104. Bibelkurs                                                                                                                         BK 104

 

Christus formt den Charakter - 1. Teil

 

            Kann man den Charakter eines Menschen verändern? – Das wird sehr schwer sein, manche sagen sogar: das ist unmöglich. Die Bibel gibt uns dazu eine positive Perspektive. Weil Christus auf unsere Welt gekommen ist, hat sich die Lage verändert. Deshalb spricht man auch bei Jahreszahlen von der Zeitenwende durch Christus. Der in den USA bekannte Soziologe Alvin Schmidt gab ein Buch heraus mit dem Titel: „Wie das Christentum die Welt veränderte“ (2010). Für das erste Kapitel wählt er die Überschrift: „Wie Christus Menschen verwandelt“ und schildert darin den Weg der ersten Apostel. Er legt mit Recht Wert darauf (der Autor ist auch lutherischer Pastor), dass Christus die Menschen veränderte. Viele halten das Christentum für die Lehre einer neuen Religion, aber das Neue ist nicht nur eine neue Lehre sondern vor allem eine neue Person, die vom Himmel kam und eine völlig neue und große Kraft mitbrachte. Ihr gelingt es, Menschen zum Positiven zu verwandeln. Diese von Christus veränderten Menschen haben auch die Geschichte verändert. Das wird in dem Buch in 15 Kapiteln durch viele Fakten bewiesen (von der Sexualethik über die Rolle der Frau, die Nächstenliebe, die Wurzeln der Wissenschaft bis hin zu Kunst und Musik und zur Abschaffung der Sklaverei). Das könnte viele Atheisten nachdenklich machen, denn die Tatsachen sprechen Bände und lassen sich nicht aus der Welt schaffen.

·         Das beste Beispiel dafür ist der Apostel Paulus. Als seine Bekehrung zu Christus auf offener Straße vor Damaskus allmählich auch in Jerusalem bekannt wurde, rief das dort bei den Christen helles Entsetzen hervor. Sie sagten: „Ist das nicht der, der alle Christen in Jerusalem vernichten wollte?“ (Apostelgeschichte 9, 21). Zu der Zeit zählte man bereits über 5000 Männer in der christlichen Gemeinde (Apostelgeschichte 4, 4). Was hätte das für ein Massaker in Jerusalem gegeben, wenn Saulus in seinem religiösen Eifer dort gewütet hätte! Es ist verständlich, dass die Christen in Jerusalem die Bekehrung des Saulus bezweifelten, denn sie hielten es nicht für möglich, dass aus einem „Terroristen“ so plötzlich ein Jesusmensch werden kann. Als Paulus einige Wochen später nach Jerusalem kam, „fürchteten sich alle Christen vor ihm und glaubten nicht, dass er ein Jünger wäre.“ (Apostelgeschichte 9, 26). Vielen war noch nicht aufgegangen, wie die Kraft von Christus einen Menschen total umgestalten kann. Die Erklärung dafür hat Paulus selbst im Brief an die Galater gegeben: „... ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Galater 2, 20).

Dieser Christus ist als Auferstandener allezeit aktiv und solche großen Veränderungen können auch in unseren Tagen bei Menschen geschehen.

·         Die anderen Apostel bestätigen dieses einmalige Phänomen. Als Jesus dem Fischer aus Betsaida in Galiläa zum ersten Mal begegnete, sagt ER zu ihm: „Du bist Simon, du sollst Kephas (griech. Petrus) heißen, das bedeutet: „Fels“ (Johannes 1, 42). Petrus war vom Typ her mehr ein Sanguiniker (mal „himmelhoch jauchzend“, dann wieder „zu Tode betrübt“), wie auch seine Verleugnung das bestätigte (Johannes 18). Jesus hat mit der Namensgebung angedeutet, was ER aus ihm machen will – einen Fels. - Ähnlich ist es mit dem Brüderpaar Johannes und Jakobus. Ihnen gab Jesus den Spitznamen „Donnerskinder“, weil sie so etwas wie „Polterer“ waren. Beide schlugen Jesus vor, auf ein Samariterdorf Feuer vom Himmel fallen zu lassen, weil die Bewohner dem Jüngerkreis Quartier verweigert hatten (Lukas 9). Auch diese beiden harten Typen hat Jesus verwandelt. Johannes ist der Apostel geworden, der am meisten über die Liebe Gottes und die Liebe der Christen geschrieben hat.               

·                    Durch zwei Jahrtausende begegnen uns bis heute viele Beispiele von Menschen, deren Charakter vollkommen verändert wurde, weil Christus in ihnen das bewirkte. Christus ist der große Verwandler. Das zeigte ER schon bei Seinem ersten Wunder auf der Hochzeit zu Kana: ER verwandelte Wasser in edelsten Wein (Johannes 2). - Mit einem kurzen Befehl („Schweig und verstumme!“) verwandelte ER ein tobendes Meer in einen ruhigen See (Markus 4) – und den Leichnam des Lazarus in einen lebenden Menschen („Lazarus, komm heraus!“ Johannes 11). Wir staunen über die Verwandlungskraft von Jesus bei Seinen Wundern. Dieselbe Kraft ist aber auch imstande, nicht nur den Körper sondern auch den Charakter eines Menschen zu verändern. Die Kraft von Christus kennt keine Grenzen, sie kann alles verwandeln. – Als Jesus zu dem geldgierigen Zollbeamten Zachäus am Straßenrand von Jericho sagte: „ICH muss heute bei dir einkehren“, da nahm der IHN auf – nicht nur in seinem Haus sondern auch in seinem Herzen (Lukas 19). Nach einem Festessen sagte er zu Jesus: „Die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben – und noch mehr!“ Wie schnell hatte die Kraft von Jesus seinen Charakter verändert. Bei den von Gier gejagten Bankern der Finanzkrise 2008 in den USA konnte sich niemand so etwas vorstellen. – Keine Religion besitzt eine solche Verwandlungskraft bei Menschen, wie sie in Christus offenbar wird. Als vor 100 Jahren der Missionswissenschaftler Johannes Warneck als Pioniermissionar unter den Batak auf Sumatra wirkte, stellte er fest, dass die meisten Eingeborenen Christen wurden, als sie durch Christus von Dämonen befreit wurden. Die Freude darüber war noch größer als über die Vergebung der Sünden, die erst später folgte. Kein einziger Versuch eines moslemischen Imam hatte Erfolg bei einem von Dämonen besessenen Menschen. Paulus hat dieses Phänomen kurz und bündig so erklärt:

Wenn jemand in Christus ist (und Christus in ihm ist), dann ist er ein neu geschaffener

Mensch, das Alte ist verschwunden – etwas ganz Neues ist entstanden“ (2. Korinther 5, 17). Der bayrische Missionar Stefan Scheuerl hat das vor einigen Jahren bei den Massai in Tansania an Hunderten von dämonisierten Frauen erlebt, die durch Christus frei wurden. Das führte bei den Massai zu einem geistlichen Durchbruch, nachdem trotz 60-jähriger Missionsarbeit bis dahin kein Stammesangehöriger ein Christ geworden war. Inzwischen sind von diesen 1 Mio. Nomaden über 20% Christen, - die Zahl nimmt zu! – auch unter den als guten Kriegern bekannten Männern (siehe BK 70, Seite 5+6; Quelle: idea Nr. 3/2004, Seite 19-21; online erhältlich)

 

I. Ein uraltes Problem: die Macht des Bösen.

 

