Du aber - 2.Timotheusbrief - Glauben in dunkler Zeit - Teil 2/7 -

Treue inmitten des Niedergangs

 

 

 

Roger Liebi

14.03.2020

Bibelstudium, Bibelarbeit

2. Timotheus 1, 1-18

ID 32247

 

 

 

Guten Morgen. Ich möchte alle herzlich begrüßen. Wir haben gestern Abend eine allgemeine Einführung in den 2. Timotheusbrief gehabt und dabei haben wir gewissermaßen den Wald von oben gesehen. Und jetzt gehen wir durch das erste Kapitel und schauen uns die einzelnen Bäume an. Ich lese Kapitel 1 Vers 1:

1 Paulus, Apostel Jesu Christi durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist, 2 Timotheus, meinem geliebten Kind: Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus, unserem Herrn!

Zunächst bis dahin. Das erste Wort heißt auf Deutsch 'der Kleine' – 'Paulus'. Das war sein Wahlname. Er hieß ursprünglich 'Saulus' Hebräisch 'Scha'ul', so wie der König aus dem Stamm Benjamin, Saul. Er war ein Kopf höher als alles Volk und war der Mann nach dem Herzen der Menschen. Und das war offensichtlich die Leitidee seiner Eltern, als sie diesem kleinen Jungen diesen Namen gaben. Und zwar sollte er etwas ganz Besonderes werden. Und dann, als er ein gewisses Alter erreicht hatte, schickten sie ihn aus Tarsus, heutige Türkei, sie als Auslands­juden schickten ihn nach Jerusalem, und zwar nicht zu irgendeinem Rabbi, sondern zu Gamaliel. Dieser Gamaliel wird auch im Talmud, dem wichtigsten theologischen Werk im Judentum nach der Bibel, genannt und das war ihre Idee: Er sollte eine gewaltige Karriere machen und das sah dann auch wirklich so aus in der ersten Zeit. In Galater 1 beschreibt er seinen weiteren Werdegang selbst. Galater 1, 13:

13 Denn ihr habt von meinem ehemaligen Wandel in dem Judentum gehört, dass ich die Gemeinde Gottes über die Maßen verfolgte und sie zerstörte [und jetzt kommt's] 14 und in dem Judentum zunahm über viele Altersgenossen in meinem Geschlecht, indem ich übermäßig ein Eiferer für meine väterlichen Überlieferungen war.

Also eine Blitzkarriere hatte der Mann gemacht und das war ganz im Sinn seiner Eltern. Aber dann kam dieser Tag vor Damaskus. Und das beschreibt Paulus in Galater 1, 15:

15 Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, 16 seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte,

usw. Da kam dieser Moment, wo ihm die Augen über den wahren Messias, den Herrn Jesus, aufgegangen sind. Und darum hat er dann in der Folge diesen Namen Paulus gewählt, Lateinisch für 'der Kleine'. Und das gab natürlich ein schönes Wortspiel eben diese Form 'Saul', aber dann dem Griechischen angepasst, 'Saulos' – 'Saulus' – 'Paulus' oder 'Saulos' – 'Paulos'. Und so nennt er sich hier, als erstes Wort 'der Kleine', um auszudrücken, wie er von diesem hohen Ross gewissermaßen runter gefallen ist. Aber der Herr hat etwas Großes aus ihm gemacht. Und darum kommt als nächstes Wort 'Apostel' und zwar 'Apostel Jesu Christi'. Apostel heißt 'Gesandter'. Und dieses Wort wird im NT auch verwendet im Sinn von Missionar, Gesandter heißt das, ein Gesandter. Aber 'Apostel Jesu Christi' ist eine Bezeichnung, die nur anwendbar ist auf die 12 Apostel, die der Herr Jesus eingesetzt hatte für die 12 Stämme Israels mit einer ganz besonderen Autorität, indem er in Matthäus 10 ihnen erklärt hat: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf. Und in 1. Johannes 4 sagt der Apostel Johannes, einer der Zwölfe, können wir das kurz aufschlagen. Er spricht über Irrlehrer in 1. Johannes 4, 1–3 und dann sagt er in Vers 4:

4 Ihr [das sind die Adressaten, an die der Brief gerichtet ist] ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie [die falschen Propheten, die falschen Lehrer] überwunden, weil der, der in euch ist, größer ist als der, der in der Welt ist. 5 Sie [diese Verführer] sind aus der Welt, deswegen reden sie aus der Welt, und die Welt hört sie. Wir sind aus Gott;

Nicht war, ihr, das sind die Adressaten. Und wenn Johannes sagt 'wir', dann meint er die Apostel. Schon in Kapitel 1, 1 beginnt er mit der Beschreibung des Herrn Jesus, der in diese Welt gekommen war und wir haben ihn betastet, wir haben ihn gesehen, wir haben ihn angeschaut, das sind die Apostel. Und da sagt er also: Wir sind aus Gott. 1. Johannes 4, 6:

wer Gott erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.

