Theo Lehmann - Jugendgottesdienst Nr. 24

Abschrift der Predigt vom 14. Juli 1974 über Apostelgeschichte 8, 1-40 (Die Taufe des Kämmerers aus Äthiopien).

 

Liebe Freunde,

Da besichtigt jemand eine Kirche und sagt zu dem Pfarrer: „Sagen Sie mal, Herr Pfarrer, ihre Kirche kommt mir etwas klein vor. Gehen denn da ihre Gemeindeglieder alle rein?“ Da sagt der Pfarrer: „Also wissen Sie, es ist so. Wenn da alle reingehen würden, würden sie nicht alle reingehen, aber da sie nicht alle reingehen, gehen sie alle rein!“

Die Frage nach Gott.

Andere fragen verwundert, warum so viele Jugendliche in die Kirche gehen, zum Beispiel hier in die Schlosskirche. Schließlich weiß doch jeder, der hierher kommt, dass hier von Gott geredet wird. Und Gott gibt es ja offiziell gar nicht. Jedenfalls nach der vorherrschenden Meinung ist Er eine Idee, ein Hirngespinst, eine Illusion und ein Traum. Woher kommt plötzlich die starke Nachfrage nach Gott? Ich denke, die Frage kommt daher, dass der Mensch ein Geschöpf Gottes ist und daher die Frage nach Gott irgendwann einmal stellen muss. Wenn man aufpasst, kann man der Frage nach Gott heute überall begegnen. Ich habe vor ein paar Tagen glücklicherweise einen Gedichtband von Heinz Kahlau[1] erwischt. Das ist ein marxistischer Schriftsteller. Die Überschrift lautet: „Gott ist nicht da.“

Es gibt kein Paradies nach diesem Jammertal

Kein jüngstes Gericht findet statt.

Gott Ist nicht da.

Gott ist nicht da?

Kein jüngstes Gericht findet statt?

Kein Paradies nach diesem Jammertal?

Das Gedicht endet mit einem Fragezeichen.  Da habt ihr diese Frage nach Gott. Diese Frage ist schon immer von allen Menschen gestellt worden. Die Weltanschauungen und Ideologien und Religionen haben auf die Frage nach Gott entweder eine falsche oder gar keine Antwort. Deswegen hat es aus allen Lagern von Weltanschauungen und Religionen immer schon Menschen gegeben, die sich auf die Suche nach dem wahren Gott gemacht haben.

Ein Mann auf der Suche nach Gott.

Ich erzähle euch heute von einem solchen Mann. Ihr könnt die Geschichte in der Apostelgeschichte, Kapitel 8 nachlesen. Dieser Mann war ein Neger[2]. Ich weiß nicht ob und was er dort unten in Afrika von Gott gehört hat, aber die Frage nach dem Gott der Juden hat ihn so neugierig gemacht, dass er eine Reise nach Jerusalem machte. Er wollte mehr über diesen Gott heraus kriegen.

Da wundern sich manche Leute schon, dass es unter euch Experten gibt, die zig Kilometer reisen, um hier an dem Jugendgottesdienst in der Schlosskirche teilzunehmen. Wir haben vor 14 Tagen mit unserer Band in Leipzig einen Jugendgottesdienst gemacht und da fragte der Pfarrer die Gemeinde: „Wer kommt von außerhalb Leipzig, so 50 oder 100 km? – Na, das können wir auch einmal machen: Wer kommt von euch weiter als 50 oder 100 km? Dresden? Was gibt es noch? Wer bietet mehr? Berlin? So ging das also in diesem Gottesdienst in Leipzig. Und wir waren dann bis nach Berlin und Erfurt gekommen, dann war Ruhe, und auf einmal rief von der Empore ein paar Mädchen: Wir sind aus Zypern. Leipzig ist ja eine Messestadt, nicht wahr. Dann meldet sich einer und sagte: Ich bin aus Texas! Der kam gleich vor und fing an, in gutem Deutsch zu erzählen. Er erzählte, wie er Jesus begegnet ist. Ich wusste gar nicht mehr, was ich überhaupt noch predigen sollte, ich fand das toll.

Einige von euch haben also doch 50 oder 100 oder noch mehr Kilometer hinter sich gebracht, das ist aber gar nichts gegen den Neger, von dem ich hier erzähle. Der ist so ungefähr 1500 km unterwegs gewesen, um mehr von Gott zu hören. Natürlich ist der nicht getrampt, wie manche von euch aus finanziellen Gründen.

