festen Grundes oder einer Stütze. Das „und“ zwischen „Pfeiler“ und „Grundfeste“ ist wohl im Sinne von „das heißt“ gemeint. Das Fehlen des Artikels bei beiden Vokabeln unterstützt diese Annahme.

    Allerdings, weil sie die Verknüpfung mit dem Vorangehenden „hart“ finden, verbinden einige Besprecher des obigen Textes seinen Schluss mit V. 16, was m. E. nicht gestattet ist, weil dadurch der Wahrheitsgehalt aufgeteilt wird: Wahrheit wird Pfeiler von Wahrheit, während im NT das Evangelium die Wahrheit als ein Ganzes ist, wovon gerade V. 16 eine Zusammenfassung ist, vielleicht die wichtigste. Und der flinke Bildwechsel von „Haus“ zu „Pfeiler“ kann sogar als typisch paulinisch angesehen werden.

    Nun stimmt es, dass das Evangelium Jesu Christi und seiner ersten Sendboten nach Eph 2,20 unser Fundament ist. In diesem Sinne braucht die Wahrheit keine Stütze. Aber darum geht es nicht in unserem Text, sondern um die Bezeugung der Wahrheit und den Umgang mit ihr. Für das Fortbestehen der Botschaft des Evangeliums in dieser Welt hat Gott seine Gemeinde in Mitverantwortung gezogen. Der Vers soll den jungen Timotheus in seiner verantwortungsvollen Tätigkeit in Ephesus motivieren. Wenn die Gemeinde die Christusbotschaft in der Welt nicht trägt und in sie hinein, wer soll es denn tun?

 

            .  Denken wir auch an Eph 6,14A.15: „Steht also, … die Schuhe an den Füßen gebunden in einer festen Bereitschaft der guten Botschaft des Friedens …“

    Der Ausdruck „Bereitschaft der guten Botschaft“ hat den Auslegern von jeher Schwierigkeiten bereitet. 

    Das im Grundtext zugrunde liegende Wort hat die Bedeutung: ‚bereit zu sein’, ‚im Begriff der Bereitschaft zu sein’. In der griechischen Übersetzung des AT kann es in Verbindung mit einer festen Unterlage gebraucht werden, einer Art Fundament, das bereits vorhanden ist, also in Bereitschaft liegt. Der Apostel, der seine Schrift kennt, dürfte auch an diesen Aspekt gedacht haben. Es handelt sich hier also wohl um eine Bereitschaft der Festigkeit.

    Paulus spricht von einer „Bereitschaft der guten Botschaft“, des Evangeliums. Der Wesfall ist in sich selbst nicht klar. Handelt es sich um eine feste Bereitschaft „für“ die Botschaft oder „aus“ ihr? Soll man die Botschaft weitertragen oder in ihr stehen? Die Antwort kommt aus dem Hauptprädikat des Satzes, in dem der Text steht. Es befindet sich ganz am Anfang (in V. 14) und lautet: „Steht“, u. z. in der Befehlsform. Dieses eine Wort bildet den Hauptsatz eines mehrteiligen und längeren Satzes, der bis zum Ende von V. 20 reicht. Das Subjekt „ihr“ ist nämlich vorausgesetzt, und alles, das auf „Steht“ folgt, erklärt, wie man zu stehen hat.

    Es geht dem Apostel also um ein Stehen mit der guten Botschaft und nicht um ein Gehen mit derselben.   

   

            .  Zwei treffende Stimmen seien angefügt.

Zantop (in seiner Auslegung des 1. Timotheusbriefes): „Die Gemeinde bewahrt das Leben Jesu, indem sie es ihm in heiligem Ernste nachlebt und also das Licht der Wahrheit nicht nur in der Heiligen Schrift, in Lehre und Predigt, sondern durch das eigene Leben in die Welt hineinleuchten läßt (Php 2,15.16).

    Die Gemeinde bewahrt Gottes Wort. Sie verbreitet es ohne menschliche Zutaten weiter und weiter bis an die Enden der Erde und gewinnt Jünger für Jesum unter allen Völkern. Sie bietet so der Wahrheit des Evangeliums für ihren Bestand in der Welt eine fortdauernde Stütze und feste Grundlage gegenüber den ‚Pforten der Hölle’, den Angriffen Satans, der böse Geister im Himmel (Eph 6,11-13) und ungläubige, unverständige arge Menschen auf Erden (Rm 15,30; 2Th 3,2) zu Dienern hat …

    Fürchten wir uns, dieser Auffassung [von 1Tm 3,15E] zu folgen, weil die Gemeinde in den vergangenen Jahrhunderten den so hohen Beruf, Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit zu sein, nur sehr mangelhaft erfüllte, so ist zu beachten, dass eben die Christenheit im großen und ganzen aufhörte, den Namen ‚Gottesgemeinde’ zu verdienen.“

