87. Bibelkurs BK 87
(Johannes 1)
Nathanael gehört zu den Ersten, die Jesus um sich sammelt. J. A. Bengel, ein Patriarch unter den Bibelauslegern, schreibt: „In Johannes 1 wird der Anfang der christlichen Kirche beschrieben.“ In den Anfängen sind die Prinzipien versteckt, die für alles Spätere gelten. Deshalb ist es wichtig, die göttlichen Anfänge gut zu studieren (das gilt auch für die ersten Kapitel der Bibel, - für die Genesis = die Anfänge). Es fing alles klein an bei Jesus ( - schon bei Seiner Geburt im Stall von Bethlehem!). ER hat am Anfang Einzelne zu sich gerufen (nicht die Massen!), einen nach dem andern. ER sucht keine Experten, ER sammelt keine Elite. Die ersten Sechs Seiner Mannschaft sind alle Fischer, einfache Leute. Es fängt so an, wie ER es selbst später im Gleichnis sagt: „Das Himmelreich ( = der Herrschaftsbereich Gottes) ist am Anfang so klein wie ein Senfkorn, - das kleinste unter den Samenkörnern! Aber daraus wird später ein sehr großer Baum.“ (Matthäus 13) – Hier zeigt sich schon für heutige Menschen eine Schwierigkeit: Die meisten wollen gleich groß an-fangen, - wollen möglichst bald viele Leute und Erfolg sehen. Aber Gott arbeitet anders.
In drei Tagen hat Jesus die Hälfte Seiner zwölf Apostel zu sich gerufen, - sie sind auch die bekanntesten. Den Anfang bilden Johannes (wohl mit seinem Bruder Jakobus, meint der bekannte Bibelausleger W. Wiersbe), dann Andreas und sein Bruder Simon Petrus und endlich Philippus und Nathanael, der auch den Namen Bartholomäus trägt. Von den bekannten Aposteln folgen später Matthäus und Thomas, drei bleiben ziemlich unbekannt: Jakobus, Thaddäus, Simon – und schließlich noch Judas. (Matthäus 10)
I. Gespräche sind wichtig. (Johannes 1, 35-39)
E. Peterson schreibt in seinem letzten Buch („Christ plays in ten thousand places“ 2005): die meisten Menschen hat Jesus durch Einzelgespräche zum Glauben geführt, - nicht bei großen Versammlungen. Einige Beispiele dafür: Nikodemus (Johannes 3), die samaritische Frau am Brunnen, durch die dann halb Sychar für Jesus gewonnen wurde (Johannes 4), der Blindgeborene (Johannes 9), der Zöllner Levi (= Matthäus; Matthäus 9), Zachäus (Lukas 19). Von der großen Menge (über 5000), die Jesus in der Wüste mit Brot versorgte und die eine lange Predigt Jesu über das Brot des Lebens hörten, folgte kein einziger Jesus nach, sie wandten sich alle von Ihm ab (Johannes 6). Darüber sollte man nachdenken! Diese Fakten entwerten nicht große Versammlungen. Jesus freut sich, wenn möglichst viele Sein WORT hören! Aber es wird dadurch doch deutlich, dass wir die Gespräche mit Einzelnen nicht unterschätzen dürfen. Sie sind sehr notwendig. Da wirkt Gott oft mehr als die meisten denken. Es kann Großes daraus werden, was wir am Anfang oft nicht ahnen, - wie es bei dem Städtchen Sychar der Fall war. Gott liebt es, im Verborgenen zu arbeiten, das begegnet uns immer wieder in der Bibel. Jesus beginnt Seine Arbeit, indem Er mit einzelnen Menschen spricht – und damit legt ER das Fundament für Sein Reich. - Sobald schnelle Erfolge eintreten, ist die Gefahr groß, dass Menschen mehr Ehre bekommen als Gott, dem allein die Ehre gebührt.
Bei diesen ersten Gesprächen Jesu geht es nicht um große Themen, es geht um Alltägliches: „Was sucht ihr?“ – „Können wir heute abend mit Dir zusammen sein?“ – „Ich lade euch ein.“ - „Wir haben gefunden“. Diese ersten „Christen“ ahnen, dass die Nähe Jesu viel bringt. Deshalb wollen sie gleich den ersten Abend mit Ihm verbringen („Rabbi, wo bist Du zur Herberge?“ V.38).