Weißt du überhaupt, wer der erste Tramper der Bibel gewesen ist? Bitte noch drei Minuten Geduld, dann werde ich diese Bildungslücke schließen, ich stelle ihn euch gleich vor.

Erst muss ich euch aber noch einiges über unseren Neger sagen. Der war kein Tramper, sondern er fuhr in einem eigenen Wagen. Er fuhr in einem so genannten Leiterwagen, er hatte also eine leitende Position, er war nämlich Finanzminister in Afrika. Das erklärt auch, warum er es sich leisten konnte, sich in Jerusalem eine Bibel zu kaufen.

Die Bibel – ein ungeheures Wertobjekt.

Eine Bibel ist zur damaligen Zeit ein ungeheures Wertobjekt gewesen. Kostbar wie zum Beispiel eine Eintrittskarte zu den Weltmeisterschaften zum Endspiel, die war ja am Vortag schon 1000 DM auf dem Schwarzmarkt wert, und eine Bibel war auch seltener zu erwischen, so ein kostbares seltenes Buch hat er sich also gekauft. Und mit diesem Buch fährt er nun nach Hause.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit fragen, ob jeder von euch eine Bibel besitzt. Das ist ein Buch, das jeder Christ unbedingt haben müsste. Wenn ihr keine habt, könnt ihr draußen am Tisch eines kaufen, und wer kein Geld hat, der kriegt eine geschenkt.

Jeder, der im Glauben einen Schritt weiter kommen möchte, der muss dieses Buch haben. Es nützt nichts, alle vier Wochen einmal hier in die Schlosskirche zum Gottesdienst zu kommen. Wenn man zum Glauben kommen will, muss man auch in Gottes Wort lesen. Ich habe von Leuten gehört, aus anderen Ländern in unserer Zeit, da gibt es welche, die waren Tausende Kilometer mit der Eisenbahn, um sich eine Bibel kaufen zu können. Ihr habt es leicht, ihr kriegt sie gleich geschenkt.

So ein Mensch, der eine weite Reise macht, um das Wort Gottes kennen zu lernen, das war der Neger, von dem ich euch erzähle. Der begnügt sich nicht damit, dass er bloß einmal im Gottesdienst sitzt, sondern er nimmt das Buch mit nach Hause. Er nimmt es mit in seinen Wagen und liest dort. Vorne auf dem Wagen auf dem Kutschbock sitzt der Kutscher, und weil ein Minister fährt, lässt er das Lieblingslied der Minister Hoch auf dem gelben Wagen erschallen, und hinten sitzt der Herr Minister und liest laut. Im Altertum, da las man laut in seiner Bibel.

Das Dumme ist nur: Er versteht nichts. Er begreift nicht, was da steht. Nicht dass er dumm wäre, sondern er kann den Sinn einfach nicht erfassen, obwohl er ein gebildeter Mensch ist. Und wie er sich so am Schädel kratzt und versucht, den Sinn zu erfassen, da hört er auf einmal laut und deutlich eine Stimme, die sagt zu ihm: Verstehst du auch, was du da liest?[3] Vor Schreck wird er ganz bleich, das heißt, es geht bei ihm gar nicht, weil ein Neger ist (Komisch: bloß Bleichgesichter können bleich werden...).

Also er erschrickt, und als er aufsieht, sieht er den bereits angekündigten ersten Tramper der Bibel, der vor ihm steht. Wir befinden uns ja am Anfang des ersten Jahrhunderts, also zu einer Zeit, als die Menschen höchstens noch mit einem PS bis höchstens sechs PS reisten, und der Mann, der vor ihm steht, der heißt auch dem entsprechend Philippus. Das heißt auf Deutsch: Pferdestärke, will sagen: Pferdefreund. Und mit so einem Namen, Pferdefreund, da konnte der gar nichts anderes werden, ist der erste Anhalter. Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn die jetzige Trampergeneration auch ihren Kindern die entsprechenden Namen geben würde. Ich mach einmal ein paar Vorschläge zum mitschreiben: Statt Sabine: Trabine. Statt Filine (das ist für die besseren Leute): Fiatine. Für die Herren habe ich auch noch einen: Statt Wolfgang Wolgagang.

Warum Gott Philippus in die Wüste schickte.

Zurück zu dem Philippus. Er steht in der sengenden Mittagsglut mitten in der Wüste auf der Straße nach Gaza, wo die Straße abbiegt nach Ägypten da runter.

Auf der Straße durch die Wüste war damals ungefähr genauso viel Verkehr wie heute auf der Autobahn zwischen Halle und Leipzig. Habt ihr schon mal gestanden auf der Strecke? Also da kannst du gut und gerne deine zwei Stunden stehen, ehe da mal ein einziger Traktor vorbei kommt. Und so ging es dem Philippus. Weit und breit nichts als Sand und Wüste, nicht einmal ein lumpiges Kamel ist zu sehen, meilenweit keine Camel und keine Coca-Cola Bude. Ich sage ja: Es ist alles haargenau so wie auf der Autobahn zwischen Halle und Leipzig. Das ist nicht übertrieben. Oder habt ihr schon mal ein Kamel auf der Autobahn gesehen?

Jeder von euch, der schon einmal per Anhalter gefahren ist, weiß, dass das eine abenteuerliche Sache ist. Man sieht manchmal Freunde und Helfer, von denen man lieber nicht gesehen werden möchte und so. Man muss sich auf alle möglichen Überraschungen gefasst machen. Man weiß nie, wie die Sache ausgeht.

Der Philippus war auch in dieser Beziehung ein echter Tramper. Er wusste nicht, wie die Sache weitergehen würde. Für ihn ist diese Sache ein echtes Abenteuer gewesen. Er wusste nicht, wohin er wollte, er wusste noch nicht einmal, warum er auf dieser Straße nach Gaza stand.

Das ist nämlich so gekommen: Philippus ist ein Jünger von Jesus, und er wohnt in Samaria. Eines Tages bekommt er den Auftrag vom heiligen Geist: Gehe jetzt in die Wüste und postiere dich an der Straße nach Gaza[4]. Jeder andere hätte gesagt: Was soll ich in der Wüste? Da muss Gott sich irgendwie geirrt haben. Außerdem bin ich hier unabkömmlich. Ich kann doch nicht einfach weg gehen, ich werde hier gebraucht. Das wisst ihr ja, Ausreden gibt es immer, wenn Gott uns ruft. Von Philippus heißt es hier aber nur klipp und klar: Er stand auf und ging hin. [5] Wenn Gott dich ruft, dann kannst du das eben nicht abschieben auf einen Anderen oder auf einen anderen Termin, dann erwartet Gott, dass du auf der Stelle los sprintest. Vielleicht sagt Gott jetzt zu dir: du musst heute Abend, nach dem Gottesdienst, noch den oder jenen Menschen besuchen. Oder vielleicht hast du vorher beim reingehen jemanden gesehen aus deiner Klasse oder aus der Schule, von dem du nie gedacht hättest, dass der einmal einen Gottesdienst besucht.

Vielleicht sagt Gott jetzt zu dir: „Den sprichst du nach dem Gottesdienst einmal an!“ Und du weißt noch nicht, was du zu ihm sagen sollst, und du brauchst es jetzt auch noch nicht zu wissen. Das geht dich jetzt noch gar nichts an. Es genügt, wenn du Gottes Befehl ausführst. Und Gott wird dir dann schon sagen, was du dem sagen sollst.

Bei dem Philippus ist das so gewesen: Er steht noch als ein echter Abenteurer Gottes in der Wüste und weiß noch gar nicht, warum. Da steht er nun, und malt mit seiner Zehe Männel in den Sand, und harrt der Dinge, die da kommen sollen. Und siehe da, da kommt eine Kutsche angefahren, und da sitzt ein Neger drin, und Philippus traut seinen Ohren kaum, der Neger liest in aus der Bibel.

Philippus‘ Bibelstunde auf dem Leiterwagen.

In diesem Augenblick bekommt Philipp den nächsten Befehl von Gott. Gott sagt zu ihm: „Jetzt ran an den Wagen![6] Das ist dein Fahrzeug, der nimmt dich!“ Nun hebt der Philippus nach Tramperart den Daumen hoch, aber das sieht der gar nicht, weil der ja am lesen ist, und so hoppelt der Philippus nun erst mal ein bisschen neben dem Wagen her wie so ein Hase, mit einem Bein immer schon auf dem Trittbrett, und wie er sieht, wie der Mann sich bemüht, die Bibel zu verstehen, da fällt er ihm sozusagen mit dem Trittbrett ins Haus und stellt die Frage: Verstehst du auch, was du da liest?[7]

In Klammern gesagt: Den Trick kannst du dir mal merken. Wenn du nachher nicht weißt, was du zu dem sagen sollst, Den du nachher ansprechen sollst, dann fragst du ihn einfach: „Hast du verstan-den, was der Pfarrer gesagt hat?“ und schon läuft das Gespräch. Klammer zu.

Der Finanzminister sagt: Wie kann ich es verstehen, wenn es mir keiner erklärt?[8] Kannst du mir das erklären? Wahrscheinlich hat Philippus genickt. Der Minister sagt: Also los, steige ein, ich höre! Die Bibelstelle, die er gerade gelesen hat, steht beim Propheten Jesaja im Kapitel 53. Da ist die Rede von einem Mann, von dem folgendes gesagt wird: Er war wie ein Lamm, das geschlachtet wird. Er war wie ein Schaf, das sich ruhig scheren lässt. Er sagte kein Wort. Er wurde verurteilt, aber das Urteil ist wieder aufgehoben worden. Niemand kann seine Nachkommen zählen, denn Er ist von der Erde weggenommen worden. [9]

Da sagt der Minister: Also ich bitte dich, wovon redet der Prophet hier? Redet er von sich selber, oder redet er von einem anderen, was ist hier gemeint?[10] Das heißt also, dieser Mann, der es gewöhnt ist, mit nüchternen Zahlen zu rechnen, der gewöhnt ist, mit der harten Wirklichkeit umzugehen, der will es jetzt einmal genau wissen. Ist das, was hier in der Bibel steht, wirklich einmal vorgekommen? Gibt es diesen Mann, von dem die Bibel hier redet? Ich meine, ein Mensch, der sein Leben für andere hingibt, das ist ja ein rührender Gedanke. Bloß, von rührenden Gedanken, da hatte dieser Minister genug, und von hohen Idealen. Er wollte nur klipp und klar wissen: Gibt es das, wovon die Bibel hier spricht, in Wirklichkeit, hat es diesen Mann wirklich gegeben? „Jawohl“, sagt der Philippus, „den gibt es wirklich, den kenne ich, und von dem kann ich dir erzählen. Er heißt Jesus!“ Und dann fängt der Philippus an, und erzählt dem Minister die gesamte Geschichte von Jesus. Er hatte ja viel Zeit. Mit zwei PS durch die Wüste, da hat man ja viel Zeit.

Ich weiß nicht, was er ihm im Einzelnen erzählt hat, aber Philippus wird es ihm ungefähr folgender-maßen gesagt haben: Gott liebt alle Menschen, also auch dich. Und Gott ist es egal, ob du eine schwarze Hautfarbe hast oder eine weiße, ob du Finanzminister bist oder Tramper, ob du nach Geld stinkst oder nach Karo[11], ob du aus Afrika kommst oder aus Karl-Marx-Stadt, auf alle Fälle: Gott liebt dich. Er liebt dich so sehr, dass Er seinen einzigen Sohn gegeben hat, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben. Du bist nämlich ohne Jesus verloren wie alle Menschen. Weil du ein Sünder bist, wie alle. Und dieser Jesus ist am Kreuz für deine Sünde gestor-ben. Und was das Beste ist, Er ist nicht tot, Er ist wieder auferstanden und Er hat mich jetzt zu dir geschickt. Und im Namen von Jesus sage ich dir: Glaube an Ihn, und dann hast du das, wonach deine Seele ein Leben lang gesucht hat: Frieden mit Gott. Und lass dich taufen, denn Jesus hat einmal gesagt: Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet. Und wer nicht glaubt, wird verdammt wer-den.

Und wie Philippus gerade erzählt und von der Taufe spricht, da guckt der Minister gerade zum Fenster seiner Karosse raus, er sieht eine Oase mit ein bisschen Wasser und sagt: Hallo, da ist ja Wasser! Was hindert's, dass ich mich taufen lasse? [12]

Was hindert’s, dass du ein Kind Gottes wirst?

Wenn ein Mensch begriffen hat, wer Jesus ist, und wenn er von Ihm ergriffen ist, dann gibt es für ihn keine Hindernisse mehr. Deswegen frage ich jetzt einmal diejenigen von euch, die noch nicht getauft sind: Was hindert euch eigentlich daran, euch taufen zu lassen? Wenn du an Gott glaubst, warum willst du dann nicht eigentlich auch ein Kind Gottes werden? Was kann dich daran hindern – nichts! Nicht einmal die kirchlichen Vorschriften können dich daran hindern. Die Kirche hat ja immer so ein bisschen umständliche Vorschriften. Die ist immer so wie die alte Dame in Berlin, die steht einmal auf dem Alex, und dann kommt ein kleener berliner Junge und sagt: „Wie komm ick zum Bahnhof Friedrichstraße?“ Das sagt die alte Dame: „Also, erstens nimmst du einmal die Hände aus der Hosentasche, dann putzt du dir erst einmal die Nase, dann stell dich erst einmal ordentlich hin, und dann stellst du deine Frage noch mal.“ Da sagt der kleine Junge: „Nee, det is mir zu ville - da verloop ick mir lieba!“

Wenn der Philippus jetzt dem Afrikaner so einen Haufen Vorschriften gemacht hätte und gesagt hätte: „Na, da musst du erst die ganze Bibel durchlesen, und hundert Bibelverse auswendig kennen und die Vorschriften verstehen und erst mal öfters in den Gottesdienst gehen, und dann reden wir einmal über deine Taufe.“ Da hätte der Afrikaner gesagt: „Nee, das ist mir zu viel. Wenn das so umständlich ist, sich von deinem Jesus retten zu lassen, dann bleibe ich lieber ein Heide.“ So umständlich ist Philippus nicht gewesen. Er sagt einfach zu diesem Mann: OK,  Du kannst getauft werden, wenn du an Jesus glaubst. Da sagt er: Ich glaube, dass Jesus Gottes Sohn ist[13]. Das genügt. Sie klettern aus dem Wagen raus und steigen in das Wasser rein, und auf der Stelle wird der Finanzminister getauft.

Und dann fährt er als ein glücklicher Mensch nach Hause, nach Afrika. Er kehrt zurück in sein Finanzministerium auf seinen alten Posten. In ein heidnisches Land, in dem eine vollkommen andere Weltanschauung herrscht und wo er mit seinem Jesusglauben total alleine ist. Aber das juckt den überhaupt nicht. Er hat ja Jesus gefunden und er ist glücklich und er kann sich bloß noch freuen. Was dieser Mann auf der Straße nach Gaza erlebt hat, das nennt man eine Bekehrung. Ich weiß, es gibt Leute, die können das Wort Bekehrung nicht ausstehen. Aber das macht mir gar nüscht aus. Das steht nämlich in der Bibel. Und in der Bibel steht, dass alle sich bekehren sollen. Alle. Das gilt für uns, die wir hier sind  genauso. Für die Getauften und für die Ungetauften.

Auf der Kirchenbank sitzend in die Hölle fahren – das geht!

Irgendwann im Leben muss jeder Mensch, der Christ sein will, einmal ganz bewusst sein Leben Jesus Christus übergeben. Du kannst nicht so im Allgemeinen Christ sein, aus Tradition und so in der Masse, weil sie dich als kleines Kind einmal getauft haben, ohne dass du selber dich für Jesus entschieden hättest. Es muss in deinem Leben der Moment kommen, wo du dich mit deinem ganzen Willen und Verstand und Herzen Jesus übergibst. Mit einem Wort: Wo du dich bekehrst.

Manche Christen bekehren sich nie. Manche hocken jeden Sonntag in der Kirche, ohne sich zu bekehren. Und sie werden deswegen mit ihrem auf den Kirchenbänken breitgesessen Hintern ärschlings in die Hölle fahren, wie unser Reformator Martin Luther[14] sich ausgedrückt hat. Wir lachen jetzt, aber hoffentlich passiert das keinem, der jetzt gelacht hat. Hoffentlich passiert das keinem, der unter uns ist, dass wir in die Hölle gehen, dass wir verloren gehen, dass wir abkommen von Christus. Hoffentlich passiert das keinem von uns.

Wenn du nicht bekehrt bist, dann zählt dein Taufschein und dein Konfirmationsschein einen Dreck. Christ sein ohne Bekehrung, das ist ungefähr so wie ein Wettrennen ohne Startschuss. Du rennst vielleicht, aber es zählt einfach nicht. Und alles, was ich heute von dir wissen will ist: Wie steht das in deinem Leben mit dem Startschuss. Eine Bekehrung, das ist immer ein plötzliches Ereignis und trotzdem hat jede Bekehrung eine lange Vorgeschichte. Bei dem Finanzminister war die vielleicht deswegen so lang, weil der so reich war. Christus hatte einmal gesagt: Es geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt.[15] In dieser Geschichte, da haben wir das Wundertier einmal vor uns. Ein Kamel, das durch ein Nadelöhr geht. Ein Reicher, der gerettet wird.

Gottes Programmierung ist perfekt.

Damit das klappt, hatte Jesus das schon lange vorher einfädeln müssen. Jahrelang hat Er ihn gelockt, Er hat ihn nach Jerusalem geführt. Er hat ihm auf dem Rückweg im richtigen Moment den Philippus hin geführt, und als er fertig war mit seiner Belehrung, da ist Wasser da, und er konnte seine Taufe durchführen. Gottes Programmierung ist von höchster Perfektion.

Und du kannst sicher sein, dass es auch kein Zufall ist, dass du heute Abend in diesem Gottesdienst sitzt. Auch dieser Gottesdienst ist ein Programmpunkt in deiner Bekehrungsgeschichte. Und du musst das jetzt selber entscheiden, ob dein Programm abgelaufen ist und ob du heute umschalten musst auf ein neues Programm, auf ein neues Leben mit Jesus. Dieses Umschalten, dieser entscheidende Schritt hin zu Jesus, das ist immer nur ein Schritt, aber er muss einmal getan werden.

 Wenn du das Mädchen, das du liebst, heiraten willst, da rennt man ja auch nicht am ersten Tag zum Standesamt. Das hat ja immer seine Vorgeschichte, bis es soweit ist, aber eines Tages geht ihr dann doch zum Standesamt. Der entscheidende Schritt in die Ehe ist doch auch nur ein Moment. Da guckst du deine Braut an und zwinkerst ihr zu, und da ist sie schon nicht mehr deine Braut, sondern sie ist deine Frau, so schnell geht das. Du guckst so ungläubig, aber ihr werdet es schon noch erleben, ich sage es euch (Gelächter). Da ist noch ein bisschen Musik und Gerede dabei, aber die eigentliche Eheschließung, die geht wie ein Blitz.

Einmal in deinem Leben, da muss die Botschaft von Gott bei dir einschlagen wie ein Blitz. Es muss in deinem Leben irgendwann einmal der Moment kommen, wo du erkennst: „So wie bisher, so geht das nicht weiter, ich will jetzt mit dem alten Leben aufhören und ein Leben mit Jesus anfangen!“ Ich weiß nicht, ob die Botschaft von Jesus heute Abend bei dir eingeschlagen hat. Und ich weiß nicht, ob heute Abend für dich der Moment gekommen ist, wo du ein neues Leben mit Jesus anfangen kannst. Aber ich weiß bloß, wenn Gott heute zu dir gesprochen hat, und wenn du heute gemerkt hast, dass Gott dich meint, dann weißt du jetzt auch ganz genau, dass du dran bist. Und dann frage ich dich: Was hindert dich daran, dass du zu Gott kommst?

 

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[1] Heinz Kahlau (1931 – 2012), Lyriker, von 1970 bis 1980 Präsident der P.E.N.-Sektion der DDR. Von 1956 bis 1964 inoffizieller Mitarbeiter der Stasi. – Anm. des Schreibers.

[2] Neger kommt von lat. Niger – Schwarz. Der Begriff „Neger“ wurde erst seit den 1970er Jahren in der Bundesrepublik und seit den 1980er Jahren in der DDR zunehmend als abwertend empfunden. Zum Zeitpunkt der Predigt (1974) verfolgte Theo Lehmann damit zweifelsfrei nicht die Absicht einer Abwertung von Afrikanern. – Anm. des Schreibers.

[3] Apostelgeschichte 8, 30

[4] Vers 26

[5] Apostelgeschichte 8, 27

[6] Vers 29

[7] Vers 30

[8] Vers 31

[9] Vers 32.33

[10] Vers 34

[11] Karo: DDR-Zigarettenmarke. – Anm. des Schreibers.

[12] Vers 36

[13] Vers 37

[14] Diese Formulierung wurde später auch von Goethe im „Faust“ übernommen. – Anm. des Schreibers.

[15] Matthäus 19, 23