    M. a. W.: Wo sie nicht „Pfeiler und Grundfeste“ ist, ist sie nicht Gemeinde.

    Schlatter bemerkt zu unserer Stelle: „Gottes Haus besteht aus seiner Gemeinde. Sein Eigentum sind nicht Tempel, sondern die, die seine Gnade inwendig mit ihm und dadurch unter einander verband. Diese in ihm mit einander vereinigte Gemeinde ist deshalb sein und darum durch Christus von ihm gemacht, damit die Wahrheit bei ihr sei… Ihr dient die Gemeinde in ähnlicher Weise, wie ein Sockel der Statue, eine Säule dem Bilde dient, das sie trägt. In ihr hat die Wahrheit ihren Ort, ist bei ihr heimisch und zur Herrschaft gebracht … Durch sie soll sie auch den anderen sichtbar werden und allen gezeigt werden, so dass sie in die Welt hineinstrahlt und alle [ruft]. Dadurch entsteht die hohe Verantwortlichkeit, die sich auf jedes Glied der Gemeinde erstreckt … Die Vertretung der Wahrheit Gottes ist der Gemeinde aufgetragen. Welch ein Dienst! Welch eine Pflicht! … Denn es handelt sich um diejenige Wahrheit, durch deren Erkenntnis wir gerettet sind (2,4), die den einen Gott und den einen Mittler zwischen Gott und den Menschen vor uns enthüllt, ihn in seiner Kreuzesgnade.

    Darum wird die Höhe des Berufs, der der Gemeinde dadurch gegeben ist, dass Gott sie als die Säule für seine Wahrheit [gebraucht], durch die Größe des Geheimnisses der Frömmigkeit näher bestimmt“ [Bezug nehmend auf V. 16].

 

        d.  Die Gemeinde ist ein Licht.

                  

Mt 5,14-16: „Ihr [die Jünger Jesu] seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen werden. Man zündet auch nicht eine Lampe an und tut sie unter ein Getreidemaß, sondern auf einen Leuchter, und sie leuchtet allen, die im Hause sind. So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, sodass sie eure edlen Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.“

   

            .  Der, der diese Worte sagte, hatte allerdings noch mehr über Licht in unserer Welt zu sagen. Sein Jünger Johannes berichtet:

    1Jh 1,5: „Und dieses ist die Ankündigung, die wir von ihm gehört haben und euch berichten: Gott ist Licht, und in ihm ist gar keine Dunkelheit.“

    Jh 1,1A.14.4-10A: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott [und ihm zugewandt], und das Wort war Gott… 14 Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir schauten und sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit wie eines Einziggeborenen vom Vater her, voll Gnade und Wahrheit… 4 In ihm war das Leben. Und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Dunkelheit, und die Dunkelheit hielt es nicht auf.

    6 Es trat ein Mensch auf, von Gott gesandt. Der hieß Johannes. 7 Dieser kam zum Zeugnis, um von dem Licht Zeugnis zu geben, damit alle durch ihn glaubten. 8 Er selbst war nicht das Licht, sondern er sollte von dem Licht Zeugnis geben.

    9 Es war das wahre Licht, das jeden Menschen anleuchtet, in die Welt kommend. 10 Er war in der Welt …“

    8,12: „Darauf redete Jesus wieder zu ihnen und sagte: ‚Ich bin das Licht der Welt. Der, der mir folgt, wird nicht in der Dunkelheit wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.’“

 

            .  Dieser Sohn Gottes, das Licht im Wesen, hat nun in seinen Nachfolgern ein Licht angezündet, das jeder leuchten lassen soll. Kraft ihrer Verbundenheit mit ihm und seiner Innewohnung in ihnen sind sie als Zeugen in einer dunklen Welt, was er ist: Lichter in der Nacht der Menschheit. Deshalb können Paulus und Barnabas in der Ag 13,47 das von sich sagen, was in Jesaja 49,6 vom Messias gesagt war: Sie seien ein Licht denen aus den Völkern. Auch in folgenden Stellen kommt diese Wahrheit in deutlicher Weise zum Ausdruck.

    Eph 5,8: „… denn ihr wart einst Finsternis; nun aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt wie Kinder des Lichts.“ Licht ist ihr Ursprung, und sie sollen wie Licht wirken.

    Php 2,15: „… damit ihr frei von Tadel und unlauterer Beimischung seid, Gottes untadelige Kinder mitten in einem krummen und verkehrten Geschlecht, in dem ihr offenbar seid wie Lichter in der Welt“ – Lichter in der Nacht am Himmelsgewölbe.

    Of 1,12.13.20: „… sieben goldene Leuchter …“: Sie erinnern an den siebenarmigen Leuchter im Tempel.