Bei Jesus kann man seine Fragen loswerden, da lauscht man Seinen Antworten, da spürt man, wie ER auf Bemerkungen reagiert, da studiert man seine Mimik. Es hilft uns immer, wenn wir Menschen begegnen, in denen Christus wohnt. Johannes schreibt gleich am Anfang: „Wie viele IHN aber aufnahmen, denen gab ER himmlische Kraft, göttliche Menschen zu werden.“ (Johannes 1, 12) Von Jesus geht eine Kraft aus, der wir sonst nirgends begegnen. Es ist eine Kraft, die heilend wirkt, - die positive Ausstrahlung ist, - die uns verändert, - die uns einfach wohl tut. Darum bringt es uns weiter, wenn wir dorthin gehen, wo Jesus gegenwärtig ist, - wenn wir Menschen begegnen, die Jesus aufgenommen haben. – Die zwölf Männer, die Jesus um sich sammelte, waren rund um die Uhr 24 Stunden am Tag mit IHM zusammen. Das ist so, wie wenn man 15 Jahre lang (8 Stunden pro Tag - und das Wochenende umgerechnet!!) in einer Werkstatt mit dem Meister und anderen zusammen arbeitet. Da lernt man sich besser kennen, als wenn man nur drei Jahre Lehrzeit absolviert. Wenn Jesus Seine Anhänger „Schüler“ (griech. mathätäs; Luther: „Jünger“) nennt und Er ihr Rabbi ist, dann will ER damit zum Ausdruck bringen, dass Seine Nachfolger bei IHM lernen sollen. ER selbst sagt in einem berühmten Ausspruch: „Kommt alle her zu MIR mit Euren Lasten und Problemen ... ICH will euch Ruhe geben ... und lernt von MIR!“ (Matthäus 11, 28). Wir sollen also bei Jesus selbst lernen. Deshalb ist es wichtig, auf Seine Stimme zu hören (und nicht so sehr auf tausend andere Stimmen!), - Seine Meinung in Seinem WORT zu beachten, - mit IHM ins Gespräch zu kommen (im Gebet). Was von IHM kommt, hat mehr wert alles andere, denn es kommt vom Himmel. In der großen Brot-Rede bei der Speisung der 5000 heißt es zehn Mal: „das Brot, das vom Himmel gekommen ist“ – aber die Zuhörer haben das nicht verstanden (Johannes 6). Jesus hat sehr deutlich in dieser Rede gesagt, dass nur bei IHM das wahre Leben zu finden ist. Es ist eigenartig, dass am Schluss von diesen Tausenden kein einziger zu Jesus ging und um Weiterführung bat.
Es fällt auf in den Evangelien, dass Jesus am häufigsten Tischgespräche führt: beim Gastmahl des Zachäus (Lukas 19), im Haus von Maria und Martha (Lukas 10), nach einer lange Wanderung von Jerusalem nach Emmaus (Lukas 24), nach der Auferstehung das gemeinsame Fischessen mit Seinen Freunden (Johannes 21). Dieses Zusammensein bei gemeinsamem Essen war so häufig bei Jesus, dass Seine Gegner Ihn verspotteten: „Er ist ein Fresser und Weinsäufer und hockt dauernd mit Strolchen und zweifelhaften Typen beisammen.“ Die Mahlzeiten hat Jesus gerne zu Gesprächen benützt, um damit Menschen zu einem göttlichen Leben zu führen. Aus welchem Grund wohl wählte ER diese Gelegenheiten?
o Mahlzeiten sind zwanglose, natürliche Zusammenkünfte, wo man sich auch offen über Alltagsprobleme austauschen kann.
o Die Teilnehmer sind nicht anonym. Viele kennen sich untereinander. Dadurch lässt sich leicht eine persönliche Beziehung aufbauen, was Jesus für sehr wichtig hält.
o Es herrscht dabei eine lockere Atmosphäre, die es leicht macht, ehrlich zu sein und die es umgekehrt schwer macht, „Theater zu spielen“. Dieses Milieu ist sehr geeignet, um das Evangelium einzubringen.
o Bei Mahlzeiten ist eine alltägliche Sprache üblich, die leichter zu Herzen geht als ein feierliches Pathos oder ein gelehrter Vortrag.
