30/05

Sonntag, 4. September 2005

Pfr. Rolf Scheffbuch

 

Thema: „Gerecht? Auch vor Gott!“

Apostelgeschichte 13, 39

 

Liebe Gemeinde!

 

Nach dem Weltjugendtreffen in Köln meinte eine große Tageszeitung: „Leider sprach der Papst nicht die Sprache der Jugend, sondern er benützte hoch theologische Formulierungen.“ Als ich das las, tat es mir weh. Sind denn junge Menschen nicht mehr habhafter geistiger Kost wert?

 

Was hätte wohl dieser Journalist erst recht auszusetzen gehabt an der Predigt, die der große Apostel Paulus einst in Antiochien gehalten hat? Diese vorbildlich missionarische Ansprache ist uns ja fast stenographisch exakt erhalten, auch mit ihrem Zentralsatz: Jeder wird gerechtgemacht, der an Jesus glaubt“ (Apostelgeschichte 13, 39)! Der Pressemensch hätte sicher spöttisch das Gesicht verzogen. „So kann man doch den Menschen nicht kommen! Die Menschen brauchen Trost. Sie haben es nötig, dass man ihnen Mut macht. Man muss sie ernst nehmen in ihren Beziehungskrisen. Man muss doch auch  Verständnis dafür haben, dass sie ihr Leben ein wenig anders gestalten wollen als nach der bisherigen Sexualmoral. Wenn jedoch schon etwas tiefer gelotet werden sollte, dann müssten doch die Zweifel angesprochen werden, die sie an Gott haben. Aber sie fangen doch nichts an mit hochtheologischen Gedankengängen, gleich gar nicht mit steiler biblischer Begrifflichkeit. Damit Menschen zu behelligen, das ist unsensibel, ja es ist unbarmherzig!“

 

Wie empfinden denn wir?

 

Ich habe ausführlich geschildert, wie viele Menschen empfinden. Wie aber empfinden eigentlich  w i r? Wie empfinden wir das, wenn so in den Mittelpunkt gerückt wird: „Gott macht solche Menschen gerecht, die an Jesus glauben!“? Sind denn wir, die wir hier zum Gottesdienst versammelt sind, Gott dafür dankbar, dass er gerecht macht? Dankbar sind wir gewiss für Bewahrungen, die wir erfahren haben und die wir auch weiterhin erbitten. Wir alle haben auch manche wunderbare Gebetserhörung erlebt, und deshalb halten wir uns gerne an Jesus. Wie oft hat das Wort der Bibel uns getröstet! Deshalb erwarten wir auch jedes Mal neue Impulse, wenn wir zum Hören auf Gott zusammenkommen. Es ist uns wohl in der Nähe Gottes, sonst wären wir nicht hier. Aber sind wir auch überströmend dankbar dafür, dass uns gilt: „Gott ist hier, der gerecht macht“ (vgl. Römer 8, 33)?

 

Brauchen wir denn das? Gerade hier im „heiligen Korntal“, wo man gerade uns kritisch beobachtet! Was da alles an uns ausgesetzt wird, ist das denn immer nur böswillige Unterstellung? Ist denn so gar nichts dran, dass unser Christ- Sein als fragwürdig, als scheinheilig empfunden wird? Versuchen wir das abzuschütteln? Oder sind wir voll von staunender Dankbarkeit dafür, dass es gilt: „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht!“ Unser Gott will den so zu Recht Angeklagten, den so zu Recht Beschuldigten, bescheinigen: „Doch, die gehören zu mir. Ich mache Gottlose gerecht, die sich an Jesus halten!“?  „Die Gott berufen hat – auch gerade diese „verlorenen Söhne und Töchter“ -, die hat er auch gerecht gemacht“ (vgl. Römer 8, 30). Können wir noch staunen über dies Wunder aller Wunder? Dass Gott uns gerecht machen kann, auch wenn an uns noch gar nicht viel von Heiligkeit und von Gesundwerden zu entdecken ist?