    V. 16: „Und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging hervor ein scharfes, zweischneidiges heftiges Schwert, und sein Gesicht war wie die Sonne, wenn sie leuchtet in ihrer Kraft.“

    2,1: „Dem Boten der ephesischen Gemeinde schreibe: Das sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der inmitten der sieben goldenen Leuchter geht.“

    Christen sind Sterne und Leuchter in dieser dunklen Welt. Es ist nun der, der das Licht selbst ist, der die Lichtträger platziert. Jeder von uns sollte willig und bereit sein, in die dunkelste Ecke gestellt zu werden, um dort himmlisches Licht leuchten zu lassen.

    In der Stiftshütte gab es keine Fenster. Der siebenarmige Leuchter war die einzige Lichtquelle. Diese Welt kennt keine Fenster. Wir sind das Licht und bilden das Fenster zum Jenseits. Und nach Of 2,5 sind wir nur solange Licht (und Leuchter), als wir wirklich Licht sind. Wenn wir zu scheinen aufhören, kann man den Ständer wegwerfen.

 

        e.  Die Gemeinde ist eine Stadt.

                  

Mt 5,14: „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen werden.“ Das Licht scheint das der Stadt zu sein. In dem Fall fließen die zwei Bilder Licht und Stadt zusammen.

    Der Wandel, zu dem in Php 1,27 aufgerufen wird, setzt eine Stadt voraus, deren Bürger man ist. Die Gemeinde ist ein geistlicher Stadtstaat, von der guten christlichen Botschaft geprägt, der entsprechend man leben soll.

    Ga 4,23-27: „Jedoch ist der, der von der leibeigenen Magd war, nach dem Fleisch geboren, aber der, der von der Freien war, durch die Verheißung, welches als Bild dient … Aber das obige Jerusalem ist frei, welches unser aller Mutter ist, denn es ist geschrieben: ‚Sei fröhlich, Unfruchtbare, die du nicht gebierst. Brich aus in Jubel und rufe, die du keine Geburtsschmerzen [zu leiden] hast, weil der Kinder der Einsamen viele sind, mehr als die Kinder derer, die den Mann hat.’“

    „Die Gemeinde ist die Mutter ihrer Glieder; sie erzeugt sie in ihrem Schoß“, schrieb Adolf Schlatter. So wie die Stadt Jerusalem im alten Bunde eine Mutter für Israel war, so ist die Gemeinde des neuen Bundes eine himmlische Stadt (vgl. Eph 1,3; 2,7) und Mutter derer, die im Heil zu ihr stoßen.

    He 12,22.23A: „… ihr seid hingekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebenden Gottes, einem himmlischen Jerusalem“ mit „Zehntausenden von [himmlischen] Boten“ und „der Gesamtfestversammlung und „einer Gemeinde von Erstgeborenen, in den Himmeln eingetragen …“

    Of 21,9.10: „Und es kam zu mir einer der sieben Boten, welcher die Schalen, voll der sieben letzten Plagen, hatte, und sprach mit mir. Er sagte:

    ‚Komm her! Ich werde dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes.’

    Und er trug mich im Geiste auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die große Stadt, das heilige Jerusalem. Sie kam nieder aus dem Himmel von Gott.“

    Diese Stadt kann beides sein, ein Bild von der Gemeinde wie auch eine tatsächliche Stadt, der künftige ideale Wohnort der Gemeinde.

 

        f.  Die Gemeinde ist eine Reihe von Gefäßen.

 

Paulus wurde vom Herrn als ein für ihn brauchbares Gefäß betrachtet:

    Ag 9,15: „Der Herr sagte zu ihm: ‚Gehe hin, weil dieser mir ein erwähltes Gefäß ist, meinen Namen vor die von den Völkern und vor Könige zu tragen, und vor die Söhne Israels …“

    Im Grunde ist Gott in jedem Leben am Werk, um ihn zu seiner Ehre zu gestalten; doch nur die durch Glauben Gerechtfertigten haben Aussicht auf ein seliges Bleiben:

    Rm 9,21-24A: „Oder hat der Töpfer nicht Vollmacht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen? Wenn aber Gott, da er [seinen] Zorn erzeigen und seine Kraft kennen lassen wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die fürs Verderben fertig geworden waren, ertrug? – und [wenn er dieses tat], damit er kennen lasse den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er im Voraus zu Herrlichkeit bereitete, [an] uns, die er auch rief …?“

    Als Gefäß ist der Christ ein Träger des kostbaren Heilsgutes:

    2Kr 4,7: „Aber wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die Übertrefflichkeit der Kraft sei Gottes und nicht aus uns …“

    Will jemand in der Gemeinde brauchbar sein, hat er sich zu reinigen und Abstand von allem Bösen zu nehmen:

