Zufriedenheit und Dankbarkeit (Phil 4,4-7)
Gliederung
1. Freue dich über die Gnade Gottes (Phil 4,4)
2. Denke nicht nur an dich (Phil 4,5)
3. Vertraue deine Gebetsanliegen Gott an (Phil 4,6)
4. Und der Friede Gottes wird dein Leben bestimmen (Phil 4,7)
Wir leben in einer Zeit des Wohlstandes und der schier unendlichen Möglichkeiten. Zufriedenheit sollte demnach unser Leben mehr denn je prägen. Und doch scheinen die Menschen in unserer Gesellschaft heute unzufriedener denn je zu sein. Zufriedenheit hängt also offensichtlich nicht vom Wohlstand ab, aber auch nicht von der Gesundheit. Frage ist, ob es ein einfaches Rezept für die Zufriedenheit gibt, so etwa nach dem Motto: „Sei zufrieden mit dir selbst und mit der Welt …“
Die Bibel zeigt uns das Rezept. Wir können dann zufrieden sein bzw. uns wirklich freuen, wenn wir uns dankbar Gott unterordnen und ihm vertrauen. Wer zuerst die eigene Erfüllung im Leben sucht, wird immer suchend bleiben. Wer weiß, dass sein Leben in Jesu Hand ist und Jesus Christus als der „gute Hirte“ (vgl. Joh 10) sein Leben führt, kann sich dankbar ihm hingeben und echte Freude erleben.
Dass diese Freude nicht primär von äußeren Umständen abhängig ist, zeigt der Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi. Als Paulus den Brief schrieb, war er bereits fast fünf Jahre Gefangener, wobei er nun allerdings mit seiner baldigen Freilassung rechnete (vgl. Phil 1,23f.; 2,24f.). Die Freude des Apostels und die Dankbarkeit, die den Brief prägt, ist jedoch darin begründet, dass er gelernt hat, in jeder Lage seine Abhängigkeit vom Herrn Jesus Christus zu erkennen. Wir sind heute aufgefordert, das ebenfalls für uns zu lernen.
Wer sich freut, ist zufrieden. Und nun schreibt Paulus, dass die Gläubigen sich jederzeit freuen sollen. Jederzeit? Unmöglich! Es ist doch absolut unmöglich, dass ein Mensch sich immer freuen kann! Und doch fordert Gottes Wort uns dazu auf. Also muss es auch irgendwie möglich sein.
Möglich ist das, wenn wir den biblischen Weg der Freude erkennen und auch gehen. Das biblische Rezept ist mit Gottes Hilfe immer erfüllbar, wenn wir es richtig erkennen und auch von der richtigen Quelle leben, auch wenn es nicht immer leicht ist. Doch wie können wir uns freuen? Was ist mit der „Freude“ gemeint?
Das Wort „Freude“ heißt auf Griechisch (in der Sprache, in der Paulus seine Briefe schrieb) chara und ist verwandt mit dem Wort charis = „Gnade“. Echte Freunde ist somit das, was die Gnade Gottes bewirkt. Warum erlebt nicht jeder Mensch als Geschöpf Gottes diese Gnade und diese Freude?
Die Unzufriedenheit ist nach der Bibel eine Folge der Sünde. Der Mensch wollte und will gegen den Willen Gottes seine eigene Erfüllung finden. Doch wenn er in der Sünde lebt, hat er keinen Frieden mit Gott und damit auch keinen Frieden im Herzen. Er ist ständig auf der Suche nach der Fülle des Lebens, aber er findet sie ohne Jesus Christus nicht. Doch sagt Jesus, dass er als der „gute Hirte“ gekommen ist, sein Leben für uns zu lassen, damit wir das Leben und die Fülle haben (vgl. Joh 10,10ff.). Und das erfahren wir, indem wir ihm als seine „Schafe“ folgen. Jesus Christus gab dafür sein Leben am Kreuz hin. Wer durch ihn die Sündenvergebung annimmt und sich Jesus Christus als dem „guten Hirten“ unterordnet, weiß, dass sein Name im Himmel eingeschrieben ist, und darüber sollen wir uns nach der Aussage Jesu in Lk 10,20 vor allem freuen. Die Grundlage der Freude ist also nicht der eigene Erfolg, nicht die eigene Schönheit, nicht das eigene Können, sondern Gottes Gabe in Jesus Christus.
