Ich habe nun den Grund
gefunden
- Ich habe nun den
Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält; wo anders als in Jesu Wunden?
Da lag er vor der Zeit der Welt, der Grund, der unbeweglich steht, wenn
Erd und Himmel untergeht.
- Es ist das ewige
Erbarmen, das alles Denken übersteigt; es sind die offnen Liebesarme /
des, der sich zu dem Sünder neigt, dem allemal das Herze bricht, wir
kommen oder kommen nicht.
- Wir sollen nicht
verloren werden, Gott will, uns soll geholfen sein; deswegen kam der Sohn
auf Erden / und nahm hernach den Himmel ein; deswegen klopft er für und
für / so stark an unsers Herzens Tür.
- O Abgrund, welcher
alle Sünden / durch Christi Tod verschlungen hat! Das heißt die Wunde
recht verbinden, da findet kein Verdammen statt, weil Christi Blut beständig
schreit: Barmherzigkeit, Barmherzigkeit!
- Darein will ich
mich gläubig senken, dem will ich mich getrost vertraun
/ und, wenn mich meine Sünden kränken, nur bald nach Gottes Herzen schaun; da findet sich zu aller Zeit / unendliche
Barmherzigkeit.
- Wird alles andre
weggerissen, was Seel und Leib erquicken kann,
darf ich von keinem Tröste wissen / und scheine völlig ausgetan,
ist die Errettung noch so weit: mir bleibet die Barmherzigkeit.
- Muss ich an meinen
besten Werken, darinnen ich gewandelt bin, viel Unvollkommenheit bemerken,
so fällt wohl alles Rühmen hin; doch ist auch dieser Trost bereit: ich
hoffe auf Barmherzigkeit.
- Es gehe nur nach
dessen Willen, bei dem so viel Erbarmen ist; er wolle selbst mein Herze
stillen, damit es das nur nicht vergisst; so stehet es in Lieb und Leid /
in, durch und auf Barmherzigkeit.
- Bei diesem Grunde
will ich bleiben, solange mich die Erde trägt; das will ich denken, tun
und treiben, solange sich ein Glied bewegt; so sing ich einstens höchst
erfreut: O Abgrund der Barmherzigkeit!
Text: Johann Andreas Rothe