Jürgen Spieß
Samstag, 09.11.2002, 14.30 Uhr
Ich möchte dazu etwas sagen in 5 unterschiedlich langen Punkten.
Geschichtswissenschaft und Wirklichkeit
Die Quellen über Christus und die ersten Christen
Die Bedeutung des Themas wurde eben schon vorgelesen, 1.Korinther 15. Der christliche Glaube hängt ganz stark an einem historischen Ereignis. So wie wir das eben gehört haben, Paulus sagt: " Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist euer Glaube, so schreibt er an die Christen in Korinth, eine Illusion." Oder das zweite:" Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann seid ihr noch in euren Sünden." Ein ganz wichtiger Punkt. Der Wichtigste ja überhaupt für das christliche Glaubensverständnis besteht darin, dass Gott durch Christus die Möglichkeit geschaffen hat, dass wir Frieden mit ihm haben können, Versöhnung mit Gott in Jesus Christus. Vergebung der Sünden. Da sagt Paulus, wenn Christus nicht auferstanden ist, dann stimmt das auch mit der Sündenvergebung nicht. Das heißt, der christliche Glaube ist ganz eng verknüpft mit einem historischen Ereignis, ist sogar hervorgegangen aus diesem historischen Ereignis. Oder der Petrusbrief sagt es, dass die christliche Hoffnung ganz wesentlich begründet ist durch die Auferstehung Jesu von den Toten. In 1.Petrus 1 Vers 31 heißt es:" Der Grund der lebendigen Hoffnung aber ist die Auferstehung; wir sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Seitenanfang Auferstehung Jesu von den Toten." Also wir sehen hier bei Paulus Glaube und Auferstehung Jesu, bei Petrus Hoffnung und Auferstehung Jesu, dass das ganz eng zusammenhängt. Die Auferstehung ist das zentrale Ereignis des christlichen Glaubens, sie ist der Startpunkt des christlichen Glaubens.
Historisches Ereignis. Für die Christen ist die historische Frage von großer Bedeutung. Deshalb ist auch im Glaubensbekenntnis, im apostolischen Glaubensbekenntnis Pontius Pilatus aufgeführt. Wenn sie einmal das Glaubensbekenntnis durchgelesen haben, oder wenn sie das früher gelernt haben, wissen sie, dass es im Glaubensbekenntnis 3 Namen gibt: Jesus, Maria und Pontius Pilatus. Nun kann man sagen: Jesus und Maria, das ist soweit ok, es ist ja schließlich das christliche Glaubensbekenntnis, aber was will der Pontius Pilatus im Glaubensbekenntnis? Der Pontius Pilatus ist in das Glaubensbekenntnis gekommen, um deutlich zu machen: was hier überliefert wird, hat stattgefunden in einer ganz bestimmten Zeit. Gekreuzigt, gelitten unter Pontius Pilatus, also nicht irgendwann, irgendwo, sondern zur Zeit, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war. Pontius Pilatus war in den Jahren 26 bis 36 nach Christi Geburt Statthalter in Judäa. Wir sprechen also, wenn wir über das Leben Jesu, sein öffentliches Auftreten, seinen Tod und seine Auferstehung sprechen, über diese Zeit. Und das ist dem Christen ganz wichtig.
Weil die Auferstehung so wichtig ist, denken Christen daran einmal im Jahr in einer besonderen Weise an Ostern, aber auch jeden Sonntag, den Tag der Auferstehung. Im Russischen sind die Worte Sonntag und Auferstehung sogar identische Worte. Und selbst in den 70 Jahren Kommunismus wurde das nicht Seitenanfang geändert. Wenn Kommunisten sich für einen Sonntag verabreden, haben sie sich an der Auferstehung verabredet. Auferstehung und Sonntag, das ist ein identisches Wort, im Russischen. Die Bedeutung des Themas, die Frage: ist das Neue Testament glaubwürdig, vertrauenswürdig darzustellen an der historischen Frage der Auferstehung hängt damit zusammen, dass eben die Auferstehung das wichtigste Ereignis im christlichen Glauben ist. Deshalb wollen wir das als Beispiel nehmen, um zu fragen, wie historisch zuverlässig ist das Neue Testament. Das heißt ja, und nun komm ich zum Punkt
Im Untertitel: ein Historiker über die Auferstehung Jesu. Ein Historiker, das heißt also kein Theologe, kein Philosoph, kein Naturwissenschaftler. Was ist bei einem Historiker besonderes zu erwarten? Nach den Berichten des Neuen Testamentes handelt es sich bei der Auferstehung Jesu um ein Ereignis, das in der Geschichte stattgefunden hat. Damit beschäftigen sich normalerweise Seitenanfang Historiker. Mit der Frage, was hat in der Geschichte stattgefunden, versuchen sie das zu rekonstruieren, es darzustellen. Die Historiker gehen wissenschaftlich mit ihrer Fragestellung anders um wie etwa Naturwissenschaftler. Historiker können ja nicht Versuche wiederholen, Bei Naturwissenschaftlern ist die Wiederholbarkeit von Versuchen etwas ganz Wichtiges. Das können die Historiker nicht. Wenn die Historiker sich vergleichen mit einer anderen Wissenschaft, ist es sicherlich eher die Rechtswissenschaft, d.h. Historiker haben es auch mit einem Indizienprozess zu tun, es gibt Zeugen, Zeugnisse, Quellen, die befragt werden, die ausgelegt werden.
Vor Jahren war ich mal bei einer Podiumsdiskussion mit einem Physikprofessor, und er wurde gefragt, was er als Physiker denn sage über die Wunder im Neuen Testament. Und da hat er gesagt: Wunder, das heißt ja, dass etwas ganz einmaliges in der Geschichte passiert ist. Das ist die Definition eines Wunders. Was soll ein Physiker dazu sagen? Ein Physiker kann sagen: Das ist sehr unwahrscheinlich, aber das sagt schon die Definition "Wunder". Und dieser Physiker sagte: Wenn sie wissen wollen, ob die Wunder im Neuen Testament, z.B. die Auferstehung Jesu, wirklich passiert sind, dann dürfen sie keinen Physiker fragen, dann müssen sie einen Historiker fragen. Ein Historiker kann ihnen sagen, ob die Zeugen, die das Wunder überliefern, glaubwürdig sind. Und da hängt eigentlich alles von ab. Sind die Zeugen glaubwürdig, sind sie vertrauenswürdig. Das ist ja auch immer die Frage vor Gericht. Wenn ein Zeuge auftritt, steht man vor der Frage: Ist er glaubwürdig, kann man sich auf sein Zeugnis verlassen? Man geht von einem besonderen Verhältnis des Historikers aus zur Frage der Wirklichkeit, der historischen Wirklichkeit aus der Vergangenheit.
Ich möchte einen ganz kurzen Exkurs machen, um ihnen zu zeigen, wo für viele Leute ein Problem liegt. Viele Leute fragen sich: Wie ist das Verhältnis von Wissenschaft und Wirklichkeit, wobei, wenn die Menschen bei uns an Wissenschaft denken, denken sie normalerweise nicht an Geisteswissenschaft, also nicht an Ägyptologen und auch nicht an Historiker. Die meisten in unseren Breiten, die über Wissenschaft nachdenken, denken an Naturwissenschaften, sogenannte exakte Wissenschaften, Physiker vor allen Dingen, evtl. auch Chemiker. Und von daher fand ich ganz interessant, wie Physiker selber definieren, was ihre Wissenschaft mit der Wirklichkeit zu tun hat.
Da möchte ich eine Geschichte erzählen von Hans Peter Dürr, der war lange Jahre der Direktor des Max Planck Institutes in München, Nachfolger von Heisenberg und der hat einmal diese Frage beantworten sollen: Was hat die Wissenschaft mit der Wirklichkeit zu tun? Viele werden sagen: In der Wissenschaft geht es doch um die Wirklichkeit, wenn nicht in der Wissenschaft, wo dann? Und Hans Peter Dürr sagte: Die Sache ist nicht ganz so einfach. Und er erzählte die Geschichte vom Netz des Physikers, kann man in einem Buch von ihm inzwischen finden, was auch diesen Titel trägt. Diese Geschichte geht so: Ein Mann sitzt am Ufer und wirft ein Netz aus. Er fängt Fische. Dann kommt ein Wanderer vorbei und fragt ihn: Was tust du da? Er sagt: Ich fange Fische. Was kannst du über Fische aussagen? Zwei Dinge: 1. Alle Fische haben Kiemen und 2. Alle Fische sind mindestens 5 cm dick. Der Wanderer sieht sich das Netz an und stellt fest, da sind eben Maschen drin mit einem Umfang von 5 cm, d.h. schmalere Fische würden hindurchflutschen. Und er sagt zu dem Fischfänger: Nehmen wir einmal an es gäbe Fische, die wären schmaler als 5 cm. Ich meine sogar, welche hier gesehen zu haben. Die könntest du gar nicht fangen. Die würden dir immer durch dein Netz hindurchflutschen. Daraufhin sagt der Fischfänger mit Selbstbewusstsein: Was ich nicht fangen kann, ist kein Fisch.
