Daniel als Beter

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 13.07.1980 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Daniel 9, 1-27

 

 

Wir haben wieder so einen langen Predigttext von Daniel. So möcht ich den ersten Teil jetzt schon als Schriftlesung verlesen. Daniel 9. Wir haben ja von Daniel noch mehr. Seine wichtigste Bedeutung hat er für uns in der prophetischen Zukunftsweisung und da kommt in Kapitel 7 und 8, wie er den Menschensohn sieht. Das war ja bei Daniel zum ersten Mal ausgesprochen, dass das Wort, das Jesus so gerne benutzt hat für sein Amt, etwas Großes und Gewaltiges ist. Menschensohn bedeutet: Der in den Wolken des Himmels wiederkommende Weltenrichter. Das Lieblingswort Jesu, das er lieber gebraucht, als das Wort Messias, Christus, weil das in der damaligen Zeit politisch etwas missverständlich war und von den Leuten gleich so verstanden wurde, als ging es um einen augenblicklichen Putsch gegen die Römer. Und nun les ich aus Daniel 9.

 

1 Im ersten Jahr des Darius, des Sohnes des Ahasveros, aus dem Stamm der Meder, der über das Reich der Chaldäer König wurde, 2 in diesem ersten Jahr seiner Herrschaft achtete ich, Daniel, in den Büchern auf die Zahl der Jahre, von denen der HERR geredet hatte zum Propheten Jeremia, dass nämlich Jerusalem siebzig Jahre wüst liegen sollte. 3 Und ich kehrte mich zu Gott, dem Herrn, um zu beten und zu flehen unter Fasten und in Sack und Asche. 4 Ich betete aber zu dem HERRN, meinem Gott, und bekannte und sprach:

Ach, Herr, du großer und heiliger Gott, der du Bund und Gnade bewahrst denen, die dich lieben und deine Gebote halten! 5 Wir haben gesündigt, Unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten abgewichen. 6 Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen zu unsern Königen, Fürsten, Vätern und zu allem Volk des Landes redeten. 7 Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns alle heute schämen, die von Juda und von Jerusalem und vom ganzen Israel, die, die nahe sind, und die zerstreut sind in allen Ländern, wohin du sie verstoßen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben. 8 Ja, HERR, wir, unsre Könige, unsre Fürsten und unsre Väter müssen uns schämen, dass wir uns an dir versündigt haben. 9 Bei dir aber, Herr, unser Gott, ist Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtrünnig geworden 10 und gehorchten nicht der Stimme des HERRN, unseres Gottes, und wandelten nicht in seinem Gesetz, das er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten; 11 sondern ganz Israel übertrat dein Gesetz, und sie wichen ab und gehorchten deiner Stimme nicht. Darum trifft uns auch der Fluch, den er geschworen hat und der geschrieben steht im Gesetz des Mose, des Knechtes Gottes, weil wir an ihm gesündigt haben. 12 Und Gott hat seine Worte gehalten, die er geredet hat gegen uns und unsere Richter, die uns richten sollten, dass er ein so großes Unglück über uns hat kommen lassen; denn unter dem ganzen Himmel ist Derartiges nicht geschehen wie in Jerusalem. 13 Wie es geschrieben steht im Gesetz des Mose, so ist all dies große Unglück über uns gekommen. Aber wir beteten auch nicht vor dem HERRN, unserm Gott, sodass wir uns von unsern Sünden bekehrt und auf deine Wahrheit geachtet hätten. 14 Darum ist der HERR auch bedacht gewesen auf dies Unglück und hat's über uns kommen lassen. Denn der HERR, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; aber wir gehorchten seiner Stimme nicht.

15 Und nun, Herr, unser Gott, der du dein Volk aus Ägyptenland geführt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, so wie es heute ist: wir haben gesündigt, wir sind gottlos gewesen. 16 Ach Herr, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berg. Denn wegen unserer Sünden und wegen der Missetaten unserer Väter trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her wohnen. 17 Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen. Lass leuchten dein Antlitz über dein zerstörtes Heiligtum um deinetwillen, Herr! 18 Neige dein Ohr, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. 19 Ach Herr, höre! Ach Herr, sei gnädig! Ach Herr, merk auf! Tu es und säume nicht – um deinetwillen, mein Gott! Denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt.