    2Tm 2,21: „Wenn also jemand sich selbst von diesen ganz gereinigt haben wird, wird er ein Gefäß zur Ehre sein, [eines, das] geheiligt worden ist und dem Herrn, der [über die Gefäße] verfügt, gut brauchbar, zu jedem guten Werk bereitet.“

    Schon von Natur aus ist einer ein stärkeres Gefäß als ein anderer. Das will berücksichtigt werden:

    1P 3,7: „… gleicherweise die Männer: wohnt nach Kenntnis zusammen mit dem weiblichen Gefäß als dem schwächeren und erteilt [ihm] Ehre und Wertschätzung zu als solche, die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, sodass eure Gebete nicht abgeschnitten werden …“ Gläubige Eheleute sind beide vergängliche Gefäße, die auf die Gnade künftigen bleibenden Lebens hoffen. So sind sie eher fähig, heute ihr Zusammenleben zu führen.

 

        g.  Die Gemeinde wird mit Salz verglichen.

                 

Mt 5,13: „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz aber fade geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es ist zu nichts mehr imstande als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.“

 

            I:. Das Bild steht nicht allein im Raum.

 

Im nächsten Vers werden die Jünger des Herrn als Licht der Welt bezeichnet. Der Unterschied im Bereich des Vergleiches fällt auf: Licht sind sie in einer „Welt“, Salz dagegen auf einer „Erde“. Das wird jedoch verständlich, wenn man an die Bilder selbst denkt: Licht verscheucht Finsternis, die in der Welt, die also als negativ zu betrachten ist. Salz will aber das erhalten, in das es eingeführt wird, in diesem Fall die Erde, die demnach als etwas Positives betrachtet wird. Das lässt darauf schließen, dass Jesus hier beim Begriff „Welt“ an die der Menschen denkt, beim Begriff „Erde“ an die Schöpfung, die aus der Hand Gottes kam, wegen der Verderblichkeit aber, die Gott nach dem Fall in sie einführte, der Erhaltung bedürftig ist. Salz der Erde sollen Jünger Jesu sein, weil etwas Schlimmes in etwas Gutes hineinkam, Licht der Welt, weil etwas Gutes in etwas ganz Schlimmes hineingebracht werden soll.

    Nachfolger Christi haben einen Schöpfungsauftrag und einen Auftrag, das Licht des Evangeliums zu verbreiten. Christen sind das erhaltende Salz der Erde Gottes und das rettende Licht dieser dunklen Welt. Die zwei Aufträge der Gemeinde werden zu gleicher Zeit wahrgenommen. Zeugen des Lichts sind wir bei der Schöpfungsarbeit, Salz bei aller evangelistischen Tätigkeit. Doch kann der Schwerpunkt des einen Gläubigen in einem Bereich liegen, beim nächsten im anderen. Salz wirkt eher im Verborgenen. Licht fällt ins Auge. Beide Aufträge werden mit Wort und Wandel wahrgenommen, Rede und Tat.

 

            II:. Der Auftrag ist ein alter.

 

Der Auftrag des ersten Menschen, der in eine vollkommene Umwelt gestellt wurde (1M 1,28; 2,8), ist offenbar nicht zurückgezogen worden, als er nach seinem Fall aus dem Garten ausgewiesen werden musste.

    Jesus scheint diesen Auftrag für die neue Menschheit aufrecht zu erhalten, solange sie auf der Erde wohnt. Mit seinem ersten Kommen bricht eine neue Zeit an. Dabei dauert die alte weiterhin an. Hinfort haben Nachfolger des Messias zwei Aufträge. Der Auftrag einzelner alttestamentlicher Propheten, die Licht ankündigten, wird nun der eines jeden Messiasschülers. Der Schöpfungsauftrag bleibt.

    In Of 11,18 ist zu lesen: „Und … ist gekommen … die Zeit … , … die zu verderben, die die Erde verderben.“

    Gott ist zur Zeit noch dabei, das Verderbende zurückzuhalten (Heb 1,3A; 2P 3,5). Der Staat (2Th 2,6.7) und die Gemeinde sind in ihren jeweiligen Aufgaben dabei seine Mitarbeiter.

   

            III:. Von der Wirkung des Salzes

 

                .  Salz verbessert den Geschmack der Speise. Andere Menschen sollen durch uns wieder einen Geschmack für echtes Leben bekommen. Durch uns sollen sie erkennen, dass das Leben einen Sinn hat und dass Jesus dieser Sinn ist. Unsere Rede soll angenehm sein, attraktiv, das Leben für Menschen um uns herum erfreuen:

    Kol 4,5.6: „Wandelt in Weisheit gegen die, die draußen sind; kauft dabei die gelegene Zeit aus. Euer Wort sei allezeit in Gnade [gesprochen], mit Salz gewürzt, zu wissen, wie ihr einem jeden antworten sollt.“

   

                .  Salz trägt auch zur Dauerhaftigkeit bei.

