Die Adventisten

 

 

Infolge des Artikels: Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen: Ein Werk Gottes? (vgl. Philadelphia, Kreuz und Reich Nr.5/1996, S.4-12) erreichte uns die Bitte, auch die dort nicht weiter dargestellte Gemeinschaft der Siebten-Tags-Adventisten zu beschreiben. Dieser Bitte kommen wir mit folgendem Artikel nach:

Sehr geehrte Familie E.! Haben Sie ganz herzlichen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Adventisten, die in meinem Artikel über die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen bei der Behandlung aus Platzgründen zu kurz gekommen sind. Ihrem Wunsch nach einer ausführlicheren Darstellung möchte ich nun nach kommen. Da auch diese Darstellung nur zusammenfassend sein kann, verweise ich auf das Werk von Kurt Hutten: Seher, Grübler, Enthusiasten (Stuttgart: Quell Verlag, S.35-79). Bei diesem Buch handelt es sich um ein Standartwerk in Fragen Sekten und Sondergemeinschaften, und deshalb steht es bei vielen Pfarrern, Pastoren und Predigern in der Privatbibliothek und kann dort sicherlich ausgeliehen werden. Auf diese Möglichkeit möchte ich besonders für diejenigen hinweisen, die noch mehr wissen möchten.

 

A. Entstehung und Entwicklung der Siebten-Tags-Adventisten

1. William Miller (1782-1849)

 

Das Aufkommen der Siebten-Tags-Adventisten geht zurück in die Zeit der großen Erweckungen des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika. Am 25. Februar 1782 wurde William Miller als ältestes von 16 Kindern in Pittsfield (Mass.) geboren. Im Laufe der Jahre wandte er sich dem Rationalismus und dem Gedankengut der Aufklärung zu. Sein Onkel war Prediger in einer Baptistengemeinde. Wenn dieser auswärts predigen musste, schrieb er seine Predigt vorher nieder und ließ sie sonntags in der Heimatgemeinde von William vorlesen. Bei einer dieser Predigten über Jesaja 53, den leidenden Gottesknecht, kam William zum Glauben an Jesus: „Gott öffnete mir die Augen durch seinen Heiligen Geist. Ich sah Jesus als einen Freund, als meine einzige Hilfe“ (Sylvester Bliss, Memoirs of William Miller. Boston 1853, S.14, zitiert bei Kurt Hutten, Seher, Grübler, Enthusiasten, S.36). Das war im Jahr 1816.

In der Folgezeit studierte Miller die Bibel zwei Jahre lang ganz intensiv, ohne irgend welche Auslegungen oder Kommentare zu benutzen. Er nahm nur eine Konkordanz zu Hilfe und wollte ohne Fremdbeeinflussung die Wahrheit kennen lernen. Der Prophetie galt sein besonderes Interesse, und so kam er auch an Daniel 8, 14: „Bis zweitaussenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden.“ Miller kam dahin, dass er anfing zu rechnen, wann Jesus wiederkommen würde. Die 2.300 Abende und Morgen fasste er als Jahre auf und verband sie mit den 70 Wochen = 490 Jahre aus Daniel 9, 24. Er forschte nach dem Datum, wann Artaxerxes den Befehl zum Wiederaufbau Jerusalems gegeben hatte und kam auf das Jahr 457 v. Chr. Dem rechnete er 2.300 Jahre hinzu und kam durch verschiedene weitere Überlegungen und Berechnungen schlussendlich auf das Jahr 1843, an dem Jesus Christus sichtbar wiederkommen und das Heiligtum reinigen würde. Genau meinte er, Jesus müsste zwischen dem 21. März 1843 und dem 21. März 1844 wiederkommen.