 

Damals in Antiochien war es die Kernaussage der ganzen langen evangelistischen Ansprache des Apostels Paulus, dass Gott jeden gerecht macht, der an Jesus glaubt. Können wir uns eigentlich heute mit weniger zufrieden geben, wenn wir zu Jesus einladen? Natürlich hätte Paulus auch das sagen können, was heute so oft das missionarische Werben von Christen prägt: „Komm zu Jesus! Bei ihm wird dein ganzes Leben anders, es wird tief, es bekommt Horizonte, es wird froh und hell bei Jesus. Jesus erhört Gebete, er löst deine Probleme, Jesus hat Antwort auf deine existentiellen Fragen!“ Mit alledem wäre Paulus ja gar nicht daneben gelegen. Aber es kam ihm nun einmal auf das Entscheidende an, auf das Unverwechselbare, - auf das, was es in keiner anderen Religion gibt. Paulus wollte gleich bei seinem ersten Auftreten in Kleinasien das Zentralste nicht verschweigen, auf das Gott aus ist. Mit Zweitrangigem wollte er sich nicht lange aufhalten. Vielmehr wollte er bewusst machen, was jeder Mensch elementar braucht, wenn er nicht umsonst gelebt haben soll. Darum sprach er von der wirklich einzigen Möglichkeit, wie denn ein normaler Mensch gerecht sein kann vor seinem Schöpfer: „Jeder, der an Jesus glaubt, wird von Gott gerecht gemacht!“ 

 

Was eigentlich allen Menschen auf den Nägeln brennen müsste

 

Eigentlich müsste uns die Frage auf den Nägeln brennen, was denn letztlich bei unserem ganzen Schaffen und Rotieren herauskommt. Was bleibt auch nur 30 Jahre nach unserem Tod? Bei den meisten von uns noch nicht einmal ein gepflegter Grabhügel. Aber daran wollen wir nicht denken, normalerweise. Eigentlich müsste uns bis in schlaflose Stunden umtreiben, wie denn unsere Generation die wahnsinnige Schuldenlast abbauen kann, die wir auf Kind und Kindeskinder abwälzen. Aber wir leben lieber wie bisher in den Tag hinein. Eigentlich müsste uns bange sein vor dem Sterben und vor dem, was danach kommen könnte. Aber weil der Gedanke unbequem ist, lassen wir ihn gleich gar nicht richtig an uns herankommen.

 

Noch elementarer, noch existentieller jedoch ist eine andere Frage. Sie ist es, die uns vor allem anderen auf den Nägeln brennen müsste. Die Bibel berichtet von einem Elifas von Teman. Der wurde durch diese Frage aufgeschreckt. Der vernahm mitten in tiefer Nacht, als alle anderen Menschen süß schlummerten, ein Flüstern. Das löste bei ihm Furcht und Zittern aus, alle seine Gebeine erschraken, die Haare standen ihm zu Berge, als er eine Stimme hörte, die fragte: „Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott, gerecht vor dem, der ihn gemacht hat“ (vgl. Hiob 4, 12–17)? Wenn sich der Mensch vor seinem Schöpfer verantworten muss, wenn er Rechenschaft ablegen muss darüber, was er denn aus dem ihm anvertrauten Leben gemacht hat, dann kann der Mensch seinem Schöpfer gegenüber „auf tausend nicht eins antworten“ (vgl. Hiob 9, 3). Es wird ihm aber auch nicht eine einzige Rechtfertigung möglich sein.

 

Das müsste doch allen Menschen auf den Nägeln brennen! Es wird ja nicht behauptet – gleich gar nicht in der Bibel -, dass der Mensch alles falsch macht und dass er überhaupt nichts Gutes wirken kann. Der Mensch kann, wenn er nur will, unvorstellbar viel Gutes wirken. Unsere Rechtschaffenheit kann uns umgeben wir ein prächtiges Gewand, sie kann uns kleiden wie eine strahlend weiße Weste. Aber sie ist auch empfindlich. Es heißt einmal in der Bibel: „Alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid“ (Jesaja 64, 5). Am Kleid ist viel Strahlendes, Schönes, Vorbildliches, Erwähnenswertes. Aber auf diesem Hintergrund sieht man die Flecken umso deutlicher, umso störender, umso betroffener!