                    -  Die Menschheit droht dauernd, dem Verfaulungsprozess anheim zu fallen. Es sind die Christen, die ihn noch aufhalten. Sie wirken wie ein Präservativ. Salz wirkt dem Bösen entgegen, desinfizierend, reinigend, wie Feuer. Im Zeichen des neuen Lebens, das sie erhalten haben, und der neuen Welt, der sie entgegengehen, verhalten sich Jünger Jesu anders als die, die in dieser Welt ihr Zuhause haben (Of 12,12), jedoch in undankbarer Weise mit ihr umgehen. Die Gemeinde des Messias ist gerufen, alles Gute unter Menschen und in der Schöpfung zu erhalten.

    Sind wir aber nicht mehr Salz, sind wir auch nicht mehr Christen. Hätte Lots Frau im Leben mehr Salzkraft gehabt, hätte sie nicht im Tode zu Salz werden müssen.

                    -  Auch Beziehungen können erneuert und erhalten werden.

Ein arabischer Ausdruck für einen Treuebund besagt: „Es ist Salz zwischen uns.“

    Fausset bemerkt: „Ein Araber, der einen eben noch beraubt und umgebracht hätte, sobald man sein Salz geschmeckt hatte, würde er bis zum Tode sich für einen einsetzen.“

    Auf Persisch war ein Verräter einer, der „dem Salz untreu“ war.

    Nach einem Streit unter den Jüngern sagt Jesus: „Habt Salz in (bzw. unter) euch.“ (Mk 9,50)

    Das Salz auf den Opfern sprach wohl von der Bundestreue Gottes.

   

                .  Salz wirkt auf Kosten seiner selbst.

Siehe auch Php 4,8; Tt 2,11-14; 1Kr 7,29-31.33.34.

 

        h.  Die Gemeinde ist ein Brief.

                  

2Kr 3,2.3: „Unser Brief seid ihr, geschrieben worden in unseren Herzen, gekannt und gelesen von allen Menschen, die ihr offenbar gemacht werdet, dass ihr ein Brief Christi seid, durch uns bedient, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebenden Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.“

    Die Korintherchristen sind Gestalt annehmendes Wort Gottes geworden, das in Korinth gepredigt und aufgenommen wurde. Sie wurden gleichsam Evangelium. Aber dieses Evangelium, das dort Menschenform angenommen hatte, war zuerst geschrieben worden in den Herzen des Apostels Paulus und seiner Mitarbeiter; dort hatte es begonnen. Der Brief stammte von Christus, wurde in das Herz des Apostels geschrieben, der wie ein „Briefträger“ nach Korinth kam und ihn dort ablieferte. Dort wurde er aufs Neue geschrieben, nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebenden Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf die Herzen. Vgl. Hes 36,26.27.

    Wir sind im Wesen Zeugen – wie Jesus es seinen Jüngern verhieß (Ag 1,8). In Wort wie in Tat ist die Gemeinde Jesu eine Botschaft – allerdings nicht nur in irdischer Richtung an unsere Umwelt, sondern auch in himmlischer:

    Eph 3,10: „… damit nun den Erstrangigen und Autoritäten in den himmlischen Bereichen durch die Gemeinde die sehr mannigfaltige Weisheit Gottes kund würde …“

 

        i.  Wird die Gemeinde mit einem Brot verglichen?

                  

Bei dieser Frage müssen wir uns etwas mit 1Kr 10,16.17 beschäftigen.

 

            I:  Eine etwas engere Übersetzung des Textes

                      

„Der Becher des Lobens, [über] den wir loben, ist er nicht eine Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht eine Gemeinschaft des Leibes Christi? – weil es ein Brot ist, ein Leib wir, die Vielen, sind, denn wir, alle, sind des einen Brotes teilhaftig.“

 

            II:  Der Text mit Zwischenkommentar

                       

„Der Becher des Lobens, [über] den wir loben [wie der Israelit in der Passafeier und unser Herr bei der Einsetzung des Herrnmahles], ist er nicht eine Gemeinschaft des Blutes Christi [weil, (1.) es an unserer Statt vergossen wurde und (2.) wir das in Reue und Vertrauen angenommen haben, welches beides wir im Trinken darstellen]? Das Brot, [für das wir ebenfalls gelobt haben als Bild vom Leib Jesu Christi], das wir brechen, [womit wir zum Ausdruck bringen, dass wir mit schuldig sind am Leiden unseres Herrn], ist es nicht eine teilhabende Gemeinschaft [wenn wir es zu uns nehmen] des Leibes Christi, [eine Gemeinschaft zusammen mit anderen]? – weil [es] ein [und dasselbe] Brot [ist, das vom leidenden Leib unseres Herrn spricht und von dem jeder isst], ein Leib wir, die Vielen, sind, denn die Allen, des einen Brotes sind wir teilhaftig.“

