62. Bibelkurs                                                                                                                             BK 62

 

                             Gott lenkt alles Geschehen

                   - unter den Völkern und in unserem Alltag

 

            Als Pastor Heinrich Kemner aus der Lüneburger Heide zum letzten Mal auf der Pfingsttagung in Bobengrün sprach (1985), war er in unserem Pfarrhaus in Geroldsgrün untergebracht. Ich nützte die Gelegenheit, mit ihm noch einige Gespräche zu führen, – weil ich ahnte, dass es wohl die letzte Begegnung mit ihm sei (er wurde 1993 im Alter von 90 Jahren von Gott heimgerufen). Ich fragte ihn: „Heinrich, was ist die Summe deiner ganzen Theologie?“ Er antwortete mit einem Luther-Wort: „Gott hat Seine Hand in allem Geschehen.“ Ich musste noch oft an dieses Wort denken. Denn normalerweise beherrscht uns dieser Gedanke nicht oft. Meist haben wir den Eindruck, dass es in der Welt mehr oder weniger „drunter und drüber“ gehe und erkennen nicht, dass alles nach einem göttlichen Plan abläuft. – Nach der Bush-Wahl in Amerika im Nov. 2004 schrieb eine unserer großen Zeitungen: „In den USA gibt es anscheinend doch viele Bürger, die meinen, dass Gott die Geschichte lenkt.“ Ist das wirklich so? – fragen viele.

I. In der Bibel ist es ein durchgehender Gedanke, dass Gott alles Geschehen nach Seinem Plan

 steuert. Wir schenken ihm nur zu wenig Beachtung. 

 Einige Bibelstellen zeigen das deutlich:

Gott lenkt die Herzen der Könige wie Wasserbäche.“ Sprüche 21, 1

Gott setzt Könige ab und setzt Könige ein.“ Daniel 2, 21

Gerade im Buch Daniel, in dem viel von Weltpolitik die Rede ist, findet sich 12 Mal der Gedanke, dass Gott die Geschicke der Nationen lenkt, wie in Kap. 4: „der Höchste hat Gewalt über die Königreiche der Menschen und gibt sie, wem ER will.“ Aber auch in den kleinen Dingen des Alltags verläuft alles nur so, wie es Gott haben will. Jesus hat das in zwei bekannten Worten gesagt: „Es fällt kein Haar von eurem Haupt – und auch kein Spatz vom Baum ohne die Genehmigung des Allmächtigen.“ Ja selbst der Satan kann nicht machen, was er will. Auch er braucht die Erlaubnis des Allerhöchsten. Er wollte Hiob, den Knecht Gottes, der ihm ein Dorn im Auge war, testen und schikanieren. Aber Gott setzte ihm Grenzen – und die musste er einhalten. Gott sagte zu Satan: „Du kannst ihm Krankheiten auferlegen – aber das Leben darfst du ihm nicht nehmen.“ (Hiob 2). Satan musste sich dem göttlichen Willen beugen. – Im Psalm 139 werden uns die Gedanken geschildert, die sich Gott über uns Menschen macht. Es fällt einem auf, dass Gott sogar die kleinsten Dinge in unserem Leben beachtet: „ER kennt alle meine Gedanken, - ER weiß schon im voraus, was wir sagen, - ER begleitet uns, selbst wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit ans Ende des Universums entfliehen könnten, - ER sieht uns, bevor wir gezeugt werden.“ Kein Wunder, dass David in diesem Psalm zwei Mal sagt: „Das ist mir zu hoch. Das kann ich nicht begreifen.“ So geht es uns oft bei göttlichen Dingen, - und eben auch bei der Frage: Wer lenkt eigentlich das ganze Weltgeschehen? Die göttliche Wirklichkeit ist so, wie es Kemner am Ende seines Lebens formulierte: „Gott hat Seine Hand in allem Geschehen.“ Gott steuert den ganzen Kosmos – im Großen und auch im Kleinen.

