Wie wir uns gegenseitig verschenken

Reihe: Das Geheimnis echter Liebe (1)

 

Schriftlesung: Philipper 2, 1-11

I.     Ich schenke mich Dir

1.       Ich lass mich entdecken

2.       Ich will Dir dienen

II.       Ich empfange Dich

1.       Ich nimm Dich, wie Du bist

2.       Ich will sorgsam sein (kein Missbrauch)

III.      Ein sensibles Übungsfeld

 


Einleitende Gedanken

Dieses Lied zeigt uns, wie schwierig Beziehungen werden können. Meistens beginnen sie fantastisch, wie ein Traum. Doch dann wird plötzlich alles so ganz normal. Einer meinte:

Ehe, das ist zwei Jahre Glut und zwanzig Jahre Asche.[1]

Oder ein andere fragt:

"Wann sind die Flitterwochen zu Ende?" Antwort: "Wenn der Mann nicht mehr beim Abwasch hilft, sondern ihn alleine macht."

Die hohe Scheidungsrate in unserem Land zeigt deutlich, wie schwierig Beziehungen werden können. Und doch wünschen sich viele nichts sehnlicher. Der griechische Philosoph Sokrates (470 – 399 v. Chr.) soll einmal gesagt haben:

Heirate oder heirate nicht. Du wirst beides bereuen.

Gut, Sokrates hatte offenbar eine temperamentvolle Frau, man erzählt:

Eines Tages, suchte Sokrates´ Frau, Xanthippe, Streit. Er schwieg. Sie aber wurde immer heftiger. Daraufhin ging er aus dem Haus und setzte sich auf die Strasse. Jetzt nahm sie einen Eimer Wasser und leerte ihn über den Philosophen. Er aber entgegnete ihr gefasst: "Ich hab's mir ja gedacht, dass nach Blitz und Donner Regen kommt."

Aber das wäre schlimm, wenn das unausweichlich für alle gelten würde. Es gibt nämlich viele Ehen, die durchaus glücklich verlaufen. Sicher – auch dort wird es Tiefen und Höhen geben, aber übers ganze gesehen, kann man von beglückenden Ehen sprechen.

Darum geht es in dieser neuen Predigtreihe: Wir unternehmen eine kleine Entdeckungsreise, um das Geheimnis echter Liebe zu erkennen, oder man kann es auch anders sagen: Wie meine Beziehung beglückend wird.

Denn niemand heiratet mit der Absicht unglücklich zu werden. Jedes Paar, das ich bis heute traute, wollte glücklich werden.

Es ist wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie echte Liebe gelebt wird. Als Christen haben wir zwar alle Voraussetzungen in einer beglückenden Beziehung zu leben, weil Gott uns durch die Wiedergeburt alle Vorraussetzungen dazu geschenkt hat. Leider müssen wir aber ehrlich sagen, dass es viele christliche Ehen gibt, die gar nicht beglückend sind, im Gegenteil, sie sind eine Qual, langweilig und frustrierend.

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Das muss aber nicht sein. Es gibt keine hoffnungslosen Fälle. Dazu möchte ich nochmals das hilfreiche Buch: Die vier Jahreszeiten der Liebe, empfehlen.

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Eigentlich müssen wir lernen, das zu leben, zu dem uns Gott befähigt hat. Deshalb schrieb Paulus diesen Gedanken oft in seinen Briefen:

Lebt so, wie es sich für Menschen gehört, die Gott in seine Gemeinde berufen hat. (Epheser 4, 1)

Wir sollen nicht eigensüchtig leben, sondern aus der Kraft Gottes.

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Lebt aus der Kraft, die der Geist Gottes gibt; dann müsst ihr nicht euren selbstsüchtigen Wünschen folgen. (Galater 5, 16)

Mit anderen Worten: Unser Leben und unsere Beziehungen funktionieren nicht ohne unseren Einsatz. Wenn wir Christen geworden sind, behalten wir unsere Persönlichkeit und wir treffen die Entscheidungen selber, wie wir uns verhalten wollen. Deshalb fordert uns die Bibel immer wieder auf, das entsprechend dem zu Leben, was wir sind.

Heute werden wir uns mit einem ganz grundsätzlichen Aspekt der Liebe beschäftigen, nämlich: Wie wir uns gegenseitig verschenken. Es ist ein Grundzug der Liebe Gottes, dass er sich an uns verschenkt hat.

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Gott hat der Welt seine Liebe dadurch gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht. Johannes 3, 16.

