43. Bibelkurs BK 43
Bei den Psalmen beten lernen I
Der Psalter ist das meistgelesene Buch der Bibel. Er hatte schon immer eine besondere Anziehungskraft. Nicht von ungefähr gibt es in der Regel das Neue Testament mit den Psalmen dazu. Die Psalmen sind auch das am häufigsten zitierte Buch im Neuen Testament. Daraus kann man schließen, dass die Christen der Urgemeinde viele Psalmen auswendig konnten. Denn zitieren kann man nur, was man im Kopf hat. In den ersten Jahrhunderten gab es viele Christen, die „den ganzen David“ (= die Psalmen) aufsagen konnten. In einer orientalischen Kirche war das sogar Voraussetzung, um ein geistliches Amt übernehmen zu können.
Wichtiger als dies alles ist, dass Jesus selbst mit den Psalmen lebte. Nach dem letzten Mahl beim Passa-Fest hat Er mit seinen Jüngern vor dem Aufbruch zum Ölberg nach jüdischer Tradition das „kleine Hallel“ gesungen, das sind die Psalmen 113 bis 118 (Matthäus 26, 30). Als Jesus am Kreuz starb, betete ER mit Psalmen auf den Lippen (Psalm 22 und Psalm 31). - Was uns durch das ganze Leben begleitet hat, das bewegt uns auch in den letzten Stunden unseres Lebens.
Der Psalter erfüllte das Leben der Gläubigen – seit David - durch drei Jahrtausende. Als Martin Luther als Professor für Theologie nach Wittenberg berufen wurde, hat er die erste Vorlesung zwei Jahre lang (1513-1515) über den Psalter gehalten, dann folgte der Römerbrief. In dieser Zeit fand Luther nach langen inneren Kämpfen zum Glauben an Christus. In der Vorrede zum Psalter (1528) schreibt er: „Den Psalter möchte man wohl eine kleine Biblia heißen. Da siehst du allen Heiligen ins Herz.“ - C.H. Spurgeon hat vier dicke Bände im Lexikon-Format über die Psalmen herausgegeben, die zu einem Standardwerk geworden sind. - D. Bonhoeffer schrieb 1940 ein Büchlein über „Das Gebetbuch der Bibel“, wofür er eine Geldbuße zahlen musste, weil er sich damit für die Juden einsetzte. Er hielt sich mit den Vikaren in seinem Predigerseminar in Finken-walde an die in vielen Kirchen durch Jahrhunderte gepflegte Tradition, in einem Monat alle 150 Psalmen zu lesen, um dadurch tiefer einzudringen in dieses wichtige Buch der Heiligen Schrift. In seiner erwähnten Schrift betont Bonhoeffer, dass Christus die Mitte der Psalmen ist. Er weist auf Davids letzte Worte vor seinem Tod hin (2. Samuel 23, 1+2): „Es spricht David, der Gesalbte des Gottes Jakobs, der liebliche Psalmsänger Israels: Der Geist des HERRN hat durch mich geredet und Seine Rede ist auf meiner Zunge.“ So dass Bonhoeffer sagen konnte: „In den Psalmen Davids spricht der verheißene Christus selbst. Die Gebete Davids wurden von Christus mitgebetet oder vielmehr Christus betete sie in Seinem Vorläufer David.“ Schon Augustin (400 n.Chr.) sagte: „Wir beten den Psalm mit Christus und ER betet dabei in uns.“ - Wer also die Psalmen meidet und meint, irgendwie schon beten zu können, der weiß gar nicht, dass er am Zentrum vorbeigeht, in dem Christus am Werk ist.