II. Warum fällt es uns so schwer, das zu begreifen? Es kommen uns oft sogar die entgegengesetzten Gedanken: „In der Welt regiert das Böse, das Gute kann sich einfach nicht durchsetzen.“ „Die Leute machen doch, was sie wollen – vor allem die Medien, <die Oberen>, die Politiker, besonders die Diktatoren.“ Diese Gedanken sind sehr verbreitet. Der bedeutende englische Historiker Herbert Butterfield (gest. 1979), der die deutsche Geschichtsschreibung nach 1945 geprägt hat – und der auch Christ war, schreibt in seinem letzten Buch: „Du wirst das Wirken Gottes in der Geschichte niemals sehen, wenn du nicht Gott in deinem eigenen Leben gefunden hast. – Gott beeinflusst jedes Geschehen, arbeitet in allen Details unseres Lebens, - ist aktiv in jedem Augenblick und in jedem Ereignis. Ohne diese Überzeugung gibt es keinen echten Glauben, kein wirkliches Leben mit Gott und kein wirksames Gebet.“ Ein gottloser Mensch wird hier nur den Kopf schütteln. Aber auch die Christen haben da Probleme. – Als Elisabeth Elliot im Missionsdienst in Equador nach 2-jähriger Ehe (mit einem Baby) 1956 ihren Mann plötzlich verlor (von den Auca-Indianern mit vier anderen verheirateten jungen Missionaren ermordet – und sie hatten viel gebetet für diesen ersten Einsatz!), da kam sie sehr ins Fragen. Sie schreibt dazu in einem Buch: „Gott gab den Auca-Indianern nicht den Befehl, die Speere zu werfen. <ER hat es zugelassen> scheint mir keine angemessene Ausdrucksweise zu sein. Heute klingt das sogar unsinnig in meinen Ohren, weil der HERR der Heerscharen absolut souverän ist. ER beherrscht das Universum, ER hat die Kontrolle über mein Leben. Im Lauf der Jahre begann ich zu erkennen, dass in einem gewissen Sinn alles, was uns begegnet, eine Gabe Gottes ist – selbst meine Witwenschaft. Gott hat mehr getan als nur <erlaubt> - <zugelassen> - ER hat mir eine Gabe zugewandt – die Witwenschaft.“ Elisabeth Elliot beschreibt hier eine wichtige biblische Erkenntnis, - die aber leider nur selten zu finden ist. Denn wie oft hört man: „Wie kann Gott das zulassen?“ Wer so redet, verrät, dass er die biblische Denkweise nicht kennt. In der Bibel kommt das Wort „zulassen“ niemals vor. „Zulassen“ bedeutet so viel wie: es kommt mir bei meiner Arbeit jemand dazwischen, der etwas von mir haben will, - ich gebe ein bisschen nach, ändere meinen Plan etwas, erlaube dem anderen sein Vorhaben und mache dann weiter. So erleben wir es im Alltag. Aber auf Gott kann man das unmöglich übertragen. Gott ist souverän. ER ist ein HERR, der Seine Pläne macht und genau so, wie ER es sich gedacht hat, durchführt. ER lässt sich von niemand das Konzept verändern. Seine Pläne sind gründlich durchdacht, niemand könnte sie besser machen. ER besitzt unendliche Weisheit, hat unbegrenzte Macht, um alles Geplante auch auszuführen – und hat eine ganz große Liebe zu denen, die Seine Kinder sind, - deshalb führt ER sie auch nur die besten Wege. Das ist der Sinn des bekannten Apostelworts: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ (Römer 8, 28) – Dies zu begreifen ist nicht leicht. Elisabeth Elliot hat Jahre dazu gebraucht. Je mehr wir die Bibel studieren und Gott um Seinen Geist bitten, um so besser werden wir es verstehen. Aber wenn wir nicht zu dieser Sichtweise gelangen, werden wir oft vor unlösbaren Rätseln stehen, den Weltlauf nicht verstehen und werden auch von einer inneren Unruhe erfasst. Hier wird deutlich, dass der biblische Friede etwas ist, was nur Gott geben kann – nicht die Welt, wie Jesus sagt. Dieser Friede ist eine innere Ruhe, die sich sagt: „Wir brauchen keine Angst zu haben. ER hat alle Fäden in der Hand. Es verläuft alles nach Seinem Plan. Deshalb keine Hektik! ER führt richtig. ER meint es nur gut mit uns – Seinen Kindern!“ Von diesem Frieden sagt Paulus: „er ist höher als alle Vernunft“ (Philipper 4, 7), d.h. auch die Intellektuellen – und wir alle - werden es mit dem Verstand niemals begreifen, - bleiben also in der inneren Unruhe, - werden viel von Zweifeln geplagt. Von daher ist der berühmte Satz des Kirchenvaters Augustin (er hatte vor seiner Bekehrung mit 30 Jahren viel und gründlich studiert, - er war ein Genie!) zu verstehen: „Unser Herz ist unruhig in uns, bis es Ruhe findet, Gott, in Dir!“