 

 

Nun lesen wir die zweite Hälfte dieses Kapitel 9. Dieses Bußgebet des Daniel ist ein Mustergebet, wie wir für unsere in Schuld vor Gott behafteten Mitmenschen vor Gott beten sollen.

 

20 Als ich noch so redete und betete und meine und meines Volkes Israel Sünde bekannte und mit meinem Gebet für den heiligen Berg meines Gottes vor dem HERRN, meinem Gott, lag, 21 eben als ich noch so redete in meinem Gebet, da flog der Mann Gabriel, den ich zuvor im Gesicht gesehen hatte, um die Zeit des Abendopfers dicht an mich heran.

                                                         

Der Daniel hat offenbar immer noch mit den Zeiten des Tempels gelebt, obwohl er das ja nur als Kind noch miterlebt hat, jetzt wäre im Tempel Zeit fürs Abendopfer gewesen. So hat er seine Zeit eingeteilt.

 

22 Und er unterwies mich und redete mit mir und sprach: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dir zum rechten Verständnis zu verhelfen. 23 Denn als du anfingst zu beten, erging ein Wort, und ich komme, um dir's kundzutun; denn du bist von Gott geliebt. So merke nun auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst.

24 Siebzig Wochen sind verhängt über dein Volk und über deine heilige Stadt; dann wird dem Frevel ein Ende gemacht und die Sünde abgetan und die Schuld gesühnt, und es wird ewige Gerechtigkeit gebracht und Gesicht und Weissagung erfüllt und das Allerheiligste gesalbt werden. 25 So wisse nun und gib Acht: Von der Zeit an, als das Wort erging, Jerusalem werde wieder aufgebaut werden, bis ein Gesalbter, ein Fürst, kommt, sind es sieben Wochen; und zweiundsechzig Wochen lang wird es wieder aufgebaut sein mit Plätzen und Gräben, wiewohl in kummervoller Zeit. 26 Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden und nicht mehr sein. Und das Volk eines Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, aber dann kommt das Ende durch eine Flut, und bis zum Ende wird es Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist. 27 Er wird aber vielen den Bund schwer machen eine Woche lang. Und in der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen. Und im Heiligtum wird stehen ein Gräuelbild, das Verwüstung anrichtet, bis das Verderben, das beschlossen ist, sich über die Verwüstung ergießen wird.

 

Herr, rede jetzt zu uns auch durch dieses Wort.

Amen.

 

Ich würde gern wissen, wie die Weltgeschichte weitergeht. Würd mich interessieren, wie das in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten wird mit Öl und mit Energie. Mich würde interessieren, wie die Spannungen zwischen Ost und West sich entwickeln oder zwischen den Reichen und den Armen Nationen auf der Welt. Ich würde so gern wissen, wie das ist mit der Aufrüstung und mit der Kriegsgefahr. Ich würde all das gern wissen, wohin die Entwicklung überhaupt läuft. Ich hätte so gern einen Durchblick durch die Jahrhunderte bis zum Weltende. Vielleicht ist es Gottes Güte, dass er uns diesen Blick nicht gibt. Wir würden vielleicht erschrecken. Daniel hat ein Gesicht bekommen. Da steht im Kapitel 7 und 8 von der Zukunft. Er sieht schon in einem großen prophetischen Bild die Heere Alexanders des Großen und die Diadochenreiche und er versteht das alles nicht. Er ahnt etwas von den großen Umwälzungen der Weltgeschichte. Und er steht dann am Ende da, bevor unser Abschnitt hier beginnt: Und ich Daniel war erschöpft und lag einige Tage krank. Es ist schon so, dass man das gar nicht ertragen kann. Dass unsere Kraft dafür gar nicht ausreicht, obwohl doch der Daniel ein besonders robuster und standfester Mann war, den Blick in die Zukunft der Weltgeschichte zu richten. Warum ist das so erschreckend? Man kann es sicher so in einer gerafften Show kaum ertragen. Wie die Weltmächte sich von Gott lösen. In der Offenbarung. Wird uns das ja noch einmal gezeigt und das ist wirklich nur ein Buch für reife Christen. Die Weltmächte lösen sich von Gott und machen ihre Geschichte und dann herrschen sie ohne Gott und es kommt unvorstellbares Leid. Und dann wird uns zugemutet, dass das geschehen muss, weil das Böse sich entfalten muss und sichtbar werden muss. Es soll deutlich werden, wohin die Welt kommt ohne Gott. Daniel erträgt es kaum und er steht da als einer, der den Blick in die Zukunft wagen darf. Wir werden am nächsten Sonntag noch einmal vom  Prophetenamt des Daniel sprechen. In unserem Bild ist ja Daniel groß als der, der treu für Gott kämpft, der als der Glaubenszeuge oder uns steht er vor Augen als der Mann des großen Vertrauens, der zur Löwengrube sich werfen lies. Oder als der Oberweise, der Durchblick hat und Gottes Gedanken weiß. Aber das allergrößte ist ja, darum haben wir den Daniel in der Bibel, weil er uns Einblick geben kann in den Ablauf der Weltgeschichte und ich will mich heut nicht darum drücken und das nächste Mal erst recht nicht davon wollen wir auch reden. Was sagt uns die Prophetie des Daniel für unser Leben als Christen. Mir ist das größte an Daniel noch mehr als sein Glaubensmut in der Löwengrube, er will ein Wegbereiter Gottes sein. Darum hat er sich nicht gebeugt vor den Großen in Babel. Er hat sein ganzes Leben dafür einsetzen wollen, dass Raum geschaffen wird in unserer Welt. Das ist ein großes Lebensziel. Das sollte man sich auf die Fahnen schreiben und sagen: Dafür will ich leben, dass Gott Raum geschaffen wird und dass das Reich Gottes hier durch mich in Stuttgart Raum gewinnt. Ich will offen sein für den Ruf Gottes. Ich will ein Gespür haben für die Pläne Gottes. Ich interessiere mich für die großen Generalstabplanungen unseres Herrn. Und das sieht man hier. Die Macht des Daniel war sein Gebet. Das steht heute im Mittelpunkt dieses Abschnitts.

