57. Bibelkurs                                                                                                                             BK 57

 

 

          Wie können wir geistliche Krisen überwinden?

 

            Man hört überall von Krisen, - von Wirtschaftskrise, von Krisen in einer Beziehung, von der Krise eines Vereins. Wenn es irgendwo „kriselt“, dann ist das ein Alarmsignal. Krise – das bedeutet so viel wie: Schwierigkeiten, Probleme, Notlage, gefährliche Situation. In der Bibel stehen dafür andere Worte: Trübsal, Anfechtung, Bedrängnis, Not.

            In der Regel haben wir Krisen nicht gerne. Wir möchten sie umgehen. Uns ist wohler, wenn wir von Krisen verschont bleiben. Die Sehnsucht unter den Menschen nach einer „krisenfreien Zone“ ist groß. Aber nach der Bibel gibt es für Christen auf Erden keine „sturmfreie Zone“ – die gibt es erst im Himmel. Das bereitet vielen Christen Probleme. Und dennoch müssen wir uns daran gewöhnen, dass die biblische Devise gemäß apostolischer Weisung lautet: „Wir müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes gehen.“(Apostelgeschichte 14, 22) Das sagte Paulus den Gemeinden, die er auf seiner ersten Missionsreise in Kleinasien gegründet hat. Den eben entstandenen jungen Gemeinden gab der Apostel einen wichtigen Grundsatz mit: Christsein – das bedeutet: mit Schwierigkeiten rechnen, Hindernisse überwinden, Lasten tragen, Gegnerschaft aushalten, Kämpfe durchstehen. Damit hat Paulus keine pessimistische Zukunftsschau entworfen. Er hat vielmehr eine realistische göttliche Wahrheit gesagt, die viele Christen immer wieder vergessen. Paulus war allerdings der festen Überzeugung, dass wir Christen auf keinen Fall Pessimisten oder Schwarz-seher sein sollen – im Gegenteil: es gibt in keiner Lebensphilosophie so viel „Optimismus“ wie bei Paulus, wenn er z.B. im Römerbrief schreibt: „Auch in den schlimmsten Situationen (wie Tod, Verfolgung, Verzweiflung) erringen wir die glänzendsten Siege durch Christus, der uns Seine Liebe geschenkt hat.“ (Römer 8, 37) Das Geheimnis ist: die Verbindung mit Christus ist ein so großes Potential, dass wir mit Christus jede, aber auch jede Krise überwinden können. An anderer Stelle sagt Paulus ähnlich – im Blick auf Alltag-Situationen: „Ich vermag alles durch den, der mich stark macht: Christus.“ (Philipper 4, 13) Ich kenne keine Philosophie und kein Buch über Lebenshilfe, wo ein besseres Rezept angeboten wird. Dr. Thiessen hat recht, wenn er sagt: „Das Kreuz ist das einzige Pluszeichen in der Weltgeschichte.“

            Man braucht nur das Leben von Paulus selbst etwas näher zu betrachten. Paulus redet nicht wie der Blinde von der Farbe. Er hat das Leben mit seinen Höhen – und vor allem mit all seinen Tiefen kennen gelernt wie selten einer. Und deshalb haben die obigen Zitate von Paulus besonderes Gewicht. Es ist nicht von ungefähr, dass Paulus vier Mal in seinen Briefen von Extrem-Situationen, die ganze Listen ausfüllen, in seinem eigenen Leben spricht,

Diese zahlreichen Fakten beweisen, dass es keine Übertreibung sondern Realität ist, wenn Paulus sagt: „In allen Situationen erringen wir die glänzendsten Siege – aber eben durch Christus.“ Ohne Christus nicht über die Türschwelle, aber mit Christus selbst über den Ozean. Mit IHM können wir alle – auch die schwierigsten Krisen überwinden. Diese Wahrheit gibt uns Gott in Seinem WORT. Diese Perspektive ist sonst nirgends in der Weltliteratur zu finden.