Die Zwölf für Israel und Paulus als Apostel für die Heidenvölker. Und hier hat man einen wichtigen Erkennungspunkt von falscher und wahrer Lehre: Wer irgendwie diese Apostel angreift und ablehnt, lehnt damit die Wahrheit ab. Wer aus Gott ist, hört auf diese Worte der Apostel, wer nicht aus Gott ist, hört nicht. Und daran kann man den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums unterscheiden. Drum also ganz gefährlich, wenn es Leute gibt, die sagen: ja, der Apostel Paulus, und irgendwie das Wort der Paulusbriefe relativiert. Da haben wir die klare Anweisung, da erkennt man den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums. Also Paulus, 'der Kleine', Apostel Jesu Christi. Nicht nur einfach Apostel, denn das kann eben auch gebraucht werden für irgendeinen Gesandten. 2. Korinther 9 liest man von Abgesandten der Gemeinden, aber das sind eben keine Apostel Jesu Christi, das waren Abgesandten von örtlichen Gemeinden. Aber Apostel Jesu Christi, das sind diese Zwölf und der Eine, Paulus, die eine ganz spezielle Autorität bekommen haben vom Herrn und damit auch beauftragt waren, die Grundlage zu sein für die Gemeinde. In Epheser 2, 20 liest man von der Gemeinde als dem Tempel Gottes und da steht:

aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, indem Christus Jesus selbst Eckstein ist,

Sie bilden quasi die Grundlage, die Steine ganz unten, aufgelegt auf das Felsfundament, das Jesus Christus ist, dieser Eckstein. Und darauf ist die Gemeinde aufgebaut. Und darum war das auch ganz grundlegend bei der Erkennung, welche Bücher gehören zum NT und welche nicht, man musste absolut eindeutig nachweisen, dass ein Bibelbuch von einem der 12 Apostel oder von Paulus geschrieben worden war oder von einem Propheten, der durch diese Apostel Jesu Christi anerkannt war. Und darum wurde das Markusevangelium akzeptiert, der war kein Apostel, aber Petrus hat ganz ausdrücklich das Markusevangelium eben anerkannt. Lukas: Paulus hat ausdrücklich Lukas anerkannt. In 1. Timotheus 5 stellt er das Lukasevangelium in einem Zitat auf die gleiche Stufe wie das 5. Buch Mose, wie die Thora, und nennt das 'die Schrift'. Und auch Jakobus und Judas, die je einen Brief geschrieben haben im NT, das waren Halbbrüder des Herrn. Auch die waren als Propheten anerkannt durch die Apostel Jesu Christi. Also Paulus, Apostel Jesu Christi.

Durch Gottes Willen. Und von diesem Willen Gottes haben wir gehört in Galater 1: Als es aber Gott wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren. Galater 1, nochmals Vers 15:

15 Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, 16 seinen Sohn in mir zu offenbaren,