Drei Kennzeichen für dieses Gebet. Das erste: Sein Gebet fußt auf der Bibel. Es gibt ja allerhand Gebete, die man sagen kann. Hab ich früher gelesen von den Expeditionen in Tibet und das hat mir Eindruck gemacht, wie diese Tibetaner ihre Gebete auf Tücher schreiben und dann im Wind flattern lassen. Das sind also auch Formen des Gebets. Man schreibt seine Wünsche auf ein Tuch und lässt sie flattern. Sie dürfen beten, Sie dürfen wie ein Kind zum Vater beten. Aber es ist doch schön, wenn man lernt, wie groß Gottes Männer gebetet haben. Daniel hat nicht bloß seine Wünsche vor Gott ausgelehrt, sondern er hat mit der Bibel in der Hand gebetet. Es steht da, dass er darauf gemerkt hat, dass im Propheten Jeremia die Zeit der Gefangenschaft des Volkes Israel begrenzt war. Es stand da von 70 Jahren. Nach 70 Jahren will ich die Gefangenschaft wieder wenden. Und wie Daniel das liest, da erschrickt er, das stimmt ja gar nicht. Die 70 Jahre sind ja rum. Die sind ja vorbei. Und da sieht man ja noch gar nichts von der Befreiung des Volkes Israel. Wir würden heute in unserer bibelkritischen Zeit sagen: Ja dann ist das ja ein Widerspruch in der Bibel. Da hat Gott versprochen, dass er sein Volk befreit und das wird ja gar nicht so. Bei Daniel war das ganz anders. Wenn er solch eine Stelle gefunden hat, wo er merkt, das reibt sich mit meiner Wirklichkeit, das passt gar nicht zu meiner Erfahrung, da hat er gesagt: Jetzt will ich dafür beten, dass Gottes Plan sich auch erfüllen kann. Jetzt möchte ich eintreten, dass Gott endlich das wahr macht, was er versprochen hat. Ich will doch, dass in dieser Welt der Plan Gottes sich vollstreckt. Ich will doch ein Wegbereiter Gottes sein. Man stellt sich das oft im Christenleben falsch vor, manche Leute sagen: Ja, wenn Gott was will, dann soll er’s eben tun. Und wir begreifen gar nicht, dass Gott zum Vollstrecken seiner Planungen uns gebraucht. Und Gott will seine Verheißungen, seine Versprechungen erfüllen durch unser Gebet. Das ist manchen schon zur Anfechtung geworden. Muss ich überhaupt beten, wenn Gott das macht, macht er das doch auch ohne mich. Nein. Gott will alle seine Dinge durch unser Gebet  vollstrecken. Und es ist jetzt wirklich die Frage, ob unser Gebet Gott den Weg bereiten kann. Es heißt schon bei Jesus immer wieder, er konnte dort nicht eine Tat tun um ihres Unglaubens willen. Oft werden Gottes große Heilspläne aufgehalten durch den Unglauben und durch die Zweifel seiner Leute. Darum hat Daniel sehr gewiss und sehr gezielt gebetet. Er nahm diese Verheißungen des Jeremia und  hat darüber gebetet.  Er ist vor Gott niedergekniet und hat nun das gefordert von Gott. Jetzt tu das doch und hol dein Volk zurück aus der Fremde, aus dieser furchtbaren Gefangenschaft in Babel. Aber der Daniel hat über seinem Bibellesen auch gemerkt, wodurch die Pläne Gottes aufgehalten werden. Warum kommt es denn nicht zur Erfüllung der großen Heilspläne Gottes? Da war ja Schuld. Und eigentlich war das ein unauflösbarer Widerspruch. Gott sagt: Nach 70 Jahren hol ich euch wieder zurück, auf der anderen Seite musste man sagen: Diese Gefangenschaft war Gericht Gottes. Weil Israel Gott nicht gedient hat, kam dieses große Unglück. Wie soll das  gelöst werden? Auf der einen Seite das Gericht, auf der anderen Seite die Zusage der Rückkehr. Und nun gelingt