Jesus, die vollkommene Freude im Dienst (Joh 3,25-30)

Gliederung:

1. Alles nur Geschenk von Gott (Joh 3,25-27)

2. Wenn das Ziel erreicht ist (Joh 3,28-29)

3. Sich selbst nicht zu ernst nehmen (Joh 3,30)

 

Einleitung

Wie können wir Gott und den Menschen mit Freuden dienen, ohne uns selbst kaputt zu machen und ohne ständig auf die Anerkennung anderer angewiesen zu sein? Johannes zeigt uns, dass die Einstellung und Motivation zum Dienst stimmen müssen. Diese hängen auch von unserer Erkenntnis Gottes und der Erkenntnis seiner Gnade ab. Je mehr wir Gottes Heilsabsicht und seine Gnade für unser Leben verstehen, desto mehr können wir diese Gnade in unserem Leben wirken lassen, und das speziell auch im Dienst für Gott und Menschen. Welches ist diese Grundlage, die wir von Johannes dem Täufer lernen können.

 

1. Alles nur Geschenk von Gott (Joh 3,25-27)

Johannes der Täufer hatte den göttlichen Auftrag, Menschen zu taufen und sie auf die Ankunft des Messias vorzubereiten. Er hatte sogar Jesus getauft und dabei darauf hingewiesen, dass dieser das „Lamm Gottes“ sei, dass die Sünde der Welt hinwegnimmt (vgl. Joh 1,29). Doch nun fingen die Leute an, zu Jesus und zu seinen Jüngern zu gehen, um sich taufen zu lassen. Dadurch scheint die Arbeit des Johannes infrage gestellt zu sein. Eine Person, die nicht gelernt hat, von der Gnade Gottes zu leben, und die den Wert des eigenen Lebens vom Erfolg der Arbeit abhängig macht, muss in solchem Fall den gesamten Lebenssinn infrage gestellt sehen. Wie ganz anders reagiert Johannes! Er weiß, dass er nur den Auftrag erfüllen kann, den Gott ihm zuweist, und dass er nur so lange in dieser von Gott zugewiesenen Arbeit bleiben kann, bis der Auftrag erfüllt ist.

Zwei Aspekte kommen hier zum Ausdruck:

1.   Johannes weiß, dass nicht nur sein Leben, sondern auch sein Lebensauftrag ein Geschenk Gottes ist. Als die Menschen nicht mehr zu ihm kamen und seine Aufgabe dadurch infrage gestellt wurde, hätte er sich leicht Vorwürfe machen könne: „Bin ich nicht treu gewesen?“ Oder er hätte Gott Vorwürfe mache können: „Warum lässt Gott das zu, dass meine erfolgreiche Arbeit so endet?“ Doch von alledem hören wir nichts. Vielmehr lesen wir von der Zufriedenheit des Täufers, so wie Jesus von seinen Dienern erwartet, dass sie nicht mit ihrer Arbeit prahlen, sondern bekennen sollen: „Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig sind“ (Lk 17,10).

2.   Der Gegenstand der Freude des Johannes ist nicht die Gabe (der Auftrag), sondern der Geber. Deshalb kann ihm die Freude auch nicht genommen werden, indem der Erfolg seiner Arbeit zu Ende geht. „Der HERR hat es gegeben, der HERR hat es genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ (Hiob 1,21).

Auch für uns ist die Erkenntnis der Gnade Gottes grundlegend, damit wir unseren Dienst nicht nur aus Pflicht tun, sondern Gott mit Freuden dienen.

Zuerst müssen wir erkennen, dass das ewige Leben allein ein Geschenk der Gnade Gottes ist, und nicht ein Verdienst unsererseits. Theoretisch ist uns das wohl klar, aber in der Praxis leider oft nicht. Wir meinen immer, noch mehr tun zu müssen, um Gott zu gefallen oder um Heilsgewissheit zu haben. Wir nehmen uns vor, noch mehr für Gott zu tun, damit die Freude auch größer wird. Aber in Wirklichkeit ändert sich kaum etwas. Ähnlich ging es mir bis zu meinem ersten Studienjahr in der Schweiz. Ich meinte immer, wenn ich mehr für Gott tun würde, würde ich mich besser fühlen, bis Gott mir eines Tages u.a. anhand von Eph 2,8-9 klar gemacht hat, dass mein ganzes Leben unter der Gnade Gottes steht. „Gottes Gabe ist es, damit sich niemand rühme“ (Eph 2,9). Seitdem ich das verstanden habe und mich nicht so sehr auf meine Gefühle konzentriere, ist meine Gefühlswelt viel stabiler geworden.

