Gähnende
Abgründe: Unkeuschheit und Geiz - und wie man sie überwindet
Ein
Auszug aus dem Buch: "Geheimnisse im Gesetz und Evangelium II" Seite
299ff. von Magister Carl Olof Rosenius.
Ein
Artikel besonders für Solche, die immer in die gleiche Sünde fallen und an
ihren eigenen Bemühungen verzweifelt sind.
"So
tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit,
schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei." Kolosser
3, 5ff
Hier
werden eigentlich nur zwei Sündenwege genannt, der der Unzucht und der des
Geizes. Zwei hässliche, gähnende Abgründe, in die viele zum Himmelreich
unterwiesene, gläubige Seelen, die "recht entronnen" und "dem
Unflat der Welt entflohen waren" (2. Petrus 2, 20), wieder hinab gesunken
und verloren gegangen sind. Diese zwei Sündenwege unterscheiden sich jedoch
darin von einander, dass der erstere grob und hässlich ist und die Seelen zu beunruhigen
und zu ängstigen pflegt; den letzteren hingegen will fast kein Mensch für das
erkennen, was er ist. Über den ersteren können die Menschen bitterlich klagen
und sich ängstigen, aber über den letzteren hört man selten jemanden sorgen
oder sich beunruhigen, sondern er erhält gewöhnlich einen besseren Namen und
wird z.B. folgendermaßen entschuldigt: "Ich muss ja mich und die Meinen
versorgen, es ist kein Geiz, sondern eine notwendige
Haushaltungsfürsorge." Doch der alte Zauberer kann den Blick auch so
grässlich blenden, dass sogar die Sünde der Unzucht, die an und für sich so
grob und hässlich ist, in der Stunde der Versuchung gar nicht gefährlich,
sondern ganz unschuldig erscheinen kann. Das ist jedoch einem jeden Christen
das deutlichste Zeichen dafür, dass der Teufel nahe und die Stunde der Gefahr
vorhanden ist. Wahrlich, wenn dieselbe Sünde, die in klaren und besonnenen
Zeiten dir so schrecklich ist, dass du schon beim Gedanken daran erbebst, dir
jetzt als ein Nichts, als ganz gering und entschuldbar erscheint, dann weißt
du, dass die Stunde der Versuchung da ist, dass nur der Geist der alten
Schlange und die Macht der Finsternis deinen Blick so blenden. Dann hüte dich,
hüte dich! Dann gilt es eilig zu fliehen oder aber in die Gewalt des Feindes zu fallen! Fängst
du nur an, zu überlegen, so bist du gefangen. Dass Eva sich nur auf ein
Gespräch mit der Schlange einließ und auf die verbotene Frucht blickte, das war
der Weg zum Sündenfall. In diesem Streit siegt man mehr durch Flucht als durch
Kampf! So sollst du auch wissen, dass es der Rat des Teufels und der Betrug des
schon bestochenen Sinnes ist, dass du zwar nicht in die Sünde fallen, sondern
nur versuchen willst, wie nahe du an den Rand gehen kannst, ohne in die Tiefe
zu stürzen. Ist der Sinn gesund und wachend, dann suchst du lieber so weit wie
möglich von dem Rande wegzukommen. Hier gilt im allgemeinen, dass, wer der
Sünde entfliehen will, damit anfangen muss, die Versuchung, die Gelegenheit und
den Anlass., den ersten Gedanken und, sofern es möglich ist, Stätten und
Gegenstände zu fliehen, die eine Versuchung mit sich bringen. Hierhin gehören
die Worte Christi: "Ärgert dich dein rechtes Auge (ist es dir zur
Versuchung), so reiß es aus und wirf es von dir. Es ist dir besser, dass eins
deiner Glieder verderbe und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde
usw." (Matthäus 5, 29). Auch dem, was an und für sich unschuldig ist wie
das Auge, muss doch aus dem Wege gegangen werden, wenn es dir durch das
Hinzukommen der Sünde zur Versuchung geworden ist. Und wenn es dir so lieb ist
wie dein Auge und die Entsagung desselben so bitter, wie das Ausreißen eines
Auges ist, - fliehe es doch! Fliehe mit deiner Seele wie mit einer Beute! Es
ist dir besser, dass du während einer kurzen Zeit das Bitterste leidest und
doch deinen Gewissensfrieden in der Zeit und deine Seele für die Ewigkeit
rettest, als hier während einer kurzen Zeit Lust in der Sünde und Qual im
Gewissen und dann das Feuer der Hölle in der Ewigkeit zu haben. Aber um die
Christen zur Wachsamkeit zu erwecken, ja zum Zurückschrecken dieser Sünde in
allen ihren Teilen, vor den bloßen Gedanken und Begierden zu der groben
Ausübung, kann nichts Kräftigeres angeführt werden, als das, was 1. Korinther
6, 15-20 gelesen wird. O, ein bedenkenswertes Stück! Der Apostel redet also:
"Wisset ihr nicht, dass eure Leiber Christi Glieder sind? Sollte ich nun
die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne! - - -
Fliehet die Hurerei. Alle Sünden, die der Mensch tut, sind außer seinem Leibe;
wer aber huret, der sündigt an seinem eigenen Leibe. -
Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, Der
in euch ist, Welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer selbst? Denn ihr
seid teuer erkauft. Darum, so preiset Gott an eurem Leibe und in eurem Geiste,
welche sind Gottes." - Merke, merke dir solche Sachen! "Denn ihr seid
teuer erkauft mit dem teuren Blute Christi; ihr seid nicht euer selbst, „ so dass
ihr mit eurem Leibe und Geiste, eurem Herzen und euren Gedanken das tun
könntet, was ihr wollt. Aber glaubt ihr an Christum, so sind eure Leiber auch
ein Tempel des Heiligen Geistes. Wie heimlich, ja wie unmöglich es auch
scheint, dass der Geist Gottes in euch wohnen solle, so ist es doch so wahr, wie
Gott wahrhaftig ist: "Denn wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht
Sein" (Römer 8, 9). Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und
Hurenglieder daraus machen? - - Wie es auch 1. Korinther 3, 16-17 steht:
"Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in
euch wohnet? So jemand den Tempel Gottes verderbet, den wird Gott verderben;
denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr."
Aber
diese Sünde pflegt am meisten durch Verzweiflung zu töten. Dass sie unheimlich
ist, das kann man lernen und glauben; aber dass sie vergeben, mit dem Blut
Christi ausgelöscht ist, so dass sie mir nie zugerechnet wird, sondern dass ich
noch Gottes geliebtes Kind und der Tempel des Heiligen Geistes bin, obwohl ich
nicht ganz rein bin, das zu glauben, ist eine allzu schwere Kunst. Daher kommt
es, dass viele hier in Verzweiflung enden. Sie gehen zuerst und tragen in aller
Stille die Sünde und das Gericht, während sie auf den Sieg warten, und wollen
erst dann glauben. Da aber auf diese Weise keine Kraft gewonnen wird, so sinken
sie tiefer in die Sünde - und dadurch tiefer und tiefer in Verzweiflung, - und
dann arbeiten sie eine Zeitlang wie ein Ertrinkender, der im Wasser arbeitet
und kämpft, aber mehr und mehr sinkt, einige Male wieder auftaucht, aber wieder
sinkt, bis er endlich nie mehr heraufkommt. So geht es hier. Wenn man viele
Male Vergebung erhalten hat, aber wieder dieselbe Sünde bei sich findet, dann
wird es viel zu ungereimt, wieder zu glauben. Nein, unmöglich; ich bin von Gott
in einen verkehrten Sinn dahingegeben, ich bin verloren usw. Wer darum recht
von dieser Sünde angegriffen wird, muss eine wundersame Kunst gelernt haben,
einen ganz törichten Glauben (für die Vernunft töricht), ja einen unglaublich
hartnäckigen Glauben, wenn er errettet werden soll. Denn, nachdem du alle
Regeln probiert hast, wirst du schließlich lernen, dass keine Regel, keine
Wachsamkeit, kein Abscheu, kein Gebet und Streit hier helfen, sondern nur der
wundersame Glaube, der mitten in der Sünde dem erzürnten Gott in die Arme
fliehen und Ihn nur durch das Versöhnungsblut einnehmen und überwinden kann.
Oder noch mehr. Wenn du richtig glauben kannst, dass die Sünde, wie schwer sie
auch sein möge, doch von dir genommen und auf das Lamm geworfen worden ist, dass
dieselben Sünden, die du jetzt mit Angst bei dir siehst, dennoch nicht auf dir
liegen, sondern auf den Rücken Christi gelegt sind, - beachte, wenn es nicht
nur ein armes, menschliches Bemühen ist, zu glauben, sondern wenn dies wirklich
dein großer und seliger Trost geworden ist, - dann ist nichts mächtiger als
dieses, um die Ketten des Teufels zu durchbrechen und dich frei zu machen. Nur
"Freude am Herrn ist eure Stärke." Nun aber, um einen solchen Glauben
und eine solche Freude am Herrn zu erhalten, dazu hilft nicht nur, glauben zu
wollen, sondern hier müssen die Mittel angewendet werden, das Wort des
Evangeliums, vertrauliches Bekennen, die Fürbitte der Brüder, das Abendmahl
sowie Gebet zu Gott um die Gabe des Glaubens. Denn du wirst auch lernen, dass
nicht einmal alle Mittel und Beobachtungen helfen, sondern dass deine ganze
Errettung schließlich von Gottes bloßer Barmherzigkeit abhängt. Ja, wahrlich - und,
dass wir dies tiefer lernen, tiefer gedemütigt werden und tiefer lernen
möchten, den Herrn zu fürchten, ist gerade eine Hauptursache, weshalb Gott so
viel Elend zulässt, so manchem mächtigen Teufel gestattet, uns anzugreifen, -
wahrlich, hier hilft schließlich nur die Barmherzigkeit des Herrn (2. Korinther
12, 7-10).