Aber auch heute ist ein starkes Interesse an den Psalmen zu verspüren. - Vor drei Jahren erschien ein Buch „Als mich die Stille rief“ von Kathleen Norris, (Goldmann-Verlag München). Die Autorin berichtet darin von ihren Erfahrungen als Gast in einem Benediktiner-Kloster, in dem das Singen der Psalmen (im monatlichen Zyklus der ganze Psalter) zum täglichen Ritual gehörte. Sie war davon zutiefst beeindruckt. Das Buch ist zu einem Bestseller geworden. - 1977 wurde der bekannte junge Mathematiker und brillante russische Schachspieler Anatoli Scharanski wegen seiner wiederholten Versuche, nach Israel auszuwandern, verhaftet. 13 Jahre verbrachte er in sowjetischen Lagern. Von morgens bis abends vertiefte er sich in die 150 Psalmen (auf Hebräisch). Er schreibt: „Mein Gefühl von Verlust und tiefer Trauer weicht allmählich einer strahlenden Hoffnung.“ Seine Frau reiste in dieser Zeit um die ganze Welt, um die Öffentlichkeit auf sein Schicksal aufmerksam zu machen. Sie sagte: „Mein Mann sitzt in einer einsamen Zelle im Gefängnis in Chistopol mit keinen anderen Gefährten als den Psalmen Davids.“ - Ähnliches berichteten die „Shelter-Now“-Leute, die im letzten Jahr schwere Monate in schlimmsten Gefängnissen der Taliban in Afghanistan verbrachten. Sie antworteten im Interview: „Am meisten halfen uns bei unserem Beten die Psalmen.“ Hier wird eines deutlich: Menschen, die extremen Belastungen ausgesetzt waren, empfanden den Psalter als eine ganz große Hilfe, um dadurch in der Gemeinschaft mit Gott gestärkt zu werden.
Es ist deshalb sehr hilfreich, der Frage nachzuspüren: „Warum haben durch die Jahrhunderte die Christen von den Psalmen so viel Kraft bekommen? Was ist das Geheimnis der Psalmen?“ Eugene Peterson, der ursprünglich semitische Sprachen studierte und dann erst Theologie, hat ein sehr gutes Buch über die Psalmen geschrieben („Answering God“ = „Gott antworten“), aus dem ich viele Gedanken aufgenommen habe. Wenn wir einen neuen Zugang zum Psalter finden, werden wir auch eine Erneuerung unseres Betens erfahren.
I. Die Psalmbeter beten anders.
Die Psalmen sind die Werkzeuge, mit denen Gott an uns arbeiten will. Wir brauchen diese Werkzeuge, sonst wird unser Glaube nicht wachsen, - sonst werden wir in den Stürmen und in den Wüstenstrecken des Lebens nicht bestehen. Wenn wir geistliche Reife erlangen wollen, - wenn wir Gott mit Leib, Seele und Geist verherrlichen wollen, dann kommen wir nicht an den Psalmen vorbei. Gott gab uns die Psalmen, damit ER uns im Gebet erziehen kann.
Nun weiß aber fast alle Welt etwas vom Beten. Wenn wir Hilfe brauchen, - wenn wir ein Ziel erreichen wollen, dann fangen wir an zu beten. Das liegt im Menschen drin. Aber bei den Psalmen ist es anders. Die Psalmen suchen nicht Gott, sondern sie antworten Gott, der uns sucht. Der natürliche Mensch bestürmt mit seinen Problemen den Thron Gottes und bittet dring-end um Erledigung - ohne vorher sich im Geringsten Gedanken zu machen, ob Gott wohl auch ihm einiges zu sagen hätte. Wenn wir vor einem hohen Vorgesetzten erscheinen, dann legen wir nicht einfach los, sondern warten, bis wir ums Wort gebeten werden. Wenn wir uns an Gott wenden, dann will Gott erst einmal zu uns reden. ER hat das Recht dazu und es ist auch gut für uns. ER kommt und spricht zu uns - in unserer Sünde, in unserer Verzweiflung - und erfüllt uns mit Seiner Gnade. Es gefällt uns nicht alles, was Gott uns sagt, und manches verstehen wir auch nicht. Aber was wichtig ist für unser Leben, das können wir von Gott erfahren. Was ER sagt, ist entscheidend. Wer nicht auf Gottes Stimme hört, baut sein Lebenshaus ohne die göttlichen Ideen, die ja die wertvollsten sind. Die große Kunst des Gesprächs mit Gott ist das Gebet. Die Psalmen erziehen uns in dieser Kunst. Wir dürfen freilich Gott alles sagen im Gebet - aber bei den Psalmen führt das Ringen zum Gehorsam. - Es besteht ein Unterschied zwischen dem Beten zum „unbekannten Gott“ und dem Beten zum bekannten Gott, der sich offenbart hat durch Israel, in Christus und durch die Heilige Schrift. Das Wesentliche beim Gebet ist nicht, dass wir uns richtig ausdrücken können, sondern dass wir lernen, auf Gott zu hören und IHM zu antworten. Dazu helfen uns die Psalmen. Auf diese Weise sind die Christen in der zweitausendjährigen Geschichte innerlich stark geworden und haben geistliche Reife erlangt.