            Es hat oft Ereignisse und Katastrophen in der Geschichte gegeben, die auch die Klügsten nicht erklären konnten:

·         Das Erdbeben von Lissabon (1755), das ganz Europa geistig erschütterte. Am 1. November – Allerheiligen – vormittags 10 Uhr, als wegen des großen Feiertags alle Kathedralen und Kirchen der portugiesischen Hauptstadt voll besetzt waren, ereignete sich diese schreckliche Katastrophe. In wenigen Minuten gab es 30.000 Tote. Im 1000 km entfernten Luxemburg stürzte eine Kaserne ein und begrub 500 tote Soldaten unter den Trümmern. Selbst der Philosoph Immanuel Kant im fernen Königsberg spürte das Erdbeben. Der franz. Philosoph Voltaire hat sich monatelang in seinen Briefen damit herumgeschlagen und fand keine Lösung, - versank nur noch tiefer in seinem Atheismus. Viele sahen es als Gottes direktes Eingreifen gegen die Inquisition, weil die „Ketzer“ immer am Allerheiligentag zum Scheiterhaufen geführt wurden.

·         Die Pest im Mittelalter hatte oft katastrophale Auswirkungen (vor allem 1348-50). Nürnberg hat 30 Pestepidemien erlebt. 1634, auf dem Höhepunkt des 30-jährigen Krieges, verzeichnete Nürnberg 35.000 Leichen bei 50.000 Einwohnern. Die Pest wurde allgemein als Strafe Gottes für die Sünde der Menschen angesehen. Hans Sachs dichtete: „Von wegen unsrer großen Sünd’, so Gottes Zorn hat angezündt...“. Bei den Beerdigungen wurde meistens gesungen: „Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen...“ – Es ist bezeichnend, dass die Antwort auf diese Katastrophen der Ruf zur Buße war – nicht das anklagende „Warum?“ – so sahen es auch die Propheten im Alten Testament. Heutzutage sind solche Bußrufe im Raum der Kirche kaum mehr zu hören. - In der Geschichte gibt es oft Beispiele, dass christlich geführte Nationen allgemeine Buß- und Gebetstage ausriefen, wenn das Volk von einer Katastrophe heimgesucht wurde. Das ist die biblische Weise, Schicksalsschlägen vor Gott zu begegnen und ein gnädiges Handeln Gottes zu erbitten. In der Bibel steht immer am Anfang eines Neu-beginns die Buße (griechisch heißt es wörtlich: umdenken). Das ist auch die Bedeutung des alten deutschen Wortes „Heimsuchung“ für Schicksalsschläge: ein Volk sollte in schweren Zeiten wieder zurück zu Gott heimfinden. – Wenn Buße fehlt, helfen alle Appelle ans Volk nur wenig. Gott schaltet sich erst helfend ein, wenn die Menschen umdenken.

Auch in Katastrophen und Umbrüchen lenkt Gott die Geschichte, - ist ER am Werk, um Seinen geheimen Plan auszuführen. Das können wir an einigen Beispielen in der Bibel erkennen:

 

 

III. Beispiele aus der Bibel (für die These: Gott lenkt die Geschichte)

 

1. „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott Seinen Sohn...“ (Galater 4, 4) Das ist ein markanter Vers

des Apostels Paulus über die Geburt Jesu vor 2000 Jahren. Prof. Helmut Thielicke hat in seinen

Vorlesungen in Tübingen immer darauf hingewiesen, dass diese Feststellung umfassend zu verstehen ist. Es gingen mit dem Erscheinen Jesu auf der Erde nicht nur eine ganze Reihe von Prophezeiungen aus dem Alten Testament in Erfüllung – sondern die Geburt Jesu fand zu einem Zeitpunkt statt, der nicht besser hätte sein können für eine rasche Verbreitung des Evangeliums. Die „Rahmenbedingungen“ dafür waren hervorragend. Gott wählte sozusagen in Seiner Weisheit für Seinen Plan der Erlösung die günstigste Epoche in der Geschichte der Menschheit aus. 400 Jahre lang waren seit dem letzten Propheten des Alten Testaments vergangen – eine lange währende „Schweigezeit“ Gottes - (auch Israel musste in Ägypten 430 Jahre lang auf den Exodus durch Mose warten!) – bis der von Gott ausgesuchte Zeitraum da war und ER Seinen Sohn auf unsere Erde sandte. Diese Zeit war in mehrfacher Hinsicht ideal für den Beginn des Reiches Gottes auf Erden. - Welches waren diese günstigen Voraussetzungen?

