88. Bibelkurs                                                                                                                            BK 88

 

              Von der Versuchung Jesu lernen

                                   (Matthäus 4, 1-11)

 

 

            Wir begegnen jeden Tag Versuchungen. Es gibt Situationen, denen wir nicht gewachsen sind, auch wenn wir noch so wachsam sind. Wir können oft nicht widerstehen, weil hinter allem eine Macht steht, die uns überlegen ist. Es kann dann der Anfang einer Katastrophe sein (wie es im Paradies der Fall war – 1. Mose 3). Hinter den Versuchungen steckt verborgen der Teufel, obwohl das viele als lächerlich abtun. Aber dennoch ist es die Wirklichkeit. Es ist sehr hilfreich für uns, wenn wir in Matthäus 4 und Lukas 4 studieren, wie Jesus den Versucher besiegt hat. Denn genau so können auch wir mit Jesus überwinden. Der Apostel schreibt im Hebräerbrief: „Christus ist versucht worden wie wir, doch ohne Sünde.“ (Hebräer 4, 15) So wie der Teufel an Jesus heranging, so macht er es auch bei uns. Deshalb ist es wichtig, die Taktik des Teufels zu kennen. – M. Luther schreibt in einer Auslegung zu Matthäus 4: „Der Teufel hält sich nicht an eine Ordnung, sondern wo er eine Lücke findet zum Einbrechen, da kommt er mit einer Anfechtung. Er steigt gern da in den Garten, wo der Zaun am niedrigsten ist.“ Wir kennen diese Schwachstellen in unserem Leben, wo wir besonders anfällig sind: bei Müdigkeit, Stress, - wenn wir überlastet sind, - wenn eine Ungewissheit uns bedrückt, - wenn wir schwere Entscheidungen vor uns herschieben. Aber auch der Erfolg kann uns leicht zu Stolz verführen. Da ist der Böse auf der Lauer und wartet auf einen günstigen Moment, um bei uns einzusteigen. Es ist eine starke Ermutigung für uns, wenn wir an anderer Stelle im Hebräerbrief lesen: „Worin Christus versucht worden ist, kann ER helfen denen, die versucht werden.“ (Hebräer 2, 18) Wir können mit Jesus auch in den größten Versuchungen überwinden, weil ER stärker ist als der Teufel. Mit IHM gelingt es, aber ohne IHN ist es aussichtslos.

            Das Wort „versuchen“ hat im Deutschen eine doppelte Bedeutung: 1. „prüfen, testen, auf die Probe stellen“ und 2. „verführen“. Im Vaterunser beten wir: „Führe uns nicht in Versuchung“. Der Sinn ist: „Führe uns (in der Prüfung) so, dass wir nicht verführt werden.“ Es heißt nicht: „Versuche uns nicht, prüfe uns nicht!“ Der Apostel Jakobus schreibt: „Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde.“ (Jakobus 1, 13) Prüfungen sind in der Bibel und auch heute bei den Gläubigen etwas ganz Normales. Von den ersten Christen sagte man: „Sie waren überaus glücklich, fürchteten sich vor nichts und hatten jeden Tag viele Probleme.“ Weil sie eng mit Christus lebten, kämpften sie fröhlich weiter, denn sie hatten einen Starken auf ihrer Seite.

