Echte Helden wollen Gewissheit
Reihe: Gott sucht echte Helden (3/6)
Richter 6, 33-40
I. Kommt, jetzt wehren wir uns!
Einleitende Gedanken
Wir waren jung und unerfahren, aber bereit mit Gott etwas zu wagen. Zusammen mit einem Ehepaar schmiedeten meine Frau und ich Pläne für ein Projekt. Das hätte unser Leben in grundsätzlich andere Bahnen gelenkt. Doch bei aller Begeisterung für diese Idee wollten wir wissen, ob das unsere eigenen Ideen sind oder ob Gott uns in diese Richtung führen will. Wie sollen wir das herausfinden? Da dachten wir an Gideon, der von Gott ein Zeichen wünschte, damit er gewiss sein konnte, dass die Zeit für die Befreiung Israels reif war. Also, wir baten Gott, dass er innerhalb einer bestimmten Zeit durch ein Zeichen eine Bestätigung gibt. Wenn Gott möchte, dass wir diese Idee umsetzen, soll er dem einen Ehepaar Blumen und dem anderen Ehepaar Schokolade zukommen lassen. Was ist wohl geschehen? Richtig, wir haben Blumen und Schokolade nicht zu diesem Zeitpunkt bekommen. Wir bekamen sie etwas später, wie wenn Gott uns sagen wollte, wenn ich gewollt hätte, dass ihr dieses Projekt umsetzt, hätte ich euch Blumen und Schokolade zur vereinbarten Zeit schicken können.
So hatten wir uns damals von diesem Abschnitt inspirieren lassen, den wir heute miteinander anschauen wollen.
|
Seit sieben Jahren verwüsteten die Midianiter zusammen mit den Amalekitern und den Beduinen aus dem Osten regelmässig die Felder der Israeliten. Sie zerstörten die Felder so radikal, dass nichts Essbares mehr zurückblieb. Der Aufmarsch der Midianiter und ihrer Verbündeten hatte gigantische Ausmasse.
X
„Sie waren so zahlreich wie die Heuschrecken; niemand konnte sie
und ihre Kamele zählen.“ Richter 6, 5.
Der Vergleich mit einem Heuschreckenschwarm zeigt, wie wehrlos Israel dieser Übermacht gegenüberstand. Sie waren chancenlos, wie gegenüber einem Heuschreckenschwarm. Sie konnten nur noch dafür sorgen, dass sie ihr Leben retteten.
X
„Die Leute von Israel versteckten sich vor ihnen in Höhlen und
unzugänglichen Schluchten und verschanzten sich auf den Bergen.“ Richter 6, 2.
Das Motto: Rette sich wer kann! Felder und Häuser können wir nicht schützen, aber wir wollen wenigstens am Leben bleiben.
Nun war es wieder soweit. Die Midianiter schlugen mit ihren Verbündeten in der riesigen Jesreel Ebene ihr Lager auf, um ein weiteres Mal das Land zu verwüsten.
Doch diesmal wird alles anders laufen, denn Gott hatte sich entschlossen Israel von dieser Unterdrückung zu befreien. Mit Gideon wollte er zusammenwirken.
Ein Engel hatte Gideon bereits angekündigt, dass ihn Gott für diese Aufgabe berufen hat. Als Erstes musste Gideon den Baalsaltar und das Ascherabild auf dem Land seines Vaters zerstören und einen Altar für den Gott Israels errichten.
Nun folgt der zweite Schritt. Sozusagen der Start zum Befreiungsschlag. Interessant finde ich die Tatsache, dass nicht Gideon allein aufgrund seiner Berufung handelte. Es ist Gott, der erneut die Initiative ergreift.
X
„Da erfüllte der Geist des HERRN den Gideon. Und er liess die Posaune
blasen und rief die Abiësriter auf, ihm zu folgen.“ Richter 6, 34.
Gott bewegte Gideon dazu den Widerstand zu organisieren. Gideon handelte nicht aus eigenem Antrieb und nicht aus eigener Kraft, sondern Gott selbst war der Antrieb und die Kraft. Gott wirkte mit Gideon zusammen.
Nüchtern betrachtet war das Vorhaben ein Irrsinn. Wie sollte Israel gegen eine solche Übermacht gewinnen? Gideon lies in verschiedenen Stämmen Israels, das waren Gebiete wie bei uns die Kantone, zum Widerstand aufrufen. Die Aufforderung war klar: Kommt, jetzt wehren wir uns! Diesmal verstecken wir uns nicht auf den Bergen und in den Höhlen. Diesmal wehren wir uns!
