Gott übersieht das Äussere!
2. Samuel 9, 1-13
II. Vorbildlich gelebte Barmherzigkeit
Einleitende Gedanken
Der Schneider Wenzel Strapinski kleidete sich trotz seiner Armut vornehm. Er reiste in eine Stadt namens Goldach und wurde aufgrund seiner Kleidung und der Kutsche, in der er vorfuhr, für einen polnischen Grafen gehalten.
So beginnt die Novelle von Gottfried Keller mit dem Titel: Kleider machen Leute.
Wir haben wahrscheinlich alle diesen bekannten Spruch gehört oder selber gebraucht, dass Kleider Leute machen. Er ist heute genauso aktuell wie damals und gilt schon so lange, wie es Menschen gibt.
Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles um unser Aussehen dreht. Viele Menschen orientieren sich an den unzähligen Influencern. Letztlich dreht sich alles um die Zugehörigkeit. Man will dazugehören, wahr- und ernstgenommen werden. Dafür sind Menschen oft bereit, einen hohen Preis zu zahlen.
Wie schön ist es zu wissen, dass Gott solchen Äusserlichkeiten keine grosse Bedeutung beimisst. Gott legt keinen Wert auf Äusserlichkeiten, die uns in unserer Gesellschaft zu Rang und Namen verhelfen können. Deshalb sagte Paulus über seinen Besuch in Jerusalem, bei dem er vor den damals führenden Christen Rede und Antwort stehen musste:
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„Von denen, die das Ansehen hatten – was sie früher waren, daran
liegt mir nichts; denn Gott achtet das Ansehen des Menschen nicht.“ Galater 2,
6.
Gott beeindruckt unsere gesellschaftliche Stellung nicht. Ihm ist es egal, ob wir modisch gekleidet sind oder nicht. Gott sind andere Werte wichtig, wie Treue, Zuverlässigkeit, Barmherzigkeit und Liebe.
Diese Eigenschaften werden in vorbildlicher Weise in der eindrucksvollsten Männerfreundschaft, die wir in der Bibel finden, gelebt. Es ist die Freundschaft zwischen David und Jonatan.
Jonatan und David waren mutige, gottesfürchtige Männer. Als Sohn des Königs und somit als Prinz, wäre Jonatan der rechtmässige Thronfolger gewesen, doch weil sein Vater eigenmächtig regierte und Gott beleidigte, entzog Gott seinem Vater Saul, das Königtum. Der Prophet Samuel musste König Saul folgendes von Gott ausrichten:
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„Nun wird dein Königtum keinen Bestand haben, weil du dem HERRN
nicht gehorcht hast. Er hat sich schon einen anderen ausgesucht, einen Mann, an
dem er Gefallen hat.“ 1. Samuel 13, 14
Dieser andere Mann war David, ein tapferer Hirtenjunge, der jüngste von den acht Söhnen Isais, die in Bethlehem lebten. Als Samuel die Familie Isais aufsuchte, um den nächsten König zu salben, war er sich sicher, der älteste Sohn Isais werde dieser König sein. Er war von grosser und eindrücklicher Statur. Aber Gott hielt Samuel zurück und sagte ihm:
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„Lass dich nicht davon beeindrucken, dass er gross und stattlich
ist. Er ist nicht der Erwählte. Ich urteile anders als die Menschen. Ein Mensch
sieht, was in die Augen fällt; ich aber sehe ins Herz.“ 1. Samuel 16, 7.
So kam es, dass sie David von der Weide holen mussten, denn niemand hatte erwartet, Samuel würde den jüngsten der Brüder zum König berufen.
Zwischen Davids Berufung und der Thronbesteigung lagen einige schwierige Jahre.
Zum ersten Mal begegneten sich Jonatan und David, als David mit einer Steinschleuder den Riesen Goliat besiegte, von dem sich alle Israeliten einschüchtern liessen und vor Angst erstarrten.