 

            Glaubensprüfungen gehören zum Christenleben ganz normal dazu. Die Heilige Schrift ist voll davon. In Hebräer 11 werden uns zehn Gestalten des Alten Testaments als Vorbilder für den Glauben vorgestellt. Da werden aber nicht ihre großen Leistungen aufgezählt sondern von je-dem einzelnen wird berichtet, wie er schwere Prüfungen durch Gottvertrauen bestanden hat. Besonders in diesem einen Punkt sollen wir von ihnen lernen. Als Abraham auf Gottes Befehl seinen Sohn Isaak opfern sollte, war das die zehnte Prüfung, die er zu bestehen hatte. Es war seine letzte Prüfung, gleichsam seine Reifeprüfung. Ob jemand wirklich den Vorstellungen Gottes entspricht, das stellt sich nicht bei den Leistungen der Betreffenden heraus sondern das erkennt Gott daran, wie Gläubige Prüfungen bestehen. Das Thema Glaubensprüfungen zieht sich durch die ganze Bibel – und der Höhepunkt findet sich in der Offenbarung, wenn die Christen durch den falschen Propheten und den Antichristen in größte Bedrängnis geraten.

            Für die Apostel ist das eine ganz selbstverständliche Tatsache. Deshalb schreibt z.B. Jako-bus gleich im ersten Satz seines Briefes: „Meine lieben Brüder, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt...“ (Jakobus 1, 2) Auch Petrus sagt schon am Beginn seines Briefes: „Ihr werdet euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen...“ (1. Petrus 1, 6). Die Apostel bringen das Thema Anfechtung bereits am Anfang ihrer Briefe und verbinden es sogar mit der Freude, haben also nicht im geringsten den Eindruck, dass sie mit „Anfechtung“ ihre Leser schockieren würden. Sie drücken damit ihre Über-zeugung aus, dass Prüfungen gottgewollt sind – und deshalb etwas Gutes sind - und darum auch Grund zur Freude sind. (siehe auch: 2. Timotheus 2, 3 und 2. Timotheus 3, 12)

            Paulus schreibt im Rückblick auf sein Leben: „Ich habe den guten Kampf gekämpft...“ (2. Timotheus 4, 9) und seinem Schüler Timotheus empfiehlt er: „Kämpfe den guten Kampf des Glau-bens!“ (1. Timotheus 6, 12) Für Paulus ist also das Christenleben ein Kampf, - aber ein guter Kampf, d.h. ein Kampf, in dem man Siege erlebt, weil Christus uns überall beisteht und für uns kämpft. Christen, die also den Glaubensprüfungen aus dem Weg gehen, sind keine echten Christen. Auch Jesus hat das oft und klar gesagt: „Wer Mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich...“ (Matthäus 16, 24) – „In der Welt habt ihr Bedrängnis (so heißt das griechische Wort, nicht „Angst“!), aber seid getrost, ICH habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16, 33). Petrus sagt in seinem Brief: „Diese Prüfungen sind sehr notwendig, denn dadurch wird der Glaube getestet und geläutert wie das Gold, das man deshalb im Feuer reinigt.“ (1. Petrus 1, 7) In den ersten drei Jahrhunderten der Christenheit war Verfolgung der Christen etwas ganz Normales. Die Christen hatten damals über Generationen hinweg schwerste Glaubensprüfungen zu bestehen. M.Luther hat es kurz zu-sammengefaßt: „In der allergrößten Gefahr befindet sich der Christ, wenn er keine Anfechtungen mehr hat.“ („Nulla tentatio est maxima tentatio“).

 

Was müssen wir beachten, wenn wir in eine geistliche Krise geraten?

 

Ein sehr gutes Beispiel für dieses Thema ist die Geschichte von der Stillung des Sturmes (Matthäus 8, Markus 4, Lukas 8). Aus dieser Geschichte kann man viel lernen für die Bewältigung von Krisen. Jeder Seemann lernt als junger Matrose, worauf er achten muss, wenn sich ein Sturm zusammenbraut. Jeder Handgriff ist da wichtig und oft hängt das Überleben davon ab.