Die Gnade ist die einzige Grundlage echter und bleibender Freude. Doch was ist Gnade? Von der Gnade Gottes spricht Paulus u. a. in Eph 2,8-9: „Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.“ Gnade ist somit eine unverdiente Gabe Gottes (vgl. auch Röm 3,24f.). Sie besteht primär in der Sündenvergebung und der Gabe des ewigen Lebens, wodurch der Mensch mit Gott im Frieden lebt (vgl. Röm 5,1). Als Christen wissen wir aber auch, dass unser ganzes Leben ein Geschenk der Gnade Gottes ist. Die Gewissheit, dass Gott mit uns sein Ziel erreicht, und das trotz aller Widerstände im Dienst für ihn, ist die Grundlage einer echten und bleibenden Freude.
Paulus spricht in Phil 4,4 von der Freude am Herrn bzw. im Herrn. Damit ist Jesus Christus als unser Herr angesprochen. Er ist die Quelle, aber auch der Gegenstand der Freude. Mit anderen Worten: In der Beziehung zu ihm erleben wir diese Freude, und gleichzeitig ist der Gegenstand der Freude das, was er bewirkt. Sich am Herrn zu freuen bedeutet auch, dass wir uns ganz auf ihn verlassen. Das schließt die Gewissheit mit ein, dass wir von ihm geliebt und angenommen sind und dass er uns die Kraft zu einem neuen Leben schenkt. Das bedeutet, dass wir lernen müssen, ständig von der Gnade Gottes zu leben und uns auf sie zu verlassen. Die Gnade Gottes ist nicht eine einmalige Zuwendung Gottes in der Sündenvergebung, sondern ist eine ständige Zuwendung Gottes, die auch ständige Vergebung der Sünden mit einschließt.
Wer von dieser Gnade lebt, lernt auch, sich nicht nur ständig um sich und seine Wünsche zu drehen. Er wird sich mit Gott und seinem Plan für sein Leben beschäftigen. Er sucht den Frieden auch mit den Mitmenschen.
„Eure Milde werde allen Menschen bekannt …“ Das Wort epi-eikes („Milde“) kann man auch mit „Lindigkeit“ oder „Nachsicht“ wiedergeben. Damit wird das Gegenteil von „Streitsucht“ oder Härte beschrieben (vgl. 1. Tim 3,3; Tit 3,2; Jak 3,17). In 2. Kor 10,1 erwähnt Paulus die Milde neben der Sanftmut. Wer mild ist, lässt sich etwas sagen (vgl. Jak 3,17f.). Er muss nicht immer recht haben. Und solche Haltung dem Nächsten gegenüber kann z. B. bei Verletzungen lindernd wirken. Wer Frieden mit Gott hat, sucht den Frieden mit den Mitmenschen, auch wenn diese Menschen nicht im Frieden mit Gott und ihren Mitmenschen leben.
Paulus schreibt nun, dass unsere Milde allen Menschen bekannt sein soll. Damit sind alle Menschen gemeint, mit denen wir es zu tun haben – unser(e) Ehepartner(in), unsere Kinder, Arbeitskollegen usw. Sie sollen unsere friedliche und zufriedene Haltung aus eigener Erfahrung im Umfang mit uns erkennen. In Röm 12,18 betont der Apostel, dass wir, wenn es möglich ist, mit allen Menschen Frieden haben sollen. Nicht immer sind wir schuld daran, wenn Menschen mit uns nicht im Frieden leben wollen. Dann aber ist das schlussendlich nicht unser Problem, sondern ihr Problem. Wer im Frieden mit Gott lebt, breitet diesen Frieden aus. Sein Wunsch ist es, für den Nächsten da zu sein, wie Gott für ihn da ist.
Eine solche Person wird nicht neidisch sein, wenn der Nächste mehr Geld, einen besseren Arbeitsplatz, ein besseres Haus, ein besseres Auto usw. hat. Eine solche Person vergleicht sich auch nicht ständig mit dem Nächsten. Vielmehr ist sie dankbar für das, was Gott ihr schenkt, und ist bestrebt, anderen in Dankbarkeit zu helfen. Sie wird merken, dass sie im Vergleich zu vielen Menschen sehr reich ist, da sie glücklich und zufrieden ist.
Paulus sagt zu den Ältesten von Ephesus: „Ich habe euch in allem gezeigt, dass man so arbeitend sich der Schwachen annehmen und an die Worte des Herrn Jesus denken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,35). Sich der Schwachen annehmen kann auch bedeuten, dass wir denen gegenüber, die mit ihren Mitmenschen im Unfrieden leben, den Frieden suchen. Sie sollen unsere Milde kennen lernen.
Das ist ein wichtiger Schritt zur Zufriedenheit und Dankbarkeit. Doch damit sind nicht alle Schwierigkeiten im Leben beseitigt. Als Christen leben wir immer noch in einer gefallenen Welt, und wir selbst sind noch keine „Engel“. Wir bleiben Menschen mit Begrenzungen und Bedürfnissen. Wie können wir damit umgehen, um zufrieden und dankbar zu bleiben?
Auch als Christen haben wir Gebetsanliegen, manchmal auch Sorgen. Ist das Grund zur Unzufriedenheit? Wir sollten nicht meinen, dass es im Leben von „echten“ Christen immer rund läuft und dass Gott immer alle unsere Wünsche erfüllt. Auch ein Christ ist ein Mensch mit Schwächen und Bedürfnissen. Auch er wünscht sich, dass er verstanden und geliebt wird. Aber was tun wir, wenn solche Wünsche nicht erfüllt werden?
Es gibt Christen, die meinen, sie müssten einfach Gott danken, egal was geschieht. Das geht so weit, dass man meint, man müsse Gott einfach danken für das, was man sich wünscht, und Gott schenke es uns. Man macht sich und Gott etwas vor. Die Bibel betont natürlich, dass wir in allen Dingen dankbar sein sollen. So schreibt Paulus z. B. in 1. Thess 5,18: „Seid dankbar in allen Dingen, denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch“ (vgl. auch Eph 5,20). Andererseits schreibt der gleiche Apostel in Phil 4,6, dass die Gläubigen ihre Gebetsanliegen „in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden“ lassen sollen. Christen dürfen Gott aufrichtig ihre Gebetsanliegen mitteilen. Es geht nicht darum, dass wir andere Menschen durch unsere „Frömmigkeit“ im Gebet usw. beeindrucken.
Achten wir darauf, dass auch das „öffentliche“ Gebet nicht eine Botschaft an die Mitmenschen bzw. Mitchristen sein soll, sondern ein Reden mit unserem himmlischen Vater. Es geht also nicht darum, dass wir die mithörenden Menschen beeindrucken oder ihnen eine Botschaft vermitteln, sondern um ein Vertrauensgespräch mit unserem Schöpfer und Erlöser. Unsere Anliegen werden von ihm ernst genommen, und deshalb dürfen wir ganz ehrlich im Gebet zu ihm kommen. Jesus sagt sogar, dass unser Vater im Himmel weiß, was wir nötig haben, bevor wir ihn darum bitten (Mt 6,8).
Paulus schreibt nun, dass wir „mit Dankbarkeit“ unsere Gebetsanliegen Gott mitteilen sollen. Das bedeutet nicht, dass wir einfach nur danken, und Gott gibt es uns. Wer dankbar ist, ordnet sich Gott unter, weil er weiß, dass der Wille Gottes das Richtige für sein Leben ist. So lesen wir in Röm 8,28, dass „denen, die Gott lieben, alles zum Guten mitwirkt“. Liebe zu Gott und Dankbarkeit gehen sicher Hand in Hand. Unsere Dankbarkeit zeigt, dass wir Gott lieben und ihm vertrauen. Wir können uns dann auch selbst annehmen, weil wir wissen, dass Gott uns durch Jesus Christus angenommen hat (vgl. Röm 15,7).
Die Folge solcher Dankbarkeit ist ein Leben der Zufriedenheit; noch mehr: ein Leben im Frieden Gottes, wie Paulus in Phil 4,7 schreibt.
„… und der Friede Gottes, der höher ist als jede Vernunft (jeder Verstand), wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus“ (Phil 4,7). Das „und“ ist an dieser Stelle im folgernden Sinn zu verstehen: die Folge davon, dass wir so leben, wie in Phil 4,4-6 beschrieben ist, ist die Tatsache, dass der Friede Gottes uns bewahrt. Doch was ist der Friede Gottes?
Der Friede Gottes ist primär der Zustand der Harmonie mit Gott auf Grund der Sündenvergebung (vgl. Röm 5,1.9-11). Der Friede Gottes ist aber auch ein Zustand, der unser ganzes Bewusstsein und unsere Ausrichtung im Leben prägen will. In Röm 14,17-18 schreibt Paulus: „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Denn wer darin Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt.“ Christus dienen wir demnach, indem wir seine Gerechtigkeit, seinen Frieden und seine Freude auch im Umgang mit den Mitmenschen und den Mitchristen weitergeben.
Paulus schreibt, dass dieser Friede uns bewahren wird. Das Wort, das im griechischen Text an dieser Stelle verwendet wird, ist ein militärischer Begriff und bedeutet soviel wie „in Gewahrsam halten“ (vgl. z. B. 2. Kor 11,32). Gemäß 1. Petr 1,5 werden die Christen hier auf Erden „in der Kraft Gottes durch Glauben bewahrt (in Gewahrsam gehalten) zur Errettung, die bereit ist, in letzter Zeit offenbart zu werden“. In Phil 4,7 spricht Paulus vom „Herzen“ und von den „Gedanken“. Damit ist der „innere Mensch“ gemeint (vgl. auch Eph 3,16-17). Dieser hat es offenbar besonders nötig, bewahrt zu werden. Damit wird auch deutlich, dass der eigentliche Grund, dass wir sündhaft leben, nicht die Umstände um uns sind, sondern wir selbst bzw. unser Herz und unsere Gedanken.
Die Gewissheit, dass Gott mich erlöst hat und dass er einen wunderbaren Plan für mein Leben hat, macht mich ruhig, zufrieden und dankbar. Ich setze mich dann dafür ein, dass auch andere diese Gewissheit erfahren dürfen. Und ich suche den Frieden mit ihnen und ebenso ihren Frieden.
Sicher haben wir alle nötig, dass unsere Gedanken im Frieden Gottes bewahrt werden. Wichtig ist dabei, dass wir uns auch bewahren lassen. Gemäß der Aussage Jesu in Mt 15,19 kommen z. B. die folgenden „bösen Gedanken“ aus dem Herzen des Menschen: „Mord, Ehebruch, Hurerei, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen …“ Diese Gedanken werden durch Blicke genährt, und darum sagt Jesus nach Mt 5,29, dass man das Auge „ausreißen“ soll, wenn es Anlass zur Sünde (im Gedanken) gibt (vgl. auch Mt 5,28). Heute gibt es so viele Möglichkeiten, seine sündhaften Gedanken durch die Bilder im Internet, in den gedruckten Medien, aber auch in der reellen Welt, die uns ständig umgibt, zu nähen. Es ist außerordentlich wichtig, in dieser Hinsicht absolut konsequent zu sein und uns abzuwenden. Sonst tragen wir selbst die Verantwortung dafür, dass uns der Friede Gottes nicht bewahrt. Die Freude am Herrn beschützt uns in diesem Frieden, wie wir auch in Neh 8,10 lesen: „Die Freude am Herrn ist eure Schutzburg.“
Frage ist, was uns wichtiger ist, in der Sünde „Befriedigung“ zu suchen oder konsequent im Frieden Gottes zu leben. Alles andere als der Friede Gottes kann uns nicht wirklich befriedigen. In Phil 4,9 geht Paulus noch einen Schritt weiter, indem er schreibt: „Was ihr auch gelernt und empfangen und gehört und an mir gesehen habt, das tut, und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“ Wenn wir den Willen Gottes, der in der Bibel offenbart worden ist, tun, wird der „Gott des Friedens“, der allein wahren Frieden geben kann, mit uns sein. Gott schenke uns Gnade dazu!