Gottes stärkste Waffe
Apostelgeschichte 17, 16-34
Predigt Andreas Symank
Freie Evangelische Gemeinde Zürich
Helvetiaplatz
Zürich, 31. Dezember 2000
Eines der spannendsten und interessantesten Bücher
des Neuen Testaments ist ohne Frage die Apostelgeschichte, die Geschichte der
Entstehung und ersten Ausbreitung der christlichen Gemeinde. Ein
Tatsachenbericht, der sich wie ein Thriller liest – von der ersten bis zur
letzten Seite vollgepackt mit packenden Schilderungen:
·
Jener
gelähmte Mann, der eben noch bettelnd an der Tempelpforte sitzt und zwei
Minuten später hin- und herhüpft und über den ganzen Tempelplatz rennt vor
lauter Begeisterung darüber, daß Petrus und Johannes ihn im Namen von Jesus
Christus gesund gemacht haben und daß er zum ersten Mal in seinem Leben auf
eigenen Füßen stehen kann.
·
Stephanus,
der, von den Steinwürfen seiner Gegner schon tödlich getroffen, zu Boden sinkt
und mit seinem letzten Atemzug betet: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht
an!“
·
Der
äthiopische Finanzminister, der den Evangelisten Philippus zu sich auf den
Reisewagen bittet, damit er ihm eine schwierige Stelle im Propheten Jesaja
erklärt, und der sich schon wenige Kilometer später auf den Namen von Jesus
Christus taufen läßt.
·
Paulus,
der sich auf den Weg nach Damaskus macht, um Jesus zu besiegen, und der von
Jesus besiegt in Damaskus einzieht.
·
Petrus,
der um die Mittagszeit auf einem Flachdach in Joppe betet und vor dem sich plötzlich
vom Himmel her ein Tuch voller Tiere niedersenkt, während eine Stimme zu ihm
sagt: „Auf, Petrus, schlachte und iß!“
·
Der
Engel, der den inhaftierten Petrus in der Nacht vor dessen Hinrichtung
wachrüttelt, von seinen Ketten befreit und unbemerkt aus dem schwerbewachten
Gefängnis führt.
·
Der
Gefängnisaufseher von Philippi, der sich ins eigene Schwert stürzen will, weil
er meint, alle Gefangenen seien geflohen, und sich dann zitternd vor Paulus und
Silas niederwirft und fragt: „Was muß ich tun, damit ich gerettet werde?“
·
Eutychus
in Troas, der vor Übermüdung aus dem offenen Fenster fällt, weil die Predigt
von Paulus länger und länger wird, und den Paulus wieder zum Leben erweckt.
·
Der
Neffe von Paulus, der sich in die römische Kaserne traut, um seinen Onkel vor
einem Mordanschlag der jüdischen Führung zu warnen.
·
Der
schiffbrüchige Paulus, den die Malteser für einen Verbrecher halten, weil sich
eine Schlange an seiner Hand festgebissen hat, und den sie gleich darauf zum
Gott erklären, weil er die Schlange abschüttelt und ins Feuer wirft, ohne daß
ihm etwas passiert.
So viele bewegende, ermutigende, fabelhafte
Begebenheiten!
Als ich mich in den letzten Monaten berufshalber für
längere Zeit mit der Apostelgeschichte befaßte, merkte ich plötzlich, daß es da
ein wichtiges Detail gibt, das man gewöhnlich schlicht und einfach übersieht.
Eigentlich ist es kein Detail, sondern ein bestimmtes Merkmal, und man
übersieht es nicht, weil es so klein wäre, sondern im Gegenteil, weil es das
ganze Buch füllt und sich wie ein roter Faden durch alle Seiten zieht. Manchmal
geht es mir so, wenn ich auf der Straßenkarte oder im Atlas ein Land oder eine
Gegend suche. Emmental, Emmental – wo steckt du nur? Ich sehe Bern, ich sehe
Burgdorf, ich sehe Langnau – irgendwo muß hier doch das Emmental sein!
Plötzlich habe ich es entdeckt: Die Buchstaben sind so groß und so weit
auseinandergerückt, daß ich sie glatt übersehen hatte! Sie ziehen sich die ganze Emme entlang:
E-M-M-E-N-T-A-L .
Das Charakteristikum, das mir aufgefallen ist: Bei
der Apostelgeschichte handelt es sich um ein Buch, in dem vor allem geredet
wird, genauer: in dem gepredigt wird, noch genauer: in dem die Botschaft von
Jesus Christus verkündet wird. Wir denken immer zuerst an die Taten der Apostel, aber eigentlich
müßten uns die Predigten der Apostel
auffallen! Man könnte die Apostelgeschichte mit Fug und Recht als eine Art
Predigtband bezeichnen, eine Sammlung von Musterpredigten, verbunden durch
Zwischentexte, die Auskunft über Anlaß und Auswirkungen der Predigten geben.
