Das Wort Zuhause
klingt mir immer wie Poesie, wie Glockengeläut am Hochzeitstag – nur dass es
noch sanfter und angenehmer tönt und mir noch tiefer zu Herzen geht. Ist das
Zuhause eine Hütte mit Strohdach oder ein Herrenhaus – das macht nichts aus.
Das Zuhause ist immer das Zuhause, mag es auch noch so einfach sein. Und kein
Ort auf Erden lässt sich damit vergleichen. Jeder Vogel hat sein Nest lieb. Die
Eule hält die alte Ruine für den schönsten Ort unter dem Mond, und der Fuchs
ist der Ansicht, dass sein Bau im Hügel ein sehr behaglicher Platz sei. Wenn
meines Herrn Schimmel weiß, dass es nach Hause geht, so bedarf es der Peitsche
nicht mehr, er fällt von alleine in Trab. Und ich bin ganz der gleichen
Meinung, denn der Weg nach Hause ist stets die beste Straße im ganzen Land. Mir
ist der Rauch aus meinem eigenen Schornstein immer lieber als das Feuer auf
anderer Leute Herd. Es ist immer besonders schön anzusehen, wenn er sich so
unter den Bäumen kräuselt und langsam nach oben steigt. Kalte Kartoffeln
schmecken mir an meinem eigenen Tisch besser als Braten an eines Nachbarn
Tafel, und kein Rosenstrauch duftet so schön wie der vor meiner eigenen Tür.
Wird man eingeladen, so wird man oft sehr freundlich bewirtet, aber das Zuhause
ist es nicht. „Fühlen Sie sich wie zu Hause“, so spricht man dann, weil jeder
weiß, zu Hause sein bedeutet sich wohlfühlen.
„Ost, West –
Hus best“
sagen die Holländer.
Und mit Recht, denn zu Hause ist man eben zu Hause, und was braucht man mehr?
Niemand nimmt es einem da übel, wenn man einen guten Appetit hat, und des
Nachts braucht man, sich nicht zu fürchten, in ein feuchtes Bett gesteckt zu
werden. Sicher wie in einem Schloss, wie ein König in seinem Palast fühlt der
Mensch sich da und braucht nicht zu fürchten, dass man ihn deswegen für stolz
hält. Jeder Hahn kräht auf seinem Dunghaufen, und ein Hund ist ein Löwe, wenn
er auf seinem eigenen Hof ist. Zu Hause braucht man nicht jedes Wort abzuwägen,
weil ein Gegner aufpasst; hier braucht man das Herz nicht unter Schloss und
Riegel zu halten; sondern, sobald die Tür geschlossen ist, atmet man
Freiheitsluft, und niemand guckt und spioniert umher. Ich weiß, es gibt manche
herrlichen Aussichtsplätze in unserem Land, die nicht zu verachten sind. Ich
kenne aber etwas, was alle berühmten Sehenswürdigkeiten an wahrer Schönheit
weit übertrifft, und das ist ein Blick in des Pflüger Hans' Hütte hinein, wenn
der Kessel auf dem Herd kocht und dabei wie ein sündlos gebliebener schwarzer
Engel singt, während die Katze vor dem Herd liegt und schläft, die Frau strickt
und die Kleinen wie junge Lämmer im Zimmer umhertollen. Merkwürdig, dass unsere
Kinder die hübschesten Kinder sind, die es gibt. Sie wiegen immer ein bis zwei
Pfund mehr als andere Kinder ihres Alters, und doch wird man nie müde, wenn man
sie umherträgt und mit ihnen spielt. Ich wette, meine Frau würde es nicht die
Hälfte der Zeit aushalten, wenn sie auf des Nachbars Kinder zu achten hätte;
aber ihre eigenen Kinder scheinen sie gar nicht müde zu machen – was, wie ich
glaube, schon daher kommt, dass sie im elterlichen Haus geboren sind. Aber so
ist es mit allem anderen auch: Unsere Straße ist im weiten Umkreis die
schönste, und unser Garten ist ein wahres Paradies, aus keinem anderen Grund
als dem sehr guten, dass er eben zu unserem Haus gehört.