Und sie kamen tatsächlich. Um die 32‘000 Männer waren bereit, Habakuk und Gut zu verteidigen.
32‘000 Männer sind ganz schön viele Männer. Die würden das Hallenstadion in Zürich fast dreimal füllen. Doch im Vergleich zu den Midianitern und ihren Verbündeten, war das Heer sehr bescheiden. Das wäre vielleicht so, wie wenn die Bevölkerung von Schlieren mit ca. 14‘000 Einwohner gegen die Bevölkerung von Zürich mit ca. 400‘000 Einwohner kämpfen müssten. Das wäre ca. 1 Schlieremer gegen ca. 28 Zürcher.
Da braucht es schon eine grosse Portion Selbstbewusstsein, um zu einem solchen Kampf aufzurufen. Gideon hatte dieses Selbstbewusstsein nicht. Er rief zum Widerstand auf, weil der Geist Gottes ihm diese Kraft geschenkt hat. Weil Gott durch ihn wirkte.
X
„Der Geist des HERRN erfüllte den Gideon.“ Richter 6, 34.
Gott gibt uns Menschen keine Aufgaben, mit denen er uns dann alleine lässt. Wenn uns Gott eine Aufgabe gibt, befähigt er uns auch dazu. Denken wir nur an den aus menschlicher Sicht unerfüllbaren Auftrag von Jesus an seine Jünger. Sie sollen die ganze Welt mit dem Evangelium erreichen. Wie sollen die verbliebenen elf Jünger dieses Ziel erreichen? Die meisten von ihnen waren nicht besonders ausgebildet und sie waren jung. Doch Jesus sagte ihnen, bevor er sie verlassen hatte, wie sie dieses Ziel erreicht werden:
X
„Wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt, werdet ihr mit seiner Kraft
ausgerüstet werden, und das wird euch dazu befähigen, meine Zeugen zu sein – in
Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und überall sonst auf der Welt, selbst in
den entferntesten Gegenden der Erde.“ Apostelgeschichte 1, 8.
Gott lässt die Menschen mit seinem Auftrag nie allein. Die Tatsache, dass es bis heute weltweit viele Christen gibt, zeigt in aller Deutlichkeit, dass Gott selber durch den Heiligen Geist an der Ausbreitung des Evangeliums beteiligt ist.
Durch den Heiligen Geist gibt uns Gott die nötige Kraft diesen Auftrag zu erfüllen. Paulus musste Timotheus daran erinnern, dass er sich nicht einschüchtern lassen sollte.
X
„Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Ängstlichkeit gegeben,
sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ 2. Timotheus 1, 7.
Das gilt auch für unsere persönlichen Herausforderungen. Vielleicht fühlen wir uns überfordert in unserem Glaubensleben. Vielleicht möchten wir am liebsten aufgeben, weil wir denken, dass wir den geforderten Ansprüchen nicht genügen können.
Ja – vielleicht sind die Ansprüche, die wir an uns stellen höher als die Erwartungen, die Gott an uns hat. Leider können Christen an diesen hohen Ansprüchen zerbrechen. Sie meinen zwar sie würden an Gott zerbrechen, aber in Wirklichkeit zerbrechen sie an ihren eigenen Ansprüchen oder an den Ansprüchen, die andere Leute an sie stellen.
Bei Gideon sehen wir, wie Gott handelt und wie er mit Menschen unterwegs ist. Gott erwartet von uns nichts, wofür er uns nicht befähigen würde. Deshalb kann Paulus den Christen in Philippi schreiben:
X
„Gott selbst ist ja in euch am Werk und macht euch nicht nur bereit,
sondern auch fähig, das zu tun, was ihm gefällt.“ Philipper 2, 13.
Bibelstellen zum Nachschlagen: Richter 3, 10; Richter 6, 1-5; Richter 7, 12; Richter 13, 25; 1. Chronik 12, 19; 2. Chronik 24, 20; Psalm 68, 20; Joel 3, 1; Apostelgeschichte 1, 8; Apostelgeschichte 2, 17; 1. Korinther 10, 13; Philipper 1, 6; Philipper 2, 13; Philipper 4, 6; 2. Timotheus 1, 7; 2. Petrus 2, 9
|
Wenn wir die Fortsetzung der Geschichte schreiben müssten, wäre klar, dass Gideon eifrig, mutig, hochmotiviert und siegessicher in den Kampf ziehen würde. Schliesslich hatte er von Gott einen eindeutigen Auftrag erhalten und der Geist Gottes wirkte durch ihn. Alle Signale scheinen offen zu stehen.
