Das
Thema dieser Predigt ist:
Die Herrlichkeit des Neuen Bunds in dem Leben der Gläubigen
Der
Bibeltext steht in 2. Korinther 3, 5-18 und in Epheser 1, 15-23.
2. Korinther 3, 5-18
5
Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns
selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott,
6
der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des
Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist
macht lebendig.
7
Wenn aber schon das Amt, das den Tod bringt und das mit Buchstaben in Stein
gehauen war, Herrlichkeit hatte, so dass die Israeliten das Angesicht des Mose
nicht ansehen konnten wegen der Herrlichkeit auf seinem Angesicht, die doch
aufhörte,
8
wie sollte nicht viel mehr das Amt, das den Geist gibt, Herrlichkeit haben?
9
Denn wenn das Amt, das zur Verdammnis führt, Herrlichkeit hatte, wie viel mehr
hat das Amt, das zur Gerechtigkeit führt, überschwängliche Herrlichkeit.
10
Ja, jene Herrlichkeit ist nicht für Herrlichkeit zu achten gegenüber dieser
überschwänglichen Herrlichkeit.
11
Denn wenn das Herrlichkeit hatte, was aufhört, wie
viel mehr wird das Herrlichkeit haben, was bleibt.
12
Weil wir nun solche Hoffnung haben, sind wir voll großer Zuversicht
13
und tun nicht wie Mose, der eine Decke vor sein Angesicht hängte, damit die
Israeliten nicht sehen konnten das Ende der Herrlichkeit, die aufhört.
14
Aber [a] ihre Sinne wurden verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt
diese Decke unaufgedeckt über dem Alten Testament, wenn sie es lesen, weil sie
nur in Christus abgetan wird.
15
Aber bis auf den heutigen Tag, wenn Mose gelesen wird, hängt die Decke vor
ihrem Herzen.
16
Wenn Israel aber sich bekehrt zu dem Herrn, so wird die Decke abgetan.
17
Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.
18
Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn
wie in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein Bild von einer
Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist.
Epheser 1, 15-23
Gebet
um Erkenntnis der Herrlichkeit Christi
15
Darum auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn
Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen,
16
höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet,
17
dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch
gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu
erkennen.
18
Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher
Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für
die Heiligen ist
19
und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die
Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde,
20
mit der er in Christus gewirkt hat. Durch sie hat er ihn von den Toten
auferweckt und [a] eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel
21
über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen
hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.
22
Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum
Haupt über alles,
23
welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
In
Kapitel 3 des 2. Korintherbriefes bezieht sich Paulus auf die Gesetzgebung am
Sinai. Das steht in 2. Mose 19 und 20. Dort wird
berichtet: Das Volk Israel kommt an das Gebirge Sinai an den Berg Horeb. Da
geschieht es: Eines Morgens werden sie alle durch einen gewaltigen Donner und
eine laute Posaune geweckt. Sie stürzen aus ihren Zelten und sehen, dass der
ganze Berg mit hohen Flammen brennt. Aus den Flammen zucken helle Blitze und
aus dem Feuer ertönt eine laute Posaune. Dann spricht eine laute Stimme, Gottes
Stimme. Welche Herrlichkeit war das, die allen Menschen sichtbar und hörbar
war! Diese Erscheinung war so gewaltig, dass das Volk davonlief, von Entsetzen
gepackt. Sie sprachen zu Mose: "Rede du mit Gott, sonst werden wir
sterben!" Mose sprach: "Fürchtet euch nicht, denn Gott ist gekommen,
euch zu versuchen, damit ihr´s vor Augen habt, wie er zu fürchten sei, und ihr
nicht sündigt." Und Gott sprach zu Mose: "So sollst du den Israeliten
sagen: Ihr habt gesehen, dass ich mit euch vom Himmel geredet habe. Darum sollt
ihr euch keine andern Götter neben mir machen, weder silberne noch goldene
sollt ihr euch machen."