es Daniel die beiden Dinge zusammenzubinden. Er sagt: Da ist ein großer Gott, aber er ist ein barmherziger Gott und ich will dass er Schuld durchstreicht und vergibt. Dieser Gott muss sich seines Volkes erbarmen. Das gehört zu den großen prophetischen Lichtblicken im Alten Testament. Woher hat der Daniel so viel Kühnheit? Wir im Neuen Testament wissen ja viel mehr von der Barmherzigkeit Gottes. Er nimmt Gott einfach und ruft ihn an: Du musst dich erbarmen, du musst das vergeben. Mir gefällt dieses Gebet Daniels besonders als Vorbildgebet der Buße. Es gibt immer wieder bei frommen Leuten eine Entrüstung über die Sünden, die geschehen. Wie gottlos lebt unser Volk dahin. Wie werden heute die Gebote Gottes missachtet. Daniel hat ganz anders gebetet. Er hat nicht bloß für die Leute gebetet, sondern er hat sich unter die Schuld seines Volkes gestellt. Und das müssen wir von Daniel lernen, von diesem biblischen Mustergebet. Er will das Reich Gottes ausbreiten, aber er weiß, Gott kann nur seine großen Pläne verwirklichen, wenn die Schuld vergeben ist. Dann sagt er: Herr, wir haben gesündigt, wir haben Unrecht getan. Das stimmt doch gar nicht Daniel. Hast du gesündigt? Es waren doch die Anderen. Du hast dich ja nicht gebeugt vor den Göttern Babels. Du warst ja Gott treu ergeben im Dienst. Und Daniel weiß, es gibt nicht nur das, dass man auf die Errungenschaften seines Volkes stolz sein kann, so wie wir glückselig sind und sagen: Wir Deutschen haben eine große Literatur, wir haben eine große reiche Geschichte. Wir tragen auch mit an der Geschichte der Schuld vor Gott. Das ist das Einzige, das wir als Christen immer wieder zugeben müssen. Es gibt eine Sache unter die wir uns mitbeugen, weil es in unserem Namen mitbegangen wurde und so lang diese Schuld auf unserem Rücken liegt, kann uns Gott nicht gnädig sein. Darum tritt Daniel so ein in diesem Bußgebet. Ach großer und heiliger Gott, erbarme dich doch über die Schuld unseres Volkes. Wir wollen dieser Schuld nicht dauernd ausweichen, sondern wir wollen sie eingestehen. Ich meine, dass in unseren Tagen uns Gott noch viel Raum lässt zu Buße. Es ist ja noch nicht so, dass Gott auch über unserem deutschen Volk vollstreckt hat, was längst hätte vollstreckt werden müssen. Als die göttliche Quittung für das, was in unserem Namen begangen wurde. Ich weiß noch, wie wir 1975 im Neckarstadion waren beim großen Gemeindetag. Da war es Fritz Grünzweig so wichtig und er hat immer gehofft es gäbe einen Durchbruch. Er hat am Nachmittag ein großes und langes Bußgebet im Sinne dieses Daniel gesprochen, wo er all diese furchtbaren Entwicklungen unserer Zeit, den Verlust jeder moralischen Wertvorstellung mit hineingenommen hat. Wir sind schuldig Herr, wir haben dein Gebot verlassen. Ach erbarm dich über uns und zieh deine Hand nicht ab. Wir hatten in den letzten Predigten verschiedentlich immer wieder das priesterliche. Hier sehen Sie es bei Daniel wieder. Er handelt als Priester, der das Heil Gottes vermittelt. Und da ist er , der die Sünde der Menschen mitträgt und sich darunter stellt. Und der dieses sündige Volk wieder zu Gott zurückführt, das ist unser Platz, auch in unserer modernen Gesellschaft. Das können wir aus diesem Bußgebet Daniels lernen. Er betet mit der Bibel in der Hand. Das ist das erste Kennzeichen des Daniel gewesen.