Wir können uns nur dann über unser Heil in Jesus freuen, wenn wir das mit der Gnade verstanden haben. Wenn wir durch den Glauben an Gottes Wort, nicht im Vertrauen auf unser Gefühl Heilsgewissheit haben.

Die Gnade Gottes ist aber nicht eine einmalige Zuwendung Gottes, indem er uns erlöst. Auch ist Gnade nicht ein für allemal der Kirche verliehen in dem Sinn, dass die Kirche diese dann durch Sakramente verteilen kann.

Das griechische Wort charis („Gnade“) bezeichnet die ständige unverdiente Zuwendung und Beschenkung Gottes. Er schenkt uns nicht nur das ewige Leben, sondern befähigt uns auch zum Dienst. Wenn wir im Dienst erfolgreich sind, dann ist das kein Verdienst unsererseits, sondern die Wirkung der Gnade Gottes (vgl. Eph 2,10; 1. Kor 15,10). Diese Gewissheit bewahrt uns vor Hochmut, aber auch von Entmutigung.

Ebenso fällt es auf, dass Johannes kein Konkurrenzdenken kennt. Er kann sich freuen, wenn der andere Erfolg hat, auch wenn sein eigener Erfolg darunter leidet. Wie viel haben wir hier noch zu lernen, uns mit dem anderen mitzufreuen bzw. uns darüber zu freuen, was Jesus durch ihn bewirkt. Es ist Gott ja völlig frei gestellt, ob er durch mich oder durch den anderen etwas Besonderes bewirkt. Wenn ich begriffen habe, dass das alles nur Geschenk Gottes ist, bin ich nicht von meinem Erfolg abhängig.

 

2. Wenn das Ziel erreicht ist (Joh 3,28-29)

Johannes bezeichnet sich hier als „Freund des Bräutigams“. Seine Aufgabe war, die Braut dem Bräutigam zuzuführen. Der „Freund des Bräutigams“ ist also der Brautführer. Manchmal war er auch schon als Brautbewerber tätig. Johannes sieht sich also als Brautführer und Brautbewerber. Dabei geht es nicht um den Brautführer, sondern um den Bräutigam selbst, also hier um Jesus. Johannes wurde vor Jesus her gesandt, um die „Braut“, d. h. das Gottesvolk für die Begegnung mit Jesus vorzubereiten. Bei dieser Begegnung ist der Brautführer nicht enttäuscht; vielmehr hat sein Auftrag nun das Ziel erreicht, und der Brautführer freut sich mit seinem Freund. Schließlich zahlt der Bräutigam den Brautpreis!

Was hier auffällt, ist die Tatsache, dass Johannes nicht versucht, die Menschen an sich zu binden. Seine Aufgabe besteht darin, Menschen in die Gemeinschaft mit Jesus zu führen, wodurch seine Freude zum Ziel kommt. Wie reagieren wir, wenn Menschen nicht mehr zu uns in die Seelsorge kommen, sondern zu einer anderen Person? Sind wir dann verletzt oder versuchen sogar, die andere Person zu verleumden? Dann verrichten wir unseren Dienst nicht mit der richtigen Motivation. Von Johannes können wir lernen, dass es in unserer Arbeit mit Menschen in der Gemeinde Jesu darum geht, Menschen an Jesus zu binden, und nicht an uns. Wir können sie nur soweit begleiten, wie Gott sie uns anvertraut. Damit soll nicht gesagt sein, dass wir unsere Arbeit oberflächlich tun sollen. Vielmehr sollen wir die Arbeit, die Gott uns anvertraut, mit ganzer Hingabe verrichten. Wir sollten auch bereit sein, uns so gut wie möglich darauf vorzubereiten. Doch bei aller Mühe wissen wir, dass auch das nur Gnade ist.

Wer so die Gnade Gottes kennen gelernt hat, der wird nicht ständig nach größeren Aufgaben streben, nach Aufgaben, die vielleicht nicht seinen Fähigkeiten entsprechen. Wenn er zu solchen Aufgaben gedrängt wird, wird er den Mut haben, abzulehnen. Wir werden die Freude in unserem Dienst verlieren, wenn wir Aufgaben übernehmen, zu denen Gott uns nicht bestimmt und befähigt hat.