Die Arroganz und Verhöhnung Goliats gegenüber den Israeliten und gegenüber dem Gott Israels bewogen David dazu, sich auf das Duell mit Goliat einzulassen. David schleuderte den Stein an die Schläfe Goliats, so dass dieser Riese umfiel und er ihn besiegen konnte. So befreite David die Israeliten von den Philistern.
Nach diesem beeindruckenden Sieg, als Saul, der Vater Jonatans, mit David sprach, begann diese einzigartige Freundschaft. Das wird sehr schön beschrieben:
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„Schon nach diesen wenigen Worten fühlte sich Sauls Sohn Jonatan
zu David hingezogen. Er gewann ihn so lieb wie sein eigenes Leben.“ 1. Samuel 18,
1.
Er muss in David einen Seelenverwandten gefunden haben.
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Jonatan schloss einen Freundschaftsbund mit David. »Du bist
mir so lieb wie mein eigenes Leben«, sagte Jonatan zu David. 1. Samuel 18, 3.
Und dann tat Jonatan etwas Grossartiges, um diese Freundschaft zu besiegeln.
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„Er zog seinen Mantel und seine Rüstung aus und bekleidete David
damit, auch sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel schenkte er ihm.“ 1.
Samuel 18, 4.
Jonatan übergab David seine Kleidung und seine Ausrüstung, die er als Prinz getragen hatte. Damit machte er unmissverständlich deutlich, wer der wahre Prinz von ihnen beiden ist und er der Meinung ist, dass David nach seinem Vater den Thron besteigen wird.
Damit akzeptierte Jonatan das Urteil Gottes über seinem Vater. Er wollte sich nicht gegen Gott auflehnen, sondern übergab seinen Anspruch auf den Thron seinem Freund David.
Jonatan war ein aufrichtiger Glaubensheld, denn Helden des Glaubens akzeptieren die Urteile Gottes, auch wenn sie nicht zu ihren Gunsten ausfallen.
Jonatans Vater verhielt sich hingegen ganz anders. Er bekämpfte und verfolgte David, weil er sich an seinen Thron klammerte. Er setzte alles daran, David zu töten, denn er meinte so seine Macht behalten zu können.
Aber Gott beschützte David vor den Anschlägen Sauls und Jonatan tat alles, um David vor seinem Vater zu schützen.
Als Jonatan und David sich eines Tages kurz treffen konnten, bekräftigten sie ihre Freundschaft und David gab seinem Freund ein wichtiges Versprechen, denn Jonatan bat David:
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„Wenn ich es noch erlebe, dass du König wirst, dann denk an
die Güte, die der HERR dir erwiesen hat, und schenke mir das Leben.“ 1. Samuel 20,
14.
Normalerweise wurden die Nachkommen eines gestürzten Königs getötet, um zu verhindern, dass sie später erneut das Königtum an sich reissen. Weiter bat er ihn:
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„Schone auch meine Nachkommen! Entzieh ihnen nicht deine Gunst,
selbst dann nicht, wenn der HERR alle deine Feinde beseitigt.“ 1. Samuel 20, 15.
David soll auch seine Kinder beschützen und sie nicht hinrichten lassen. Er soll ihnen gegenüber freundlich sein. So schlossen sie einen Bund und Jonatan sagte:
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„Der HERR wird deine Nachkommen zur Rechenschaft ziehen, wenn
sie sich nicht an unseren Bund halten!“ 1. Samuel 20, 16.
Und als sie sich zum letzten Mal sahen, sagte Jonatan zu David:
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„Geh in Frieden! Vergiss nicht, was wir einander vor dem HERRN
geschworen haben. Der HERR wird zwischen uns beiden und zwischen unseren beiderseitigen
Nachkommen für alle Zeiten Zeuge sein!“ 1. Samuel 20, 42.