o Bei Mahlzeiten gibt es in der Regel keine Hektik, da hat man Zeit – das ist gut für geistliche Gespräche. Früher war man sogar beim Zubereiten (Kartoffelschälen!) und auch nachher beim Aufspülen und Abtrocknen lange beisammen
Jesus will die Herzen gewinnen, will eine persönliche Beziehung aufbauen. Dazu braucht es Offenheit und Ehrlichkeit. Und das ist bei Tischgesprächen häufig der Fall. Nicht von ungefähr haben Freunde Luthers, der eine große Gastfreundschaft mit seiner Frau Käthe praktizierte, in den letzten 15 Jahren seines Lebens die Tischgespräche Luthers aufgeschrieben. Von den gesammelten Werken Luthers (86 Bände) sind es immerhin 6 Bände mit den „Tischreden Luthers“. Da sind viele geistliche Kostbarkeiten zu finden. Dies alles sollte uns inspirieren, unsere Tischgemeinschaften zu überdenken.
In den ersten drei Jahrhunderten hat sich der Christusglaube trotz großer Hindernisse (auf Christwerden stand die Todesstrafe ab 100 n.Chr.) gewaltig ausgebreitet – vor allem durch die Botschaft von Mund zu Mund, denn öffentliche Veranstaltungen waren nicht erlaubt. „Es sind namenlose Missionare, Männer und Frauen, reisende Handelsleute, Sklavinnen und Sklaven. Sie sind für die Mission mindestens so wichtig wie die Apostel“ schreibt A. Sierszyn in seiner 4-bändigen Kirchengeschichte. Diese Mission geschieht, indem Christen anderen berichten, wie Christus ihr Leben neu gemacht hat. Das mündliche Zeugnis war damals das Hauptinstrument, um Christus weiterzugeben, denn die Mehrzahl der Menschen waren – noch jahrhundertelang – Analphabeten. Mit Traktaten, christl. Schriften oder sogar Bibeln war nicht viel auszurichten. Das ist 200 Jahre lang der am meisten praktizierte Weg – mit großem Erfolg. Es ist eigentlich auch gar kein Wunder. Denn Christen sind Menschen, in denen Christus selbst lebt (siehe Galater 2, 20 und 10 mal in Römer 16). Und wo Christus, der Auferstandene gegenwärtig ist, da geschieht Großes. Wer Tote auferwecken kann, der kann selbst einen widerwilligen Gesprächspartner verändern. – Christus hat die Menschen mit Seinem gesprochenen WORT gewonnen. ER hat kein einziges Buch geschrieben. - Auch diese Fakten machen uns sehr nachdenklich, wenn wir andere Menschen für Jesus gewinnen wollen.
II. Endlich gefunden! (Johannes 1, 40+41)
Die erste Botschaft, die Andreas an seinen Bruder Simon Petrus weitergibt, lautet: „Wir haben Christus gefunden!“ Das ist die „Entdeckerfreude“, die jeden erfüllt, der nach langem Suchen endlich sein „großes Glück“ gefunden hat. In Christus ist alles enthalten, was der Mensch braucht
und wonach sich ein Mensch sehnt. „In Christus ist die Fülle der Gottheit verborgen“ schreibt Paulus (Kolosser 2, 15). Wer also Christus aufnimmt, wird mit himmlischen Gütern ausgefüllt. Einer der ersten Kirchenväter, Irenäus (Bischof von Lyon, gest. 155, sein Vorgänger im Bischofsamt starb als Märtyrer), der den schweren Kampf gegen die Sekte der Gnosis führte, schrieb „Christus wurde Mensch, damit der Mensch göttlich würde.“ Diese „Wiedergeburt“ ist ein so gewaltiges Erlebnis, dass man es unbedingt weitergeben möchte, - dass man es nicht verschweigen kann. Auch Philippus, der von Jesus selbst gerufen wird, sagt als Erstes, als er Nathanael zufällig trifft: „Wir haben Christus gefunden!“ Auch er war überglücklich geworden und musste das sofort seinem Freund mitteilen. – Wer etwas Wunderbares erlebt hat, dem brennt es auf den Nägeln, das gleich dem Nächstbesten weiterzusagen. Das begegnet uns immer wieder im Alltag (z.B. wenn man ein „Schnäppchen“ gefunden oder einen alten Bekannten getroffen hat). Und wenn es ein göttliches Erlebnis ist, dann ist der Drang noch stärker! – Es ist auch bedeutsam, dass Jesus natürliche Verbindungen beachtet: die ersten Gerufenen sind zwei Brüderpaare und drei von ihnen sind aus demselben Ort, aus Betsaida (Andreas, Petrus, Philippus). Die Bibel betont das immer wieder: die erste Aufgabe sind deine Nächsten (Verwandte, Nachbarn, Kollegen, Freunde...). Es ist ganz im Sinne Jesu, wenn ich für meine „Nächsten“ bete, - wenn ich anderen erzähle, was ich mit Christus erlebt habe, - oder wie ER ein Gebet von mir erhört hat, - wie ich also allgemein Gottes Wirken erfahren habe.