Ich kann nicht
begreifen, warum so viele Leute ihre Abende im Wirtshaus zubringen, während
ihnen doch ihr eigener Herd einen viel besseren und dazu noch viel billigeren
Aufenthalt bietet. Aber da sitzen sie stundenlang vor dem Glas und reden Unsinn
und vergessen dabei total ihre Lieben zu Hause, die halbtot sind vor Müdigkeit
und Sehnsucht, nach ihnen! Ihr Geld füllt dem Gastwirt den Beutel, während es
doch der Frau und den Kindern zugute kommen sollte. Was aber das Bier betrifft,
das sie dafür kriegen, so ist das reine Narrenmilch, in der sie ihren gesunden
Verstand ertränken. Die vielen Wirtshäuser sind der Fluch unseres Landes. Sie
sind zu nichts gut, und das Böse, das sie anrichten, kann kein Mund
aussprechen. Ich wünschte: Wer ihnen eine gesetzliche Lizenz gegeben hat,
müsste verpflichtet sein, alle die Familien zu erhalten, die sie zugrunde
gerichtet haben. Die Wirtshäuser sind Feinde des häuslichen Lebens. Sie müssten
verboten werden, je schneller, desto besser. Arme Leute brauchen solche Orte
nicht, und die Reichen erst recht nicht. Alles, was das Haus zerstört, ist ein
Fluch.
Der Mann sollte
danach streben, sein Haus zu einer glücklichen und heiligen Stätte zu machen.
Das ist ein schlechter Vogel, der sein eigenes Netz beschmutzt, und ein
schlechter Mann, der sein eigenes Haus unglücklich macht. Unser Haus sollte
eine Kirche sein, über deren Tür geschrieben steht: „Heilig dem Herrn“; aber
kein Gefängnis, in dem es zwar viele Gesetze und Regeln, aber wenig Liebe und
kein Vergnügen gibt. Das Eheleben ist zwar nicht lauter Zucker, jedoch werden
die meisten Widrigkeiten verschwinden, wenn das Herz unter dem Einfluss der
Gnade steht. Gottseligkeit und Liebe können einen Menschen dahin bringen, dass
er wie ein Vogel in der Hecke auch unter Stacheln und Dornen singt und dabei
noch andere zum Singen ermuntert. Ein Mann sollte seine Freude darin finden,
seiner Frau Freude zu machen, und die Sorge der Frau sollte es sein, für ihren
Mann zu sorgen. Wenn Mann und Frau gegeneinander freundlich sind, sind sie
gegen sich selber freundlich.
Ich fürchte, einige
Leute machen das eigene Ich zum Maßstab ihres Verhaltens; ist das der Fall, so
wird das häusliche Glück zu einer leeren Einbildung. Wenn Mann und Frau an
einem Strang ziehen, wie leicht wird ihnen dann ihre Last! Zwei Menschen bilden
ein Paar, sind aber darum nicht immer gut gepaart, und das ist sehr schade. In
einem rechten Zuhause dreht sich der Streit nur darum, wer am meisten zum Glück
der Familie beitragen kann. Das Haus sollte ein Bethel, aber kein Babel sein.
Der Mann sollte der Grundstein des Hauses sein, der alles trägt, aber kein
Mühlstein, der alles zerdrückt. Harte und herrschsüchtige Ehemänner sollten
sich wenigstens nicht Christen nennen, denn sie handeln im direkten Gegensatz
zum Gesetz Christi.
Doch muss ein Haus
auch in guter Ordnung gehalten werden, sonst wird es ein Tollhaus und ein
Ärgernis fürs ganze Kirchspiel. Wenn der Vater die Zügel aus der Hand gibt,
wird der Familienwagen bald im Graben liegen. Eine weise Verbindung von Liebe
und Festigkeit wird am besten wirken, aber weder Härte noch Milde allein werden
das Haus in guter Ordnung erhalten. Ein Haus, in dem die Kinder nicht gehorsam
sind, ist kein Zuhause. Glücklich, wer bei seinen Kindern glücklich ist, und
glücklich sind die Kinder, die bei ihrem Vater glücklich sind. Nicht alle Väter
besitzen Weisheit. Einige gleichen dem Eli und verziehen ihre Kinder. Wer
seinen Kindern nie wehe tun will, wird sich selbst ein Weh aus ihnen bereiten.