Leider musste Jonatan früh sterben. Er starb am gleichen Tag mit seinem Vater im Kampf gegen die Philister. So erlebte er nicht mehr, wie sein Freund König von Israel wurde. Über den Tod seines Freundes war David tief erschüttert. In seiner Trauer sagte er:
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„Mein Bruder Jonatan, mein bester Freund, voll Schmerz und Trauer
weine ich um dich; denn deine Freundschaft hat mir mehr bedeutet, als Frauenliebe
je bedeuten kann!“ 2. Samuel 1, 26.
Nachdem David sein Königreich konsolidieren konnte, erinnerte er sich an das Versprechen, das er seinem Freund gegeben hatte, und es geschah Folgendes:
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Eines Tages fragte David: »Ist eigentlich von Sauls Familie
noch jemand am Leben? Ich möchte dem Betreffenden eine Gunst erweisen – meinem verstorbenen
Freund Jonatan zuliebe.« 2. Samuel 9, 1.
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Nun gab es da einen Diener, der im Hausstand Sauls eine bedeutende
Stellung gehabt hatte; er hiess Ziba. Sie holten ihn zu David und der König fragte
ihn: »Bist du Ziba?« »Ja«, sagte er, »dein gehorsamer Diener!« 2. Samuel 9, 2.
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Der König fragte ihn: »Ist denn von Sauls Familie noch jemand
am Leben? Ich würde ihm gerne eine Gunst erweisen, so wie Gott das tut.« Ziba antwortete:
»Es gibt noch einen Sohn Jonatans. Er ist an beiden Füssen gelähmt.« 2. Samuel 9,
3.
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»Wo ist er?«, fragte der König. »In Lo–Dabar, im Haus von Machir,
dem Sohn Ammiëls«, antwortete Ziba. König David schickte nach Lo–Dabar und liess
ihn aus dem Haus Machirs holen. 2. Samuel 9, 4-5.
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Als Mefi-Boschet, der Sohn Jonatans und Enkel Sauls, eintraf,
warf er sich vor David nieder, das Gesicht zur Erde, und erwies ihm die gebührende
Ehre. »Du bist also Mefi-Boschet!«, sprach David ihn an und er antwortete: »Ja,
dein gehorsamer Diener!« 2. Samuel 9, 6.
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»Hab keine Angst«, sagte David, »ich will dir eine Gunst erweisen
deinem Vater Jonatan zuliebe. Ich werde dir allen Landbesitz zurückgeben, der einst
deinem Grossvater Saul gehört hat. Und du darfst immer an meinem Tisch essen.« 2.
Samuel 9, 7.
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Mefi-Boschet warf sich erneut zu Boden und sagte: »Ich bin es
nicht wert, dass du mir deine Gnade zuwendest. Ich bin doch nicht mehr als ein toter
Hund!« Der König aber rief Ziba, den Diener Sauls, und sagte zu ihm: »Alles, was
Saul und seiner Familie gehört hat, gebe ich Mefi-Boschet, dem Enkel deines Herrn.
2. Samuel 9, 8-9.
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Du wirst mit deinen Söhnen und Knechten für ihn die Felder bestellen
und die Ernte einbringen, damit dein Herr einen angemessenen Lebensunterhalt hat.
Mefi-Boschet selbst, der Sohn deines Herrn, wird immer an meinem Tisch essen.« Ziba
hatte fünfzehn Söhne und zwanzig Knechte. 2. Samuel 9, 10.
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Er antwortete: »Ich will alles so machen, wie mein Herr und
König es befiehlt.« Mefi-Boschet wurde also an Davids Tafel versorgt wie einer der
Königssöhne. Er hatte übrigens einen kleinen Sohn namens Micha. Alle Angehörigen
der Familie Zibas wurden zu Dienern Mefi-Boschets. 2. Samuel 9, 11-12.
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Er wohnte in Jerusalem, denn er war ständiger Gast an der Tafel
des Königs. Er war an beiden Füssen gelähmt. 2. Samuel 9, 13.