            Bei all unseren kleinen und großen Kämpfen ist es wichtig, zu wissen: wer ist eigentlich der Teufel? Jesus nennt ihn den „Fürsten dieser Welt“ (Johannes 14, 30). Sein Herrschaftsbereich ist unsere Welt. Er hat viel Macht. Er ist „der Vater der Lüge“. Aber Jesus sagt: „ICH bin die Wahrheit.“ Und weiter sagt Jesus im selben Vers: „Er ist ein Mörder von Anfang an“ (Johannes 8, 44), dagegen Jesus: „ICH bin das Leben.“ Hier stoßen zwei Welten aufeinander. Der Teufel will zerstören, ruinieren und arbeitet dabei besonders mit Lügen. Wenn im Islam Gewalt und Töten (siehe die Selbstmord-attentäter oder die Todesstrafe bei Religionswechsel) und auch Lügen ein großes Gewicht haben, dann weist das auf dämonische Kräfte hin. Diesen Vorwurf macht Jesus den Juden in einem harten Streitgespräch mit ihnen (Johannes 8, 37-45). Der Teufel ist der große Gegenspieler Jesu. Wer Jesus nicht kennt, ist auch blind für die Existenz des Teufels. Luther sagt es deutlich: „Der Mensch ist wie ein Pferd: einer sitzt immer im Sattel, entweder ist es Christus oder der Teufel. Dass der Sattel leer ist, das kommt nicht vor.“

            1. Mose 3 beginnt mit der ersten Erwähnung des Teufels: „Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde“ Die List ist ein wichtiges Kennzeichen für die Strategie des Teufels.

Damit hat er Eva in die Falle gelockt: „Sollte Gott gesagt haben: ist sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?“ Eva hat richtig geantwortet, aber damit war eine Gesprächsebene geschaffen – und Eva merkte nicht, wie sie dann über den Tisch gezogen wurde. So hat Satan bis heute viele verführt, ohne dass sie es gleich merkten. Deshalb spricht Paulus bei der „Geistlichen Waffenrüstung“ in Epheser 6 von den „listigen Anschlägen des Teufels“. Der Teufel nimmt das Wort Sünde nicht so schnell in den Mund, da könnte er einige erschrecken. Er macht das viel schlauer. Er verschweigt sein Ziel. Er sagt niemals: „ich will dich von Gott wegbringen.“ Er präpariert zunächst unsere Gedankenwelt, dann geht er Schritt für Schritt weiter – vor allem, um das Vertrauen zu Gott zu erschüttern.

            Die Zerstörungsarbeit des Teufels ist grenzenlos; nicht nur die Kriege sind ein Beweis dafür, sondern vieles andere, was heute jeden Tag die Medien berichten: der Terrorismus, die Macht der Drogen besonders in Kolumbien und Afghanistan, die Mafia in Italien, die Korruption in der Wirtschaft und in den Entwicklungsländern. Man fragt immer wieder: Gibt es denn keine Macht, die dem Treiben des Bösen Einhalt gebietet? Der Staat versucht es, viele möchten helfen. Aber man darf dabei die Wahrheit der Bibel nicht übersehen: Es gibt nur Einen, der dem Satan gewachsen ist – das ist Christus, sonst gibt es keine Macht. Wo Christus ausgeklammert wird, treibt der Teufel sein Werk ungehindert weiter. Man hat sogar den Eindruck, dass Satan heute wie in einer Zerstörungswut am Werk ist, weil „er weiß, dass er nicht mehr viel Zeit hat“, wie es in der Offenbarung heißt (Offenbarung 12, 12). Denn wenn Christus wiederkommt, dann geht es mit dem Teufel zuende. Gerhard Maier meint, dass der Teufel, wenn er im 1000-jährigen Reich eingeschlossen ist, vielleicht dabei eine letzte Besinnungsfrist erhält. Dr. John Thießen zitierte (vermutlich aus Dante’s „Göttlicher Komödie“) folgendes: Der Teufel beobachtet, wie im Jüngsten Gericht die einen ins Himmlische Jerusalem einziehen und die anderen in die ewige Verdammnis. Er bleibt als Einziger übrig. Da fragt er den Allmächtigen: „Bekomme ich keine Vergebung?“ und Gott antwortet ihm: „Du hast mich nie darum gebeten.“ – Wer um Vergebung der Sünden bittet, der erniedrigt sich vor Gott und erhält ein weißes Kleid. Satan wollte sich nie demütigen, er wollte sein wie Gott. – Die Christen sind froh, dass Christus vor 2000 Jahren auf die Erde gekommen ist. Durch IHN hat sich das Blatt gewendet. Wer mit dem Teufel zu tun hat braucht Christus. ER ist stärker als „die Herren der Welt, die in der Finsternis herrschen.“ (Epheser 6, 12).