Allein 8 Reden von Petrus, 9 von Paulus, 2 von Jakobus, eine (besonders lange)
von Stephanus, dazu viele kürzere Redestücke, außerdem in einem fort
Bemerkungen wie: „Sie bezeugten die Auferstehung von Jesus; sie verkündeten die
Botschaft Gottes; sie versuchten ihre Zuhörer von der Wahrheit des Evangeliums
zu überzeugen; sie unterwiesen die Menschen im Glauben.“ Am Anfang der
Apostelgeschichte steht der Auftrag von Jesus: „Ihr sollt meine Zeugen sein –
in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und überall sonst auf der Welt, selbst
in den entferntesten Gegenden der Erde“ (1,8). In gewissen Sinn ein
Welteroberungsprogramm. Der letzte Vers der Apostelgeschichte liefert sozusagen
die Vollzugsmeldung: „Paulus verkündete den Menschen in Rom zwei volle Jahre
lang die Botschaft vom Reich Gottes und lehrte sie alles über Jesus Christus,
den Herrn“ (28,31). Noch nicht die ganze Welt ist erobert, aber immerhin der
Nabel der damaligen Welt, das Zentrum des Römischen Reiches, die Metropole Rom!
Lukas, der Verfasser der Apostelgeschichte,
berichtet in diesem Buch von der Entstehung der christlichen Gemeinde und von
den Anfängen ihrer weltweiten Ausbreitung. Lukas ist wie ein gewissenhafter,
sorgfältiger Historiker vorgegangen: Er hat gründliche Recherchen betrieben,
hat Augen- und Ohrenzeugen befragt, hat schriftliches Material gesammelt
(vielleicht auch Zusammenfassungen oder sogar stenographische Mitschriften und
Protokolle der Reden, die er nicht selbst hören konnte – sowohl die Griechen
als auch die Römer kannten bereits eine Kurzschrift; sie hatten sie entwickelt,
um die Reden ihrer großen Rhetoriker mitschreiben zu können!). Darüber hinaus
hat Lukas (wie ein moderner Top-Journalist) die Brennpunkte des Geschehens
aufgesucht und mehrere Jahre lang die führenden Leute begleitet. Und dann hat
er seinen Bericht geschrieben.
Es gibt aus der Antike noch viele andere historische
Berichte. Die griechischen und römischen Historiker schilderten den Werdegang
Griechenlands, den Aufstieg Roms. Auch in ihren Werken kommen Reden vor, sogar
lange Reden. Aber im Mittelpunkt ihrer Darstellungen stehen doch ganz andere
Dinge: politische Machenschaften, Schlachten, Kriege, militärische Eroberungen.
Das waren die Mittel, mit denen sich die Herrscher Respekt verschafften, mit
denen sich ihre Reiche ausbreiteten.
Man hat diese Werke mit dem Bericht von Lukas
verglichen. Das Resultat verblüfft. Prozentual ist der Reden-Anteil in der
Apostelgeschichte weit mehr als doppelt so groß wie z. B. in den Annalen des
Tacitus oder in der Historia von Herodot, mehr als viermal so groß wie im Jüdischen
Krieg von Josephus, achtmal so hoch wie im Geschichtswerk von Thucydides und
sechzehnmal so hoch wie in der Geschichte des Polybius. Von den ca. 1000 Versen
der Apostelgeschichte sind nicht weniger als etwa 365 Rede-Material, also ein
gutes Drittel.
Ich glaube, jetzt verstehen wir, was Lukas uns mit
den vielen Reden sagen will, die er in sein Geschichtswerk hineinkomponiert
hat. Auf der einen Seite sind da die vielen irdischen Reiche – das
hellenistische Reich, das Römische Reich –, und die Waffen, mit denen sie
kämpfen, sind Rücksichtslosigkeit und Intrigen, Feuer und Schwert, Infanterie
und Kavallerie (oder, etwas moderner gesagt: Maschinengewehre, Panzer, U-Boote,
Flugzeugträger, Jagdbomber und Cruise Missiles). Und auf der anderen Seite ist
das Reich Gottes. Es kennt zu seiner Ausbreitung nur ein einziges Mittel: das
Wort, die Botschaft von Jesus Christus. Das ist die einzige Waffe, die uns
Christen gegeben ist, die einzige und zugleich die wirkungsvollste. Die
Verkündigung des Evangeliums – Gottes stärkste Waffe.
Lesen Sie die Apostelgeschichte einmal daraufhin
durch! Was taten die ersten Christen, um der Botschaft von Jesus Gehör zu
verschaffen? Sie redeten davon. Nichts anderes. Keine Ränkespiele, kein
Taktieren mit den Mächtigen, keine Kompromisse, keine Ellenbogenkämpfe, keine
Gewalt. Einfach nur das Wort von Jesus. Vom ersten bis zum letzten Kapitel. Wo
immer sich eine Gelegenheit bot, redeten sie. Wo immer sie konnten, planten sie
generalstabsmäßig.
Und was ist daraus geworden? Wieder haben wir den
Vergleich. Das Römische Reich ist durch Politik und Waffengewalt groß geworden,
und es ist durch Politik und Waffengewalt untergegangen. Die irdischen Waffen
haben versagt. Die christliche Bewegung hingegen hat innerhalb weniger
Jahrzehnte das ganze Römische Reich durchdrungen, unterwandert sozusagen, hat
von dort aus seinen Siegeszug über die ganze Welt angetreten – mit nichts
anderem als dem Wort Gottes. Gottes Reich ist ein ewiges Reich. Kein anderes
Buch wird so viel gelesen wie die Bibel. Kein anderes wurde so oft übersetzt,
so oft abgeschrieben und gedruckt, mit so hohen Auflagen. Gottes einzige Waffe.