 

„Alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Gewand!“ In der Erinnerung sehe ich noch ganz lebendig die Szene vor mir: Bei einer Beerdigung hatte der Pfarrer zu den erwachsenen Töchtern der Verstorbenen liebevoll und zugleich anerkennend gesagt: „Ihr habt Jahre hindurch eure Mutter treu und selbstlos gepflegt, ihr habt ihr viel Liebe zurückgegeben, die ihr einst von ihr empfangen hattet!“ Da brachen die Töchter in haltloses Schluchzen aus. Denn gerade über diesen so anerkennend gemeinten Worten wurden sie daran erinnert, dass sie eben oft auch ungeduldig waren, dass sie doch noch ganz anders hätten Liebe erweisen können, dass sie oft auch mit dem Gedanken gespielt hatten, es möge doch auch einmal mit der schwierigen Pflege zu Ende gehen.

 

Ganz ohne Zweifel gibt es viel Gerechtigkeit, Güte, Treue, Selbstlosigkeit in unserer Welt, samt Opferbereitschaft, Ermutigung, Durchhaltekraft und Treue. Aber gerade darum sind die Flecken umso bedrückender, ärgerlicher, verzweiflungsvoller. „Wie kann denn ein Mensch gerecht sein vor Gott?“ Diese Frage müsste uns nicht nur auf den Nägeln brennen. Vielmehr müsste sie uns schlaflose Stunden in den Nächten kosten. Denn dieses Manko ist eine elementar menschliche Not. Das ist doch die Sehnsucht, die so viele Weltreligionen prägt, alle Befleckungen abwaschen zu können und anstelle des zerschlissenen Pilgerkleides des Leibes das weiße, reine Kleid der Verklärung tragen zu können.

 

Diese Sehnsucht kann der Gott stillen, der nicht Bußriten auferlegt, nicht Waschungen, nicht Wallfahrten, nicht Wiedergutmachungen. Der Vater des Erbarmers Jesus fordert auch keine Vergeistigung als Vorleistung. Er setzt nicht unter neuen Druck! Sondern er macht jeden gerecht, der an Jesus glaubt. Eigentlich! Was hemmt da eigentlich, zuzugreifen?

 

Weshalb es uns so selten auf den Nägeln brennt

 

Eigentlich müssten doch unsere Gesangbücher prallvoll davon sein, dies Wunder anzupreisen: „Uns macht gerecht der treue Knecht, der für uns ist gestorben“. Aber abgesehen von dieser Liedzeile – und ein paar wenigen anderen, wie etwa „du hast uns durch dein teueres Blut gemacht vor Gott gerecht und gut!“ – findet sich kaum ein Lobpreis des Gottes, der Menschen „gerecht macht“. Viel ist davon die Rede, dass Gott tröstet, heilt, bewahrt, vergibt, erneuert. Aber dass Gott „gerecht macht“, das ist kaum besungen. Es ist, wie wenn dies Angebot Gottes aus dem Schaufenster der Christenheit genommen worden wäre. Denn das „kommt nicht an“. Dafür ist nun einmal kein Bedarf.

 

Im normalen Menschen – im getauften Westeuropäer besonders – hat sich eine kaum erschütterbare Selbstgerechtigkeit eingenistet und breit gemacht: „Was brauche ich denn einen Gott, der mich gerecht macht? Wenn alle so wären, wie ich bin, dann würde die Welt anders aussehen! Einen Gott, der gerecht macht, den brauchen vielleicht die drüben in Stammheim, aber doch nicht ich!“

 

Die schreckliche Selbstgerechtigkeit! Erschüttert über sich selbst bekannte sogar Ludwig Hofacker (1798 – 1828), der große Bußprediger Württembergs: „Ach, es gibt so viel Selbstgerechtigkeit in meinem eigenen Herzen! Zwar bin ich durch und durch krank, ich habe keine eigene Pfarrstelle, ich habe kein rechtes Auskommen. Aber in meinem Herzen ist dauernd die Stimme: Du hast wenigstens einen rechten Ernst, wie ihn sonst kaum Pfarrer haben! Armes Herz!“

 

Seinen Freunden schrieb er dann: „Was bremst denn bei euch und in euren Gemeinden? Warum klagt ihr so viel? Ist nicht so, dass ihr so viel auf euch selbst baut und so wenig auf das, was Jesus tun kann? Drum weg mit den Lumpen des eigenen Eifers und des eigenen Frommseinwollens und der eigenen Gerechtigkeit! Heraus aus dem Lumpenzeug und hinein in die freie Gnade! Man muss es wagen, sich dem Gott anzuvertrauen, der alles macht, unsere Gerechtigkeit, unsere Rettung, unser Heil! Und man muss es der Welt laut sagen, weil sie es nicht mehr weiß und nicht mehr glaubt!“ – Das war keine fixe Idee von Hofacker. Sondern das hatte er sich von der Bibel ins Wachs drücken lassen.

 

Die Bibel bohrt an dieser Stelle unermüdlich nach

 

Die Bibel bleibt beharrlich an diesem menschlichen Urproblem: Wie kann ein Mensch vor Gott gerecht sein? Wie kann er je vor Gott gerecht werden? Wie kann er dem ewigen Scheitern entgehen? 

 

In ganz besonderer Weise hat der Apostel Paulus uns Christenleuten auf dem Thema „Gerechtigkeit“ beharrt. Ein paar Beispiele dafür: Durch die Werke des Gesetzes kann kein Mensch vor Gott  g e r e c h t  sein  (vgl. Römer 3, 20). Sünder werden  g e r e c h t  gemacht durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist (vgl. Römer 3, 23f). Der Mensch wird  g e r e c h t  ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben“ (vgl. Römer 3, 28). Aus Gnade macht Gott Gottlose g e r e c h t  (vgl. Römer 4, 4+5). Wer  g e r e c h t  geworden ist durch den Glauben, hat Frieden mit Gott (vgl. Römer 5, 1) Die „Fülle der Gnade“ besteht nicht in diesen oder jenen Wohltaten oder in ungewöhnlichen „Gnadengaben“, sondern in der „Gabe der  G e r e c h t i g k e i t“ (vgl. Römer 5, 17). Die Gnade des Christus Jesus „hilft aus vielen Sünden zur  G e r e c h t i g k e i t“ (vgl. Römer 5, 16).

 

Das war keine fixe Idee des Paulus. Es war nicht Sturheit, wenn er immer wieder auf dies Thema „Gott macht gerecht“ kam. Vielmehr  war es Jesus selbst, der dies Thema wichtig gemacht hatte. Der Bergprediger Jesus wusste, wie sich die Schriftgelehrten und Pharisäer mühten, möglicht keine Flecken auf ihre weiße Weste zu bekommen. Trotzdem konstatierte Jesus: „Wenn eure  G e r e c h t i g k e i t  nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (vgl. Matthäus 5, 20). Wie, wollte denn Jesus die Schraube noch mehr anziehen? Wollte er noch mehr Druck machen? O nein! Jesus wollte deutlich machen: Bittet doch als arme Sünder um die Gnade Gottes, so wie jener Zöllner im Tempel gebetet hat, von dem Jesus erzählte (vgl. Lukas 18, 9–14). Denn ihm galt: „Er ging hinab in sein Haus  g e r e c h t f e r t i g t, nicht jener“. Gott „schafft Recht“ (vgl. Lukas 18, 7f). In dem Gleichnis von Jesus ist ganz auffallend gerade dies Verb benützt, dass da einer „gerecht gemacht“ wurde!  Es gibt also eine „bessere Gerechtigkeit“! Nämlich  d i e  Gerechtigkeit, die Gott schöpferisch wirkt, mit der er Menschen beschenkt, die sich nach ihr sehnen.

 

Wenn Paulus vom Gerechtwerden spricht, dann gleicht er „zum Himmelreich Gelehrten“, der „wie ein Hausvater aus seinem Schatz Altes und Neues hervorholt“ (vgl. Matthäus 13, 52) und vor uns ausbreitet. Er zeigt uns, was er bei Jesus gelernt hat. Dazu gehört aber auch, was Jesus in den Ankündigungen der Propheten erschlossen hat. Da heißt es auf den kommenden Jesus gemünzt: „Er, mein Knecht, der Gerechte, wird den Vielen  G e r e c h t i g k e i t  schaffen“ (Jesaja 53, 11). Und auch ganz ähnlich in den beiden fast gleich lautenden Aussagen des Jeremia: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr (Jahwe), dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will, … der Gerechtigkeit üben wird. … Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: ‚Der Herr (Jahwe) unsere  G e r e c h t i g k e i t’“ (vgl. Jeremia 23, 5+6 mit Jeremia 33, 15–16).

 

Darauf also war der gerechte Gott zielstrebig aus, Gottlose gerecht zu machen (vgl. Luk. 18, 9ff mit Römer 3, 26;4, 5). Das ist der Menschen Not, dass sie „tausendmal mehr die Hölle als den Himmel verdient haben“ (Ludwig Hofacker). Diese Not hat Gott zu seinem höchsteigenen Anliegen gemacht.  Deshalb bahnte einen Weg er aus der Not heraus. Menschen sollten aus dem Fluch herauskommen und stattdessen teilhaben können an göttlicher Gerechtigkeit. Gott hat Jesus „zum Herrn“ gemacht (vgl. Apostelgeschichte  2, 36) in dem man Gerechtigkeit haben kann. Dieser „Herr“ soll auch unsere Gerechtigkeit sein!

 

Lassen wir doch endlich Gott machen!

 

Dies durch die Propheten Gottes angekündigte Rettungsprogramm ist mit Jesus in Kraft getreten. Wer an Jesus glaubt und ihn vertrauensvoll als Herrn anruft, der hat Teil an seinem unerschöpflichen Konto an Gerechtigkeit. „Wer an Jesus glaubt, der ist gerecht“ (Römer 10, 4).

 

Jesus hat sich mit uns sündigen Menschen blutsverwandt gemacht. Er hat Leib und Blut, also sein ganzes Leben hingegeben für die Vielen, welche der Vergebung der Sünden bedurften (vgl. Matth. 20, 28). Christus hat sich auf das engste mit sündigen Menschen verbunden, die eigentlich sich nicht vor Gott wagen dürften. Wer das glaubend gelten lässt, dem rechnet Gott den Glauben als Gerechtigkeit an (vgl. Römer 4, 18-25). Wer glaubend annimmt, dass er als ein der Vergebung höchst bedürftiger Mensch Jesus gehört, der ist gerecht. Der hat Anteil an der vollkommenen Gerechtigkeit von Jesus. „Christus Jesus ist uns gemacht von Gott zur Gerechtigkeit“ (1. Kor. 1, 30). Darauf ist Gott mit Jesus bei uns aus!

 

Vor wenigen Tagen haben es die jungen Leute aus aller Welt anlässlich der Bachwoche in der Stuttgarter Stiftskirche so jubilierend gesungen: „So ist nun nichts, nichts, nichts Verdammliches an denen, die in Christus Jesus sind!“ Das ist es!

 

Wir sollen doch nicht mehr ängstlich zusammenzucken müssen, wenn uns Schweres widerfährt! Wir sollen dann nicht fragen müssen: „Will Gott mir etwas heimzahlen? Will er mir auf die Finger klopfen?“ Wir wollen dann auch nicht patzig- empört aufbegehren: „Warum passiert das mir? Es gibt doch schließlich Menschen, die es eigentlich mehr verdient hätten als ich, die gelbe Karte gezeigt zu bekommen!“ Vielmehr sollen wir gerade dann, wenn Leiden über uns kommt, so sagen können, wie wir es beim Seelsorger Paulus lernen können: „Leiden? Ja, die habe ich natürlich, weil ich so der Gemeinschaft mit Jesus gewürdigt bin, dass ich auch an seinen Leiden teilhabe!“

 

„Gott macht gerecht!“ Eine kühne Formulierung. Sie nimmt auf, was Gott schon lange durch den Propheten Jeremia hatte mitteilen lassen. Da hieß es im Originalton: „Ich, der Herr, übe Recht und Gerechtigkeit auf Erden; denn solches gefällt mir“ (vgl. Jeremia 9, 23)! Gott macht es Spaß, Gerechtigkeit zu praktizieren. Und zwar genau an denen, „die des Ruhmes ermangeln, den sie bei Gott haben sollen“ (vgl. Römer 3, 23).

 

Wir können uns ja gar keine Vorstellung davon machen, wie sehnsüchtig Gott darauf wartet, dass wir uns durch Jesus gerecht machen lassen! Wir könnten uns so viel Druck sparen, was wir eigentlich alles noch tun sollten, bevor Gott Freude an uns haben kann! Wie viel strahlender Glanz könnte über unserem Leben liegen und über unseren Gemeinden, wenn es wahr würde: „Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (vgl. Römer 5, 1).

 Amen.