Und von Jesus heisst es:

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Euer ganzes Leben soll von der Liebe bestimmt sein. Denkt daran, wie Christus uns geliebt und sein Leben für uns gegeben hat, als eine Opfergabe, an der Gott Gefallen hatte. (Epheser 5, 2)

Jesus ist das Vorbild für die Liebe. Die Liebe, die sich verschenkt. Die Liebe, die keine Kosten scheut.

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Fast alles, was ich in dieser Reihe sagen werde, gilt für jede Art der Beziehung. Es ist aber besonders wichtig für die Ehe.

Bibelstellen zum Nachschlagen: Johannes 3, 16; Galater 5, 16; Epheser 4, 1; Epheser 5, 2

I.                

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Ich schenke mich Dir

Wenn ich einen Menschen liebe, dann bedeutet das, dass ich mich diesem Menschen schenke. Liebe ohne mich zu verschenken, ist keine echte Liebe.

Was das beinhaltet, möchte ich anhand von zwei Punkten aufzeigen.

1.                 Ich lass mich entdecken

Wenn ich mich verschenke, lasse ich es zu, dass der andere mich entdecken darf. Er darf wissen wer ich bin und was mich beschäftigt. Er darf mich, bildlich gesprochen, wie ein Geschenk auspacken. Er darf wissen, mit wem er es zu tun hat.

Das ist auch etwas, was Gott gegenüber uns tut. Jesus sagte einmal seinen Jüngern:

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Ich nenne euch Freunde und nicht mehr Diener. Denn ein Diener weiss nicht, was sein Herr tut; ich aber habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Johannes 15, 15.

Und Paulus erklärte den Korinthern etwas ganz faszinierendes:

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Wie die Gedanken eines Menschen nur diesem Menschen selbst bekannt sind – und zwar durch den menschlichen Geist –, genauso kennt auch nur der Geist Gottes die Gedanken Gottes; niemand sonst hat sie je ergründet. 1. Korinther 2, 11.

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Wir aber haben diesen Geist erhalten – den Geist, der von Gott kommt, nicht den Geist der Welt. Darum können wir auch erkennen, was Gott uns in seiner Gnade alles geschenkt hat. 1. Korinther 2, 12.

Offenheit und Transparenz sind ganz wichtige für eine von Liebe geprägten Beziehung. Wenn ich mich verschenke, muss ich bereit sein, mich zu öffnen.

Es wird nicht gelingen wie das König Alphonso von Spanien sagte, als er gefragt wurde, wie die Einigkeit in der Ehe erhalten werden kann. Er meinte:

"Wenn das Weib zur rechten Zeit stumm und der Mann zur rechten Zeit taub ist."

Vielleicht kann er auf diese Weise die Einigkeit erhalten, aber die Beziehung wird keine Tiefe gewinnen.

In der Zeit der Verliebtheit geschieht Offenheit und Transparenz oft automatisch. Mit der Zeit ist die Gefahr, dass sich jeder wieder in sein Schneckenhaus zurückzieht und keiner weiß mehr, was im andern vorgeht.

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Bibelstellen zum Nachschlagen: Johannes 15, 15; 1. Korinther 2, 11-12

2.                 Ich will Dir dienen

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt, für den man ausserordentlich viele Bibelverse findet, ist der, dass ich dem anderen dienen will. Ich will, dass es dem anderen gut geht, sein Leben soll durch mich bereichert werden. Dafür setze ich mich ein.

Wie bedeutungsvoll das Dienen in einer Beziehung ist, lehrt Jesus seine Jünger bei der Fusswaschung.

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Wenn nun ich, der Herr und der Meister, euch die Füsse gewaschen habe, sollt auch ihr einander die Füsse waschen. Johannes 13, 14.

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Ein andermal sagte er:

Wer unter euch gross werden will, soll den anderen dienen. Matthäus 20, 26.

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Und Paulus lehrte die Christen mit Jesus als Vorbild vor Augen.

Jeder soll auch auf das Wohl der anderen bedacht sein, nicht nur auf das eigene Wohl. Philipper 2, 4.

Eine provokative Aussage für Menschen, die sich gewohnt sind stets darauf bedacht zu sein, dass es mir selbst gut geht.