Johannes spricht von der „vollkommenen Freude“ (vgl. Joh 3,29). Jesus betet später zu seinem Vater: „… dieses rede ich in der Welt, damit sie meine vollkommene Freude in sich haben“ (Joh 17,13). Es war Jesus offenbar ein zentrales Anliegen, dass seine Nachfolger die „vollkommene Freude“ erleben (vgl. auch Joh 15,11; 16,24). Nach Joh 16,14 sagt Jesus: „Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen sei.“ Statt von „vollkommener Freude“ kann man an diesen Stellen auch von „erfüllter Freude“ sprechen. Jesus ist die „erfüllte Freude“, und durch den Heiligen Geist kann diese Freude unser Leben immer mehr erfüllen (vgl. auch Röm 15,13). Nach Joh 15,11 betont Jesus, dass seine Freude in den Jüngern vollkommen sein soll. Jesus allein ist der Inhalt und die Ursache wahrer und „vollkommener“ Freude. Das bedeutet auch, dass ich den wahren Sinn meines Lebens nur in ihm finde.

Bei dieser „erfüllten Freude“ wissen wir, dass unsere Arbeit auf Grund der Verheißung Gottes nicht vergebens ist (vgl. 1. Kor 15,58), auch wenn der Erfolg manchmal klein zu sein scheint. Jesus ist der Gegenstand der Freude, und so haben wir allen Grund, uns bei Erfolg und bei Misserfolg zu freuen.

 

3. Sich selbst nicht zu ernst nehmen (Joh 3,30)

Johannes sagt: „Er muss wachsen, ich aber geringer werden.“ Für „er muss“ steht im griechischen Text das Wort dei, wodurch Johannes zum Ausdruck bringt, dass es eine göttliche Bestimmung ist. Johannes fügt sich total der göttlichen Führung. Er weiß, dass es kein Schicksal in seinem Leben gibt. Gott hat einen Plan für ihn, und den zu erfüllen, das ist seine Freude.

„Wachsen“ heißt hier, dass Jesus jetzt uns Rampenlicht treten muss, und dass die Leute jetzt direkt zu ihm gehen werden. Schließlich hat Johannes nur auf ihn hingewiesen. „Geringer werden“ bringt zum Ausdruck, dass die Menschen nicht mehr in solchen Mengen zu Johannes kommen werden.

Wer sich so auf Gott und sein Werk konzentriert, der wird befreit von den alltäglichen Sorgen. Selbst wenn es in der Gemeinde mal nicht so richtig läuft, hat er die Gewissheit, dass die Gemeinde nicht sein, sondern Gottes Werk ist. Und Gott wird sein Werk nicht untergehen lassen, wenn wir uns immer wieder im Dienst ihm unterordnen und ihm vertrauen.

So schreibt Petrus: „Demütigt euch also unter die alles beherrschende Hand Gottes, damit er euch zur rechten Zeit erhöhe, indem ihr eure ganze Sorge auf ihn werft, weil ihr ihm am Herzen liegt“ (1. Petr 5,6-7). Wir legen meistens die Betonung auf den Satz: „Alle eure Sorge werft auf ihn!“ Das ist jedoch ein untergeordneter Satz und im griechischen Text kein direkter Befehl. Die Betonung liegt auf der Demütigung bzw. Erniedrigung unter die gewaltige Hand Gottes. Mit anderen Worten sagt Petrus: „Haltet euch selbst nicht für allzu wichtig. Gott ist es, der alles in seiner starken Hand hält. Ihr seid ihm ja sehr wichtig. Deshalb könnt ihr jede Sorge, wie groß sie auch immer ist, bei ihm ablegen.“ Wenn Gott bzw. Jesus so das Zentrum unseres Lebens und unserer Arbeit ist, dann werden wir befreit, uns mit Freuden der Arbeit hinzugeben. Wenn wir Schwierigkeiten begegnen, dann wissen wir, dass diese dazu dienen sollen, dass wir immer mehr von Jesus abhängig und ihm ähnlich werden.