            Auch der Apostel Paulus hält das Thema „Versuchung“ für wichtig und behandelt es ausführlich in 1. Korinther 10. Er bringt fünf warnende Beispiele aus der Geschichte des Volkes Israel, als das Gottesvolk der Versuchung erlag: die „Lustgräber“ (4. Mose 11), der Götzendienst mit dem „Goldenen Kalb“ (2. Mose 32), die „Hurerei“ mit den Moabitern (4. Mose 25, 1.9), die „feurigen Schlangen“ für die Verdrossenheit des Volkes (4. Mose 21), die Rebellion der „Kundschafter“ (4. Mose 14) Der Apostel meint, wir sollten das uns sehr zu Herzen nehmen, denn „wer meint, er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle.“ Paulus schließt diesen ernsten Abschnitt mit einer starken Ermutigung: „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so eine Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt.“ (1. Korinther 10, 13) Das ist eine wichtige Wahrheit, die man auswendig können sollte, damit man sie in gefährlichen Momenten parat hat. – Man darf nicht vergessen, was das Ziel der teuflischen Aktivitäten ist: der Teufel will uns verzagt machen, in die Verzweiflung treiben – bis dahin, dass wir meinen, wir müssten aufgeben, weil wir nicht mehr können. Für solche Zeiten ist der obige Vers 1. Korinther 10, 13 eine große Hilfe. Der Teufel hat zwar viel Macht, aber Gott setzt ihm Grenzen, die er nicht überschreiten darf. Das sehen wir am deutlichsten bei Hiob. Gott erlaubte es dem Teufel, Hiob schwer zu prüfen, aber „an ihn selbst darf er die Hand nicht legen.“ (Hiob 1, 12)

 

I. Steine sollen zu Brot werden. (Die erste Versuchung)

● Sofort nach der Taufe Jesu, noch bevor ER Seine öffentliche Tätigkeit beginnt, tritt der Teufel als Versucher an Jesus heran. Bei der Taufe betet Jesus, es tut sich der Himmel auf, der Heilige Geist fährt hernieder und die göttliche Stimme ruft: „Dies ist Mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ (Matthäus 3 + Lukas 3) Mit dieser himmlischen Proklamation erhält Jesus die Vollmacht für Seinen göttlichen Auftrag. Er weiß, dass Einer ihm sein „Fürstentum“ auf dieser Erde entreißen will. Deshalb will er durch die Versuchung Jesu das Wirken Jesu verhindern. – In ähnlicher Weise agiert der Teufel auch heute noch: nach gesegneten Zeiten – oder vor göttlichen Aktionen muss man damit rechnen, dass das Reich der Finsternis mobil macht. Da darf man sich nicht einschüchtern lassen sondern muss mit dem auferstandenen und gegenwärtigen Christus rechnen. Paulus beginnt die Beschreibung der Waffenrüstung (Epheser 6), wo er massiv von der Macht Satans spricht, mit dem Satz: „Seid stark in dem HERRN und in der Macht Seiner Stärke.“ Mit Seiner Kraft lassen sich alle Schwierigkeiten überwinden und in Jesus stehen wir unter Seinem Schutz.