Und Hans Peter Dürr sagt: so arbeitet Wissenschaft. Sie stellt bestimmte Fragen und bekommt darauf eine bestimmte Antwort. Also man wirft bestimmte Netze aus und fängt deshalb bestimmte Fische. Manche Fische kann man nicht fangen, weil man dafür gar nicht das richtige Netz ausgeworfen hat. Manche Antworten kann man gar nicht bekommen, weil man dafür die falschen Fragen gestellt hat. Man sieht das etwa an diesen Diskussionen um Doping im Sport. Wer Dopingkontrolle macht, der untersucht Urinproben nach bestimmten Stoffen. Nach was er nicht sucht, kann er auch gar nicht finden. Also unsere Fragen bestimmen unsere Antworten. Und da sagt Hans Peter Dürr: Es geht auch nicht darum zu sagen, die Wissenschaft müsste halt dann eben immer engmaschiger werden, dass sie wirklich jeden Fisch einfangen kann, den es gibt, sondern er sagt, es gibt einige Fische, die kann man gar nicht einfangen, wissenschaftlich.
Und er nennt 2 Beispiele: Das eine Beispiel ist Ästhetik, also Schönheit. Wir alle wissen, dass es Schönheit gibt. Es gibt Philosophen, die behaupten, der Mensch lebt überhaupt nur, Seitenanfang weil es Schönheit gibt. Der Mensch sucht die Schönheit. Die Schönheit in der Musik, die Schönheit in der Natur, die Schönheit in der Freundschaft, in der Beziehung. Wir suchen Schönheit und wir wissen, dass es Schönheit gibt. Und man weiß sogar, dass es Menschen in manchmal extremen Situationen eher danach verlangt nach Schönheit, als sich jetzt nur dieser Situation auszusetzen. Aus der Antike wird eine merkwürdige Geschichte überliefert, dass ein Feldherr vor einer Schlacht sich noch mal gekämmt hat. Da kann man sagen, das war eigentlich ganz überflüssig. Man weiß gar nicht, wie der Kopf überhaupt nachher aussah. Sich also vorher nochmal zu kämmen. Aber er wollte nicht ungekämmt hineingehen. Oder man weiß von Leuten, die im Inferno des letzten Krieges ein Klavier stehen sahen und Klavier gespielt haben, die sich nicht nur mit dem Inferno abgeben wollten, sondern die wussten: Menschsein ist mehr, als sich nur mit dem Tod zu beschäftigen. Der Mensch hat eine Sehnsucht nach Schönheit und Hans Peter Dürr fragt: Mit welchen Mitteln will man Schönheit messen, mit welchen wissenschaftlichen Mitteln? Wir wissen alle, dass es sie gibt, aber man kann sie nicht messen.
Die zweite Frage sagt Dürr ist die religiöse Frage, also die Gottesfrage. Stellen wir uns vor, es gibt einen Gott, der die Welt geschaffen hat und nur dann macht es Sinn, von Gott zu sprechen. Dann hat er nicht nur die Welt geschaffen, sondern auch uns mit allen unseren Netzen, die wir überhaupt haben. Mit welchem Netz wollen wir ihn einfangen? Das ist gar nicht möglich. Es gibt sozusagen prinzipielle Grenzen.
Damit wollte Hans Peter Dürr nicht sagen: Die Wissenschaft hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, sondern er wollte sagen: Die Wissenschaft, auch die Geschichtswissenschaft ist ein Zugang zur Wirklichkeit, aber eben nur ein Zugang. Es gibt verschiedene Zugänge zur Welt und zur Wirklichkeit. Davon ist die Wissenschaft einer. Nun wird einer sagen: ja bei den Geschichtswissenschaften ist vielleicht das Problem, dass Dinge, über die die Historiker schreiben, schon so lange zurückliegen. Wenn etwa schon 2000 oder noch mehr Jahre zurückliegen, dann fragt man sich, wird damit das wirklich überliefert, was damals stattgefunden hat. Also wir würden einmal sagen: Ist es nicht so, dass Überlieferung, Erinnerung sehr subjektiv ist? Man sagt ja bei uns: Erinnerung verklärt. Das ist ja der feste Satz jedes über 50 Jährigen: Früher war alles besser. Sozusagen die Erinnerung verklärt. Obwohl es das andere auch gibt, dass man an manches aus der Vergangenheit gar nicht mehr so erinnert werden möchte. Also das stimmt, man hat manchmal Probleme, sich an Dinge zu erinnern aus der Vergangenheit.
Oder es gibt das 2.: Bewertungen. Ist es nicht so, wenn wir Ereignisse aus der Geschichte bewerten sollen aus unserer eigenen Geschichte z.B., dass sich unsere Bewertungen im Laufe der Jahre auch ändern. Nehmen wir einmal an, wir hätten uns vor 10 Jahren überlegt, welche Personen und Ereignisse waren für uns wichtig. Und hätten das aufgeschrieben, und würden das Gleiche heute wieder machen, kämen wir vielleicht zu anderen Ergebnissen, weil wir gemerkt haben: eine bestimmte Begegnung, die damals schon stattgefunden hatte, haben wir damals unterschätzt. Wir haben gemerkt, dieses Buch, dieser Mensch war für uns bedeutsamer, als wir es vor 10 Jahren geglaubt haben. Also unsere Bewertungen ändern sich auch. Beides muss man zugeben, dass, wenn man sich mit Geschichte beschäftigt, verändern sich Bewertungen und es ändert sich auch schon mal die Frage des Erinnerungsvermögens.
Aber man muss davon trennen: Die Geschichte selber ändert sich nicht. Geschichte ist nicht subjektiv, sondern Geschichte findet statt. Es findet statt die Geschichte meines Lebens und es findet statt die Geschichte der Welt. Unabhängig davon, wie ich mich erinnere und auch unabhängig davon, wie ich es bewerte. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt. Geschichte findet statt. Für Historiker ist ein nicht ganz unwichtiger Punkt, dass leider in der Geschichte nicht immer das stattfindet, was am wahrscheinlichsten ist. Dann wäre alles ganz einfach. Aber wir wissen aus unserem eigenen Leben, dass es Dinge gibt, die stattgefunden haben, die sind eigentlich unwahrscheinlich, aber sie haben stattgefunden.
Oder aus der Weltgeschichte weiß man, bestimmte Dinge waren eigentlich unwahrscheinlich, haben aber stattgefunden. Also ein berühmtes Beispiel war der Fall der Berliner Mauer im Jahre 89, da kann man noch auf Videos sehen, wie Experten kurz vorher erklärt haben, das kommt nie oder lange nicht. Aber es hat stattgefunden. Es ist uninteressant, ob etwas wahrscheinlich ist, sondern die Frage: Hat es stattgefunden? Historiker müssen sich immer damit beschäftigen, hat etwas stattgefunden? Oder, um ein etwas merkwürdigeres Beispiel zu nehmen aus der eigenen Geschichte. Es gibt für keinen Menschen etwas Wahrscheinlicheres als die eigene Existenz. Wie ein Philosoph mal gesagt hat: Ich kann mir das Leben ohne mich gar nicht mehr vorstellen. Also es gibt für uns sozusagen nichts Wahrscheinlicheres als unsere eigene Existenz. Wenn wir aber jetzt 100 Jahre zurückgehen und uns überlegen, wer alles wen geheiratet hat oder nicht, damit es uns heute gibt, das war damals extrem unwahrscheinlich, dass es uns je geben würde. Aber jetzt wo wir hier sind sagen wir: es gibt nichts Wahrscheinlicheres.