Wir wissen aus Römer 3, 10, wir Menschen würden Gott nie suchen von uns aus. Da wird grundsätzlich gesagt, da ist keiner , der Gott suche. Aber das ist das Wunder des Evangeliums: Gott ist von seiner Seite her gekommen. Der Herr Jesus sagt in Johannes 6, 44: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass der Vater ihn ziehe. Der Vater muss ziehen und der Sohn muss suchen. Darum sagt der Herr Jesus in Lukas 19, 10: Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist. Und in Johannes 16 hat der Herr Jesus den Heiligen Geist angekündigt, dass er kommen werde und er wird die Welt überführen von Sünde. Es braucht das Werk des Dreieinen Gottes: der Vater, der zieht, der Sohn, der sucht, und der Heilige Geist, der überführt. Und dann kommt der Moment, wo der Mensch vor der Entscheidung steht und er muss sich bekehren, er muss sich entscheiden. Darum sagt Petrus in seiner Predigt in Apostelgeschichte 3: So tut nun Buße und bekehret euch! Das ist ein Befehl, der sich an einen Menschen richtet und der mit der Verantwortung des Menschen zu tun hat. Und die erste Frage, die Paulus gestellt hat, da auf dem Boden, gestürzt, vor Damaskus: Wer bist du, Herr? Er nennt ihn 'Herr'. Und dann offenbart sich der Herr Jesus: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Und so wurde er also durch Gottes Willen zu dem, was er als Erlöster sein durfte: Apostel Jesu Christi durch Gottes Willen. Und er bekam sofort von dem Herrn Jesus diese Verheißung, einen ganz besonderen Auftrag zu haben für Israel und für die Völker. Natürlich war der Apostel Paulus speziell ein Apostel für die Nationen, für die Heiden, aber daneben hat er auch einen Auftrag gehabt für Israel. Darum hat er den Hebräerbrief geschrieben, wie wir gestern gesehen haben. Wie das 2. Petrus 3, 15 deutlich macht, dieser Brief der dort erwähnt wird von Paulus, ist genau der Hebräerbrief. Und in dem Hebräerbrief nennt sich aber Paulus nicht Apostel. Er nennt sich überhaupt nicht am Anfang des Briefes, weil es einfach um die Herrlichkeit des Herrn Jesus geht. Aber er nennt sich gar nie Apostel in diesem Brief, weil er kein Apostel Jesu Christi war für die Juden, für die Hebräer, sondern für die Heiden. Aber wenn er als Apostel von Ort zu Ort gegangen ist, er hat immer zuerst in einer heidnischen Stadt die Synagoge gesucht. Nach dem Prinzip aus Römer 1, 16, dass das Evangelium Gottes Kraft ist zum Heil jedem Glaubenden, dem Juden zuerst, als auch den Griechen. Es gibt eine Priorität der Judenmission und das hat der Apostel Paulus auch vorgelebt. Darum, Apostel Jesu Christi durch Gottes Willen.

Nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist. Warum steht hier Christus Jesus, Christus zuerst? Wir müssen immer wieder mal beim Lesen der deutschen Bibel Christus zurückübersetzen. Christus, Griechisch 'Christos' heißt einfach 'der Gesalbte', aber ist die Übersetzung von dem Hebräischen 'Messias' – 'mâshîyach'. Und wenn eben gesagt wird 'Christus Jesus', wird betont, dass er der Messias ist. Der Messias Jesus, heißt das. Und wenn man also zwischendurch mal so liest: nach Verheißung des Lebens, das in dem Messias Jesus ist, dann versteht man das Wort 'Christus' besser, weil in deutschen Ohren verkommt das sehr leicht zu dem Gefühl eines Familiennamens. Das war ja kein Familienname, das war ein Titel, und zwar der Titel 'Messias'. Und wenn das vorgestellt wird, wird also der Messiastitel besonders betont. Im Mehrheitstext, ganz am Anfang, ist es umgekehrt: Paulus, Apostel Jesu Christi, da ist die Betonung auf Jesus, sein Name heißt 'der Ewige ist Rettung'. Und dieser Jesus ist der Messias. Aber hier wird dann betont: nach Verheißung des Lebens, das in Christus, in dem Messias Jesus ist. Nach Verheißung des Lebens. Was ist damit gemeint? Wann wurde das Leben verheißen? Nun, dazu müssen wir Titus 1 aufschlagen und wir haben gleich die Antwort. Ich lese ab Vers 1:

1 Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi [Schon wieder der gleich Titel, nicht nur Apostel, sondern Apostel Jesu Christi.], 2 nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach Erkenntnis der Wahrheit, die nach [oder gemäß] der Gottseligkeit ist, [Jetzt kommt es.] in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten; 3 zu seiner Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist

Da haben wir's, die Verheißung des Lebens. Wann wurde es verheißen? Vor ewigen Zeiten. Also jetzt müssen wir denken, zurückgehen bis zur Schöpfung der Welt, 1. Mose 1, 1, und dann müssen wir zurückdenken in die Ewigkeit. Vor ewigen Zeiten hat Gott das ewige Leben verheißen. Aber wem hat er verheißen? Vor ewigen Zeiten gab es keine Engel und schon gar keine Menschen. Wem konnte er es verheißen? Da hat er es dem Herrn Jesus verheißen. Der ewige Vater hat dem ewigen Sohn verheißen: Diesen Menschen, die einmal dem Ruf des Evangeliums Folge leisten werden 'tut Buße und bekehret euch', nachdem ich sie gezogen haben werde und du sie suchen wirst und der Heilige Geist sie überführen wird, dann werde ich diesen Menschen das ewige Leben geben. Und das erwähnt Paulus hier ganz kurz: nach Verheißung des Lebens, das in dem Messias Jesus ist. Denn er musste in diese Welt kommen, das Erlösungswerk vollbringen. Und er selber ist das Leben. Er ist das ewige Leben, nicht wahr. In Johannes 14, 6 sagt er: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Also 'ich bin das Leben'. Und darum, wenn wir an den zentralen Vers des Evangeliums denken, Johannes 3, 16:

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe [als gegenwärtigen Besitz].

Dieses ewige Leben ist nicht 'etwas', sondern das ist der Herr Jesus. Das Leben haben, das Leben, das in Christus Jesus ist. Und ist es nicht etwas Wunderbares? In diesem 2. Timotheusbrief, wir haben das gestern gesehen, geht es darum, dass Paulus vor dem Märtyrertod steht. Er weiß, dass er nun in Kürze geköpft werden wird. Und er beginnt diesen Brief, der ein Märtyrerbrief ist, 'nach Verheißung des Lebens'. Das, das ist nun dieser strahlende Gegensatz zu Kapitel 4 Vers 6, wo er sagt: Ich werde schon als Trankopfer gesprengt, ja, wie der Wein, der beim Altar ausgegossen wird, was davon spricht, das Leben ausschütten in den Tod. Und da sagt er: 'nach Verheißung des Lebens'.

Ja, der Apostel Paulus hat genau das erlebt, was der Herr Jesus in Matthäus 10 den 12 Aposteln vorgestellt hatte. Ich schlage kurz auf, und zwar Vers 28:

Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib zu verderben vermag in der Hölle.

Also der Herr macht den Aposteln Mut, sogar im Blick auf Märtyrertod. Sie können nicht mehr tun, als den Leib töten. Aber die Seele können sie nicht töten. Und dem Apostel Paulus steht groß vor Augen: 'nach Verheißung des Lebens, das in dem Messias Jesus ist'. Und dann erklärt er, für wen dieser Brief bestimmt ist:

2 Timotheus, meinem geliebten Kind:

Timotheus kam durch den Apostel Paulus zum Glauben an das Evangelium auf der ersten Missionsreise (Apostelgeschichte 13/14) und darum nennt er ihn 'Kind'. Im Philemonbrief sagt Paulus von Onesimus, der durch ihn während der ersten Gefangenschaft in Rom zum Glauben kam, dass er ihn gezeugt habe in Banden. Und darum auch hier 'Kind' bedeutet, er kam zum Glauben durch ihn. Aber er sagt 'geliebtes Kind'. Und wir haben gestern gesehen, ganz viele haben den Apostel Paulus damals aufgegeben: Alle, die in Asia sind, haben mich verlassen (Vers 15). Aber Timotheus, diese Freundschaft, die hielt. Die hielt auch in dieser letzten schwierigen Zeit in den Lebenstagen des Apostels. Und darum, das hat ihn ganz besonders bewegt, das zu schreiben: Timotheus, meinem geliebten Kind. Und wie eng diese Verbindung war, sehen wir nämlich ab Vers 3:

3 Ich danke Gott, dem ich von meinen Voreltern her mit reinem Gewissen diene, wie unablässig ich deiner gedenke in meinen Gebeten Nacht und Tag, 4 voll Verlangen, dich zu sehen, indem ich mich an deine Tränen erinnere, damit ich mit Freude erfüllt sein möge;

Das zeigt eine eine so schöne Beziehung zwischen zwei Männern, die unterschiedlichen Generationen angehörten. Aber das ist das Schöne. Nicht wahr, in unserer Gesellschaft betont man Freundschaften in der gleichen Generation. Und Freundschaften zwischen den Generationen, das ist eher ist eher etwas Fremdes. Und dabei ist es so etwas Wertvolles. Und das sehen wir hier. Und Paulus denkt noch an die Tränen von Timotheus. Er sagt nicht, in welchem Zusammenhang. Aber wir wissen, dass er verhaftet worden ist in Troas und dann in die Todeszelle kam. Und das ist noch eine Erinnerung aus der letzten Zeit mit Timotheus, wo er gesehen hat, wie dieser junge Mann an ihm hing. Und das stand vor ihm. Und das hat ihn immer wieder begleitet, dieser Eindruck, wenn er für ihn gebetet hat. Timotheus, mein geliebtes Kind.

