Selbst böse Menschen
lieben diejenigen, die entschieden und eindeutig handeln. Diebe haben am
liebsten mit ehrlichen Leuten zu tun, weil sie diese am besten betrügen können.
Wer sich mannhaft verhält, hat wenigstens eine gute Seite. Wer aber mit den
Wölfen heult und mit den Schafen blökt, wird von niemand gern gesehen, es sei
denn vom Teufel. Zwei Gesichter unter einem Hut haben, ist trotzdem keine ungewöhnliche
Erscheinung. Viele sehen so aus, als ob die Butter in ihrem Mund gefrieren
müsste, und können doch Feuer speien, wenn es ihrem Zweck entspricht. Ich las
neulich in der Zeitung von Röcken, die man auch umgewendet tragen könne; der
Schneider, der sie anbietet, wird gewiss sein Glück damit machen. Es mit dem
Hasen halten und mit den Hunden laufen ist auch jetzt noch Mode.
Entschiedenheit und Festigkeit ist so selten in der Welt anzutreffen wie
Wohlgeruch in der Hundehütte.
Man kann einigen
Menschen so weit trauen, wie man sie mit den Augen verfolgen kann, aber nicht
weiter; denn neue Gesellschaft macht auch neue Menschen aus ihnen. Wie Wasser
kochen oder gefrieren sie, je nachdem, wie die Temperatur ist. Einige verhalten
sich deshalb so, weil sie gar keine eigene Überzeugung haben. Sie
vertreten die Richtung der Wetterfahne und drehen sich mit dem Wind. Ihre
Meinung zu ermitteln ist ebenso leicht, wie am wechselnden Mond für einen Anzug
Maß zu nehmen. Sie glauben an das, was sich am besten bezahlt macht. Ihre Mühle
mahlt jedes Getreide, das man zu ihr bringt, wenn nur das bare Geld nicht
ausbleibt. Und es passt ihnen jeder Wind: Nord, Süd, Ost, West, Nordost,
Nordwest, Südost, Südwest, Nord-Nord-Ost, Süd-Süd-West und jeder andere, der in
der Welt weht. Wie Frösche können sie auf dem Lande oder im Wasser leben, und
es macht ihnen sehr wenig aus, ob hier oder da. Wie Katzen fallen sie immer auf
ihre Füße, und sie bleiben überall, wo man ihnen Butter aufs Brot streicht. Sie
lieben ihre Freunde, aber ihre Liebe wohnt im Brotschrank, und wenn der leer
ist, so läuft ihre Liebe wie eine Maus nach einer anderen Schublade fort. Sie
sagen: „Dich sollte ich verlassen, mein teures Mädchen? Nein, ich bleibe bei
dir, solange du noch einen Pfennig im Kasten hast.“ Aber wie schnell machen sie
sich aus dem Staube, wenn es schlimm damit aussieht! Wie die Ratten verlassen
sie das Schiff, ehe es sinkt. Ihr Herz ist beim Pudding. Solange der Topf
kocht, sitzen sie beim Feuer, wenn aber die Schüssel leer ist, so spielen sie
Drehdichherum. Sie halten's immer mit dem Pferd, das in der Rennbahn siegt. Sie
ziehen jeden Rock an, den man ihnen zu tragen gibt. Wer aber einen Pfennig für
sie gibt, hat sein Geld weggeworfen. Der Profit ist ihr Gott, und Geld ist
ihnen immer süß, ob sie es an dir verdienen oder an deinem Feind. Kopf sein
oder Schwanz ist ihnen gleich, wenn sie nur dabei gewinnen. Hauptstraße oder
Nebenweg, das macht für sie keinen Unterschied, wenn sie nur mit dem Brot im
Korbe nach Hause kommen können. Sie sind gute Freunde der Gans, essen aber auch
ebenso gern das Gänseklein. Wenn das Wasser nur ihre Mühlenräder treibt, so
kann es ruhig schmutzig sein. Andere sind so veränderlich, weil ihnen
verzweifelt viel an guter Kameradschaft liegt. Wer ihnen Gesellschaft leisten
will, ist ihnen recht, sei er ein Reisender oder ein Wegelagerer. Sie sind von
Natur so gutmütig, dass es ihnen eine Notwendigkeit ist, mit jedermann
übereinzustimmen. Sie sind Vettern von Herrn Irgendetwas. Ihr Gehirn ist in den
Köpfen anderer Leute. Wenn sie in Rom wären, würden sie dem Papst die Pantoffel
küssen, wenn sie aber daheim
sind, so rufen sie, bis sie heiser werden: Nieder mit der Priesterherrschaft!