 

            III:  Zusätzliche Bemerkungen

 

                .  In diesem Text stehen Gemeinschaftsgegenstand und Gemeinschafthabende einander gegenüber. Dadurch, dass mehrere Individuen teilhabende Gemeinschaft mit demselben Gegenstand haben, haben sie eine verbindende Gemeinschaft mit einander. Von daher muss es als eine Fehlübersetzung betrachtet werden, wenn in V. 17A das Brot als Bild von der Gemeinde entsteht. Auch der letzte Satz in V. 17 spricht dagegen.

 

                .  Zu V. 16: Er starb an meiner Statt, ich mit ihm; wir starben zusammen. Dieses bekenne ich, wenn ich teilnehme.

    „Blut Christi“ und „Leib Christi“ stehen parallel. Sie beziehen sich beide auf den leidenden Herrn. Daher ist der zweite Ausdruck nicht auf die Gemeinde zu beziehen.

 

                .  Zu V. 17: Weil es ein Brot ist, bilden die mehrzähligen Teilnehmer einen Leib. Ein Genussgegenstand macht die Genießenden zur Einheit.

    Wozu dient die Erwähnung der Einheit der Teilnehmer an dieser Stelle, wenn der Apostel darauf abzielt, Schuld bei Teilnahme an Götzenopfermahlzeiten aufzuweisen? Bedenken wir nämlich, dass die Verse 14-22 ein einheitlicher Text sind. Hätte für diesen Zweck nicht V. 17 weggelassen werden können? In der Tat gewinnt der Vers zwischen den Versen 16 und 18 den Charakter einer störenden Parenthese, wenn er mit einem neuen Satz beginnen soll, wie Kling, Braune und Braune (bei Lange) andeuten. Dagegen soll er offensichtlich als organisches Glied in dem Fluss der Beweisführung dienen.

    Der Hinweis des Verses dient tatsächlich der Überführung. Wenn jeder nämlich vom selben Gegenstand genießt, kann niemand sich ausnehmen und sagen: „Bei mir war das aber nicht der Fall.“ Genau das war in Korinth die Gefahr. Der Brief ist geradezu ein Dokument als Bericht über Einzelgängerei in einem Thema nach dem anderen, vom ersten Kapitel an. V. 17 will zeigen, dass mit der zweimaligen Erwähnung „Gemeinschaft“ in V. 16 mehr als nur individuelle Teilnahme am Leiden Christi gemeint ist. Es ist eine gemeinsame Teilnahme. Jeder tut dasselbe. Daher auch die Betonung des Wortes „alle“ durch den Artikel, ja, die zweimalige Erwähnung der Mehrzähligkeit: „wir, die Vielen, die Allen“. Wenn es sich also beim Mahl des Herrn so verhält, dann auch am Tisch der Götzen, hinter denen lebende Dämonen stecken. Teilnahme an diesen Opfermahlen ist nicht ein individuelles Vergnügen, bei dem man niemandem Rechenschaft schuldet.

    Es könnte noch ein weiterer Grund für die Betonung der Leibhaftigkeit vorliegen: Diese bringt Hirtenverantwortung mit sich. Es hat hier das Wort des Hebräerbriefverfassers Platz (12,13-16):

    „… und ‚macht euren Füßen gerade Bahn’, damit das Lahme nicht abgewandt werde, vielmehr geheilt. Jagt dem Frieden nach mit allen, auch der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird, und dabei haltet Aufsicht, dass nicht jemand von der Gnade Gottes abkomme und sie ihm fehle, dass nicht etwa eine bittere, giftige Wurzel emporwachse und Schwierigkeit bereite und viele dadurch befleckt werden, dass nicht ein Unzüchtiger da sei oder ein Profaner, der außerhalb des Heiligen ist, wie Esau, der für ein Essen seine Erstgeburt weggab …“

    Sind die Korinther durch den gemeinsamen Genuss des Brotes, das ihren gemeinsamen für sie sich hingegebenen Herrn darstellt, eine eng verbundene Gemeinschaft, so hat jeder auf das geistliche Wohl des anderen zu schauen.