 

1. Wir übersehen vieles bei den Stürmen im Leben.

·        Die Jünger fuhren mit ihrem Boot auf den See Genezareth hinaus, - auf das Gebot ihres Meisters hin, - sie befanden sich nicht auf einer Vergnügungsfahrt. Manchen ist es unbegreiflich, dass Stürme kommen, wenn man im Auftrag des HERRN arbeitet. Sie denken, es müsste alles glatt gehen, weil sie im Dienst des Allmächtigen stehen. Es ist gut, wenn man sich schon früh im Glaubensleben von diesem Irrtum verabschiedet. Deshalb riet Paulus den ersten Gemeinden: „Wenn ihr als Christen euren Weg jetzt geht, dann rechnet mit Schwierigkeiten, aber vergesst nicht: ein großer HERR begleitet euch.“ – Der Sturm kam, obwohl Jesus im Boot war. Wenn Jesus in unserem Lebensboot sitzt, heißt das nicht, dass wir eine sturmfreie Fahrt vor uns haben.

·        Außer dem Jüngerboot waren noch viele andere Boote auf dem See, die alle von dem gleichen Sturm erfasst wurden. – Da fragen sich manche: wie kann Jesus das zulassen, dass so viele Leute in Lebensgefahr geraten?

·        Auch Stürme kommen auf Gottes Geheiß - sagt der alte Ausleger Matthew Henry, (gest. 1714) den Spurgeon oft in seinen Predigten zitiert. Als Lazarus schwerkrank war, sagte Jesus: „Diese Krankheit hat Gott geschickt, damit der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde.“(Johannes 11)

 

Krisen gehören in die Planungen Gottes. Wir werden das oft nicht verstehen, aber die Weisheit Gottes macht keine Fehler. (siehe auch: Psalm 148, 7)

 

2. Jesus schläft im Sturm – ER scheint sich nicht um uns zu sorgen.

 

            Das macht vielen Christen zu schaffen: wir stecken in einer tiefen Krise, wir beten und schreien zum HERRN - aber es sieht so aus, als ob Jesus für unsere Not überhaupt kein Interesse hat. Die Jünger machen daraus Jesus sogar einen massiven Vorwurf, indem sie Ihn wecken mit der Anklage: „Kümmert es Dich nicht, dass wir ertrinken?“ Sie waren wirklich der Meinung: Jesus sei es völlig egal, ob sie untergehen oder nicht. Diese Gedanken kommen bei uns ja auch sehr schnell, wenn wir in eine Krise geraten. Wie leicht kommt es über unsere Lippen, Gott anzuklagen. Aber diese Einstellung ist total verkehrt. Jesus kümmert sich jede Sekunde um uns. ER beobachtet genau das Hitze-Thermometer, wenn wir uns im feurigen Ofen der Anfechtung befinden. Es hat nur den Anschein, als ob ER schlafe (es ist übrigens das einzige Mal, dass in den Evangelien vom Schlaf Jesu die Rede ist!), in Wirklichkeit ist ER hellwach und verfolgt genau unser Er-gehen und lenkt alles Geschehen so, dass uns nur das in Seinen Augen Beste widerfährt. – „Wie kann Gott das zulassen?“ Diese so oft gehörte Frage steht niemals in der Bibel. Die Heilige Schrift spricht nie vom Zulassen Gottes, als ob ER wie ein Zuschauer passiv beobachtet. Die Bibel sagt: Der HERR ist aktiv mitten in allen Ereignissen. ER lenkt alles nach einem Plan, der sorgfältig geprüft ist. –

Hiob hatte ein besonders hartes Schicksal getroffen. Der schwerkranke und leidgeprüfte Mann konnte nicht anders, als Gott mit vielen Fragen und Vorwürfen zu bestürmen. Als Gott ihm endlich antwortet beginnt Gott mit einer Frage: „Wer bist du denn, Hiob, dass du es wagst, meine durchdachte Strategie anzuzweifeln? Du beschäftigst dich mit Themen, von denen du überhaupt nichts verstehst!“ War das ein Schock! Aber es ist wahr, wir verstehen das nicht: Gott scheint zu schlafen – und doch kümmert ER sich um uns mit großer Energie und brennender Liebe. Alles muss Gott dienen, bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt. „ER sitzt im Regimente und führet alles wohl“ dichtete Paul Gerhardt. Alles Irdische ist Instrumentarium Gottes, das ER sehr unterschiedlich einsetzt, um zu Seinem Ziel zu kommen – nämlich die Gläubigen in das Bild Seines Sohnes zu verwandeln. Das meint Paulus in dem berühmten Vers: „Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen – denen, die nach Seinem Vorsatz berufen sind ... dass sie gleich sein sollten dem Bild Seines Sohnes.“ (Römer 8, 28+29)