Im Leben findet nicht immer das statt, was wahrscheinlich ist, sondern die entscheidende Frage ist: Was hat stattgefunden? Das ist eigentlich das, worum sich Historiker kümmern, genau wie eben Richter in einem Prozess. Von daher kann man eben auch sagen: Historiker arbeiten wie Juristen. Sie führen Indizienprozesse, und die Althistoriker führen Indizienprozesse an Hand von Texten von Historikern aus der Antike, die über ihre Zeit schreiben oder über Zeit, die vergangen ist. Sie führen einen Indizienprozess, indem sie Papyri entziffern, die sich erhalten haben. Es haben sich ja glücklicherweise auch viele Papyri erhalten. Inschriften haben sich erhalten. Manchmal sind auch Seitenanfang interessant Münzen, was als Münzlegende auf einer Münzlegende draufsteht, oder auch Briefe. Briefe Ciceros sind sehr wichtig für den Untergang der Römischen Republik, weil man aus Briefen einiges entnehmen kann. Das also ist das, wie Historiker arbeiten. Sie versuchen zu rekonstruieren, was hat früher stattgefunden.
Kommen wir zum Punkt
Unser Thema ist ja die Frage der Glaubwürdigkeit des Neuen Testaments an Hand der Auferstehung von Jesus Christus von den Toten. Deshalb ist eine wichtige Frage für die Historiker: Welche Quellen gibt es dann über das Leben Jesus und besonders dann auch über die Frage seines Todes und seiner Auferstehung? Wenn man sich von historischer Seite mit dem Leben Jesu beschäftigt, hat man es im Wesentlichen mit den Texten zu tun, die im Kanon des Neuen Testaments zusammengefasst sind. Also die Evangelien, die Apostelgeschichte und die Briefe.
Wobei man dann unterscheidet zwischen sogenannten Primärquellen und Sekundärquellen, also primär - erstrangige Quellen und zweitrangige. Erstrangige Quellen sind historische Darstellungen. Das sind etwa im Falle des Neuen Testaments die Evangelien, die 4 Evangelien und auch die Seitenanfang Apostelgeschichte.
Primärquellen, das sind Texte, die eigentlich nicht historische Darstellungen sein wollen, aus denen man aber einiges Interessante über die damalige Zeit entnehmen kann. Das wären also im Neuen Testament die Briefe, die sich erhalten haben. Es gibt wenig Material außerhalb des Neuen Testamentes, was von Historikern ernst genommen wird. Also es gibt auch andere Evangelien, die teilweise später entstanden sind, das Thomasevangelium im 2. Jahrhundert, andere, die noch später entstanden sind, die werden aber von den Historikern zum großen Teil abgelehnt. Nun gibt es manche, die vermuten, dass da vielleicht finstere Motive eine Rolle spielen, aber dem ist nicht so. Es ist heute so, dass man alle diese Evangelien, die sogenannten Apokryphen-Evangelien in einer Übersetzung, in einer deutschen Übersetzung lesen kann. Wer das macht, wird feststellen, dass es keine große Frage ist, warum die Evangelien im Neuen Testament sind, die wir dort vorfinden und andere eben nicht. Weil die Evangelien, die wir haben, sind Evangelien, die sehr nüchtern im Verhältnis zu den späteren, in späteren Jahrhunderten verfassten Evangelien über die Ereignisse des Lebens und des Sterbens Jesu berichten. Oder auch die Apostelgeschichte.
Ich habe gesagt, es gibt wenig außerhalb, und das stimmt auch, aber es gibt eine sehr interessante Stelle, die sie vielleicht kennen, die möchte ich ihnen gerade vorlesen, und zwar von dem römischen Autor Tacitus. Tacitus hat zu Beginn des 2. Jahrhunderts über das 1. Jahrhundert geschrieben, über die römischen Kaiser des 1. Jahrhunderts und hat auch etwas geschrieben über Jesus Christus. Und zwar im Zusammenhang mit dem Brand Roms im Jahre 62. Das soll, viele vermuten, dass Nero selbst, der damalige römische Kaiser Rom in Brand gesteckt habe und hat anschließend die Christen beschuldigt, sie hätten das getan und Christen wurden dafür mit dem Tode bestraft. Schon damals hat das die römische Gesellschaft nicht geglaubt, dass Christen die Täter waren, aber sie waren nun die Opfer und Tacitus hat über die Christen etwas schreiben müssen, weil die Christen auf einmal in Rom sozusagen historisch vorkamen, wenn auch in der Opferrolle. Und er schreibt dann einige wenige Sätze über die Christen und unter anderem den Satz über Jesus Christus, dass der Stifter dieser Gruppe Jesus Christus unter der Regierung des Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden ist.
Dieser eine Satz ist sehr interessant, weil er genau das gleiche enthält, was die Evangelien in ihren Schlusskapiteln beschreiben, also die Verurteilung und den Tod von Jesus Christus durch den Statthalter Pontius Pilatus zur Regierungszeit des Tiberius. Wir haben also hier praktisch einen Satz, der das zusammenfasst, was wir auch in den Evangelien lesen. Von daher eine sehr interessante Stelle. Interessant ist bei dieser Stelle allerdings auch, wo sie auftaucht. Sie taucht nämlich nicht auf in dem Jahr, in dem Jesus Christus hingerichtet wurde. Man kann dieses Jahr ziemlich genau datieren. Die Hinrichtung Jesu hat ziemlich sicher am 7. April des Jahres 30 stattgefunden. Am 7. April des Jahres 30, es gibt noch eine gewisse Gegenlesung, dass es evtl. im Jahre 33 gewesen sein könnte, aber auf Grund der ... also über 30 Jahre später. Und nicht im Zusammenhang mit der Erzählung über Tiberius über das Jahr 30. Und das hängt eben damit zusammen: für einen römischen Schriftsteller, für den römischen Schriftsteller Tacitus waren die Christen erst in dem Moment interessant, als sie in Rom angekommen waren und eine Rolle in der römischen Geschichte gespielt haben.
Manchmal fragen Leute, ja wenn das so etwas Besonderes mit Jesus war, bis hin zu seiner Auferstehung, warum findet man so wenig in anderen Quellen außerhalb der Texte des Neuen Testamentes. Dazu muss man einmal sagen, es gibt nur wenig überliefertes Material über die Zeit Jesu. Es ist also nicht so, dass es jede Menge Autoren gab, die über die Zeit geschrieben hätten. Es gibt eben Tacitus, es gibt noch Flavius Josephus, es gibt Sueton und überall findet sich auch etwas über Christus, mehr oder wenig Ausführliches, aber sonst gibt es nur noch wenige Fragmente, die sich erhalten haben.
Und dann muss man sagen, das sieht man bei Tacitus ganz deutlich, bei den anderen auch, sie waren vor allen Dingen interessiert an der politischen Frage. Für sie war das, was sie über Jesus Christus gehört haben, ein innerjüdischer Konflikt. Das kann man sogar auch im Neuen Testament sehen, wo einmal ein Magistratsbeamter sagt, dass es seiner Meinung nach um einen jüdischen Konflikt, um einen Konflikt geht zwischen den Juden, wo eine Gruppe behauptet, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Für sie war das politisch damals in den Jahren nicht von großer Bedeutung. Aber es ist interessant, dass wir gerade bei Tacitus, der grundlegend über das 1. Jahrhundert Seitenanfang geschrieben hat, eine solche Stelle finden. Aber gehen wir zurück dazu, dass eigentlich die entscheidenden Texte, mit denen wir uns zu beschäftigen haben historisch, die Texte des Neuen Testaments sind.
Und da stellen sich verschiedene Fragen, 2 davon möchte ich kurz ansprechen: Die eine Frage, die sich da für jeden Historiker stellt, ist die Frage, ob die Texte des Neuen Testamentes überhaupt historisch verstanden werden wollen. Das ist eine wichtige Frage generell für alle Texte der Gegenwart und auch der Vergangenheit, dass man sich fragt: Was für ein Selbstverständnis hatten diese Texte? Man kann einen Text ja auch überfordern, dass man sagt, das ist historisch, aber der Autor selber wollte gar keine Geschichte schreiben. Und es wird ja auch immer wieder als Argument genommen, dass man sagte, eigentlich waren die Autoren des Neuen Testamentes gar nicht an Geschichte in unserem Sinne jedenfalls interessiert. Die wollten glaubensfördernde Maßnahmen ergreifen und haben deshalb einige Legenden oder Mythen über Jesus Christus dargestellt.
Also das ist eigentlich die erste wichtige Frage nicht nur für das Neue Testament: Welches Selbstverständnis hatten die Autoren des Neuen Testaments. Und hier ist von einer ganz besonderen Bedeutung Lukas, und zwar der allererste Satz seines Evangeliums, also Lukasevangelium Kapitel 1. Die ersten 4 Verse, das ist eigentlich nur ein einziger etwas lang geratener Satz, da schreibt er: "Nachdem es schon viele unternommen haben, einen Bericht über die Ereignisse abzufassen, die sich bei uns zugetragen haben, habe auch ich mich entschlossen, der ich allem von Anfang an sorgfältig nachgegangen bin und nach Augenzeugenberichten recherchiert habe, es dir, vortrefflichster Theophilos, der Reihe nach zu schreiben, damit du den Grund der Lehre erkennen kannst, in der du unterwiesen worden bist."
Aus diesem kurzen Satz kann man mindestens 5 Dinge entnehmen, die für Historiker von hoher Bedeutung sind.
1. schreibt Lukas, er ist nicht der Erste, der ein Evangelium schreibt, „nachdem es schon viele unternommen haben, einen Bericht über die Ereignisse zu verfassen". Es gab also andere. Wer das war, das weiß man nicht, aber es gab andere Texte, die schon vorlagen. Das ist das Erste.
2. Es gab Augenzeugen. Das ist natürlich ein ganz besonders wichtiger Punkt auch bei jedem Prozess vor Gericht, dass es Augenzeugen gibt. Auch das schreibt Lukas, dass er Augenzeugen befragt hat.
3. Er hat eigene Recherchen angestellt. Er hat also nicht nur jetzt andere Texte gelesen, er hat nicht nur Augenzeugen befragt, sondern seine eigenen Recherchen angestellt. Es heißt hier auf Griechisch, er ist dem Ganzen sorgfältig nachgegangen und da heißt es auf Griechisch "akribos". Wir haben das im Deutschen noch "akribisch". Er ist dem Ganzen akribisch nachgegangen, also sehr genau. Dann sagt er noch
4. Ich schreibe es der Reihe nach. Reihe nach, das kann chronologisch sein oder thematisch, ganz verschieden, und
5. ist interessant, er schreibt es für einen gewissen Theophilos,
der offensichtlich eine Unterweisung in der christlichen Lehre hatte, und dem möchte er die Basis darstellen, die historische Basis seines Glaubens.
Das sind 5 Punkte aus diesen ersten Worten des Lukasevangeliums. Lukas ist deshalb für uns so interessant, weil er nicht nur das Evangelium geschrieben hat, sondern Lukas hat auch die Apostelgeschichte geschrieben. Wir haben praktisch den größten Teil, der uns historisch über Jesus Christus und die ersten Christen überliefert ist, aus der Feder eines Mannes, der etwas schreibt über sein Selbstverständnis. Und wenn man dieses Selbstverständnis in Lukas 1 ansieht, dann muss man sagen, so will ein Historiker schreiben.
Es hat vor einigen Jahren Frau Bothermann, sie ist Althistorikerin an der Universität Göttingen, einen Aufsatz verfasst über Lukas, und hat geschrieben, dass Lukas ganz genau so vorgeht, wie antike und auch moderne Historiker. Das heißt, es gibt Texte, es gibt Quellen, es gibt Augenzeugen und daraufhin rekonstruiert er seine Darstellung. Und sie schreibt, sie ist meines Wissens kein Christ. Sie schreibt, wenn man sich den Lukas hier ansieht, dann gibt es ja vor allen Dingen den Punkt, dass er Augenzeugen befragt hat. Das heißt, die Leute, die ihn informiert haben, waren auch später die Kritiker seiner Lektüre. Also als das Evangelium herauskam haben die Leute auch noch gelebt. Sie hält es für ganz unwahrscheinlich, dass Lukas, sei es im Evangelium oder in der Apostelgeschichte, Dinge erfinden konnte, wo es doch Leute gab, die sowohl Jesus persönlich gekannt haben als auch Paulus. Von daher hält sie es für ganz unwahrscheinlich, dass also ein Jesusbild oder ein Paulusbild von Lukas völlig frei tendenzmäßig erfunden sein könnte. Das hält sie für lebensfremd, weltfremd, sowas zu denken. Ich finde das sehr interessant. Sie hat diesen Aufsatz ursprünglich Herrn Lüdemann gewidmet, der damals noch Professor für Neues Testament war in Göttingen und der gerade die historische Frage des Neuen Testaments teilweise sehr stark angegriffen hat. Frau Bothermann als Althistorikerin sagt: Man muss die Texte, die Autoren des Neuen Testaments historisch ernst nehmen.
Wir haben noch einen 2. interessanten Beleg bei Lukas außer den allerersten Versen des Kapitels 1, nämlich die allerersten Verse des Kapitels 3. In Kapitel 3 schreibt Lukas: Im 15. Jahr der Regierungszeit des Kaisers Tiberius als, und dann zählt er auf, Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war. Und dann nennt er verschiedene, Seitenanfang Herodes und andere Namen, die damals an der Regierung waren. Das war ja die antike Datierung. Also zur Zeit Lukas hat man ja nicht nach vor und nach Christi Geburt datiert, diese Datierung ist wesentlich später, sondern man hat datiert nach den Herrschern, die damals an der Regierung waren. Das wäre so, als würde man heute sagen: Im 2. Jahr von George Busch, als Gerhard Schröder, Toni Blair und wie die alle heißen, gerade gleichzeitig regierten. Also um deutlich zu machen, wir sprechen von einer ganz bestimmten Zeit. Und er schreibt, es geht um das 15. Jahr der Regierungszeit des Kaisers Tiberius. Tiberius hat im Jahre 14 seine Regierungszeit begonnen, wir sind also jetzt etwa im Jahre 28. Und gleichzeitig eben andere haben da regiert. Auch da kann man sehen, dass es Lukas durchaus auf Genauigkeit ankam, also nicht irgendwann, irgendwo, irgendwie, sondern wir sind 15 Jahre in der Regierungszeit des Kaisers Tiberius.
Und diese Datierung trägt auch wesentlich dazu bei, dass man davon ausgeht, dass die Kreuzigung Jesu im Jahre 30 war, weil nach den Evangelien eine öffentliche Wirksamkeit von Jesus von etwa 3 Jahren anzunehmen ist. So wird es jedenfalls beschrieben und das käme auch in den Jahren 28, 29 und 30 ganz gut hin. Also wir sehen hier nochmal bei Lukas, dass durchaus die Leute damals auf Genauigkeit Wert gelegt haben. Man kann nicht sagen, die hatten ein ganz anderes Verständnis von Wahrheit und Wirklichkeit als wir. Die hatten auch, die wussten auch, dass es Dinge gibt, die man leicht glauben kann und schwer glauben kann. Man soll die Leute nicht für dümmer halten als wir gehalten werden wollen.
Das ist die 1. Frage: Wollen sie historisch überhaupt ernst genommen werden? Und ich möchte das mit Frau Bothermann eindeutig mit ja beantworten. Das gilt eindeutig für Lukas, man kann es auch für die anderen Evangelienschreiber eindeutig annehmen. Es ist ja so, man geht von, in der Urkirche ging man davon aus, was leider auch viele heute bestreiten, aber das war die Überlieferung der damaligen Zeit, dass 2 Evangelien von Jüngern geschrieben worden sind, das Matthäusevangelium und das Johannesevangelium, und 2 Evangelien von Leuten, die Begleiter Anderer waren, dass Markus der Johannes Markus ist, der ein enger Begleiter von Petrus war, und dass Lukas der Begleiter des Paulus war, in der Apostelgeschichte, da gibt es ja die sogenannten "Wir-Abschnitte", mit Lukas gemeinsam.
Eine 2. Frage, die man auch als Historiker noch stellen kann, wenn man sich mit den Quellen beschäftigt, ist der zeitliche Abstand. Also wie nahe sind die Überlieferungen an den Ereignissen, über die sie berichten? Das ist keine unwichtige Frage. Und da ist es so. Wenn sie jetzt heute im deutschsprachigen Raum evangelische oder katholische Theologie nachschlagen über die Datierung der Evangelien, werden sie praktisch überall die gleiche Datierung finden, die lautet so, dass man sagt, Markusevangelium in den 60 er Jahren, Lukas und Matthäus nach 70 und das Johannesevangelium zwischen 90 und 100.
Es ist immer interessanter, zu wissen, wie etwas sozusagen in ein Buch kommt, als nur zu lesen, was drin steht. Von daher werden sie vielleicht auch die Frage stellen: Woher wissen die Leute das so genau? Und wenn sie sich damit beschäftigen, dann werden sie eine Überraschung erleben oder sie haben sie schon erlebt, falls sie das mal getan haben, nämlich der entscheidende Punkt, die entscheidende Frage bei der Frage der Datierung des Neuen Testaments besteht in dem Ereignis der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70. Im Jahre 70 ist Jerusalem von den Römern dem Erdboden gleichgemacht worden und ist auch der Tempel zerstört worden. Was wir heute haben, worum es auch immer wieder Konflikte und Tumulte gibt in Jerusalem, das sind noch Reste vom damaligen Tempel, und nun ist man sich eigentlich einig, dass man sich sagt: Wenn die Evangelien nach 70 geschrieben wären, müsste man irgendwas finden in den Evangelien, was auf die Zerstörung Jerusalems hindeutet. Wenn man in den Evangelien oder in den Briefen überhaupt nichts findet, was mit dem Jahr 70 zu tun hat, dann müssen alle vor dem Jahr 70 geschrieben worden sein, weil dieses Ereignis war so erschütternd, es war nicht nur, dass man einen Krieg verloren hatte, dass die Hauptstadt verloren gegangen ist, sondern es war durch die Zerstörung des Tempels auch die Möglichkeit nicht mehr gegeben, Gott in dieser Unmittelbarkeit zu suchen und anzubeten.
Das ist die entscheidende Frage. Und die Frage lautet: Findet man etwas im Neuen Testament über die Zerstörung Jerusalems? Es ist so, die deutschen Theologen, ich betone immer "die deutschen", aber es stimmt auch, es sind nicht alle in dieser Welt, die deutschen Theologen sind der Meinung, dass man was findet. Und zwar gibt es ja in den Evangelien einen Satz von Jesus, wo er sagt über Jerusalem: Hier bleibt kein Stein auf dem anderen. Da sagt man, aha nach 70 geschrieben. Also Jesus wird das in den Mund gelegt und nach 70 war es so, es ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Jetzt kann man sich fragen, ist diese Argumentation ausreichend? Und da gibt es einige Probleme. Also 1. mal gibt es ein Problem des Vorverständnisses. Theoretisch heißt das ja nur, dass jemand nicht glaubt, dass ein Mensch zu seinen Lebzeiten Aussagen macht, die erst nach seinem Tode eintreffen. Theoretisch, mal abgesehen davon, was man von Jesus Christus hält, ist es ja vielleicht doch möglich, dass ein Mensch zu seinen Lebzeiten eine Aussage macht, die wenige Jahrzehnte nach seinem Tod wirklich eintrifft. Umso mehr müsste man jetzt sagen, wenn es sich bei Jesus um den handelt, als den er sich selber ausgegeben hat. Das ist die Vorentscheidung, die getroffen wird. Wer sagt, diese Sätze können nur reingekommen sein nach 70, sagt damit, ein Mensch kann so etwas nicht sagen, also ist es nachträglich hereingekommen.
Aber es gibt inzwischen ein 2. Problem, was zunehmend diskutiert wird. Und zwar hat der Bischof Robinson, der, wenn man ein Lexikon nachschlägt, feststellt, dass er der führende "Gott ist tot" Theologe ist. Der hat vor Jahren ein Buch geschrieben und hat etwas festgestellt, was Seitenanfang jeder Bibelleser theoretisch schon immer hätte feststellen können, nämlich diese Worte Jesus über die Zerstörung Jerusalems sind Zitate aus dem Alten Testament. Und Robinson behauptet nun genau das Gegenteil, nämlich, die Autoren des Neuen Testamentes haben von der Zerstörung Jerusalems nichts gewusst. Sie verwenden Zitate aus dem Alten Testament, Jesus zitiert hier Propheten, die ja auch manchmal Weherufe über Jerusalem gesagt haben, und hätten die Autoren des Neuen Testaments irgendetwas gewusst, dass das so gekommen ist, wie es gekommen ist, gäbe es darauf eine Anspielung im Neuen Testament. Es gibt aber keine Anspielung im Neuen Testament auf die Zerstörung Jerusalems. Und von daher sind inzwischen einige Theologen, nicht nur Robinson der Meinung, inzwischen fängt das auch in Deutschland an, sich zu überlegen, ob das Jahr 70 wirklich noch etwas hergibt zur Frage der Datierung des Neuen Testaments.
Das habe ich ihnen so ausführlich dargestellt, um in einem Beispiel zu zeigen, wie man auf Grund einer bestimmten Lage zu verschiedenen Ergebnissen kommen kann. Aber selbst, wenn wir die Datierungen, das wäre ein eigener schöner Vortrag, wie man was datiert im Neuen Testament, so glauben würde, wie es also die deutsche Forschung weitgehend macht im Moment, müsste man sich auch vergegenwärtigen, von welchen zeitlichen Abständen sprechen wir. Also die Kreuzigung setzen wir in das Jahr 30 und die Evangelien in die 60er und 70er Jahre im Wesentlichen. Dann muss man sagen, die Evangelien sind also 30 bis 40 Jahre nach den Ereignissen geschrieben. Und zwar in der Endfassung, wie wir sie heute vorliegen haben. Das ist auch noch eine andere Frage. Es gab vielleicht verschiedene Fassungen, das vermuten einige, aber die Fassung, wie wir sie heute vorliegen haben, ist bereits 30 oder 40 Jahre später so gewesen. Das würde bedeuten, wir sprechen hier über Ereignisse, nehmen wir mal an aus den 60ern und 70ern Jahren des letzten Jahrhunderts.
Und wir hätten ja das Gleiche wie Lukas sagen können, wenn wir darüber schreiben wollten, es gibt Augenzeugen. Und zwar Augenzeugen, sowohl, die man fragen kann, was war gewesen, als auch die das, was wir geschrieben haben, lesen und es also bewerten. Es gibt beides. Also selbst diese Datierung, die möglicherweise zu spät angesetzt ist in Deutschland, selbst diese Datierung bedeutet, dass es nur wenige Jahrzehnte sind von den Ereignissen zur endgültigen Fassung, die wir heute vorliegen haben.
Inzwischen gibt es z.B. den Professor Berger, ich weiß nicht, ob sie von ihm gehört haben, in Heidelberg, der schreibt jedes Jahr glaube ich mindestens 5 Bücher, da sagt man sich, kann nicht alles gut sein, aber es ist auch nicht schlecht, was er so schreibt, der hat vor einigen Jahren ein Buch geschrieben: Am Anfang war Johannes. Und er will jetzt auch dafür kämpfen, dass das Johannesevangelium möglicherweise in die 50er Jahre geht und nicht erst in die 90er Jahre. Also da kann es noch eine Diskussion geben. Ich habe ihnen diesen Punkt so ausführlich dargestellt, weil das für die Historiker keine unwichtige Frage ist. Der Vergleichspunkt, also Tacitus etwa, hat zu den Ereignissen, über die er schreibt, eine größere zeitliche Distanz, als die Autoren des Neuen Testaments über die Ereignisse, über die sie schreiben.
Noch schwieriger bei der Distanzfrage ist die Frage der Überlieferung der Texte. Das ist also so, ob es Tacitus ist, ob es Tochytides ist, ob es Cäsar ist, ob es Platon ist, Texte aus der Antike haben manchmal eine Differenz von 800 bis 1500 Jahren zu den Manuskripten, die wir heute haben. Wir haben manchmal von Autoren auch von Historikern aus der Antike ein Manuskript, wo das Original 800 bis 1000 oder sogar 1500 Jahre früher geschrieben worden ist. Wir haben nur aus dem Mittelalter etwas. Beim Neuen Testament ist die Lage wesentlich glücklicher. Da gibt es sogar Textfragmente aus dem 2. Jahrhundert, also unmittelbar danach und sehr viele aus dem 3. und 4. Jahrhundert. Soviel zu dem zeitlichen Abstand, aber ich wollte ihnen das kurz darstellen, weil das für die Historiker auch eine wichtige Frage ist: Wie ist die Differenz?