Dann
sprach Gott zu Mose. Was Gott sagte, war wunderbar: "Werdet ihr nun meiner
Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor
allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich
von Priestern und ein heiliges Volk sein." War das nicht ein wunderbares
Angebot? Das war der Beginn des Alten Bundes in und mit einer unvorstellbaren
Herrlichkeit. Gott rief Moses, und er stieg auf den Berg, hinein in das
verzehrende Feuer, in die Gegenwart Gottes, und blieb doch unverletzt. Das Volk
durfte nicht einmal den Berg berühren. Dort oben erhielt Mose dann die zwei
steinernen Tafeln mit den zehn Geboten und das Gesetz.
Doch
obwohl das Volk so die Herrlichkeit Gottes erlebte, wandte es sich bald von
Gott ab. Noch während Mose auf dem Berg war, machten sie sich einen anderen
Gott. Darüber war Gott so zornig, dass er zu Mose sagte: "Ich will das
ganze Volk vernichten und dich zu einem neuen Volk machen." Welch ein
Angebot! Er sollte nun der Stammvater eines neuen Volkes werden. Im Folgenden erkennen wir, welch priesterliches Herz Mose
hatte, wie in ihm schon die Gesinnung Jesu war. Er sagte: "Vergib ihnen
doch ihre Sünde; wenn nicht, dann tilge mich aus deinem Buch, das du
geschrieben hast." Natürlich konnte Gott nicht darauf eingehen, denn Mose
war selbst ein sündiger Mensch.
Zum
2. Mal blieb Mose vierzig Tage auf dem Berg in der Gegenwart Gottes. Als er
dann herabkam, glänzte die Haut seines Angesichts, weil er mit Gott geredet
hatte. Das Volk war erschrocken und floh vor ihm, weil er etwas von der
Herrlichkeit Gottes wiederspiegelte. Dann legte Mose eine Decke auf sein
Angesicht, damit die Kinder Israel seine Gegenwart ertragen konnten. Gewiss,
der Glanz auf Moses Angesicht verblasste allmählich. Doch wenn er in die
Stiftshütte ging und Gott mit ihm redete, leuchtete sein Angesicht wieder.
Auf
dieses Ereignis bezieht sich also der Apostel Paulus in 2. Korinther 3. Welch
eine Herrlichkeit hatte der Alte Bund! - Und doch sagt Paulus vom Neuen Bund,
dass er eine überschwänglich größere Herrlichkeit hat als die des Alten Bundes.
Der Glanz auf dem Angesicht des Mose verschwand
wieder. Paulus sagt hier: Der Alte Bund mit seiner Herrlichkeit konnte nicht
mehr, als den Tod verkündigen, die Verdammnis predigen. Das Gesetz war dem Volk
zum Leben gegeben worden, um den Weg zu Gott zu finden. Doch steht auch in dem
Alten Bund: "Verflucht ist jedermann, der nicht bleibt in alledem, was im
Buch des Gesetzes geschrieben steht, dass er danach tue!", und nicht nur
es zu bejahen. (5. Mose 27, 26) Weil es nun keinen Menschen gibt, der das
Gesetz halten kann, gilt also allen Menschen nur der Fluch. Das Wort, das doch
eigentlich zum Leben gegeben wurde, dient nun zum Tode.
Gott
hatte dem Volk Israel eine Übergangslösung geschenkt. Die bestand in der Chance:
wenn ein Israelit eine Sünde begangen hatte, für die nicht die Todesstrafe
angedroht war, dann durfte er für sich und an seiner Statt ein Tier opfern.
Dieses Tier musste dann für ihn geschlachtet werden. Der Israelit musste mit
seinem Tier zum Priester kommen, dort vor dem Priester seine Hände auf das
Haupt des Tieres legen, seine Sünden bekennen und sie gleichnishaft auf das
Tier legen. Vor seinen Augen wurde dann das Tier geschlachtet. Welch eine weise
Maßnahme war das! Der Jude wusste nun: Eigentlich müsste ich sterben, so
schlimm ist meine Sünde. Obwohl ich doch nur das und das getan hatte, muss doch
dies Tier dafür sterben, und doch müsste ich eigentlich dafür sterben! - Wir
haben ja immer Ausreden für unsere Sünden, in unseren Augen sind sie alle nicht
so schlimm. – Weil wir durch und durch sündig sind, ist uns das Bewusstsein der
Sündigkeit der Sünde verloren gegangen. Hier wurde dem Volk etwas von der
heiligen Ehrfurcht eingepflanzt, die nötig ist, vor Gott zu erscheinen.