 

3. Die Kernfrage Jesu: Wo ist euer Glaube? Warum habt ihr kein Gottvertrauen?

 

Jesus wusste genau, dass die Jünger Glauben hatten – aber wo ist er jetzt? Im Moment waren die Jünger voller Angst. Gefühlsmäßig waren sie am Ende, sahen den Tod vor Augen. Aber der Glaube ist keine reine Gefühlsangelegenheit. Der Glaube ist eine Aktivität – in mehrfacher Hinsicht:

nicht zugrunde gehe, weil ER mich liebt.“                       

Sie hatten irgendwie das Gefühl, dass ER doch noch etwas ausrichten könnte, und daher weckten sie Ihn und baten Ihn um Hilfe. Es ist ein armseliger Glaube – aber es ist Glaube. Und selbst der Glaube, der nur so groß ist „wie ein Senfkorn“, ist wertvoll, weil er uns zu Jesus führt. Jesus schickt keinen fort, der zu Ihm kommt. Wenn wir in der Krise zum HERRN fliehen, nimmt ER uns auf, segnet uns und schenkt uns Frieden. Gelobt sei Sein Name!

 

4. Im Sturm erwies sich die Kraft des WORTES GOTTES.

 

Bei Matthäus steht im Griechischen für Sturm das Wort „Erdbeben“ (seismos). Es muss also ein starker Orkan auf dem See Genezareth gewesen sein (der See Genezareth ist 20 km lang, 14 km breit, 50 m tief und hat oft 7m hohe Wellen). Und Jesus stoppt diesen Sturm mit einem kurzen Befehl: „Schweig und verstumme!“ – dann trat sogar sofort Windstille ein. Welch eine Kraft liegt in den Worten Jesu! Das hat die Jünger sehr verwundert, dass auch Naturgewalten dem WORT Jesu gehorchen müssen. – Das erinnert uns an die Schöpfung in Genesis 1: „Gott sprach ... und es geschah.“ Im WORT von Christus ist dieselbe Kraft wie in IHM selbst. Das begegnet uns auch bei anderen Wundern Jesu: „Sei sehend!“ sagt ER zum Blinden, „Lazarus, komm heraus!“ zum Leichnam, der schon vier Tage im Grab lag, „Talitha kumi!“ zum eben verstorbenen Töchterlein des Jairus. – Es ist bei uns sehr in Vergessenheit geraten, dass im WORT GOTTES gewaltige Kräfte schlummern. Deshalb ist die Bibel imstande, uns Trost und Kraft zu geben wie sonst nichts auf der Welt. „Das WORT vom Kreuz ist eine Gotteskraft“ sagt der Apostel Paulus (1. Korinther 1) und der Beweis dafür waren die neuen Christen in der moralisch versumpften Großstadt Korinth: Gangster, Zuhälter, Alkoholiker, Homosexuelle, Räuber, Ehebrecher waren durch diese Botschaft vom Kreuz umgewandelt worden (1. Korinther 6). Heutzutage muss man eine Menge Geld, etliche Psychiater und Spezialkliniken einsetzen, um solchen Menschen wenigstens etwas zu helfen.

Das göttliche WORT besitzt eine überirdische Kraft. Es ermutigt uns, es gibt uns Hoffnung, es macht uns weise, es erfüllt uns mit Liebe und Begeisterung. Wenn wir das WORT aufnehmen,