·         Alexander der Große hatte in 13 Jahren (von 336 bis 323 v.Chr.) in einem einmaligen Siegeszug ein Weltreich aufgebaut, das von Griechenland bis Persien reichte. Er ist der erste Herrscher in der Geschichte, der den Beinamen „der Große“ erhalten hat. Er starb 323 mit 32 J. im Gartenpalast Nebukadnezars in Babylon. Die griechische Sprache führte er als Weltverkehrs-sprache ein. Die Römer, die sein Erbe antraten, setzten diese „Hellenisierung“ fort. Seltsamer-weise behielten sie die griechische Sprache bei. Staatlich und militärisch waren sie die Herren der Welt, aber kulturell und philosophisch waren ihnen die Griechen überlegen. Eine einheitliche Sprache in einem sehr großen Gebiet – das ist für eine Bewegung, deren wichtigstes Instrument eine Botschaft ist, eine großartige Voraussetzung. Hier war der Boden bereitet für die Ausbreitung des Neuen Testaments, das im allgemeinen Volks-Griechisch geschrieben ist.

·         Das Römerreich schuf eine große Organisation. Der Kaiser Augustus war der erste römische Kaiser, der nach 200-jähriger Kriegszeit eine lange Friedensperiode einleitete. Das war ebenfalls günstig für die Reisen der Apostel und Missionare der ersten Christen. Denn Kriege erschweren solche strapaziösen Reisen ungeheuer oder machen sie sogar unmöglich.

·         Die jüdische Diaspora (= die Zerstreuung der Juden) war nach der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 ungeheuer angewachsen. In Alexandria (von Alex. d.Gr. gegründet!) lebten 100.000 Juden (50%), in Rom 50.000. Die Synagogen waren ein guter Anknüpfungspunkt und eine große Hilfe, die Christus-Botschaft zu verbreiten. Weil Paulus häufig in Küstenstädten predigte, hatte er über die ansässigen Juden schnell Kontakt zur Bevölkerung. Das war ein großes Plus für die Apostel! – Im 1. Jahrhundert v.Chr. wurde in Alexandria (wo sich die größte Bibliothek des Altertums befand) das Alte Testament ins Griechische übersetzt, die sog. Septuaginta (= LXX). Sie war die Bibel der ersten Christen. Paulus hat sie meistens bei seinen Zitaten in seinen Briefen benützt. Auch das hat die Ausbreitung des Evangeliums gefördert.

·         Der moralische Niedergang im Römerreich ging immer schneller. Ein Beispiel dafür ist das Kolosseum in Rom, das im J. 80 n.Chr. mit 54.000 Sitzplätzen gebaut wurde, weil der Andrang zu den Spielen mit Tierhetzen, Seeschlachten, Kämpfen immer größer wurde. Bei der Einweihung, die 120 Tage dauerte, mussten 12.000 Tiere und 10.000 Gladiatoren (fast 100 pro Tag!) ihr Leben lassen. In dieser sittlich verrohten Zeit waren viele Menschen offen, als sie die Botschaft von einem neuen Leben in Christus hörten.

·         Auch im religiösen Bereich war ein großes Suchen entstanden. Die Begegnung mit Persien und Ägypten brachte neue Kulte, die eine starke Anziehungskraft ausübten. Interessant ist, dass alle diese Religionen Erlösungsreligionen waren. Wie werden da manche gelauscht haben, als sie von Jesus, dem von Gott gesandten Erlöser, gehört haben!

·         Eine große Erwartung war damals allgemein in der Völkerwelt zu verspüren. Der römische Dichter Vergil, der im 1. Jahrhundert vor Chr. lebte, schrieb in seinem berühmten Werk, der Äneis, von einem Kind, welches das Goldene Zeitalter zurückbringen wird.

Dass Rom und Hellas (= Griechenland) im Mittelmeerraum die dominierenden Kräfte wurden, hat auch noch andere historische Hintergründe. Zwei Schlachten waren dabei entscheidend:

·         480 v.Chr. wurde die gewaltige Flotte der Perser in der Seechlacht bei Salamis (Nähe Athen) von den Griechen geschlagen. (50.000 Griechen gegen 500.000 Perser, – zehnfache Über-macht!). Der Traum eines persischen Weltreichs war zerschlagen.