III. Vergebung der Sünden ist unbedingt notwendig.
(Johannes 1, 29+36)
Es ist auffällig, dass Johannes gleich im 1. Kapitel so viel von Johannes
dem Täufer berichtet (neben dem Prolog ein Drittel des Kapitels). Der Täufer
Johannes weist die ersten Nachfolger (Johannes und Andreas) auf Jesus hin mit
dem Wort: „Siehe, das ist Gottes Lamm!“ Beim „Lamm Gottes“ denkt in
Israel jedermann sofort an das Passa-Lamm beim Auszug aus Ägypten, mit dem die
Befreiung aus der Sklaverei eingeleitet wurde – und auch an Jesaja 53, wo vom
„Lamm Gottes“ die Rede ist, das „zur Schlachtbank“ geführt wird „um unserer
Sünde willen“. Johannes und Andreas waren also bei denen dabei, die
„hinauszogen an den Jordan und ihre Sünden bekannten“ (das waren „alle
Leute aus Jerusalem und dem judäischen Land“; Markus 1, 5). Das ist die
Vorbereitungsarbeit, die nötig ist, um Christus aufzunehmen. ER zieht erst ein
ins neue Haus, wenn „die alten Möbel“ (= die Sünden) ausgeräumt sind. Deshalb
kommt man um Sündenbekennen und Sündenvergebung nicht herum, wenn man ein
Christ werden will. Dazu kam Jesus auf die Erde, um das große Problem SÜNDE zu
lösen. Das kann sonst kein anderer! Deshalb schreibt Chr. Blumhardt, der eine
lange Erfahrung als Seelsorger hatte: „Alles, was vom Reich Gottes ist
und kommt, muss auf Erden erst seine Bahn haben.“ Das war die
große von Gott gewollte Aufgabe von Johannes dem Täufer. Deshalb darf das Thema
„Sündenvergebung“ nicht an den Rand geschoben werden. Es ist schließlich der
Hauptauftrag Jesu in unserer Welt, Sünden wegzunehmen. Deshalb hat Gott IHN den
Weg ans Kreuz geführt.