Sie gehen mit der Zeit in der Hoffnung, dass die Zeit mit ihnen gehen werde.
Sie gehören zu der Partei, mit der gelben Farbe, aber nicht im Knopfloch,
sondern auf der Innenfläche der Hand. Zieht man sie nur am Strick, so kann man
sie auch läuten wie Glocken, wozu man will, zum Begräbnis oder zur Hochzeit.
„Komm zur Kirche“ hören sie ebenso gern wie „Geh zum Teufel“. Sie haben kein
Rückgrat, man kann sie biegen wie Weidenruten, rückwärts oder vorwärts, wie man
will. Sie sind wie Austern: Wer sie aufmacht, kann sie auch wegwerfen. Sie sind
dir wohlgesonnen und deinem Feind. Sie sind heiß und kalt. Sie wollen es beiden
Seiten recht machen und verdienen auch, von beiden Parteien mit den Füßen
getreten zu werden wie ein Fußball.
Einige sind Heuchler
von Natur aus – glatt wie ein Aal und scheckig wie des Barons Stute. Wie ein
Betrunkener können sie nicht gerade stehen, wenn sie es auch möchten. Sie
winden sich rechts und links wie eine Landstraße. Kartenmischen ist ihr
Lieblingsgeschäft und Ehrlichkeit ihr größter Abscheu. Honig ist auf ihrer
Zunge, aber Galle in ihrem Herzen. Wie Katzenfüße lassen sie eine weiche Pfote
sehen und tragen scharfe Krallen darunter. Wenn es gleichen Nutzen brächte, die
Wahrheit zu sagen oder zu lügen, so würden sie doch naturgemäß die Lüge
vorziehen, denn die ist mehr nach ihrem Geschmack, wie der Schmutz dem Schwein.
Sie schmeicheln und schwänzeln und kriechen und kratzfüßeln und sind den
Schnecken gleich, die sich mit Hilfe ihres Schleimes fortbewegen; dabei aber
hassen sie dich in ihrem Herzen und warten nur auf eine gute Gelegenheit, dir
den Dolch ins Herz zu stoßen. Nimm dich vor denen in acht, die aus der Stadt
Trugheim kommen. Herr Nachbeidenseiten, Herr Schönrede und Herr Zweizunge sind
Nachbarn, die am besten in einiger Entfernung wohnen. Sie sind wie Ruderer, die
in die eine Richtung blicken und in die andere fahren. Sie sind falsch wie die
Versprechungen des Teufels und grausam wie der Tod und das Grab.
Fromme Betrüger
gehören zum Schlimmsten und sind doch, fürchte ich, so zahlreich wie Ratten in
einem alten Weizenhaufen. Sie sind wie eine versilberte Nadel – von außen
blank, von innen trübe. Sie decken ihre schwarze Haut mit weißen Federn zu.
Sonntag und Montag sind bei ihnen sehr verschiedene Tage. Sie haben die Furcht
vor dem Prediger bedeutend mehr vor Augen als die Furcht vor Gott. Ihre
Frömmigkeit besteht im Nachäffen der Frommen, das Wesen der Sache haben sie
nicht in sich. Sie tragen das Gesangbuch in der Tasche und singen dabei
Schelmenlieder. Das beste, was sie an sich haben, ist ihr Sonntagsrock; je
näher man aber ihrem Herzen kommt, desto mehr Schmutz findet man. Schwatzen
können sie wie Papageien, aber ihr Wort und ihr Wandel stimmen nicht überein.
Einige meinen dadurch Kunden zu ergattern, und einige fromme Redensarten sind
eine billige Reklame fürs Geschäft. Ihr Geschäft aber ist ihnen nicht ein
Gottesdienst, sondern sie machen aus ihrem Gottesdienst ein Geschäft. Andere,
von der ärmeren Sorte, gehen zur Kirche wegen der Suppe, des Brotes und der
Holzmarken. Sie lieben die Kirchengemeinschaft wegen des Armengeldes. Die
liebe, alte Frau Wohlbeleibt, kann einen segensreichen Platz im Hospital
gebrauchen; daher ist sie auch, wie sie sagt, immer so gesegnet durch die
segensreichen Predigten, die sie jeden gesegneten Sonntag aus dem Segensmunde
des Pastors vernimmt. Mag es mit dem Glauben solcher Leute sonderbar bestellt sein
– Liebeswerke sind ihnen ganz recht. Sie wissen, wie man's anzufangen hat, dass
man Butter aufs Brot bekommt.