Gottes stärkste Waffe.
Ich weiß, daß leider sogenannte Christen immer
wieder zu anderen Waffen gegriffen haben, zum Schwert (in den Kreuzzügen und
bei der Inquisition), zu unheiligen Allianzen mit Königen und Kaisern. Aber
damit schadeten sie der Sache Jesu nur. Was sie verbreiteten, waren Furcht und
Schrecken, nicht die Liebe und Wahrheit Gottes. Und sie hatten für ihr Vorgehen
keinerlei biblische Begründung. Sie haben die Apostelgeschichte nicht richtig
gelesen. Sie haben das Großgedruckte übersehen.
Das Christentum wird (manchmal spöttisch) eine
Religion des Buches genannt. Und so ist es tatsächlich: Im Mittelpunkt des
christlichen Lebens steht die Bibel. (Natürlich könnte ich auch sagen: Im
Mittelpunkt steht Jesus Christus. Stimmt. Aber von Jesus Christus erfahren wir
nur durch die Bibel.) Die Gemeinde Jesu ist immer eine predigende und hörende
Gemeinde gewesen und wird es bleiben, bis Jesus zurückkehrt. Wo immer Christen
zusammenkommen, ist die Bibel ihre gemeinsame Basis und der Gesprächsstoff Nr.
1. Wenn einer dem anderen seelsorgerlich hilft, holt er sich seinen Rat aus der
Bibel. Wenn wir uns in einer Kleingruppe treffen, diskutieren wir miteinander
über einen Bibelabschnitt. Wenn wir andere davon überzeugen wollen, wie wichtig
es ist, eine Beziehung mit Jesus zu haben, zitieren wir Bibelstellen. Und
Sonntag für Sonntag kommen wir zusammen, setzen uns auf einen Stuhl und hören
uns eine Predigt über die Bibel an! Ein merkwürdiger Verein! Fast so etwas wie
eine Schule, eine Akademie. „Lehrer“ haben die ersten Christen Jesus genannt,
und er nannte sie Jünger, Schüler. In anderen Vereinen und Clubs trifft man
sich, um Geselligkeit zu pflegen, man trifft sich zur Jagd, zum Essen, zum
Tanz. Geselligkeit darf und soll es auch bei Christen geben, aber was die
Gemeinde konstituiert, was sie von anderen sozialen Einrichtungen
unterscheidet, ist die Predigt. Nichts kann die Predigt ersetzen. Wo die
Verkündigung von Gottes Wort abgeschafft wird, hört die Gemeinde auf, Gemeinde
zu sein.
Wenn Gott Kontakt mit uns aufnehmen will, benutzt er
also eine Predigt, ein Gespräch, ein Buch. Mit anderen Worten: Er spricht uns
in erster Linie über den Verstand an. Irgendwie finde ich das toll. Gott
möchte, daß wir über ihn nachdenken. Wir sollen uns Gedanken machen über das,
was in der Bibel steht. „Nimm dir Zeit! Hör dir meine Argumente an! Überlege.
Vergleiche mit anderen Angeboten. “ Offensichtlich ist Gott sehr überzeugt von
der Überzeugungskraft seiner Worte! Er weiß, daß er die besten Ideen hat. Er
weiß, daß seine Gebote uns gut tun. Er weiß, daß keiner außer ihm mit unserer
Schuld fertig wird und uns die Gewissenslasten abnehmen kann. Er kennt uns wie
kein anderer, denn er hat uns gemacht. Er hat den besten Plan für unser Leben,
denn er liebt uns. Gott fürchtet keine Konkurrenz. Er muß nicht mit
Waffengewalt über uns herfallen, um uns in sein Reich zu zwingen. Er wirft
keine Steine nach jemand, der nichts von ihm wissen will. (Steine sind die
schwächsten Argumente.) Er benutzt auch nicht nur die emotionale Schiene, um
uns für sich zu gewinnen – Musik oder Bilder. Musik und Bilder haben durchaus
ihren Platz bei der Weitergabe des Evangeliums. Aber in erster Linie spricht
Gott unseren Verstand an – durch sein Wort.
Daß diese Botschaft von so durchschlagender Wirkung
war (und bis heute ist), hat noch einen tieferen Grund. Genauer gesagt: drei
tiefere Gründe. Ausführlich darüber sprechen kann ich jetzt nicht, aber ich
will es wenigstens antippen. Das Evangelium hat eine dreifache Rückendeckung.
Erstens: Hinter Gottes Worten stecken Gottes Taten.
Die Botschaft von der Vergebung unserer Schuld ist nicht bloß eine schöne
Theorie; Gottes Sohn hat dafür geblutet! Jesus hat mit harter Münze für unsere
Freiheit bezahlt, mit seinem eigenen Leben. Was er uns anbietet, ist kein
Falschgeld. Gottes Währung ist gedeckt. Die Apostel haben sich das Evangelium
nicht am Schreibtisch ausgedacht; sie sprechen von historischen Fakten: Jesu
Geburt, Jesu Verkündigung, Jesu Wundertaten, Jesu Sterben am Kreuz und Jesu
Auferstehung. Gott liebt uns Menschen nicht nur mit Worten; er hat uns seine
Liebe durch sein Tun erwiesen.