Robertson McQuilkin war Präsident des Columbia Bible College. Unter seiner Leitung gewann das College einen guten Ruf. Plötzlich wurde bei seiner Frau die Diagnose Alzheimer bestätigt. Seine Frau, die ihm auf dem Missionfeld und im College treu zur Seite stand, konnte nicht einmal mehr die Namen der vier Evangelien nennen. Jetzt stand er vor einer Entscheidung: Sollte er seine Lehrtätigkeit und die Präsidentschaft beibehalten, was viele von ihm erwarteten, oder sich allein um seine Frau kümmern? Er trat als Präsident zurück, gab sämtliche Ämter auf und pflegte seine Gattin in ihrem geistigen und körperlichen Verfall. "Schliesslich hat sie mich fast vierzig Jahre lang mit bewundernswerter Ergebenheit umsorgt; jetzt war ich an der Reihe. Und was war sie für ein Partner! Wenn ich sie vierzig Jahre pflegen müsste, stände ich immer noch in ihrer Schuld." (fest und treu, 3/2003)

Johannes sagt dies deutlich:

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Meine Kinder, unsere Liebe darf sich nicht in Worten und schönen Reden erschöpfen; sie muss sich durch unser Tun als echt und wahr erweisen. 1. Johannes 3, 18.

Wie weit der Dienst an einem Menschen gehen kann, an den ich mich verschenke schrieb Paulus deutlich:

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Ihr Männer, liebt eure Frauen so, wie Christus die Gemeinde geliebt hat! Er hat sein Leben für sie gegeben. (Epheser 5, 25)

Bibelstellen zum Nachschlagen: Matthäus 20, 26; Johannes 13, 14-15; Römer 12, 16; 1. Korinther 10, 24; Epheser 5, 25-26; Philipper 2, 3-4; Hebräer 13, 16; 1. Petrus 4, 10

II.            

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Ich empfange Dich

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Bei einem Geschenk, gibt es natürlich auch einen Empfänger. Jemand, der dieses Geschenk entgegen nimmt. Auch hier gibt es einiges zu beachten. Auch hier möchte ich nur zwei Punkte erwähnen.

1.                 Ich nimm Dich, wie Du bist

Wenn sich uns ein Mensch schenkt, dann nehmen wir ihn wie er ist. Man sagt doch: Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.

Es ist nicht richtig, ein Geschenk mit der Idee entgegen zu nehmen, dass ich es gleich umgestalten oder gar zerstören werde.

Ich muss mir darüber im Klaren sein, dass ich, wenn ich mich verschenke, kein perfektes Geschenk bin. Genauso wenig ist ein Mensch perfekt, der sich mir verschenkt.

Sir Isaac Newton (1643-1727), soll gesagt haben:

"Die glücklichste Frau ist nicht diejenige, die den besten Mann geheiratet hat, sondern diejenige, die das Beste aus dem Mann gemacht hat, den sie geheiratet hat."

Das möchte ich bezweifeln, ob diese Frau wirklich glücklich ist, wenn sie ihren zurechtgestutzt Mann hat. Glücklich können Männer und Frauen sein, die gelernt haben, den anderen so anzunehmen, wie er eben ist.

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Glücklicherweise macht das Gott mit uns so.

Ehrt Gott, indem ihr einander annehmt, wie Christus euch angenommen hat. Römer 15, 7.

Würde Jesus einen hohen Massstab anlegen, bevor er uns annimmt, dann wäre kaum jemand von uns ein Kind Gottes geworden. Jesus hat uns angenommen mit all unseren Stärken und Schwächen. Er liebt uns trotz unserer Stärken und Schwächen.

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Bibelstellen zum Nachschlagen: Römer 15, 7; Philipper 2, 5

2.                 Ich will sorgsam sein (kein Missbrauch)

Wer sich einem Menschen verschenkt, geht ein hohes Risiko ein, er könnte nämlich missbraucht werden. Der Empfänger dieses grossartigen Geschenkes ist jedoch verpflichtet, dem Geschenk Sorge zu tragen. Die Männer werden in dieser Beziehung speziell ermahnt.

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Seid rücksichtsvoll zu euren Frauen! Bedenkt, dass sie der schwächere Teil sind. Achtet und ehrt sie; denn sie haben mit euch am ewigen Leben teil, das Gott schenkt. (1. Petrus 3, 7)

Oder an alle gerichtet heisst das:

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Haltet in derselben Gesinnung zusammen und habt Mitgefühl füreinander! Liebt euch gegenseitig als Brüder und Schwestern! Seid gütig und zuvorkommend zueinander! (1. Petrus 3, 8)

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Wenn sich ein Mensch mir schenkt, bekomme ich ihn nicht als meinen Besitz, er ist mir geliehen. Menschen sind niemals in unserem Besitz. Der Eigentümer des Menschen ist Gott allein. Deshalb ist das höchste Prinzip.