 

        j.  Die Gemeinde als ein ungesäuerter Teig

                 

1Kr 5,6M-8: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig säuert? Fegt also den alten Sauerteig aus, damit ihr ein frischer Teig seid, entsprechend dem, dass ihr ungesäuert seid, denn auch unser Passa wurde für uns geopfert: Christus, sodass wir das Fest feiern sollten, nicht mit altem Sauerteig, nicht mit dem Sauerteig der Schlechtigkeit und des Bösen, sondern mit dem ungesäuerten Brot der Lauterkeit und der Wahrheit.“

 

            I:  Die Bilder

                     

Der Teig ist der Einzelne wie die Gemeinde als solche. Jeder soll schauen, dass er selbst „gefegt“, dazu, dass die Gemeinde rein ist.

    Hier, wie in Mt 16,6 und Ga 5,9, nicht aber in Mt 13,33, spricht Gesäuertes von ungöttlichem Wesen im Lebenswandel.

    Dass Krümchen von gebackenem gesäuerten Teig (das Gegenteil von einem ungesäuerten) ausgefegt werden sollten, dürfte, so könnte man denken, darauf hindeuten, dass Gott vorhabe, aus ihnen ein („gebackenes“) Brot zu machen, das „genießbar“ wäre – für ihn, wie in Of 3,16, oder als Segen für andere. Doch wird in dieser Hinsicht nichts gesagt. Der Vergleich soll wohl dem Zweck des Aufrufes zur Heiligung dienen.

    Paulus sagt in V. 7: „… damit ihr ein frischer Teig seid …“ Doch macht er sofort die auffallende Aussage: „… ihr seid ungesäuert.“

    Der frische Teig war ein ungesäuerter. Sie sollen also sein, was sie sind. Was sie sind, ist ein Ganzes, ein „Teig“, der aus der Vielzahl der Gläubigen besteht, die Gemeinde. Diese ist „frisch“, etwas Neues, nicht etwas Altes, Geflicktes.

 

            II:  Die Forderungen

                       

Im Ganzen werden in Verbindung mit diesem Vergleich drei Forderungen an die Leser gestellt.

    Die erste lautet eigentlich: „Fegt also den alten Sauerteig aus …“

    Nachdem das „ägyptische“ Wesen ganz weggetan ist, soll Dauerwachsamkeit folgen, um ungesäuert zu bleiben, denn es heißt: „Wir sollten Fest feiern nicht mit Altem.“ Das ist die zweite Forderung.

    Der andere Aspekt des Feierns lautet: „Wir sollten Fest feiern mit ungesäuertem Brot“ – eine dritte Forderung.

    Zum Feiern gehört also einmal das wachsame sich Hüten vor „dem Sauerteig der Schlechtigkeit und des Bösen“, zum anderen das sich Nähren „mit dem ungesäuerten Brot der Lauterkeit und der Wahrheit“.

    Das Bild wechselt also: Zuerst ist man ungesäuerter Teig. Dann genießt man den gebackenen.

    „Feiern“ ist fortdauernde Gegenwartsform. Sich fortsetzende Absonderung wird gefordert (also: „Werdet stets, was ihr seid“) und ein fortgesetztes Ernähren an der Weisung Gottes. Das neue Sein ist zugleich Vorrecht und Verantwortung.

 

            III:  Die Gründe für die Forderungen

                        

Die erste Forderung lautete: „Fegt also den alten Sauerteig aus“.

    Das „also“ weist auf das eben zuvor Gesagte als ersten Grund hin: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig säuert?“

    Es ist wegen dieser Gefahr, dass alles entfernt werden soll. Genau heißt es: „ausreinigen“, „ausräumen“, also: Schlussmachen. Um rein zu bleiben, muss jegliches alte und sündliche Wesen entfernt werden. Sonst wird es, wie Sauerteig, unwiderstehlich das Ganze des Neuen verunreinigen.

    Und der zweite Grund, und zwar für alle drei Forderungen?: „… denn auch unser Passa wurde für uns geopfert: Christus …“

    Der Tod Christi bringt eine unerbittliche Trennung von Sünde. (Vgl. 2M 12,15.19.20.) Der gekreuzigte Christus, unser Passa, hat eine ewige Kluft entstehen lassen zwischen uns und „Ägypten“. Er ist aber nicht nur unser Tod der Sünde, sondern auch Leben, unser „ungesäuertes“, vollkommen reines Brot, an dem wir uns immerzu ernähren dürfen.