● Jesus hatte 40 Tage in der Wüste gefastet. Es ist begreiflich, dass der Teufel in seiner Strategie beim Hunger ansetzt. Er benützt die Umstände, die ihm günstig erscheinen. Etwas essen, wenn man Hunger hat, ist nicht verkehrt. Was der Teufel will, klingt ganz plausibel. Nach den 40 Hungertagen war die Versuchung für Jesus groß, Essen zu bekommen. Aber ER wusste: ICH will nur das tun, was Mein Vater im Himmel will. Jesus hatte keinen Ruf von oben bekommen, dass ER jetzt Steine in Brot verwandeln soll. Die Macht dazu hätte ER gehabt, aber es wäre nicht nach dem Willen Seines Vaters gewesen. Der große Theologe J. Schniewind in Halle (für Neues Testament) schreibt dazu: „Jesus tut Seine Wunder nur auf Gottes Geheiß.“ (Markus 7, 34; Johannes 2, 4; Johannes 7, 6; Johannes 11, 41+42). Jesus will absolut nicht Seinen eigenen Willen tun, auch wenn er einleuchtend erscheint, sondern ER will nur den Willen Gottes tun. Das zeigen einige Verse sehr deutlich:

  ► „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ (Johannes 4, 34)

  ► „Wahrlich Ich sage euch: der Sohn kann nichts von sich aus tun ...“ (Johannes 5, 19)

 

  ► „ICH suche nicht Meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. (Johannes 5, 30)

Ein Sprichwort sagt: „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“ Das bedeutet: der Mensch möchte seine eigenen Ideen durchsetzen, er will nicht von andern kommandiert werden. Deshalb fällt es ihm schwer, einen fremden Willen, den Willen Gottes, zu akzeptieren. Jesus konnte sicherlich eine Sache gut durchdenken und klar urteilen (besser als wir alle!) – aber dennoch hat ER bei je-der Entscheidung Seinen himmlischen Vater um Weisung gebeten – und hat sie dann auch befolgt. Das sollten wir von Jesus lernen. Jesus sagt: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der mich liebt.“ (Johannes 14, 21) Es fällt dem Menschen schwer, zu gehorchen, - jeder will „sein eigener Herr“ sein. Aber für Jesus war Gehorsam Sein Lebensprinzip. „ER erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode am Kreuz. Darum hat Ihn auch Gott erhöht...“ (Philipper 2, 8) Jesus wählte alle drei Gottesworte, mit denen ER den Teufel zurückwies, aus dem 5. Buch Mose (= Deuteronomium), in dem es vor allem um Gottes Gebote und Gehorsam geht. ER nahm nicht das 3. Buch Mose mit den vielen Zeremonien, Opfern und Reinigungsgesetzen. Wer Gott gehorcht, erhält den Segen Gottes – so wie Gott auf den Gehorsam Jesu mit der Auferweckung antwortete. Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Nur der Gehorsame glaubt und nur der Glaubende gehorcht.“ Wer der göttlichen Stimme nicht gehorcht, wird schwerlich Unterstützung von oben bekommen.

● Jesus antwortet dem Teufel jedes Mal mit einem Gotteswort.
Eigentlich steht ihm ein großes Waffenarsenal zur Verfügung: er hätte einige Legionen Engel erbitten können (wie im Garten Gethsemane - Matthäus 26, 53), mit seinem Verstand wäre ER bei einer Diskussion bestimmt dem Teufel überlegen gewesen. Aber Jesus wählt das WORT Gottes. Im WORT ist die Kraft Gottes. Mit dem WORT hat Gott das Universum erschaffen. Es gibt kein besseres Schwert im Kampf mit dem Bösen. Der Teufel wechselt bei der Versuchung Jesu jedes Mal seine Taktik. Aber Jesus bleibt konsequent bei dem Einen, beim WORT Gottes. à Je mehr wir das WORT Gottes aufnehmen und einsetzen, desto leichter tun wir uns im Kampf mit dem Bösen und umso mehr erleben wir Siege. – Paulus hatte selbst mit einem unsichtbaren aber gewalttätigen Satansdiener zu kämpfen. Ein Gotteswort hat ihm da am meisten geholfen. Christus sagte zu ihm:

Meine Kraft, die in dir wohnt (weil ICH in dir lebe), reicht völlig aus. Sie macht aus Schwachen Starke.“ (2. Korinther 12, 9). Deshalb mahnt Paulus die Gemeinden: „Lasst das WORT Christi reichlich unter euch wohnen.“ (Kolosser 3, 16)

 

II. Von der Zinne des Tempels herab. (Die zweite Versuchung)

 

Das ist die zweite Attacke des Teufels: „Lass dich vom Tempel fallen! Wenn du Gottes Sohn bist, dann kann dir nichts passieren, denn Gott hat dir im Psalm 91 seinen Schutz versprochen.“

● Überraschend ist, dass der Teufel plötzlich die Bibel zitiert, - dass er als Theologe erscheint.
Das ist eine besondere Raffinesse von ihm. Manche können sich nicht vorstellen, dass hinter einem Theologen der Teufel versteckt sein kann. W. Solowjew beschreibt in seiner „Kurzen Erklärung vom Antichristen“ den Antichristen als einen großen Bibelgelehrten, der von der Universität Tübingen den Ehrendoktor der Theologie empfängt. In seinem Jesus-Buch schreibt Papst Benedikt XVI. dazu: „Bibelauslegung kann in der Tat zum Instrument des Antichristen werden.“ Es ist deshalb notwendig, dass alle Bibelauslegung geprüft wird.

● Es folgt aber noch eine zweite Überraschung: Der Teufel verdreht das Gotteswort. Er lässt die Wörter „auf allen deinen Wegen“ in Psalm 91 aus. Damit sind die Wege gemeint, die Gott bestimmt, wie sich das aus dem Sinn des ganzen Psalms ergibt. Der Trick des Teufels besteht also darin, dass er 1. das Wort Gottes verdreht und 2. es aus dem Zusammenhang reißt. Ein alter Auslegungsgrundsatz lautet: „Die Heilige Schrift legt sich selber aus.“ (scriptura ipsius interpres). Viele Sekten greifen einzelne Bibelworte (die ihre Ideen stützen) heraus, ohne den Kontext zu beachten. – Es ist eine List des Teufels, Wahrheiten zu verdrehen, weil dadurch die Menschen seine Absichten nicht so leicht erkennen. Er passt gut auf, dass das Gewissen nicht geweckt wird. Im Text der berüchtigten „Wannsee-Erklärung“ von 1942, mit der in Berlin die Nazis „die Endlösung“, die Ermordung aller Juden in Europa, beschlossen, ist kein einziges Mal das Wort „töten“ enthalten. Auch heute wird bei den Gesetzen und Verlautbarungen über Abtreibung und „verbrauchende Embryonenforschung“ der Ausdruck „töten“ vermieden. Das ist die Verschleierungstaktik des Teufels, mit der er sein wahres Wesen verbergen will.

● Jesus antwortet wieder mit einem Gotteswort aus dem 5. Buch Mose: „Du sollst den HERRN, deinen Gott nicht versuchen!“ Hier erinnert Jesus an das Volk Israel, das seinen Gott Jahwe oft „versucht“, d.h. „herausgefordert“ hat, wie es in Psalm 78 ausführlich beschrieben wird:

„Jahwe hat Wasser aus dem Felsen gegeben, kann Er aber auch Brot geben?“ Heute drückt sich dieser selbe Geist etwas andern aus: „Wenn Gott allmächtig ist, dann müsste ER eigentlich hier eingreifen... oder manches verhindern!“ - solche Sätze hört man nach jedem Erdbeben, nach dem Tsunami, nach einer Naturkatastrophe, bei der auch Kinder mit ums Leben kommen. Man kann aber Gott nicht vorschreiben, was ER tun soll und was ER nicht tun soll.