Alles, was ihr tut, tut von Herzen, als etwas, das ihr für den Herrn tut und nicht für Menschen. (Kolosser 3, 23)

Das gilt für Jede Beziehung, jeder sollte auf den Herrn ausgerichtet sein.

Bibelstellen zum Nachschlagen: Römer 12, 9-10; Kolosser 3, 19+23; 1. Petrus 3, 7-8; 1. Petrus 5, 5

III.         

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Ein sensibles Übungsfeld

Paulus wandte dieses Prinzip des gegenseitigen Verschenkens auf die körperliche Beziehung in der Ehe an. Paulus fordert die Ehepaare dazu auf, sich dem intimen Verkehr nicht zu entziehen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, die einen Verzicht zulassen. Er will damit vermeiden, dass der Satan die Beziehung zerstört. Er schrieb:

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Keiner von euch darf sich seinem Ehepartner entziehen, es sei denn, ihr beschliesst gemeinsam, eine zeitlang auf den ehelichen Verkehr zu verzichten, um euch ganz auf das Gebet zu konzentrieren. 1. Korinther 7, 5.

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Aber danach sollt ihr wieder zusammenkommen; sonst könnte euch der Satan in Versuchung bringen, weil es euch schwer fallen würde, euer sexuelles Verlangen zu kontrollieren. 1. Korinther 7, 5.

Paulus hält nichts davon, wenn Ehepaare diese Form der Gemeinschaft nicht mehr pflegen, das ist viel zu gefährlich. Bestimmt hält er auch nichts davon, wenn man seinen Partner mit Verweigerung bestrafen will. Damit erreicht man sowieso das Gegenteil, von dem, was man erreichen möchte.

Sexualität gehört nach der Bibel ganz eindeutig in die Ehe und dort soll sie auch praktiziert werden. Es ist etwas vollkommen natürliches, das Gott so geschaffen hat.

Es kommt nicht selten vor, dass christliche Paare sich in diesem Bereich entfremdet haben. Dazu gibt es verschiedene Gründe, aber lassen sie mich das deutlich sagen: das ist nicht normal und es ist nicht Gottes Idee.

Interessant ist nun, dass Paulus gerade in diesem sensiblen Bereich das Prinzip des Verschenkens so deutlich formuliert:

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Nicht die Frau verfügt über ihren Körper, sondern der Mann, und ebenso verfügt nicht der Mann über seinen Körper, sondern die Frau. 1. Korinther 7, 4.

Hier ist das gegenseitige verschenken ganz offensichtlich. Paulus fordert die Ehepaare auf, im sexuellen Bereich die Kontrolle abzugeben, sich zu verschenken.

Bibelstellen zum Nachschlagen: 1. Korinther 7, 2-5, Galater 5, 13

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Schlussgedanke

Wie wir uns gegenseitig verschenken. Ich verschenke mich, indem ich mich entdecken lasse und dem Anderen diene. Als Beschenkter nehme ich das Geschenk wie es eben ist und ich trage Sorge zu ihm.

Wenn das beide Seiten ernst nehmen, wird die Beziehung für beide beglückend sein.

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Statt von Verschenken, könnte man auch von Hingabe spreche. Ich gebe mich dem anderen hin. In der Hingabe wird der Grundstein zur echten Liebe gelegt. Wer nicht bereit ist in gegenseitiger Hingabe zu leben, wird viel Not und Leid erleben. Paulus sagte einmal, als es ihm um die Unterstützung der Schwachen ging ein Wort des Herrn, dessen Prinzip umfassend ist:

Denkt immer an die Worte, die Jesus, der Herr, selbst gesagt hat: „Auf dem Geben liegt ein grösserer Segen als auf dem Nehmen.“ Apostelgeschichte 20, 35.

Also, lernen wir uns mit allem, was wir haben und mit allem, was wir sind, zu lieben. Paulus sagt es ganz drastisch.

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Bleibt niemand etwas schuldig! Was ihr einander jedoch immer schuldet, ist Liebe. Römer 13, 8.

Bibelstellen zum Nachschlagen: Apostelgeschichte 20, 35; Römer 13, 8

Amen



[1] In dir steckt mehr als du denkst, S.119.