 

Das zweite: Daniel kennt das Geheimnis Gottes. Woher kann denn Daniel so gewiss beten? Er ruft die Barmherzigkeit Gottes an. Er wusste doch vom Alten Testament nur, er ist ein großer und ein heiliger Gott. Das steht im Vers 4: Ach Herr, du großer und heiliger Gott. Ihm stand doch das Bild noch vor Augen, wie Gott dem Mose erschienen war auf dem Sinai, wie das Volk gar nicht vor ihn treten konnte. Woher kriegt er nun diesen kühnen Mut um Vergebung zu bitten? Er steht doch im alten Bund, er hat doch von der Liebe Jesu noch nichts gehört. Es ist wirklich so, dass Gott ein heiliger Gott ist. Und alle unsere kindlichen und falschen und oberflächlichen Gottesvorstellungen stimmen nicht. Ich will’s mit einem Bild vergleichen. Wenn diese großen Wirbelstürme über die Weltmeere brausen, da sind ja unglaubliche Windgeschwindigkeiten mit einer unvorstellbaren Macht können sie selbst stabile Seeschiffe in Gefahr bringen. So ist Gott ein unheimlicher Wind. Aber in Mitte dieses Wirbelsturmes gibt es ein Zentrum und in dem herrscht Windstille. Und ich denke, dass die heutige Oberflächlichkeit, mit der Menschen Gott begegnen, tödlich ist. Gott ist nicht dieser harmlose Gott, von dem Menschen denken. Und das werden wir je und dann durch die Katastrophen der Weltgeschichte spüren. Darüber ist der Daniel erschrocken. Ihm wurde Gott unheimlich. Wenn das kommt diese Diadochenreiche, diese Heerzüge Alexanders des Großen, wenn das alles so sein wird, dass das Reich der Babylonier weggenommen und den Medern gegeben wird. Und all das geschieht. Was ist denn da? Was ist mit dieser Welt los? Ja, ein Heiliger Gott, ein großer Gott, aber er findet durch zum Zentrum dieses Wirbelsturmes, er findet zur Liebe Gottes ans Herz Gottes stößt er durch. Das ist das Große beim Beten. Und da ist unser Vorrecht, wir wissen auch in wirren Zeiten, wo Leute kühn fragen: Wo ist denn Gott mit seiner Liebe. Wir wissen, dass wir seine Liebe an der einen Stelle finden, wo Gott seinen Sohn für uns dahingibt. Und das macht den Daniel kühn und mutig zum Beten. Er ruft die Barmherzigkeit Gottes an, er kennt ja das Geheimnis Gottes, er ist ein lieber, ein barmherziger Gott, der heimsucht. Da steht ja überall drin: Wir vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. Und er nimmt noch einmal die Trümmer Jerusalems. Dort liegen die Steine zusammengeschlagen. Das hat er in Erinnerung. Herr, du musst doch deine Ehre wieder aufrichte über diesen Trümmern Jerusalems. Herr, erbarme dich. Er hat verschiedenes Verstanden bei seinem Bibellesen. Es geht nicht um unsere Ehre, sondern um deine Ehre. Du hast einst dein Volk Israel aus Ägypten geführt. Lass doch die Geschichte des Reiches Gottes nicht in Babel aufhören. Wenn wir so beten können wieder über unserem Stuttgart: Herr, du hast doch unter den Vätern so viel gewirkt einst in dieser Stadt. Du hast Erweckungen geschenkt. Du willst doch auch heute noch Großes tun. Jetzt Herr erbarm dich unser, decke du unsere Schuld und die Versagen der Christen zu und mache du wieder etwas Großes in diesem Stuttgart. Nimm dich deines deutschen Volkes wieder an. So wollen wir doch priesterlich eintreten als Beter, das war das Amt Daniels. Hier wird er uns noch viel größer als in der Löwengrube, Daniel als der Beter für die Sünde seines Volkes. Und er betet sehr gewiss. Er pocht auf die Verheißungen, er nimmt Gott beim Wort und sagt: Ich lass dich nicht los. Du musst um deiner Verheißungen willen. Es ist doch dein Heilsplan. Und solches Gebet wird erhört. Und dann sind wir beim Dritten.