II. Worum geht’s in den Psalmen?
Die Psalmen sind in poetischer Sprache abgefasst. Sie wollen nicht dichterische Schönheit darstellen sondern sie wollen in die Tiefe führen. Sie wollen uns keine Informationen über das Leben liefern sondern uns mitten hinein ins Leben führen und uns im Herzen treffen. Sie bringen uns keine neuen Ideen über Gott oder neue Vorschläge für eine bessere Moral. In den Psalmen führen wir ein persönliches Gespräch mit Gott. Gott spricht zu uns und wir antworten. Die Antworten sind nicht immer artikuliert, wie Seufzen, Stöhnen, Schweigen. Sie sind nicht immer positiv: es kann auch Zorn, Misstrauen, Fluchen sein - aber es sind Antworten, und immer ist Gott damit verbunden. - Gewöhnlich reden wir über Gott. Wir diskutieren gerne über Gott. Aber die Psalmen widerstehen diesen Diskussionen. Sie wollen uns nicht über Gott informieren sondern wollen uns erziehen, IHM zu antworten. - Wer mit Gott im Gespräch ist, wird erfahren: Gott will durch das Gespräch mit IHM unser Leben total erneuern. Durch das Gespräch mit IHM fließen uns Kräfte zu.
1. Gott ist die Nummer Eins in den Psalmen. ER hat sich offenbart - in Israel und in Christus. ER ist nicht unbekannt. Deshalb sollen wir IHN auch immer besser kennen lernen. Die Glaubensmenschen benützen ihren Verstand, um genau zu wissen, wer Gott wirklich ist und wie ER arbeitet. Die Psalmen spiegeln alle Höhen und Tiefen des menschlichen Herzens wider. Calvin sagte: „Sie sind eine Anatomie aller Teile der menschlichen Seele.“ Muss man deshalb Psychologie studieren, um die Psalmen und uns selber und unsere Träume, Ängste und Sehn-süchte zu verstehen? - Aber die Psalmen wurden nicht von Leuten gebetet, die sich selber besser verstehen wollten. Sie wurden von Menschen gebetet, die eines genau wussten: es hängt alles von Gott ab. Gott war das Zentrum für sie, - nicht ihre Gefühle. Gott war für sie das Wichtigste. Die Seele, Sinnfragen, Gefühle - das alles kam erst nach Gott. Die Psalmen sind nicht so sehr an unserem seelischen Ergehen interessiert. Ihr Interesse richtet sich leidenschaftlich auf Gott, - auf den Gott, der uns zum Gehorsam verhilft, der unseren Willen umformt, der Sünde beseitigt, der uns jubeln lässt. Was die Beter von Gott hören, hat Vorrang vor allem, was menschliche Experten ihnen anbieten. Die großen Kulturnationen in der Nachbarschaft Israels, die Griechen, Assyrer, Babylonier, Ägypter hatten Spitzenleute für Mathematik, für Bautechnik, für Astronomie, für die großen Fragen des Lebens (Dichter und Philosophen) und erzielten dabei große Ergebnisse. Die Hebräer beteten. Ihre Intelligenz und ihre Leidenschaft beschäftigte sich mit Gott. Sie wussten, dass Gott in die Geschichte ihres Volkes eingestiegen war. Sie wussten, dass Gott sich an sie direkt gewendet hat. Darauf gaben sie Antwort: sie beteten. Für sie war Gott kein „höheres Wesen“ wie in den benachbarten Religionen. Für sie war Gott keine „unbekannte Größe“. Sie wussten einiges von ihrem Gott mit großer Klarheit: die Erschaffung der Welt, Gottes Bund mit Abraham, die Errettung aus Ägypten, die Gebote durch Mose. Und noch etwas war ihnen ganz klar: Gott ist nicht launenhaft, nicht gleichgültig, nicht manipulierbar. Sie bemühten sich, alles fleißig zu studieren, was ihnen Gott offenbart hatte. Wenn sie auf ihre Knie gingen, dann erhielten sie Licht von Gott, oft nur wenige Sätze. Aber das reichte ihnen, entschlossen den Glaubensweg zu gehen. Ihre Gebete wurden geprägt von den Offenbarungen Gottes - nicht von der Stimmung ihrer Seele.
2. Ihre Gebete sind eingebettet in die Heilige Schrift. Ihre Gebete waren keine Gebetsfetzen, die ab und zu per Flaschenpost an ihren Strand gespült wurden - aus einem fernen, unbekannten Land. Wir kennen das Land sehr wohl und wissen viel von den Leuten, die die Gebete schrieben und beteten. Wir wissen, was sie alles erlebten und worauf sie hofften. Wir kennen ihre Schlachten, ihre Familien und Stammbäume, ihre Städte, ihre Flüsse, ihre Priester, ihre Propheten. Wir kennen ihre Namen und die Namen ihrer Feinde. - Die Psalmen sind eingebettet in eine weite Welt, in die 66 Bücher der Heiligen Schrift. Jedes Buch ist notwendig. Keines ist in sich selbständig. Jedes braucht das Licht von den anderen. Martin Buber (1878- 1965), der große jüdische Bibelübersetzer, schreibt: „Zwischen Psalmen, Propheten und Pentateuch (= 5 Bücher Mose) wird man immer neu die gewaltige Synoptik (= Zusammenschau) der Bibel erkennen.“ Die Psalmen können nicht isoliert gebetet werden. Sie sind eingebunden in ein großes Erbe. Tausend Jahre Erfahrung durchdringen die Psalmen: Gnade und Gericht, Schuld und Erlösung, Rebellion und Gehorsam. Wer die Psalmen richtig beten will, braucht die Verbindung mit der reichen, farbigen Geschichte Israels. Das öffnet unseren Blick für die Größe Gottes.
3. Die Psalmen sind eingebettet in die Gemeinde. Das Gebet beginnt oft, wenn wir allein sind. Aber es soll in die Gemeinde führen. Die Psalmen waren für die anbetende Gemeinde bestimmt. Und das Gebet findet seine Fortsetzung in der Einsamkeit des Betenden. Vom unablässigen Gebet der Gläubigen schreibt der Apostel Paulus in seinen Briefen an über 20 Stellen. Alle Psalmen wurden in der versammelten Gemeinde gebetet. Jesus gab uns dafür die Losung: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin ICH mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18, 20)
III. Die zwei Eingangstore der Psalmen.
Wenn wir beten, ist es wichtig, mit welcher Grundeinstellung wir beginnen. Die Welt, die uns umgibt, fördert unser Beten nicht. Die Schlagzeilen der Zeitungen, die Bilder, der Lärm, die Schreckensnachrichten - das alles hält uns vom Beten ab. Was soll das Beten nützen im Blick auf die Armeen, die Regierungen, die Millionäre, die Industriebarone, die Mafia, die Terroristen?
Im Gebet verlassen wir die Welt der Ängste und betreten eine Welt der Wunder. Wir verlassen eine Ich-zentrierte Welt und treten ein in eine Gott-zentrierte Welt. Wir verlassen eine Welt der Probleme und betreten eine Welt der Geheimnisse. Aber es ist nicht leicht. Wir sind zu sehr gewöhnt an die Ängste, Probleme und die Egos. Und wir sind zu wenig vertraut mit Wundern, mit Gott und mit Geheimnissen. Wir schalten schnell, wenn ein Sonderangebot angezeigt ist, es fällt uns nicht schwer, einen Golf zu fahren oder die „Bildzeitung“ zu lesen. Aber unsere „Organe“, um Gott echt zu kennen, sind nicht so gut ausgebildet. Deshalb brauchen wir Vorbereitung. Psalm 1 und Psalm 2 bieten uns da eine große Hilfe, sie zeigen uns den Weg. - Das erste Wort des Psalters heißt: „Gesegnet ist...“ (= „Wohl dem...“). Mit demselben Wort beginnt auch die Bergpredigt.
Dieses gesegnet ist wie eine Richtungsantenne: es signalisiert eine große Erwartung. Wir betreten einen Weg, auf dem wir große Wahrheiten entdecken werden.
