Langmütig, aber auch zornig Lektion 12
Eine der schönsten Eigenschaften des Herrn ist die, daß Er langmütig ist, auch wenn Er wiederholt beleidigt und provoziert wird. Langmut ist ein stärkerer Ausdruck für Geduld. Er erträgt viel mit großer Zurückhaltung und verzichtet darauf, sehr streng zu reagieren, auch wenn es gerechtfertigt wäre. Er "läßt sich einiges gefallen" von manchen Menschen, was erstaunlich ist. "Gott hat mit vieler Langmut die Gefäße des Zorns ertragen, die zum Verderben zubereitet sind" (Röm. 9,22). "Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Gnade" (4. Mos. 14,18). Das wird auch so übersetzt: "Der Herr ist langmütig und von großer Barmherzigkeit". "Gott ist barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade" (2. Mos. 34,6). Er ist "der Gott des Ausharrens" (Röm. 15,5). In bezug auf den Herrn Jesus spricht der Schreiber von Seiner "ganzen Langmut" (1. Tim. 1,16).
Es gibt eine Beschränkung in Seinem Handeln, eine Milde, wenn Er beleidigt wird, die eine sofortige Strafe zurückhält - jedoch nicht immer, wie der Fall von Ananias und Saphira zeigt (Apg. 5,3-10). Auch Nadab und Abihu, die Söhne Aarons, starben sofort vor dem Herrn, als sie fremdes Feuer darbrachten (4. Mos. 3,4) und genauso Korach (4. Mos. 16,32). Miriam wurde auf der Stelle mit Lepra bestraft, weil sie Mose herausgefordert hatte (4. Mos. 12,9-10). Die Geduld Gottes darf nicht mißbraucht werden. Sie hat ihre Grenzen. Menschen neigen dazu, falsche Vorstellungen zu haben. Sie glauben, "weil der Urteilsspruch über die böse Tat nicht schnell vollzogen wird", sind sie frei, Böses zu tun (Pred. 8,11). Wenn Gott die Bestrafung verschiebt und die Möglichkeit zur Umkehr gibt, bedeutet das nicht, daß Er auch in Zukunft Dinge einfach durchgehen läßt. Die Gerechtigkeit wird nicht aufgehoben durch Gottes Geduld, auch wenn sie mit Verzögerung eintrifft.
Das Warten Gottes ist sehr lehrreich. "Die Langmut Gottes wartete ab in den Tagen Noahs, während die Arche gebaut wurde" (1. Petr. 3,20) und erlaubte wenigen, gerettet zu werden. Er bestrafte die Schuld der Amoriter nicht eher, bis das Maß voll war (1. Mos. 15,16). Später wurden sie zusammen mit anderen Übeltätern aus dem Land getrieben. Er war unglaublich geduldig mit Israel und Juda. Er drückte in Jes. 1 etwas aus, was wir "verzweifelt sein mit ihnen" nennen könnten in Ermangelung eines besseren Wortes. In Apg. 14,16 steht vom Herrn geschrieben: "Er ließ in den vergangenen Geschlechtern alle Nationen in ihren eigenen Wegen gehen". Trotzdem hörte Er nicht auf, ihnen Regen, Essen und Versorgung zukommen zu lassen, obwohl sie so wenig dankbar waren.
Warum sollte Er eigentlich geduldig sein ? Beginnen wir damit, daß "Er gedenkt, daß wir Staub sind" (Ps. 103,14). Er weiß, daß unser Leben nicht mehr ist als Gras und daß wir diesen Weg nicht noch einmal gehen werden. Er gibt uns jede erdenkliche Möglichkeit, umzukehren, unsere Fehler zu sehen und einzugestehen, obwohl viele Seiner Appelle unbeachtet bleiben. Ungeachtet dessen, daß sie härteste Erfahrungen durchmachen, wird über die meisten geschrieben "doch sie taten nicht Buße". Einige wenige reagierten aber doch. "Er will nicht, daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen" (2. Petr. 3,9). Er wartet lange und gibt den Menschen die Möglichkeit, sich von ihren eigenen Wegen abzuwenden zu Ihm hin. Allen Erlösten ist diese Nachsicht irgendwie zugute gekommen. Er hat keine Freude daran, zu richten (Klagelieder 3,33). Die Engel freuen sich über einen Sünder, der Buße tut.
Gott ist geduldig genug, um nachsichtig zu sein, aber wenn die Zeit da ist, kann Er Seinen Zorn entfesseln. Es wird richtig gesagt: "Hüte dich vor dem Zorn eines geduldigen Mannes". Wieviel mehr trifft das auf Gott zu. Wir brauchen nicht zu meinen, daß wir diese Eigenschaft "wegdiskutieren" müßten, als ob sie ein Charakterfehler wäre. Es ist ein notwendiger Teil Seiner Heiligkeit, daß Er zornig ist über Schlechtigkeit, Bosheit und Unterdrückung. Keine rechtschaffene Person sollte solchen Dingen gegenüber gleichgültig sein. Welches Volk oder welche Obrigkeit würde schon ständig Gesetzesübertretungen oder offene Rebellion übersehen ? Der Römerbrief greift im ersten Kapitel (Röm. 1,16) das Thema des Evangeliums auf und fährt dann fort mit der Begründung, warum die Menschen es brauchen. "Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen" (Röm. 1,18). "Gott ist ein gerechter Richter und ein strafender Gott an jedem Tag" (Ps. 7,12).
Der Herr Jesus Selbst, von dem wir meinen, daß Er immer sanft war, wird in der Schrift mindestens dreimal zornig gezeigt. In Mk. 3,5 war es wegen der Menschen Herzenshärtigkeit. In Matth. 21,12-13 war es, als Er den Tempel von Geldwechslern und Räubern reinigte. In Off. 6,16 werden Menschen gezeigt, die wegzulaufen versuchen vor dem "Zorn des Lammes", eine seltsame Verbindung von Worten. Mose wird beschrieben als "sehr demütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren" (4. Mos. 12,3). Als er jedoch das goldene Kalb und die Leute darum herum tanzen sah, "da entbrannte der Zorn Moses, und er warf die Tafeln aus seinen Händen und zerschmetterte sie" (2. Mos. 32,19). Warum sollten wir dann vom Herrn überrascht sein, wenn so oft gesagt wird, "sein Zorn wird entfacht" ?
Gottes Zorn kann ewig sein (Off. 20,10.14) oder kurz (Ps. 30,6). Er kann am Anfang langsam sein (Ps. 103,8), aber er kann provoziert werden (Ps. 106,29), und er kann heftig sein, wenn er einmal in Bewegung kommt (Ps. 90,11). Sein Zorn kann rauchen (Ps. 74,1). "Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen" (Hebr. 10,31). Er kann ein verzehrendes Feuer sein. Jesus sagte: " Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und nach diesem nichts weiter zu tun vermögen. Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen; ja, sage ich euch, diesen fürchtet" (Lukas 12,4-5). Sicherlich sollte dies eine sehr ernste Furcht vor Gott bewirken. Er ist ein Gott der Liebe und der Gnade. Er ist aber auch ein Gott des Zorns und des Gerichts. Laß weder die eine noch die andere Seite Seines Charakters aus.
Fragen für das Gespräch
1) Was glaubst du, wäre die Grenze von Gottes langmütiger Geduld im Umgang mit dir oder jemand anderem ? Erkläre warum.
2) Warum "wartet" Gott ( in manchen Fällen) so lange, bevor Er Gericht übt ?
3) Was hast du in dieser Lektion über den Zorn Gottes gelernt, das dich irgendwie überrascht hat ?
4) Wie kann Gott sowohl Seinen Zorn, als auch Seine Langmut in Seinem Wesen vereinen, ohne gegen das eine oder das andere zu verstoßen ?