Zweitens: Hinter Gottes Worten steckt Gottes Geist.
Die Apostel waren nicht allein, wenn sie mit ihrer Botschaft vor die Leute
traten. Der Heilige Geist war bei ihnen – unsichtbar, aber genauso real wie
irgendein menschlicher Kollege. Zum Auftakt der Apostelgeschichte, zu
Pfingsten, schickt Gott den Christen den Heiligen Geist, den Stellvertreter
Jesu. Das ist die Geburtsstunde der neutestamentlichen Gemeinde. Und dieser
Geist lenkt und gestaltet von da an alles, was die Christen für Jesus und im
Namen von Jesus tun. Er gibt ihnen die richtigen Worte; er stattet sie mit der
nötigen Kraft aus; er nimmt ihnen Angst und Verzagtheit und gibt ihnen Mut und
Weitblick. Die Apostelgeschichte ist die Geschichte der Apostel und der ersten
Christen, aber sie ist vor allem die Geschichte des Heiligen Geistes!
Und drittens: Hinter Gottes Worten steckt die
Glaubwürdigkeit der Boten. Das ist natürlich nicht automatisch so, aber so
sollte es sein; so war es zumindest bei den Aposteln. Sie redeten nicht wie ein
Blinder von der Farbe, sondern hatten alles selbst erlebt: Umkehr, Vergebung,
Wiedergeburt. Und sie lebten nicht mehr nach ihren eigenen Wünschen, sondern
so, wie Gott es wollte. Sie warnten vor Ehebruch, aber waren auch selbst ihrer
Frau treu. Sie forderten zum Reden der Wahrheit auf, aber sie waren auch selbst
keine Heuchler und Lügner. Sie ermutigten zu ganzem Einsatz für Jesus, aber sie
gaben auch selbst alles für ihn. Sie gehörten nicht zu denen, deren Worte vom
Himmel reden und deren Taten zum Himmel schreien. Ihre Lebensführung strich
ihre Botschaft nicht durch, sondern unterstrich sie. Sie schrieben nicht nur
fromme Briefe über Christus, sondern waren selbst ein Brief Christi, ein
lebendiges Schriftstück, in dem man etwas über Jesus erfahren konnte.
So, das waren einige grundsätzliche Überlegungen zu
dieser frappierenden Beobachtung, daß in der Apostelgeschichte so viel
gepredigt wird. Jetzt würde ich gern wenigstens noch eine Predigt mit ihnen ansehen, eine dieser Modellpredigten, eine
Predigt in der Predigt sozusagen. Allzuviel Zeit bleibt uns ja nicht mehr, aber
lesen können wir sie, und ich will einige Hinweise dazu geben. Ausgewählt habe
ich die berühmteste aller Predigten in der Apostelgeschichte, die Rede des
Paulus vor der Stadtregierung von Athen, dem sogenannten Areopag, Kapitel 17.
Über keine andere Predigt wurde so viel nachgedacht und so viel geschrieben. Da
floß beinahe so viel Tinte auf das Papier der gelehrten Theologen, wie Wasser
die Limmat runterfließt.
Apg 17,16-34
Lukas hat die Predigten für seinen Sammelband sehr
sorgfältig zusammengestellt. Es sind Musterpredigten für die verschiedensten
Situationen und vor unterschiedlichstem Publikum. Von Paulus gibt es z. B. eine
große Predigt vor Juden, die noch nicht an Jesus glauben, eine vor einem
Durchschnittspublikum von Nichtjuden, eine vor der nichtjüdischen Oberschicht
und eine vor Christen. Hier in Apostelgeschichte 17 spricht Paulus zur
Oberschicht, zur herrschenden Klasse, zur Intelligenzia, zu den
Intellektuellen. Von denen wimmelte es in Athen nur so. Athen war politisch und
wirtschaftlich zwar nicht mehr die bedeutendste Stadt Griechenlands (diesen
Rang hatte ihr inzwischen Korinth abgelaufen), aber es war immer noch das
geistige und kulturelle Zentrum, beinahe so etwas wie eine
Weltkulturhauptstadt. Athen war die Wiege der Demokratie (allerdings lag die
Blütezeit unter Perikles 500 Jahre zurück). Aus Athen stammten und in Athen
wirkten die größten Philosophen des Altertums – Sokrates, Platon und
Aristoteles (auch das lag schon 400 Jahre zurück). Athen beherbergte die berühmteste
Universität der Antike. Athen besaß eine Fülle prachtvoller Bauwerke und war bereits
zur Zeit von Paulus eine Art Museumsstadt geworden, ein Freilichtmuseum,
weltbekannt für seine Tempel, Statuen und Monumente. Kein Wunder, daß die
Athener stolz waren – auf ihre Geschichte, auf ihre Architektur, auf ihre
Literatur, auf ihre Philosophenschulen, auf ihren Intellekt, auf alle ihre
geistigen und kulturellen Errungenschaften.
In diese Stadt kommt nun Paulus auf einer seiner
Missionsreisen, allein. Er wartet darauf, daß seine Mitarbeiter eintreffen. Um
die Zeit zu überbrücken, sieht er sich in der Stadt um. Fast ein bißchen wie
heutzutage all die Touristen, die sich Athen ansehen – die Akropolis mit den
Propyläen, dem Parthenon-Tempel, dem Standbild der Göttin Athene. Wir
schlendern durch die Straßen, mit dem Baedeker oder dem Dumont in der Hand, und
bewundern die unzähligen Kunstwerke. Paulus sah das alles auch, aber er
bewunderte es nicht; er war empört, er war erschüttert. All diese
Götterstatuen, steingewordene Verirrung des Menschen! All diese Tempel zu Ehren
von Göttern, die Menschen sich ausgedacht haben! All diese Altäre, um ihnen zu
opfern! Gibt hier denn keiner dem wahren Gott die Ehre? Beten hier alle ihre
eigenen Idole an? Ist diese ganze Stadt, der Inbegriff menschlicher Leistung
und menschlichen Klugheit, dem Irrtum verfallen, der moralischen Dekadenz? Hat
sie sich völlig den falschen Göttern verschrieben und damit dem Untergang
geweiht? Schon der Name wies in diese Richtung – Athen war nach der Göttin
Athena benannt, der Lieblingstochter von Zeus, dem obersten Gott der Griechen.
Athena sollte Athen beschützen.
Mal eine kleine Zwischenbemerkung: Götzen sind
leider nicht auf die Antike oder die sogenannte Dritte Welt beschränkt. Das
griechische Wort für Götze ist eidolon, „Idol“. Ein Idol ist ein Gott-Ersatz,
irgend etwas oder irgend jemand, der in meinem Denken, in meiner Gefühlswelt,
in meinem Handeln den Platz einnimmt, der Gott zusteht. Das kann Geld sein (das
Geld, das ich besitze, oder das Geld, das ich noch nicht besitze). Das kann
meine Gesundheit sein, Macht und Ansehen, meine Arbeit, meine Hobbies,
Fernsehen, Alkohol, die Eltern, der Ehepartner, die Kinder, Freund und
Freundin, gutes Essen, Sexualität. Das kann sogar die Religion sein, die
Kirche, der Einsatz für Gott. Kein Bereich unseres Lebens ist dagegen gefeit,
zum Idol zu werden, sobald wir uns darin nicht mehr von Gott bestimmen lassen.
Eigentlich sind das alles ja Dinge, die zu Gottes guter Welt gehören, Dinge,
die unser Leben bereichern sollen. Aber sobald wir sie verselbständigen und
nicht mehr so gebrauchen, wie Gott es möchte, werden sie zu Götzen. Sie fangen
an, uns zu beherrschen und zu tyrannisieren. Nur Gott ist gut. Idole sind böse.
Nur Gott baut unser Leben auf. Idole zerstören es.
Zurück nach Athen und zu Paulus‘ berechtigtem Zorn
über so viel Gottlosigkeit. Aber jetzt kommt das erste Gute: Paulus reagiert
positiv. Obwohl er empört ist. Etwas in ihm wird geflüstert haben: Nichts wie
weg hier! Hier hast du nichts verloren, hier, wo alles nach Götzenanbetung
riecht und in Gottlosigkeit versinkt. Hier bist du hilflos. Aber Paulus haut
nicht ab. Er nimmt die Herausforderung an: Auch diese Leute, gerade diese Leute
brauchen das Evangelium. Ich bin hier, um ihnen zu helfen. Er zeigt den
Athenern nicht die kalte Schulter, kehrt ihnen nicht den Rücken, sondern wendet
sich ihnen zu. Er sucht das Gespräch mit ihnen, gerade auch mit den Klugen und
den Neunmalklugen aus der universitären Welt, mit Dozenten und Studenten. Er
diskutiert, er versucht zu überzeugen, er läßt sich verspotten. Am Ende
schleppen ihn einige Anhänger der großen Philosophenschulen vor den Areopag,
den Stadtrat von Athen. Paulus soll Farbe bekennen: für was er eigentlich
wirbt, welche neuen Götter er propagiert.
Eine höchst brisante Situation! Es scheint zwar
nicht gerade eine Gerichtsverhandlung gewesen zu sein, eher so etwas wie ein
Hearing. Paulus ist kein Angeklagter; die Stadträte geben sich
freundlich-neugierig. Aber unter der Oberfläche brodelt es. „Fremde Götter“ –
genauso lautete seinerzeit einer der Anklagepunkte, die dazu führten, daß die
Athener Sokrates hinrichteten. Paulus muß mit dem Schlimmsten rechnen. Wie
schnell kann die Stimmung umschlagen! Jetzt ist sein ganzer Mut gefragt, seine
ganze Verstandesschärfe. Er ist aufgefordert, das Evangelium vor der
denkerischen Weltelite zu präsentieren! Und Paulus kneift nicht; er packt den
Stier bei den Hörnern. Er wagt es, sich intellektuell mit diesen Doktoren und
Professoren und Rhetorikern zu messen. Er hat sogar den Mut, ihnen ihre Unwissenheit
in den entscheidenden Fragen vorzuhalten! Er scheut sich nicht, sie zur Umkehr
von ihren falschen Gottesvorstellungen aufzufordern! Ich bewundere Paulus für
seine Kühnheit, seine Kompromißlosigkeit, sein Gottvertrauen! (Im übrigen bin
ich überzeugt, daß er ihnen intelligenzmäßig jederzeit das Wasser reichen
konnte. Er kannte sich in der akademischen Welt aus. Er hatte ebenfalls einen
Uni-Abschluß; er hatte in Jerusalem und vielleicht auch in Tarsus studiert. Und
was seinen Scharfsinn betraf, seine Weitsicht, seine Urteilskraft und sein Ausgewogenheit
– ich glaube, darin war er ihnen allen überlegen. Auf jeden Fall wurden seine
Briefe in den Jahrhunderten, die seither verflossen sind, unendlich viel öfter
gelesen und hatten einen unermeßlich viel größeren Einfluß als die Schriften
aller Athener zusammengenommen.)