Aber eben, wir schreiben die Geschichte nicht. Für Gideon war scheinbar nicht alles klar. Ihm fehlte noch die letzte Gewissheit. Immerhin hatte er für über 30‘000 Männer die Verantwortung, darunter viele Familienväter. Wenn sie den Kampf gegen die Midianiter verlieren, ist nicht nur das Land verwüstet, diese kriegstüchtigen Männer wären dann auch tot. Was für eine Katastrophe für das Volk!
Gideon zweifelte nicht am Auftrag, aber er wollte wissen, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Gideon sagt Gott:
X
„Willst du Israel durch meine Hand erretten, wie du zugesagt hast, so
will ich abgeschorene Wolle auf die Tenne legen: Wird der Tau allein auf der
Wolle sein und der ganze Boden umher trocken, so will ich daran erkennen, dass
du Israel erretten wirst durch meine Hand, wie du zugesagt hast.“ Richter 6, 36-37.
War das jetzt Unglaube, Misstrauen gegenüber Gott? Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass wir dem Gideon Unglaube unterstellen wollen. Das bietet sich ja wunderbar an. Doch da wäre ich vorsichtig. Wir können uns kaum vorstellen unter welchem Druck Gideon stand, weil wir uns die Übermacht der Midianiter nicht wirklich vorstellen können.
Wir neigen auch zu einfachen Beurteilungen, weil wir uns das Leben und auch das geistliche Leben als eine Art Mechanik vorstellen. Unsere Logik ist die: Wenn der Engel Gideon berufen hat, wenn Gott ihm bei der Zerstörung des Baalsaltars und der Aschera das Leben gerettet hat, wenn der Geist Gottes in dazu bewegt hat, zum Widerstand aufzurufen, dann ist doch alles klar. Was will er noch mehr? Jede weitere Bestätigung, die er fordert, kann doch nur Ausdruck seines Unglaubens sein.
Aber geistliches Leben unterliegt eben nicht unserer Logik. Wenn der Geist Gottes einen Menschen beeinflusst, bedeutet das nicht, dass er dann wie eine Maschine funktioniert, deren Steuer jetzt ein Anderer übernommen hat. Wenn Gott mit einem Menschen zusammenwirkt, dann bleibt der Mensch in seiner Persönlichkeit immer noch autonom. Für Gideon war es offensichtlich wichtig, darüber Klarheit zu bekommen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war, um gegen die Midianiter zu kämpfen.
Das Erstaunliche ist, dass Gott ihn nicht tadelt, sondern auf seinen Wunsch eingeht und ihm das Zeichen bestätigt.
X
„So geschah es. Und als er am andern Morgen früh aufstand, drückte er
den Tau aus der Wolle, eine Schale voll Wasser!“ Richter 6, 38.
Erstaunlicherweise war für Gideon trotz dieses deutlichen Zeichens noch nicht jeder Zweifel ausgeräumt. Bei der Forderung des ersten Zeichens hatte er nicht bedacht, dass der Boden vermutlich schneller trocknet als die Wolle. Vielleicht wäre es auch so gekommen, wenn er Gott nicht um dieses Zeichen gebeten hätte. So wagte er einen zweiten Anlauf und sagt Gott:
X
„Dein Zorn entbrenne nicht gegen mich, wenn ich noch einmal rede. Ich
will’s nur noch einmal versuchen mit der Wolle: Es sei allein auf der Wolle
trocken und Tau auf dem ganzen Boden.“ Richter 6, 39.
Gideon war schon bewusst, dass es dreist war, wenn er ein weiteres Zeichen verlangte. Aber er musste einfach Gewissheit haben. Echte Helden wollen Gewissheit. Sie wollen wissen, dass das, was sie tun, wirklich auch der Sache dient. Es geht ihnen nicht um die Heldentat an sich, sondern sie wollen zur rechten Zeit für die richtige Sache kämpfen.
Gott ist ein zweites Mal bereit, Gideon das Zeichen zu bestätigen.
X
„Gott machte es so in derselben Nacht, dass es trocken war allein auf
der Wolle und Tau überall auf dem Boden.“ Richter 6, 40.
Gott hatte sich tatsächlich ein zweites Mal auf die Zeichenforderung eingelassen. Nun, statt sich darüber Gedanken zu machen, ob Gideons Verhalten mangelndem Vertrauen gegenüber Gott Ausdruck gibt, sollten wir die Zeit besser dafür verwenden, über Gottes Handeln zu staunen.
Gott respektierte Gideon in seiner Unsicherheit. Er wusste, dass es Gideon nicht um ein Spektakel ging. Gideon wollte nicht Wunder erleben. Gideon wollte einzig und allein von Gott Gewissheit darüber, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zum Angriff gekommen war.