Aber,
so ganz korrekt war das ja nicht, was dort geschah. Paulus schreibt davon im Römerbrief
Kapitel 3, Verse 25-26: Den, Christus Jesus, hat Gott für den Glauben
hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er
die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um
nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist
und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. - Es entsprach ja
tatsächlich nicht der Gerechtigkeit Gottes, was damals geschah. So hätte Satan
Gott vorwerfen können: "Gott, du bist ungerecht! Nicht das Tier hat
gesündigt, sondern ein Mensch, ein Abraham, ein David usw. Der Mensch muss
sterben, nach deinem eigenen Urteil: Die Seele, die sündigt, muss sterben!
(Hesekiel 18, 4) Dazu ist das Leben eines Tieres auch weniger wert als das
Leben eines Menschen. Du handelst ungerecht!" Dieser Vorwurf bestand
jahrtausende lang. Aber Gott war und ist
nicht ungerecht. Wie sündig die Sünde ist, und wie gerecht Gott ist, erkennen
wir dann auf Golgatha. Da kam das Lamm Gottes, das unschuldige, dann kam der
Sohn Gottes, der doch viel wertvoller ist, als die ganze verderbte und dem
Fluch verfallene Menschheit. Er, der Schöpfer selbst, denn Jesus Christus ist
der Schöpfer des Universums und auch des Menschen, gab sein Leben für die
Geschöpfe. Dieses Opfer, das er darbrachte, konnte Gott anerkennen und hat es
auch anerkannt. Davor muss nun auch der Verkläger
schweigen. Der Herr Jesus, der Sohn Gottes, hat sein Leben für uns gegeben.
Gott hat alle Sünden aller Menschen auf ihn gelegt, die Sünden der Menschen,
die vor Jesus in diese Welt geboren wurden, die zu seiner Zeit lebten und die
nach ihm leben würden, auch unsere. Dann hat Gott die Strafe, die alle Menschen
verdient hatten, auf ihn gelegt. Was der Herr Jesus auf Golgatha durchmachte,
können wir uns gar nicht vorstellen. Nicht nur die körperlichen Schmerzen
musste er erdulden, sondern sogar die Trennung von Gott. Die Strafe für die
Sünde ist nicht nur der leibliche Tod, sondern die völlige Gottverlassenheit.
Da wurde die Sünde gesühnt, die Schuld aufs völligste bezahlt. Da wurde der
Gerechtigkeit Gottes Genüge getan. Nun muss der Teufel schweigen, nun wird uns
wirklich Vergebung geschenkt. Oft wird das Wort gebraucht: "Lass doch
Gnade vor Recht ergehen." Gott schenkt nicht Gerechtigkeit aus Gnade,
sondern Gnade aufgrund der Gerechtigkeit. Weil der Sohn Gottes unsere Schuld
bezahlt hat, vergibt sie uns Gott. Unsere Sache ist es, sie zu bekennen. So
heißt es: "Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht,
dass er uns unsere Sünden vergibt." (1. Johannes 1, 9)
Die
Herrlichkeit des Neuen Bundes ist also überschwänglich größer als die
Herrlichkeit des Alten Bundes. Der Alte Bund verkündete Tod,
Verdammnis. Der Neue Bund verkündigt Leben, wirkliches, ewiges Leben, Leben im
Überfluss. Schon hier haben wir Vergebung unserer Sünden, Friede mit Gott und
Gemeinschaft mit ihm, und dann erwartet uns eine unvorstellbare Herrlichkeit in
der Ewigkeit. Man kann sich fast daran berauschen, wie herrlich der Neue Bund
ist. Oft tut es uns auch richtig gut, dass wir uns in Gedanken dahinein
versetzen, was Gott alles für uns getan hat. Besonders, wenn wir daran denken,
dass wir es ja gar nicht verdient haben. Ich kann es wirklich nicht verstehen,
warum ich für Gott so wertvoll bin. Wer bin ich denn, dass Gott einen so hohen
Preis für mich bezahlt hat!? - Nun, mein Wert liegt nicht in meiner Person,
mein Wert liegt in seiner Person, in der Person des Sohnes Gottes. Mein Wert
liegt im Herzen Gottes, in seiner grundlosen, unbegreiflichen Liebe. Diese
Liebe ist wahrlich grundlos. Ich gebe ihr keinen Grund, und sie kann nie
ausgeschöpft werden, weil sie keinen Grund hat.