dann nehmen wir Christus und Seine Kräfte auf. –                                                                                    Das hat Martin Luther einmal buchstäblich am eigenen Leib erfahren, als er sich in Todes-nöten befand. Im April 1530 war er in Wittenberg mit seinen Freunden aufgebrochen nach Augsburg, wo auf dem Reichstag (im Juni) vor dem Kaiser über die Zukunft der neuen Lehre entschieden werden sollte. In Coburg allerdings musste Luther aussteigen und sich von seinen Getreuen verabschieden. Denn die Veste Coburg sollte ihm nun Zuflucht bieten, weil er ja durch Reichsdekret geächtet und vogelfrei war. Diese Burg war die südlichste Besitzung seines Schutz-herrn, des Kurfürsten Friedrich des Weisen. Eine Weiterreise oder gar der Aufenthalt in Augsburg wären für Luther lebensgefährlich gewesen. Die Verbindung wurde durch berittene Boten hergestellt. Für Luther begann auf der Coburg eine schwere Zeit. Er fühlte sich wie der Apostel Johannes in der Verbannung auf Patmos. Es überfiel ihn große Traurigkeit und Verzweiflung. In seinen Träumen sah er schon den für ihn errichteten brennenden Scheiterhaufen. Als Krankheits-not noch dazu kam, bestellte Luther bei seinem befreundeten Kantor Ludwig Senfl in Nürnberg eine Sterbemotette. Aber dieser Musikus war ein echter Freund und Bruder. Er komponierte keine Sterbemotette sondern eine Motette über den Psalm 118 mit dem Leitvers: „Ich werde nicht sterben sondern leben und des HERRN Werke verkündigen.“ (lat.: „Non moriar sed vivam et narrabo opera Domini“ – in Granit gemeißelt an der Luther-Büste auf der Veste Coburg zu se-hen!). Diesen Vers schrieb Luther mit Kreide an die Balken und Wände seines Burgzimmers. Er verfaßte eine Auslegung zum Psalm 118, die heute noch zu seinen beliebtesten Werken zählt. Und er sang unentwegt diese eine Zeile: „Ich werde nicht sterben sondern leben ...“ Er schrieb in einem Brief: „Es ist mein Lieblingspsalm geworden. Der Psalm hat mich aus großer Not gerissen, wo mir sonst kein Kaiser und keine Könige, Klugen oder Heiligen hätten helfen können. Jetzt möchte ich ihn nicht mehr eintauschen gegen aller Welt Ehre, nicht gegen Reichtum und Macht.“ – Dies ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Gottes WORT uns in Krisen Kraft geben kann. Deshalb sollten wir in schweren Zeiten mit Eifer die Bibel betend lesen.

            In der erwähnten Auslegung zum 118. Psalm schreibt Luther in seiner kernigen Art:

„Sie werden mich erwürgen. Was wollen sie danach tun? Vielleicht wieder aufwecken und noch einmal töten? Obwohl sie nur töten können, wenn mein HERR es erlaubt. Sollen sie ruhig Jahr für Jahr ratschlagen, Messer wetzen, Zähne blecken. Sie können uns töten, aber unsern HERRN können sie nicht töten. Wenngleich die Not nicht ablässt, so habe ich doch einen mächtigen und starken Rückhalter, der mir beisteht, dass es mir leicht wird, zu kämpfen. Wer ist das? Der große HERR selber!“ Was für ein großer HERR ist doch Christus für Luther nach diesen seinen Worten! Kein Wunder, dass er von der Coburg aus an Melanchthon und seine Mitstreiter die schönsten Trost- und Ermutigungsbriefe geschrieben hat. Einer von ihnen schließt mit dem berühmten Satz: „Lieber Philippus, wenn nicht geschieht, was wir wollen, dann das, was besser ist.“ Wer groß von Christus denkt, kann am besten trösten.

            Dieses mutige Vertrauen inmitten der Stürme der Zeit und die Freude über den gegenwärtigen Christus ist wohl in keinem Lied eindrucksvoller gedichtet worden als in dem Lied des Rechtsanwalts und Bürgermeisters von Guben an der Neiße Johann Franck, der es 5 Jahre nach dem 30-jährigen Krieg schrieb: „Jesu, meine Freude“. Johannes Sebastian Bach hat diesen Choral in einer Motette mit weiteren Bibelabschnitten aus Römer 8 wunderbar vertont.

            Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier:

            Ach wie lang, ach lange ist dem Herzen bange und verlangt nach Dir!

            Gottes Lamm, mein Bräutigam, außer Dir soll mir auf Erden nichts sonst Liebers werden.                     Unter deinem Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei.

                        Lass den Satan wettern, lass die Welt erzittern, mir steht Jesus bei.

                        Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sünd und Hölle schrecken,

                        Jesus will mich decken.

            Trotz dem alten Drachen, Trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu!

            Tobe, Welt, und springe; ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh. – Gottes Macht

hält mich in acht, Erd und Abgrund mag verstummen, ob sie noch so brummen.

            Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein.

            Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben lauter Freude sein.

            Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst Du auch im Leide

            Jesu, meine Freude.

 

3. Juli 2004                                                                                         Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün