Dr. Jacob Thiessen, Rektor der STH BASEL (www.sthbasel.ch)

Der Segen unter der Leitung des Heiligen Geistes (Römer 8, 12-17)

 

Gliederung:

1. Wer vom Geist geleitet wird, überwindet die Sünde (V.12-13)

2. Wer vom Geist geleitet wird, erlebt den Segen der Gotteskindschaft (V.14-15)

3. Wer vom Geist geleitet wird, erhält die Gewissheit des zukünftigen Erbteils (V.16-17)

 

Einleitung

Durch den Geist Gottes ist der wiedergeborene Christ imstande, das Heil Gottes, das er uns in Jesus Christus anbietet, zu erleben. Je mehr wir unser gesamtes Leben dem Geist Gottes unterordnen, desto mehr werden wir das Heil Gottes und den göttlichen Segen erleben.

Paulus zeigt hier, wie die Leitung des Heiligen Geistes uns in die Freiheit führt: Freiheit von der Sklaverei der Sünde, Freiheit aus der Furcht in die freudige Gewissheit der Gotteskindschaft. Diese Unterordnung unter die Leitung des Heiligen Geistes ist für uns eine ständige Herausforderung, aber wir werden die Frucht genießen, wenn wir bereit sind, konsequent zu sein.

 

1. Wer vom Geist geleitet wird, überwindet die Sünde (V.12-13)

Paulus fasst das, was er vorher im Römerbrief ausgeführt hat, an dieser Stelle zusammen und zieht die Schlussfolgerung. Er hatte in Römer 6 aufgezeigt, dass die Sünde ihre Herrschaft über unser Leben verloren hat, wenn wir das neue göttliche Leben und die Vergebung durch Jesus annehmen. In Römer 7 hatte er betont, dass der Mensch aus eigener Kraft nicht imstande ist, auf Grund vom alttestamentlichen Gesetz die Sünde zu überwinden. Im ersten Abschnitt in Römer 8 hatte Paulus gezeigt, wie der Geist Gottes uns befähigt, im Einklang mit dem Willen und dem Gesetz Gottes zu leben. In V.12 fasst er nun das zusammen und betont, dass wir nicht mehr „Schuldner“ sind, „dem Fleisch gemäß zu leben“. Was ist damit gemeint?

Mit „Fleisch“ ist an dieser Stelle das widergöttliche und damit das sündhafte Wesen gemeint. Alles, was im Gegensatz zu dem in der Bibel geoffenbarten Willen Gottes steht, wird hier als „Fleisch“ bezeichnet. Der Mensch ohne Jesus Christus kann sich noch so sehr anstrengen, aber er kann die Sünde nicht wirklich überwinden. Er kann vielleicht hier und da sein Leben etwas verbessern, aber nicht grundsätzlich verändern. Dazu braucht er die innere Wiedergeburt durch Jesus Christus und durch den Geist Gottes. Jesus hat durch seinen Kreuzestod und seine Auferstehung Satan und Sünde besiegt (vgl. z.B. Kolosser 2, 14f.; Hebräer 2, 14; ferner Kolosser 1, 13). Wer ihn in sein Leben aufnimmt und durch ihn Vergebung empfängt, ist kein Sklave der Sünde mehr (vgl. Johannes 8, 34.36). In Römer 6, 7 hatte Paulus betont, dass die Sünde ihren Rechtsanspruch über den mit Christus Gestorbenen und Auferstandenen verloren hat, und genau das ist es, was Paulus meint, wenn er nun sagt, dass wir nicht mehr Schuldner sind, dem Fleisch nach zu leben; wir müssen nicht mehr dem sündigen Wesen gehorchen.

Aufgepasst, denn Paulus sagt nicht: Wir können nicht mehr sündigen! Der Christ entscheidet selbst, ob er weiter unter der Herrschaft der Sünde oder im Sieg Jesu über die Sünde leben will. Die Voraussetzung für die Überwindung schenkt Gott. Sie heißt nicht: Strenge dich nur genug an! Durch den Geist Gottes allein können wir die Sünde überwinden, und das heißt, indem wir in einer engen Beziehung zu Jesus Christus leben.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass wir uns als Christen durch unsere sündhaften Lüste und Begierde (z.B. Sexualtrieb gegen Gottes Willen; Lügen; Reichtum; Stolz) bestimmen lassen. Paulus zeigt uns aber die Folgen auf: „Ihr werdet (allmählich) sterben.“ Gemeint ist, dass wir uns durch die Sünde von Christus entfernen und dadurch das göttliche Leben verlieren. Das ist, was auch Hebräer 12, 14 betont, wenn es heißt: „Ohne die Heiligung wird niemand Gott schauen.“ Heiligung bedeutet, dass wir durch den Heiligen Geist, der bei der Neugeburt in unser Leben gekommen ist, die Sünde immer noch überwinden und Gott so näher kommen.

Heiligung ist also keine Angelegenheit einzelner besonderer Christen, sondern unbedingte Notwendigkeit eines jeden Christen!

Nun zeigt Paulus im weiteren Text, wie befreiend das Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes ist.

 

2. Wer vom Geist geleitet wird, erlebt den Segen der Gotteskindschaft (V.14-15)

Paulus spricht nun davon, dass Kinder Gottes durch den Geist Gottes geführt werden (vgl. Galater 5, 18). Menschen, die nicht mit Jesus leben, werden von ihren eigenen Lüsten bzw. von dämonischen Mächten getrieben. Dadurch werden sie innerlich versklavt. Aber der Geist Gottes führt uns in die innere Freiheit. Wir sind frei, nicht mehr sündigen zu müssen. Aber auch frei von der ständigen Furcht.

Damit zeigt Paulus indirekt, dass der Mensch, der durch die Sünde das Leben „genießen“ möchte, in Wirklichkeit in ständiger Furcht lebt. Oft weiß er nicht, warum er sich fürchtet. Damit zeigt Paulus auch, dass der Mensch diese Furcht nur dadurch überwinden kann, dass er Gott, seinen Schöpfer und Erlöser, als seinen liebenden Vater kennen lernt. Das ist möglich durch den Heiligen Geist. Je mehr der Geist Gottes unser ganzes Denken prägt und uns die Größe und Liebe Gottes offenbart, desto mehr werden wir wahre geistliche Freiheit genießen. Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.

Der Geist Gottes hilft uns zu verstehen, was es heißt, dass Gott unser „Vater“ ist, und als solchen dürfen wir ihn auch durch den Geist ansprechen. Nun haben wir leider nicht immer nur gute Erinnerungen an unsere irdischen Väter. Diese unguten Erinnerungen sind oft ein Problem in unserer Beziehung zu Gott. Doch der Geist Gottes kann uns ein biblisches Verständnis von Gott als „Vater“ vermitteln. Das wird befreiende Auswirkungen auf unser Leben haben.

Paulus braucht hier das aramäische Wort ’abba für „Vater“. Wir könnten das Wort mit „Papa“ wiedergeben – wobei Gott allerdings nicht verniedlicht werden darf. Damit wird die Vertrauensbeziehung zwischen Kind und Vater zum Ausdruck gebracht. Die Juden haben Gott nicht so genannt, sondern brauchten den Ausdruck ’abbenou „unser Vater“, wenn sie Gott als Vater anredeten.

Hier sehen wir, dass wir durch Jesus Christus zu einer befreienden Gottesbeziehung gelangen können. Jesus Christus hat selbst vorgelebt, was es bedeutet, zu Gott als „Vater“ eine Beziehung zu haben. Gottes unendliche Güte und Liebe werden uns durch ihn groß.

Wir wissen, dass er für uns als seine geliebten Kinder sorgt. Was auch immer geschieht, wir müssen uns nicht mehr fürchten, weil der Schöpfer des Weltalls und unser Erlöser bei uns ist und für uns sorgt. In der Bezeichnung zu Gott als „Vater“ kommen somit die Geborgenheit und die liebende und fürsorgliche Nähe Gottes zum Ausdruck.

Durch den Geist erlangen wir aber nicht nur die Gewissheit, dass wir jetzt bei Gott geborgen sein dürfen, sondern auch, dass unsere ganze Zukunft ihm gehört. Damit kommen wir zum nächsten Schwerpunkt des Textes.

 

3. Wer vom Geist geleitet wird, erhält die Gewissheit des zukünftigen Erbteils (V.16-17)

Nur durch den Geist Gottes können wir die Gewissheit erlangen, dass wir wiedergeborene Kinder Gottes sind. Manche Menschen, die bereits lange Gemeindeglieder sind, haben diese Gewissheit nicht. Oft liegt das sicher daran, dass sie ihr Leben immer noch zu sehr selbst bestimmen wollen. Oder sie meinen, sie müssten sich doch irgendwie die Gotteskindschaft verdienen. Oder sie haben zu wenig die Gnade Gottes erkannt.

Kind ist man, weil man in die Familie hinein geboren wurde. Nicht, weil man sich das verdient hat oder weil man anständig lebt. Kinder Gottes werden wir durch die Neugeburt, die der Heilige Geist in uns bewirkt, weil Jesus für unsere Sünde und Schuld gestorben ist. Das geschieht, wenn wir die Erlösung im Glauben annehmen.

Der Glaube allein gibt uns dann auch die Gewissheit, dass wir Kinder Gottes sind, nicht ein gutes Gefühl. Wer seinen Gefühlen vertraut, wird immer wieder Zweifel haben. Wer sich dagegen ganz auf Gott und sein Wort verlässt, hat Gewissheit.

Wenn Paulus sagt, dass der Geist Gottes unserem Geist bezeugt, dass wir Kinder Gottes sind, so geht es sicher um die innere Gewissheit, die wir im Vertrauen auf Gottes Wort und unter der Leitung des Heiligen Geistes erlangen. Aber es ist auch das durch den Geist veränderte Leben, das diese Gewissheit bekräftigt.

Nun sagt Paulus, dass wir dann auch Miterben Christi sind. Es handelt sich dabei um die Erbschaft der zukünftigen ewigen Herrlichkeit in der Gegenwart Gottes (vgl. auch Kolosser 1, 27). Erbe wird man nicht durch besondere Leistungen oder Verdienst, sondern weil man Kind ist. Gott, der Vater, hat Jesus als seinen Sohn zum Erben aller Dinge eingesetzt (Hebräer 1, 2). Wer durch Jesus Kind Gottes geworden ist, ist damit Miterbe Jesu Christi. Er darf einst für immer in der Gegenwart der göttlichen Herrlichkeit bleiben. Welch ein freudiger Ausblick!

Nun scheint dieses Erbteil doch an eine Bedingung geknüpft zu sein. Paulus sagt nämlich: „… wenn wir mitleiden.“ Gemeint ist jedoch nicht, dass wir uns durch Leiden die zukünftige Herrlichkeit in der Gegenwart Gottes verdienen könnten. Gemeint ist vielmehr – wie der biblische Kontext zeigt –, dass wir als Kinder Gottes und Nachfolger Jesu hier auf dieser Erde leiden werden. Auch wenn wir die Gewissheit haben, Kinder Gottes zu sein, so sehnen wir uns doch nach der zukünftigen Befreiung von jeglichem Leid (vgl. Römer 8, 18ff.). Doch wie schön ist die Gewissheit: Unser Erbteil kann uns nicht genommen werden.

Was prägt dein Leben? Sind es viele Sorgen? Ist es Furcht vor etwas, das du nicht erklären kannst? Oder ist es die Ungewissheit, ob du überhaupt gerettet bist? Gottes Wort lädt uns ein, unser Leben zu überprüfen und es neu dem liebenden himmlischen Vater und der Leitung seines Geistes anzuvertrauen.

Im völligen Vertrauen auf Jesus und seine Erlösung kannst du die Gewissheit erlangen und darin befestigt werden, Kind Gottes zu sein und dein Leben in seiner Hand zu wissen. Dann wächst auch die Gewissheit, dass du nach dem Tod in die Herrlichkeit Gottes eingehen darfst.

 

Dr. Jacob Thiessen, Rektor der STH BASEL (www.sthbasel.ch)