Und
wenn wir dann so richtig glücklich sind, ja, dann geschieht es oft nur zu ,schnell, dass wir wieder von dem Berg Tabor, dem Berg der Verklärung, herunterkommen auf den
Boden unseres täglichen Lebens.
Ich
besuchte vor langer Zeit einmal eine Frau unserer Gemeinde. Während des
Gespräches berichtete sie, was sie alles an den einzelnen Gemeindegliedern und
auch an anderen Christen feststellt. Der ist so unordentlich, die ist so
weltlich, die können ihre Kinder nicht richtig erziehen, die kann mit ihrem
Geld nicht haushalten, in jener Ehe stimmt es nicht, und so weiter und so fort.
Ich hörte ihr aufmerksam zu. Nun, alles, was sie sagte, stimmte. Sie hatte
nicht übertrieben, oft noch untertrieben. - Aber, wir brauchen doch gar nicht
erst zu einer solchen Frau zu gehen, schau doch einmal in dein eigenes Leben.
Wo ist da die Herrlichkeit des Neuen Bundes? Wie viel Plackerei gibt es da, wie
viel Not, wie viel Sünde, wie viel Versagen, wie viel Zank und Streit. Wie
sieht denn unser Leben aus? Natürlich, wenn ihr hier heute morgen
alle sitzt mit eurem Sonntagsgesicht, dann sieht man es euch gar nicht an, wer
ihr wirklich seid, - und mir auch nicht. Wenn jungbekehrte Menschen in eine
Gemeinde kommen und die guten Gebete und frommen Worte hören und die würdigen
Gesichter sehen, denken sie oft, sie seien schon im Vorhof des Himmels und
hätten es nur mit fertigen Heiligen zu tun. Doch wenn sie dann einmal in das
persönliche Leben der einzelnen Gemeindeglieder hineinsehen oder an einer
besonderen Mitgliederversammlung teilnehmen, ist die Enttäuschung oft groß. Und
das muss auch so kommen. So lange man in einer Täuschung lebt, lebt man in
einer Unwirklichkeit. Darum sind Enttäuschungen immer heilsam, man wird
enttäuscht. - Dann kommt die Frage: Wo ist denn die Herrlichkeit des Neuen
Bundes in dem Leben der Gläubigen? Wo ist sie in meinem Leben? -
Als
die Frau mir das alles gesagt hatte, schwieg ich einen Augenblick und sagte
dann: "Schwester, Sie haben Recht. Gott hat Ihnen klare Augen geschenkt,
um die Fehler der anderen gut erkennen zu können. Aber wir wollen den Herrn
bitten, er möchte Ihnen noch schärfere Augen schenken, dass Sie noch mehr
erkennen können. Was Sie mir gesagt haben, weiß ich alles. Ich kenne die
Menschen meiner Gemeinde ja auch. Doch ich sehe noch mehr als Sie. Ich sehe
auch das Sehnen der Menschen, ich weiß um ihr Weinen über ihr Versagen. Ich
weiß aber auch um so manche Veränderungen bei den Geschwistern." Dann fuhr
ich fort: "Wissen Sie noch, wie es in ihrer Ehe stand, als ich Sie kennen
lernte, wie Sie sich geschlagen haben? Gewiss, Eure Ehe hat noch Probleme. Aber
um wie viel besser ist sie doch schon geworden. Gott möchte Ihnen noch bessere
Augen schenken, dass Sie nicht nur das Äußere, Negative sehen, sondern auch
das, was Gott im Verborgenen tut in dem Leben seiner Kinder."