Eine mächtige Bewegung entstand, der sich unzählige Prediger aus den verschiedensten Denominationen anschlossen (mit der Zeit waren es 1.200 bis 1.500). Die Leute strömten in Scharen herbei, um die Botschaft vom zweiten Advent, der Wiederkunft Christi, zu hören. Man begann ab 1842 mit Zeltversammlungen, zu denen manchmal 10.000 und mehr Menschen zusammen kamen. Mit großem Ernst wurde Buße und der baldige Anbruch des Reiches Gottes gepredigt. Dadurch wurde buchstäblich eine ganze Nation erschüttert. Man hielt an der alleinigen Bindung an die Heilige Schrift streng fest und warnte entschieden vor Unnüchternheit, Visionen, Träumen und sonstigen außerbiblischen Offenbarungen. Die Sache hatte nur einen Haken: Die kritische Zeit und das vorausberechnete Jahr kam und verstrich, und die Wiederkunft Jesu Christi blieb aus! Die Enttäuschung bei vielen Gläubigen war riesengroß! Einer von ihnen, Joshua Himes, gab ein Bild von der Niedergeschlagenheit: „Ich verließ die Versammlung und weinte wie ein Kind. Die Zeit war vergangen, und der ersehnte Herr war nicht gekommen...“ (Hutten, S.41). Der Spott der ungläubigen Welt war genau so groß. Schließlich hatte mancher Hab und Gut an die Armen weg gegeben, seinen Laden geschlossen oder die Ernte nicht eingebracht und kam so selbst in große Not.

 

Welche Lehre ist daraus zu ziehen?

 

Zur Rettung von Millers Ehre muss an dieser Stelle gesagt werden, dass er sich nach dem falsch berechneten Datum für die Wiederkunft Christi aus der Bewegung zurück zog. Dies hätte eigentlich ihr Ende im bisherigen Stil sein müssen, doch die Entwicklung ging weiter, ja, die Bewegung nahm sogar nach dem Jahr 1844 noch zu.

Uns muss das heute eine eindringliche Mahnung sein, die Zeit des zweiten Kommens Christi nicht meinen, ausrechnen zu können. War es zur Zeit Millers erst der Beginn, dass man sich tiefergehend mit der biblischen Prophetie auseinander setzte, so mag der große Irrtum in mancher Hinsicht verzeihlich sein. Wenn dann aber später lustig weiter berechnet wurde und die 30 Jahre nach diesen Ereignissen entstandenen Zeugen Jehovas z. B. als Datum der Wiederkunft Jesu zuerst das Jahr 1914, dann 1925 und schließlich 1975 angaben und wenn J. G. Bischoff, der Stammapostel der Neuapostolischen, 1951 in großer Überheblichkeit feierlich verkündigte, Christus werde noch zu seinen Lebzeiten wiederkommen, dann ist das nicht mehr verzeihlich! Nein und nochmals nein! Bischoff starb am 6. Juli 1960, ohne dass Christus wiedergekommen ist. Das einzige, was der Mensch aus der Geschichte zu lernen scheint, ist, dass er eben nichts daraus lernt.

Hatte nicht Jesus gesagt: „Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat“ (Apostelgeschichte 1, 7)? Hatte er den Seinen nicht eindringlich eingeschärft: „Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater“ (Matthäus 24, 36)? Warum glauben wir der Schrift denn nicht? Warum meinen wir in unserem Wahn, es besser zu wissen? So etwas ist ein untrügliches Kennzeichen für Sektiererei!

 

2. Ellen Gould White (1827-1915)

 

Was mit einem Lehrirrtum begann, nahm bald sektiererische Züge an. Nach durchwachter Nacht hatte Hiram Edson in der Frühe des 23. Oktober 1844 eine Vision: Er sah, wie der Hohepriester Jesus nach den 2.300 Abenden und Morgen aus Daniel 8, 14 in das Allerheiligste im Himmel ging, anstatt auf die Erde zurück zu kommen. Unter Zuhilfenahme des Hebräerbriefes und alttestamentlicher Stellen wurde von nun an gelehrt, Jesus habe 1844 das Allerheiligste im Himmel betreten, um es zu reinigen und würde erst später sichtbar auf die Erde zurück kommen. Dann trat eine prophetisch begabte Frau, Ellen G. White, auf den Plan. Sie wurde zu einer der wichtigsten Figuren der Siebten-Tags-Adventisten überhaupt.