1. Der Psalm 1. Der erste Psalm hat zwei Schwerpunkte.
Eine Aktion: Meditieren über das WORT - „... sinnt über Seinem Gesetz Tag und Nacht...“
Ein Bild: Ein verpflanzter Baum - „...der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen“
Das „Gesetz“ ist das Wort Gottes, die Thora. Thora kommt von „jarah“, das bedeutet: „et-was werfen, so dass es ein Ziel trifft.“ Das Wort Gottes will unser Herz treffen, dort eindring-en, so dass wir nicht mehr so sind wie vorher. Gottes Wort will Neues in uns schaffen und will uns erretten. Das WORT können wir nicht oberflächlich lesen wie ein Protokoll. Meditieren heißt für die Hebräer „murmeln“, das WORT laut sagen. Auch der Körper soll mit beteiligt sein. Das WORT will uns total packen.
· Der Baum erinnert an Babylon, wo Israel 70 Jahre lang im Exil Sklavendienst leistete, vor allem bei Kanalarbeiten. Dort war ihnen nicht zum Beten zumute (siehe Psalm 137). Aber in-dem sie sich immer mehr in die Thora versenkten, begannen sie zu beten. Das WORT wurde zur Antriebskraft. Da, wohin sie Gott verpflanzt hatte, war auch der Platz zum Beten (auch wenn kein Tempel da war, auch wenn Moskitos sie umschwirrten und die Peitschen oft knallten). Der Blick auf den Baum will uns sagen: Beten beginnt mitten im Alltag, - al-les, was uns umgibt und bedrängt, fassen wir in Worte, - himmlische Gefühle und edle Gedanken sind nicht notwendig. Echtes Gebet beginnt massiv mit dem, was vor unseren Füßen liegt - und die Wurzeln senken sich immer mehr in die Tiefe.
2. Der Psalm 2. Während der erste Psalm unsere
Gedanken wie mit einem Laserstrahl auf den einzelnen Gläubigen lenkt, weitet
sich im zweiten Psalm der Blick auf die ganze Welt. Es ist die Welt, die
gegen Gott rebelliert und damit Eindruck macht. Sie erscheint wie eine
gewaltige Übermacht: unzählige Völker und Herrscher, gewaltige Armeen, Heere
von Wissenschaftlern, mächtige Regierungen, Wirtschaftskapitäne. Wenn diese alle
Gottes Weisungen für null und nichtig achten, - was soll da Beten bewirken?
Ängstlichkeit ist gefährlich für das Gebet, nicht nur Zerstreuung! - Hier geht
es um die Größe. Wir brauchen eine feste Vorstellung von der Größe
unseres Gottes. Unser Gott ist viel größer als die Welt der Könige und
Regierungschefs, - viel größer als die Welt, die uns Zeitungen und Fernsehen
täglich vorführen. Wir brauchen einen neuen Blick, um zu sehen, dass Gottes
Herrscherwort nicht ein nachträglicher Einfall ist als Antwort auf
Globalisierung, Raketen und Gipfeltreffen, sondern dass Gottes Herrschaft auch
diese Bereiche einschließt.
- Wie gelangen wir zu dieser Einstellung? Psalm 2 ist die Antwort, indem der Messias
präsentiert wird. Der Messias ist Gottes Gesandter in der Geschichte.
Gott beschäftigt sich nicht nur mit Seelen - ER wird auch aktiv in Städten und Parlamenten.
Mit dem Messias führt Gott eine Invasion durch - in unsere Welt. Sein WORT ist
nicht nur da zum Meditieren, - Sein WORT tritt in Aktion in einer Person -
in Christus. ER ist der Gesalbte Gottes. - Das leuchtet vielen nicht ein.
Damals hieß es: „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns Joseph?“ - „Kann von
Nazareth etwas Großes kommen?“ - Die Geringschätzung der göttlichen Dimension
ist heute weitverbreitet. Was antwortet Psalm 2 darauf? „Der im Himmel
sitzt, lacht über sie. ER hat nur Spott für sie übrig.“ Lachen stellt die
richtige Perspektive wieder her. Man darf die Arroganz der Welt nicht zu ernst
nehmen. Gott lacht über sie - und wir lachen mit. - Der Psalm fordert auf zur
Anbetung: „Ihr Könige, dient dem HERRN mit Furcht, küsst Seine Füße mit
Zittern!“ Die Könige werden auf eine noch größere Welt hingewiesen, auf die
Welt Gottes. - Der Psalm 2 öffnet uns den Blick für Gottes Größe und für den
enormen Bereich des Wortes Gottes.