Nun können wir natürlich unmöglich diese ganze
großartige Predigt Punkt für Punkt durchnehmen. Lohnen würde sich das – z. B.
aufzuzeigen, wie exakt Paulus auf die philosophischen Vorstellungen der sehr
gegensätzlichen Epikureer und Stoiker eingeht und sie widerlegt. Aber dafür
reicht die Zeit heute nicht. Ich möchte Sie statt dessen einfach auf ein paar
Besonderheiten hinweisen, die mir aufgefallen sind. Ich sagte ja schon, daß
jede Predigt in der Apostelgeschichte ihren eigenen Charakter hat – je nach
Situation und Zuhörerschaft. Das wird auch hier deutlich.
Da ist zunächst einmal der Einstieg. Die Sache mit
dem Altar, auf den eingraviert ist: „Für einen unbekannten Gott“. Ich kann mir
so richtig vorstellen, wie Paulus, als er durch die Straßen von Athen ging und
all die Götterstatuen sah, sich überlegte: Wie kann ich diese irregeführten
Leute bloß erreichen? Lospoltern? „Ihr Götzendiener, mit euren widerlichen Machwerken
beleidigt ihr Gott!“? Da würden sofort die Rolläden runtergehen! Nein, ich muß
einen Anknüpfungspunkt finden, irgend etwas Positives in diesem ganzen okkulten
Chaos. Und dann stieß er auf diesen Altar: „Für einen unbekannten Gott“. Das
ist es! „Ihr spürt selbst, daß euch noch etwas fehlt. Ihr gebt zu, daß neben
euren tausend Göttern noch ein anderer Gott sein muß, den ihr verehren solltet.
Ich kenne diesen Gott. Wollt ihr von ihm hören?“ Daß Paulus seine Rede so beginnt, ist nicht nur Taktik und
Diplomatie (als wollte er sich bei ihnen einschmeicheln). Es ist vor allem ein
Ausdruck für die tiefe Liebe, die er zu seinen Zuhörern hat, für sein Erbarmen
mit ihnen. Er knüpft bei etwas an, was er in ihrer Lebenswelt gefunden hat, und
gibt dem einen positiven Dreh, weil er sie für Jesus gewinnen möchte.
Als nächstes fallen die Zitate von griechischen
Dichtern auf: „In ihm leben wir, bestehen wir und sind wir.“ „Er ist es, von
dem wir abstammen.“ Wenn Paulus in einer jüdischen Synagoge sprach, zitierte er
das Alte Testament. Richtig so, denken wir. So ist es bibeltreu. Aber heidnische
Denker zitieren, um ein christliches Argument zu untermauern? Darf man das überhaupt? Vermischt man da
nicht Heiliges mit Unheiligem? Das wäre ja, als würde ich zur Begründung meiner
Aussagen Goethe und Schiller anführen. Nun, vor Juden das Alte Testament zu zitieren, ist sinnvoll. Die Hörer
wissen, daß das Alte Testament Gottes Wort ist; für sie hat es absolute
Autorität. Für die Athener besaß das Alte Testament überhaupt keine Autorität.
Sie haben von diesem Buch noch nicht einmal gehört. Ihre Dichter hingegen
kennen sie. Wenn Paulus auf eine Aussage von ihnen verweist, hat das für sie
Gewicht. Es macht seine eigenen Aussagen glaubwürdiger. Und darauf kommt es ja
letztlich an.
Im Grunde genommen ahmt Paulus hier nur im kleinen
nach, was Gott im großen Stil vorgemacht hat: Er hat sich uns Menschen
offenbart, indem er unsere Sprache
benutzte, unsere Begriffe, unsere Vorstellungen. Er hat uns in unserer Denkwelt
abgeholt und hat uns mit Hilfe von unserer Sprache seine so ganz anderen
Gedanken beigebracht. Genauso macht es Paulus vor dem Areopag. Er heißt die
Vorstellungen der griechischen Dichter nicht gut. Ihm ist natürlich bewußt, daß
diese Verse nicht vom wahren Gott sprechen, sondern von dem Pseudogott Zeus.
Aber das hält ihn nicht davon ab, an diesen Aussagen anzuknüpfen, um von dort
aus eine Tür zu öffnen für die ganz andere und so viel bessere Welt des
Evangeliums.
Und noch etwas fällt auf. Bei jüdischen Zuhörern
beginnt Paulus in der Regel immer gleich mit alttestamentlichen Voraussagen auf
den Messias, und er zeigt, daß diese sich in Jesus Christus erfüllt haben. Die
heidnischen Athener würden bei diesem Verfahren nur Bahnhof verstehen. Bei
ihnen muß Paulus viel weiter ausholen, muß ganz an den Anfang der Bibel zurück
und erst einmal von der Existenz des einen allmächtigen Gottes sprechen, von
der Erschaffung und Erhaltung der Welt durch diesen Gott. Auch darin paßt sich
Paulus der Situation seiner Zuhörer an.
Gleichzeitig erreicht er damit noch etwas. Paulus
hat es ja mit philosophisch geschulten Leuten zu tun. Diesen Denkern geht es
immer ums Ganze. Irgendeine Einzelfrage plausibel klären – das wäre für sie
nicht genug. Sie wollen eine Deutung für alles, für die Entstehung der Welt,
für den Ablauf der Menschheitsgeschichte, für Sinn und Zweck von allem
Geschehen. Die griechische Götterwelt kann ihnen solch eine umfassende
Erklärung nicht liefern. Viele Philosophen haben sich daher ernüchtert von den
Göttern abgewandt. Hört einmal her, sagt Paulus, mein Gott ist die Antwort auf
eure Fragen. Der Gott, den ich euch verkünde, steht über allem und durchdringt
alles, ist Anfang und Ziel der Welt. Paulus stellt ihnen Gott als den Schöpfer
vor, als den Erhalter und Versorger, als den Herrscher, als den Richter. Er
schreitet mit ihnen die ganze Linie ab vom Anfang der Geschichte bis zu ihrer
Vollendung, den ganzen Kreis aller Länder und Völker, den ganzen
Herrschaftsbereich Gottes, seine ganze ewige Regierungszeit.
Ich glaube, es geht uns heute gar nicht so viel
anders als den Griechen damals. Wer anfängt, über sich und diese Welt
nachzudenken, der möchte Antworten auf grundlegende Fragen: Wer bin ich? Woher
komme ich? Wozu bin ich da? Was wird aus meinem Leben? Was wird aus dieser
Welt? Nach welchen Grundsätzen sollen wir handeln? Die allermeisten Menschen
haben keine Ahnung, daß die Bibel darauf sinnvolle, überzeugende Antworten
gibt. Für sie ist Christentum einfach ein Stück Religion für einen bestimmten
Winkel ihres Daseins, für besondere Zeiten und Anlässe. An Weihnachten läßt man
sich gern vom Christkind in eine selige Stimmung versetzen. An Karfreitag sieht
man sich den Mann am Kreuz an und denkt an eigenes und fremdes Leid. Bei der
Hochzeit freut man sich über den festlichen Rahmen, den die Kirche bietet, und
die erhebenden Worte, die der Pfarrer dazu liefert. Und bei der Beerdigung ist
man dankbar für die festgefügten Rituale, die einem durch die schwierigen
Augenblicke des Abschiednehmens helfen. Religion als willkommene Zugabe in
außergewöhnlichen Stunden. Aber Religion als etwas, das das gesamte Leben
umfaßt? Den Familienalltag, die Stunden im Büro oder am Fließband, die
Freizeit? Gott als jemand, der eine wirkliche Welt-Sicht hat, dessen Taten sich
über alle Völker und über die ganze Menschheitsgeschichte hin erstrecken,
dessen Worte in alle Bereiche des Daseins hineinsprechen und alles neu
gestalten wollen? Von solch einem Gott wissen die wenigsten. Da hört Religion
auf, ein triviales und letztlich überflüssiges Anhängsel zu sein. Der
christliche Glaube ist eine Basis, auf der wir das ganze Leben aufbauen können,
eine Aufgabe, die all unsere Tatkraft und Denkkraft in Anspruch nimmt,
herausfordernd, umwälzend und zutiefst befriedigend.
Eine solche Religion, einen solchen Gott gibt es nur
einmal, und das ist es, was Paulus damals den Athener anbot und was wir
Christen heutzutage unseren nichtchristlichen Mitmenschen anbieten. Etwas
anderes haben wir nicht; etwas Besseres haben
wir nicht.
Es gibt noch etwas, was mir aufgefallen ist. Aber
diesmal ist es mir nicht aufgefallen, weil es etwas Außergewöhnliches wäre,
sondern im Gegenteil, weil alle Predigten der Apostelgeschichte es gemeinsam
haben: Am Ende kommt Paulus auf Jesus Christus zu sprechen. Er verweist auf
ihn, den Gekreuzigten, den Gott von den Toten auferweckt hat und der eines Tages
über alle Menschen ein gerechtes Urteil sprechen wird.
Ob Petrus oder Paulus, Jakobus oder Stephanus – in
allen ihren Predigten geht es letzten Endes um Jesus. Ob in Jerusalem oder Rom,
in Athen oder Antiochia – überall verkünden sie Jesus. Ob vor Juden oder
Griechen, vor Sklaven oder Freien, Ungebildeten oder Gelehrten – sie kennen nur
ein Thema: Jesus. Sie können gar nicht anders. So sehr sind sie von Jesus gepackt.