 

Der Sabbat

 

Am 3. April 1847 hatte sie eine Vision, mit der sie die Lehre vom himmlischen Heiligtum bestätigte. Sie sah eine goldene Lade im Heiligtum und die zehn Gebote auf steinernen Tafeln. „Das Sabbatgebot trat besonders hervor... Ein leuchtender Ring umgab das Gebot... Ich sah, dass Gott den Sabbat nicht verändert hat. Aber das Papsttum hat ihn vom siebenten auf den ersten Tag verändert, denn es änderte Zeit und Gesetz... Ich sah, dass der heilige Sabbat die trennende Mauer zwischen dem wahren Israel Gottes und den Ungläubigen ist und sein wird, und dass der Sabbat die große Frage ist, welche die Herzen von Gottes lieben, wartenden Heiligen vereinigen wird.“ (E. G. White, Erfahrungen und Gesichte. Hamburg: 5. Aufl. 1919, S.24, zitiert bei Hutten, S.44). Ellen G. White behauptete auch, der Sabbat sei „das wichtigste Gebot im Dekalog“ und die „unveränderliche Richtschnur der Heiligkeit, Gerechtigkeit und Güte“. Damit kam ein ganz neues Element in die Bewegung. Man verlegte den Feiertag, den die anderen christlichen Kirchen am Sonntag halten, auf den Samstag. Und nicht genug damit, es folgte:

 

Die dreifache Engelsbotschaft

 

„Man fand in Offenbarung 14, 6-12 einen Bibeltext, den man, E. G. White folgend, als prophetischen Hinweis auf die Adventbewegung verstand, wodurch die Gemeinschaft ein neues Selbstverständnis im apokalyptischen Rahmen gewann. Unter der Bezeichnung ‚Die dreifache Engelsbotschaft’ wurde dieser Abschnitt... zum zentralen Text der ‚Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten’.

Die erste Botschaft lautet: ‚Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen!...’ (V.7). Viele Adventgläubige waren überzeugt, schon zur Zeit Millers diese Botschaft des ersten Engels verkündigt zu haben.

Als sie dann, vor allem im Jahr 1844, ihre angestammten Kirchen verließen oder von ihnen ausgeschlossen wurden, da haben sie - so erkannten sie nun - die Botschaft des zweiten Engels verkündet: ‚Sie ist gefallen - Babylon, die große Stadt’ (V.8).

Die Botschaft des dritten Engels aber bezogen sie nun speziell auf ihre Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, - wobei sie den Engelsspruch von Vers 12 her lasen: ‚Hier ist Geduld der Heiligen. Hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus’. Dabei hatten sie in erster Linie das Halten des Sabbats im Auge, wodurch sie sich klar von jenen unterschieden, die das ‚Malzeichen des Tieres’ erhalten haben (V.9-11)“ (Hans-Diether Reimer, Oswals Eggenberger: ... neben den Kirchen. Konstanz: Christliche Verlagsanstalt 1979, S.188).

Diese dreifache Engelsbotschaft macht die Adventisten unverwechselbar zu dem, als was sie sich verstehen, als eine Gemeinschaft, die im Gegensatz zu den Kirchen das ganze Gesetz und den Glauben an Jesus halten. Sie tragen ihrem Selbstverständnis zu Folge nicht wie die Kirchen das Malzeichen des Tieres, sondern das Siegel Gottes auf ihrer Stirn und bilden das Volk Gottes der Endzeit. Ihrer Meinung nach ist die dritte Engelsbotschaft noch nicht vollendet. Wenn sie aber zum Abschluss kommt, hört die Gnadenzeit auf, und die apokalyptischen Gerichte beginnen, die ihrerseits den dramatischen Abschluss der Menschheitsgeschichte bilden. Nachdem die adventistische Bewegung als Ganzes von den Kirchen nicht angenommen wurde, sprach Ellen G. White durch eine Vision eine kollektive Verdammung über die Kirchen aus: „Satan hat von den Kirchen als einem Ganzen vollen Besitz genommen... Ihr Bekenntnis, ihre Gebete und Ermahnungen sind dem Herrn ein Gräuel“ (E. G. White, Erfahrungen und Gesichte, S.266-268, zitiert bei Hutten, S.46).