Gott scheint sich daran nicht zu stören, wenn wir ihn mit unseren Fragen bedrängen. Es stört ihn nicht, wenn wir unsicher sind und Klarheit wünschen. Jesus erzählte sogar Gleichnisse, die uns auffordern Gott mit unseren Bitten zu bestürmen und zu bedrängen.
Natürlich gibt es im Leben eines Christen vieles, das uns klar ist. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom allgemeinen Willen Gottes. Ich muss Gott nicht fragen, ob ich beim nächsten Einkauf in der Migros etwas stehlen soll. Ich muss nicht fragen, ob ich meinen Geschäftspartner betrügen soll. Die Antwort kann ich mir selber geben.
Es gibt auch viele Dinge in unserem Leben, die wir problemlos selber entscheiden können. Wo und wie ich meine Ferien verbringen werde. Welches Auto ich kaufe (Fiat, VW oder Honda?) usw. In vielen Situationen unseren Leben können wir frei entscheiden und müssen uns nicht immer Gedanken machen, ob das nun richtig sei oder nicht.
Schwieriger wird es, wenn wir Entscheidungen von grösserer Tragweite treffen müssen, für die wir in der Bibel keine einfache Antwort finden. Die Bibel gibt uns vielleicht einen gewissen Rahmen, in dem wir entscheiden können, aber dieser Rahmen lässt uns immer noch grosse Freiheiten. Das sind z.B. Fragen, wenn es um die Partnersuche geht. Soll ich mich auf diese Beziehung einlassen oder nicht? Fragen bezüglich meiner Lebensplanung. Soll ich im Ausland als Missionar arbeiten oder hier bleiben? Wenn ein christliches Werk in einen finanziellen Engpass gerät, könnte mich die Frage beschäftigen, ob ich mit einem grösseren Betrag helfen soll, oder ob ich das Geld anders einsetzen sollte? usw. usf. Auch solche Fragen kann man unter Umständen einfach beantworten. Aber wenn ich mich schwer damit tue, warum nicht Gott fragen? Warum es nicht einmal wagen, ein Zeichen zu erbitten? Nicht weil ich ein Wunder erleben will, damit ich mich besser fühle. Nein, einfach deshalb, weil ich herausfinden will, was Gottes Absicht ist und weil ich zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung treffen will.
Bibelstellen zum Nachschlagen: 1. Mose 18, 30-32; Lukas 11, 5-13; Lukas 18, 1-8; Römer 8, 15; 1. Petrus 5, 7
X
Schlussgedanke
Wir sehen, dass Gott die Initiative für die Rettung Israels ergriffen hatte. Selbst wenn er Gideon für diesen Auftrag berufen hat, liess er ihn mit diesem Auftrag nicht allein. Er unterstütze ihn und verband sich mit ihm durch den Geist Gottes. Und als Gideon sich Gewissheit verschaffen wollte, war Gott bereit auf seine Zeichenforderung einzugehen.
Wenn Gott eine Rettungsaktion startet, dann geht immer alles von ihm aus. Er selber initiiert diese Aktion und er selber ist um das Gelingen besorgt. So war es besonders bei der Rettungsaktion, bei der es um die Rettung des Menschen ging. Da hatte Gott nicht nur einen Menschen beauftragt und durch ihn gewirkt, sondern er ist in Jesus Christus gleich selber in diese Welt gekommen.
Gott arbeitet bis heute mit uns Menschen zusammen. Wir müssen keine Angst haben, dass wir nicht genügen können, weil wir uns zu schwach fühlen. Echte Helden sind eben nicht die Menschen, die aus sich heraus stark sind. Echte Helden sind Menschen, die durch Gott stark gemacht werden.
Paulus war auch einer dieser Helden. Er litt an einer Schwäche, die aus seiner Sicht seinen Dienst behinderte. Auf die Bitte, dass Gott ihn von dieser Schwachheit befreie, antwortete Gott:
X
„Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade
in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.“ 2. Korinther 12, 9.
Die Reaktion des Paulus auf diese Antwort ist verblüffend, er sagt:
X
„Daher will ich nun mit grösster Freude und mehr als alles andere meine
Schwachheiten rühmen, weil dann die Kraft von Christus in mir wohnt.“ 2.
Korinther 12, 9.
Gott kann vermutlich mit unseren Schwachheiten besser umgehen als wir selber. Und wenn wir in einer wichtigen Frage Gewissheit suchen, wird Gott das verstehen. Er weiss, echte Helden wollen Gewissheit – Gewissheit von ihm.
Bibelstellen zum Nachschlagen: Römer 8, 31-39; 2. Korinther 12, 9