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David vergass nicht, was er seinem Freund Jonatan versprochen hatte. Es stellte sich heraus, dass einer von Jonatans Söhnen noch lebte: Mefi-Boschet hiess er. Sie brachten ihn zu David.
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„Als
Mefi-Boschet, der Sohn Jonatans und Enkel Sauls, eintraf, warf er sich vor David
nieder, das Gesicht zur Erde, und erwies ihm die gebührende Ehre.“ 2. Samuel 9,
6.
David versicherte ihm, er müsse keine Angst vor ihm haben, denn er würde ihn nicht töten – im Gegenteil! David sagte ihm:
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„Hab keine Angst, ich will dir eine Gunst erweisen deinem Vater
Jonatan zuliebe. Ich werde dir allen Landbesitz zurückgeben, der einst deinem Grossvater
Saul gehört hat. Und du darfst immer an meinem Tisch essen.“ 2. Samuel 9, 7.
Das war unglaublich grosszügig von David. Mefi-Boschet durfte den ganzen Besitz seines Grossvaters behalten. Dieser Besitz muss riesengross gewesen sein. David traf die entsprechenden Vorkehrungen, damit dieser Besitz gut verwaltet und gepflegt wird. Mefi-Boschet durfte von diesem Tag an in Jerusalem im Palast leben und jeden Tag mit dem König am selben Tisch essen. Was für eine Ehre!
David war damals als König anerkannt. Sein Reich wurde stetig stärker. Er war sowohl für die Feinde innerhalb der Israeliten und für die feindlichen Völker unbesiegbar. Niemandem wäre es negativ aufgefallen, wenn David sein Versprechen gegenüber seinem Freund gebrochen hätte – ausser Gott.
Aus strategischer Sicht hätte es für David bestimmt wichtigere Aufgaben gegeben, als sich um die Nachkommen von Jonatan zu kümmern.
Aber David ist ein zuverlässiger und treuer Mann, der seine Versprechen hält, selbst Versprechen die Jahre zurückliegen. David hält sein Wort. Er ist bereit zu tun, was er versprochen hat.
Offensichtlich war das zwischen Jonatan und ihm eine echte Freundschaft, die mit dem Tod von Jonatan nicht erloschen war.
David ist ein Mann, der in scheinbar kleinen
Dingen treu ist. Was er verspricht das tut er. So wie wir das von Gott kennen, denn
wenn Gott etwas verspricht, dann wird er sein Versprechen
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umsetzen, wie wir in einem Psalm lesen:
„Das Wort des HERRN ist verlässlich; er beweist es durch seine Taten.“ Psalm 33, 4.
Was David mit Mefi-Boschet tat, veranschaulicht ein geistliches Prinzip, das auch für uns heute noch relevant ist. Jesus selbst formuliert das so:
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„Wer in den kleinsten Dingen treu ist, ist auch in den grossen
treu, und wer in den kleinsten Dingen nicht treu ist, ist auch in den grossen nicht
treu.“ Lukas 16, 10.
Und Jesus wendet dieses Prinzip auf ein ganz praktisches Verhalten an, wenn er weitersagt:
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„Wenn ihr also im Umgang mit dem unrechten Mammon nicht treu
seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen?“ Lukas 16, 11.
Es sind diese kleinen Dinge, die uns im Glauben wachsen und zu reifen Persönlichkeiten werden lassen. Es sind nicht die grossen, heldenhaften Taten. Es genügt, wenn wir das tun, was richtig und gut ist, auch wenn es nicht spektakulär ist und niemand es sieht. Gott freut sich, wenn wir in den kleinen Dingen treu sind.
Im Kleinen treu zu bleiben, kann manchmal anstrengend sein, wenn wir z. B. in einer Ehekrise stecken. Im Kleinen treu sein, würde bedeuten, dass wir diese Zeit durchstehen und unserem Ehepartner treu bleiben. Die Chancen stehen gut, dass bessere Zeiten kommen werden.
Vor allem sollten wir darauf achten, die Versprechen zu halten, die wir Gott geben. So lesen wir in den Sprüchen:
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„Wenn du Gott etwas versprichst und erst dann überlegst, wie
du es erfüllen kannst, begibst du dich in eine ausweglose Falle.“ Sprüche 20, 25.
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Es wäre besser, keine voreiligen Versprechen oder Gelübde
zu machen, wie uns im Buch Prediger geraten wird:
„Keine Versprechungen machen ist besser als etwas versprechen und es dann nicht halten.“ Prediger 5, 4
Vielleicht erinnerst du dich an ein Versprechen, das du vergessen hast. Wenn du es noch erfüllen kannst, dann zögere nicht – tue es! Gott wird sich freuen.
Eine Sache ist unbestritten: Gott ist treu! Er hält seine Versprechen!
Wenn du dich noch nicht ernsthaft zu Gott bekannt hast, dann solltest du dies heute tun. Jesus lädt dich ein, wenn er sagt:
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„Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der
hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum
Leben hindurchgedrungen.“ Johannes 5, 24.
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Er ist für Zeit und Ewigkeit gerettet. Eines Tages wird
er die neue Erde und den neuen Himmel betreten. Eine wunderbare Zukunft wartet auf
ihn! Wenn du noch nicht zu Jesus gegangen bist, dann bist du nur ein aufrichtiges
Gebet von diesem grossen Geschenk Gottes entfernt. Der Apostel Paulus schreibt:
„Alle, die den Namen des Herrn anrufen, werden gerettet werden.“ Römer 10, 13.
Das wird auch in deinem Leben geschehen, denn Gott hält seine Versprechen!
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David erweist Mefi-Boschet gegenüber grosse Barmherzigkeit,
was keine Selbstverständlichkeit ist, denn normalerweise wäre er getötet worden.
Mefi-Boschet war übrigens durch einen Unfall schwer behindert.
„Er war an beiden Füssen gelähmt.“ 2. Samuel 9, 13.
Als Mefi-Boschets Vater und Grossvater starben, war er erst fünf Jahre alt. Starb ein König und eine andere Dynastie übernimmt die Führung, waren die Nachkommen immer in Gefahr. Deshalb musste die Amme mit Mefi-Boschet fliehen. So wird berichtet:
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„Als die Nachricht vom Tod Sauls und Jonatans aus Jesreel eingetroffen
war, hatte Mefi-Botschets Amme ihn aufgenommen, um mit ihm zu fliehen. Aber in ihrer
Hast liess sie ihn fallen. Seither war er gelähmt.“ 2. Samuel 4, 4
Vermutlich konnte Mefi-Boschet nicht ohne Hilfe laufen, denn seine beiden Füsse waren gelähmt – eine ernsthafte Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit.
David verachtete Mefi-Boschet nicht wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung. Mefi-Boschet war der Sohn seines besten Freundes und deshalb war er in seinen Augen wertvoll.
Vielleicht erscheint diese Aussage, dass David Mefi-Boschet trotz seiner körperlichen Einschränkung für wertvoll erachtet, etwas banal. Vielleicht stört es einige Leute, dass ich das hier hervorhebe.
Doch so banal und selbstverständlich diese Feststellung klingen mag, sie ist nicht selbstverständlich. Man muss nur mit Menschen sprechen, die mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen leben müssen.
So wurden zum Beispiel während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland Menschen mit körperlichen Behinderungen an bestimmte Orte gebracht, operiert, damit sie keine Kinder bekommen konnten, oder sie wurden ermordet.
Es gab Zeiten, in denen man Menschen mit Beeinträchtigungen versteckte und sie so von der Gesellschaft ausgeschlossen hatte.
Und was tun wir heute, wenn eine Frau ein Kind erwartet und bei der Untersuchung festgestellt wird, dass dieses Kind vermutlich nicht gesund sein wird? Diesen Frauen wird ernsthaft nahegelegt, ihr Kind abzutreiben – es zu töten. Das sagt viel über unsere Gesellschaft aus.
Und wie ist es bei uns? Sind wir nicht selbst oft sehr unbeholfen und verunsichert gegenüber Menschen, die nicht unserer Norm entsprechen? Wir wissen oft nicht, wie wir uns verhalten sollten.
Wie tröstlich ist es, hier zu sehen, dass es für David kein Problem war, dass Mefi-Boschet an beiden Füssen gelähmt war. Er hatte ihn bei sich aufgenommen, weil er das seinem Vater versprochen hatte.
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David wollte Mefi-Boschet seine Gunst erweisen. Er wollte
ihm Gutes tun. Gott selbst war für ihn diesbezüglich ein Vorbild, denn David sagte:
„Ich würde ihm gerne eine Gunst erweisen, so wie Gott das tut.“ 2. Samuel 9, 3.
David praktiziert die Barmherzigkeit und Liebe Gottes, die Menschen nach ihrem Herzen und nicht nach ihrem Äusseren beurteilt. Gott sieht uns anders an – er sieht unsere Herzen. Für ihn ist es unwichtig, wie erfolgreich und angesehen wir in der Gesellschaft sind. Paulus schrieb dies den Christen in Korinth wie folgt:
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„Was nach dem Urteil der Welt ungebildet ist, das hat Gott erwählt,
um die Klugheit der Klugen zunichte zu machen, und was nach dem Urteil der Welt
schwach ist, das hat Gott erwählt, um die Stärke der Starken zunichte zu machen.“
1. Korinther 1, 27.
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„Was in dieser Welt unbedeutend und verachtet ist und was bei
den Menschen nichts gilt, das hat Gott erwählt, damit ans Licht kommt, wie nichtig
das ist, was bei ihnen etwas gilt.“ 1. Korinther 1, 28.
Es ist wunderbar, wenn Gottes Barmherzigkeit und Liebe in unseren Kirchen sichtbar wird, wenn Brüder und Schwestern, die mit körperlichen und geistigen Einschränkungen leben müssen, einen Platz bei uns finden und sich angenommen und willkommen wissen.
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Schlussgedanke
David hatte sein Versprechen gehalten, das er seinem Freund Jonatan gab. David hätte dasselbe für Mefi-Boschet getan, wenn er völlig gesund gewesen wäre. David sah nicht auf Äusserlichkeiten. Wie Gott das tut, übersah er das Äussere.
Gott ist unsere Stellung und unser Ansehen in der Gesellschaft nicht wichtig. Gott schaut in das Herz eines Menschen. Gott übersieht das Äussere!
Ich möchte mit einem Gedanken von Jakobus schliessen, den er den Christen schrieb, weil sie bei ihren Zusammenkünften zu viel Wert auf Äusserlichkeiten legten. Er schreibt:
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„Meine Geschwister, ihr glaubt doch an Jesus Christus, unseren
Herrn, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört. Dann dürft ihr aber Rang und Ansehen
eines Menschen nicht zum Kriterium dafür machen, wie ihr mit ihm umgeht!“ Jakobus
2, 1.
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„Angenommen, in euren Gottesdienst kommt ein vornehm gekleideter
Mann mit goldenen Ringen an den Fingern; es kommt aber auch ein Armer in zerlumpter
Kleidung herein.“ Jakobus 2, 2.
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Wenn ihr nun dem mit der vornehmen Kleidung besondere Aufmerksamkeit
schenkt und zu ihm sagt: »Hier ist ein bequemer Platz für dich!«, während ihr zu
dem Armen sagt: »Bleib du dort drüben stehen oder setz dich hier bei meinem Fussschemel
auf den Boden!« Jakobus 2, 3.
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„Messt ihr da nicht in euren eigenen Reihen mit zweierlei Mass?
Und macht ihr euch damit nicht zu Richtern, die sich von verwerflichen Überlegungen
leiten lassen?“ Jakobus 2, 4.