IV. Christus kann Charaktere verwandeln. (Johannes
1, 41+42)
Als Jesus Simon (Petrus) zum ersten Mal sieht, begrüßt ER ihn mit den
Worten: „Du heißt Simon, du sollst jetzt Kephas heißen (das bedeutet: Fels).“
Namengebung hat in der Bibel eine große Bedeutung. Der Name ist nicht „Schall
und Rauch“ sondern Beschreibung des Charakters des Menschen, der den Namen
trägt (das gilt auch für die vielen Namen, die Jesus erhalten hat! siehe BK 60
S.5). Wer die Evangelien liest, lernt Petrus kennen als einen, der oft
„himmelhoch jauchzend“ aber auch schnell „zu Tode betrübt“ ist. Er ist ein wankelmütiger
Typ. Und aus ihm soll ein Fels werden, sagt Jesus – besser gesagt: aus ihm will
Jesus einen Fels machen. Das gilt nicht nur für Petrus. Jesus will aus
jedem, der IHM vertraut, einen Felsen machen. Jesus kann den Charakter
eines Menschen verändern - was in der Regel als aussichtslos erscheint, aber
Jesus hat die göttliche Kraft dazu. Und Petrus ist ein Beweis dafür. Jesus hat
aus Petrus keinen Engel gemacht, aber ER hat ihn verändert. – Jesus gab dem
Brüderpaar Johannes/Jakobus (die Söhne des Zebedäus) den Namen „Boanerges“
(= „Donnersöhne“ – wir würden heute sagen: „Polterer“). (Sie wollten einmal,
wegen verweigerter Gastfreundschaft, von Jesus haben, dass Er Feuer vom Himmel
fallen lässt. Lukas 9. - Sie wollten unbedingt im Reich Gottes die beiden
Ehrenplätze neben Jesus einnehmen. Matthäus 20) Und dieser Johannes ist der
Apostel geworden, der am meisten von der Liebe Gottes geschrieben hat
(„Gott ist Liebe“ 1. Johannes 4, 16) „... wenn ihr Liebe untereinander habt...“
Johannes 13, 35). Diese Wahrheit steckt schon in dem bekannten Wort am Anfang
des Evangeliums: „Wie viele IHN aber aufnahmen, denen gab ER Kraft, dass sie
Gottesmenschen werden.“ (Johannes 1, 12) – Viele Menschen wünschen sich eine
Veränderung mancher Charakterschwächen. Sie finden bei Christus die beste
Hilfe: ER kann! Petrus und Johannes machen uns Mut dabei. – Wer
Leichname lebendig machen kann, der kann auch Charaktere verwandeln. Paulus
selbst ist ein Beispiel: er war ein religiöser Fanatiker und wollte alle
Christen in Jerusalem töten ( – das waren inzwischen schon Tausende! -
Apostelgeschichte 9, 21) - wie die heutigen islamischen Terroristen! – und
Christus hat aus ihm einen glühenden Prediger der Liebe Gottes gemacht. – Auch Jakob
ist ein treffendes Exempel: Er war ein gerissener Betrüger (er betrog seinen
Bruder, seinen Vater und seinen Schwiegervater). Aber Gott machte aus ihm einen
Gottesmenschen – allerdings durch viel Leid und schwere Lebensführungen.
V. Es kommt sehr auf das Motiv an. (Johannes
1, 38)
Die erste Frage, die Jesus an die Fischer Johannes und Adreas richtet,
lautet: „Was sucht ihr?“
oder: „Warum kommt ihr zu Mir?“. Die beiden antworten mit einer Gegenfrage:
„Wo bist Du heute abend?“ und verraten damit: sie möchten gerne mit IHM
zusammen sein. Das freut Jesus. Solche Sucher sind Ihm die liebsten. Dieser
Wortwechsel war nachmittags um 16 Uhr, erinnert sich Johannes. Da ist also bei
ihm eine große Entscheidung gefallen. Sie blieben den ganzen Tag bei Jesus –
und sicherlich ging es bis spät in die Nacht. Einen Tag mit Jesus zusammen
sein, - das vergisst man nicht, das ist mehr als mit einem Engel zusammen zu
sein. In Jesus begegnet uns die himmlische Welt, da verblasst alle irdische
Herrlichkeit. – Die Motivation spielt eine große Rolle bei christlichen Veranstaltungen.
Der Geist Gottes kann auch einen Neugierigen bewegen, - oder einen Musikfan.
Aber am meisten freut sich Jesus über die ehrlichen Sucher. Mit ihnen kommt ER
am schnellsten ans Ziel. Das wird bei Seinen ersten Nachfolgern deutlich.
VI. Nathanael fühlt sich durchschaut. (Johannes 1, 47-49)
Philippus trifft zufällig Nathanael und lädt ihn ein zu Jesus, der ihn
begrüßt mit den Worten: „Du bist ein echter Israelit, ohne Falsch ( = kein
Heuchler). ICH sah dich schon unter dem Feigenbaum.“ Da ist natürlich Nathanael
zunächst sprachlos – aber dann folgt eruptiv ein großes Bekenntnis: „Rabbi,
Du bist Gottes Sohn! DU bist der König in Israel.“ – Einen
Menschen total durchschauen, - das kann nur Gott! Diese Begegnung verändert
Nathanael ( = „Gottesgabe“). Die samaritische Frau am Brunnen erlebte es
ähnlich. In ihrer Heimatstadt Sychar sagt sie zu allen: „Kommt und seht einen
Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe, ob ER
nicht der Messias (der Sohn Gottes) sei.“ (Johannes 4) Damit begann ihre Bekehrung
und sie wurde sehr schnell eine erfolgreiche Missionarin in ihrer Stadt. –
Deshalb meiden manche Menschen christliche Versammlungen oder Gespräche, weil
sie nicht erkannt werden wollen, - weil sie in ihrem Versteck bleiben möchten.