 

B. Die Adventisten heute

 

Immer wieder haben Leute aus den Reihen der Adventisten die ihnen eigentümlichen Lehren anhand der Schrift geprüft und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Dies dürfte ein Hinweis darauf sein, dass unter ihnen echtes geistliches Leben vorhanden ist. Bereits 40 Jahre nach dem Beginn der Bewegung „wurden Stimmen laut..., die sich gegen Tendenzen der Gesetzlichkeit, Rechtgläubigkeit und Selbstgerechtigkeit wandten... Damals wurde das reformatorische Prinzip der ‚Gerechtigkeit durch den Glauben’ und das ‚sola gratia’ (allein aus Gnaden) stark in den Vordergrund gerückt... Es gibt Adventisten, die sagen, an diesem Punkt ihrer Geschichte sei die Adventgemeinde christozentrisch geworden und damit habe sie die Gefahr, mit sektiererischerer Ausschließlichkeit die eigene Gemeinde zu suchen, im Prinzip überwunden“ (Reimer, Eggenberger, op. cit., S.192).

Hinzu kommt, dass der Adventismus eine ernste Frömmigkeit pflegt, die dem Pietismus verwandt ist. Man wirkt auf eine persönliche Gemeinschaft mit Jesus hin und betont die Nachfolge. Teile der Adventisten wehren sich heute auch gegen die Schwarzweißmalerei: Hier wir, dort die anderen Kirchen. Man ist stärker als früher bereit einzugestehen, dass es auch in den anderen Kirchen echte Christen gibt, die unzweifelhaft gerettet sind. Weiter nimmt man nicht mehr so stark in Anspruch, „die einzigen treuen Christen in der Welt zu sein oder gar die einzigen, die errettet werden“ (Questions on Doctrine, S. 186ff., zitiert bei Hutten, S.63). Ansonsten wird aber am Sondergut, besonders dem von Ellen G. White, festgehalten.

 

C. Welchen Stellenwert hat die Sabbatfrage nach der Heiligen Schrift?

 

Wir kommen nun nicht umhin, uns einige Fragen in Bezug auf typisch adventistische Lehren zu stellen und sie im Licht der Heiligen Schrift zu beurteilen. Weiter oben haben wir bereits festgestellt, dass Ellen G. White in einer Vision sah, „dass der Sabbat die trennende Mauer zwischen dem wahren Israel Gottes und den Ungläubigen ist und sein wird“ und dass er „das wichtigste Gebot im Dekalog“ (den zehn Geboten) sei. Diese Lehre wurde von den Adventisten nie zurück genommen. Was ist an ihr Wahres dran?

Gerade die Frage nach dem höchsten bzw. wichtigsten Gebot beschäftigte einmal die Schriftgelehrten und Pharisäer (vgl. Matthäus 22, 34-40). Was antwortete Jesus ihnen, nachdem sie ihm diese Frage vorgelegt hatten? „Du sollst den Sabbat halten?“ Hätte nicht diese Antwort kommen müssen, wenn der Sabbat wirklich „das wichtigste Gebot im Dekalog“ ist? Jesus antwortete dagegen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (V. 37-39). Da ist nicht die geringste Spur vom Sabbat. Jesus selbst verletzte sogar bewusst den Sabbat, indem er Kranke heilte, z. B. einen Mann mit einer verdorrten Hand (Markus 3, 1), eine verkrümmte Frau (Lukas 13, 11), einen Wassersüchtigen (Lukas 14, 2), jemand, der seit 38 Jahren krank war (Johannes 5, 15), einen blind Geborenen (Johannes 9, 1ff.) usw. Er tat dies alles am Sabbat. Und dabei bestand bei keinem dieser Menschen akute Lebensgefahr. Das waren alles chronisch Kranke, die Jesus ohne weiteres einen Tag später hätte heilen können.

Daraus können wir nur den Schluss ziehen, dass die Sabbatfrage nicht so zentral wichtig ist, wie sie von den Adventisten dargestellt wird.

 

Wann feierten die ersten Christen ihre Gottesdienste?

