Hans Peter Royer
02.2008
Die tragischsten Momente im Leben sind
nicht jene, wo unser Haus abbrennt, wir die Anstellung verlieren oder unsere
Gesundheit gefährdet ist, sondern wo Beziehungen zerbrechen. Beziehungen sind
die Essenz des Lebens. Darum umarmen wir unsere Kinder und unsere Frau öfter
als unser Auto. Nun gibt es im Prinzip zwei Beziehungsebenen: unsere vertikale
Beziehung zu Gott und unsere horizontalen Beziehungen zu anderen Menschen. Die
Bibel berichtet, wie vor vielen Jahren unser Ur-Ur-Ur-Ur...Großvater im Garten
von Eden die Beziehung zu Gott von sich aus beendete. Für Gott war dieser
Zustand der Trennung unerträglich und seitdem ist er in seiner Liebe auf der
Suche nach seinen abtrünnigen, jedoch geliebten Menschen.
Kein Ort ohne Anbetungsstätte
Auch in uns Menschen ist diese Sehnsucht
nach Gott immer noch vorhanden.
Man findet selbst heute noch Gegenden, wo
es keine Schulen und keine Krankenhäuser gibt. Aber es gibt auf der ganzen Welt
keinen Ort, wo es nicht eine Anbetungsstätte gibt. Irgendwie weiß der Mensch,
dass er für eine Beziehung mit Gott geschaffen ist. Gott bietet uns Vergebung
an, und da wo Vergebung ist, entstehen Beziehungen. Wenn ein Mensch, mit dem
Sie jahrelang nicht mehr gesprochen haben, plötzlich zu Ihnen kommt und um Vergebung bittet oder er Ihnen vergibt, dann
entsteht eine neue Beziehung. Genauso ist es mit Gott. Er kam in seinem Sohn
Jesus, um jeden Menschen seine Vergebung anzubieten.
Mit Jesus spazieren gehen
Natürlich müssen Beziehungen auch gepflegt
werden, sowohl zu Menschen als auch zu Gott. Darum habe ich mir vor Jahren
angewöhnt, mit Jesus „spazieren zu gehen". Manchmal gehe ich in der
Frühe, manchmal tagsüber, meistens jedoch am Abend.
Wann immer ich die Zeit mit Gott nicht finde, habe ich das Gefühl, etwas
Wertvolles verloren zu haben. Bei diesen Spaziergängen bete ich nie nach einer
gewissen Vorlage. Ich erzähle Gott einfach alles, was mir am Herzen liegt, oder
ich sage eine halbe Stunde gar nichts und höre nur. Manchmal formuliere ich
eine Predigt oder summe ein Lied vor mich hin. Ich stelle Gott bestimmte Fragen
und warte auf Antworten. Es ist nicht kompliziert oder schwierig, in dieser Beziehung
zu leben; man muss nur einmal damit anfangen. Und wissen Sie, was ich über die
Jahre festgestellt habe? Das ist Leben im Paradies! Denn Paradies ist nichts
anderes, als in dieser innigen Beziehung mit Gott zu leben. Darum sagte
Dietrich Bonhoeffer: „Es ist wichtiger, mit Gott über Menschen zu reden, als
mit Menschen über Gott zu reden."
Idea Spektrum 8/2008