Es war schon immer ein großes Problem in der Menschheit: man spürte, dass eine böse Macht in uns am Werk ist, mit der man aber beim besten Willen nicht fertig wird. Der Philosoph Seneca (Erzieher des Kaisers Nero) schreibt in einem Brief: „Die Menschen lieben und hassen ihre Laster gleichzeitig“. – Bei den alten Griechen herrschte die Vorstellung, dass das Böse vor allem im Körper des Menschen regiert. Der größte griechische Denker, Platon, meinte: erst durch den Tod werden wir von diesen Mächten befreit. Er war Augenzeuge, als sein Lehrer Sokrates, zum Tod verurteilt, in wenigen Minuten durch einen Gifttrank starb. Für Platon war der Leib das größte Hindernis auf dem Weg zur Weisheit. Ein Zentralvers in Goethes Faust offenbart dieselbe Denkweise: „ Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen; die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen ... die andere will in höhere  Gefilde...“.– Wir erschrecken, wenn wir von einem Historiker erfahren, dass Homosexualität die große nationale Krankheit der Griechen war, die das ganze Volk erfasste. In Platons „Symposion“, einem der größten Werke der Weltliteratur, ist das Thema die Liebe, - die homosexuelle Liebe. Unzucht und außerehelicher Geschlechtsverkehr waren etwas ganz Normales im Volk. In Korinth waren über 1000 Prostituierte in verschiedenen Tempeln der Aphrodite (= die Göttin der sinnlichen Liebe) angestellt. Religion und Sex waren oft eng miteinander verbunden. Fast alle großen Griechen (von Plato über Aristoteles bis zu Alexander dem Großen und Perikles) hatten neben ihrer Ehefrau noch eine Mätresse. Dass die Philosophen den Körper als Feind betrachteten, kann man verstehen. Sie wurden mit den Problemen des Körpers nicht fertig. Als die ersten Griechen Christen wurden, entstand eine ganz neue, bis dahin nicht bekannte Tugend: die Keuschheit. Sie war der Beweis dafür, dass eine neue Kraft die Christen erfüllte, die sie instand setzte, dem Laster (unter dem die Heiden litten!) nicht mehr zu folgen. Diese Kraft wirkte durch Christus in den Christen. – Paulus schreibt von der Macht des Bösen ganz offen in Römer 7: „Das Gute, das ich will, tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Römer 7, 19). Aber der Apostel beschließt dieses Thema mit einer höchst positiven Perspektive (welche die Griechen nicht kannten!): „Wer wird mich von diesem schrecklichen Teufelskreis erlösen? Dank sei Gott, durch Jesus Christus geschieht es. ER ist darüber HERR“ (Römer 7, 24). Im nächsten Kapitel schreibt er sogar: „Wenn Christus in euch ist, so wird der Heilige Geist an euren Körpern arbeiten und die bösen Mächte töten.“ (Römer 8, 10-13). „So gibt es keine Verdammnis für die, die in Christus sind“ (Römer 8, 1), weil Christus auch die schlimmsten Sünden löscht und uns gleichzeitig die Kraft zum Überwinden gibt; deshalb braucht niemand zu verzweifeln. Aber diese positive Perspektive gibt es nur durch Christus, - sonst nirgends, - bei keiner Philosophie.

   Paulus beschreibt die Macht des Bösen mit dem Ausdruck „Fleisch“ (14 mal in Römer 8!). Die Hebräer mögen nicht die abstrakte Ausdrucksweise der Philosophen und nehmen dafür lieber etwas Konkretes. Am Leib des Menschen – dem „Fleisch“ - wird diese böse Macht am deutlichsten offenbar, - wie griechischen Philosophen richtig erkannt hatten. Dieselbe Wahrheit wird auch zur Zeit bei den Skandalen des Kindsmissbrauchs offenbar, über die alle Welt erschrocken ist. Aber sie zeigen mit Nachdruck große biblische Wahrheiten:

1.    Die Macht der Verführung durch den Leib ist größer als die Menschen ahnen.

2.    Kein Psychotherapeut kann etwas empfehlen, das wirklich hilft.

3.    Christus ist der einzige, der durch Seine Kraft mit dem Bösen fertig wird. Wer IHN aufnimmt, erhält eine neue hoffnungsvolle Ausgangsposition. Erzbischof L. Schick von Bamberg hat richtig kommentiert: „Wir hatten zu viel Institution Kirche und zu wenig Jesus Christus.“ Das bestätigen auch die Christen der ersten Jahrhunderte. Obwohl sie eine Minderheit waren und noch dazu verfolgt wurden, haben sie sich nicht dem Lebensstil der Griechen und Römer (die die Laster der Griechen übernommen hatten!) angepasst sondern haben Abtreibung, Homosexualität, Unzucht und Kindstötung unerwünschter Babys nicht praktiziert, weil das gegen den Willen Gottes ist. Es war nicht leicht, bei diesem Lebensstil dem Druck der Mehrheit zu widerstehen. Die ersten christlichen Gemeinden entstanden im griechischen Kulturbereich, auch in Korinth mit seinem moralischen Sumpf. Diese kleinen Gruppen von Christen waren umgeben von Menschen, die einen „fleischlichen“ Lebensstil hatten – in scharfem Kontrast zum Leben der Christen. Diese hielten sich an die Mahnung des Paulus: „Stellt euch nicht den Prinzipien dieser Welt gleich sondern verwandelt euer Denken und trachtet nach dem, was Gottes Wille ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.“ (Römer 12, 2). Damit bewiesen sie, dass sie eine neue, große Kraft haben, die den Heiden unbekannt war. Diese Kraft ist der innewohnende Christus. Anders kann man das nicht erklären. Wo der auferstandene Christus fehlt, ist der Mensch machtlos gegenüber bösen Mächten.

 

Vor 60 Jahren (1947) brachte J.B.Phillips in Großbritannien eine moderne englische Übersetzung des Neuen Testaments heraus, die ein Bestseller wurde und seitdem am häufigsten zitiert wurde. Den Anstoß gab ihm der bekannte Schriftsteller C.S.Lewis, der auch das Vorwort dazu geschrieben hat. In der Einleitung bringt der Autor J.B.Phillips einige Gedanken, die ihn bei der jahrelangen Übersetzungsarbeit am Neuen Testament sehr bewegt haben – und zwar die Eindrücke vom Leben der Christen des ersten Jahrhunderts. Er schreibt:           

„Diese Christen hatten eine ganz andere Lebensqualität. Sie zögerten nicht, einfach zu sagen: <Christus lebt in uns>. Durch IHN waren sie direkt mit den Lebenskräften Gottes verbunden. Diese Christen hatten die feste Überzeugung, buchstäblich Söhne und Töchter Gottes zu sein. Sie wollen nicht von dieser Welt vereinnahmt werden, passen sich nicht ihren Werten an und erinnern sich gegenseitig immer wieder daran, dass sie nur vorübergehend Gäste auf dieser Welt sind und ihr wirkliches Bürgerrecht und ihre Heimat in der unsichtbaren Welt ist, die für sie die echte Realität ist. Sie sind Pioniere eines neuen Geschlechtes, Begründer eines neuen Königreichs. Ihr Glaube schlug Wurzel und wächst kräftig - bei Bedingungen, die eine andere neue Idee mit weniger Lebenskraft schon nach wenigen Wochen abgetötet hätten. Heute hört man überall stöhnen: <Die Schwierigkeiten nehmen immer mehr zu.> Die Stimme der  ersten Christen ruft über die Jahrhunderte auch zu uns. Wenn wir so glaubten wie sie, - wir würden dieselben Siege wie sie erleben.“

Vom Lebensstil dieser ersten Christen kann man heute nur lernen. Denn wir leben in einer ähnlichen Umwelt, die immer mehr die göttlichen Gebote ablehnt und von Lust und Gier geprägt ist. Zwei führende Professoren aus Chicago (der eine, Sunstein, ist der meistzitierte Jurist in den USA) schrieben 2008 zur Finanzkrise: Ursache war vor allem die Versuchlichkeit des Menschen. Wer Christus nicht als starken Verbündeten hat, ist den Mächten der Begierden und Triebe hilflos ausgeliefert. Der Kommentar des Apostels Paulus zu diesem „Teufelskreis“ klingt wie ein Triumphlied: „In allen Turbulenzen im <Hexenkessel> dieser Welt erringen wir die glänzendsten Siege, weil Christus uns zur Seite steht und in uns lebt.“ (Römer 8, 37) ER ist der absolute HERR über alle bösen Mächte in dieser Welt. IHM muss alles gehorchen. An die Christen in Philippi schreibt Paulus vor seinem Tod wie in einem Vermächtnis: „Zu allem habe ich die Kraft in Christus, der mich stark macht.“ (Philipper 4, 13)

 

II. Christus bringt die Lösung des Problems.

 

In Galater 5 bringt Paulus eine interessante Gegenüberstellung von zwei Listen:

15 Laster: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank Zwietracht, Spaltungen, Neid, Saufen, Fressen (Galater 5, 19-21).

(Paulus beginnt bei der Aufzählung mit den Sex-Sünden).

Diese sogenannten „Lasterkataloge“ begegnen uns mehrmals im Neuen Testament: der längste in Römer 1, 24-32; außerdem:

1. Korinther 6, 9+10; Galater 5, 19-21; 2. Timotheus 3, 2-5; Offenbarung 21, 8 und 22, 15. Sie beschreiben die Welt, von der sich die Christen getrennt haben.