So froh sind sie über ihre Beziehung zu ihm. So sehr wünschen sie sich, daß
auch andere dieses befreiende Glück erleben.
Der große westfälische Evangelist und Jugendpfarrer
Wilhelm Busch („Jesus, unser Schicksal“) erzählte einmal, wie er in einer Stadt
im Ruhrgebiet an zwei Männern vorbeikam, die da am Straßenrand standen, ihrer
Kleidung nach zu urteilen Bergleute. „‘n Tag, Herr Pastor!“ grüßt der eine.
Wilhelm Busch tritt auf ihn zu: „Kennen wir uns?“ Er lacht: „Klar kennen wir
uns. Hab Sie oft sprechen hören!“ Und dann, zu seinem Kumpel gewandt: „Das ist
der Jugendpfarrer. Ein ganz ordentlicher Mann. Nur – er hat leider einen
Vogel.“ Das geht Wilhelm Busch dann doch gegen die Ehre. Empört fragt er
zurück: „Was habe ich? Einen Vogel?“ Der Bergmann tut, als hätte er ihn nicht
gehört, und wiederholt ganz gemächlich: „Wie gesagt, ein ordentlicher Mann, nur
eben – er hat ‘nen Vogel. Er spricht immer von Jesus.“ Mit einem Schlag ist
Wilhelm Busch überglücklich. „Mann!“ ruft er. „Was Sie da sagen, das ist für
mich, als hätten Sie mir gerade einen Orden verliehen! Den Ruhm möchte ich haben: ‚Er spricht immer von Jesus!‘ Sagen Sie
mal: Kennen Sie eigentlich Jesus?“ Da wendet sich der Kumpel lachend zu seinem
Kollegen: „Siehst du, jetzt fängt er schon wieder an!“
Genauso, glaube ich, war Paulus: Ob man vom Essen
sprach oder vom Wetter, ob von der Arbeit oder von Reiseerlebnissen, ob von der
Ehe oder von Kindererziehung – am Ende kam er immer auf Jesus zu sprechen. Das
war seine Macke. Das war seine Leidenschaft. Das war sein Auftrag. Und den hat
er erfüllt. Es wäre toll, man würde das auch von mir sagen, von uns allen: Er
spricht immer von Jesus!
Zum Schluß noch kurz zu den Reaktionen auf diese
Predigt. Beim Stichwort Auferstehung brach ein großes Gelächter aus. Daß ein
toter Körper wieder lebendig wird, war für die griechischen Denker unmöglich, grotesk, widersinnig.
Alles Körperliche, Materielle war für sie minderwertig, mußte letztendlich
abgeschafft werden. (Hier haben wir wieder so einen Punkt, wo die Bibel viel
umfassender denkt: Der Körper gehört genauso zum Menschen wie seine Seele, sein
Geist. Gott hat den Körper gemacht, genauso wie die Seele, und Gott wird den
Körper erlösen, genau wie die Seele. Ein Mensch ohne Körper ist kein
vollwertiger Mensch.) Also: Die Zuhörer spotten, schicken Paulus weg. War die
Predigt deshalb ein Mißerfolg? Keineswegs! Daß sie überhaupt gehalten werden
konnte – vor diesem Publikum –, war in sich schon ein Riesenerfolg. Zumindest einmal in ihrem Leben haben die
Regierenden und die Gelehrten von Athen das Evangelium gehört. Und das ist ja
noch nicht alles. Es heißt im letzten Vers dieses Berichts: „Doch einige Leute
schlossen sich Paulus an und kamen zum Glauben.“ Denken Sie: Eine einzige
Predigt vor Leuten, denen das, was sie da hören, völlig fremd ist und die sich
wer weiß was auf ihre Intelligenz einbilden und hyperkritisch sind, und schon
entschließen sich mindestens 5 Personen, ihr Leben Jesus Christus
anzuvertrauen, darunter sogar eines der Ratsmitglieder, Dionysios, und eine
offensichtlich bedeutsame Frau, Damaris. Wenn das kein Erfolg ist!
Stellen Sie sich vor, das würde bei jedem
Sunntigsdate passieren – unsere Gemeinde hätte sich beinahe schon verdoppelt!
Aber darum können wir ja beten. Und dafür können wir etwas tun: von Jesus
reden. Mit der Waffe der Bibel im Herzen, im Kopf und im Mund.
Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Jahr. Hier
habe ich eine Jahresaufgabe für Sie und für mich: Mitmachen bei der Eroberung
der Welt durch Gottes Wort. Das Wort Gottes ist unsere Waffe, unsere einzige
Waffe, unsere stärkste Waffe.
***
„Ist mein Wort nicht wie ein loderndes Feuer? sagt
der Herr. Und ist es nicht wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ Jeremia
23,29
„Gottes Wort ist lebendig und voller Kraft. Das
schärfste beidseitig geschliffene Schwert ist nicht so scharf wie dieses Wort,
das Seele und Geist und Mark und Bein durchdringt und sich als Richter unserer
geheimsten Wünsche und Gedanken erweist.“ Hebräer 4,12