·         202 v.Chr. besiegten die Römer bei Zama (südl. von Karthago) die Armee der Karthager, ob-wohl der geniale Hannibal (mit seinen Elefanten über die Alpen!) 216 v.Chr. die Römer in Cannae geschlagen hatte, - aber Rom nicht einnehmen konnte. Um 150 v.Chr. machten die Römer Karthago dem Erdboden gleich. Sie stiegen nun zur führenden Macht im Mittelmeer-raum auf.

2. Die Propheten im Alten Testament bringen oft Prophezeiungen über die großen Völker, die Israels Nachbarn waren: Ägypten, Babylon, Persien ... Über 30 Kapitel finden wir dazu bei den

großen Propheten Jesaja (Kap.13-23;34), Jeremia (Kap. 25;46-51), Hesekiel (Kap. 25-32), Daniel. In den „Sabbat-Psalmen“ 95-99 und 29 (die immer am Anfang eines Gottesdienstes in der Synagoge gebetet werden), werden 23 mal die Völker erwähnt im Sinne des Verses: „Sagt unter den Heiden: Jahwe ist König. ER hat den Erdkreis gegründet. ER regiert die Völker recht.“ (Psalm 96, 10) Jesaja bringt diese biblische Sicht in einem kühnen Bild für das Volk Israel in Babylon: „Siehe, die Völker sind bei Gott wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage.“(Jesaja 40) – also auch die Weltmacht Babylon ist in Gottes Augen nur ein Wassertropfen! Bei den Propheten ist es eindeutig: Gott steuert die Schicksale der Völker rund um den Globus.

 

3. Gott lenkt mit großer Präzision. Das ist eigentlich zu erwarten, denn Gottes Allmacht reicht bis ins kleinste Detail. Deutlich wird es in zwei Bereichen: im Kosmos (in der Natur) und in der Geschichte. Es ist auffällig, dass es in den Psalmen einige gibt, die vom Walten Gottes in der Natur und in der Geschichte reden (Psalm 19; 33; 135; 136; 147). In beiden Bereichen lenkt Gott das Geschehen. – Israel verließ Ägypten beim Exodus „... und kein Schuhriemen blieb zurück.“ (5. Mose 29, 4) Die ganze ägyptische Armee ertrank in den Fluten „... und nicht ein Ägypter blieb zurück.“ (2. Mose 15). Führende Köpfe sagen, dass die Naturwissenschaften im Abendland auf der Grundlage des christl. Glaubens entstanden: wenn das Universum von Gott geschaffen wurde, dann muss es eine perfekte Ordnung haben. Und die wollte man studieren. Isaak Newton in England (gest. 1727; der „größte Naturwissenschaftler“- sagte M.Planck), u.a. der Entdecker der Schwerkraft, hat viele naturwissenschaftliche Werke geschrieben, - aber noch mehr über theologische Themen. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mit der Offenbarung des Johannes.

  Zwei Beispiele für Präzision im Weltall: Der berühmte Halley’sche Komet erscheint alle 76 J. an unserem Himmel. Man kann das Datum seines Erscheinens viele Jahre vorher bis auf den Tag vorausberechnen. Er wurde schon vor Christi Geburt zum ersten Mal entdeckt. Zum letzten Mal wurde er 1986 gesehen. – Die Raum-Sonde Voyager II wurde mit Raketen 1977 gestartet (mit einer Geschwindigkeit von 42 sec. für die Strecke München-Hamburg!). Sie sollte Fotos von unseren Planeten machen. Sie war 12 Jahre unterwegs bis zum vorletzten (dem 8.) Planeten Neptun, und brachte von ihm und allen anderen gestochen scharfe Bilder. Warum? Weil die Planetenbahnen so exakt verlaufen, dass man die Begegnungen auf die Minute genau berechnen konnte. - Diese Präzision gilt für das ganze Weltall. Für die Berechnungen unserer Wissenschaftler bildet das die Grundlage. - Sie gilt aber auch für den Alltag, wenn z.B. Jesus sagt: „Es fällt kein Haar von eurem Haupt ohne den Willen meines Vaters“ – auch jede winzige Kleinigkeit lenkt Gott.

 

4. Israel denkt geschichtlich. Die Historiker sagen: Die Hebräer sind eigentlich die „Erfinder“ der „Geschichte“. Sie waren die ersten, die Geschichte aufschrieben. Warum? - weil sie merkten, dass Jahwe, ihr Gott, in die Geschicke ihres Volkes eingriff, - und weil sie erfuhren, dass Jahwe Seine Verheißungen erfüllte (z.B. bei Abraham und seinem Sohn Isaak, - beim Exodus aus Ägypten und dem Zug ins verheißene Land – mit großen Hindernissen unterwegs!). Das war es ihnen wert, aufgeschrieben zu werden. Die großen Kulturvölker der Antike bringen in ihren uns erhaltenen Schriften nur Listen von eroberten Ländern, Vasallen-Königen und Verträgen – aber keine „Geschichte“, - von Göttern, die in die Geschichte eingreifen, schon gar nichts. Das hat eine große Bedeutung: Jahwe, der Gott Israels, ist ein lebendiger Gott und ein mächtiger Gott. Die Hebräer kennen das Wort „Zufall“ nicht. Für sie ist hinter allem, was passiert, die Regie Jahwes. Deshalb sind die großen Feste Israels mit großen Ereignissen aus ihrer Geschichte mit Jahwe verbunden (nicht mit Legenden, Sagen oder einfach irgendwelchen Anlässen). An den Festen sollte die Erinnerung an die „großen Taten Gottes“ vertieft werden. Die Christen in USA lieben das Wortspiel: „History is His story“ – d.h.: „Geschichte ist Seine Geschichte“. Das ist genau die biblische Auffassung. Im Dritten Reich hieß es anders (und viele denken heute noch so!): „Männer machen Geschichte!“. Das stimmt nicht! – Gott macht die Geschichte. – In die Praxis des Alltags umgemünzt heißt das: auch mein Leben steuert ein großer und mächtiger Gott, ich bin nicht dem Zufall oder bösen Mächten ausgeliefert! – Alle Jahreszahlen in den Zeitungen, Medien und Bibliotheken sind in der ganzen Welt (bis auf einige wenige Ausnahmen) nach Christus gerechnet. Das lässt sich nicht mehr ändern. Damit ist dokumentiert: Gott hat die Geschichte der Menschheit geformt. ER ist der HERR der Geschichte. – Selbst der Philosoph Gg. Wilhelm Friedrich Hegel sagte: „Jesus Christus ist der Mittelpunkt der Geschichte.“

 

5. Israel – der kräftigste Beweis für den Gott der Bibel. Das hat selbst der sehr skeptische

König Friedrich II. von Preußen zugegeben. Als er seinen Reitergeneral von Zieten (der ihm als Christ bekannt war) fragte: „Beweise er mir seinen Gott!“, gab dieser seinem König nur die kurze

Antwort: „Majestät, die Juden!“ – und der schlagfertige König schwieg. – Wer die Geschichte Israels studiert, bekommt einen starken Eindruck vom planenden und steuernden Handeln Gottes. Man braucht nur die letzten 100 Jahre verfolgen. Die Propheten hatten mehrfach vorausgesagt: Gott wird das auserwählte Volk Israel einmal wieder in Sein Land zurückholen. Wer hätte das gedacht, dass Gott nach fast 2.000 Jahre langer Verfolgung Israels diesen Plan – trotz größter Hindernisse – in die Wirklichkeit umsetzt:

1896 schreibt der Wiener Jude Theodor Herzl das Buch „Der Judenstaat“. Diese Idee wirkt wie ein Funke, der ein großes Feuer entfacht. Die ersten jüdischen Einwanderer treffen in Israel ein.

1917 Die „Balfour-Erklärung“ bewirkt, dass England die Schutzherrschaft für Palästina übernimmt und den Juden die Berechtigung zur Ansiedlung in Palästina erteilt. Der Grund für

dieses Entgegenkommen war: der aus Russland stammende Jude Chaim Weizmann, ein

führender Chemiker in England, hatte im 1. Weltkrieg eine wichtige Erfindung gemacht,

Aceton (das zur Herstellung von Munition nötig ist) aus Mais herzustellen. Das hat wesentlich

zum Sieg der Engländer beigetragen. Gleichsam aus Dankbarkeit hat England den Wunsch

von Weizmann, der in der Bewegung des „Zionismus“ sehr aktiv war und für Palästina als

Heimat Israels eintrat, beachtet. Von da ab sind viele Juden nach Palästina eingewandert.

ab 1920: in Deutschland assimilieren sich die Juden immer stärker, so dass ein völliges Aufgehen

im deutschen Volk zu erwarten ist. Diese Entwicklung wird wie durch einen Schock durch

den Holocaust (jüdisch: Schoa) unterbrochen (ca. 5 Mio. Juden werden durch die Nazis getötet).