Manche fürchten die Wahrheit, - aber allein die Wahrheit kann uns frei
machen, sagt Jesus (Johannes 8, 32) – und ohne die Wahrheit bleibt man im
Bereich der Finsternis. Wo das Licht ( = Christus) hinkommt, muss die
Finsternis, die Macht des Bösen, weichen. – Paulus schreibt an die Gemeinde in
Korinth: „Wenn ein Ungläubiger zu euch in den Gottesdienst kommt
und es wird prophetisch gepredigt, dann wird das Verborgene in seinem Herzen
offenbar, er fällt nieder auf sein Angesicht, um Gott anzubeten und bekennt,
dass Gott wahrhaftig unter euch ist“ (1. Korinther 14, 24-25). Im
Johannesevangelium wird oft auf dieses „Durchschaut-werden-von-Jesus“
hingewiesen: Johannes 2, 24+25; Johannes 4, 18.19.24
(Samariterin); Johannes 6, 64.70.71 (Judas); Johannes 16, 30;
Johannes 21, 17 (Petrus); auch Matthäus 9, 4: „Jesus sah ihre Gedanken“.
VII. Das Misstrauen des Nathanael. (Johannes 1, 46)
“Was kann von Nazareth Gutes kommen?“ fragt Nathanael, als ihn Philippus
auf Jesus hinweist, der in Nazareth aufwuchs. Nathanael wohnt in Kana, nur 6 km
entfernt, deshalb kennt er Nazareth gut. Dieses Städtchen, in dem sich eine
römische Garnison befand, hatte keinen guten Ruf. Dort wollten sie Jesus nach
Seinem ersten öffentlichen Auftreten in der Synagoge einen Abhang
hinunterstürzen (Lukas 4). Nathanael handelt richtig, indem er alles Neue erst
einmal gründlich prüfen will. Philippus reagiert weise: er diskutiert nicht mit
Nathanael sondern er lädt ihn ein, Christus persönlich kennen zu lernen: „Komm
und sieh!“ Es hilft uns viel mehr, dorthin zu gehen, wo wir Christus
erleben können. ER selber hat mehr Überzeugungskraft als tausend Argumente.
VIII. Christus zeigt eine großartige Perspektive. (Johannes 1,
50+51)
Nathanael war überrascht, weil Jesus so viel von ihm wusste. Jesus sagt
daraufhin prophetisch zu allen sechs Fischern: „ICH werde euch künftig noch
mehr überraschen. Ihr werdet unter einem offenen Himmel leben und werdet
direkte Verbindung mit dem Thron Gottes haben.“ Das ist wirklich
ein großartiger Ausblick in die Zukunft. Das ist eine kräftige Korrektur und
auch Ermutigung für alle, die pessimistisch über ihren künftigen Lebensweg
denken. Das bedeutet nicht, dass das Christenleben ein „Honigschlecken“ ist -
oder ein „Wohlfühlparadies“. Auch wenn wir täglich das Kreuz tragen
müssen, wie Jesus später ganz offen sagt (Matthäus 16, 24), steht aber doch
eines fest: Gott hält zu uns, ER bringt uns durch Dick und Dünn, ER verlässt
uns nicht, wir haben ständig Verbindung nach oben, wir kommen mit IHM auf alle
Fälle an das große Ziel. Diese göttlichen Zu-sagen hat Jesus gleich am Anfang
gemacht. Daran sollten sich Seine Leute immer halten, ganz egal was kommt. Das
sollten sie nie vergessen – auch wenn das Leben später manchmal anders verläuft
als man am Anfang gedacht hat.
· Jesus sagt: „Du wirst noch Größeres sehen.“ Damit meint Jesus nicht nur die bekannten Wunder sondern ER will ganz allgemein sagen: Du wirst oft überrascht sein, wie Gott ein Problem löst, - wie ER unendlich viele Mittel und Wege hat, um aus der Angst herauszuführen. Am häufigsten hat Jesus Seine Leute wegen ihres „Kleinglaubens“ getadelt, das heißt: weil sie zu wenig Gottvertrauen hatten. Sie sollen sich gleich am Anfang einprägen: Jesus weiß immer einen Ausweg, ER wird uns immer mit Seinen Lösungen überraschen. Die Abschiedsreden Jesu schließen mit dem bekannten Satz: „In der Welt habt ihr Bedrängnisse (im Griechischen steht nicht „Angst“!) - aber seid getrost. Ich habe die Welt besiegt.“ – und darum werde ICH jede kritische Situation königlich meistern. (Johannes 16, 33) Das sollten sich Seine Jünger für immer merken! Diese Worte sollten unser Denken regieren – nicht der Sorgengeist! – Positiv denken, das kann man am besten bei Jesus lernen.
· „Ihr werdet die Himmel (Plural!) offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn“. Jesus erinnert hier an den Traum, den Jakob hatte, als er von zuhause fliehen musste (1. Mose 28). Jakob war allein – und doch nicht allein, Engel begleiteten ihn, Gott redete mit ihm. So sind auch Jesu Leute niemals allein. Nicht nur die Engel, sondern Jesus selbst ist mit ihnen. Jesus vergleicht sich mit einer Leiter. ER ist wie eine Brücke, die zum Himmel führt. Später sagt es Jesus noch deutlicher: „ICH bin der Weg – ohne MICH kommt niemand zum himmlischen Vater.“ (Johannes 14, 6) Wer Jesus aufgenommen hat, hat eine direkte Verbindung zur höchsten Instanz des Universums. Mit seinen Gebeten gelangt er an die Schlüsselstelle des Kosmos, von wo aus alles gesteuert wird: die Politik, die Sterne, die Völker, der Alltag, die Menschen - und auch unser Kleinkram. Ohne die Zustimmung des Allmächtigen fällt nicht einmal ein Haar von unserem Kopf. Das ist schier unglaublich – aber es ist die Wahrheit. – Johannes erfährt es in der Offenbarung in einer Vision: ein Engel sammelt in einem Goldgefäß die Gebete der Gläubigen und bringt sie zum Altar Gottes, füllt dieses Gefäß am Altar mit Feuer und entleert es hinunter auf die Erde. Dort geschehen Erdbeben, Blitze, Donner, Stimmen. Das alles sind Auswirkungen der Gebete, die zum offenen Himmel aufstiegen und vom Allmächtigen beantwortet werden (Offenbarung 8). Das bedeutet es, wenn wir einen offenen Zugang zum Himmel und zum Thron Gottes haben.
· „Wahrlich, wahrlich ICH sage euch...“ Mit diesen Worten leitet Jesus die obigen Zusagen ein. Hebräisch heißt es: „Amen, Amen...“ - das ist so etwas wie eine Schwurformel. Jesus verwendet das doppelte „Wahrlich, wahrlich“ 22 mal im Johannes -Evangelium – immer dann, wenn ER ganz Wichtiges sagen will, auf das man sich absolut verlassen kann. Er sagt es bei Streitgesprächen Seinen Gegnern (Johannes 6 + 8), damit sie sich nicht täuschen sollen – oder vor allem zu Seinen Nachfolgern und will damit den Geist des Zweifelns und der Unsicherheit vertreiben, - unter dem viele Christen leiden. Man kann sich nicht oft genug die göttlichen Versprechen und Verheißungen sagen und einprägen, weil sie wahr sind und weil sie zuverlässig sind wie sonst nichts auf der Welt – und weil sie uns helfen:
Christus führt mich. ER hilft mir. ER hat Kraft, alles zu verändern.
ER liebt mich und lässt deshalb mir nur das Beste zukommen.
Vergebene Vergangenheit ist gelöscht auf ewig.
Im Jenseits erwartet uns eine großartige Herrlichkeit.
Christus ist auferstanden. - ER ist stärker als der Tod. - ER lebt in mir.
Wer diese großen göttlichen Wahrheiten ständig innerlich bewegt, wird erfahren, dass die Macht der bösen Gedanken weichen muss. Der Auferstandene regiert. ER ist stärker.
15. Dez. 2007 Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün