Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 102

Abschrift der Predigt vom 08.06.1986 über Matthäus 22,1-13 (die königliche Hochzeit).

 

Die königliche Hochzeit.

Liebe Freunde, die Juden erzählen sich folgende Geschichte: ein Jude lädt einen Anderen zur Hochzeit seines Sohnes ein, und sagt: weißt du eigentlich, wo ich wohne? – Nein - Na, pass auf, das erklär ich dir. Ich wohne in der Webergasse 11, da gehst du rein, und durchs Hoftor durch und hinten, im Hinterhaus gehst du die Treppe hoch. Zweites Stockwerkt, verstehst du, und dann gehst du hinter und an dem Gang, rechte Seite, die vorletzte Türe, da wohne ich. Und wenn du dort bist, klopfst du kräftig mit dem Fuß gegen die Türe. – Na, warum mit dem Fuß? – Na, sagt der, du wirst doch nicht mit leeren Händen kommen?

Jesus hat auch mal genau die gleiche Geschichte erzählt. Da lädt auch ein Mann, ein König, andere Leute ein zur Hochzeit seines Sohnes. Aber die Pointe der Geschichte bei Jesus ist genau umgedreht. Der will, dass die Menschen mit leeren Händen hinkommen. Das ist ja schon ziemlich ungewöhnlich. Überhaupt ist die gesamte Geschichte, die Jesus erzählt, äußerst unwahrscheinlich.

Da war also einmal ein König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Ich lese euch das einmal vor. Matthäus-Evangelium, Kapitel 22. Und er sandte seine Knechte aus, dass sie die Gäste zur Hochzeit riefen. Und sie wollten nicht kommen. Dann sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: siehe: meine Mahlzeit hab ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Aber sie verachteten das und gingen hin, einer auf seinen Acker, der andere in seine Werkstatt. Etliche griffen aber seine Knechte, höhnten und töteten sie[1].

Also, wenn du von der Verkehrspolizei vorgeladen wirst, da bist du vermutlich auch nicht besonders begeistert. Aber eine Hochzeit ist ja nun etwas anderes. Und außerdem ist eine Einladung ja keine Vorladung. Und eine Hochzeit, zumal noch bei einem Prominenten, das lässt man sich normalerweise ja nicht entgehen. Da geht man ja hin. Schon wegen der Fresserei. Das ist doch klar. Das ist doch nicht eine Gartenparty, wo es nichts gibt als Bockwurst und Adlershofer Wodka[2] oder helles Bier, da wirst du doch blind davon. Sondern da ist exquisites Futter aus dem Fress-Chic und Cognac oder Sekt aus dem Shop angesagt. Da würde jeder hinrammeln, das ist doch selbstverständlich.

Die unwahrscheinliche Reaktion des versetzten Königs.

Und deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Leute aus unserer Geschichte hier nicht hingehen. Es ist unwahrscheinlich, dass die nicht wollen. Es ist unwahrscheinlich, dass die alle ablehnen. Es ist unwahrscheinlich, dass der König sich das gefallen lässt und dann ein zweites Mal einlädt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Leute da wieder so unhöflich sind, auf eine höfliche Einladung so eiskalt zu reagieren. Und es ist unwahrscheinlich, dass sie sich über die Boten, die die Einladung überbringen, hermachen und manche sogar umbringen. An dieser Stelle reagiert übrigens der König so, wie wir normalerweise alle reagieren würden. Da wurde der König zornig, und schickte seine Heere aus, und brachte diese Mörder um[3]. Also dass der mal zulangt, das verstehen wir. Aber alles, was dann kommt, das verstehen wir wieder nicht. Das ist alles ganz unwahrscheinlich. Er schickt nämlich jetzt neue Boten aus, mit folgendem Befehl: darum geht hin auf die Straßen und ladet zur Hochzeit, wen ihr findet[4].

Na, wie finde ich denn sowas? Man ist ja allerhand gewöhnt von prominenten Leuten, was die sich so für Verrücktheiten einfallen lassen. Also zum Beispiel in Sekt baden oder im vollen Frack und Abendkleid in den Swimmingpool hineinspringen und sowas – aber dass einer sich wildfremdes Gesocks von der Straße einlädt auf seine Party, das habe ich noch nie gehört. Und gleich gar nicht, wenn’s eine Familienfeier ist.

Das dürfte also ziemlich unwahrscheinlich sein, was hier erzählt wird. Man weiß ja bei solchen Leuten, die man sich von der Straße einlädt, überhaupt nicht, ob diese sich benehmen können. Vielleicht rülpsen die nach dem Essen? Oder es fehlen hinterher ein paar Silberlöffel oder sowas. Also sich irgendwelche x-beliebigen Nasen von der Straße reinholen, so was gibt’s überhaupt nicht.

Doch, sagt Jesus, das gibt’s. Diese Geschichte passiert täglich tausendfach. Es ist ganz einfach eine Geschichte aus dem Alltag Gottes. Jesus hat nämlich die Geschichte angefangen mit dem Satz: Das Reich Gottes ist genauso wie ein König, der seinem Sohn Hochzeit machte[5]. Jesus will mit dieser Geschichte sagen: genauso unwahrscheinlich wie dieser König benimmt sich Gott gegenüber den Menschen. So großzügig, so geduldig. So verrückt ist Gott. Gott ist verrückt vor Liebe nach uns Menschen. Und Er möchte uns alle haben und Er lädt uns alle zu sich ein, egal wer wir sind. Ohne Vorbedingung. Ohne eine Ausnahme. Und genau so unwahrscheinlich und unverschämt und unmöglich, wie die Leute in der Geschichte, benehmen sich die Menschen gegenüber Gott. Was du dir sonst bei keinem rausnehmen würdest, das erlaubst du dir bei Gott ohne weiteres. Er hat dir seine Einladung ja bereits schon längst persönlich zugeschickt. Schriftlich.

Gottes Liebesbrief an dich. Von nützlicher und unnützer Literatur.

Er hat dir einen Brief geschickt, einen Liebesbrief, nämlich die Bibel. Da steht zum Beispiel drin in der Bibel: Ich habe dich schon immer geliebt[6]. Hast du das schon gewusst, dass das da drin steht? Hast du das mal gelesen? Hast du die Bibel überhaupt schon mal gelesen? Das ist ein einzigartiges Buch. Da steht etwas drin, was du sonst in der ganzen Weltliteratur nirgends finden kannst. Das findest du weder bei Goethe noch bei Karl Marx, weder im Koran noch im Duden. Da steht nämlich drin, wie du deine Sünde loswerden kannst. Wie du ein Kind Gottes werden kannst. Wie du ein Bürger in Gottes Reich werden kannst.

Kannst du mir mal sagen, warum du alle möglichen Bücher schon gelesen hast, aber das wichtigste Buch noch nicht? Was der Onkel Borrmann im letzten Magazin[7] über die Liebe schreibt, das hast du natürlich studiert. Ist ja klar. Warum liest du nicht das, was die Bibel darüber schreibt, und richtest dich danach? Die Bibel, so hat einmal jemand gesagt, ist ein Brief den Gott dir geschrieben hat, nachdem du dich richten sollst, und nachdem du einmal gerichtet wirst.

Denn im jüngsten Gericht, wenn du einmal vor Gott stehst, wird Er dich ja einmal danach fragen. Und Er wird zu dir sagen: „Du, Ich hatte dir doch mal einen Brief geschrieben.“ Wirst du dann sagen: „Einen Brief? Was für einen Brief?“– „Ich habe dir einen Brief geschrieben“, wird Gott dann sagen, „in deutscher Sprache, damit du weißt, wer Ich bin, was Ich von dir erwarte, und was Ich dir schenke.“ Und du wirst sagen: „Ja Du lieber Gott! Weißt Du denn nicht, was wir sonst noch alles zu lesen hatten! Das fängt beim Bummi[8] an und hört beim ND[9] auf. ND gut – alles gut. Dazu kommen noch die vielen Romane und Zeitschriften und Fachliteratur, ist ja alles nötig fürs Fortkommen, für die Qualifizierung.“ Ist euch schon einmal aufgefallen, dass in dem Wort Qualifizierung das Wort Qual drinnen steckt? Na, bloß nebenbei.

Ja sicher, das muss ja alles sein. Das wird ja Gott auch nicht bestreiten. Er wird immer nur zu dir sagen: „Ich hatte dir doch einen Brief geschickt!“ und da stand doch alles drin, was du brauchst zum Leben und zum Sterben. Und das hat dich nicht interessiert?“ – „Ja, mein Gott“ wirst du sagen „wir hatten halt so viel anderes Zeug zu lesen. War alles viel interessanter. Der Karl May: wie der Old Shatterhand da am Marterpfahl hängt!“ - „Aber in meinem Brief“ wird Gott sagen „da stand doch drin, dass Mein Sohn am Kreuz gehangen hat! Dass der am Marterpfahl gehangen hat, an deiner Stelle. Damit du leben kannst, damit du Frieden hast. Das hat dich nicht interessiert?“

Überlege dir gut, ob du Gottes Brief und Einladung ignorierst.

So wird Gott dich einmal fragen. Und egal was du dann für Ausreden bringst, wenn du es dir genau überlegst, sind deine Ausreden doch im Grunde genommen eine Frechheit. Gott, der Schöpfer des Weltalls, schreibt dir einen Brief, und du hast keine Lust, ihn zu lesen. Gott, der Herr des Universums, lädt dich zu sich ein - und du hast keine Zeit, zu kommen? Mensch, das ist doch nicht irgendeine Schwarte, die ich dir hier empfehle, sondern es ist das Wort Gottes. Und es ist doch nicht irgendein Knilch, der dich zu sich einlädt, sondern es ist der lebendige Gott! Und es ist doch nicht irgend ´ne Fete, zu der du eingeladen wirst, sondern es ist das Reich Gottes. Es ist doch eine Ehre für dich, dass Gott dich einlädt. Bei einem normalen Menschen, da kannst du ja reagieren wie du willst. Aber eine königliche Einladung, das ist so gut wie ein Befehl. Dem man nur auf eigene Gefahr hin ungehorsam ist, und das solltest du mal bedenken, wenn du die Einladung heute wieder ausschlägst.

In der Geschichte, wie sie Jesus hier erzählt, da ist das so, dass die Eingeladenen alle was anderes zu tun haben. Der eine geht auf seinen Acker, der andere geht in seine Werkstatt. Das ist nicht gesagt, dass das der Schrebergarten war, oder der Hobbyraum, oder etwas Überflüssiges, sondern die hatten sicher wirklich echt was zu tun. Arbeit muss sein, Hobby muss sein – da hat Gott nichts dagegen. Sagt er ja auch nichts dagegen. Aber wenn die Arbeit als Grund vorgeschoben wird, dass du keine Zeit für Gott hast, da ist etwas faul. Was die Leute davon abhält, zu Gott zu kommen, das ist meistens nicht ihre Faulheit, sondern das ist gerade ihre Arbeitswut. Es sind meistens keine negativen Dinge, sondern hoch anständige, gute, nützliche Beschäftigungen. In unserer Geschichte sind diejenigen, die die Einladung ablehnen, nicht die Faulpelze, und die Herumtreiber und die Gammler. Sondern die wohlanständigen Bürger, die vor lauter Arbeit und Anständigkeit einfach keine Zeit mehr für irgendetwas anderes haben. Es hat halt jeder mit sich selber genug zu tun.

Gleichgültigkeit ist schlimmer als bewusste Ablehnung.

Und die wenigsten haben wirklich echt etwas gegen Gott vorzubringen. Also ich kenne nur wenige, die grundsätzlich aktiv gegen Gott sind. Die meisten, die ich kenne, die sind einfach uninteressiert. Die sind nicht prinzipiell dagegen, aber sie sind auch nicht speziell dafür. Und so richtig kämpferische Atheisten, die findet man ganz selten. Den meisten ist Gott ganz einfach Schnuppe. Die nehmen den nicht ernst, sie gehen einfach zur Tagesordnung über. Interessiert die nicht. Gott? – Lass mich in Ruhe! Brauch ich nicht.

Diese Gleichgültigkeit ist viel schlimmer als eine bewusste Ablehnung und bewusste Feindschaft. Ich hab manchmal gedacht: diese Gleichgültigkeit, die heute unter den Menschen herrscht, das ist die große Gefahr unserer Zeit. Das ist offenbar ein Irrtum. Offenbar waren die Menschen zur Zeit von Jesus genauso gleichgültig, sonst hätte Er das ja nicht gesagt, wie Er das in der Offenbarung formuliert: Ich weiß, dass ihr weder warm noch kalt seid. Wenn ihr wenigstens eins von beidem wärt. Aber ihr seid weder warm noch kalt, ihr seid lauwarm. Und darum werde Ich euch aus meinem Munde ausspucken.[10] In unserer Geschichte erwähnt Jesus keinen, der irgendwie gegen Gott protestiert oder irgendwelche ernsthaften Gründe vorzubringen hätte. Er erwähnt einige, die die Botschafter Gottes verhöhnen oder töten. Die hat es aber immer gegeben, seit es die Christen gibt. Und noch nie hat es so große, so grausame Christenverfolgungen gegeben, wie in unserem 20. Jahrhundert. Aber das ist heute nicht unser Thema. Denn bei uns, in unserem Land, da sind die Christen keine Todeskandidaten, und die Christengegner keine Schläger, sondern genau wie in unserer Geschichte sind das meistens brave, ehrbare Bürger. Die haben nichts gegen Gott, aber eben auch nichts für ihn. Sie haben kein Interesse, keine Zeit, jedenfalls sagen Sie das.

Ausreden, die nicht gelten.

Und wenn du das auch sagst, da muss ich dir allerdings sagen, das stimmt nicht. Das ist einfach nicht wahr, lieber. Nicht dass du keine Zeit hättest, sondern dass du nicht willst! So steht es ja auch im Vers 3: Und sie wollten nicht kommen! – steht hier. Wir verhandeln nicht die Frage, ob du zur Kirche kommst. Da bist du ja jetzt drinnen. Darum geht’s überhaupt nicht.

Sondern es geht um die Frage, ob du zu Gott kommst, an Ihn glaubst, ob du Ihm dein Leben auslieferst, ob du dich zu ihm bekehrst. Und ob du an Gott glaubst, das ist nicht eine Frage deines Intelligenzquotienten. Sondern es ist eine Frage deines Willens. Die Behauptung, ich kann nicht an Gott glauben, weil ich zu gebildet, zu wissenschaftlich und zu modern und was weiß ich bin, ist in jedem Falle falsch. Glauben können kann jeder. Ob du willst, das ist die Frage. Ich lade dich im Auftrag Gottes ein, zu Ihm zu kommen und an Ihn zu glauben. Dich zu bekehren. Gott möchte dir eine Freude machen. Wenn du die Einladung ablehnst, dann möchte ich von dir wissen, was hast du eigentlich für Gründe vorzubringen?

Ein Grund, den ich besonders oft zu hören kriege, der heißt: „die Gebote und die Anforderungen, die Gott stellt, die sind mir zu hoch, das ist mir zu schwer. Diesem Anspruch kann ich niemals genügen. Das schaffe ich nicht, und deswegen kann ich mich nie einen Christen nennen und nie ein Christ werden.“

Also Leute, das ist ein absolutes Missverständnis. Zum Christwerden kann man sich doch nicht qualifizieren! Christ wirst du doch nicht, wenn du etwas für Gott tust, sondern weil Gott etwas für dich tut. Christ bist du doch nicht, weil du etwas aus dir machst, zum Beispiel einen anständigen Menschen, sondern weil Gott etwas aus dir macht, nämlich ein Kind Gottes.

Wie ein Kind Liebe erfährt.

Ein Kind kann sich erstens nicht selber machen, sondern wird gemacht und es kann zweitens seine Eltern noch gar nicht lieben, sondern es wird von den Eltern geliebt.

Und in dem es geliebt wird, wächst es. Das wäre doch absolut blödsinnig, wenn ein Vater seinen Kopp in den Kinderwagen rein hängt und sagt: „Also pass mal auf, ich geh jetzt auf Arbeit, und du erledigst zwischendurch den Aufwasch, und dann bringst du noch den Müll runter und auf dem Küchentisch, da liegt ein Zettel, da steht drauf, was im Konsum noch alles gekauft werden muss, und wie mir gerade einfällt, mit der Hausordnung sind wir auch noch dran. Wenn du das alles zur Zufriedenheit erledigt hast, zu Hause, bis ich zurückkomme heute Abend, dann wirst du mein Kind sein und ich werde dich lieb haben.“

Also so läuft das doch überhaupt nicht! Sondern zunächst mal kann das kleine Kind überhaupt nichts, es kann nichts von dem, was die Erwachsenen können. So ein kleines Kind, was nur da liegt und gerade auf die Welt gekommen ist, das kann nur eins, und das kann es besser als die Erwachsenen: es kann Liebe konsumieren.

Es saugt die Liebe der Eltern in sich auf wie so ein Schwamm. Jeden Blick, jede Liebkosung, jedes Streicheln, jedes gute Wort, jede Nahrung, die es bekommt. Und es empfängt die Liebe der Eltern ohne jede Gegenleistung. Es verdient sich nicht die Liebe, es empfängt sie. Das ist alles. Und deshalb lebt es und deshalb wächst es. Und deshalb reift es. Und deshalb kann es später wirklich einmal ein Mensch werden und handeln und deshalb kann es später einmal sagen: „Ich bin das Kind meiner Eltern“.

Für ein Kind, auch für ein Kind Gottes, da gibt es keine Vorleistungen, und da gibt es auch keine Vorbedingungen. Da gibt's nur eins: annehmen, was angeboten wird. Und deshalb hat Jesus auch gesagt: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, also wenn ihr nicht annehmt, was ich euch schenke, könnt ihr nicht in Gottes Reich[11]. Ich bitte dich, nimm einfach die Einladung in Gottes Reich an, sag einfach: „Ja, ich komme - ja, ich will.“ Du musst nicht erst eine Aufnahmeprüfung machen. Da wird nicht erst deine Kaderakte[12] durchgecheckt, ob du wirklich astrein bist. Gott fragt dich nicht, was du für politische Einstellungen hast, ob du etwas angestellt hast, wo du angestellt bist. Es interessiert Ihn noch nicht einmal, ob du ein guter oder ein böser Mensch bist. Das steht ausdrücklich hier drin: die Knechte gingen aus auf die Straßen und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute[13].

Gott interessiert nur eins: dass du die Einladung annimmst. Dass du kommst. Ich sage dir, warte nicht so lange, bist du dich würdig genug fühlst. Warte nicht, bist du alles verstanden hast. Warte nicht, bist du mit allem einverstanden bist in der Kirche, sondern komm, komm gleich! Gott wartet. Jesus ruft dich! Warte nicht, und komme gleich.

Gottes Einladung ist auch eine Aufforderung, uns zu ändern.

Nun gibt es aber Leute, die aus diesem Angebot Gottes eine ganz falsche Folgerung ziehen. Statt von Gottes Gnaden beschämt zu sein, da werden die unverschämt. Die stellen sich hin und sie sagen: na, das ist ja prächtig. Gott liebt also die Sünder. Nun gut, ich bin ein Sünder. Ich darf als Sünder zu Gott kommen, Gott liebt mich wie ich bin, also kann ich auch bleiben wie ich bin. Demzufolge brauche ich mir keine Mühe geben, mich zu ändern, mein Leben zu verändern, mit meiner Sünde Schluss zu machen, ich kann weiter fremdgehen, ich brauch nicht in die Kirche zu gehen, kann weitermachen wie bisher, der liebe Gott vergibt mir schon, dazu ist der ja da. Für Leute, die so denken, da erzählt Jesus seine Geschichte noch ein bisschen weiter.

Da erzählt er, wie die alle, die da von der Straße hereingeschneit sind, in dem großen Festsaal drin sitzen, an den langen Tafeln. Da sitzen die und tafeln und futtern. Es ist eine herrliche, fröhliche Stimmung. Und da kommt der König rein, um sich seine Gäste anzusehen. Und da entdeckt er doch an der Tafel einen, der ist nicht vorschriftsmäßig angezogen. Der hat keinen neuen Hochzeitsfrack an, sondern sein altes Straßenkleid. Und an den wendet sich der König und sprach zu ihm: Freund, wie bist denn du hier reingekommen und hast doch gar keine hochzeitliche Kleidung an?[14] Und als der daraufhin keine Antwort gibt, da schmeißt der König den wieder raus.

Das scheint ja nun alles umzuschmeißen, was ich bisher gesagt habe. Erst hieß es: jeder kann kommen gleich so wie er ist, gleich von der Straße weg, im Straßenanzug, und jetzt heißt es: wer keinen Frack hat, der fliegt wieder raus. Ist das nicht ein Widerspruch? Wo soll denn der Mann von der Straße einen Frack hernehmen? Der soll ihn gar nicht irgendwo hernehmen, der soll ihn annehmen! Und zwar von dem König. Ihr müsst wissen, dass es damals, als diese Jesus diese Geschichte erzählt hat, eine Sitte gab, dass, wenn ein vornehmer Mensch, also so ein König, andere Leute als Gäste zu sich einlud, da hat er denen auch ein Festgewand geschenkt. Das konnten sie dann über ihre Straßenklamotten drüber ziehen. Und das Festgewand bekamen sie gleich an der Türe überreicht.

Das ist ungefähr so, wie wenn du heute zum Nachmittagskaffee in eine Neubauwohnung eingeladen wirst. Da wird ja stillschweigend von dir erwartet, dass du deine Treter ausziehst und da werden dir gleich am Hauseingang an der Türe ein paar Filzlatschen überreicht. Und wenn du dich weigerst, die Filzer anzuziehen und deinen Gästen[15] mit deinen Profilsohlen  auf den Teppich herum trampelst und den versaust, dann war das sicherlich das letzte Mal, dass du zu bei denen zum Kaffee eingeladen worden bist.

Gott verlangt doch nicht, dass ihr sauber und ohne Sünde bei Ihm ankommt! Im Gegenteil, Gott weiß doch, wo du herkommst. Du kommst aus dieser Welt und kannst nicht anders in dieser Welt leben, als dass du sündigst und Dreck am Stecken hast, das weiß er doch. Und wenn du Dreck am Stecken hast und wenn dein Leben mit Sünde beschmutzt ist und wenn du gelebt hast wie ein Schwein, dann bist du bei Gott trotzdem herzlich willkommen.

Der verlorene Sohn kam auch schmutzig zum Vater, aber er wurde gereinigt.

Die meisten von euch kennen doch sicherlich die Geschichte vom verlorenen Sohn[16]. Die hat Jesus auch einmal erzählt. Da ist ein junger Mann, der haut von zu Hause ab. Das Erbe, was er hat, das hat er versoffen und verhurt, und als er pleite ist, da geht er wieder nach Hause zu seinem Vater. Und der Vater nimmt ihn auf. Der junge Mann, der da zurückkommt, hat gelebt wie ein Schwein. Er hat gestunken wie ein Schwein. Der war nämlich Schweinehirt gewesen, zuletzt. Aber als der Vater wieder aufnimmt, da hat der Junge nun nicht auf dem Teppich, in Vaters gute Stube, eine Schweinezucht eröffnet, sondern da heißt es ausdrücklich: der Vater gab ihm ein neues Kleid, er gab ihm neue Schuhe, und so ausstaffiert konnte er rein ins Vaterhaus. Ins neue Leben. Anders kommst du auch nicht rein, in das neue Leben, in das Reich Gottes, deines himmlischen Vaters.

Also jetzt noch einmal ganz klar: du kannst so kommen zu Gott kommen wie du bist. Aber du kannst nicht so bleiben, wie du bist. Wenn du glaubst, du kannst so bleiben wie du bist, ist das einfach nicht wahr, mein Lieber. Wenn du Gottes Einladung annimmt, dann erwartet er von dir, dass du auch seine Vergebung annimmst. Komm mit deiner Sünde. Lass sie dir vergeben, lass dir Gottes Vergebung geben - das meint Jesus mit dem neuen Kleid, was man da erhält.

Wenn du Gottes Einladung annimmst, dann erwartet Gott von dir, dass du bereit bist, dich ändern zu lassen. Er will dir helfen, dass du deine falschen Lebensgewohnheiten ablegst, dass du eine neue Lebensrichtung kriegst, dass du anfängst, deinen Nächsten zu sehen, wahrzunehmen, ihn lieb zu haben, diese Welt positiv mit zu verändern. Dass du dich wie ein Kind Gottes benimmst. Das ist gemeint mit dem neuen Kleid. Deine neue Lebensweise, dir von Gott geschenkt wird. Das geht nur darum, dass du bereit bist, das anzunehmen, dass Gott an dir arbeitet und dich verändert und neu machen will.

Mit der Liebe Gottes und seiner Vergebung nicht Schindluder treiben. Gibt’s den „lieben“ Gott?

Wenn dir das nicht passt, dieses neue Kleid, was Gott dir das schenken will, wenn du stur so bleiben willst, wie du nun mal bist, wenn du dir kein neues Leben schenken lassen willst, wenn du nicht bereit bist, dich wie ein Kind Gottes zu benehmen, dann schmeißt Gott dich am Schluss wieder raus - und wenn x mal getauft bist und untergetaucht bist mit weiß nicht mit wie viel Litern Wasser, und wenn du dich x mal bekehrt hast, wenn du Dauerteilnehmer auf Rüstzeiten bist für deine ganze Jugendzeit, das spielt überhaupt keine Rolle. Gott ist bereit, dir alles zu vergeben. Er ist bereit, dir ein neues Leben zu geben. Er ist bereit, dir die Kraft zu geben, das neue Leben auch zu führen. Aber wenn du nicht bereit bist, das anzunehmen, also im Glauben das für dich anzunehmen, und dich dann entsprechend zu benehmen, dann treibst du mit der Liebe Gottes Schindluder.

Und die Liebe Gottes, das ist etwas ganz anderes wie der „liebe Gott“. Die Liebe Gottes, das ist eine Kraft, das ist wie Dynamit. Eine Kraft, die den Menschen verändern kann. Der „liebe Gott“, das ist eine harmlose Beruhigungspille. Das ist eine ganz lahme Erfindung von solchen Leuten, die nicht bereit sind, sich zu ändern, die kein neues Leben führen wollen. Der Mann ohne Hochzeitskleid in unserer Geschichte ist das Urbild von den Menschen, die in der Illusion vom lieben Gott leben. Das Urbild von Tausenden von Kirchenchristen, die in die Kirche rein kommen und wieder aus der Kirche raus gehen. Ohne Busse, ohne Vergebung, ohne Veränderung, ohne die Tat des Glaubens. Solche Menschen, die sogar schon am Abendmahlstisch gesessen haben, die werden am Schluss gefeuert.

Vers 13: Da sprach der König zu seinen Dienern: bindet ihm Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappern.

Entscheide dich, ob du zur Hochzeit kommen willst!

So, ich habe dir heute Abend die Einladung Gottes in sein Reich überbracht. Und du musst jetzt entscheiden, ob du die Einladung annimmst, oder ob du sie ablehnst. Wenn du ablehnst, dann setz‘ dich bitte, wenn du heute Abend nach Hause kommst, hin und nimm dir einmal einen Bogen Papier und deinen Kuli und da schreibst du da drauf: „An Gott, den König des Universums. Ich habe heute, am 8. Juni 1986 in der Petrikirche, Karl-Marx-Stadt, durch Deinen Boten Deine eilige Einladung zur Hochzeit Deines eingeborenen Sohnes erhalten. Ich lehne diese Einladung ab, aus folgenden Gründen:…“

Und dann schreibst du da deine Gründe hin, und dann unterschreibst du das mit deinem vollen Namen. Und fertigst damit dein eigenes Todesurteil aus.

Und euch allen, die ihr schon angenommen habt, kann ich nur sagen: bleibt dabei. Und euch, die ihr heute Abend die Einladung annehmen wollt, die bitte ich: sagt es Gott! Und zwar sage es ihm gleich. Du brauchst nicht zu warten, bist du zu Hause bist. Du brauchst es auch nicht schriftlich zu machen. Da brauchst du nicht Bogen und Bleistift. Sondern das kannst du jetzt tun, dort, wo du sitzt. Du brauchst bloß jetzt in deinem Herzen zu sagen: „Ja Herr, ich komme. Ich will!“

Und bevor wir jetzt miteinander beten, machen wir ein paar Sekunden Stille und jeder, der will, kann das zu seinem Gott sagen.

Amen.

Herr Jesus, ich möchte Dir jetzt dafür danken, dass Du uns einlädst, zu einem Leben, was besser ist als das, was wir bisher geführt und gekannt haben. Ich danke Dir, dass es nicht immer so weiterzugehen braucht, wie es bisher gewesen ist. Und dass Du jedem, der heute Abend hier ist, und jedem in der ganzen Welt die einzigartige Chance gibst, einen Neuanfang zu machen, und in Deinem Reich zu leben, und etwas mitzukriegen von einer unwahrscheinlichen Freude, die das ganze Leben bestimmt. Und ich möchte Dich bitten für alle, die zögern, die zaudern, die es sich nicht trauen. Oder die irgendetwas gegen Dich haben, dass Du sie überwindest durch Deine Liebe. Ich danke Dir, Allmächtiger Vater, dass Du den Weg frei gemacht hast durch Jesus. Dass wir durch ihn die Möglichkeit haben, in Dein Reich zu kommen. Und ich will Dich preisen, dass Du immer wieder, in unserem Jahrhundert, auch in unseren Tagen, Dir Menschen holst, die mit Dir leben können in Ewigkeit. Das erbitte ich auch jetzt für diese Stunde.

Amen.

 

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[1] Matthäus 22, 4-6

[2] Handelsname für einen Wodka des VEB Bärensiegel Berlin – Anm. des Schreibers

[3] Matthäus 22, 7

[4] Matthäus 22, 9

[5] Matthäus 22, 2

[6] Jeremia 31, 3

[7] Die Kolumne von Professor Borrmann im FDJ Magazin „neues leben“ beantwortete Fragen zur Sexualität. – Anm. des Schreibers

[8] Bummi: Zeitschrift für Kinder im Kindergartenalter. Erschienen ab 1957 in der DDR – Anm. des Schreibers

[9] ND = Neues Deutschland: von 1946 bis 1989 Zentralorgan der SED – Anm. des Schreibers

[10] Offenbarung 3, 15

[11] Matthäus 18, 3

[12] Die Kaderakte war ein Dossier über jeden Beschäftigten in der DDR, welches dienstliche und private Leistungen, Verhaltensweisen und Verfehlungen beinhaltete (Quelle: Wikipedia) – Anm. des Schreibers

[13] Matthäus 22, 10

[14] Matthäus 22, 12

[15] Theo Lehmann meint vermutlich: Gastgebern – Anm. des Schreibers

[16] Lukas 15, 11-32