Die Frage vor und nach Christus ist erst im 6. Jahrhundert aufgekommen. Da hat jemand die Geburt Jesu festgelegt. Wie sie alle wissen ist das Geburtsjahr Jesu falsch, also wir leben nicht heute im Jahre 2002 nach Christi Geburt. Da kann ich auch noch einen kurzen Satz zu sagen. Im Zusammenhang mit dem Jahr 2000 haben sie das gelesen. Es ist so, wenn man sich historisch mit der Frage der Geburt Jesu beschäftigt, muss man 3 Dinge zusammenbringen:
1. Zur Zeit der Geburt Jesu hat Herodes noch gelebt. Herodes ist aber 4 vor Christi Geburt gestorben.
2. Zur Zeit Jesu gab es einen Zensus. Das war der Erste und Quirinius hat ihn durchgeführt. und
3. Es gab eine bestimmte Sternenkonstellation, die also seit dem Mittelalter immer wieder Leute beschäftigt hat und in der Neuzeit hat auch wieder jemand eine Darstellung gegeben, um welche Konstellation es sich handelt.
Und alle diese Fakten, diese 3 Dinge zusammenzubringen führen eher dazu, dass die Geburt Jesu in das Jahr 7 vor Chr., Christus also 7 Jahre vor Christi Geburt geboren, was uns aber jetzt nicht weiter beunruhigen muss. Wir sind also schon weiter als das Jahr 2002, wenn wir von der Geburt Jesu ausgehen. Ein Problem bestand auch darin: im Kapitel 3 des Lukasevangeliums steht nämlich noch ein Satz, da heißt es: um diese Zeit, also im 15. Jahr des Kaisers Tiberius war Jesus ungefähr 30 Jahre. Und es gibt Historiker, die vermuten, dass Dionysios Exigos, der das Geburtsjahr ausgerechnet hat, das Wort "ungefähr" gestrichen hat, und gesagt hat: im 15. Jahr der Regierungszeit des Kaisers Tiberius war Jesus 30 Jahre. Und nachdem er das gemacht hatte, war es ganz einfach, die Geburt Jesu auszurechnen. Allerdings hat es nicht gestimmt.
Gut, wir wollten uns mit der Auferstehung beschäftigen, wir machen also jetzt einen Sprung zu
Historiker arbeiten wie Juristen, d.h. sie führen einen Indizienprozess. Es gibt Zeugen oder wie die Seitenanfang Historiker sagen Quellen, mit denen sie sich beschäftigen und das sind hier im Wesentlichen die Texte des Neuen Testamentes, die auch historisch ernst genommen werden wollen. Die Primärquellen auf jeden Fall, also Evangelien und Apostelgeschichte und die auch einen sehr engen Abstand haben zu den Ereignissen, über die sie schreiben, die also auch in einem hohen Maße von daher glaubwürdig sind. Welche Indizien gibt es nun für die Auferstehung? Ich denke es sind im Wesentlichen 3 Punkte, mit denen man sich historischerseits auseinandersetzen muss.
1. wird in allen Evangelien berichtet, dass das Grab Jesu am 3. Tage leer war. Freitag die Kreuzigung, Sonntag war das Grab leer. Man hat damals in der Antike den 1. und den letzten Tag mitgezählt, Freitag, Samstag, Sonntag. Ich bin seit den 70er Jahren regelmäßig in die DDR gefahren und musste da immer eine Gebühr zahlen als Eintrittsgeld und die DDR hat auch antik gezählt. Sie hat auch immer den 1. und letzten Tag mitgezählt, Freitag, Samstag, Sonntag. Das leere Grab wird in der Antike nicht bestritten. Neuerdings, von Herrn Lüdemann vor allen Dingen, ist das leere Grab bestritten worden. In der Antike ist es nicht bestritten worden, sondern es gab Diskussionen darüber, wie ist es leer geworden. Das war die eigentlich entscheidende Frage. Es werden im Neuen Testament 3 Gruppen von Zeugen genannt für das leere Grab:
1. Soldaten, die das Grab Jesu bewachen sollten,
2. Frauen, die kamen, um nach antiker Sitte den Leichnam einzubalsamieren und
3. die Jünger, die von den Frauen gerufen wurden, als sie das Grab leer vorfanden.
Also es gibt keine Bestreitung des leeren Grabes in der Antike. Wobei man auch sagen muss, worauf immer wieder hingewiesen wird, wenn das Grab nicht leer gewesen wäre, hätte der Auferstehungsglaube sich in Jerusalem nicht lange halten können. Das ist, glaube ich, schon ein wichtiger Punkt, die Frage des leeren Grabes.
2. Interessant ist im Zusammenhang mit dem leeren Grab auch, dass es keinen Osterjubel gab. Also, wenn sie die Schlusskapitel der Evangelien lesen, ist es ja nicht so, dass die Jünger, als sie das Grab leer vorfanden, gesagt haben, das haben wir schon immer gewusst, er wird auferstehen. Nun ganz im Gegenteil. Es heißt da: Furcht und Entsetzen hat sie gepackt. Was darauf Rückschlüsse zulässt, dass sie damit nicht gerechnet hatten. Die Jünger waren von der Auferstehung auch überrascht, obwohl Jesus, wie wir das ja in den Ankündigungen lesen können, das vorausgesagt hatte von der Auferstehung. Aber sie waren darauf nicht vorbereitet. Man kann das auch noch nachlesen etwa in der Geschichte von den Emmausjüngern. Ich glaube, dass die ganz gut wiederspiegelt diese Geschichte, wie die meisten Jünger gedacht haben. Mit ihm ist unsere Hoffnung begraben, gekreuzigt worden. Die Jünger waren nicht darauf vorbereitet.
3. Es gab auch keine, soweit wir was sagen können vor dem 3. Jahrhundert, auch im 4. gab es keine Grabverehrung. Man hat im 4. Jahrhundert das Grab anhand der Überlieferung gesucht und ausfindig gemacht. Es werden momentan, wer nach Jerusalem kommt, werden 2 Gräber angeboten. Eins davon wird wohl auch das echte sein. Wo die Grabeskirche steht hat sicher mehr für sich als das Andere. Und das Interessante ist, dass die ersten Christen keine Grabverehrung getrieben haben. Das ist deshalb interessant, weil wenn einer von den großen religiösen oder politischen Führern verstirbt, gibt es normalerweise eine Grabverehrung. Da pilgern die Leute dann hin, um ihn wenigstens dort zu verehren. Leninmausoleum wäre noch ein neueres Beispiel in Moskau. Aber hier gab es das nicht. Und es wäre auch erklärbar, könnte man sagen, was sollte da verehrt werden von denen die davon ausgehen, dass er gar nicht im Grabe ist. Was sollte das eigentlich sein. Es gibt ein interessantes Edikt, was man gefunden hat im 19. Jahrhundert, im 20. dann übersetzt und veröffentlicht hat, hat man nämlich für die Zeit der 30er Jahre des ersten Jahrhunderts ein Edikt gefunden, wo draufsteht, dass also in diesem Raum die Schändung der Totenruhe und Leichenraub unter Todesstrafe gestellt wird. Und da sind sich die Historiker durchaus einig, es muss irgendetwas Besonderes gewesen sein, dass der Römische Staat das also als Edikt erlässt, für diese Gegend nur. Und das einzige Ereignis, was wir kennen, ist eben das leere Grab Jesu.
Bei Theologen habe ich das noch nie weiter zitiert gefunden, während sich die Historiker ab und zu damit beschäftigen. Es gibt ein Hauptproblem bei der ganzen Frage: Man kann es nicht genau datieren. Man vermutete es in den 30ern oder 40ern Jahren des 1. Jahrhunderts. Von daher könnte es mit dem Grab Jesu zusammenpassen. Letztes Jahr hat immerhin die Zeitschrift Fokus das auf der Titelgeschichte gehabt und hat das auch dargestellt. Man kann es leider nicht ganz genau datieren. Lüdemann hat, und da möchte ich noch mit einem Satz drauf eingehen, hat gesagt: Das leere Grab ist keine historische Tatsache, weil Paulus wusste nichts vom leeren Grab.
Das ist sein Hauptargument. Also man geht ja davon aus bei diesen Datierungen, wie ich sie eben genannt habe: Die Paulusbriefe sind früher als die Evangelien geschrieben, also der 1. Paulusbrief im Jahre 50 geschrieben, andere in den 50ern Jahren, die letzten Anfang der 60er Jahre, und die Evangelien eben erst, wenn das stimmt erst in den 60er Jahren oder 70er. Und deshalb sagt Lüdemann, bei Paulus findet man keine Silbe über das leere Grab und schwubs, ein paar Jahrzehnte später, ist das leere Grab in den Evangelien. Es hat sich so nachträglich da hineinbegeben. Diese Argumentation hat auch manche überzeugt, weil es eine gewisse Suggestivkraft hat, aber es wurde schon sogar von theologischer Seite Lüdemann entgegnet, dass es zwar suggestiv gut klingt, aber eigentlich logischen Fehlschluss bedeutet, denn, wenn Paulus nichts übers leere Grab schreibt, heißt das nicht, dass er davon nichts wusste. Man kann nicht diese Schlussfolgerung ziehen, nur weil einer von etwas nichts sagt weiß er nichts davon. Es kann ja umgekehrt sein, gerade weil in seiner Umgebung alle vom leeren Grab wissen, warum soll er davon schreiben. Also was für eine Notwendigkeit hätte er.
2. muss man sagen: Paulus hat keinen historischen Bericht geschrieben. Hätte er wie die Evangelienschreiber ein Evangelium geschrieben oder eben ein Teil über das Leben und Sterben Jesu, dann könne man sich fragen, hat er was vom leeren Grab. Er hat nichts, er hat keinen historischen Bericht Seitenanfang geschrieben. Das ist eine nicht unwichtige Sache. Die einzigste Stelle, wo er auch etwas schreibt über das leere Grab, im 1.Korinther 15, ist interessanterweise keine historische Darstellung, sondern ist gerade auf Grund seines Arguments für die Historiker von einer besonderen Bedeutung. Ich weiß nicht, ob sie das noch im Ohr haben, 1.Korinther 15 wurde die Stelle ja vorgelesen. In dieser Stelle schreibt Paulus keine Begründung, keine historische Begründung für die Auferstehung Jesu, sondern er handelt mit einer ganz anderen Frage.
Und zwar geht es um die Frage, wie ist das mit der Auferstehung der Christen von den Toten. Und da sagt Paulus, wie kann es sein, dass es unter euch in Korinth welche gibt, die nicht glauben, dass Gott Christen von den Toten auferweckt, wo er doch Christus von den Toten auferweckt hat. Also er setzt voraus den 2. Teil, dass Christus auferweckt worden ist, als bekannt für die Gemeinde. Obwohl die Gemeinde das weiß, dass Christus von den Toten auferweckt ist, warum kann sie sagen, es gebe keine Totenauferstehung? Das war das Zitat, was wir eben gehört haben. Und in diesem Zusammenhang, nicht um die Auferstehung Jesu historisch zu belegen, sondern nur um an sie zu erinnern, weil er was ganz anderes damit begründen möchte, da spricht Paulus von diesen Zeugen, Jakobus, 500 Brüder auf einmal, da nennt er Zeugen. Und das ist natürlich ein sehr wichtiges Indiz. Und er benutzt innerhalb dieses Schreibens 4 Verben. Er spricht von Jesus als gekreuzigt, als begraben, als auferweckt und als gesehen worden. Das sind die 4 Verben. Jetzt kann man fragen, wenn Paulus diese 4 Verben gebraucht, ob er nicht zwischen begraben und auferweckt, doch auch von einem leeren Grab ausgegangen ist.
Also zu behaupten, er hätte nichts von einem leeren Grab gewusst ist vielleicht doch etwas übertrieben. Es ist sogar so, um diesen Gedanken abzuschließen, in der Apostelgeschichte spricht Paulus tatsächlich vom leeren Grab Jesu. Dass Lüdemann das nicht erwähnt, hängt mit der Aversion vieler Theologen zusammen mit der Apostelgeschichte. Es ist leider so, dass die Theologen mit der Apostelgeschichte nicht viel anfangen können, und Frau Bothermann hat in ihrem Aufsatz das vor allen Dingen den Theologen vorgeworfen, dass sie das ausklammern. Wobei das doch die wichtigste Quelle über die allerersten Christen ist. Und in der Apostelgeschichte im 13. Kapitel hält Paulus eine Rede und vergleicht das Grab Davids mit dem Grab Jesu, und sagt, beim Grab Davids, da ist es so, da ist David also verwest, während beim Grab Jesu es anders ist. Apostelgeschichte 13: "David entschlief und wurde zu seinen Vätern versammelt und sah die Verwesung. Der aber, den Gott auferweckt hat, sah die Verwesung nicht", 13, 36. Ähnlich übrigens auch Petrus in Apostelgeschichte 2. Aber man kann nicht sagen, dass etwa Paulus oder Petrus vom leeren Grab nichts wussten, sondern sie haben gerade das in einen Gegensatz gestellt zum Grab Davids, das eben nicht leer war.
Aber man muss wirklich sagen, die Darstellung von der Auferstehung Jesu hätte sich in Jerusalem nicht lange halten können, wenn das Grab Jesu nicht wirklich leer gewesen wäre. Ich habe das ein bisschen ausführlicher gemacht, weil das in den letzten Jahren durch den Spiegel und anderen Publikationen halt öffentlich diskutiert worden ist, die Gedanken von Herrn Lüdemann. Also:
1. Das leere Grab. Am 3. Tag war das Grab leer.
2. Die Berichte über die Begegnungen mit dem Auferstandenen. Sie finden die Berichte am Schluss der Evangelien, im Anfang der Apostelgeschichte, aber auch an dieser interessanten Stelle, die ich eben erwähnt habe in 1. Korinther 15. Der 1.Korintherbrief ist etwa im Jahre 55 geschrieben worden. Von daher haben wir hier einen zeitlichen Abstand von etwa 25 Jahren. Das wäre so, als würde heute einer etwas schreiben über das Jahr 1977. Und auch da könnte man wohl das Gleiche schreiben, was wir bei Paulus gehört haben, mehr als 500 Zeugen auf einmal, von denen die meisten jetzt, 25 Jahre später, noch leben, etliche aber sind entschlafen. Auch ein ganz normaler Vorgang sozusagen. 25 Jahr später, auch das ist ein ganz wichtiger, für viele sogar das wichtigste Argument überhaupt, historische Argument über die Begegnungen mit dem Auferstandenen. In den Evangelien oder auch dann im 1.Korintherbrief und der Apostelgeschichte wird berichtet, dass Jesus in einer gewissen Zeit, nach seiner Auferstehung, verschiedenen Menschen an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten begegnet ist. Also auch Berichte, dass diese Begegnungen einen Abschluss hatten. Es gibt auch manche Christen, die Probleme haben mit dem Himmelfahrtstag als Feiertag. Aber Himmelfahrt ist sozusagen die logische Konsequenz der Auferstehung. Das sichtbare Erdenleben Jesu fand seinen Abschluss, seinen sichtbaren Abschluss in der Himmelfahrt, nicht in der Grablegung, das war nicht der sichtbare Abschluss des irdischen Lebens von Jesus, sondern in der Himmelfahrt. Von daher hat die Himmelfahrt durchaus eine Bedeutung im Zusammenhang auch hier mit der Auferstehung. Also einer bestimmten Zeit verschiedenen Leuten offensichtlich nicht nur ursprünglichen Nachfolgern. Es gibt ja auch einige, die ursprünglich keine Nachfolger von Jesus waren, es nach der Auferstehung erst wurden. Also auch das gibt es. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt, und da ist 1.Korinther 15 ein ganz wichtiger Punkt auch gerade, wie ich das eben erklärt habe, dass Paulus da gar nicht die Auferstehung Jesu beweisen will, sondern er verweist auf die Auferstehung Jesu, um allgemein etwas zu sagen über Totenauferstehung. Also das ist der 2. Punkt. Das 1. wäre dieses leere Grab, das 2. Begegnungen mit dem Auferstandenen. Ich habe mal als Student einem Professor für alte Geschichte die Frage vorgelegt, was würden wir machen, wenn wir aus der Antike einen Brief hätten über ein Ereignis A, das B Zeugen gesehen haben, von denen ein C Zeuge schreibt, also wenn uns einer schreibt über ein Ereignis und schreibt, da gibt es bestimmte Zeugen. Und von diesen Zeugen leben die meisten noch. Und dieser Professor hat zu mir gesagt: Historisch gesehen ist das hochwahrscheinlich. Also historisch ist es eigentlich klar. Paulus wollte nicht die Auferstehung beweisen im Text, das missverstehen manche. Das ist gar nicht sein Thema. Er will etwas ganz anderes darstellen und gerade deshalb hat dieser Text so einen hohen Wert. ja das
3. das auch noch wichtig ist, das 3. ist die Veränderung im Leben der Jünger. Wir haben es 1. zu tun mit dem leeren Grab als ein Faktum, 2. mit den Berichten über die Begegnungen mit dem Auferstandenen. Er wurde gesehen. und 3. Die Verwandlung im Leben der Jünger. Wenn man die Evangelien liest, stellt man fest, dass die Jünger durchaus auch manchmal in einer gewissen Distanz waren zu Jesus, nicht alles so ganz mitbekommen haben, dass sie verraten haben, verlassen haben. Dass sie vielleicht auch versucht haben in ihre ursprünglichen Berufe zurückzugehen. Und dann auf einmal treten sie in Jerusalem auf, kurz danach. Die Predigt von Petrus ist da sehr bezeichnend. Wenn Petrus die Hörer anspricht: Den Jesus den, wie ihr wisst, ihr gekreuzigt habt, den hat Gott auferweckt. Das ist die zentrale Botschaft, bei der die Christen auch bleiben trotz Verfolgung und trotz Tod. Wenn man sich nach dem Interesse fragt, was für ein Interesse hatten denn die ersten Christen, so etwas zu verkündigen, dann kann es kein Interesse sein sozusagen der eigenen Selbstbestätigung oder gar Selbstbereicherung, sondern, das Interessante ist, dass sie ja für diese Botschaft verfolgt wurden. Manchmal denkt man, gab es schon die Aussage, vielleicht war alles eine Halluzination. Aber wie sollte es zu einer Halluzination kommen für so viel 100 Leute, eine Halluzination gleichen Inhalts. Der jüdische Professor für Neues Testament, kein Christ, Pinchas Lapid, hat einmal geschrieben in seinem Buch Auferstehung: Wenn die geschlagene und zermürbte Jüngerschar sich über Nacht in eine siegreiche Glaubensbewegung verwandeln konnte, lediglich auf Grund von Autosuggestion oder Selbstbetrug, so wäre das im Grunde ein weit größeres Wunder als die Auferstehung selbst. Es ist auch die Frage: Ist es weltfremd zu sagen, die Jünger haben sich sozusagen jetzt irgendwo eingeschlossen, haben sich überlegt, was machen wir jetzt am besten draus, und haben gesagt: am besten ist es, wir gehen auf einen Platz und sagen, er ist auferstanden. Das ist weltfremd, wenn man auch sieht jetzt was für Konsequenzen diese Verkündigung gehabt hat.
Soviel die 3 Indizien: Das leere Grab, die Berichte über die Begegnungen mit dem Auferstandenen und das 3. die Veränderungen im Leben der Jünger. Und nun ist die Frage, wie man das bewerten will. Man kann so sagen: Historisch gesehen ist die Auferstehung Jesu ein sehr gut bezeugtes Ereignis der Antike. Es gab sogar mal einen Althistoriker, der gesagt hat, es sei das bestbezeugte Ereignis der Antike, obwohl das natürlich übertrieben ist. Und es geht auch in der Geschichtswissenschaft nicht olympisch zu, sozusagen Gold, Silber, Bronze, bestbezeugt, zweitbestbezeugt, drittbestbezeugt, aber er wollte damit ausdrücken, es ist sehr gut bezeugt. Manchmal sagen Leute: In der Antike waren die Leute leichtgläubiger als wir heute. Den konnte man alles Mögliche erzählen oder da ist an jeder Ecke einer auferstanden. Aber das ist nicht so. Sie können sich das z.B. in der Apostelgeschichte klar machen, wenn sie Paulus in Athen lesen. Apg.17, dann spricht er da über Jesus und die Auferstehung. Am Schluss gibt es 3 Gruppen von Hörern. Gruppe 1 das sind die Spötter, die sagen, so was haben wir noch nie gesehen, sowas gibt es gar nicht. Gruppe 2 sind die Vertager. Sie sagen, interessant, muss man sich mit beschäftigen, wenn Paulus nächste Woche wiederkommt, wollen wir das machen. Und Gruppe 3 sind diejenigen, die zum Glauben kommen. 3 verschiedene Hörergruppen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich das sozusagen vor oder nach der Aufklärung nicht geändert hat. Von damals bis heute 3 Gruppen Hörer. Man soll die Leute in der Antike nicht für dümmer halten als wir auch gehalten werden wollen. Und die wussten auch, dass es Dinge gibt, die leicht zu glauben sind und Dinge, die schwer zu glauben sind. Kommen wir zu meinem letzten Punkt, ganz kurz,
Das war die historische Frage und das eigentliche Thema heute Nachmittag. Ich wollte ihnen darstellen, wie Historiker generell mit Texten umgehen, wie sie umgehen mit der Frage der Auferstehung Jesu, welche Texte sie haben, wie sie das bewerten, welche Indizien es gibt und wie man das bewerten kann und wie man mit Argumenten umgeht. Von daher ist mein Vortrag damit jetzt beendet. Aber ich möchte noch mal was zu den Konsequenzen sagen, in aller Kürze. Also was hat das für Konsequenzen, die Frage der Auferstehung Jesu von den Toten? Ich möchte da nur 3 oder 4 nennen und mache es wirklich ganz kurz.
1. Das Kapitel 15 im ersten Korintherbrief von Paulus über die Auferstehung endet mit den Worten von Paulus: Weil Christus von den Toten auferstanden ist, darum stehet fest, denn ihr wisst, Seitenanfang dass euer Handeln im Herrn nicht vergeblich ist. Ich glaube viele Menschen sind vor allen Dingen davon belastet, dass sie denken, was sie machen ist doch vergeblich und vergänglich. Paulus sagt non frustra, nicht vergeblich, weil Christus auferstanden ist. Wir sind nicht Kandidaten des Todes, sondern des Lebens. Am Ende steht das Leben, Auferstehung.
2. Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus von einer Situation, die war so bedrängend für ihn, dass er sogar am Leben verzweifelt hat. Wie kann man mehr verzweifeln als sogar am Leben. Und dann schreibt Paulus: Das geschah aber, damit wir unsere Hoffnung nicht auf uns setzen, sondern auf den Gott, der Tote auferweckt. Wenn wir beten, im Gebet wenden wir uns an den Gott, der Tote auferweckt. Das heißt nicht, dass alles im Leben immer so kommt wie wir es gerne hätten, oder wie wir denken, dass es richtig wäre. Aber wir können damit rechnen, dass der Gott, der Tote auferweckt, dass er derjenige ist, der unser Gebet hört.
Es gab vor über 100 Jahren mal eine Diskussion zwischen den Theologieprofessoren Schlatter und Harnack über die Frage der Wunder im Neuen Testament. Und da hat Harnack in einer öffentlichen Veranstaltung gesagt, vom Kollegen Schlatter unterscheide ich mich nur in der Wunderfrage. Harnack glaubte nicht, dass die Wunder im Neuen Testament geschehen sind, Schlatter glaubte, dass die Wunder geschehen sind. Und da hat Schlatter gesagt: Lieber Herr Kollege, wir unterscheiden uns nicht in der Wunderfrage, sondern wir unterscheiden uns in der Gottesfrage. Es ist ein entscheidender Punkt, ob ich an einen Gott glaube, der Wunder tun kann, getan hat und sie auch wieder tut, oder ob ich das nicht glaube. Also das ist auch ein wichtiger Punkt der Auferstehung, wir beten zu dem Gott, der Tote auferweckt. Und dann natürlich die Frage der Sündenvergebung. Unser Leben ist keine Illusion und es gibt Vergebung der Sünden, weil Christus von den Toten auferstanden ist. Und es gibt auch ein Gericht in Gerechtigkeit. Damit bringt Paulus in Athen die Auferstehung Jesus zusammen. Die Christen haben zu allen Zeiten die Auferstehung Jesu als eine Bestätigung Gottes gesehen. Gott hat ihn bestätigt, indem er ihn auferweckt hat. Und hat ihn gesetzt zum Richter über die Lebenden und die Toten. Es gibt ein Gericht in Gerechtigkeit. Das sind einige der Konsequenzen auch für uns, für unser Leben als Christen durch die Auferstehung Jesu. Und es ist interessant, dass die Auferstehung Jesu so ein wichtiges Thema ist im Neuen Testament, weil es ist der Grund unserer Hoffnung und ist der Grund unseres Glaubens. Und die Christen sind an der historischen Frage interessiert, deshalb ist Pontius Pilatus im Glaubensbekenntnis. Weil das, was geschehen ist in Jesus Christus, die Basis unseres Glaubens, geschah nicht irgendwann und irgendwo, sondern geschah zur Zeit des Pontius Pilatus. Wenn ich eine Predigt jetzt gehalten hätte, hätte ich jetzt Amen gesagt, aber da es keine Predigt ist, gehe ich so einfach ab.