 

Die Urgemeinde hielt zunächst zweifellos am jüdischen Sabbat fest, lebte sie doch in Israel. Es setzte aber schon sehr früh die Entwicklung ein, dass sich die Christen am ersten Tag der Woche, also am Sonntag, versammelten. So heißt es in Apostelgeschichte 20, 7: „Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus...“ Der adventistische Hinweis, die Gemeinde habe sich samstags abends, also am Sabbat versammelt, während Paulus seine Rede bis Mitternacht hinzog und dann am nächsten Tag, dem Sonntag, weiter reiste, zieht nicht! Nach jüdischem und biblischem Verständnis endete der Sabbat um 18.00 Uhr bei Sonnenuntergang. Selbst wenn sich die Gemeinde nach unserer heutigen Einteilung am Samstag Abend versammelt hat - nach biblischem Sprachgebrauch war das bereits der erste Tag der Woche, also der Sonntag.

Der früheste biblische Hinweis auf den sonntäglichen Gottesdienst finden wir schon in 1. Korinther 16, 1-2, wo Paulus schreibt: „Was aber die Sammlung für die Heiligen angeht: wie ich in den Gemeinden in Galatien angeordnet habe, so sollt auch ihr tun! An jedem ersten Tag der Woche lege ein jeder von euch bei sich etwas zurück und sammle an, soviel ihm möglich ist...“ Paulus schrieb den ersten Korintherbrief um das Jahr 56 n. Chr. Demnach haben also schon ca. 20 Jahre nach der Kreuzigung und Auferstehung Jesu die Gemeinden in Galatien den Sonntag anstelle des Sabbats gehalten.

In einem Brief aus dem Jahre 112 n. Chr. schreibt Plinius an den römischen Kaiser Trajan, dass die Christen am ersten Wochentag Gottesdienste halten würden, und der Bericht von Justin dem Märtyrer (ca. 140 n. Chr.) bestätigt diese Praxis. Er spiegelt das Leben der Gemeinde in Rom in der Mitte des zweiten Jahrhunderts wider. Da Justin viel reiste, trifft seine Beschreibung möglicherweise auch auf viele andere Gemeinden der zweiten und dritten Generation zu: „Am Tag, der der Sonntag genannt wird, findet eine Versammlung aller der (Christen) statt, die in der Stadt oder auf dem Lande wohnen...“ (Apologie 67. Zitiert bei K. Beyschlag, Vom Urchristentum zur Weltkirche, Heft 19. Gladbeck: Schriftenmissions-Verlag 1967, S.33).

Die Didache ist ein Dokument, von dem Klaus Wengst annimmt, dass „der Anfang des 2. Johannes. als die wahrscheinlichste Entstehungszeit... anzusehen“ ist (Schriften des Urchristentums. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1984, S.62-63). Die Didache empfiehlt: „An jedem Herrentag versammelt euch, brecht das Brot und sagt Dank (eucharistäsate), indem ihr dazu eure Übertretungen bekennt...“ (XIV, 1-2; Ibid., S.87). Als Herrentag wird in Anlehnung an Offenbarung 1, 10 der Sonntag bezeichnet: „Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn...“

Wir sehen anhand all dieser Belege, dass der christliche Feiertag nicht von den Heiden übernommen wurde, wie die Adventisten all zu gerne behaupten. Nachdem der christliche Glaube im römischen Reich zur Staatsreligion erhoben wurde, zogen die Kaiser Konstantin und Theodosius I. (379-395 n. Chr.) aus politischen und sozialen Gründen nur nach, als sie den Sonntag zum offiziellen Feiertag des Reiches erhoben. Ein Großteil der Bevölkerung hatte an diesem Tag ohnehin schon seine Feierlichkeiten, nämlich die Christen und die Anhänger des Mithraskultes.

 

Abschließende Bewertung des Sabbats

 

Aus all dem Festgestellten sehen wir ganz deutlich, dass man aus dem Sabbat kein unabdingbares Gesetz machen darf. Wer es dennoch tut und dann lehrt, der Sabbat sei „die trennende Mauer zwischen dem wahren Israel Gottes und den Ungläubigen“, der muss sich gefallen lassen, dass man ihn einen Sektierer nennt. Was das wahre Israel Gottes (die Gemeinde Jesu Christi) von den Ungläubigen trennt, ist nach der Lehre der Heiligen Schrift nicht das Gesetz, auch nicht die Zugehörigkeit zu irgend einer Gruppe, Denomination oder Konfession, sondern einzig und allein die erfahrene Wiedergeburt (vgl. Johannes 3, 3.5; Epheser 5, 26-27; Titus 3, 5). Wer meint, er könne nur dann gerettet werden, wenn er den Sabbat hält, ist eindeutig ein Sektierer.