 

9 Tugenden: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit (V.22).

Bei den Lastern schreibt der Apostel: „Sie sind Werke des Fleisches“ – das bedeutet: sie kommen aus dem sündigen Wesen des Menschen, der sie von sich aus tut. Das hat auch Jesus bestätigt, wenn ER sagt: „... denn von innen, aus dem Herzen der Menschen (also nicht von außen!), kommen heraus böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Missgunst, Lästerung, Hochmut, Unvernunft (13 Sünden). Alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den Menschen unrein“ (Markus 7, 21-23). –        

Bei den neun Tugenden drückt sich der Apostel anders aus. Er sagt: die Tugenden sind eine „Frucht des Geistes“ – das bedeutet: die Tugenden vollbringt der Mensch nicht von sich aus, mit eigener Kraft, sondern durch eine neue Kraft, die er von außen bekommen hat, durch den Heiligen Geist – der in allen Menschen arbeitet, die Christus aufgenommen haben (Römer 8, 11).

Gottes Plan ist es, dass diese Eigenschaften bei einem Christen offenbar werden. Sein Endziel ist sogar noch viel höher gesteckt als die meisten Christen denken. Gott will haben, dass

die Christen in das Ebenbild Jesu verwandelt werden. Paulus schreibt: „Diejenigen, die Gott lieben, hat ER vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild Seines Sohnes“ (Römer 8, 29). Dieser Gedanke steht sogar häufig im Neuen Testament, ist also ein Hauptthema (Wenn Christus in einem Menschen lebt, dann wird ER auch mit Seinen göttlichen Kräften dieses Ziel in diesem Menschen erreichen). Wenn Christus in der Bergpredigt sagt: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ (Matthäus 5, 48) – oder Petrus in seinem ersten Brief das 3. Buch Mose zitiert, wo Gott sagt: „Ihr sollt heilig sein, denn ICH bin heilig.“ (1. Petrus 1, 15) – dann ist damit schon eine Linie vorgegeben. Viele Bibelleser haben noch nicht entdeckt, dass dieser Gedanke die Apostel sehr beschäftigt hat, denn sie schreiben 10 mal in ihren Briefen, dass sie viel Wert darauf legen, „heilig und untadelig vor Christus zu erscheinen“, wenn sie bei Seiner Wiederkunft IHM begegnen werden (die 10 Stellen: 1. Korinther 1, 8; Epheser 1, 4; Philipper 1, 10; Kolosser 1, 22; 1. Thessalonicher 3, 13; 2. Thessalonicher 5, 23; 1. Timotheus 6, 14; 2. Petrus 3, 11+14; Judas 1, 24). Man kann allen, die sich eifrig mit Endzeitfragen beschäftigen, nur empfehlen, diese apostolische Mahnung zu beherzigen, denn die Apostel hielten das für das Wichtigste im Blick auf die Wiederkunft von Christus. – Dieses „Christus-Ebenbildlichsein“ ist also ein wichtiger göttlicher Gedanke und hat seinen festen Platz im Plan Gottes für die Gläubigen – und sollte auch in unserem christlichen Lebensstil verankert sein. Es könnte jemand sagen: „Da ist aber die Messlatte ziemlich hoch gelegt!“ Das stimmt, aber es ist göttliche Wahrheit – und mit göttlicher Unterstützung (wenn uns sogar die Kraft der Auferstehung zur Verfügung steht! – siehe: Epheser 1, 19+20) lassen sich auch die höchsten Ziele erreichen, - zur beiderseitigen Freude!

   Das gleiche Thema begegnet uns oft in den Apostelbriefen. Der berühmte Christus-Hymnus in Philipper 2 beginnt mit dem Satz: „Jeder sei so gesinnt, wie Jesus Christus gesinnt war!“ oder wie Paulus sagt: „Wir aber haben Christi Sinn“ (1. Korinther 2, 15). An die Christen in Galatien schreibt er tiefbesorgt, weil sie von Irrlehrern verführt wurden: „Meine lieben Kinder, die ich aber-mals unter Wehen gebäre, bis Christus in euch Gestalt gewinnt.“ (Galater 4, 19), - oder an die Christen in Ephesus: „ ... wir sollen alle hingelangen zum vollen Maß der Fülle Christi.“ (Epheser 4, 13). Schließlich ist am Ende der Höhepunkt erreicht, denn „wir werden Christus gleich sein und werden IHN sehen, wie ER ist.“ (1. Johannes 3, 2). Das liegt alles auf einer Linie, die mit Christus beginnt und mit Christus endet: Christus hat uns gerufen, ER hat uns die Sünden abgenommen, ER hat Wohnung in uns genommen, ER arbeitet in uns und will uns in Sein Bild verwandeln bis wir IHM gleich sein werden. – Immer ist es Christus, von dem die erneuernde Kraft ausgeht und der uns mit himmlischen Gaben beschenkt. Von daher kann man es verstehen, wenn Paulus – überschwänglich und doch realistisch – über Christus schreibt:

                       

Ich betrachte alles als Verlust im Vergleich mit dem überwältigenden Gewinn, dass ich Jesus Christus als meinen HERRN kenne. Durch IHN hat für mich alles         andere seinen Wert verloren, ja ich halte es für bloßen Dreck. Nur noch Christus besitzt für mich einen Wert. – Ich möchte nichts anderes mehr kennen als Christus und die Kraft Seiner Auferstehung erfahren.“ (Philipper 3, 8+10; Übers. Gute Nachricht).

 

Es ist deshalb ein großer Fehler, wenn Christus nicht im Zentrum der Verkündigung steht und nicht geehrt wird. Jesus sagt in den Abschiedsreden, dass der Heilige Geist vor allem Jesus verherrlicht und an alles erinnern wird, was Jesus gesagt hat. Man kann nichts Besseres tun als den Spuren des Heiligen Geistes folgen. An Christus hängt alles – „... und ohne Mich könnt ihr nichts tun“, deshalb gebührt IHM die Ehre – hier auf Erden und im Himmel, wo IHN auf den Knien alle Wesen und Menschen anbeten werden zur Ehre Gottes des Vaters.“ ((Johannes 16, 14+14, 26; Johannes 15, 5; Philipper 2)

Diese Glaubensinhalte waren das Zentrum der Christen in den ersten drei Jahrhunderten. Deshalb haben sie die Verfolgungen durchgestanden, auch wenn 35.000 Märtyrer starben. Sie hatten viel schlechtere Bedingungen als wir heute, als Christen nach dem Vorbild von Christus zu leben. Sie waren von aggressiven, gottlosen Menschen umgeben, sie bildeten nur eine kleine Minderheit und die meisten von ihnen waren aus den untersten Volksschichten (über 85 % der Bevölkerung waren im ersten Jahrtausend Analphabeten, sagen die Historiker). Aber Christus war mit ihnen und in ihnen, deshalb siegten sie über das Römerreich, das 476 n.Chr. endete nach der Eroberung Roms durch die Goten. Der römische Kaiser Julian (mit dem Beinamen „Apostata“ = der „Abtrünnige“) bekannte im Sterben auf dem Schlachtfeld im Jahre 363 beim Kampf gegen die Perser: „Du hast gesiegt, Galiläer!“ (er wollte Christus nicht aussprechen, deshalb sagte er Galiläer).

 

III. Christus erwartet Frucht in einem Christenleben.

 

            Alle christlichen Tugenden sind eine Frucht des Heiligen Geistes. Das Wort Frucht hat in der Bibel eine große Bedeutung. Die Bäume am Fluss des himmlischen Jerusalems tragen 12 mal im Jahr Früchte. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ – mit diesem Wort (Matthäus 7, 16+20), weist Jesus am Schluss der Bergpredigt zwei Mal darauf hin, wie wichtig die Früchte sind. Wenn man nur auf die Worte achtet, kann man sich bei einem Menschen leicht täuschen, an den „Früchten“ kann man die Echtheit eines Christen erkennen. Frucht ist etwas, das nicht durch eigene Kraft sondern durch göttliche Kräfte entsteht. Am eindrucksvollsten hat das Jesus im Gleichnis vom Weinstock erklärt. Die Trauben (das ist die Frucht) entstehen nur durch eine enge, lebendige Verbindung mit dem Weinstock, der Christus ist. Nur durch innigen Kontakt mit Christus entstehen christliche Tugenden. Kategorisch sagt Jesus dazu: „ ... und ohne MICH könnt ihr nichts tun.“ Trotz besten Willens und größter Anstrengung sind wir nicht imstande, etwas zu tun, was Gott gefällt. Viele christliche Aktivitäten erscheinen vor Gott als Null, weil sie ohne Christus vollbracht werden. Vorher sagt Jesus: „Wer in Mir bleibt und ICH in ihm, der bringt viel Frucht (Johannes 15, 5).

            Auffällig ist in diesem Abschnitt vom Weinstock, dass Jesus drei mal davon spricht, wenn keine Frucht gebracht wird, - gleich nach dem ersten Satz: „Eine jede Rebe an Mir, die keine Frucht bringt, wird ER wegnehmen“ (Johannes 15, 2) und später: „Eine Rebe kann keine Frucht bringen aus sich selbst“ (V.4) und „Wer nicht in Mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt und wird ins Feuer geworfen und muss brennen“ (V.6). Wenn also bei einem Christen keine göttliche Frucht entsteht, hat das schlimme Folgen. Daran sieht man, wie wichtig die christlichen Tugenden bei einem Christen sind. Jesus sagt deshalb in den Abschiedsreden klar: „Jeder wird erkennen, ob ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Johannes 13, 35).

            Nun weiß jeder, der einen Garten hat, dass nach der Blüte des Apfelbaums im Frühling nicht schon nach vier Wochen die Äpfel gepflückt werden können. Das braucht seine Zeit. Ein halbes Jahr muss man warten – und in dieser Zeit braucht der Baum Sonnenschein, Wasser und Dünger. Dann ist Frucht im Herbst zu erwarten. Das ist ein gutes Bild für unser geistliches Wachstum. Die Lektüre des Gottesworts und das Gebet als Kontakt mit dem Weinstock ( = Christus) sind unerlässlich für ein geistliches Wachstum. Und es braucht auch Geduld. Wer Klavierspielen lernt oder ein guter Schwimmer werden will, muss trainieren. Ohne Training wird man kein Meister. Gott will haben, dass wir aus dem Anfängerstadium herauskommen und Reife erlangen. Das gilt genau so für christliche Tugenden. Es dauert oft lange, bis an unserem Wesen Liebe, Geduld und Freundlichkeit zu erkennen sind. Das geistliche Training hat eine einfache biblische Regel, mit der man jede Schwäche überwinden kann:

                                                                                      

1. Sünde erkennen, 2. Sünde bekennen, 3. Vergebung von Christus annehmen und          4. mit der Kraft von Christus einen neuen Weg gehen.        

 

Schlechte Angewohnheiten und Sünden werden nur so überwunden. Ein eiserner Wille zur Besserung reicht nicht aus. Dass Sünde verschwindet und aus der Welt geschafft wird, - das geschieht nur durch Jesus. Deshalb kam ER auf unsere Erde und ging ans Kreuz, um das möglich zu machen. Ohne IHN und ohne Vergebung kommen wir bei unseren Schwachpunkten nicht weiter. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, vergibt ER uns und reinigt uns.“ (1. Johannes 1, 9) Jesus sagt dazu im Gleichnis: „Der Weingärtner wird jede Rebe reinigen, damit sie mehr Frucht bringt.“ (Johannes 15, 2). Jeder Christ hat eine schwache Stelle, auf die er achten soll. Es ist nicht biblisch, zu sagen: „Das ist so bei mir, diese Art habe ich geerbt.“ Dieser Gesichtspunkt kommt in der Bibel nie vor. Die Kraft von Christus (die eine Auferstehungskraft ist und auch Leichname lebendig machen kann: siehe Epheser 1, 19+20) kann jede Schwäche verwandeln. Dabei ist auf unserer Seite Geduld und großes Vertrauen zu Christus notwendig.

Manchmal sollen wir dabei lernen, demütig zu werden und demütig zu bleiben. Das war die Absicht Gottes bei Paulus mit seinem mysteriösen „Pfahl im Fleisch“. Der war ihm von Gott wegen großer Offenbarungen gegeben, „damit er nicht überheblich werde“. Demut ist eine wichtige Tugend für Christen. Christus erniedrigte sich bis zur Kreuzigung. - „Den Demütigen gibt Gott Gnade“ (1. Petrus 5, 5). Gnade ist eine wunderbare große göttliche Kraft, die auch Paulus wegen seines „Pfahls im Fleisch“ von Christus erhielt und die für sein Problem völlig ausreichte. (2. Korinther 12, 9). Von Christus heißt es: „ER erniedrigte sich selbst ... bis zum Tod am Kreuz, darum hat IHN auch Gott erhöht...“ (Philipper 2). – Wer sich erniedrigt, wird von Gott erhöht.

 

24. April 2010                                                                                     Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün

 

Nächster Termin: vermutlich 26.6.10 - „Christus formt den Charakter: über Liebe, Freude, Friede...“ 2. Teil