Und dann grüßt er ihn, wie das ganz üblich ist, mit Gnade und Frieden. Das haben wir ja ständig in den neutestamentlichen Briefen:

2... Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus [also dem Messias Jesus], unserem Herrn!

Aber das ist ein sehr spezieller Gruß: Gnade und Friede. Wäre das nur in einem jüdischen Kontext, dann würde stehen 'Frieden'. Denn das ist der normale Gruß 'Schalom'. Aber hier steht nicht nur 'Friede', sondern 'Gnade und Friede'. 'Gnade' auf Griechisch 'charis', erinnert an das normale Wort, wie man im Griechischen grüßte, im Altgriechischen. Der Gruß war 'Chaire!', das heißt 'Freue dich!' Das ist der normale Gruß: Freue dich! Und merkt man 'Chaire' – 'Freue dich' klingt sehr ähnlich wie 'Gnade' – 'charis'. Und im NT sehen wir's, wie der Heilige Geist die Schreiber angewiesen hat, diesen etwas abgeänderten griechischen Gruß zu nehmen, 'charis', verbunden mit dem jüdischen Gruß 'Schalom'. Weil die Gemeinde etwas ganz Einzigartiges ist, was im AT nie geoffenbart worden war. Denn es war ein Geheimnis von Ewigkeit her, in Gott verborgen, sagt Epheser 3. Und erst dann, als der Herr Jesus kam und schließlich der Heilige Geist ausgeschüttet wurde, da hat Gott dieses Geheimnis völlig geoffenbart, wie Epheser 3 sagt. Seinen Aposteln hat er das kundgetan. Und dieses Geheimnis umfasst, dass Gläubige aus dem jüdischen Volk und Gläubige aus den Heidenvölkern zusammengefügt werden zu einem Leib, und zwar so, dass Juden und Nichtjuden auf der gleichen Stufe stehen, etwas ganz Neues, etwas völlig Neues: das Geheimnis der Gemeinde.

In den Paulusbriefen findet man 8 Geheimnisse und alle haben zu tun mit der Gemeinde, die ein Geheimnis war in Gott verborgen von Ewigkeit her. Und das steht alles im Zusammenhang mit dieser Verheißung, wo Gott vor ewigen Zeiten seinem Sohn verheißen hat: Und diesen Menschen, für die du sterben wirst und die das Evangelium annehmen werden, wenn sie dann gerufen werden, denen gebe ich das ewige Leben, und die sollen zusammengefasst werden zu einem Leib, dem Leib Christi. Und du wirst das Haupt sein. Und das ist also dieses Gewaltige, das vor uns steht, und das kommt jedes Mal, in jedem Brief, zum Ausdruck, wenn dieser griechische Gruß für die nichtjüdischen Nationen 'Gnade' und der jüdische Gruß 'Schalom' – 'Friede' geäußert wird.

Aber wir haben hier noch etwas mehr, was gerade in den persönlichen Briefen dazu kommt, nämlich im Timotheus- und auch im Titusbrief: Barmherzigkeit. Ich meine im 1. Timotheusbrief 1 Vers 2:

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott,

Das wird hier noch hinzugefügt im Blick auf Timotheus, dass nicht nur die Gnade und der Friede Gottes zur Verfügung steht, sondern auch das Erbarmen. Und zwar hängt das Erbarmen besonders zusammen mit schwierigen Situationen, wo der Herr mitfühlt. Denken wir an Jesaja 63, 9, dann bekommt dieser Ausdruck 'Barmherzigkeit' die Tiefe, die es braucht. Ich lese Jesaja 63, 9. Da geht es um den Boten Gottes, der Gott selber ist, nämlich der Sohn Gottes:

In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt, ja der Bote seines Angesichts [das ist der ewige Sohn Gottes] hat sie gerettet. In seiner Liebe und in seiner Erbarmung hat er sie erlöst; und er hob sie empor und trug sie alle Tage der Urzeit.

Ist das nicht wunderbar, daran zu denken, hier steht: Dass, wenn wir uns bedrängt fühlen, fühlt der Herr Jesus sich auch bedrängt. Und in seiner Barmherzigkeit trägt er uns durch. Und gerade im 2. Timotheusbrief ist also dieses Wort 'Barmherzigkeit' von ganz besonderer Bedeutung, denn es geht hier um sehr schwierige Dinge, haben wir gestern gesehen, die wiederum ein Vorbild sind für das Schwierige, das die Gläubigen erleben werden in den letzten Tagen, in denen wir heute leben.

Und dann haben wir bereits gesehen in Vers 3: Paulus spricht, wie in seinen Gebeten Timotheus ständig vorkommt. Und er sagt hier so nebenbei, dass er Gott dient von seinen Voreltern her. Wir haben schon etwas gehört von seinen Eltern, die sehr ehrgeizig waren, ja. Dieser kleine Paulus, der – wie es üblich war damals – mit ungefähr 5 Jahren nicht in den Kindergarten ging, wie das heute üblich ist, sondern in die Lehre des Vaters. Im Judentum vor 2000 Jahren war das normal, dass ein Junge den Beruf seines Vaters lernte so ab 5 Jahren. Und darum wurde er Zeltmacher. Und es ist so, dass gerade in Zilizien hat sich dieser Beruf entwickelt, weil das Ziegenhaar in Zilizien ist aus dieser antiken Zeit bekannt als besonders hart und kräftig. Und da entwickelte sich diese Berufsgattung des Zeltmachers, denn der Laie konnte mit diesem kräftigen Haar nicht so viel anfangen, und da hat sich die Berufsgattung entwickelt 'Zeltmacher'. Und das hat er da in Zilizien, in dieser Provinz von Tarsus, in der heutigen Türkei, hat er von seinem Vater gelernt. Das war das Normale. Und dann, wenn die Lehre vorbei war, dann war ein Studium bei einem Rabbiner möglich. Und so ging er also als Teenager dann nach Jerusalem, um eben die steilste denkbare Karriere zu machen, bei Gamaliel, einem der größten Rabbiner des Sanhedrins, die 71 obersten Richter von Israel. Und zu den Füßen Gamaliels, so lernen wir aus dem Zeugnis des Paulus in der Apostelgeschichte, da hat er gelernt. Und seine Eltern waren gläubige Juden, ehrgeizig, ja, so wie das auch im jüdischen Humor heute noch eine sehr auffällige Sache ist. Man sagt, die jiddische Mama, die sagt: „Das ist der Michael, 5 Jahre, das ist unser Arzt. Und das ist der Schmuel, 7 Jahre, das ist unser Rechtsanwalt.“ Ja, die Mutter weiß schon, was werden soll. Aber eben was hier Paulus bezeugt, seine Eltern waren Gott gläubige Juden. Und die haben das mit gutem Gewissen gemacht. Die dachten, sie seien auf dem richtigen Weg. Und er sagt sogar: Meine Großeltern waren auch gläubige Juden. Und er selber hat dann auch Gott mit reinem Gewissen gedient. Er hat diese Ausbildung gemacht bei Gamaliel, wurde ein Eiferer für die väterlichen Überlieferungen und war überzeugt: Das ist es. Und er hat gesehen, wie manche Juden begannen zu glauben, dass Jesus der Messias sei. Und er dachte, die sind abgefallen von dem wahren Glauben. Und darum hat er sie verfolgt, aber mit einem guten Gewissen. Und darum sagt er, dass Gott sich über ihn erbarmt hat, weil er es unwissend getan hatte, im Unglauben. Aber eben gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Das gilt auch für uns. Darum sagt er: Von meinen Voreltern her diene ich ihm mit gutem Gewissen, aber das heißt noch lange nicht, dass er auf dem guten Weg war. Aber dann kam eben dieser wunderbare Tag, der herrlichste Tag in seinem Leben, als dieses Licht vom Himmel kam, wie Apostelgeschichte 9 sagt. Aber beim nächsten Bericht in Apostelgeschichte 22 wird das Licht als noch viel heller, als ein großes Licht beschrieben. Und dann in der weiteren Beschreibung, Apostelgeschichte 26, wo wir einen dritten Bericht haben über die Bekehrung des Paulus in der Apostelgeschichte. Dort heißt es: Sah ich o König vom Himmel her ein Licht, das den Glanz der Sonne überstrahlte [und das war um Mittag], heller als die brennende Sonne in Damaskus um die Mittagszeit. Und da kam der Herr Jesus in sein Leben.

Und nun sagt er, wenn er an Timotheus denkt, das ist bei ihm auch so, dass da drei Generationen von Bedeutung sind. Nicht wahr, all das, was Paulus gelernt hatte von den Großeltern her, von den Eltern, das konnte durch die Bekehrung geheiligt werden. Und das war nicht einfach für die Katze. Darum haben wir ja in Galater 1 gelesen: Als es Gott wohlgefiel, seinen Sohn zu offenbaren. Aber da sagt er noch etwas, was ich bisher gar nicht kommentiert habe, und zwar sehr auffällig. Galater 1, 15:

Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat,

Von Mutter Leib abgesondert, d.h., er war auf die Seite gestellt schon ab Geburt. Und all das, was in den Jahren geschah, als er dann in die Lehre ging zu seinem Vater, Zeltmacher, dann zu Gamaliel nach Jerusalem, das war alles schon im Plan Gottes drin. Ist das nicht wunderbar zu wissen, die 'Führung unseres Lebens begann nicht erst mit dem Tag der Bekehrung, mit diesem glücklichen Tag, sondern es begann mit der Geburt. Und die ganze Entwicklung, die wir durchgemacht haben, von Kinds Beinen an, das war nicht einfach für die Katze, sondern Gott hat einen Plan damit. Und wir wurden geformt. Und diese Formung war wichtig, auch im Blick auf den Dienst, den der Herr uns nach der Bekehrung oder ab der Bekehrung gegeben hat. Und so muss man das Leben sehen. Das ist nicht einfach eine schwarze Vergangenheit. Natürlich, das war das Leben als Sünder. Aber bereits dieses Leben hat der Herr geformt und es ist nicht von Zufall, dass wir damals mit diesen Leuten zusammen waren und das und dort ging uns diese Türe auf usw. Das ist alles im Plan Gottes gewesen, um uns zu formen zu dem Gefäß, zu dem er uns machen wollte, damit wir ihm dann als Bekehrte dienen würden.

Und so sagt er von Timotheus: Ich denke daran an diesen ungeheuchelten Glauben, der schon in deiner Großmutter Lois wohnte, in deiner Mutter Eunike (Vers 5), ja, und ich bin überzeugt, auch in dir. Und da erfahren wir, dass also seine Mutter Eunike, das war eine wirklich gläubige Jüdin, noch nicht messianisch-jüdisch, weil sie kannte das Evangelium gar noch nicht. Erst viel später kam ja der Apostel Paulus auf seiner ersten Missionsreise eben in diese Gegend von Lystra und Derbe. Und da kam ja dann der Timotheus zum Glauben. Und da ist eben auch die Großmutter zu erwähnen. Und die spielten eine wichtige Rolle im Leben dieses kleinen Timotheus. Die Ehe war schwierig. Wir lesen nämlich in Apostelgeschichte 16, dass Eunike mit einem griechischen Mann verheiratet war. Da ist irgendetwas schief gegangen. Warum hat die einen Nichtjuden geheiratet? Das war überhaupt nicht nach der Thora. Nach 5. Mo 7 geht eine Mischehe nicht. Und darum wird dort gesagt, dass er der Sohn einer jüdischen Frau war, aber eines griechischen Vaters. Und trotzdem lesen wir, dass diese zwei Frauen Timotheus von klein auf unterwiesen haben im Wort Gottes. Ich lese aus Kapitel 3, Vers 15:

und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die imstande sind, dich weise zu machen zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist.

Von Kind auf, lange vor der ersten Missionsreise des Paulus, wurde Timotheus in den Schriften des ATs unterwiesen, von der Großmutter und von der Mutter. Und schön ist zu wissen, hier steht nicht das normale Wort für 'Kind' – 'teknon'. 'Teknon' heißt 'das Gezeugte'. Das ist das normale Wort für 'Kind'. Aber hier steht 'brephos'. Und 'brephos' ist der Säugling. Die haben aber früh begonnen mit Bibelgeschichten. Ja, man muss nicht denken, ach, diese Kleinen, die verstehen ja gar noch nicht richtig Deutsch, da muss man noch ein bisschen warten, bis man die unterweisen kann. Nein, wie lernt ein Kind Deutsch? Indem man mit ihm Deutsch spricht, und zwar ganz normal. Mütter müssen nicht sprechen wie ein Baby. Zwischendurch, das ist schon richtig, aber das hat mit etwas Anderem zu tun, das hat mit der Beziehung zu tun, der Herzensbeziehung. Aber man muss normal mit den Kindern reden und nicht denken: 'Das Wort verstehen die noch gar nicht.' Aber wie lernen die? Die lernen, indem sie die Wörter hören, die sie noch nie gehört haben, und sie nochmals hören. Und das Gehirn ist so eingerichtet, innerhalb kürzester Zeit wird ein Wortschatz angesammelt. Wir Erwachsene wären glücklich, wir könnten so viele Wörter pro Tag neu aufnehmen wie ein Kind das kann bis 10 Jahre, und dann erst noch akzentfrei. Und zwar haben wir einen Dietrich im Gehirn, der jedes Schloss von jedem Sprachsystem, ob das Mandarin-Chinesisch ist oder sagen wir irgendeine Indianersprache oder eben Deutsch, wird korrekt geöffnet. Und nach 10? Poh, muss man Grammatikbücher beiziehen und die Struktur irgendwie lernen. Das geht alles automatisch. Also auch so mit den biblischen Geschichten: Einfach erzählen, auch wenn man denkt, das verstehen die gar noch nicht. Ja, aber genauso beginnen sie zu verstehen. Und das ist übrigens auch so, manchmal sagt man: Aber das ist doch eine viel zu schwierige Predigt, das sind ja ganz jung bekehrte Leute. Ja gut, aber man muss immer höher predigen, als wo jemand steht, sonst, wie will man Fortschritte machen? Es muss immer etwas höher sein. Und so wird man herausgefordert zu wachsen.

Und so hat also Timotheus als Säugling schon gehört aus den heiligen Schriften, was Mutter und Großmutter beigebracht haben. Und ist das nicht eine wunderbare Stelle, die uns zeigt auch einerseits die Bedeutung der Mutter in der Unterweisung der Kinder und die Bedeutung der Großmutter? Eine ganz ganz entscheidende Bedeutung.

Drei Generationen da bei Paulus, die aber eine Rolle gespielt haben in seinem ganzen Entwicklungsweg. Und auch diese drei Generationen Lois, Eunike, Timotheus.

Und dann sagt er in Vers 6 (2. Timotheus 1, 6):

Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Gnadengabe Gottes anzufachen, die in dir ist durch das Auflegen meiner Hände.

Das hatte er ihm doch schon mal gesagt. 1. Timotheus 4, 14. Ich lese schon 13 dazu:

13 Bis ich komme, halte an mit dem Vorlesen, mit dem Ermahnen, mit dem Lehren. 14 Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben worden ist durch Weissagung mit Hände-Auflegen der Ältestenschaft. 15 Bedenke dies sorgfältig; lebe darin, damit deine Fortschritte allen offenbar seien.

Hier sagt er auch: Vernachlässige nicht deine Gnadengabe. Und hier wieder: Du muss deine Gnadengabe anfachen. Wie ein Holzstück, das am Verlöschen ist, das muss man mit Luftzufuhr, Sauerstoffzufuhr wieder anfachen, damit es beginnt zu brennen. Das wird hier gesagt. Also das macht klar: Timotheus war nicht einer, der sich nach vorne drängte, sondern sich im Hintergrund hielt. Aber das kann man nennen Bescheidenheit und das ist eine gute Eigenschaft. Aber es kann auch ein Problem sein, wenn man 'zu bescheiden ist' und dann diese Aufgabe, die der Herr gegeben hat, nicht tut. Nicht wahr, und wenn man dann nach vorne geht, dann kann auch der Vorwurf kommen: Der stellt sich gerne nach vorne. Aber es geht einfach darum, mache ich das, was der Herr will, oder nicht? Und es gibt beide Gefahren: der eine, der eigenwillig nach vorne geht, und der andere, der bescheiden zurückbleibt. Und so in beiden Briefen musste Paulus Timotheus ermahnen, diese besondere Begabung, die er bekommen hat, einzusetzen im Dienst.

 

 

 

AT = Altes Testament

NT = Neues Testament