 

Von der Erhörung eines solchen Gebetes.

Da kommt der Engel Gabriel und gibt ihm ein Zeichen. Er fliegt zu ihm hin. Als ich noch redete und betete. Und der Engel macht ihm deutlich: Daniel, dein Gebet wurde schon erhört, als du begonnen hast. Da machen wir uns gar keine Vorstellungen welch eine Macht das Beten ist. Gott hat nur drauf gewartet, dass dieser Daniel fürbittend eintritt für Israel. Dann kann Gott seine großen Pläne wieder umsetzen. Wenn wir so die Verheißungen Gottes nehmen und sagen: Du willst nicht, dass Menschen verloren gehen. Du willst, dass alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Herr, wir wollen doch jetzt bitten. Und dieses Bittgebet kann nur richtig verstanden werden, wenn wir auch immer wieder dies einschließen, dass Gebet um Vergebung der großen Schuld, die wie ein großes blockierendes Hindernis im Weg liegt. Und dann kriegt der Daniel mitgeteilt, wie die Planungen Gottes laufen. War’s vorhin zu viel für Sie? Haben Sie’s in der Kürze nicht verstehen können? Dann begreifen Sie jetzt, warum wir Bibeln ausgelegt haben. Meinen Sie, das steht umsonst in der Bibel drin, was ist das mit diesen Zahlenrechnungen, diese Jahrwochen. Eine Jahrwoche ist immer 7, mal 7 Jahre. Dann sind das also 70 Wochen 490 Jahre. Nun wissen Sie, dass wir alle ein wenig Bangigkeit haben mit den Zahlen so zu rechnen, dann könnten wir ja die Wiederkunft Jesu ausrechnen. Das wollen wir nicht, weil Jesus selber gesagt hat, das sei das Geheimnis des Vaters. Und trotzdem gehen wir mit vielen Bibelauslegern hier konform, die sagen: Die Zahlen stehen nun einmal doch in der Bibel und dann haben sie eine Bedeutung. Es ist schon erstaunlich, Sie können es in der Erklärungsbibel nachlesen. Wenn Sie die Zahlen rechnen vom Jahre 457, als Esra nach Jerusalem kam und der Aufbau der Stadt begann. 70 Jahrwochen, Sie kommen genau, 69 Jahrwochen, Sie kommen ins Jahr 26 nach Christi Geburt. Sie rechnen die eine Jahrwoche noch dazu, in deren Mitte das Opfer und Schlachtopfer abgetan wird, dann können Sie auf das Jahr 33 kommen, das Todesjahr Jesu. Und wie heißt es dort. Und in der Mitte der Woche, dieser siebten Woche, wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen, weil er das Lamm ist. Dann kommt es von der Zerstörung Jerusalems. Das ist alles ist lange vorher geweissagt worden dem Daniel. Aber Sie haben ganz Recht, dass wir uns nicht an diese Zahlen festklammern. Es gibt auch Ausleger, die sie anders deuten, es gibt widersprechende Auslegungen. Es bleibt für uns verschlossen. Ich bin davon überzeugt, dass wir diese Zahlen erst einmal in der Ewigkeit verstehen werden. Aber das ahnen wir hier, wie wenn Sie als Biologe die Geheimnisse der Natur durchforschen, dann kommen Sie immer wieder auf wunderbare Naturgesetze. Sie werden merken, wie die Blüte einer Blume geordnet ist nach einem ewigen Gesetz, wie dort Sie wunderbare Ordnungen finden. Und was Daniel gezeigt wird: Auch in dieser wirren Weltgeschichte, wo die Völker wüten, wo Millionen Menschen hingemordet werden, vollzieht sich letztlich, nicht in dem schrecklichen Gräuel, sondern in der Erlösung, im Kommen des Gottesreiches ein wunderbares Gesetz. Das ist von Gott groß geordnet. Daniel ist der letzte Prophet des alten Bundes vor Johannes dem Täufer. Dann kommt ja keiner mehr. Und mit Daniel beginnt die große Epoche dieser 70 Jahrwochen, in der keine Prophetie Gottes mehr erklingt. Israel war allein gelassen ohne