In
Matthäus 6, 22-23 sagt der Herr Jesus: „Das Auge ist das Licht des Leibes.
Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Wenn aber dein
Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das
in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!“ Für uns sind Licht und Finsternis
physikalische Begriffe. Im Sprachgebrauch der Bibel bedeutet Licht: Gott und
alles Göttliche: Liebe, Güte, Wahrheit, Reinheit usw. Finsternis ist Sünde,
Bosheit, Lüge, Hass, Unreinheit und alles Gottferne. Wie finster die Sünde ist,
können wir uns nicht vorstellen. Wie viel Hass, Bosheit, wie viele
Grausamkeiten und Scheußlichkeiten geschehen durch Menschen! Wir kennen nur die
physikalischen Begriffe: wo kein Licht ist, ist es dunkel, finster. Man kann
wohl in Dunkelheit mit einer Taschenlampe Licht verbreiten. Aber es gibt keine
Lampe, die im Licht Finsternis verbreitet. Doch im geistlichen Bereich geht das
leider. Jeder Mensch, der nicht den Herrn Jesus Christus in sein Leben
aufgenommen hat, ist nicht nur dunkel, er ist selbst Finsternis. In Epheser 5,8
steht: Ihr wart früher Finsternis. Und diese Finsternis verbreitet sich leider
durch die Verführungen anderer Menschen. Noch einmal: Wie dunkel es in dem
Leben eines Menschen ohne Jesus ist, können wir uns nicht vorstellen. Gott sagt:
Das Menschenherz ist böse von Jugend auf, ... da ist keiner, der Gutes tue. –
Dann
begibt es sich, dass sich ein Mensch bekehrt, er naht sich zu Jesus. Nun
geschieht das größte Wunder auf der Erde, das Wunder der Wiedergeburt.
Menschen, die Finsternis sind, sind gleichzeitig tot, tot für Gott, tot in
Sünden und Übertretungen. Wenn sich nun ein solcher Mensch an den Herrn Jesus
wendet und ihn um Vergebung seiner Sünden bittet, ihn bittet, in sein Herz und
Leben zu kommen als Heiland und Herr, so kommt der Herr Jesus in dieses Leben
und mit ihm der Vater und der Heilige Geist. Welch ein Adel! Die Gottheit nimmt
Wohnung in einem Menschenleben! Gott ist Licht, und in ihm ist keine
Finsternis. So geschieht es, dass es in dem Leben dieses Menschen hell wird.
Wenn
bei strahlendem Sonnenschein draußen dieser Raum völlig verdunkelt würde und
wir würden dann nach längerer Zeit die Rollläden eines Fensters ein ganz klein
wenig öffnen, so dass nur ein wenig Licht hereindränge, würde uns dieses wenige Licht schon eine
Hilfe sein. Wir könnten große Gegenstände sehen, Menschen von Möbeln
unterscheiden und davor bewahrt werden, gegen einen Pfeiler zu stoßen. Doch wir
könnten nicht die Flecken auf dem Fußboden oder den Gesichtsausdruck der
Menschen noch die Farbe ihrer Kleidung oder ihrer Augen erkennen. Aber je mehr
Licht hereinkommt, um so deutlicher können wird das
alles wahrnehmen. Und wenn dann die Fenster ganz offen sind und der helle
Sonnenstrahl voll in den Raum fällt, dann wagt man oft gar nicht zu atmen, weil
man den vielen Staub sieht, der in der Luft ist. Bei dieser Lampenbeleuchtung
sehen wir ihn nicht. So geht das auch in dem Leben eines Menschen. Der Herr
Jesus kommt hinein in sein Leben, er ist wiedergeboren, er gehört Gott und
kommt nicht in die Hölle. Aber da gibt es im Leben so viele Gebiete, so viele
Räume, die noch für den Herrn Jesus verschlossen sind. Da ist es noch dunkel. -
Nun kommt der Prozess der Umgestaltung, im christlichen Sprachgebrauch: der Weg der Heiligung. Je
mehr wir nun die einzelnen Gebiete unseres Lebens ihm öffnen, um so mehr Licht kommt in unser Leben hinein. Es wird heller
und heller.