Andere tragen eine
fromme Außenseite zur Schau, um ihr Gewissen dadurch zu beschwichtigen; sie
legen sie als Pflaster auf ihre Wunden – und wenn sie damit den Himmel so
leicht zufrieden stellen könnten, wie sich selber, so stände es sehr gut um
sie. Habe ich doch Leute kennen gelernt, die einen erstaunlichen Eifer fürs
Christentum an den Tag legten, und die es doch, soweit ich sehen konnte, nur
deswegen taten, damit man recht groß von ihnen denken sollte. Sie sammelten
einen kleinen Kreis von Freunden um sich, die mit Bewunderung auf ihre Reden
hörten und denen alles reines Evangelium war, was sie auch zu sagen beliebten.
Ob der Prediger etwas taugte, darüber stand ihnen die Entscheidung zu. In den
schwierigsten Dingen wussten sie Bescheid, und sie hatten ein Fässchen ganz
vorzüglichen geistlichen Portweins für solche in ihrem Keller liegen, die etwas
Kräftiges liebten. Aber, o weh! wenn sie sich doch dazu hätten herablassen
wollten, auch im Leben ein wenig Christentum an den Tag zu legen, ein wie viel
volleres Gewicht würden dann ihre Reden gehabt haben! Diese Leute sind wie die
Eulen, die wie große Vögel aussehen und es doch nicht sind, weil sie zumeist
aus Federn bestehen. Und sie sehen auch erstaunlich weise aus im Zwielicht wenn
es, aber Tag wird, so werden sie als richtige Tölpel offenbar.
Wer sich mit
Heuchlern dieser oder jener Art einlässt, wird die Folgen zu tragen haben. Wer
versucht, den Herrn zu betrügen, wird auch gern bereit sein, seine Mitmenschen
zu betrügen. Wo viel Geschrei ist, da ist meistens wenig Wolle. Mancher
Schornstein ist so groß, dass man viel Speck und Schinken in ihm zu finden
hofft; schaut man aber hinauf, so sieht man oft nichts als leere Haken und
schwarzen Ruß. Die Windmühlen einiger Leute sind bloße Nussknacker. – Nicht
alle, die in die Kirche oder in die Versammlung gehen, beten auch im Geist und
in der Wahrheit an. Die am lautesten singen, sind es nicht immer, die Gott am
meisten loben. Und die die längsten Gesichter machen, sind nicht immer die, die
vom größten Ernst erfüllt sind.
Besser ein toter Hund
als ein lebendiger Heuchler. In der Tat, wenn der Teufel die Heuchler in ihrem
Wesen beobachtet, muss er eine wahre Herzensfreude an ihnen haben. Echte
Christen versucht er, aber diese Leute lässt er unbehelligt, denn er weiß, sie
sind ihm gewiss. Lahme Enten braucht er nicht erst zu schießen, sein Hund kann
sie zu jeder Zeit auflesen.
Verlasst euch drauf,
meine Freunde, wenn eine gerade Linie nicht zum Ziele führt, so wird es eine
krumme erst recht nicht tun. Was durch Schwindeln erstanden wird, ist ein sehr
gefährlicher Gewinn. Eine Maske tragen mag einen augenblicklichen Frieden
verschaffen, aber Betrügerei wird sich an sich selber rächen und Schmerzen zur
Folge haben. Ehrlichkeit ist die beste Politik. Wenn es mit dem Fell des Bären
nicht geht, so versucht es ja nicht mit dem des Fuchses. Seid zuverlässig wie
Stahl. Lasst euer Gesicht und eure Hände wie Zifferblatt und Zeiger einer Uhr
immer angeben, was innerlich vorgeht. Lasst euch lieber wegen Offenherzigkeit
auslachen als wegen Schlauheit rühmen. Offenheit mag uns in Verlegenheit
bringen, ist aber besser als List. Die Aufrichtigen werden am letzten Tage
ihren Lohn empfangen; ein Arglistiger aber kann ebenso wenig in den Himmel
kommen, wie einer, der unter jedem Arm einen Mühlstein trägt, über den
Atlantischen Ozean schwimmen kann.