Es gehört zum Wesen satanischer Verführungskunst, dass er eher Nebensächliches versucht, ins Zentrum zu rücken und die Mitte an den Rand drängen will, wenn er Menschen schon nicht davon abhalten kann, das Heil in Christus anzunehmen. Wenn nur die Ausbreitung der Wahrheit dadurch gehindert oder in Grenzen gehalten wird. Und genau dies geschieht bei der Lehre vom Sabbat so, wie die Adventisten sie vertreten! Der Sabbat steht im Zentrum, wo er doch eher an den Rand gehört.

Wir wollen ihnen die Feier des Sabbats, d. h. ihren Gottesdienst am Samstag anstatt am Sonntag, ja gerne lassen. Wenn die Adventisten meinen, dies käme der ursprünglichen Ordnung Gottes am nächsten, dann sollen sie es ruhig ihrem Gewissen gemäß so halten. Aber macht doch bitte kein trennendes Gesetz daraus, ihr lieben Adventisten! Verteufelt uns doch nicht, wenn wir dem nicht einen solchen Stellenwert beimessen! Wir sind doch deshalb nicht weniger Diener Gottes und schon gar nicht vom Heil ausgeschlossen! Was sollen denn unsere Geschwister in den islamischen Ländern tun? Die können auch keinen Sabbat, noch nicht einmal den Sonntag, als öffentlichen Feiertag begehen, denn die Moslems haben freitags Feiertag. Wollen wir unsere Glaubensgeschwister in diesen Ländern denn gleich ans Messer liefern?

 

D. Welche Haltung sollte man den Visionen von Ellen G. White gegenüber einnehmen?

 

Ein wesentlicher Punkt, auf den wir noch zu sprechen kommen müssen, sind die Visionen von Ellen G. White. Waren diese Visionen von Gott? Falls nicht, von wem dann? Das prophetische Sprechen war in Whites Leben keine Randerscheinung. Sie hatte im Verlauf ihres Lebens immerhin rund 2.000 Visionen. Bis in die heutige Zeit sind die Siebten-Tags-Adventisten davon überzeugt, dass Gott durch sie gesprochen hat bzw. dass „der Geist der Weissagung“ (Offb 19, 10) in ihr am Werk war. Sie selbst war davon überzeugt, ein Sprachrohr Gottes zu sein und das Wort des Herrn weiterzugeben. So sprach der Herr angeblich einmal zu ihr: „Wer die Zeugnisse, die ich dir gegeben habe, verachtet und verwirft, hat nicht nur dich, sondern mich, deinen Herrn, verachtet“ (E. G. White, Zeugnisse Band 5, S.668, zitiert bei Hutten, S.57).

Offensichtlich wurde Ellen White auch von einem Engel begleitet. Sie schreibt davon in Erfahrungen und Gesichte, Seite 250f.: „Mein begleitender Engel sagte: ‚Wehe dem, der auch nur das Geringste an diesen Botschaften ändert’“ (zitiert bei Hutten, S.46). Von einem hohen Sendungsbewusstsein überzeugt, sagt der durch sie redende Geist: „Wenn ich euch ein Zeugnis der Warnung und Zurechtweisung sende, dann erklären viele von euch, das sei bloß die Meinung von Schw. White. Dadurch habt ihr den Geist Gottes beleidigt. Ihr wisst, dass der Herr sich durch den Geist der Weissagung offenbart hat. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft habe ich schauen dürfen“ (Hutten, S.55).

Mich erinnert das alles an die Vorgänge bei den heutigen Pfingstlern und Charismatikern. Wer auf so etwas hört, hat der Verführung Tor und Tür geöffnet, wie auch die Geschichte der Pfingst- und charismatischen Bewegung hinlänglich belegt. Neben die Heilige Schrift treten als Offenbarungsquelle Visionen, Träume und Weissagungen, im Falle der Adventisten hauptsächlich die Visionen von Ellen G. White. Lehrmäßig stehen sie zwar nicht im Rang der Bibel: „Wenn die Zeugnisse nicht in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes sind, so verwerft sie“ (E. G. White, Zeugnisse Band 5, S.691, zitiert bei Hutten, S.57), im praktischen Vollzug ist dies aber leider doch allzu oft der Fall. Hatte man anfangs, wie weiter oben aufgezeigt, vor solchen Erscheinungen gewarnt, wurden sie später leider angenommen.

Nach meiner Überzeugung hat „Gott vorzeiten manchmal und auf mancherlei Weise zu den Vätern geredet“, eben auch durch Visionen, aber jetzt, „in diesen letzten Tagen hat er zu uns geredet durch den Sohn“ (Hebräer 1, 1). Jesus Christus ist die endgültige Offenbarung und das letzte Wort Gottes, bezeugt in der Heiligen Schrift, und deshalb handelt Gott heute grundsätzlich (Ausnahmen mögen vorkommen), nicht in Form von Visionen, Träumen, Gesichten, Offenbarungen und dergleichen. Wer die Heilige Schrift besitzt, ist dazu aufgefordert, sie zu befragen und zu studieren (vgl. Johannes 5, 39: „Sucht in der Schrift“) und nicht auf Visionen zu hören! Jede Offenbarung, die über die Heilige Schrift hinausgeht, ist vom Teufel. Nach Kolosser 1, 25 war Paulus dazu beauftragt, das Wort Gottes „auf sein Vollmaß“ zu bringen. Danach kam nichts Neues mehr bzw. das, was noch kommen sollte, sind die für die Endzeit angekündigten „falschen Christusse, falschen Propheten und falschen großen Zeichen und Wunder“ (Matthäus 24, 24).

Allein die Tatsache: „Die Visionen überfielen“ Ellen G. White, „während sie betete, schrieb, predigte, oder auch in der Form von Traumgesichten“ (Hutten, S.56) und: „Es kam auch vor, dass E. G. White Erkenntnisse, die sie durch Gesichte erhalten hatte, später ebenfalls durch Gesichte wieder verwarf“ (Hutten, S.57), belegt, dass die Visionen nicht von Gott waren, denn der Geist Gottes überfällt niemand wie ein Geier (er ist sanft wie eine Taube, vgl. Markus 1, 10) und nimmt auch keine Offenbarungen zurück, die er vorher gegeben hat, denn er ist „der Geist der Wahrheit“ (Johannes 14, 17; 16, 13). Die falschen Lehren von der heilsnotwendigen Sabbatheiligung und die dreifache Engelsbotschaft und alles, was damit zusammen hängt, die nicht aus der Heiligen Schrift stammen, sondern aus Visionen, sind deshalb zu verwerfen!

 

E. Abschließende Gedanken

 

Die Adventisten bemühen sich darum, sich einzig und allein an der Heiligen Schrift zu orientieren. Wenn man das Sondergut in Form von Visionen und Botschaften der Ellen G. White und die damit verbundenen Lehren aus dem Gedächtnis der Adventisten löschen könnte, könnte man sie ohne weiteres zu den Evangelikalen zählen. Solange diese Lehren aber nicht öffentlich und offiziell von ihrer Seite aus verworfen werden, muss die Gemeinschaft als Ganzes weiterhin als Sekte angesehen werden. Eine Zusammenarbeit kann deshalb auch nicht in Frage kommen.

Wir verkennen dabei nicht, dass es in ihren Reihen echte Gläubige gibt, so wie es diese auch z. B. in der katholischen Kirche gibt, mit der aufgrund ihrer vielen Irrlehren von Seiten echt wiedergeborener Menschen und Gemeinden auch keine Zusammenarbeit möglich ist. Der Katholizismus ist in dieser Hinsicht mit den Adventisten vergleichbar, als viele seiner Irrlehren und Dogmen auch auf Offenbarungen und Visionen zurück gehen und nie zurück genommen wurden. Für uns gilt die Ermahnung aus 1. Korinther 4, 6: „Nicht über das hinaus, was geschrieben steht“ und: „dass ihr für den Glauben kämpft, der ein für allemal den Heiligen überliefert ist“ (Jud 3).