Wenn die Verherrlichung Jesu das erste Ziel unseres Lebens ist, werden wir in der ständigen Heiligung leben, damit unser Leben die Heiligkeit Gottes widerspiegeln kann. Wir werden nicht versuchen, uns selbst als fehlerlose Menschen darzustellen. Aber wir werden in der Kraft Jesu die Sünde überwinden und bestrebt sein, ihm in allem zu gefallen. Dadurch wird seine Freude (eine heilige Freude) in uns ständig wachsen können.

Wer nach dem Motto von Joh 3,30 lebt, wird seine ihm von Gott anvertrauten Fähigkeiten dankbar einsetzen, damit die Gemeinde Jesu gebaut und Jesus dadurch verherrlicht wird. Wenn im Zentrum die Ehre und Verherrlichung Jesu steht, ist es nicht so tragisch, wenn die eigene Ehre mal infrage gestellt wird. Wir suchen dann nicht ständig die Anerkennung anderer, und wenn diese ausbleibt, sind wir nicht enttäuscht oder sogar gekränkt. Und wenn mich jemand auf Schwächen in meinem Leben hinweist, muss ich nicht nervig reagieren, sondern kann gelassen darüber nachdenken und mein Leben notfalls von Gott ändern lassen.

Auch das Verantwortungsbewusstsein dem Werk Jesu gegenüber, also der Gemeinde gegenüber wird wachsen, ohne dass ich mich durch eine Überforderung zugrunde richte. Ich werde mein Leben zum Dienst einsetzen und meine von Gott geschenkten Fähigkeiten entfalten lassen, sodass Gott dadurch verherrlicht und die Gemeinde Jesu erbaut wird. Ich werde mein Bestes hingeben, um durch mein Leben auf Jesus hinzuweisen. Je wichtiger und zentraler also Jesus Christus in meinem Leben wird, desto wichtiger wird mir auch sein Herzensanliegen, nämlich seine Gemeinde. Also nicht nach dem Motto: Jesus und ich ohne die Mitchristen. Vielmehr werden mir die Mitchristen wichtiger, wenn Jesus mir wichtiger wird.

Damit stellt sich aber auch die Frage, wie ich in der Gemeinde damit umgehe, wenn andere Gemeindegeschwister in gewissen Punkten eine andere Erkenntnis haben als ich, zumal dann, wenn es sich nicht um zentrale Aspekte des Heils handelt und wenn ich vielleicht für meine Position keine wirkliche biblische Begründung habe. Zudem sollte ich immer mit berücksichtigen, dass auch die anderen Glaubensgeschwister, die vielleicht eine etwas andere Erkenntnis haben als ich, die Bibel genauso ernst nehmen wie ich. Zudem meine ich, dass wir, je erster wir die Bibel als das Wort Gottes nehmen, desto mehr selbst demütig sein und uns selbst auch infrage stellen lassen werden.

Wenn Jesus, der das Licht der Welt ist (vgl. Joh 8,12), uns wichtiger wird, dann wird auch sein Licht immer mehr durch uns leuchten. Menschen, die Orientierung und Ermutigung brauchen, können das durch uns erhalten. Wir weisen immer wieder mit unserem ganzen Leben auf Jesus hin. Seine Ehre und Verherrlichung steht im Zentrum unseres Lebens.

 

Schluss

Gott will, dass wir als Christen uns nicht nur im Leben, sondern auch im Dienst für ihn freuen. Doch warum sehen wir oft so wenig von dieser Freude. Wenn wir erkennen, dass nicht nur das ewige Leben, sondern auch unser Dienst für Gott nur Gnade ist, so werden wir dadurch motiviert, unser ganzes Leben dieser Gnade Gottes hinzugeben. Je mehr wir in der Erkenntnis der Gnade Gottes wachsen, um so mehr werden wir Gott mit Freuden dienen. Der Inhalt der Freude ist dann nicht der eigene Erfolg, sondern Jesus Christus selbst. Allein so haben wir immer Grund, uns zu freuen.

Wer so die Gnade Gottes erkannt hat, der wird in seinem Dienst nicht selbst im Mittelpunkt stehen. Er freut sich, wenn er auf Jesus hinweisen kann. Weil er weiß, dass Gott alles in seiner mächtigen Hand hat und dass er Gott am Herzen liegt, kann er seine Sorgen loslassen bzw. Gott anvertrauen. Die Verherrlichung Jesu Christ steht im Mittelpunkt seines Lebens. Deshalb wird er seine Fähigkeiten so zum Dienst einsetzen, wie Gott es haben will.

 

Jacob Thiessen, STH Basel