    „Unser Passa wurde für uns geopfert: Christus, sodass wir das Fest feiern sollten – nicht mit altem Sauerteig, nicht mit dem Sauerteig der Schlechtigkeit und des Bösen, sondern mit dem ungesäuerten Brot der Lauterkeit und der Wahrheit.“

 



[1] Bibel und Gemeinde, 1974 April – Juni; S. 151

[2] Im Vorwort zu William MacDonald: Christus und die Gemeinde; Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart, 1985; S. 7

[3] Bibel und Gemeinde, 1974 April – Juni; S. 152

[4] Getz, G. A.: Die Gemeinde aus biblischer Sicht, Dynamis-Verlag; Kreuzlingen, Schweiz, 1981; S. 7

[5] Luther, Martin: Luthers Werke. In einer das Bedürfnis der Zeit berücksichtigenden Auswahl. Viertes Bändchen; Hamburg: bey Friedrich Perthes, 1826; S. 15

[6] Snyder, Howard: Die Gemeinschaft des Gottesvolkes; S. 134

[7] nach Kuen in Bibel und Gemeinde, 1974 April – Juni; S. 153

[8] Steubing, Hans: Bekenntnisse der Kirche; R.-Brockhaus-Verlag Wuppertal, 1985; S. 179

[9] Petersen, E.: Die Gemeinde; Schwengeler-Verlag, 1978; S. 7

[10] Vgl. William Barclay: Aus dem Wortschatz des Neuen Testamentes

[11] Sir William Ramsay berichtet: „[Paul’s concept of the church] was a conception analogous to the Roman view, that every group of Roman citizens, meeting together in a body (conventus Civium Romanorum) in any part of the vast Empire, formed a part of the great conception ‚Rome’ and that such a group was not an intelligible idea, except as a piece of the great idea. Any Roman citizen, who came to any provincial town where such a group existed, was forthwith a member of the group; and the group was simply a fragment of ‚Rome’ …“ Ramsay, Sir William: St. Paul, the traveller and Roman citizen; Baker Book House; S. 125

[12] Lamsa, George M.: Die Evangelien in aramäischer Sicht, 9. Aufl.; Gossau, St.-Gallen: Max Burri, Neuer Johannes-Verlag, 1963; S. 159

[13] o.: [guter] Gewalt, o.: starker Energie

[14] d. h.: [gute] Gewalt

[15] d. h.: durch Verzicht auf die Ehe und daher auf jegliche Ausübung ihrer Sexualität

[16] Beck, Prof. Dr. J. T.: Erklärung der zwei Briefe Pauli an Timotheus. Hrsg. von Jul. Lindenmeyer; Gütersloh: Bertelsmann, 1879; S. 293, Fn. 2

[17] Theodor Haarbeck: Kurzgefaßte biblische Glaubenslehre; Buchhandlung der Ev. Gesell. für D., Elberfeld, 1919; S. 182

[18] Beck, Prof. Dr. J. T.: Erklärung der Briefe Petri; Gütersloh, 1896

[19] An die Heiligen in Rom; Verlag Orient, Frankfurt; S. 3 und 4

[20] An die Heiligen in Rom; Verlag Orient, Frankfurt; S. 57

[21] in Thoughts on the whole prophecy of Isaiah; The Sovereign Grace Advent Testimony; S. 118

[22] Getz, G. A.: Die Gemeinde aus biblischer Sicht; Dynamis-Verlag, Kreuzlingen, Schweiz, 1981; S. 10

[23] in einem Internetmanuskript

[24] Das Geheimnis Christi und seiner Gemeinde; Schriftenmissionsverlag Gladbeck; S. 17 u. 18

[25] Petersen, E.: Die Gemeinde; Schwengelerverlag, 1978; S. 8

[26] Aeschlimann, Fritz, Inspektor der Pilgermission St. Chrischona, an einer Tagung in Basel

[27] Getz, G. A.: Die Gemeinde aus biblischer Sicht; Dynamis-Verlag, Kreuzlingen, Schweiz, 1981; S. 11

[28] Haarbeck, Theodor: Kurzgefaßte biblische Glaubenslehre; Buchhandlung der Ev. Gesell. für D., Elberfeld, 1919; S. 181

[29] Schnepel, Erich: Die Offenbarung des Johannes. Die letzte Etappe der Weltgeschichte; Stuttgart: Verlag Junge Gemeinde, 1960; Vorwort zur ersten Auflage 1937

[30] Vgl. das lesenswerte Heft von G. Steinberger: Alttestamentliche Vorbilder der Braut des Lammes; Schriftenverlag Asyl Rämismühle, 1926, 5. Aufl.

[31] Petersen, E.: Die Gemeinde; Schwengelerverlag, 1978; S. 41

[32] in Alttestamentliche Vorbilder der Braut des Lammes; Schriftenverlag Asyl Rämismühle, 1926, 5. Aufl.

[33] S. Godet u. andere.

[34] Das Geheimnis Christi und seiner Gemeinde; Schriftenmissionsverlag Gladbeck; S. 21

[35] Luther, Martin: Luthers Werke. In einer das Bedürfnis der Zeit berücksichtigenden Auswahl. Viertes Bändchen; Hamburg: bey Friedrich Perthes, 1826; S. 14-17

[36] Vgl. Erich Sauer: In der Kampfbahn des Glaubens; Wuppertal: Brockhaus, 1952