Nun
kann Licht durchaus auch unangenehm sein, wenn es nämlich all das ans Licht
bringt, was man gerne im Dunkeln lassen würde. Ich las einmal eine Geschichte:
Eine Dame kommt in einen Optikerladen und sagt: "Ich möchte gerne eine
Brille haben, denn ich sehe nicht gut." Der Laden ist hell und dekorativ
gestaltet, die Sonne scheint so hell durch die Fenster, die Theken sind aus
Glas, unter denen man die Brillengestelle sehen kann, die Verkäuferin ist nett
und freundlich, kurz, die Dame fühlt sich wohl. Dann werden ihre Augen gemessen
und die passenden Gläser in das Testgestell getan, und mit einemmal konnte sie
deutlich sehen! Was sah sie nun? dass die Fensterscheiben geputzt werden
müssten, sah den Staub auf den Theken, die Schminke im Gesicht der Verkäuferin
und ihren gereizten Gesichtsausdruck, die abgenutzten Polster auf den Sesseln usw. Sie ist ganz verwirrt. Die
Verkäuferin fragt: "Nun, wie passen Ihnen die Gläser? Können Sie gut
sehen?" Dann fasst sich die Dame ein Herz und mit einem kurzen Entschluss
nimmt sie die Brille von ihrer Nase und sagt: "Nein, danke, ich brauche
doch keine Brille, ich sehe noch gut genug."
Je
mehr Licht in unser Leben hineinkommt, um so
deutlicher erkennen wir uns selbst. Bis dahin waren wir doch ganz angenehme
Menschen. Nun ja, jeder hat schon mal seine Fehler, aber gemessen an meiner
Umgebung kann ich ganz zufrieden sein. Wenn aber Gottes Licht in unser Leben
eindringt und der Heilige Geist uns manches als Sünde erkennen lässt, was wir
bis dahin als gut ansahen, wenn er uns die eigentlichen Motive unseres Handelns
und Redens aufdeckt, wenn wir sehen, wie viel Egoismus, Bosheit und Neid in uns
ist, dann erschrecken wir. Ja, dann kommt eine Zeit, in der wir durchaus nicht
immer so erlöst und glücklich aussehen, wie man das ja eigentlich als Christ
müsste, um ein gutes Zeugnis für unseren Erlösen sein zu können. Zu mir haben
Christen gesagt: "Seit ich mich bekehrt habe, bin ich schlechter geworden,
als ich vorher war." Natürlich stimmte das nicht. Aber vorher erkannten
sie nicht, wie schlecht sie wirklich waren. Der normale Mensch ärgert sich an
den Verkehrtheiten der anderen, doch der wiedergeborene fängt an, unter seinen eigenen
Verkehrtheiten zu leiden und zu seufzen. Je näher wir zu Jesus kommen, je mehr
wir voll Geistes werden, um so mehr erkennen wir uns
selbst, um so mehr leiden wir unter uns selbst.
Es
gibt Zeiten, in denen auch ein Christ verzweifeln kann. Ich wollte doch
freundlich sein, und war wieder krantig; ich wollte
doch verständnisvoll sein, und habe wieder Vorwürfe gemacht; ich wollte mich
doch entschuldigen, und habe wieder angeklagt; ich wollte doch einmal ruhig
sein und den anderen reden lassen, und habe wieder dazwischen geredet; ich
wollte mich doch einmal darüber freuen, dass es dem anderen so gut geht, und
war wieder neidisch; ich wollte doch einmal etwas Gutes über den anderen reden,
und es war wieder negativ; usw. Wir müssen das einmal erkennen und dazu
Stellung nehmen. Ich sage nie, dass ein Christ immer fröhlich sein muss und
immer ausgeglichen und immer einverstanden sein muss mit Gottes Wegen und immer
ein strahlender Zeuge seines Herrn. Nein, auch im Leben eines Christen kann es
Zeiten großen Zweifelns und tiefer Depression geben, in denen er mit seinen
eigenen Sünden und mit seinem eigenen Charakter nicht fertig wird. Aber, und
das ist eine gute Botschaft, das ist normal, und es gibt keine Möglichkeit,
diese Zeit zu überspringen. Christen, die schon lange im Glauben stehen und
solche Nöte nicht kennen, rate ich, den Herrn zu bitten, er möge ihnen durch
den Heiligen Geist mehr Licht geben über sich selbst.
Allen
aber, die unter ihrem eigenen Wesen und darunter, dass es doch noch Sünde in
ihrem Leben gibt, leiden, möchte ich zurufen: Verzagt nicht, gebt den Kampf
nicht auf, vertraut dem, der gesagt hat: So euch nun der Sohn frei macht, so
seid ihr recht frei. (Johannes 8, 36) Gewiss freut sich Satan, wenn er Christen
zum Sündigen verführen kann. Doch sein Ziel ist es, sie vom Glauben abzubringen
und sie verzagt zu machen. Nach einer Niederlage flüstert er uns zu: "Gib
es auf, du schaffst es doch nicht, einmal ist Gottes Geduld mit dir zu Ende, du
hast die Sünde wider den Heiligen Geist begangen, für dich gibt es keine
Vergebung mehr." Oder: "Du siehst ja, es ist alles nicht wahr, was in
der Bibel steht." Oder sogar: "Jetzt kannst du erkennen, dass es überhaupt keinen Gott gibt."
Wenn
es dem Feind gelungen ist, einen Menschen das glauben zu lassen, hat er
gewonnen. Wer aber Gottes Wort glaubt, dass der, der das gute Werk begonnen
hat, es auch vollenden wird, wer dem vertraut, der gesagt hat: „Niemand wird
sie aus meiner Hand reißen“, darf erfahren, wie in aller Stille und
Verborgenheit dieses große Wunder geschieht, dass wir umgestaltet werden in das
Ebenbild des Sohnes Gottes. Für uns dauert das alles so lange, aber Gott möchte
gründliche Arbeit machen. Verzagt nicht, Er weiß, wie lange das Feuer sein Werk
tun muss, das Gold zu läutern. –
Um
uns umzugestalten, braucht er auch die Verkehrtheiten der anderen Menschen. Wie
soll ich denn erkennen, dass ich noch hochmütig bin, wenn der andere mich nicht
demütigt? oder dass ich noch nicht sanftmütig bin, wenn der andere mich nicht
reizt? oder dass ich noch nicht selbstlos bin, wenn der andere meine guten
Absichten falsch versteht? Die Herrlichkeit des Neuen Bundes ist eine
verborgene, die oft dem nächsten Menschen und einem selbst nicht auffällt.
Wenn
sich also ein Mensch bekehrt, kommt Licht in seine Dunkelheit. Zuerst ist man
überwältigt von dem Licht. Denn in diesem Licht sehen wir ja auch und zuerst
Gott in seiner Liebe, erkennen die Erlösung, sind glücklich und möchten die
ganze Welt umarmen und auch bekehren. Wir sind Gottes Kinder geworden, ein Licht
der Welt. - Wenn wir geöffnete Augen hätten, wie licht ein jung bekehrter
Christ ist in seiner gottfernen Umgebung, wir würden geblendet die Augen
schließen. Wenn wir mit diesen geöffneten Augen uns selbst sehen könnten, wir
könnten das Licht nicht ertragen, obwohl wir uns noch so dunkel erscheinen. Im
Unterschied zu der Dunkelheit in der Welt ist schon eine solche Lichtfülle in
uns, dass wir es nicht ertragen könnten. Wenn wir lange Zeit in diesem Raum
verweilen würden bei absoluter Dunkelheit und plötzlich
würden alle Lampen angehen, würden wir geblendet die Augen schließen, obwohl
wir noch nicht die Staubkörnchen in der Luft sehen können, wie bei hellem
Sonnenstrahl. Und doch gibt es noch helleres Licht als das Sonnenlicht. Als in
Amerika die erste Atombombe gezündet wurde, stand die Sonne hoch am Himmel.