1945 Ende des 2. Weltkriegs – und Ende des Holocaust.
1948
am 14. Mai – schon drei Jahre danach wird der neue Staat Israel (nach fast 2000-jähriger

Pause) gegründet. Ben Gurion wird der erste Ministerpräsident und Chaim Weizmann der

Präsident. – Am folgenden Tag beginnen die Araber den Krieg gegen das neue Israel.

Mit den gängigen Gesetzen in der Völkergeschichte kann man das Phänomen Israel nicht erklären. Hier gelangt ein schon lange von Gott festgelegter Plan zur Ausführung. Wer den Nahen Osten verstehen will, muss die Bibel studieren, - sonst bleibt ihm Israel immer ein großes Rätsel. Und der Plan Gottes geht weiter. Der Prophet Daniel schreibt: „Wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, wird dies alles geschehen.“ (Daniel 12, 7) Die Rückkehr Israels ist das deutlichste Signal, das auf Jesu Wiederkunft hinweist.

 

6. Kleine Ereignisse spielen oft eine große Rolle in der Geschichte.

 

·         Die kleinen Ereignisse (viele nennen sie „seltsamer Zufall“) sind schwer zu erklären – für Christen aber sind sie ein Zeichen für die unsichtbar lenkende Hand Gottes. Der britische Historiker G. Parker schrieb vor einigen Jahren eine große Biographie über König Philipp II. von Spanien aus Anlass dessen 400. Todestags 1996 (er arbeitete daran 30 Jahre lang). Dieser span. König (sein Vater war Kaiser Karl V. – der Widerpart Luthers) wollte als erster König ein Weltreich in Europa aufbauen. Dazu plante er 1588 eine Invasion in England mit der großen „Armada“ (160 Schiffe, schwerstbewaffnet). Aber 4 Wochen vor dem Start stirbt sein führender Admiral – und während der großen Schlacht bricht ein gewaltiger Orkan aus, der die Niederlage der Spanier besiegelt. Der Historiker bringt an dieser Stelle die Anmerkung: „Man kann in der Geschichte feststellen, dass manchmal kleine Ereignisse gewaltige Auswirkungen hatten.“ Die damalige engl. Königin Elisabeth I. ließ nach dem Sieg eine goldene Medaille prägen mit der Inschrift: „God blew with His wind and they were scattered“ (= Gott blies mit Seinem Wind und sie wurden zerschmettert!).

·         Ähnlich war es bei der Entscheidungsschlacht gegen Napoleon bei Waterloo 1815 (südlich von Brüssel). Stefan Zweig hat es in dem Büchlein „Sternstunden der Menschheit“ großartig beschrieben. Es ging nur um einige Minuten. Ein hoher Offizier Napoleons muss eine große Entscheidung treffen. In seinen zitternden Händen hält er ein Blatt mit dem Befehl Napoleons – zum Abwarten. Aber am Horizont sieht man schon die Preußen kommen. Man drängt ihn zum

Eingreifen. Er hat nicht den Mut dazu. Seine Zögerlichkeit besiegelt die Niederlage. Napoleon wird in die Verbannung auf die brit. Insel St. Helena gebracht, wo er starb.

·         Die „Wende“ 1989 am 9. Nov. war für unser Volk „das größte Ereignis der deutschen Geschichte“ schrieb der bedeutende Journalist Johannes Gross. Bis heute ist die „Wende“ auch für Historiker noch ein Rätsel. Unklare Telefonate, Missverständnisse und ähnliche Kleinigkeiten hatten zur Folge einen historischen Wendepunkt. Pfr. Führer von der Nicolai-Kirche in Leipzig (wo die Friedensgebete abgehalten wurden) sagte bei einer Tagung zum 10. Jubiläum auf Schloss Elmau: „Die Wende war ein Erfolg der Gebete der Christen.“

 

IV. Kann man die göttliche Steuerung des Weltgeschehens beeinflussen?
  
Im ersten Moment denkt man bei dieser Frage: Welcher große Chef wird sich schon bei seiner Planung dreinreden lassen? Aber die Bibel sagt mehrmals, dass Gott zu Änderungen Seines Plans bereit ist, wenn wir IHN im Gebet darum bitten. Bei den sündigen Städten Sodom und Gomorra kann man das klar erkennen (1. Mose 18). Gott hatte ihren Untergang beschlossen. Abraham hätte durch seine Gebete für die beiden Städte Rettung bewirken können, wenn wenigstens ein halbes Dutzend Gläubige dort gewesen wären.

            Nicht ein Theologe sondern der Historiker Butterfield, Prof. für Neue Geschichte in Cambridge, hat eine große Lanze für das Gebet im Blick auf das Völkergeschehen gebrochen, wenn er schreibt: „Was Christen im Gebet tun, ist der bedeutsamste Faktor in der Gestaltung der Geschichte der Menschheit, - wirksamer als Krieg und Diplomatie, wirksamer als Technik und Kunst.“ – Wir haben die Wahrheit dieses Satzes bei der „Wende“ 1989 erlebt – und wir sind nicht die einzigen, die das bestätigen können. – Die Belagerung Jerusalems im Jahre 701 v.Chr. durch die Assyrer war die letzte Station des unaufhaltsamen Siegeszugs des Königs Sanherib. Er war sich seines Sieges so sicher, dass er sich in Spottreden über Jerusalem lustig machte. Was tat der König Hiskia? Er ging mit dem Brief Sanheribs in den Tempel und betete: „Jahwe Zebaoth, Du Gott Israels, Du thronst über den Cherubim, Du bist allein Gott über alle Königreiche auf Erden, Du hast Himmel und Erde gemacht...“ (Jesaja 36+37). Hiskia betete in der richtigen Einstellung: Jahwe, ihr Gott, ist ein großer Gott, - ist der einzige Gott im All, - ist der Schöpfer des Universums, - regiert über alle Könige auf Erden. Hiskia vertraute diesem großen Gott – und Gott handelte, - genau, wie es in Psalm 37, 5 heißt: „Befiehl dem HERRN deine Wege und vertraue auf IHN, so wird ER handeln.“ –            Am nächsten Morgen „lag alles voller Leichen“: 185.000 tote Assyrer.

Der große Theologe August Tholuck, Prof. in Halle (gest. 1877) sagte: „Wer betet, nimmt Teil an der Weltregierung Gottes.“ Der Schweizer Atomphysiker Max Thürkauf, der die franz. Atombombe mitbaute, - ein gläubiger Katholik - , sprach auf einer Pastorentagung in Krelingen und bat eindringlich die Pfarrer: „Betet für die Labors unserer Wissenschaftler, denn da fallen große Entscheidungen.“ Er war der Überzeugung, dass die Sowjet-Russen 1945 Österreich wieder verließen, weil die Christen gebetet haben. – Und aus jüngster Zeit ist Haiti ein großartiges Beispiel. Nicht die (verbotenen) Demonstrationen sondern die Gebetsversammlungen bewirkten, dass Haiti am Anfang des Jahres 2004 (zum 200. Jubiläum der Staatsgründung) nicht dem Voodoo-Kult – wie Präsident Aristides geplant hatte – geweiht wurde. Gott hat wunderbar auf die Gebete der Christen dort geantwortet. Im heutigen Parlament von Haiti ist jeden Donnerstag-Morgen eine christl. Andacht und der Präsident des Landes liest täglich in der Bibel. – An diese Fakten sollten wir denken, wenn wir die großen politischen Probleme der Gegenwart vor uns sehen: wie wird es sich in der Ukraine entwickeln? – wie wird es mit dem Beitritt der Türkei in die EU? – Die Gebete der Christen werden den Ausschlag geben, - sie gestalten auch die hohe Politik mit.

            Psalm 2 am Anfang des Psalters, des Gebetbuchs der Christenheit, hat die Christen immer an die Weite des Gebets erinnert: unser Gott beherrscht das Toben der Völker, ER lacht und spottet sogar darüber, ER regiert in allen Bereichen. Das Gebet zu diesem großen Gott bewirkt mehr als alle menschlichen Aktionen. In unser Gebet gehören: die Politiker, die Medien, die Parlamente, die Wissenschaftler, das Fernsehen, die Talk-Shows, das Internet, die Wahlen, die Konferenzen
Und bei allem Beten: dem HERRN vertrauen, dass ER handeln wird!

            Wer betet und dem HERRN vertraut, hat einen tiefen Frieden, - heute sagt man: er hat eine große Gelassenheit, - weil er weiß: „Es kann mir nichts geschehen, als was ER hat ersehen und was mir nützlich ist...“ – „es muss mir alles zum Besten dienen.“ Gott steuert das ganze Universum. ER lenkt auch meine Wege und meine Umgebung. ER führt mich mit unsichtbarer, starker Hand, - ER schützt mich in allen Situationen. Und das alles, weil ER ein großer Gott ist und mich liebhat – um JESU willen.

 

11. Dezember 2004                                                                               Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün