Es gibt einen Weg zurück

Von William MacDonald

 

Titel des englischen Originals:

There is a Way Back to God

By William MacDonald

 

Copyright by William MacDonald

www.william-macdonald.org

 

Deutsche Ausgabe bei: CLV

Christliche Literatur-Verbreitung e.V.

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www.clv.de

 

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist mit Bud passiert?

Gemeinschaft ist ein zartes Band

Wie äußert sich das „Zurückfallen“

Weit weg von Zuhause

Ganz unten

Die Stimme, die „Hoffnungslos!“ flüstert

Die Stimme, die „Komm nach Hause!“ ruft

Der Augenblick der Entscheidung

Nennt mich die Bittere

Die Gewissheit der Vergebung

Die Folgen des Zurückfallens

Zum Ziel hin jagen

 

Was ist mit Bud passiert?

 

Bevor Bud Christ wurde, war er Seemann; er trank oft und fluchte viel, und hätte ihm einer gesagt, dass er einmal „fromm“ werden würde, hätte er ihn vermutlich nur ausgelacht und wahrscheinlich zum Teufel geschickt. Er gab sich alle Mühe, die anderen Matrosen mit seiner Trinkfestigkeit und seinem unersättlichen Liebesleben zu beeindrucken. Er war ein Prahlhans, ein leichtlebiger Schiffsjunge.

Doch es gab zumindest einen Mann auf dem Flugzeugträger, der sich nicht beeindrucken ließ. Chuck war der Leiter eines Bibelkreises, zu dem man sich einmal in der Woche in einem der Lagerräume traf. Er und Bud waren zusammen in der Grundausbildung gewesen. Chuck hatte Bud immer wieder auf sein heruntergekommenes Leben angesprochen und ihm gesagt, dass er Christus brauche. Buds Reaktion war zuerst ablehnend, später gab er vor, kein Interesse zu haben. Chuck war geduldig - und hartnäckig.

Natürlich wäre Bud nie in den Bibelkreis gekommen; das hätte das Image verdorben, dass er mit so viel Mühe und Anstrengung aufgebaut hatte. Aber ein oder zwei Mal hatte er bei kurzen Begegnungen mit Chuck Fragen gestellt, die eine unterschwellige Not verrieten.

Eines Nachts, als Bud nach einem durchzechten Abend in Honululu allein zurück zum Schiff wollte, wurde er unterwegs von drei Rowdies zusammengeschlagen, ausgeraubt und bewusstlos liegen gelassen. Die Küstenwache griff ihn auf und brachte ihn an Bord, wo er zwei Tage im Schiffslazarett verbrachte.

Nicht lange nach diesem Vorfall stand Chuck bei der Essensausgabe zufällig hinter Bud in der Schlange. Sie aßen zusammen zu Abend und gingen anschließend zu einem Gespräch in den Lagerraum. Bud war vorbereitet. Chuck erklärte ihm die Frohe Botschaft der Erlösung und forderte ihn danach auf, sein Leben ganz dem Herrn Jesus Christus zu übergeben.

Völlig gebrochen kniete Bud neben einem Stapel Kisten hin und sagte: „Gott, bis jetzt habe ich in einem schwarzen Loch gelebt, aber jetzt sehe ich das Licht.“

Buds Leben war verwandelt. Das ganze gespielte angeberische Getue verschwand. Fast unmittelbar nach seiner Übergabe brach er mit mehreren schmutzigen Gewohnheiten. Er kam jetzt auch in den Bibelkreis, wo er lernte, täglich eine stille Zeit mit dem Herrn zu halten. Er begann auch systematisch, Bibelverse auswendig zu lernen und seinen Kameraden Zeugnis zu geben.

Zuerst war es schwer, den Spott zu ertragen, besonders, wenn dabei eine ganze Gruppe herum stand. Der „rote Teufel“ ist zum „Diakon“ geworden, so stichelten sie. Bud sagte gewöhnlich nichts zu der Gruppe, sondern sprach persönlich mit seinen Kameraden über den Herrn, wenn es sich ergab. Nach ein paar Wochen ließ das Gespött nach. Die Veränderung in Bud, sein konsequentes Leben und seine liebevolle, offene Art Zeugnis zu geben, brachten ihm ein gewisses Maß an Achtung ein.

Solange Bud bei der Marine war, machte er geistlich ständig Fortschritte. Als Chuck auf einen anderen Flugzeugträger versetzt wurde, übernahm Bud die Leitung des Bibelkreises. Durch Buds Zeugnis und Belehrung kamen 35 Männer auf dem Schiff zum Glauben an den Herrn Jesus Christus.

Das war vor über sechs Jahren. Heute lebt Bud als Zivilist in Homestead im amerikanischen Bundesstaat Arizona. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder - einen Sohn und eine Tochter - und arbeitet als Vertreter bei einer amerikanischen Firma für Klimaanlagen.

Aber sein Herz brennt nicht mehr für den Herrn. Weder er noch seine Frau kommen jemals auch nur in die Nähe einer Gemeinde; seine Kinder waren noch nie im Kindergottesdienst und seine Freunde sind keine Gläubigen; Bud scheint sogar einen weiten Bogen um jeden Christen zu machen.

Vor zwei Wochen bekam Chuck Urlaub, und auf dem Heimweg nach Texas machte er in Homestead Zwischenstation, um Bud zu besuchen, denn er hatte gehört, dass dort die Dinge nicht zum Besten stünden.

Als Chuck ankam, war Bud gerade vor dem Haus und wusch sein Auto. Sie begrüßten einander zwar recht herzlich, aber irgendetwas fehlte. Bud ließ eine gewisse Reserviertheit spüren; die frühere Offenheit war nicht mehr da

Nach zehn Minuten entschloss sich Chuck, die Barriere zu durchbrechen: „Was ist eigentlich mit dir passiert, Bud?“

Bud gab keine Antwort, sondern zertrat nur seine Zigarette im Kies der Einfahrt. Chuck versuchte es noch einmal: „Bud, es kann mir keiner weismachen, dass du in jener Nacht im Lagerraum nicht gerettet wurdest.“

Bud warf einen Blick auf das Haus, um zu sehen, ob jemand mithörte. Dann meinte er: „Ja, doch, ich war gerettet, ... aber ich bin weg vom Herrn.“ Es tat weh, ihn so zu sehen, wie er nervös mit dem Fuß an den vorderen Kotflügel seines Wagens trat.

„Ja, doch, ich war gerettet, aber ich bin weg vom Herrn.“

 

 „Gerettet, aber weg vom Herrn.“

Was ist mit Bud geschehen?

Wie kam er weg vom Herrn?

Gibt es ein Zurück für ihn?

Und wenn ja, wie?

 

Gemeinschaft ist ein zartes Band

 

Buds Fall ist typisch für ein nur allzu gut bekanntes Phänomen im Leben der Christen - das Zurückfallen. Jemand, der zurück fällt, ist ein echter Gläubiger, der die Gemeinschaft mit Gott verloren hat, weil es in seinem Leben Sünde gibt, die er nicht bekannt hat.

Was verstehen wir unter „die Gemeinschaft mit Gott verlieren“? Gott ist heilig und ohne Sünde. In Ihm ist keine Finsternis (1. Joh. 1,5). Um mit Gott Gemeinschaft haben zu können, muss ein Mensch seine Sünden bekennen und lassen, sobald er sich ihrer bewusst wird. Gemeinschaft bedeutet schließlich, alles miteinander zu teilen. Wie können zwei Menschen partnerschaftlich miteinander auskommen, wenn sie sich noch nicht geeinigt haben? Wie kann ein Mensch in Gemeinschaft mit Gott leben, wenn es in seinem Leben Sünde gibt und er sie gutheißt, während Gott sie verurteilt (1. Joh. 1,5.6)?

Gemeinschaft innerhalb einer Familie bedeutet doch, dass die Familienmitglieder glücklich miteinander leben. Aber was nun, wenn die Eltern einen heftigen Streit miteinander haben? Dann ist die Gemeinschaft zerbrochen. Eine dunkle Wolke des Grolls und der Spannung hängt über der Familie und die glückliche Familienatmosphäre bleibt so lange getrübt, bis die beiden ihre Schuld zugeben und einen Neuanfang machen.

Genau so ist es auch in der Familie Gottes. Sünde zerstört Gemeinschaft. Das zarte Band der Gemeinschaft zerreißt und kann neu geknüpft werden, wenn die Sünde bekannt und bereinigt worden ist. Aber während Sünde Gemeinschaft zerstört, zerstört sie nicht die Beziehung an sich. Bei der Bekehrung wird ein Mensch ein Kind Gottes durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus (Joh. 1,12). Diese Beziehung entsteht durch geistliche Geburt. Nichts kann sie zerstören. Hat die Wiedergeburt einmal stattgefunden, kann die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen nicht verändert werden. Sie ist unauflöslich.

Aus diesem Grund hat man die Beziehung des Gläubigen zu Gott oft mit einer unzerreißbaren Kette verglichen, während die Gemeinschaft des Gläubigen mit Gott eher dem Faden eines Spinnennetzes gleicht. Wenn ein Christ sündigt, so ist er immer noch ein Kind Gottes, aber die glückliche Familienatmosphäre ist dahin. Er verliert sein Heil nicht, aber die Freude daran.

Dies kann jedem Gläubigen passieren. Meist beginnt es damit, dass das Wort Gottes und das Gebet vernachlässigt werden. Hektik und Stress des Alltags lassen die tägliche stille Zeit zu kurz kommen. Und da wir dann dem Einfluss der Bibel nicht mehr so ausgesetzt sind, nehmen wir Sünde auch nicht mehr so ernst. Wir entwickeln eine Art freizügige, nachsichtige Haltung. Versuchungen erscheinen uns nicht länger abstoßend, sondern die Vorstellung von Sünde übt eine Anziehungskraft auf uns aus. Es gefällt uns, uns bestimmte Dinge auszumalen - nicht, dass wir sie je in die Tat umsetzen würden, nein! Aber wir denken so oft an diese Dinge, dass sie uns mit der Zeit ganz vertraut werden. Erst beschäftigen wir uns nur so nebenbei damit, wir spielen damit, wir nehmen eine kleine Kostprobe - und schließlich fallen wir (Jak. 1,14.15).

Sehr viele Gläubige sind irgendwann einmal in ihrem Leben zurückgefallen. Die Bibel berichtet uns von bekannten Heiligen, die es der Sünde gestatteten, ihre Gemeinschaft mit Gott zu zerstören: Lot, Simson, Naomi, David, Jona, Petrus und Demas zum Beispiel. Der Christ, der meint, ihm könne so etwas nicht passieren, steht in der größten Gefahr zu fallen (1. Kor. 10,12).

Sobald das Band der Gemeinschaft zerrissen ist, beginnt der Heilige Geist zu wirken und versucht, uns wieder in die Gemeinschaft zurückzuholen. Er will uns von Sünde überführen und bringt uns dahin, dass wir Buße tun, also umdenken, und unsere Sünde bekennen. Weil wir aber so stolz und hart sind, kann das Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern.

Jede Sünde muss Gott bekannt werden. Aber wenn nun andere durch unsere Sünde in Mitleidenschaft gezogen wurden, dann muss diese Sünde auch ihnen bekannt werden (Math. 5,23.24). In allen Fällen, wo durch unsere Schuld anderen ein echter Schaden entstanden ist, muss eine Wiedergutmachung erfolgen.

Sobald Gott und den Menschen gegenüber die Schuld aufrichtig bekannt wurde und eine Wiedergutmachung erfolgte, ist die Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt, und der Heilige Geist kann den Dienst, den Er so gerne tut, wiederaufnehmen - nämlich den Gläubigen die Herrlichkeiten des Herrn Jesus zu zeigen (Joh. 16,14).

Bedeutet das also, dass ein Christ sündigen kann und ungeschoren davonkommt? Ganz offensichtlich lautet die Antwort NEIN. Wenn wir uns mit dieser Frage beschäftigen, müssen wir zwischen der Strafe für unsere Sünde und den Folgen der Sünde unterscheiden.

Die Bibel sagt ganz klar, dass ein echter Christ, der zurückgefallen ist, niemals die ewige Strafe seiner Sünde bezahlen muss. Diese Strafe hat der Heiland der Welt beglichen, als Er am Kreuz hing. Wer an Ihn glaubt, kommt nicht ins Gericht, sondern er ist bereits aus dem Tod in das Leben übergegangen (Joh. 5,24). Das heißt mit anderen Worten, dass ein echter Gläubiger, der gesündigt hat, deshalb nicht zur Hölle verdammt ist. Als Christus Sein Blut auf Golgatha vergoss, hat Er jede Strafe für jede Sünde getragen. Gott verlangt nicht zweimal eine Bezahlung der Schuld, erst von Christus, und dann auch noch von uns.

Wenn ein Kind Gottes sündigt, wird es von Satan vor dem Thron Gottes im Himmel verklagt. Dann tritt der Herr Jesus als Fürsprecher vor, zeigt die Wunden an Seinen Händen und Füßen und an Seiner Seite und sagt: ”Für diese Sünde habe ich vor 2000 Jahren bezahlt. Sie geht auf mein Konto“ (1. Joh. 2,1). Deshalb muss ein Christ, der zurückgefallen ist, die ewigen Folgen seiner Sünden nicht in der Hölle bezahlen. Doch ich möchte schnell hinzufügen, dass er unter den Folgen seinem Sünde in diesem Leben und auch im Himmel leiden wird.

 

Folgen von Sünde in diesem Leben sind:

Schande über den Namen des Herrn.

Ein verdorbenes Zeugnis.

Elend und Unglück für andere.

Eine große Verschwendung von Zeit und Geld.

Körperliche und seelische Schäden.

Tiefe Beschämung und Gewissensbisse.

Persönliches Elend und Unglück.

Verpasste Gelegenheiten zum Dienst für Christus.

Andere kommen durch das schlechte Beispiel zu Fall.

 

Folgen von Sünde nach diesem Leben im Himmel sind:

Ein Verlust der Belohnung vor dem Richterstuhl Christi (1. Kor. 3,15).

Eine reduzierte Fähigkeit, den Herrn und die Herrlichkeiten des Himmels zu genießen.

 

Und doch ist Gott größer als all unsere Sünden. Er wartet nur darauf, dass Sein verlorener Sohn zu Ihm zurückkehrt. Die Tür ist immer offen. Es erwartet ihn ein königlicher Empfang. Der Herr hat wunderbare Wege, mit unserer Sünde und unserem Versagen zu Seiner Ehre und zu unserem Besten fertig zu werden.

Wir haben gesehen, dass die Ursache für jedes Zurückfallen Sünde ist. Es ist die Sünde, welche die Gemeinschaft mit Gott zerstört, und diese Gemeinschaft wird nicht eher erneuert werden, bis wir die Sünde bekennen und lassen.

Im Folgenden will ich noch darauf eingehen, dass das Zurückfallen sich verschieden äußern kann. Obwohl die Ursache und auch die Heilung grundsätzlich in allen Fällen die gleiche ist, gibt es doch viele verschiedene Erscheinungsformen dieser geistlichen Krankheit.

 

Wie äußert sich das „Zurückfallen“?

 

Zuerst möchte ich den Christen nennen, der auf moralischem Gebiet zu Fall kommt, weil er in sexuelle Sünden fällt. Ein typischer Fall sieht so aus: A. C. war seit fünfzehn Jahren verheiratet und in der Gemeindearbeit engagiert. Er ist ein ganz normaler Christ - mit vielleicht einer Ausnahme: Er geht mit Frauen immer zu vertraulich um. Er redet sehr galant, hat eine lockere Umgangsart und Hände, die leicht zum Streicheln und Tätscheln neigen. Auf einer Geschäftsreise ist es dann passiert. Seither hat er die Gemeinde nur noch gelegentlich aufgesucht. Seitdem läuft bei ihm Zuhause alles ganz anders. Keiner weiß, was eigentlich geschehen ist. Alles, was man weiß, ist, dass eine Veränderung stattgefunden hat. Er zeigt die kalte Schulter, ist abweisend und verschlossen. Bis jetzt hat er alles mit sich selbst abgemacht und er will wohl auch, dass das so bleibt.

Dann gibt es das Zurückfallen nach dem Beispiel des Verlorenen Sohnes.

B. D. wuchs in einem behüteten christlichen Elternhaus auf. Ein Jahr, bevor er zur Marine eingezogen wurde, kam er zum Glauben. Es war für ihn eine große Erleichterung, den Zwängen des Elternhauses zu entkommen, und er war fest entschlossen, einmal richtig „auf den Putz zu hauen“.

In der Zeit bei der Marine hat keiner geahnt, dass er Christ ist. Er schwamm mit dem Strom und versuchte, sich so gut wie möglich anzupassen. Die ganze Zeit über spielte er eine Rolle. Es war nicht der echte B. D. und er wusste das auch. Im inneren verspürte er ein tiefes Gefühl der Schuld und der Unzufriedenheit.

E. G. fiel aus intellektuellen Überlegungen heraus zurück. Nach der Bibelschule ging er zur Universität und dafür hatte er zwei gute Gründe: Zum einen wollte er keinesfalls zum Militärdienst eingezogen werden und zum anderen wollte er einen akademischen Titel auf einer bekannten Universität erwerben. Sein Hauptfach war Philosophie. Bereits nach vier Wochen war sein christlicher Glaube ernsthaft erschüttert. Er wurde launisch und kritisch. Er verlor die Einfachheit, die in Christus ist. Zweifel und grüblerische Gedanken erfüllten ihn.

Dann gibt es natürlich noch Herrn H. E., der vom Weg abkommt und zum Alkoholiker wird. Bei ihm begann das Trinken in der gesellschaftlichen Runde. Wenn er seine Kunden zum Essen einlud, nahm er, um ihnen Gesellschaft zu leisten, einen Cocktail zu sich. Als dann aber der Druck Zuhause und im Büro immer größer wurde, flüchtete er sich in den Alkohol. Jetzt kommt er von dieser Gewohnheit nicht mehr los, aber er meint immer noch, er könne jederzeit aufhören. Denkt er an die Gemeinde und seine Freunde, die Christen sind, dann überwältigt ihn fast die Beschämung. Um Erleichterung zu finden, greift er dann erneut zur Flasche.

Ein weiterer häufig auftretender Fall ist der Christ, der zurückfällt, weil er durch eine Heirat mit einem Ungläubigen zusammen gejocht ist und mit der Zeit entmutigt und besiegt wurde.

T. S. war ein strahlendes Mädchen, die mit jedem, den sie traf, voll Freude über ihren Herrn sprach. Ihr Verlobter bekannte, zum Glauben gekommen zu sein, nachdem sie drei Wochen miteinander gegangen waren. Heute weiß sie sicher, dass es ein leeres Bekenntnis war. Die beiden haben wenig gemeinsam. Ständig gibt es Streit. Die Kinder sind aggressiv und rebellisch. Ihr Ehemann sagt ihr, dass er sich nichts aus ihr machen würde - weder aus ihr noch aus den Kindern. Seinen Feierabend verbringt er meistens mit seinen Freunden; sie sitzt dann schwermütig Zuhause und weint. Nach ihrer Heirat hat sie noch ein paar Jahre lang versucht, weiter mit dem Herrn zu leben, aber schließlich hat sie es aufgegeben.

Dann gibt es Christen, die sich vom Herrn abwenden, weil sie sich von ihrem Beruf völlig vereinnahmen lassen. Sie haben vielleicht keine „schwerwiegenden“ Sünden begangen, aber sie haben es zugelassen, dass ihre Arbeit ihren ganzen Tag ausfüllt, so dass für die Familie oder für den Herrn schließlich kaum noch Zeit bleibt. Sie lesen nur selten im Wort Gottes und beten auch kaum, und ihr unregelmäßiger Gemeindebesuch ist eine bloße Formalität. Lebenssorgen haben all ihre geistliche Dynamik aufgesogen. So sind sie ein Opfer der Begierde und des Materialismus geworden.

Es gäbe noch viele andere Beispiele. Manche, die in der Liebe enttäuscht wurden oder einen großen Rückschlag erlitten haben, werden kalt und fleischlich. Anstatt diese Dinge als Gottes Willen und als verborgene Segnung anzunehmen, werden sie mürrisch und trotzig und verlieren den Glanz geistlicher Freude.

Manche tragen auch eine unversöhnliche Gesinnung in sich. Man hat ihnen Unrecht getan und jeder hat es mitbekommen. Aber sie sind nicht bereit, dies zu vergeben und zu vergessen. Deshalb werden sie schließlich rachsüchtig, kritisch und erbarmungslos. Gott kann Gläubigen, die nicht bereit sind, einander zu vergeben, auch keine väterliche Vergebung zusprechen (Mt. 6,14.15).

Viele Christen kommen vom Weg ab und fallen zurück, weil sie Zuhause ständig streiten. Jede noch so kleine Unstimmigkeit bringt den ehelichen Frieden ins Wanken. Man zankt sich, dass die Wände wackeln. Ein taktvolles Zusammenleben wird immer schwieriger. Die Familienandacht wird aufgehoben; es wäre ja auch ein Hohn, miteinander zu beten, wenn man nicht einmal rücksichtsvoll miteinander reden kann. Keiner ist bereit, nachzugeben; beide bleiben unnachgiebig. Jeder glaubt, er sei im Recht, und keiner von beiden erkennt, dass er bereits vom Weg abgekommen und zurückgefallen ist.

Ich könnte jetzt noch viele Beispiele anführen, denn das Abwenden vom Herrn kann sich in vielen Formen zeigen. Aber die Ursache dafür ist immer Sünde: Ungehorsam, Unkeuschheit, mangelnde Liebe, eine nicht vorhandene Bereitschaft zur Vergebung, eine weltliche Gesinnung, Begierde und so weiter.

Vielleicht erstaunt es manche, dass wirklich gläubige Menschen so weit vom Herrn wegkommen können wie in den eben beschriebenen Fällen. Es kann uns eine Hilfe sein, wenn wir uns dann an Folgendes erinnern:

David ist aus Unkeuschheit zurückgefallen. Er wurde zum Ehebrecher und Mörder (2. Sam. 11,1-27).

Noah begann zu trinken, nachdem er in der Sintflut vor Gottes Gericht gerettet wurde (1. M. 9,20.21).

Lot wandte sich vom Herrn ab und fiel zurück, weil er nach Ansehen und Reichtum in Sodom trachtete (1. M. 13,7-11; 19,1-28).

Aber sie alle fanden zurück in die Gemeinschaft mit Gott, und wenn dies bei ihnen möglich war, so besteht diese Möglichkeit auch für jeden Gläubigen, der vom Weg abgekommen ist.

 

Weit weg von Zuhause

 

Eines der ersten Anzeichen für geistlichen Niedergang ist eine verstaubte Bibel. Es scheint nicht länger wichtig zu sein, regelmäßig Zeit mit dem Wort Gottes zu verbringen. Aber bald schon fällt die stille Zeit nicht nur einen Tag lang aus, sondern mehrere Tage und dann eine Woche, und schließlich lässt man das Bibellesen ganz weg. Es ist kein Verlangen nach der Schrift da, und man erkennt nicht mehr, wie lebensnotwendig die stille Zeit ist.

Und erst das Gebet! Früher war es ein lebendiger Teil des geistlichen Lebens, aber irgendwie passt es jetzt nicht mehr in den Alltag hinein. Das Gebetsleben wird immer kümmerlicher und versiegt schließlich ganz. Na ja, eigentlich ist Beten ja auch eine recht unbestimmbare, nicht greifbare, mystische Sache, oder?

Auch die Teilnahme an den Zusammenkünften der örtlichen Gemeinde wird mit der Zeit immer seltener. Die Predigten sind manchmal aber auch so nichts sagend! Und so viele Leute sind religiöse Heuchler! Vielleicht wäre es besser, überhaupt nicht mehr hinzugehen ...

Die anderen Christen sorgen sich bald um den Bruder und versuchen, mit ihm Verbindung zu halten, aber der „Ausreißer“ ist kaum mehr erreichbar. Er fühlt sich mittlerweile in der Gegenwart von Gläubigen geradezu unwohl. Freunde und Vergnügungen sucht er jetzt zunehmend außerhalb der Gemeinde. Erst kam es ihm ja ein wenig peinlich vor, an Dingen teilzunehmen, die seine Mutter immer „weltlich“ nannte, aber bald sind alle Hemmungen verflogen und er entwickelt eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit.

Auf diesem Weg des geistlichen Niedergangs dringen warnende Stimmen an sein Ohr. Man sagt ihm Dinge, die ihn treffen, obwohl sich die anderen dessen gar nicht bewusst sind. In Briefen, Zeitungsartikeln und bei vielen anderen Gelegenheiten leuchten Warnsignale auf, doch er übergeht sie achtlos.

Die Freude an seiner Erlösung hat er schon lange verloren. Früher konnte er fundiert und begeistert über den Herrn Jesus reden, doch das geht jetzt nicht mehr; zumindest mit der Begeisterung hapert es. Früher sang er auch oft Lieder glühender Christen. Jetzt singt er auch hin und wieder, nur aus einem anderen Buch. Er hat ganz allgemein eine kritische Lebenshaltung entwickelt. Vielleicht, weil für ihn immer alles schief gelaufen ist. Er scheint immer Pech zu haben. Wenn die Dinge wenigstens einmal für ein Weilchen so laufen würden, wie er es sich denkt ... aber nein! Und deshalb lässt er es an den anderen aus. War er früher zugänglich und freundlich, ist er jetzt hart und mürrisch.

Zuerst musste er ja eine hohe Hürde nehmen, bevor er eine neue Sünde begehen konnte. Aber danach sank seine Abwehr auf Null und es war nicht so schwer, diese Hürde zu nehmen wie beim ersten Mal. Dann kommt er auf die Idee, dass er eigentlich genau so gut ganz und gar diesen Weg gehen könnte.

Um sich zu rechtfertigen, stellt er eine ganze Reihe komplizierter Überlegungen an. Seltsam genug, dass er sogar Bibelverse findet, die ihm hinsichtlich seines gegenwärtigen Lebenswandels Recht geben. Dann denkt er weiter, dass so viele scheinheilige Christen Dinge tun, die viel schlimmer sind, als das, was er tut. Viele Christen sind sowieso zu gesetzlich. Und außerdem waren seine Eltern auch immer viel zu streng mit ihm, als er noch klein war.

Schließlich ist er dann in seinen Überlegungen so weit, dass er meint, gewisse Sünden seien überhaupt keine Sünden, weil sie in Liebe getan würden. Er macht sich und anderen ein X für ein U vor.

In Wirklichkeit fühlt er sich miserabel. Er weiß zu viel, um auf diese Art glücklich leben zu können. Aber er würde es nie zugeben. Er ist ein guter Schauspieler und kann so tun, als berührte ihn das alles gar nicht. Und am allerwenigsten würde er allen inneren Widerstand aufgeben und seine eigene Armseligkeit zugeben.

Er führt ein Doppelleben, was er stets zu verbergen sucht. Es quält ihn die Angst, alles könne ans Licht kommen. Vielleicht greift er sogar auf Bestechung oder Schweigegeld zurück, um sich zu schützen.

Zuweilen überrascht es ihn, in welch widerliche Situationen er gerät. Er toleriert jetzt Zustände, die er Zuhause nie geduldet hätte. Ihm wird klar, dass selbst die armseligsten Christen in seiner Umgebung besser dran sind als er. Aber er scheint in der Hölle zu sitzen - und er erträgt es mit gespielter Gleichgültigkeit.

Am meisten hat sich sein Reden verändert. Es ist ihm ganz schön unangenehm, wenn ihm einige seiner ungläubigen Freunde vorwerfen: „Als du hierher gekommen bist, hast du ganz anständig geredet, aber jetzt müsstest du dich einmal hören.“ Es tut sehr weh, so etwas von solch liederlichen Menschen einstecken zu müssen.

Aber das ist ja noch nicht alles! Es schmerzt auch, dass man so viele Gelegenheiten, Zeugnis zu geben, nicht genutzt hat. Er sieht, dass viele seiner Freunde in großen geistlichen Nöten sind, aber was kann er denn schon sagen? Einige stellen ihm sogar Fragen, an denen er erkennt, dass die Tür zu einem Zeugnis für den Herrn weit offen steht. Aber er bekommt kein Wort heraus. Ein- oder zweimal versuchte er wirklich, ein wenig geistliche Hilfe zu bieten, aber einer meinte dann: „Wenn du das glaubst, was tust du dann hier?“ Danach beschließt er, lieber gar nichts mehr zu sagen.

Das Allerschlimmste aber ist, dass er zumindest einmal so tief gesunken ist, wie es selbst bei Ungläubigen nicht oft vorkommt. Er ist betroffen, wenn er jetzt daran denkt. Oft würde er gern mit jemandem darüber reden, aber es würde wohl keiner verstehen. Deshalb macht er eben alles mit sich selbst ab.

Es verwundert ihn, wie Liebe in Hass umschlagen kann. Denkt er jetzt an die Frau, mit der er in Sünde gefallen ist, dann hasst er sie mit einem Hass, der größer ist als die Liebe, mit der er sie geliebt hat (2. Sam. 13,15).

Das Leben scheint eine Tretmühle geworden zu sein. Er arbeitet mehr als je zuvor, doch er kommt auf keinen grünen Zweig. Das Geld zerrinnt ihm nur so unter den Händen. Nicht eingeplante Ausgaben wie die Reparaturkosten nach seinem Autounfall kommen plötzlich auf ihn zu.

Auch seine Arztkosten waren hoch; er musste sich häufig von verschiedenen Ärzten untersuchen und eine ganze Reihe von Tests durchführen lassen. Bis jetzt fanden sie keine organischen Ursachen, aber die Schmerzen und anderen Symptome sind immer noch da.

Er lebt in der Hoffnung, dass sich die Umstände bald ändern werden. Es kann ja nicht ewig so bleiben. Vielleicht wäre das Problem gelöst, wenn B. sterben würde. Also wartet er auf ein Begräbnis, das nie stattfindet. Vielleicht würde sein eigenes Begräbnis das Problem lösen. Daran hat er schon gedacht - sogar daran, allem ein Ende zu machen - aber weiter wagt er nicht zu gehen.

 

Ganz unten.

 

Früher oder später muss die Krise hereinbrechen. Wenn jemand wirklich gläubig ist, kann er nicht unbegrenzt vor Gott weglaufen. Einmal muss die Zeit kommen, wo er ganz unten ist und nicht mehr weiter kann.

Diese Endstation kann ein offenes Grab an einem unfreundlichen Wintertag sein, in das man einen kleinen weißen Sarg hinablässt.

Dieser Grund kann ein Unfall sein, bei dem er auf unerklärliche Weise der einzige Überlebende ist.

Oder es ist nichts von alledem. Vielleicht ist es einfach das Ende dessen, was ein Mensch aushalten kann; der Augenblick, in dem er alle Hoffnung aufgibt, dass er seine Probleme selbst lösen könnte. Man könnte es als eine Zeit der Verzweiflung und der tiefsten Frustration bezeichnen. Jede weitere Anstrengung scheint vergeblich. Es scheint keinen Ausweg mehr zu geben.

 

Die Stimme, die „Hoffnungslos!“ flüstert

 

Genau in diesem entscheidenden Augenblick hören wir eine Stimme, die uns einflüstert: „Es ist hoffnungslos“.

„Es hat überhaupt keinen Zweck, es zu versuchen.“

„Du könntest es genauso gut gleich aufgeben.“

„Alles, was du tun kannst, ist, dich ins Unvermeidliche zu fügen.“

„Außerdem kann sowieso nicht mehr alles so wie früher werden. Ein Vogel, der sich einmal einen Flügel gebrochen hat, kann nie wieder so hoch fliegen wie zuvor.“

„Du hast deine Chance bei Gott durch Sünde verspielt.“

„Du bist zu weit gegangen. Jetzt gibt es kein Zurück.“

 

Und so hören wir diese Stimme wie ein Echo in einem langen leeren Korridor:

„Hoffnungslos!“

 „Ausweglos!“

„Außer Reichweite!“

„Unmöglich!“

 

Die Stimme, die „Komm nach Hause!“ ruft

 

Aber in dieser düsteren, einsamen Stunde hören wir auch eine andere Stimme und diese Stimme spricht von wunderbaren Verheißungen. Sie ruft:

„Es gibt einen Weg zurück zu Gott!“

„Die Tür ist immer offen!“

„Die Vergangenheit kann vergeben und ausgelöscht werden. Selbst die Ansammlung von einer Million Sünden kann in einem einzigen Augenblick vergeben werden!“

„Ein Neubeginn ist möglich!“

„Es kann alles wieder so gut werden wie früher - ja sogar besser!“

„Gott ist mächtig, die Jahre zurückzuerstatten, die die Heuschrecken gefressen haben“ (Joel 2,25).

„Kein Fall ist zu schwierig für den Herrn - auch deiner nicht.“

„Warum kommst du nicht nach Hause?“

 

Der Augenblick der Entscheidung

 

Für ihn ist der Augenblick der Entscheidung gekommen. Die verschiedensten Gefühle reißen ihn hin und her. Einerseits muss er sich zutiefst schämen, wenn er seine Sünde und sein Versagen zugibt. Andererseits ist in ihm der große Wunsch, nach Hause zurückzukehren und alles in Ordnung zu bringen.

Sobald er daran denkt, kehrtzumachen, scheinen ihn tausend Teufel davon abhalten zu wollen. Er wundert sich, dass ein menschlicher Körper solch gewaltige, gegensätzliche Spannungen aushalten kann.

Noch einmal hört er die Stimme Gottes - nicht barsch und rachsüchtig, sondern gütig und liebevoll:

„Kehre um, ... bis zu dem Herrn, deinem Gott, denn du bist gefallen durch deine Ungerechtigkeit. Nehmet Wort mit euch und kehret um zu dem Herrn; sprechet zu ihm: Vergib alle Ungerechtigkeit, und nimm an, was gut ist, dass wir die Frucht unserer Lippen als Schlachtopfer bringen“ (Hos. 14,1.2).

Jetzt ist die große Entscheidung da. Der Damm der lang angestauten Spannungen bricht mit wilder Kraft. Die Tränen beginnen zu strömen und das zerschlagene Herz stöhnt und weint. Der stolze, hartnäckige Sünder liegt dem Heiland zu Füßen und kann nur stammeln:

„Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte: nach der Größe deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen! Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Sünde! Denn ich kenne meine Übertretungen und meine Sünde ist beständig vor mir. Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen; damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, rein erfunden, wenn du richtest. Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter.

Siehe, du hast Lust an der Wahrheit im Innern, und im Verborgenen wirst du mich Weisheit kennen lehren. Entsündige mich mit Ysop und ich werde weißer sein als Schnee. Lass mich Fröhlichkeit und Freude hören, so werden die Gebeine frohlocken, die du zerschlagen hast. Verbirg dein Angesicht vor meinen Sünden und tilge alle meine Ungerechtigkeiten!

Schaffe mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in meinem Innern einen festen Geist! Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und den Geist deiner Heiligkeit nimm nicht von mir! Lass mir wiederkehren die Freude deines Heils und mit einem willigen Geiste stütze mich!

Lehren will ich die Übertreter deine Wege und die Sünder werden zu dir umkehren. Errette mich von Blutschuld, Gott, du Gott meiner Rettung, so wird meine Zunge jubelnd preisen deine Gerechtigkeit.

Herr, tue meine Lippen auf, und mein Mund wird dein Lob verkünden. Denn du hast keine Lust an Schlachtopfern, sonst gäbe ich sie; an Brandopfern hast du kein Wohlgefallen. Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; nicht verachten“ (Ps. 51,1-17).

„Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht würdig, dein Sohn zu heißen; mache mich wie einen deiner  Tagelöhner“ (Lk. 15,18.19).

Schon verspürt er ein Gefühl ungeheurer Erleichterung. Eine Last ist ihm genommen. Ein helles Licht beginnt sich in seiner Dunkelheit auszubreiten - ein neuer Tag dämmert herauf.

Die Worte des Apostels Johannes kommen ihm in den Sinn: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9). Er klammert ich an diese Verheißung, als hinge alles davon ab.

Dann erinnert er sich daran, wie der verlorene Sohn zurückkehrte und welch königlicher Empfang ihn erwartete.

„Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn sehr. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich hin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen. Der Vater aber sprach zu seinen Knechten: Bringt das beste Kleid her und zieht es ihm an und tut einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße; und bringt das gemästete Kalb her und schlachtet es, und lasst uns essen und fröhlich sein; denn dieser mein Sohn war rot und ist wieder lebendig geworden, war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an fröhlich zu sein“ (Lk. 15,20-24).

Besonders denkt er an die Worte „... sein Vater ... lief hin und fiel ihm um den Hals und küsste ihn sehr.“ Er erkennt, dass es bei Ihm ganz genau so war. Der Vater sah ihn, als er noch fern war. Er lief hin, umarmte ihn und küsste ihn. Er versteht, was diese Worte bedeuten, denn er freut sich über den Kuss des Vaters.

 

Das beste Kleid ...

einen Ring an seiner Hand ...

Sandalen an seinen Füßen ...

und das gemästete Kalb ...

 

Nennt mich die Bittere

 

Schon schwingt Freude und Hoffnung in seiner Seele, aber noch steht er vor einem gewaltigen Hindernis - dem Weg zurück zu seiner Familie und zu seinen Freunden, die Christen sind. Er schreckt zurück vor der Beschämung, mit der er ihnen unter die Augen treten muss. Er fürchtet sich vor ihrer Reaktion. Werden sie sich kalt und distanziert verhalten? Werden sie versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen? Oder werden sie ihm Vorhaltungen machen?

Er erinnert sich an Naomi aus dem Alten Testament. Nachdem sie eine Zeit lang ohne den Herrn in Moab gelebt hatte, kehrte sie nach Bethlehem zurück, wo man fragte: „Ist das etwa Naomi?“

Sie antwortet darauf: „Nennt mich nicht Naomi (die Liebliche), nennt mich Mara (die Bittere); denn der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht. Voll bin ich gegangen und leer hat mich der Herr zurückkehren lassen“ (Ruth 1,19-21).

Er denkt bei sich: „Genau das ist es. Nennt mich bitter. Voll bin ich gegangen und leer hat mich der Herr zurückkehren lassen.“

Doch die Furcht davor, wie ihn wohl seine Familie und seine Freunde empfangen werden, ist unbegründet. Sie bereiten ihm einen herrlichen Empfang - fast so, als sei er von den Toten zurückgekehrt. Sie schütteln ihm herzlich die Hand, einige umarmen ihn, und die Tränen fließen ungehindert. Es werden keine Beschuldigungen laut; keiner meint: Ich hatte dir ja gesagt.“ Jeder ist von Herzen froh, dass er wieder zurückgekommen ist.

Er versucht, sich zu entschuldigen wegen der Schande, die er über den Namen des Herrn gebracht hat, wegen des Kummers, den er seiner Familie und den Christen in der örtlichen Gemeinde gemacht hat. Doch sie versichern ihm, dass alles vergeben sei und dass sie so dankbar darüber sind, dass ihre Gebete erhört wurden. Er dachte, sie würden ihn demütigen; statt dessen behandeln sie ihn liebevoll und barmherzig. Sein Herz singt vor Freude: „Wie wunderbar ist es doch, dass ich wieder in Gemeinschaft mit Gott und Seinem Volk leben darf! Dass auch die Freude an Seiner Rettung wieder zurückgekehrt ist. Wie schön ist es, den Kuss des Vaters, zu spüren.“

Fast ist es ihm, als sei er nochmals wiedergeboren, und flüchtig schießt es ihm durch den Kopf: „Ich frage mich, ob ich vorher überhaupt erlöst war.“ Aber dann ist ihm diese Frage gar nicht so wichtig, denn wenn er es nicht war, so ist er es jedenfalls jetzt, und darauf kommt es schließlich an.

Die Erleichterung ist ungeheuer groß. Endlich braucht er nicht mehr gegen den Herrn anzukämpfen! Endlich ist er nicht mehr zu stolz und zu unwillig, um nachzugeben! Endlich hat das Davonlaufen ein Ende!

Er kann es nicht fassen! Das beste Kleid! Einen Ring am Finger! Sandalen an den Füßen! Das gemästete Kalb! Die Fröhlichkeit, die nun begonnen hat, und die kein Ende haben wird! Und es ist kein älterer Bruder zu sehen, der wünscht, der verlorene Sohn wäre nie nach Hause zurückgekehrt!

 

Die Gewissheit der Vergebung

 

Es ist einfach wunderbar, wieder in Gemeinschaft mit dem Herrn leben zu können. Dennoch heißt das nicht, dass es von nun an keine Probleme mehr gäbe. Viele Gläubige, die zum Herrn zurückgefunden haben, machen furchtbare Zeiten durch, in denen sie immer wieder von Schulderkenntnis, Zweifeln und Depressionen geplagt werden; es fällt ihnen schwer zu glauben, dass ihnen wirklich vergeben ist!

Wir wollen einmal einige dieser Schwierigkeiten genauer betrachten.

 

1. Wie weiß ich, dass Gott mir vergeben hat?

 

Wir können es aus dem Wort Gottes erfahren. Dort verspricht Er immer wieder, denen zu vergeben, die ihre Sünde bekennen und lassen. Im ganzen Kosmos gibt es nichts, das so sicher ist wie das Wort Gottes. Um zu wissen, dass uns vergeben wurde, müssen wir Seinem Wort glauben. Seine Verheißungen lauten:

„Wer seine Übertretungen verbirgt, wird kein Gelingen haben; wer sie aber bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen“ (Spr. 28,3).

„Ich habe deine Übertretungen getilgt wie einen Nebel und wie eine Wolke deine Sünden. Kehre um zu mir, denn ich habe dich erlöst“ (Jes. 44,22).

„Der Gesetzlose verlasse seinen Weg und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung“ (Jes. 55,7).

„Kommt und lasst uns zu dem Herrn umkehren: denn er hat zerrissen und wird uns heilen, er hat geschlagen und wird uns verbinden“ (Hos. 6,1).

„Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9).

2. Ich weiß, dass er mir vergeben hat, als ich zum Glauben kam, aber wenn ich an die fürchterlichen Sünden denke, die ich als Gläubiger begangen habe, fällt es mir schwer zu glauben, dass Gott mir auch diese Schuld vergeben kann. Mir scheint es, als habe ich wider besseres Wissen und gegen große Vorrechte gesündigt!

 

David beging die Sünde des Ehebruchs und des Mordes; und doch hat ihm der Herr vergeben (2. Sam. 12,13).

Petrus verleugnete den Herrn drei Mal; und doch wurde ihm vergeben (Joh. 21,15-23).

Die Vergebung Gottes ist nicht nur für die da, die noch nicht gerettet sind; Er verspricht auch, Abtrünnigen zu vergeben:

„Ich will ihre Abtrünnigkeit heilen, will sie willig lieben; denn mein Zorn hat sich von ihm abgewendet“ (Hos. 14,4).

Wenn Gott uns vergab, als wir Seine Feinde waren, wird Er uns dann weniger gern vergeben, nun, da wir Seine Kinder sind?

„Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden, durch den Tod seines Sohnes, viel mehr werden wir, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden“ (Röm. 5,10).

Diejenigen, die fürchten, Gott könnte ihnen nicht vergeben, sind dem Herrn näher als sie denken, weil Gott einen zerschlagenen und gebeugten Geist nicht verachtet (Jes. 57,15). Er kann den Stolzen und Unbeugsamen widerstehen, aber einen aufrichtig bußfertigen Menschen wird er nicht verachten (Ps. 51,17).

 

3. Ja, aber wie oft wird Gott mir vergeben? Ich habe eine bestimmte Sünde begangen und Gott hat mir vergeben. Aber seither habe ich es noch mehrmals getan. Bestimmt kann Gott mir nicht unbegrenzt vergeben.

 

Diese Schwierigkeit wird indirekt in Matthäus 18,21.22 beantwortet:

„Dann trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der wider mich sündigt, vergeben? bis siebenmal? Jesus spricht zu ihm: Nicht sage ich dir, bis siebenmal, sondern bis siebzig mal sieben.“

Hier belehrt uns der Herr, dass wir einander nicht siebenmal vergeben sollen, sondern siebzig mal sieben, was so viel heißen soll wie unbegrenzt.

Wenn uns aber Gott anweist, dass wir einander unbegrenzt vergeben wie oft wird Er uns dann vergeben? Die Antwort eindeutig. Dieses Wissen sollte uns aber weder leichtfertig werden lassen noch uns zur Sünde ermutigen. Andererseits ist solch eine erstaunliche Gnade der beste Grund für einen Gläubigen, nicht mehr zu sündigen.

 

4. Mein Problem ist, dass ich die Vergebung nicht so fühle.

 

Gottes Absicht war es nie, die Gewissheit der Vergebung über die Gefühle mitzuteilen. Man kann sich in einem Moment so fühlen, als sei einem vergeben, aber schon kurz darauf kann man sich so schuldig wie zuvor fühlen.

Gott will, dass wir wissen, dass uns vergeben wurde. Deshalb hat Er die Gewissheit der Vergebung auf das sicherste Fundament im ganzen Kosmos gegründet - auf Sein eigenes Wort. Sein Wort, die Bibel, sagt, dass Er unsere Sünden vergibt, wenn wir sie bekennen (1. Joh. 1,9).Wichtig ist, dass uns vergeben wurde, ob wir das nun fühlen oder nicht. Man kann sich so fühlen, als sei einem vergeben, und dabei ist es gar nicht so; in diesem Fall unterliegen wir durch die Gefühle einer Täuschung. Genau so kann uns wirklich vergeben sein und wir fühlen überhaupt nichts davon. Wenn Gott uns vergeben hat, was macht es da noch, ob wir es fühlen oder nicht?

Wer seine Sünden bereut und bekennt, darf wissen, dass ihm auf Grund der allerhöchsten Autorität vergeben worden ist - auf Grund des Wortes Gottes.

 

5. Ich fürchte, die Sünde begangen zu haben, die nicht vergeben werden kann.

 

Das Zurückfallen ist nicht die unvergebbare Sünde. In der Tat sind im Neuen Testament zwar mindestens drei unvergebbare Sünden genannt, aber sie können nur von Ungläubigen begangen werden.

a) Die von Jesus in der Vollmacht des Heiligen Geistes vollbrachten Wunder dem Teufel zuzuschreiben, kann nicht vergeben werden, denn damit wird ausgesagt, dass der Heilige Geist der Teufel ist. Dies ist aber Lästerung gegen den Heiligen Geist (Mt. 12,22-32).

b) Sich zum Glauben zu bekennen und dann Christus völlig abzulehnen ist eine Sünde, für die es keine Vergebung gibt. Diese Sünde des Abfalls wird in Hebräer 6,4-6 angesprochen. Es ist aber nicht dasselbe wie ein Verleugnen des Christus. Petrus verleugnete den Herrn und wurde dennoch völlig in die Gemeinschaft mit dem Herrn zurückgeführt. Glaubensabfall meint, ganz bewusst und mit voller Absicht den Sohn Gottes mit Füßen zu treten, Sein Blut für gemein (unrein) zu achten und den Geist der Gnade zu schmähen (Hebr. 10,29).

c) Im Unglauben zu sterben kann nicht vergeben werden (Joh. 8,24). Es ist die Sünde, den Glauben an den Herrn Jesus abzulehnen, ohne Buße und ohne Glauben an Ihn zu sterben.

 

Ein Unterschied zwischen einem wirklich gläubigen Menschen und einem, der nicht erlöst ist, besteht darin, dass der Gläubige siebenmal fallen kann und doch wieder aufstehen wird.

„Von dem Herrn werden befestigt des Mannes Schritte und an seinem Wege hat er Wohlgefallen; wenn er fällt, wird er nicht hingestreckt werden, denn der Herr stützt seine Hand“ (Ps. 37,23.24).

„Denn der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf, aber die Gesetzlosen stürzen nieder im Unglück“ (Spr. 24,16).

 

6. Ich glaube, dass Gott mir vergeben hat, aber ich kann mir selbst nicht vergeben.

 

Jeder, der jemals in Sünde gefallen ist (und welcher Gläubige ist das nicht schon einmal in dieser oder jener Weise?), wird diesen Seelenzustand kennen und verstehen. Wir fühlen unsere völlige Wertlosigkeit, unser Versagen bis ins Tiefste.

Und doch ist diese Einstellung nicht gerechtfertigt. Wenn Gott uns vergeben hat, warum soll ich mich dann noch von Schuldgefühlen plagen lassen?

Der Glaube nimmt die Vergebung als Tatsache in Anspruch und vergisst die Vergangenheit - allerdings sollte sie ihm zumindest als heilsame Warnung im Gedächtnis bleiben, sich nicht wieder vom Herrn abzuwenden.

 

Die Folgen des Zurückfallens

 

Aus dem Gesagten könnte man den Eindruck gewinnen, ein Christ kann in Sünde fallen und damit ungeschoren davon kommen; er müsse einfach nur seine Sünde bekennen und lassen. Doch damit hätte man diese Sache sehr verharmlost.

Deshalb ist es wichtig, dass wir nochmals zwischen der Vergebung der Sünde und den Folgen der Sünde unterscheiden.

Wir haben bereits festgestellt, dass es zwei Arten der Vergebung gibt - die richterliche und die väterliche Vergebung.

Setzt ein Mensch sein ganzes Vertrauen in Jesus Christus als seinen Herrn und Erlöser, so wird ihm die richterliche Vergebung seiner Sünden zuteil. Das bedeutet, dass ihm Gott, als Richter auf der Grundlage des vollbrachten Werkes Jesu Christi auf Golgatha vergibt (Joh. 3,18 a). Ein Gläubiger, der in Sünde gefallen ist, wird niemals die Strafe für seine Sünden zu bezahlen haben, da der Heiland der Welt diese Strafe am Kreuz getragen hat (2. Kor. 5,21).

Sündigt ein Gläubiger und bekennt dann aufrichtig seine Sünde, so wird ihm väterliche Vergebung zuteil. Dies bedeutet, dass ihm Gott, als Vater, vergibt und die Familiengemeinschaft wiederherstellt (1. Joh. 1,9).

Nun muss uns aber bewusst sein, dass Sünde Folgen nach sich zieht, und dass sich diese manchmal durch unser Leben hindurch und bis in die Ewigkeit hin fortsetzen. Dies wird auch am Beispiel einiger biblischer Personen dargestellt.

Abraham heirate Hagar, die in einer Zeit zu seiner Familie gekommen war, als er in Ägypten zurückgefallen war (1Mo 16,11-16). Die Nachkommen Hagars, die Ismaeliten, sind seither erbitterte Feinde des Volkes Gottes auf Erden gewesen.

Als Lot sich von Gott abgewandt hatte, verlor er als Folge davon seine Frau, seine Schwiegersöhne, sein Zeugnis wurde unglaubwürdig und beinahe hätte er noch sein eigenes Leben verloren (1. Mo 19,14-26). Er wurde der Vater der Moabiter und der Ammoniter, die grausame Feinde Israels waren (1. M. 19,33-38).

Simson verlor seine Reinheit, seine Freiheit, sein Zeugnis, sein Augenlicht und schließlich sein Leben (Ri. 16).

Naomi verlor ihren Mann sowie ihre beiden Söhne (Ruth 1,3).

David wurden seine Sünden vergeben, aber er musste den Mord an Urija vierfach erstatten; in der Folge starben vier seiner Kinder:

Bathsebas Kind starb (2. Sam. 12,19).

Amnon wurde von Absalom erschlagen (2. Sam. 13,28.29).

Absalom wurde von Joab und seinen Waffenträgern erschlagen (2. Sam. 18,14.15).

Adonija wurde von Benaja erschlagen (1. Kön. 2,24.25).

Gott erklärte David, dass das Schwert nie von seinem Hause weichen werde, und so war es auch (2. Sam. 12,10).

Auf Grund seines Fehltrittes durfte David den Tempel nicht bauen (1. Chr. 22,8).

Die Folgen seiner Sünde zeigen sich bis auf den heutigen Tag. Durch seinen Ungehorsam gab er den Feinden des Herrn Anlass zur Lästerung (2. Sam. 12,14). Noch immer lästern heutzutage Atheisten Gott, weil Er David einen Mann nach Seinem Herzen nennt, obwohl er so schlecht gehandelt hatte.

Wer kann überhaupt die Folgen von Ungehorsam und Sünde ermessen? Da ist die Zeit, die wir außerhalb der Gemeinschaft mit Gott verbracht haben, und der Verlust an Belohnung vor dem Preisrichterstuhl Christi.

Und wie steht es mit dem Einfluss ungehorsamer Gläubiger auf andere? Wie viele wurden durch ihr schlechtes Beispiel zu Fall gebracht? Wie viele Eltern mussten zusehen, wie sich ihre eigenen Sünden in den Kindern wiederholten? Oder wie sich ihre Kinder vom Glauben abwandten? Welch hoher Preis für ein paar sündige Augenblicke!

Und wer kann die vergeudeten Gelegenheiten ermessen, die sich uns nie wieder bieten werden?

Wer kann die Gewissensbisse eines in Sünde gefallenen Christen beschreiben? Wer weiß, wie bitter er alles bereut? Wer weiß, welche Verunreinigung seines Verstandes und Geistes in den heiligsten Augenblicken seines Lebens ihm wieder lebendig vor Augen stehen?

Noch immer gilt das Wort: „Von seinen Wegen wird gesättigt, wer abtrünnigen Herzens ist, und von dem, was in ihm ist, der gute Mann“ (Spr 14,14). Und wir wissen aus der Schrift und aus Erfahrung, dass was irgend ein Mensch sät, er auch ernten wird (Gal 6,7).

 

Zum Ziel hinjagen

 

Nun ist es aber nicht nur so, dass uns die Folgen unserer Sünde teuer zu stehen kommen; es ist ebenso wahr, dass Gott ein Gott der Wiederherstellung ist. Ihn verlangt danach, dass sich der Zurückgefallene nach seiner Wiederherstellung über alle Fehltritte seiner Vergangenheit erhebt und fortan ein geisterfülltes Leben lebt.

Wie ist das einem Christen möglich? Wie kann er sicher sein, dass er nicht nochmals den gleichen Fehler macht?

Zuerst einmal sollte er gründlich Hausputz machen; das kann das Verbrennen von Büchern bedeuten, das Hinwegtun von Dingen, die schlechte Gewohnheiten prägen oder fördern; überhaupt sollte alles zerstört werden, was nur irgend böse Wünsche erregen könnte. Selbst manche Kleidungsstücke können lustvolle Gedanken erwecken. Judas sagt, wir sollen auch das von dem Fleisch befleckte Kleid hassen (Jud. 23). Wer an materiellen Dingen hängt, die böse Wünsche erwecken, verrät damit Unaufrichtigkeit der Buße oder Unwissenheit darüber, wie gering unsere Kraft ist, der Versuchung zu widerstehen.

Als Zweites sollte er dann, um in der Gemeinschaft mit Gott zu bleiben, seine Sünden jeweils sofort bekennen. Sobald er sich des geringfügigsten Unrechts in seinem Leben bewusst wird, sollte er es vor den Herrn bringen, es beim Namen nennen und in Seiner Gegenwart verurteilen (1. Kor. 11,31). Hierzu ist Zerbruch nötig, eine ständige Bereitschaft, sich immer wieder gegen die Sünde und das eigene Ich auf die Seite Gottes zu stellen.

Dann sollte eine völlige Übergabe des eigenen Willens an den Herrn erfolgen (Röm. 12,1.2). Das beginnt mit einer grundsätzlichen völligen Hingabe an den Herrn. Dann bekräftigt man das mit täglicher Hingabe, damit sich daraus eine ständige Gewohnheit entwickelt. Es bedeutet für uns Stärke und Sicherheit, wenn wir dem Willen Gottes ganz ergeben sind, was auch kommen mag. Wenn wir dagegen unseren eigenen Willen durchsetzen, begeben wir uns damit in eine Gefahrenzone.

Ein Gläubiger muss täglich im Wort Gottes lesen und ihm gehorchen (Ps. 119,9.11); dadurch werden wir vor Fallgruben gewarnt, in sicherer Weise geleitet und gegen kommende Versuchungen gestärkt. Es genügt nicht, die Schrift nur zu lesen oder zu hören. Vielmehr müssen wir bereit sein, das zu tun, was der Herr uns aufträgt (Jak. 1,22). Diese Haltung tiefster Unterwürfigkeit der Schrift gegenüber ist unerlässlich (Jes. 66,2).

Auch das Gebet muss eine lebendige, kraftvolle Macht im Leben des Gläubigen sein (Phil. 4,6.7). Im Grunde genommen ist das Gebet ja ein Sprechen mit Gott. Beten heißt, Gott in jeden Bereich unseres Lebens hineinzulassen, Seine Führung zu suchen und Seine Herrschaft anzuerkennen. Unser Gebet sollte den immerwährenden Ruf zu Gott einschließen: „Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ (Mt. 6,13).

Die regelmäßige Teilnahme des Christen an den Zusammenkünften der örtlichen Gemeinde hat einen weiteren heiligenden Einfluss aufsein Leben. Aus der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen kommt für ihn Erbauung und Stärkung (Spr. 27,17). Auch das regelmäßige Gedenken an den Tod des Herrn beim Abendmahl ist ein kraftvolles Abschreckmittel gegen Sünde (1. Kor. 11,23-34).

Der Gläubige sollte immer danach trachten, für den Herrn aktiv zu sein (Eph. 5,15.16). Die Versuchung ist in Zeiten der Untätigkeit am stärksten, wenn der Geist ohne Beschäftigung ist und der Leib zu ausgeruht ist. „Alles, was du zu tun vermagst mit deiner Kraft, das tue“ (Pred. 9,10), das ist das beste Mittel, die Zeit für den Herrn auszukaufen.

Es ist auch wichtig für den Gläubigen, sich selbst in eine Lage zu begeben, in der er dem Herrn vertrauen muss. Wir sind dazu berufen, im Glauben zu wandeln. Dies erfordert jedoch ein bewusstes Handeln unsererseits. Das Natürliche ist es, im Schauen zu leben, Vermögen anzuhäufen, Reserven anzulegen und sich finanziell abzusichern. Wandel im Glauben bedeutet, zufrieden zu sein mit Nahrung, Kleidung und Wohnung (1. Tim. 6,8), aber alles, was darüber hinausgeht, in die Arbeit des Herrn zu investieren, und Ihm in Bezug auf unsere Zukunft völlig zu vertrauen.

Schließlich sollte der Christ, der es vermeiden will, in Sünde zu fallen, alle Tage seines Lebens „sachte wallen vor dem Herrn“ (Jes. 38,15). Es gibt keine Patentlösung für ein siegreiches Christenleben. Vielmehr bedeutet es, in jedem Augenblick unseres Lebens in demütiger Abhängigkeit vor dem Herrn zu leben (Spr. 3,5.6).