Salomo sagt: „Züchtige deinen Sohn, so wird er dir Freude machen und deine
Seele erquicken“ (Sprüche 29,17). Gibt es in unserer Zeit wirklich weisere
Leute als es Salomo war, obwohl einige diese Ansicht von sich zu haben scheinen.
Junge Füllen müssen zugeritten werden, oder es werden wilde Pferde aus ihnen
werden. Einige Väter sind ganz Feuer und Flamme und geraten über den geringsten
Fehler in Zorn; das ist aber noch schlimmer als der Mangel an Ernst und macht
das Haus, das ein kleiner Himmel sein sollte, zu einer kleinen Hölle. Zu wenig
Wind gibt dem Müller Feiertage, aber zu viel Wind wirft die ganze Mühle um.
Menschen, die in Wut losschlagen, verfehlen meistens ihr Ziel. Wenn Gott uns
hilft, die Zügel fest in der Hand zu halten, ohne dabei die Mäuler der Pferde
zu verletzen, dann geht es gut. Wenn das Haus dem Wort Gottes gemäß regiert
wird, so könnten wir Engel einladen und sie würden sich darin zu Hause fühlen.
Die Frauen sollten
erkennen, dass das Haus ihr Ort und ihr Königreich ist, dessen Glückseligkeit
hauptsächlich von ihnen abhängt. Es ist ein böses Weib, die ihren Mann mit
ihrer spitzen Zunge aus dem Haus treibt. Neulich sagte ein Mann zu seiner Frau:
„Wickle deine Peitsche auf“, womit er sagen wollte: „Sei stille!“ Es ist ein
elendes Leben, wenn man immer solcher Peitsche ausgesetzt ist. Man sagt, als
Gott dem Menschen zehn Maß Rede spendete, seien die Frauen mit neun Maß
davongelaufen. Ich fürchte, diese Darstellung ist in einigen Fällen nur zu
wahr. Eine schlampige und schwatzhafte Frau kann ihren Mann ins Tollhaus
bringen, und wenn er dann des Abends ins Wirtshaus geht, so ist sie schuld
daran. Es ist ein jammervolles Leben, wenn die Frau, anstatt ihren Gatten zu
achten und zu ehren, immer mit ihm zankt und tobt. Es ist ein wahres Glück,
wenn solche Frauen heiser werden. Schade, dass sie nicht ebenso viele Blasen
auf der Zunge wie Zähne im Munde haben. Gott erlöse uns von allen Frauen,
welche Engel auf der Straße, Heilige in der Kirche und Teufel im Hause sind! Ich
habe dieses bittere Kraut nie gekostet, aber ich bemitleide diejenigen aus
tiefstem Herzensgrund, die diese Kost alle Tage ihres Lebens zu genießen haben.
Zeigt mir einen liebevollen Gatten, eine treue Frau und artige Kinder, und ich
bin gewiss, dass ich nirgendwo einen angenehmeren Anblick finden würde, wo auch
immer ich ein Jahr lang suchen wollte. Das Zuhause ist die großartigste von
allen Institutionen. Sprecht mir noch so viel vom Parlament – mein kleines,
stilles Haus ist mir lieber. Was alles in der Verfassung des Landes
gewährleistet sein mag, kann ich nicht recht sagen; steht aber ein ruhiges Heim
für jedermann darin, dann lasse ich sie dreimal hochleben.
Wenn ich keine Heimat
hätte, so würde mir die Welt wie ein großes Gefängnis vorkommen. Viele meiner
Freunde sind ausgewandert und haben sich in Amerika oder gar in Australien ein
neues Zuhause gegründet. An einem rollenden Stein setzt sich bekanntlich kein
Moos an. Möge es ihnen besser ergehen! Solange sie daheim waren, ging es ihnen
freilich wie der Henne, die keine Gerste bekommt, wenn sie sitzt und brütet. In
diesen schlechten Zeiten wachsen einem Menschen freilich die Flügel. Ich bin
aber mit dem Bein an mein Haus gebunden und gedenke, will's Gott, unter meinen
Landsleuten zu sterben.