Wer so redet, hat keine Ahnung, wer Gott wirklich ist – und wer der Mensch ist.
Derselbe Geist offenbart sich, wenn der Teufel bei den ersten zwei Versuchungen beginnt mit den Worten: „Wenn du Gottes Sohn bist ... dann müsstest du eigentlich aus Steinen Brot machen, - dann kannst du ruhig vom Tempel springen...“ In den Evangelien sind die Gegner Jesu genau so zu IHM gekommen und verlangten von Ihm Beweise für Seinen Anspruch, Gottes Sohn zu sein: „Wenn du Gottes Sohn bist, dann musst du das uns mit einem Wunder beweisen!“ Jesus hat solche Wunder strikt abgelehnt. Auch am Kreuz ist diese Forderung Seiner Gegner noch einmal laut geworden: „Wenn Du Gottes Sohn bist, dann hilf Dir selbst und steig herab vom Kreuz!“ (Matthäus 27, 40)

            Dieser Geist des Widerspruchs ist auch heute noch lebendig, - nur kleidet er sich in andere Formulierungen. Da denken wir oft: „Ich bete schon so lange für ein Problem, Gott müsste doch endlich einmal eingreifen!“ – oder: „Es gibt so viele wunderbare Verheißungen für das Gebet. Gott müsste eigentlich mir mal eine Antwort geben!“ Wer das „Gott müsste doch...“ verwendet, denkt so wie die Gegner Jesu, - ja noch mehr: er denkt so, wie der Teufel bei der Versuchung Jesu denkt. Da erschrickt man. Aber es ist die Wahrheit. Jetzt versteht man das Volk Israel bei seinem Zug durch die Wüste besser, wenn Paulus in 1. Korinther 10 fünf Beispiele für den rebellischen Geist des Gottesvolks erwähnt. – Jesus gab den Zeichenforderern seiner Zeit nur e i n e Antwort: „Es wird euch kein anderes Zeichen gegeben als das Zeichen des Jona, der drei Tage im Bauch des Fisches war.“(Matthäus 11, 39) Was bedeutet das? Jesus will sagen: Der einzige Beweis für Meine Gottessohnschaft sind das Kreuz und die Auferstehung. – Für unseren Glaubensalltag heißt das: Das Kreuz Jesu sagt uns, dass wir alle unsere Sünden, Lasten und Probleme dorthin bringen können. ER nimmt uns das alles ab, so dass wir total entlastet sind. Das ist sonst nirgends in der Welt möglich! Kreuz erinnert uns aber auch an das „Kreuz tragen“, wie es Jesus oft formuliert hat: „Wer Mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach.“ (Matthäus 16, 24) Zum Kreuz gehört allerdings immer die Auferstehung, die von vielen zu wenig beachtet wird. Die Auferstehung ist der größte Kraftbeweis Gottes seit der Erschaffung der Welt. Kierkegaard hat das begriffen, wenn er ganz schlicht sagt: „Es muss ja alles gut werden, weil Christus auferstanden ist.“ Das bedeutet für die „Zeichenforderer“ (die immer sagen: „Gott müsste eigentlich...“): Gott weiß schon, was ER tun muss. Wir brauchen Ihm da nichts vorzuschreiben. ER kennt die ganze Problematik besser als wir. ER hat Seine Gründe, wenn Er manches hinausschiebt. ER ist klüger als wir und hat einen totalen Überblick. Bei IHM endet alles mit „Auferstehung“. Jesus sagt: „ICH lebe und ihr sollt auch leben.“ (Johannes 14, 19) Das bedeutet: wir kommen durch alle Schwierigkeiten, wenn wir uns an Jesus hängen. ER löst die Probleme besser als wir, - nicht nur, weil ER viel Kraft hat, sondern vor allem, weil ER uns lieb hat.

 

III. „... das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“ ( 3.Versuchung )

 

Bei der dritten Versuchung will der Teufel Jesus gleichsam überrumpeln. Er „fällt mit der Tür ins Haus“. Um eine Anbetung zu erreichen, muss der Teufel schon ein großes Angebot machen. Er tut es, indem er Jesus die ganze Herrlichkeit dieser Welt vor Augen führt (Er ist ja der „Fürst dieser Welt“). Der Teufel macht dieses große Angebot, weil er das Kreuz und die Auferstehung verhindern will. Denn dann „schwimmen ihm die Felle davon“. Wer am Kreuz von Jesus Vergebung der Sünden erhält und göttliches Leben in sich hat, den hat Jesus aus dem Reich der Finsternis herausgerissen, - der ist kein Knecht des Bösen mehr.

      Der Teufel spielt am Schluss den stärksten Trumpf aus, den er hat: er lässt Jesus das Schönste der Welt sehen (das Leid und die Katastrophen verbirgt er). Er wirft dieselbe Angel aus wie im Paradies: „Eva sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend...“ (1. Mose 3, 6) – und die Angel saß! Eva und Adam gehorchten willig der Schlange. So beginnt die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte. Mit den Augen kann man den Menschen am leichtesten verführen. Das weiß niemand besser als die Werbung. Wer ein Geschäft machen will, muss den Augen etwas bieten. Da wird sich der Mensch am schnellsten entscheiden. – Der Apostel Johannes fasst alle Versuchungen in einem einzigen Satz zusammen: „Alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hochmütiges Wesen, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.“ (1. Johannes 2, 16) Es fällt auf, dass er nur e i n e Einzelheit erwähnt (von den vielerlei Begierden, die es gibt): die Lust der Augen. Der Apostel kannte seine Bibel gut: „David sah vom Dach aus eine Frau sich waschen; und die Frau war von sehr schöner Gestalt.“ (2. Samuel 11, 2) Ähnliche Szenen sieht man oft in Filmen, im Fernsehen oder in Magazinen. Bei David kam dabei ein großer Stein ins Rollen. Es kam zur größten Katastrophe im Leben des Königs David. Auslöser war eine ganz einfache Sache: David hat etwas gesehen (ein paar Sekunden genügen da!) – und das hat ihn total aus der Bahn geworfen. – Der Teufel kennt die Lüste in allen ihren Variationen. Hier erlangt er die meiste Beute. Und mit den Augen kann er die Lust am stärksten entfachen. Diesen Bereich hat Sigmund Freud entdeckt und damit eine „kopernikanische Wende“ (wie die Fachleute sagen) herbeigeführt. Dass der Teufel in seiner Strategie Jesus doch endlich zu Fall bringen möchte und dabei die Augenlust instrumentalisiert, sollte uns doch sehr nachdenklich machen – auch im Blick auf unseren Lebensstil. Jesus kennt die Natur des Menschen noch besser als der Teufel. Jesus hat nie gesagt: „Wer Augen hat, zu sehen, der sehe!“ – aber ER hat sehr oft gesagt: „Wer Ohren hat, zu hören, der höre!“ (damit beschließt Jesus auch jedes der Sieben Sendschreiben in Offenbarung 2+3) Jesus hat viele Wunder getan und es waren Tau-sende, die sie sahen. Aber die Wunder bewirkten gar nicht so viel, wie man erwartet hätte. Sie sollten zeigen, dass Jesus viel kann und dass ER die Menschen liebt und ihnen helfen will. Aber die Wende in einem Menschenleben (die „Bekehrung“) erzielt Jesus durch Seine Verkündigung, - durch Gespräche mit Menschen, - durch Sein WORT, - dadurch, dass Menschen auf IHN hören. Im WORT ist mehr Kraft als in allem, was wir sehen.

·                    Es fällt auf, dass hier oft vom Geist Gottes die Rede ist: „Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt“ – damit beginnt die Versuchungsgeschichte. Gleich danach folgt der Bericht über Jesu erstes Auftreten in seiner Heimatstadt Nazareth. Jesus beginnt in der Synagoge mit: „Der

Geist des HERRN ist auf mir...“ (Lukas 4) Schon bei der Taufe „kam der Geist Gottes auf Jesus herab wie eine Taube“ (Lukas 3). Als Jesus dem Teufel mit Gottesworten konterte, waren sie vom Heiligen Geist begleitet, deshalb hatten sie eine so große Wirkung! Paulus schreibt: „Nehmt das Schwert des Geistes, welches ist das WORT Gottes!“ Man darf nicht vergessen, wie Jesus den Heiligen Geist ankündigte: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen...“ (Apostelgeschichte 1) Ebenso darf man nicht übersehen, was die Apostel betonten: „Gott gibt den Heiligen Geist denen, die IHM gehorchen.“ (Apostelgeschichte 5, 29) Das bedeutet: oberflächliche und ungehorsame Christen haben wenig Kraft, denn ihnen fehlt der Heilige Geist, - auch wenn sie viel mit der Bibel umgehen.

·                     Eines wollte der Teufel als Letztes von Jesus erreichen: „... wenn du niederfällst und mich anbetest.“ Erst dann ist man ein Gott, wenn man angebetet wird. Aber diese Ehre steht dem Teufel nicht zu. Sie gebührt nur dem Einen, dem wahren und lebendigen Gott. Der große Christushymnus schließt: „...alle Zungen sollen bekennen, dass Jesus Christus der HERR ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Philipper 2) Es ist keine Formel sondern ein persönliches Bekenntnis, wenn J.S.Bach über fast alle seine Werke schreibt: „SOLI DEO GLORIA“ (Gott allein die Ehre!). Bach wollte nicht geehrt werden sondern er wollte mit seiner Musik Gott verherrlichen. Das wird oft in der Praxis vergessen. Viele Menschen – auch Christen – reagieren verärgert, wenn sie übersehen werden oder wenn sie nicht „estomiert“ (= geehrt) werden – und umgekehrt merken manche gar nicht, wie Gott häufig bei vielen Reden zu kurz kommt. Mit Recht bekommen die Anbetungslieder immer mehr Raum. Aber wir sollten auch überlegen, wie Gott im Alltag mehr Ehre bekommt. Wer Gott viel kritisiert, nimmt IHM die Ehre. Drum sollte das Klagen und Jammern zurückstehen. Gott ehrt man, wenn man bei einer uns rätselhaften Sache sagt: „ER wird es richtig machen. Ich weiß nicht wie. Aber Gott macht keine Fehler!“ – David bekennt nach 10-jähriger Verfolgungszeit: „Gottes Wege sind vollkommen!“ (Psalm 18) Obwohl die meisten Psalmen Klagepsalmen sind, enden sie doch am Schluss mit einem achtfachen HALLELUJA (Psalm 146 -150).

·            Was können wir hauptsächlich aus der Versuchungsgeschichte lernen?

Christus geht als Sieger aus der Versuchung hervor. Christus ist stärker als der Teufel.

Wenn Christus unser Verbündeter ist, - noch deutlicher: wenn wir IHN aufgenommen haben in unserem Leben, - und am deutlichsten, in der Ausdrucksweise des Apostels Paulus: wenn Christus in uns lebt (siehe: Galater 2, 20!), dann können wir in allen Versuchungen und bei allen Schwierigkeiten überwinden. Paulus hat das in fester Überzeugung im Blick auf sein eigenes Leben – und das gilt genau so für jeden Christen! – großartig formuliert in dem Satz: „In allen Situationen erringen wir die glänzendsten Siege durch Christus (weil ER stärker ist als der Teufel, - weil dieser Starke in uns lebt, - und weil dieser Christus eine große Liebe zu uns hat.“ (Römer 8, 37) (Der Hintergrund für diese These ist der Sieg Jesu in der Versuchung und das gewaltige Ereignis der Auferstehung Jesu – das sind zwei große Siege!).

 

19. Januar 2008                                                                              Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün