Ein neuer Blick auf die Passionswoche und ihren jüdischen Hintergrund

Roger Liebi

Vortragsabschrift

 

 

Liebe Geschwister, liebe Freunde,

 

ich habe die Freude heute Morgen, Karfreitagmorgen, eine Übersicht über die ganze Passionswoche zu geben. Beginnend mit Palmsonntag und endend mit der herrlichen, majestätischen Auferstehung des Herrn Jesus. Wir gehen also einige Tage zurück und vergegenwärtigen uns den Palmsonntag. Ich muss vielleicht noch vorausschicken, dass dieses ganze Thema der Passionswoche von ganz gewaltiger heilsgeschichtlicher Bedeutung ist. Und das können wir schon allein an der Tatsache erkennen, dass etwas mehr als 32 Prozent vom Text der Evangelien sich mit dieser Woche beschäftigen, mit dieser einen Woche im ganzen Leben des Erlösers. Wenige Tage vor der Kreuzigung ritt der Herr Jesus auf einem Esel, von der Volksmenge als Messiaskönig gefeiert, vom Ölberg her nach Jerusalem ein. Dieses Ereignis fand am 173.880sten Tag nach dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems durch den persischen König Artaxerxes statt, das heißt exakt am Ende der in Daniel 9, 25 geweissagten 69 Jahrwochen. Eine Jahrwoche dauert 7 Jahre und es sind Jahre von 360 Tagen. 69 * 7 *360 = 173.880 Tage. Und genau am Ende dieser Tage, exakt an diesem Tag,  trat der Herr Jesus als Messiasfürst auf. Dieser Tag des Einzugs war von überaus großer Bedeutung für Jerusalem. Deshalb sagte der Herr Jesus, als er sich der Stadt näherte und über sie weinte, Lukas 19, 42:

 

Wenn doch auch du erkannt hättest, wenigstens noch an diesem deinem Tag, was zu deinem Frieden dient! Nun aber ist es vor deinen Augen verborgen.

 

Dieser besondere Tag Jerusalems war ausgerechnet ein Sonntag. Aus dem Talmudtraktat Tamid (beständiges Opfer) wissen wir ganz genau, welcher Psalm an welchem Wochentag jeweils in Verbindung mit dem täglichen Brandopfer im Tempel gesungen wurde. Das Morgenbrandopfer wurde übrigens durchschnittlich um 9:00 Uhr auf den Altar gelegt, es war das erste Opfer des Tages. Das Abendbrandopfer wurde um 15:00 Uhr aufgelegt, es war jeweils das letzte Opfer des Tages. Und wir realisieren schon, dass diese Eckzeiten des Opferdienstes in Israel genau die Eckzeiten der Kreuzigung markieren. Der Herr Jesus wurde ja dann am Karfreitag um 9:00 Uhr gekreuzigt und um 15:00 Uhr starb er. Nun, an jedem Tag wurde in Verbindung mit diesen täglichen Opfern ein bestimmter Psalm gesungen. Der Messias Jesus zog ausgerechnet an dem Tag in triumphaler Weise durch die Tore der Stadt Jerusalem und des Tempels ein, als der levitische Chor unter instrumentaler Begleitung des Orchesters den Psalm 24 sang. Ich lese ab Vers 7:

 

Hebt eure Häupter empor, ihr Tore, und hebt euch, ihr ewigen Pforten, damit der König der Herrlichkeit einziehe! Wer ist dieser König der Herrlichkeit? Es ist der HERR, der Starke und Mächtige, der HERR, der Held im Streit! Hebt eure Häupter empor, ihr Tore, ja, hebt [eure Häupter], ihr ewigen Pforten, damit der König der Herrlichkeit einziehe! Wer ist denn dieser König der Herrlichkeit? Der HERR der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit! {(Sela.)}

 

Noch heute wird im Judentum am Sonntag nach den Gebetsbüchern dieser Psalm speziell rezitiert. Der Herr Jesus ritt auf dem Esel nach Jerusalem und wohl durch ein östliches Tor, südlich vom Vorplatz der „Schönen Pforte“, in die Stadt ein. Danach betrat er feierlich den Tempelbezirk. Wie wir noch sehen werden, fiel der 14. Nissan, an dem man das Passahlamm schlachten musste, in diesem Jahr auf den Donnerstag der Passionswoche. Daraus folgt: der Einzug Jesus fand am 10. Nissan statt. An diesem Tag musste jede Familie in Israel das Passahlamm in Verwahrung nehmen, 2. Mo 12, 3.6. Der Einzug der Passahlämmer in die Familien hatte demnach eine wunderbare Entsprechung in dem Einzug des wahren Passahopfers am Palmsonntag in die Tempelstadt Jerusalem. Die genaue zeitliche Abfolge der Ereignisse ab dem Einzug Jesu nach Jerusalem, findet sich nur im Markusevangelium. Allein im Text von Markus werden alle auf den Palmsonntag folgenden Ereignisse im Tempel in der Weise detailliert mit Zeitangaben geschildert, dass man sie exakt den einzelnen Wochentagen zuordnen kann.

 

In Markus 11, 12 finden wir nach dem Einzug Jesu nach Jerusalem die Bemerkung „und des folgenden Tages“. Wir wissen, es ist in diesem Fall der Montag. In Markus 12, 20 kommt die Bemerkung „und als sie frühmorgens“, das ist ein neuer Tag, das ist der Dienstag. In Markus 14, 1 finden wir die Bemerkung „es war aber nach zwei Tagen das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote“, das heißt, es waren nur noch zwei Tage bis zum Passah. Das ist inklusive Zählung, wo man also den Tag, an dem man sich befindet, mitzählt. Das macht ja unser Arzt auch so wenn er sagt, in acht Tagen sehen wir uns wieder und dann kommen wir in einer Woche. Also das führt uns zu dem Mittwoch. Aber dann in Markus 14, 12 finden wir eine nächste Zeitangabe „und am ersten Tag der ungesäuerten Brote, da man das Passah schlachtete“, das ist der Donnerstag. In Markus 15, 1 in Verbindung mit dem Leidenstag des Herrn lesen wir „Und alsbald am frühen Morgen“, da haben wir den Freitag. In Markus 16, 1 kommt die Bemerkung „und als der Sabbat“, das ist der Samstag. Und in Markus 16, 1-2 „und als der Sabbat vergangen war und sehr früh am ersten Wochentag“, da haben wir den Sonntag. Das gibt uns also das Gerüst für die Passionswoche.

 

Der Einzug Jesu fand also am ersten Tag der Woche statt. Im Hebräischen hat man übrigens nicht diese Namen, die aus dem Heidentum kommen, wie Sonntag, Montag usw., soll uns aber nicht weiter kümmern. Aber man zählt die Tage erster Tag, zweiter Tag, dritter Tag usw. bis Jom Sabbat, Tag des Sabbats. Also der erste Tag ist der Sonntag und das entspricht dem ersten Schöpfungstag. Amos ersten Schöpfungstag hieß Gott Licht aus der Finsternis leuchten in die Dunkelheit hinein. Genau an diesem ersten Tag kam der Herr Jesus vom Osten her, vom Ölberg, in die mit Finsternis bedeckte Stadt Jerusalem hinein, Licht in die Finsternis. Und dabei muss ich noch erklären, dass im babylonischen Talmud, Traktat Taanit 4, 3, erklärt wird, dass immer Leute vorgesehen waren an den einzelnen Wochentagen, die im Land verteilt, in Verbindung mit den täglichen Brandopfern, Stellen aus 1. Mose lesen mussten. Und am ersten Tag der Woche da lasen sie den ersten Schöpfungstag. Also das fällt genau zusammen.

 

Auf den triumphalen Einzug sollte die Tempelreinigung folgen. Von Markus erfahren wir, und nur dort ist das klar geschildert, dass es an diesem Tag des Einzugs schon zu spät dafür war, so dass die Reinigung des Heiligtums nicht mehr an diesem selben Tag stattfinden konnte. Daraus erkennen wir aber, dass die Ereignisse am Montag der Passionswoche, von ihrer Bedeutung her gesehen, sich engstens an die Geschehnisse des Palmsonntags anschlossen. Markus berichtet, wie der Herr Jesus des folgenden Tages, erneut von Bethanien aufbrach und wie er nach der Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaumes wieder nach Jerusalem kam, schnurstracks in den Tempel eintrat und die zweite Tempelreinigung durchführte. Die erste hatte er ja drei Jahre vorher schon ausgeführt, Johannes 2 berichtet darüber. Also am Anfang seines Dienstes und nun am Ende seines Dienstes. Anhand der Zeitangaben im Markusevangelium können wir das also auf den Montag ansetzen. An diesem Wochentag wurde im Tempel in Verbindung mit dem täglichen Brandopfer Psalm 48 gesungen. In diesem Lied wird die königliche und richterliche Autorität Gottes in Jerusalem und auf dem Tempelberg gepriesen. Wie am Palmsonntag so passt auch hier wieder der Tagesgesang im Tempel wunderbar zu den in den Evangelien berichteten Ereignissen. Wir lesen etwas aus Psalm 48, 1-2.10-12:

 

Groß ist der HERR und hoch zu loben in der Stadt unsres Gottes, auf seinem heiligen Berg. Schön erhebt sich, die Freude der ganzen Erde, der Berg Zion auf der Seite des Nordens - die Stadt des großen Königs.

Wir gedenken, o Gott, an deine Gnade inmitten deines Tempels. Wie dein Name, o Gott, so reicht auch dein Ruhm bis an die Enden der Erde; deine Rechte ist voller Gerechtigkeit. Der Berg Zion freut sich, die Töchter Judas frohlocken um deiner Gerichte willen.

 

Der Herr Jesus betrat die königliche Säulenhalle, das ist die prächtigste Halle im Tempel, im Süden befand sie sich. Dort war der Sitz des Hohen Rates in der Südostecke und der Marktplatz, wo man Opfertiere verkaufte. Der Herr Jesus trat also als König in die königliche Säulenhalle, um dort als oberster messianischer Richter, als König über alle Könige, für Ordnung zu sorgen. Wir lesen aus Matthäus 21, 12-13:

 

Und Jesus ging in den Tempel Gottes hinein und trieb alle hinaus, die im Tempel verkauften und kauften, und stieß die Tische der Wechsler um und die Stühle der Taubenverkäufer. Und er sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: »Mein Haus soll ein Bethaus genannt werden!« Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!

 

Es war der zweite Tag der Woche, dies entspricht dem zweiten Schöpfungstag, wo Gott eine Scheidung gemacht hat zwischen den Wassern oberhalb der Ausdehnung und den Wassern unterhalb der Ausdehnung. Es ist der Tag, an dem der Herr Jesus in seiner höchsten Autorität geschieden hat zwischen heilig und unheilig in seinem Haus.

 

Nun kommen wir zum Dienstag. Die Tempelreinigung forderte den Sanhedrin, den Hohen Rat, heraus. Der höchste jüdische Gerichtshof hatte ja die Geldwechslerei und den Opfertierverkauf genehmigt. Mit welchem Recht konnte ein Rabbi aus Galiläa sich diesem Entscheid mit aller Vehemenz widersetzen? Entweder stand diese Person rangmäßig über dem Sanhedrin, falls er der Messias war, oder aber er war ein Rebell, der dieserhalb die Todesstrafe verdient hatte. Durch die Tempelreinigung war der Sanhedrin herausgefordert die Frage der Messianität Jesu endgültig zu beantworten.

 

An dem auf die Tempelreinigung folgenden Tag, also am Dienstag kam es zu einer feierlichen Konfrontation im Tempel. In Verbindung mit dem Zusammenstoß zwischen dem obersten Gerichtshof und dem Messias, ist folgende Tatsache höchst eindrücklich. Ausgerechnet an diesem Tag sang der levitische Chor im Tempel anlässlich des täglichen Brandopfers Psalm 82.

 

Gott steht in der Gottesversammlung, inmitten der Mächtigen richtet er:  »Wie lange wollt ihr ungerecht richten und die Person des Gottlosen ansehen? {(Sela.)} Schafft Recht dem Geringen und der Waise, den Elenden und Armen laßt Gerechtigkeit widerfahren! Befreit den Geringen und Bedürftigen, errettet ihn aus der Hand der Gottlosen!« Aber sie erkennen nichts und verstehen nichts, sondern wandeln in der Finsternis; es wanken alle Grundfesten der Erde! »Ich habe gesagt: Ihr seid Götter und allesamt Söhne des Höchsten; dennoch sollt ihr sterben wie ein Mensch und fallen wie einer der Fürsten!« Mache dich auf, o Gott, richte die Erde; denn du bist Erbherr über alle Völker!

 

In Markus 11, 27ff wird dieser Zusammenstoß beschrieben.

 

Und sie kamen wiederum nach Jerusalem. Und als er im Tempel umherging, traten die obersten Priester und die Schriftgelehrten und die Ältesten zu ihm und sprachen zu ihm: In welcher Vollmacht tust du dies? Und wer hat dir diese Vollmacht gegeben, dies zu tun? Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Auch ich will euch {ein} Wort fragen; wenn ihr mir antwortet, so will ich euch sagen, in welcher Vollmacht ich dies tue. War die Taufe des Johannes vom Himmel oder von Menschen? Antwortet mir! Und sie überlegten bei sich selbst und sprachen: Wenn wir sagen: Vom Himmel, so wird er fragen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? Wenn wir aber sagen: Von Menschen - da fürchteten sie das Volk; denn alle meinten, dass Johannes wirklich ein Prophet gewesen war. Und sie antworten Jesus und sprachen: Wir wissen es nicht! Da erwiderte Jesus und sprach zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, in welcher Vollmacht ich dies tue!

 

Johannes der Täufer war der Vorläufer des Messias. Er hat ja auf Jesus Christus als den verheißenen Erlöser hingewiesen. Alle, die sich von Johannes hatten taufen lassen, bereiteten sich damit auf das damals unmittelbar bevorstehende Offenbarwerden des Messias vor. Während sich das Volk massenweise von Johannes taufen ließ, stemmte sich aber die Führerschaft gegen die Botschaft des Täufers. Dies jedoch brachte sie in eine Zwickmühle, aus der sie sich mit Unwahrheit herauslavieren wollten. Der Herr Jesus gab sich aber mit dieser üblen Ausrede nicht zufrieden. Er ergriff sogleich die Gelegenheit und erzählte diesen Verantwortlichen der auserwählten Nation drei Gleichnisse, die den Nagel absolut auf den Kopf trafen. Es folgt das Gleichnis von den zwei ungleichen Söhnen. Ein Sohn sagt ja und denkt nein, das waren sie. Und all diejenigen, die sie als Sünder verachteten, die glichen dem zweiten Sohn, der sagt zuerst nein und nachher ja. Darauf folgt das Gleichnis von den Weingärtnern, wo Gott, hier im Bild, seinen Sohn in den Weingarten schickt. Er schickt den Sohn der ja sagte und auch ja dachte. Und dieser wird getötet und hinausgeworfen. Dann folgt noch das Gleichnis vom Hochzeitsmahl. Auch das Volk hatte die Gelegenheit, um bei dieser Auseinandersetzung mitzuhören. Amos liebsten hätte der Sanhedrin Jesus sogleich verhaftet, aber unter dem Druck der Volksmenge musste er es vordergründig unterlassen. Im Anschluss daran kam es am selben Dienstag zu einer ganzen Serie von weiteren harten Diskussionen und Reden im Tempel. Da kamen die Pharisäer und die Herodianer mit der Fangfrage: Darf man dem Kaiser Steuern zahlen? Und der Herr Jesus hat eine wunderbare Antwort gegeben und seine Feinde zum Schweigen gebracht. Darauf kamen die Sadduzäer mit einer ganz komischen Geschichte von einer Frau, die immer wieder den Mann verloren hat. Damit wollten sie die Auferstehung in Verruf bringen. Wunderbar wie der Herr Jesus antwortet und auch die Sadduzäer richtig in ihrer Torheit ins Licht stellt. Und dann kommt ein Spezialist für mosaisches Recht, nicht nur ein Schriftgelehrter, sondern ein Gesetzesgelehrter. Und der Herr Jesus gibt eine Antwort auf seine Frage, die man vergeblich in der ganzen rabbinischen Literatur sucht. Die Rabbis haben in der Vergangenheit immer wieder versucht, das Gesetz gewissermaßen auf ein oder zwei Grundprinzipien zurückzuführen. Und nirgends findet man diese Antwort, die der Herr da gegeben hat, nämlich Gott zu lieben aus ganzem Herzen und den Nächsten wie sich selbst. Und der Gelehrte ist völlig überwältigt von der Antwort. Und so erkannte man allgemein dass diese Fragerei gefährlich war und dass man vielleicht sogar noch die besten Leute an diesen Mann aus Galiläa verlieren könnte. Und so hörte das Fragen auf. Aber dann ging der Herr Jesus seinerseits zu einer Offensive über. Ich lese aus Matthäus 22, 41ff:

 

Als nun die Pharisäer versammelt waren, fragte sie Jesus und sprach: Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er? Sie sagten zu ihm: Davids. Er spricht zu ihnen: Wieso nennt ihn denn David im Geist »Herr«, indem er spricht: »Der Herr hat zu meinem Herrn gesagt: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße«? Wenn also David ihn Herr nennt, wie kann er dann sein Sohn sein? Und niemand konnte ihm ein Wort erwidern. Auch getraute sich von jenem Tag an niemand mehr, ihn zu fragen.

 

Es ging um die Frage, ist der Messias ein gewöhnlicher Mensch oder nicht. Die Meinung war im Judentum verbreitet, dass der verheißene Messias ein gewöhnlicher Mensch sein würde. Verschiedene Stellen im Alten Testament offenbaren aber einerseits, dass er ein direkter Nachkomme Davids sein sollte. Daraus geht hervor, dass der Messias ein Mensch sein sollte. Der Herr Jesus zeigte anhand von Psalm 110, eine Stelle die im Judentum vielfach messianisch gedeutet wurde, dass der König David den messianischen Nachkommen mit „mein Herr“ abgesprochen hat. Welcher Vater spricht seinen Sohn mit „mein Herr“ an? Ich käme nicht einmal im Traum auf die Idee meine Söhne ernsthaft so anzusprechen. Weshalb sprach David so? Ist der Messias Mensch und Gott in einer Person? Kein Rabbi im Tempel konnte diese Frage beantworten. Von da an war Schluß mit Diskussionen zwischen der jüdischen Führerschaft und dem Messias. Die Frage nach dem Wesen des verheißenen Erlösers stellt ein messianisches Vermächtnis an das Judentum am Ende der zweiten Tempelperiode dar. Das hat der Herr Jesus sozusagen abgewinkt als Vermächtnis. Diese Frage beantwortet es. Diese Frage wartet noch immer darauf, auch noch nach fast 2000 Jahren, im Licht weiterer Bibelstellen wie Jesaja 9, 6-7, Micha 5, 1 etc., beantwortet zu werden. Einmal hat ein Jude mich angesprochen und gesagt: „Ihr seid Götzendiener!“ „Warum?“ „Ihr betet einen Menschen an.“ Ich habe gesagt, ja, er ist ein Mensch der Messias, aber er ist gleichzeitig auch Gott und das steht in ihrer Bibel. Er wollte wissen wo. Jesaja 9, 6: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben. Dann ist er ein Mensch, ein Kind ist geboren. Aber später heißt es: Man nennt seinen Namen El Gibor, Starker Gott. Dann ist er Gott. Micha 5, 1: Der Messias soll in Bethlehm geboren werden, er soll aus Bethlehem kommen, aber seine Ausgänge sind von Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her. In Bethlehem geboren, also ist er ein Mensch. Von der Ewigkeit her, dann ist er Gott. Die Reaktion: „Sie können gut reden“. Nachdem alle Tempelgelehrten zum Schweigen gebracht worden waren, und die ganze Heuchelei und der Unglaube der Führerschaft angesichts des Volkes offenbar geworden war, ging der Herr Jesus weiter zu einer Offensive über und das steuerte hin auf einen dramatischen Höhepunkt an diesem Tag. In acht Weherufen kündigt er der Führerschaft das Gericht Gottes an, wenn sie nicht umkehren. Wir können das nachlesen in Matthäus 23, ein ganzes Kapitel. Und da sagt der Herr Jesus, wenn es jetzt nicht zu einer Umkehr kommt, muss das Gericht über Jerusalem kommen. Und diese Rede endet mit Vers 36-38:

 

Wahrlich, ich sage euch: Dies alles wird über dieses Geschlecht kommen!

Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter die Flügel sammelt, aber ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch verwüstet gelassen werden; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht mehr sehen, bis ihr sprechen werdet: »Gepriesen sei der, welcher kommt im Namen des Herrn!«

 

Der Herr Jesus ging aus dem Tempel hinaus, die Jünger zeigten nochmals die prächtigen Gebäude des zweiten Tempels und der Herr Jesus erklärt, hier wird nicht ein Stein mehr auf dem anderen stehen, der nicht abgebrochen wird, Dann ging der Herr mit den Jüngern hinüber auf den Ölberg, im Anschluss an den ereignisreichen Tempeltag. Von dort aus hatten sie eine wunderbare Aussicht auf den Tempelplatz. Vom Tempelberg aus bot sich der schönste Ausblick auf die gesamten Anlagen des Heiligtums. Und da stellten die Jünger vier Fragen, die man in den Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas zusammengenommen so findet. Wann wird die Zerstörung des zweiten Tempels stattfinden? Was wird das Zeichen der Zerstörung des Tempels sein? Was ist das Zeichen deiner Wiederkunft? Was ist das Zeichen des Abschlusses der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Periode? Vier Fragen, und vielleicht merken wir, zwei Fragen haben etwas zu tun mit einem Ereignis, das schon erfüllt ist und zwei haben zu tun mit der Endzeit, mit Dingen die noch nicht soweit sind. Der Herr Jesus gab zuerst Antwort auf die Fragen 3 und 4 und anstatt nur ein Zeichen seiner Wiederkunft zu geben, gab er gleich einen ganzen Katalog, Zeichen, die wir von Nr. 1-12 heute schon nachvollziehen können. Erst Nr. 13 ist noch nicht eingetroffen, ein Götzenbild auf dem Tempelplatz im dritten Tempel. Die Zeichen 1-12 sehen wir schon heute und der Herr Jesus erklärt dann, wie nach diesen zwölf Zeichen, wenn das dreizehnte in Erscheinung tritt, die große Drangsal kommt, die die Menschheit an den Abgrund der Selbstvernichtung führen wird. Und dann im Anschluss wird der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit erscheinen, Lukas 21, 27.

 

Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dies anfängt zu geschehen, so richtet euch auf und erhebt eure Häupter, weil eure Erlösung naht.

 

Die haben schon längst begonnen, begonnen zu geschehen. Also wissen wir, wie wir reagieren sollen: blickt auf und hebt eure Häupter empor. Christen dürfen keine Pessimisten sein. Der Herr Jesus beantwortete auch die Fragen 1 und 2, aber praktisch nur in Lukas 21, 12-24. Dort zeigte er, das Zeichen der Zerstörung der Stadt und des Tempels wird sein, wenn eine Armee der Römer Jerusalem umzingelt. Und das war der Fall im Jahr 68 n. Chr. Da hatten die Römer ihre Camps aufgestellt rings um Jerusalem und da wussten die messianischen Juden, jetzt ist es soweit. Und genau in diesem Moment beging Kaiser Nero in Rom Selbstmord, der Krieg wurde von General Vespasian in Israel gestoppt, weil er Kaiser werden wollte und dadurch konnten alle messianischen Juden auf die Berge fliehen, ohne von den Kontrollstellen an den Straßen behindert zu werden. Sie gingen über den Jordan hin zu Pela und waren dort in Sicherheit. Und dann im Jahr 70 n. Chr., im Frühjahr, am Passahfest kam die endgültige Verwüstung Jerusalems.

 

Nun, wir sehen, dieser dritte Tag war der reichste Tag an Verkündigung des Herrn Jesus. Kein anderer Tag enthält solche Reden, wie wir sie hier finden. Das entspricht dem dritten Schöpfungstag, wo die Erde herauskommt und es gibt fruchtbringendes, samenbringendes Gras und Kraut und samen- und fruchtbringende Bäume. Viel Frucht ist das Thema vom dritten Schöpfungstag und das ist auch der Tag der reichsten Verkündigung in der gesamten Passionswoche.

 

Wir kommen zum Mittwoch. Wir haben bisher gesehen, wie die jeweiligen im Tempel gesungenen Tagespsalmen ganz eindrücklich zusammenpassen mit den Vorgängen der Passionswoche. Jetzt wollen wir das auch im weiteren Verlauf so sehen. An diesem Mittwoch fand das Komplott des Sanhedrins statt, Markus 14, 1-2, da wird beschlossen, dieser Mann aus Galiläa muss sterben. Aber Markus berichtet zugleich in den Versen 3-9 eine ganz wunderbare Szene abseits in Bethanien. Maria salbt den Erlöser für sein Begräbnis. Eine Frau die verstanden hat, mit dem Herzen verstanden hat, wer der Sohn Gottes ist. Aber in den Versen 10-11 beschreibt Markus dann im Kapitel 14 den Verrat des Judas Iskariot. Da wurde Psalm 94 gesungen. Wir lesen Vers 1-9

 

Du Gott der Rache, o HERR, du Gott der Rache, leuchte hervor! Erhebe dich, du Richter der Erde, gib den Hochmütigen ihren Lohn! Wie lange sollen die Gottlosen, o HERR, wie lange sollen die Gottlosen frohlocken? Sie halten viele und freche Reden; stolz überheben sich alle Übeltäter. Dein Volk, o HERR, zertreten sie und unterdrücken dein Erbteil. Witwen und Fremdlinge erwürgen sie und ermorden Waisen; und dann sagen sie: »Der HERR sieht es nicht, und der Gott Jakobs achtet nicht darauf!« Nehmt doch Verstand an, ihr Unvernünftigen unter dem Volk! Ihr Toren, wann wollt ihr einsichtig werden? Der das Ohr gepflanzt hat, sollte der nicht hören? Der das Auge gebildet hat, sollte der nicht sehen?

 

Eindrücklich wie die levitischen Sänger auch da wieder die Warnung, die nötig war, weitergaben. Ich lese noch ab Vers 20 - Gott wird hier angesprochen. Man bedenke, der Hohepriester saß in der königlichen Halle jeweils auf einem Richterstuhl inmitten des Hohen Rates.

 

Sollte der Thron des Verderbens mit dir Gemeinschaft haben, der Unheil schafft durch Gesetz? Sie rotten sich zusammen gegen die Seele des Gerechten und verurteilen unschuldiges Blut. Aber der HERR ist meine sichere Burg geworden, mein Gott der Fels, bei dem ich Zuflucht gefunden habe. Und er lässt ihr Unrecht auf sie selber zurückfallen, und er wird sie durch ihre eigene Bosheit vertilgen; der HERR, unser Gott, wird sie vertilgen.

 

Amos vierten Schöpfungstag - dieser Abschnitt wurde ja gelesen im Land, während den täglichen Brandopfern - ließ Gott Himmelslichter leuchten in die Dunkelheit, Sonne, Mond und Sterne. Und inmitten dieser Dunkelheit sehen wir an diesem vierten Tag einen solchen Stern leuchten, Maria von Bethanien. Menschen, die den Erlöser liebten, die in dieser Dunkelheit eben Licht verbreiteten.

 

Wir kommen zum nächsten Tag, Donnerstag. Amos 14. Nissan musste das Passahopfer geschlachtet werden, so war das vorgeschrieben in 2.Mose 12, Vers 6. Dies geschah am Nachmittag zwischen 15:00 und 17:00 Uhr. In 2.Mose 12 haben wir diesen eigenartigen Ausdruck „zwischen den zwei Abenden“, ein hebräischer Ausdruck, den man nicht übersetzen kann. Es bezeichnet die Zeit wo die Sonne sich neigt bis zum Beginn des Abends. Das ist also ein Ausdruck der die Zeit zwischen 15:00 und 18:00 Uhr beschreibt. Und deshalb hat man also im Judentum zwischen 15:00 und 17:00 Uhr die Passahlämmer geschlachtet. Markus 14, 12:

 

Und am ersten Tag der ungesäuerten Brote, als man das Passahlamm schlachtete, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, dass wir hingehen und das Passah zubereiten, damit du es essen kannst?

 

Der Herr Jesus erteilte den Aposteln Petrus und Johannes den Auftrag das Passah zuzubereiten, Lukas 22, 8. Dies beinhaltete zweierlei. Diese beiden Jünger mussten mit einem Lamm ins Lager der Schechina - das ist der innerste Vorhof des Tempels, wo der Altar war- um es dort, nördlich vom Altar, schlachten zu lassen. Im Anschluss daran war es ihre Aufgabe, das geschächtete Lamm, aufgehängt auf einer Stange, in den vorgesehenen Obersaal zu tragen und dort das Abendmahl vorzubereiten. Zur Zeit der Evangelien wurden am 14. Nissan jeweils ca. 250.000 Lämmer geschlachtet. Da einjährige Lämmer etwa vier Liter Blut haben, können wir davon ausgehen, dass an diesem Nachmittag ein Strom von etwa 1 Million Liter Blut floss. Dank der großartigen logistischen Spüleinrichtung konnte dieses Blut immer wieder mit dem im Kolatur aus dem Tempelberg gepumpten Wasser weggespült werden, über die Kanaleinrichtung im Osten hinunter ins Kidrontal. Aber diese Ströme von Blut wiesen in überwältigender Weise auf den Messias hin. Das hat diese beiden Apostel tief geprägt. Johannes sprach in seinen Schriften dreißig Mal über Jesus als das Lamm. Und außer dem Jesaja 53-Zitat in Apostelgeschichte 8 von Lukas, spricht nur noch Petrus über Jesus als das Lamm. Diese zwei Apostel. Und diese schöne Stelle aus 1. Petrus 1, 17-20 möchte ich lesen.

 

Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach dem Werk jedes einzelnen, so führt euren Wandel in Furcht, solange ihr euch hier als Fremdlinge aufhaltet. Denn ihr wisst ja, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, losgekauft worden seid aus eurem nichtigen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut des Christus, als eines makellosen und unbefleckten Lammes. Er war zuvor ersehen vor Grundlegung der Welt, aber wurde offenbar gemacht in den letzten Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn aus den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit gegeben hat, damit euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott gerichtet seien.

 

An diesem Donnerstag erklang auf dem Tempelplatz Psalm 81. Es ist auch hier wiederum so erstaunlich wie der Psalmtext mit den Ereignissen an diesem feierlichen fünften Tag der Passionswoche zusammenpasst. Man bedenke, dass gemäß dem jüdischen Kalender das Passah auf irgendeinen Wochentag fallen konnte. In der Vorsehung Gottes fiel es in jenem Jahr auf den Donnerstag, wo gerade Psalm 81 vorgetragen wurde, der so deutlich auf den Auszug aus Ägypten Bezug nimmt und dem Volk Israel von damals, das im Begriff stand, den Messias zu verwerfen, dermaßen aktuelle Ermahnungen erteilt. Da wird über das Passahfest gesprochen in den Versen 3-4, also eine Verordnung des Gottes Jakobs, Vers 5. Er setzte es ein als ein Zeugnis für Josef, als er auszog gegen das Land Ägypten, Vers 6. Und nun ab Vers 7

 

»Ich habe die Last von seiner Schulter genommen, seine Hände sind den Tragkorb losgeworden. Als du mich anriefst in der Not, da brachte ich dir Rettung; ich antwortete dir im Donnergewölk und prüfte dich am Haderwasser {(Sela.)}

Höre, mein Volk, ich will dich ermahnen; Israel, wenn du mir doch Gehör schenken wolltest! Kein anderer Gott soll bei dir sein, und einen fremden Gott bete nicht an! Ich bin der HERR, dein Gott, der dich heraufgeführt hat aus dem Land Ägypten. Tue deinen Mund weit auf, so will ich ihn füllen! Aber mein Volk hat meiner Stimme nicht gehorcht, und Israel war mir nicht zu Willen. Da gab ich sie dahin in die Verstocktheit ihres Herzens, dass sie wandelten nach ihrem eigenen Rat. O dass doch mein Volk mir gehorsam wäre, und Israel in meinen Wegen wandelte! Wie bald wollte ich ihre Feinde demütigen und meine Hand wenden gegen ihre Widersacher! Die den HERRN hassen, müssten sich ihm schmeichelnd unterwerfen; {ihre} Zeit aber würde ewiglich währen! Und Er würde sie mit dem besten Weizen speisen; ja, mit Honig aus dem Felsen würde ich dich

sättigen!«

 

Nun Gott warnt vor dem sich Bücken vor einem Gott des Auslandes. Vor Pilatus am nächsten Tag werden die Führer sagen, wir haben den Kaiser, wir müssen dem Kaiser gehorchen, dieser, mit dem haben wir nichts zu tun, mit diesem König der Juden. Und Gott warnt sie hier nochmals, es soll kein fremder Gott unter dir sein, du sollst dich nicht bücken vor einem Gott des Auslandes. Und Gott verheißt, wenn ihr auf mich hört, bald würde ich eure Feinde gebeugt und meine Hand gewendet haben gegen eure Bedränger, also gegen das römische Joch. Aber es kam alles ganz anders.

 

Freitag, nach jüdischer Zeitrechnung beginnt ein neuer Tag jeweils mit dem Abend, das heißt also der 15. Nissan begann, nachdem das Passahlamm geschlachtet worden war am Donnerstagnachmittag und dauerte also von Donnerstagabend bis Freitagabend. Der Herr Jesus empfand ein tiefes Sehnen, das letzte Passahmahl vor seinem Leiden mit seinen Jüngern in dem vorbereiteten Obersaal zu essen, Lukas 22, 15. Im Rahmen dieses Festessens setzte er in schlichter Feierlichkeit das Abendmahl als Gedächtnis an seinen Opfertod ein. Amos nächsten Morgen wurde der Herr Jesus auf Veranlassung des Sanhedrins durch die römische Besatzungsmacht vor den Stadtmauern Jerusalems gekreuzigt. Entsprechend der jüdischen Tageszählung kann man sagen, das Abendmahl wurde am Kalendertag der Kreuzigung eingesetzt. An dem Tag, an dem ganz Israel das Passah essen musste. Nach dem Passahmahl ging der Herr Jesus mit den Elfen auf den Ölberg um dort im Garten Gethsemane die bevorstehende Kreuzigung im Gebetskampf vorzubereiten. Da Judas wusste, dass der Herr Jesus sich oft dort aufhielt führte er die Feinde des Messias nach Gethsemane. Durch diese verräterische Tat sollte der Herr Jesus abseits der Hauptgeschehnisse in Jerusalem verhaftet werden. An dieser frevlerischen Tat waren viele Leute, deren Tätigkeit mit dem Tempel zusammenhing, beteiligt, Priester, Leviten, Sanhedrinmitglieder und Legionäre aus der Burg Antonia. Es war Freitag. An diesem Tag sang der Tempelchor Psalm 93. Darin geht es um Gottes königliche Regierung auf seinem Thron und um seine Macht. Vor dem Sanhedrin in der königlichen Säulenhalle wies der Herr Jesus auf diesen Thron hin und auf das Recht des Messias, des Menschensohnes, dort seinen Platz einzunehmen, Lukas 22, 69. Von nun an aber wird der Sohn des Menschen sitzen zur Rechten der Macht Gottes. Der Prozess war ein reiner Scheinprozess. Das Ergebnis stand von Anfang an fest. Gottes Heiligkeit im Tempel wurde mit Füßen getreten. Wie feierlich war es, als an diesem Tag der Chor beim Opfer sang: „deinem Tempelhaus geziemt Heiligkeit“, Psalm 93, 5.

 

An dem Tag, als der erste Mensch, Adam, als Krone der Schöpfung das Leben aus der Hand des Schöpfers bekam, ermordeten dessen Nachkommen den Messias, den letzten Adam, 1. Kor. 15, 45. Wir lesen im Psalm 93, Vers 2 und 5:

 

Dein Thron steht fest von Anbeginn; von Ewigkeit her bist du!

Deine Zeugnisse sind sehr zuverlässig; deinem Haus geziemt Heiligkeit, o HERR, für alle Zeiten.

 

Auf diesen Thron hat sich der Herr Jesus vor dem Sanhedrin berufen. Der Prozess gegen den Herrn Jesus verlief in sechs Phasen. Die erste Phase war ein nächtliches Verhör im Privathaus des einstigen Hohenpriesters Hannas, das wird nur in Johannes 18 ganz kurz berichtet. Dann kam es zweitens zu einem Verhör im Haus des damals aus Roms Gnaden amtierenden Hohenpriesters Kajaphas. Das wird in allen vier Evangelien berichtet. Im Traktat Sanhedrin im Talmud wird gesagt, dass ein Prozess, wo es um Leben und Tod geht, nie nachts stattfinden darf. Die Sache eilte und darum hat man in der Nacht informelle Befragungen in den Privathäusern durchgeführt. Und plötzlich heißt es in Lukas 22, 66:

 

Und als es Tag geworden war, versammelten sich die Ältesten des Volkes, die obersten Priester und Schriftgelehrten, und führten ihn vor ihren Hohen Rat;...

 

Das war der formelle Prozess, die dritte Phase, in der königlichen Säulenhalle vor dem Hohen Rat. Die Juden hatten damals kein Recht mehr zur Todesstrafe, die Römer hatten ihnen das entzogen und darum führten sie ihn viertens zu Pilatus’ Prätorium. Pilatus wollte sich allerdings aus der Affäre ziehen und realisierte, dieser Mann kommt ja aus Galiläa, das ist das Herrschaftsgebiet von Herodes Antipas. Soll doch der danach schauen. Und wegen des Passahfestes war dieser auch gerade in Jerusalem auf Besuch. Phase 5: So sandte er ihn also zum Hasmonäerpalast, zwischen Tempelberg und Prätorium, und Herodes wollte ja sowieso endlich einmal eine Privataudienz mit diesem wundertuenden Mann. Der Herr schwieg und so merkte Herodes, ich kann da auch nichts machen. Es kommt zu einer weiteren Prozessphase vor Pilatus, Phase 6. Bei Matthäus, Markus und Johannes wird der Prozess vor Pilatus als eine Einheit berichtet. Die Phasen 4 und 6 bei Antipas werden dort ohne Unterbrechung beschrieben. Und so sehen wir, dass wir eigentlich drei jüdische und drei heidnische Verhandlungen haben, die schließlich zur Kreuzigung führten. Es ist also nicht richtig zu sagen, die Juden haben den Erlöser gekreuzigt, sondern es waren die Juden und die Heiden. Und der Messias wurde im Tempel, am Ort der Opferung, zum Tode verurteilt. Der Herr Jesus wurde hinausgetan und er liegt außerhalb der Stadt Jerusalem. Wir lesen das so eindrücklich in Johannes 19, wie der Herr Jesus sein Kreuz tragend hinausging, an die Kreuzigungsstätte. Durch das Gennattor (auch Gartentor genannt), das man nach dem Sechstagekrieg wieder ausgegraben hat, ging der Herr Jesus nach Golgatha hinaus. Genauso wie immer und immer wieder die Sündopfer, die man nicht im Tempel verbrennen durfte, außerhalb der Stadt hinausgebracht wurden, um sie dort zu verbrennen, so hat der Herr Jesus das Opfer erfüllt. In Hebräer 13, 11 lesen wir:

 

Denn die Leiber der Tiere, deren Blut für die Sünde durch den Hohenpriester in das Heiligtum getragen wird, werden außerhalb des Lagers verbrannt. Darum hat auch Jesus, um das Volk durch sein eigenes Blut zu heiligen, außerhalb des Tores gelitten.

 

Der Herr Jesus hing am Karfreitag am Kreuz und starb. An dem Tag, an dem wir Menschen das Leben bekommen haben durch unseren Vorfahren Adam. Da starb der letzte Adam um uns das ewige Leben zu bringen. Das ist zu Herzen gehend. Wir haben gesehen, die Eckdaten waren 9:00 Uhr morgens und 15:00 Uhr nachmittags, die Eckdaten durchschnittlich im Jahr des Opferdienstes in Israel. Aber danach kam die Grablegung. Und wenn wir uns nun den Sabbat besehen, so können wir sagen, es ist der einzige Tag, wo der Herr Jesus vollumfänglich während 24 Stunden im Grab war. Amos Sabbat finden wir im vollumfänglichen Sinn den Ruhetag des Messias im Grab. Der erste und der letzte der drei Tage von der Kreuzigung bis zur Auferstehung waren jeweils nur teilweise Tage. Aber dieser Ruhetag war völlig pervers. Wie konnten damals die religiösen Führer Israels sich der Ruhe Gottes erfreuen? 1. Mose 2, 1-3:

 

So wurden der Himmel und die Erde vollendet samt ihrem ganzen Heer. Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von seinem ganzen Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte er von seinem ganzen Werk, das Gott schuf, als er es machte.

 

Gott ruhte und freute sich an seinen Werken. Wie konnten sie an dieser Ruhe sich erfreuen, wenn zur gleichen Zeit ihr Messias ermordet in einem Felsengrab ruhte? Amos Sabbat war Psalm 92 dran.

 

Denn du hast mich erfreut, o HERR, durch dein Tun, und ich juble über die Werke deiner Hände: HERR, wie sind deine Werke so groß; deine Gedanken sind sehr tief! Ein unvernünftiger Mensch erkennt das nicht, und der Törichte begreift es nicht. Wenn die Gottlosen sprossen wie das Gras und alle Übeltäter blühen, so ist's doch nur, damit sie für immer vertilgt werden. Du aber, HERR, bist auf ewig erhaben! Denn siehe, HERR, deine Feinde, siehe, deine Feinde kommen um; alle Übeltäter sollen zerstreut werden! (Verse 5-10)

 

Die gepflanzt sind im Haus des HERRN, sie werden gedeihen in den Vorhöfen unsres Gottes; noch im Alter tragen sie Frucht, sind saftvoll und frisch, um zu verkünden, dass der HERR gerecht ist. Er ist mein Fels, und kein Unrecht ist an ihm! (Verse 14-16)

 

Der Sabbat war stets unter anderem ein Rückblick auf die herrlichen Werke des Schöpfers, die am Freitag ihre Vollendung gefunden hatten. Deshalb wird in diesem Sabbatpsalm Gott für seine Werke und Pläne jubelnd gepriesen. Denn du hast mich erfreut, o HERR, durch dein Tun, und ich juble über die Werke deiner Hände. An dem Sabbat nach der Kreuzigung lag der Messias im Grab, scheinbar von seinen Feinden besiegt. Man beachte es gut, in Vers 10 geht es um die Feinde des Herrn, die selber dereinst unter das göttliche Gericht fallen werden. Der Herr Jesus war nur scheinbar besiegt, in Wirklichkeit hatte er tags zuvor den größten Sieg aller Zeiten errungen, ein Triumph, der für alle Ewigkeiten steht. Er hat das Werk der Erlösung vollbracht und sein Ruf, Johannes 19, 30 Es ist vollbracht!“, das war der Ruf des Freitags. So ist der Psalm 92, der ursprünglich ein Rückblick auf das vollbrachte Werk der Schöpfung war, zugleich ein Rückblick auf das am sechsten Tag der Passionswoche vollbrachte Werk der Erlösung. Vor diesem Hintergrund bekommen diese Verse 5 und 6 in Psalm 92 eine ganz neue Dimension. Wenn man bei den Werken seiner Hände an die am Kreuz durchbohren Hände des Erlösers denkt, so wird man von diesem Psalmwort tief berührt. Denn du hast mich erfreut, o HERR, durch dein Tun, und ich juble über die Werke deiner Hände. HERR, wie sind deine Werke so groß; deine Gedanken sind sehr tief! Doch genauso wie es Menschen gibt, die durch ihre Unvernunft in der Schöpfung Gottes Werke nicht erkennen, so gibt es viele, die nicht in der Lage sind, in dem Werk am Kreuz Gottes Erlösungswerk zu erkennen.

 

Vers 6: Ein unvernünftiger Mensch erkennt das nicht, und der Törichte begreift es nicht.

 

Der letzte Vers unseres Sabbatpsalmes bezeugt, dass der Herr gerecht ist und dass kein Unrecht in ihm ist. „Er ist mein Fels, kein Unrecht ist in ihm.“ An diesem Tag, an diesem Sabbat. lag der Messias im Felsengrab. Und er selber ist der unerschütterliche Fels. Amos dritten Tag ist der Herr Jesus siegreich auferstanden. Manchmal wird gesagt nach drei Tagen, manchmal wird gesagt am dritten Tag und alles bedeutet dasselbe. Oder einmal wird gesagt in Matthäus 12 drei Tage und drei Nächte um zu sagen drei Kalendertage. Im hebräischen wie im deutschen ist das ein Problem. Was heißt Tag? Ist das die helle Periode oder ist das der Kalendertag von 24 Stunden? Auf holländisch gibt es ein gutes Wort, da kann man einen Unterschied machen: Dag, das ist das Helle, und Etmaal, das ist der 24-Stunden Tag. Aber im Bibelhebräischen hat man kein Wort für Etmaal gehabt und so konnte man sagen Tag und Nacht. An drei Tagen und drei Nächten bedeutet, an drei Etmaalen, an drei Kalendertagen wird der Messias im Grab sein.

 

Amos dritten Tag ist der Herr Jesus siegreich auferstanden. An diesem Tag sang der Levitenchor wie eine Woche zuvor Psalm 24. Erneut verkündigten sie die Botschaft von den geöffneten Toren für den Messiaskönig. Doch an diesem Tage war die Tür des Gartengrabes mit einem schweren Stein verschlossen, versiegelt und mit einer motivierten Abordnung der Tempelwache versehen. Doch all das war kein Hinderungsgrund für den Messias Jesus um siegreich als Auferstandener aus dem Grab zu ziehen, der König der Herrlichkeit. Amos ersten Tag der Schöpfungswoche, am Sonntag, befahl Gott, dass sein wunderbares Licht die Finsternis erleuchten sollte. Der Herr Jesus machte den Tod zunichte und brachte am Auferstehungstag, ebenfalls ein Sonntag, Leben und Unverweslichkeit ans Licht, 2. Timotheus 1, 10. Amos Abend dieses ersten Tages der Woche saßen die elf Apostel Jesu Christi hinter verschlossenen Türen beieinander, voller Furcht vor antimessianischen Repressionen. Plötzlich trat der lebendige Christus in ihre Mitte und wünschte ihnen Frieden, shalom alechem. Auch diese verschlossenen Türen waren kein Hindernis, der Herr Jesus zog hinein in die Mitte der Jünger.

 

Amos darauffolgenden Sonntag wiederholte sich dasselbe. Der Tempelchor sang Psalm 24 und der Herr zog wieder ein durch die verschlossenen Türen in die Mitte seiner Nachfolger. Der Auferstehungstag fiel damals mit dem so genannten Erstlingsfest, 3. Mose 23, 9-14, zusammen. An diesem Tag wurde eine Abordnung aus Jerusalem hinausgesandt, um ein besonders markiertes Gerstenfeldstück mit Tempelsicheln abzuernten. Anschließend wurden die Erstlinge der Gerstenernte gedroschen und geworfelt, die eingesammelten Körner wurden dann gemahlen, das Mehl wurde zu einem ungesäuerten Speisopfer verarbeitet und Gott auf dem Altar dargebracht. Vor diesem Ereignis durfte nirgends in Israel Gerste geerntet werden, erst nachdem die Erstlinge dargebracht waren. Gemäß dem Gesetz Mose sollte die Darbringung der Erstlingsgerste am andern Tag nach dem Sabbat stattfinden, 3. Mose 23, 15. Das gab Streit. Die Sadduzäer meinten, dass dieses Fest immer am ersten Sonntag, der irgendwo in die Passahwoche fiel, stattfinden sollte. Die Pharisäer waren der Ansicht, hier bedeutet das Wort Sabbat besonderer Festtag und somit sollte das immer der Tag nach dem 15. Nissan sein. Tja, wer hat Recht? Im Jahr der Passion Jesu war die Kalendersituation ein bisschen speziell. Der 15. Nissan fiel auf einen Freitag, am Freitagabend nach 18:00 Uhr begann der Sabbat. Und dann hätte man ernten, dreschen, mahlen und backen sollen? Das geht doch nicht. Also musste man das noch ein bisschen weiter verschieben. Und in diesem Jahr fielen somit die Ansichten der Sadduzäer und der Pharisäer so ziemlich zusammen. Die Pharisäer mussten schieben und die Sadduzäer waren zufrieden.

 

Was hat dieses Fest in geistlicher Hinsicht zu sagen? Aus Johannes 12, 24 lernen wir prinzipiell, das Hineinlegen der Getreidekörner in die Erde ist ein Bild des Sterbens. Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde gelegt wird und stirbt, bleibt es allein. So spricht gewissermaßen das Säen vom Tod des Herrn Jesus, aber wenn dann die Pflanze aufschießt, spricht dies von der Auferstehung. Und nun wird deutlich, der Herr Jesus ist als der Erstling der Entschlafenen, 1. Korinther 15, 20, genau am Erstlingsfest auferstanden. Und dann musste man von diesem Fest aus fünfzig Tage zählen bis dann die Erstlinge der Weizenernte am Pfingstfest dargebracht wurden. Damit fiel auch das nächste Pfingsten auf den Sonntag, wo der Herr Jesus durch seinen Heiligen Geist einzog in die Herzen der Erlösten alle, Psalm 24. Und noch etwas: In 1. Petrus 3 lesen wir, dass Sintflut, Arche, das Gleiche bedeutet wie die Taufe, der Tod Christi. Wann landete die Arche auf dem Ararat? Amos 17. des siebten Monats. Und später beim Auszug aus Ägypten hat Gott diesen siebten Monat neu zum ersten Monat erklärt, 2. Mose 12, 1. Und so fiel also die Landung der Arche auf dem Ararat am 17.07. zusammen mit dem 17. Nissan, dem Tag der Auferstehung des Herrn Jesus. Der Herr lebt. Und deshalb feiern wir so besonders den ersten Tag der Woche, der im Neuen Testament in Offenbarung 1, 10 genannt wird, kyriake hemera. Der Ausdruck kommt nur hier vor, der dem Herrn gehörende Tag. Es ist der Tag des Sieges und der Auferstehung.