Doch bei dem hellen Atomblitz erschien sie auf einer Photographie wie eine
dunkle Scheibe. Ein Atomblitz ist tausendmal heller als das Licht der Sonne.
Wie hell ist wohl Gott? Und wir sollen einmal bei ihm sein, ihn sehen, wie er
ist. Darum müssen wir selbst immer lichter, ihm immer ähnlicher werden.
Der
Weg dazu wird uns in Vers 18 gezeigt. Die Einheitsübersetzung übersetzt:
„Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider
und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn.“ so etwa übersetzen auch andere.
Ihn, Christus, sollen wir ansehen. Das geht aber nicht, indem wir in uns selbst
schauen, obwohl er ja in uns wohnt. Ihn sehen können wir nur, wenn wir von uns
wegschauen. Obwohl er in uns wohnt, ist er auch unser Gegenüber. Ihn sehen
können wir nur in seinem Wort. Da lernen wir ihn kennen in seiner Liebe,
Freundlichkeit, Sanftmut, Langmut, Wahrheit, in seiner Hingabe und in seinem
Gehorsam dem Vater gegenüber. Wenn wir ihn so sehen in seinem Umgang mit dem
Vater und mit den Menschen, dann finden wir immer mehr Freude an ihm, er
erscheint uns immer schöner; dann wächst aber auch in uns der Wunsch, ihm
gleich zu werden. So geschieht es, dass sein Geist uns in das Bild Jesu prägt.
Die Frucht des Geistes ist ja die Gesinnung Jesu. Wenn wir ihn so anschauen,
strahlen wir etwas von seiner Herrlichkeit wider, ja wir selbst werden ihm
ähnlicher. –
Die
Herrlichkeit des Neuen Bundes im Leben der Gläubigen ist ja schon erkennbar,
wenn auch unterschiedlich in der Klarheit. Wie sehr seine Herrlichkeit unser
Leben schon hier durchdringen und erfüllen kann, hängt von uns ab, wie viel wir
uns mit ihm beschäftigen. Alles andere wirkt dann schon sein Geist in und durch
uns. So wird die Kraft der Auferstehung Jesu in uns wirksam. Diese Kraft ist nicht darin wirksam, dass
Kranke gesund werden und Tote auferstehen und Zeichen und Wunder geschehen. Das
ist für Gott überhaupt kein Problem, und wenn es dazu dient, dass er dadurch
mit uns zu seinem Ziel kommt, lässt er es auch geschehen. Das tut er in der
Kraft seiner Gottheit. Aber dass Menschen, die tot sind in Sünden und
Übertretungen, völlig getrennt von Gott, wieder in seine Gemeinschaft kommen
können, - das heißt, lebendig werden, - dazu musste er seinen Sohn in den
leiblichen und geistlichen Tod geben, in die Gottesferne stoßen. Um die Kraft
zu beschreiben, die nötig war, ihn aus diesem Tode herauszuholen. überschlägt sich Paulus in Epheser
1, 15-23 förmlich in Superlativen, in den höchsten Steigerungsformen. Er
spricht von der überschwänglichen Größe seiner Kraft nach der mächtigen Kraft
seiner Stärke, die da wirksam wurde. Diese Kraft war nicht nötig, um den Leib
Jesu wieder lebendig zu machen. Aber ihn aus der Gottesferne, aus der Trennung
von Gott, wieder herauszuholen, dazu war diese Kraft nötig. Und diese Kraft ist
nun wirksam da, wo Menschen wiedergeboren werden und, wo Menschen, die durch
und durch sündig sind, umgestaltet werden in das Bild des Sohnes Gottes.
Möge
Gott uns geöffnete Augen schenken, nicht nur die eigenen Fehler und die der
anderen zu sehen, sondern auch, was er schon getan hat, sowohl an den anderen
als auch bei uns selbst. Möge er uns auch die Sehnsucht schenken, ihn immer
besser zu erkennen, ihn mehr zu lieben und ihm immer ähnlicher zu werden.
Amen