Wilhelm Busch

Christus lebt!

Erlebnisse und Kurzgeschichten

 

„Viel Zeit!“

 

„Eine richtige Antwort ist wie ein lieblicher Kuss“, sagt der weise Salomo. Und er hat Recht.

Ernst ist ein junger Arbeiter. Er hat es nicht ganz leicht. Denn seit er sich von ganzem Herzen zum Herrn Jesus bekehrt hat, muss er allerlei Spott ertragen. Aber er ist „nicht auf den Mund gefallen“ und weiß zu antworten.

Eines Tages erklärt ein Arbeitskollege: „Mit dem Tode ist alles aus und vorbei!“

Ernst fährt herum: „Nein!“ sagt er bestimmt.

„Was soll denn noch kommen?“ fragen spöttisch ein paar Stimmen.

„Das Weltgericht!“ sagt Ernst.

„Wie sollen wir uns das denn vorstellen?“

Ernst zieht sein kleines Testament aus der Tasche und liest: „Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf saß; vor des Angesicht floh die Erde und der Himmel, und ihnen ward keine Stätte gefunden. Und ich sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor Gott, und Bücher wurden aufgetan. Und ein anderes Buch ward aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken. Und so jemand nicht ward gefunden geschrieben in dem Buch des Lebens, der ward geworfen in den feurigen Pfuhl.“

Einen Augenblick lang ist Stille. Dann lacht einer laut auf: „Mensch, ich möchte nur wissen, wo dieser Thron eigentlich stehen soll, wenn Erde und Himmel nicht mehr da sind!“

„O“, erwidert Ernst nachdrücklich, „darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen, wo der Thron steht. Sieh lieber zu, dass du bestehst.“

Wieder tritt Stille ein. Dann meint einer nachdenklich: „Ich kann mir das Ganze doch nicht vorstellen. Sieh einmal, es haben doch so furchtbar viele Menschen gelebt in all den Jahrhunderten und in den vielen Ländern. Und da soll nun jeder einzeln gerichtet werden. Denk doch, wie viel Zeit man dazu braucht.“

Darauf entgegnet Ernst: „In der Ewigkeit haben wir ja auch sehr viel Zeit. Es liegt dann nichts anderes mehr vor.“

Diese Antwort genügt. Es sagt keiner mehr etwas.