wegweisendes Wort Gottes. Und dann darf Daniel schon ankündigen: Aber bei Gott ist das schon klar, auch wenn der Tempel zerfällt und zerbrochen wird und wenn das Speisopfer abgetan wird. Er hat seinen Plan, wie das alles sein wird und da wird kommen ein Gesalbter, der ausgerottet wird und der nicht mehr sein wird in Vers 26. Und das Volk eines Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören. Aber dann kommt das Ende durch eine Flut und bis zum Ende wird es Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist. Wir wissen auch, dass Jesus diese Danielworte ausdrücklich bestätigt hat und von diesem einmal gesprochen hat, was wir über das Ende der Welt sagen können. Aber vorne steht das Allergrößte und das ist das wunderbare dieser Danielsblicke, die er hat, dieser prophetischen Aussagen. Auf sein Gebet hin: Da wird es kommen, wenn diese 70 Jahrwochen, diese dürre Zeit ohne Wegweisung Gottes zu Ende sind. Dann wird der Herr den Frevel weg tun und die Sünde abgetan und die Schuld gesühnt. Und es wird ewige Gerechtigkeit gebracht und Gesicht und Weissagung erfüllt und das Allerheiligste gesalbt werden. Das ist ein Wort, das wir so klar verstehen mit diesen 70 Jahrwochen wird dann erfüllt werden, wenn Jesus kommt. Und dann wird die Sünde weggenommen. Das ist hier vom Daniel nur ganz fern schon gesehen. Da wird es wirklich wahr sein, dass es vollkommene Vergebung geben wird, weil Sünde ausgelöscht und getilgt wird. Das Schlimme der ungläubigen Menschen ist ja, dass sie nie wirklich von ihrer Schuld loskommen und das ist ihr Vorrecht, dass Sie bei Gott völlige Befreiung kriegen, dass Sie wissen können, heut nimmt mir Gott alle meine Schuld weg. So wie es unsere Väter im Bild erklärt haben: Alle meine Schuld ist abgetan, sie ist ans Kreuz angenagelt und ich darf sie dort niederlegen und niemand holt sie dort mehr fort. Sie wird weggetan, sie wird zugedeckt sein, sie wird gesühnt sein. Es ist nicht bloß, wie wenn man eine Decke drüber legt, sondern es ist so, weil das Grab Jesu selbst darüber geschlossen ist. Darum gibt es eine vollkommene Erlösung und Befreiung und es wird Gerechtigkeit kommen, Gerechtigkeit aufgerichtet werden. Das war die Hoffnung des Daniel, es wird am Ende der Zeit dann das geschehen, dass auf einmal dieses sündige Volk wieder den Kopf erheben kann und ein erneuertes Leben sein wird. Dieser kommende Messias wird uns erneuern und uns seiner Art gleich formen und gleich machen. Er wird uns vom Wesen her verwandeln und das Allerheiligste wird gesalbt werden. Wir wissen ja dann, wie das Allerheiligste zerstört wurde, wie der Tempel des Vorhangs zerriss. Und er war plötzlich profan geworden, nicht mehr heilig. Aber das wirkliche Allerheiligste, das ist das Herz Jesu, das für unsere Welt schreit und Vergebung und Versöhnung will. Der Daniel ermuntert uns heute, dass wir Wegbereiter Gottes werden, dass wir eintreten für unser sündiges Volk, und dass wir selber mithelfen mit unserem Leben, dass Gottes Reich heute geschehen kann und das heute dieses Wunder geschieht, dass Sünde abgetan und vergeben wird in der großen Weite der Weltgeschichte. Dann wird man denken: Mensch, was hat der Daniel für Karriere gemacht, er sagt: Das Allergrößte, was du tun kannst, ist wenn du Seelsorger wirst an einem Menschen. Wenn du einen Menschen zubereiten kannst für dieses große Reich Gottes. Und wenn du anhältst mit Gebet und Flehen für dieses Volk, damit es errettet wird.

Amen.