Psalm 1 und 2 lenken den gesamten Bereich der Heiligen Schrift auf den Weg des Gebets, das bedeutet in die Welt der Psalmen. Hier erhalten wir das „geistliche Training“, um eine angemessene Antwort auf Gottes Reden zu geben. Psalm 1 ist ein stiller Psalm, der unsere Zerstreutheit sammelt zu höchster Aufmerksamkeit. Psalm 2 ist ein kraftvoller Psalm, der der anmaßenden Welt ein Contra entgegensetzt und unseren Blick auf den Messias lenkt. In Christus wirkt Gott, oft incognito (= unerkannt) - aber ER ist da. ER regiert und ER herrscht. Das gibt uns einen guten Start zum Beten der Psalmen.
16. März 2002 Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün
Anhang:
Was hilft uns, die Größe Gottes zu erfassen?
(um die Größe Gottes geht es im Psalm 2)
· Es ist sehr wichtig, die Größe Gottes zu erfassen.
In der Offenbarung des Johannes wird in sehr dramatischer und farbiger Weise die einmalige Größe herausgestellt: Es gibt nur e i n e n Gott - ER ist ewig, ER ist allmächtig, ER ist der Schöpfer des Universums, ER überwindet den Satan und den Tod. Deshalb auch die vielen Doxologien in der Apokalypse. Sie alle dienen der Anbetung des großen Gottes.
· Es ist nicht leicht, die Größe Gottes zu erfassen - bis dahin, dass viele sagen: „Es gibt keinen Gott!“ - und dass viele Gott nicht viel zutrauen, weil ER in ihren Augen eben kein großer Gott ist. Sogar die Jünger hatten darin große Schwierigkeiten, weil in ihren Augen die vor ihnen liegenden Schwierigkeiten größer erschienen als Gott. Deshalb schalt sie Jesus sehr häufig: „Ihr Kleingläubigen...!
1. Gleich am Anfang der Psalmen heißt es in Psalm 2: „Gott lacht über das Toben der Gottlosen, über ihren Hochmut und ihre Arroganz,“- weil die Gottlosen nicht wissen wie groß Gott ist. Durch alle Psalmen zieht sich der Gedanke von der Größe Jahwes, der Seine Allmacht immer wieder offenbart. In Psalm 67, dem jüdischen Abendgebet, werden 7 mal die Völker erwähnt. Sehr häufig wird auf die Völker in vielen Psalmen hingewiesen. Dabei ist zu bedenken, dass Israel in sehr kleines Volk war und oft von mächtigen Völkern unterdrückt wurde. Dahinter steckt in den Psalmen die Überzeugung: Jahwe regiert alle Völker - auch wenn wir nicht viel davon merken. Das ist ein Zeichen dafür, dass die wahre Größe Gottes erfasst wurde.
2. Der größte Beweis für die Größe Gottes ist im Alten Testament – neben der Schöpfung - der Exodus, der Auszug aus Ägypten. Gott benützte einen Ziegenhirten und ein Sklavenvolk, um die führende Weltmacht Ägypten zu demütigen. Es dauerte lange, bis sich die Erkenntnis von der einzigartigen Größe Jahwes durchgesetzt hatte. Gott musste zehn Katastrophen schicken, bis Pharao allmählich ahnt, dass er es mit einem Größeren zu tun. Erst als der Tod mitmischte und auch Pharaos Familie durch den Tod des Prinzen getroffen wurde, gab es bei Pharao ein Erwachen. Der Exodus war die stärkste Demonstration der Macht Jahwes in der Geschichte Israels. Aus diesem Grund müssen die jüdischen Kinder den Bericht über den Auszug aus Ägypten - ihr historisches Credo - auswendig können. - In zwei geschichtlichen Psalmen - Psalm 78 und Psalm 105 - werden die zehn Plagen beim Exodus aufgezählt.
Gerh. Hägel