Dem
gestrengen und ehrenfesten Assa von Kram, Ritter, usw., meinem gewogenen Herrn
und Freunde - Martin Luther.
Gnade und Friede in Christus! Gestrenger, ehrenfester, lieber
Herr und Freund! Als Ihr anlässlich des letzten kurfürstlichen Einzuges in
Wittenberg mit uns über den Stand der Kriegsleute spracht, wurde eine Reihe von
Dingen vorgebracht, die das Gewissen angehen. Daraufhin erbatet Ihr und andere
von mir eine schriftliche, öffentliche Unterrichtung, weil es mehr gibt, die
sich in diesem Stande belastet fühlen. Einige sind im Zweifel, andere aber
erdreisten sich, überhaupt nicht mehr nach Gott zu fragen, und schlagen sowohl
Seele wie Gewissen in den Wind. Ich habe selber solche Leute sagen hören, wenn
sie daran denken sollten, dürften sie niemals mehr in den Krieg ziehen, gerade
als wäre das Kriegführen eine so besondere Sache, dass man im Krieg weder an
Gott noch an die Seele zu denken braucht, wo doch in Todesnöten und Gefahr am
meisten an Gott zu denken und für die Seele zu sorgen ist. Damit nun, soviel an
uns liegt, den schwachen, einfältigen und zweifelnden Gewissen geraten werde
und die Skrupellosen eine bessere Unterrichtung erfahren, habe ich Eure Bitte
angenommen und dieses kleine Buch zugesagt. Denn wer mit einem guten,
wohlunterrichteten Gewissen kämpft, kann gut kämpfen. Denn es kann nicht
misslingen: Wo ein gutes Gewissen ist, da ist auch großer Mut und ein tapferes
Herz. Wo aber das Herz tapfer und der Mut getrost ist, da ist auch die Faust um
so kräftiger und Mann und Ross frischer, alle Dinge geraten besser, und alle
Ereignisse fügen sich auch besser zum Siege, den Gott dann auch gibt.
Umgekehrt: Wo das Gewissen einfältig und unsicher ist, kann auch das Herz nicht
tapfer sein, denn es ist nicht möglich, dass ein schlechtes Gewissen nicht
feige und verzagt macht, wie Mose zu seinen Juden sagte: "Wenn du
ungehorsam bist, wird Gott dir ein verzagtes Herz geben, so dass du, wenn du
auf einem Wege gegen deine Feinde ausziehst, auf sieben Wegen zerstreut werden
und kein Glück haben sollst" (5. Mose 28, 20.25). So geschieht es, dass
Ross und Mann faul und ungeeignet sind, dass kein Vorhaben gelingt und man
zuletzt unterliegen muss. Mit den rohen, skrupellosen Gewissen aber, die dabei
sind, die tollkühn und wagehalsig heißen, ergibt sich alles zufällig, entweder
sie gewinnen, oder sie verlieren. Denn so, wie es denen geht, die ein gutes
oder ein schlechtes Gewissen haben, geht es diesem rohen Vieh mit, weil sie
eben mit in der Menge sind. Um ihretwillen wird kein Sieg gegeben. Sie sind die
Schalen, aber nicht der richtige Kern des Heeres. Dementsprechend schicke ich
Euch nun diese meine Unterrichtung, so viel mir Gott verliehen hat, damit Ihr
und andere, die gerne Soldaten sein möchten, sich zuzurüsten und zu unterweisen
wissen, um auch Gottes Huld und das ewige Leben nicht zu verlieren. Gottes
Gnade sei mit Euch. Amen.
Unterscheidung von Amt und Person
Zuerst ist eine Unterscheidung vorzunehmen: Es ist zu unterscheiden zwischen
Amt und Person oder zwischen Tat und Täter. Ein Amt oder eine Tat kann an sich
sehr wohl gut und richtig sein, aber doch böse und falsch, wenn die Person oder
der Täter nicht gut oder richtig ist oder nichts richtig macht. Das Amt eines
Richters ist hoch zu achten. Es ist ein göttliches Amt, ob er nun mit dem Munde
Recht spricht oder es als Scharfrichter mit der Faust vollzieht. Wenn es aber
einer an sich reißt, dem es nicht übertragen ist, oder wenn der, dem es
übertragen ist, nach Geld und Gunst entscheidet, so ist es schon nicht mehr
recht noch gut. Der Ehestand ist auch hoch zu achten und göttlich. Dennoch gibt
es darin manchen Schuft und Spitzbuben. Und so ist es auch mit dem Stand, dem
Amt und Tun eines Soldaten. Für sich genommen, ist es rechtschaffen und
göttlich. Es ist aber darauf zu achten, dass auch die Person, die dazu gehört,
rechtschaffen ist. Und darüber wird zu reden sein.
Kann man Soldat und
Christ sein?
Zum anderen gilt die Einschränkung, dass ich diesmal nicht von der
Gerechtigkeit rede, welche die Menschen vor Gott gerecht macht, denn das tut
allein der Glaube an Jesus Christus, der uns ohne unser Zutun und Verdienst aus
lauter Gnade Gottes geschenkt und gegeben wird, wie ich an anderen Stellen
schon oft geschrieben und gelehrt habe. Sondern ich rede hiervon der
äußerlichen Gerechtigkeit, die auf den Ämtern und dem Tun beruht und hier
erlangt wird, d. h., um es ganz deutlich zu sagen: Ich behandele hier, ob der
christliche Glaube, durch den wir vor Gott für gerecht erklärt werden, neben sich
dulden kann, dass ich Soldat bin, Krieg führe, töte und verletze, raube und
brenne, wie man es den Feinden in den Kriegsereignissen nach Kriegsrecht tut,
ob solches Tun Sünde oder Unrecht sei, weswegen man sich ein Gewissen machen
müsste vor Gott, oder ob ein Christ nichts dergleichen tun darf, sondern allein
wohltun und lieben, keinen töten oder verletzen. Das nenne ich ein Amt oder
Tun, welches, obschon es göttlich und recht ist, dennoch schlecht und unrecht
werden kann, wenn die Person unrecht und böse ist.
Krieg ist von Gott als Strafe eingesetzt
Drittens: Auch darüber, inwiefern das Kriegführen an sich recht und göttlich
ist, gedenke ich hier nicht ausführlich zu schreiben. Denn darüber habe ich in
der Schrift "Die weltliche Obrigkeit" ausreichend geschrieben. Ich möchte mich fast rühmen,
dass seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie
so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine
Feinde müssen das zugeben. Und dafür habe ich doch als Lohn den ehrlichen Dank
verdient, dass meine Lehre aufrührerisch und als gegen die Obrigkeit gerichtet
gescholten und verdächtigt wird. Dafür sei Gott gelobt! Denn weil das Schwert
von Gott eingesetzt worden ist, um die Bösen zu bestrafen, die Gerechten zu beschützen
und den Frieden zu bewahren, Römer 13, 4; 1. Petrus 2, 14, ist auch überzeugend
genug bewiesen, dass Kriegführen und Töten von Gott eingesetzt sind und, was
der Lauf des Krieges und das Kriegsrecht mit sich bringen. Was ist ein Krieg
anderes als Strafe für das Unrecht und das Böse? Warum führt man Krieg, außer
dass man Frieden und Gehorsam haben will?
Krieg ist ein Werk der Liebe, weil er den Frieden
bewahrt
Obwohl es nicht so aussieht, dass Töten und Rauben Werke der Liebe sind,
weshalb ein einfältiger Mensch denkt, das sei kein christliches Werk und
gezieme sich nicht für einen Christen, so ist es in Wahrheit doch auch ein Werk
der Liebe. Es ist so, wie wenn ein guter Arzt, wenn die Krankheit so schlimm
und gefährlich ist, Hand, Fuß, Ohr oder Augen abnehmen und entfernen muss, um
den Körper zu retten. Wenn man auf das Glied sieht, das er entfernt, scheint er
ein grausamer, unbarmherziger Mensch zu sein. Wenn man aber auf den Körper
sieht, den er damit erretten will, ergibt es sich, dass er in Wahrheit ein
trefflicher, treuer Mensch ist und ein gutes, christliches Werk tut (soviel es
an ihm selber liegt). So ist es auch: Wenn ich das Amt ansehe, das Krieg führt,
wie es die Bösen bestraft, die, die Unrecht haben, tötet und solchen Jammer
ausrichtet, da scheint es ein durchaus unchristliches Werk zu sein und in jeder
Hinsicht gegen die christliche Liebe. Sehe ich aber darauf, wie es die
Gerechten beschützt, Frau und Kind, Haus und Hof, Gut, Ehre und Frieden damit
erhält und bewahrt, so ergibt es sich, wie wichtig und göttlich das Werk ist.
Und ich merke, dass es auch ein Bein oder eine Hand abhaut, damit nicht der
ganze Leib stirbt. Denn wenn nicht das Schwert entgegentritt und den Frieden
bewahrt, müsste alles, was es in der Welt gibt, im Unfrieden verderben. Deshalb
ist ein solcher Krieg nichts anderes als ein kleiner, kurzer Unfriede, der
einem ewigen, unermesslichen Unfrieden wehrt, ein kleines Unglück, das einem
großen wehrt.
Krieg ist eine kurze Plage, die ständigen Unfrieden
vermeiden soll
Was man nun oft schreibt und sagt, was für eine große Plage der Krieg ist, ist
alles wahr. Daneben aber muss man auch bedenken, um wie viel größer die Plage
ist, der man mit einem Kriege begegnet. Ja, wenn die Menschen rechtschaffen
wären und gerne Frieden hielten, dann wäre der Krieg die größte Plage auf der
Welt. Was meinst du aber dazu, dass die Welt böse ist und die Menschen nicht
Frieden halten wollen, sondern rauben, stehlen, töten, Weib und Kind schänden
und Besitz und Ehre nehmen? Diesem allgemeinen Unfrieden auf der ganzen Welt,
der keinen Menschen verschont, muss der kleine Unfriede, der Krieg oder Schwert
heißt, wehren. Darum ehrt auch Gott das Schwert mit so hohen Worten, dass er es
seine eigene Ordnung nennt (Römer 13, 1) und nicht will, dass man sage oder
denke, die Menschen hatten es erfunden und eingesetzt. Denn die Hand, die das
Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern
Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet,
tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht.
Obwohl Krieg missbraucht wird, ist er ein göttliches
Amt
Zusammengefasst: Man darf beim Soldatsein nicht darauf sehen, wie man tötet,
brennt, schlägt und gefangen nimmt usw. Das tun die ungeübten, einfältigen
Kinderaugen, die dem Arzt nicht weiter zusehen, als wie er die Hand abnimmt
oder das Bein absagt, aber nicht sehen oder bemerken, dass es um die Rettung
des ganzen Körpers geht. Ebenso muss man auch dem Amt des Soldaten oder des Schwertes
mit männlichen Augen zusehen, warum es so tötet und grausam ist. Dann wird es
selber beweisen, dass es ein durch und durch göttliches Amt ist und für die
Welt so nötig und nützlich wie Essen und Trinken oder sonst ein anderes Tun.
Dass aber einige dieses Amt missbrauchen, ohne Grund töten und schlagen, aus
lauter Mutwillen, ist nicht die Schuld des Amtes, sondern der Person. Denn wo
gibt es überhaupt ein Amt, ein Tun oder irgendeine Sache, die so gut ist, dass
sie die mutwilligen, bösen Menschen nicht missbrauchen? Diese gleichen
irgendwelchen tollen Ärzten, die ohne Not einem Menschen eine gesunde Hand
abhauen wollen, aus lauter Mutwillen. Ja, sie gehören in den allgemeinen
Unfrieden, den man mit einem gerechten Krieg und Schwert abwehren und zum Frieden
zwingen muss. So geschieht es freilich auch überall und ist geschehen, dass die
geschlagen werden, die ohne Grund den Krieg anfangen, denn sie können zuletzt
doch nicht dem Gericht Gottes. d. h. seinem Schwerte, entrinnen. Er findet und
trifft sie schließlich doch, wie es auch jetzt den Bauern in Aufruhr ergangen
ist.
Das Schwertamt wird im Neuen wie im Alten Testament
bestätigt
Dies bestätigt uns der größte Prediger und Lehrer nach Christus, nämlich
Johannes der Täufer, der Lukas 3, als die Soldaten zu ihm kamen und fragten,
was sie zu tun hätten, ihr Amt nicht verdammte, sie auch nicht anwies, es
aufzugeben, sondern es vielmehr bestätigte und sagte: "Seid zufrieden mit
eurem Solde, und tut niemandem Gewalt an oder Unrecht" (Lukas 3, 14).
Damit hat er das Amt, das Krieg führt, als solches gerühmt, gleichwohl aber dem
Missbrauch gewehrt und ihn verboten. Denn Missbrauch betrifft nicht das Amt.
Ebenso bekannte auch Christus, als er vor Pilatus stand, dass Kriegführen kein
Unrecht sei, indem er sagte: "Wäre ich einer der Könige dieser Welt, so
würden meine Diener dafür kämpfen, dass ich den Juden nicht ausgeliefert
würde" (Johannes 18, 36). Hierher gehören auch all die alten
Kriegsgeschichten im Alten Testament z. B. Abraham, Mose, Josua, die Richter,
Samuel, David und alle Könige des Volkes Israel. Sollte aber der Krieg und das
Amt, das ihn führt, an sich unrecht sein oder Gott missfallen, so müssten wir
Abraham, Mose, Josua, David und alle anderen heiligen Väter, Könige und Fürsten
verdammen, die Gott auch darin gedient haben und wegen dieses Tuns in der
Schrift sehr gerühmt werden, wie allen, die in der Schrift etwas belesen sind,
wohl bewusst ist. Deshalb braucht es hier nicht weiter bewiesen zu werden. Hier möchte vielleicht jemand einwenden: Mit den heiligen
Vätern hatte es eine andere Bewandtnis. Gott hatte sie von den anderen, den
Heiden, durch seine Erwählung und sein Wort abgesondert und ihnen aufgetragen
zu kämpfen; deshalb sei ihr Beispiel nicht hinreichend für einen Christen im
Neuen Bunde; sie hätten Gottes Befehl für sich gehabt und im Gehorsam gegenüber
Gott gekämpft; wir jedoch hätten keinen Befehl zum Kämpfen, sondern vielmehr
zum Leiden und dazu, alles aufzugeben. Darauf ist durch den heiligen Petrus und
Paulus deutlich genug geantwortet: Beide gebieten, auch im Neuen Bunde der
menschlichen Ordnung und den Befehlen der weltlichen Obrigkeit gehorsam zu
sein. Oben haben wir gehört, dass der heilige Johannes der Täufer als
christlicher Lehrer die Soldaten christlich belehrte und sie dennoch Soldaten
bleiben ließ, nur dass sie nicht missbrauchen dürften, niemandem Unrecht oder
Gewalt antun, sondern mit ihrem Solde zufrieden sein sollten. Deshalb ist auch
im Neuen Testament das Schwert durch das Wort und den Befehl Gottes bestätigt,
und diejenigen, die es recht gebrauchen und im Gehorsam kämpfen, dienen damit
Gott und sind seinem Worte gehorsam (vgl. Römer 13, 4). Bedenke selber: Wenn wir das
zugeben, dass Kriegführen an sich schon unrecht ist, müssten wir entsprechend
auch im Hinblick auf anderes einräumen, es sei unrecht. Denn wenn das Schwert
im Kampfe eine unrechte Sache wäre, wäre es auch unrecht, wenn es die
Verbrecher bestraft und den Frieden bewahrt. Kurz, alles was es ausrichtet,
müsste unrecht sein. Denn was ist Krieg führen anderes, als Verbrecher
bestrafen und den Frieden bewahren? Wenn man einen Dieb, Mörder oder Ehebrecher
bestraft, so ist das eine Strafe an einem einzelnen Verbrecher. Wenn man aber
einen gerechten Krieg führt, so bestraft man eine große Menge von Verbrechern
auf einmal, die einen so großen Schaden anrichten, wie groß ihre Zahl ist. Ist
nun ein Werk des Schwertes gut und gerecht, so sind alle gerecht und gut. Es
ist doch ein Schwert und nicht ein Fuchsschwanz, und es heißt: Zorn Gottes,
Römer 13, 4.
Neben das geistliche Regiment hat Gott die weltliche
Obrigkeit gesetzt
Auf ihren Einwand aber, die Christen hätten keinen Befehl zu kämpfen und die
Beispiele würden nichts ausrichten, weil sie von Christus die eine Lehre
hätten, dem Bösen nicht zu widerstehen, sondern alles zu dulden, habe ich
ausreichend in der Schrift über die weltliche Obrigkeit geantwortet. Denn
freilich streiten die Christen nicht, noch gibt es bei ihnen eine weltliche
Obrigkeit. Ihre Herrschaft ist eine geistliche Herrschaft, und dem Geiste nach
sind sie niemandem als Christus allein unterworfen. Mit Leib und Besitz aber
sind sie dennoch der weltlichen Obrigkeit unterworfen und Gehorsam schuldig.
Wenn sie nun von der weltlichen Obrigkeit zum Kriege aufgerufen werden, sollen
und müssen sie kämpfen, aus Gehorsam, nicht als Christen, sondern als Glieder
und als untertänige, gehorsame Leute, dem Leibe und dem zeitlichen Besitze
nach. Wenn sie
kämpfen, tun sie es also nicht für sich noch um ihrer selbst willen, sondern im
Dienst und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, der sie unterstehen, wie der
heilige Paulus an Titus schreibt: "Sie sollen der Obrigkeit gehorsam
sein" (Titus 3, 1). Weiteres kannst du in der Schrift über die weltliche
Obrigkeit lesen. Denn das ist kurz zusammengefasst dessen Aussage: An
sich ist das Amt des Schwertes recht und eine göttliche, nützliche Ordnung, und
Gott will, dass sie nicht verachtet, sondern gefürchtet und geehrt wird und
Gehorsam genießt. Anderenfalls soll es nicht ungerächt bleiben, wie der heilige
Paulus Römer 13, 2 schreibt. Denn er hat eine doppelte Herrschaft unter den
Menschen aufgerichtet: eine geistliche, durch das Wort und ohne Schwert,
wodurch die Menschen fromm und gerecht werden sollen, so dass sie mit dieser
Gerechtigkeit das ewige Leben erlangen. Solche Gerechtigkeit bewirkt er durch
das Wort, das er den Predigern aufgetragen hat. Die andere Herrschaft ist
weltlich durch das Schwert, damit diejenigen, die nicht durch das Wort fromm
und gerecht für das ewige Leben werden wollen, dennoch durch diese weltliche Herrschaft
gezwungen werden, fromm und gerecht zu sein vor der Welt. Und solche
Gerechtigkeit bewirkt er durch das Schwert. Und wiewohl er diese Gerechtigkeit
nicht mit dem ewigen Leben belohnen will, entspringt sie dennoch seinem Willen,
dass der Friede unter den Menschen erhalten bleibe. Und er belohnt sie mit
zeitlichen Gütern. Denn deshalb gibt er der Obrigkeit so viel Besitz, Ehre und
Macht, so dass sie davon zu Recht mehr als andere besitzt, damit sie ihm dient,
diese weltliche Gerechtigkeit auszuüben. Also ist Gott selber sowohl für die
geistliche wie für die leibliche Gerechtigkeit Stifter, Herr, Meister, Förderer
und Belohner. Und es ist keine menschliche Ordnung und Gewalt dabei, sondern
nur etwas Göttliches.
Nachdem klar ist, dass Krieg sein muss, ist zu klären,
wer gegen wen Krieg führen darf
Weil es nun bezüglich des Amtes und des Standes an sich keinen Zweifel gibt,
dass alles recht und eine göttliche Sache ist, wollen wir nun von den Personen
und dem Gebrauch dieses Standes sprechen. Denn daran liegt am meisten, dass man
weiß, wer und wie man dieses Amt gebrauchen darf. Und hier zeigt es sich, dass
sich, wenn man feste Regeln und Gesetze aufstellen will, so viele Einzelfälle
und Ausnahmen einstellen, dass es schwer ist oder auch ganz unmöglich, alles
ganz genau und gleichmäßig zu erfassen, wie es im Grunde in jeder Rechtsordnung
der Fall ist, dass man sie niemals so fest und gleichmäßig aufstellen kann. Es
treten Fälle ein, die eine Ausnahme nötig machen. Wenn man aber die Ausnahmen
nicht gelten lassen wollte, sondern streng dem Recht folgte, wäre es das
allergrößte Unrecht. So sagt es der Heide Terenz: "Das strengste Recht ist
das allergrößte Unrecht!" Und auch Salomo lehrt in seinem Predigerbuch,
man dürfe nicht allzu gerecht sein, sondern solle zuweilen gerade nicht weise
sein wollen (vgl. Prediger 7, 16). Ich will ein Beispiel dafür geben: Im Bauernaufstand
kürzlich gab es wohl einige, die nur ungern mitgezogen sind, besonders die
wohlhabenden Leute, denn der Aufstand galt den Reichen ebenso wie den
Oberherren. Es ist deshalb mit Recht zu vermuten, dass der Aufstand keinem
Reichen lieb war. Wohlan, ob sie wollten oder nicht, haben einige mitziehen
müssen. Einige haben sich auch in diesen Zwang gefügt in der Meinung, dem
tollen Haufen wehren und mit gutem Rate vielleicht ihr böses Tun verhindern zu
können, damit
sie nicht ganz so viel Schlimmes anrichten, der Obrigkeit zugute und auch für
sich selber zum Nutzen. Etliche sind sogar mitgezogen mit Erlaubnis ihrer
Oberherren, die sie zuvor darum gefragt hatten. Und von solchen Fällen können
sich noch viel mehr zugetragen haben, denn niemand kann sie alle ausdenken noch
im Gesetz erfassen. Nun gut. Hier steht das Recht und sagt: Alle Aufrührer sind
des Todes schuldig. Diese drei verschiedenen Leute sind auf frischer Tat unter
den Aufständischen gefunden worden. Wie soll man mit ihnen verfahren? Sollen
hier keine Ausnahmen gelten, soll das strengste, härteste Gesetz angewendet
werden, so wie es äußerlich über die Tat urteilt, so müssen auch sie mit den anderen
sterben, die zusammen mit der Tat ein schuldbeladenes Herz haben und mit Willen
dabei waren, wohingegen jene ein unschuldiges Herz haben und einen guten Willen
der Obrigkeit gegenüber. Einige von unseren Junkerlein haben ja so gehandelt,
besonders den Reichen gegenüber, in der Hoffnung, etwas zu erpressen. Wenn sie
nur zu ihnen sagen konnten: Du bist auch bei dem Haufen gewesen, du musst
hinweg. So haben sie vielen Leuten großes Unrecht getan, unschuldiges Blut
vergossen, Witwen und Waisen gemacht und ihnen dazu noch den Besitz genommen.
Und dennoch heißen sie "vom Adel". Ja freilich, "vom Adel".
Aber auch der Dreck ist "vom Adel" und kann sich wohl rühmen, aus des
Adligen Leib zu kommen, obwohl er stinkt und ohne Nutzen ist. So gut können
wohl auch diese "vom Adel" sein. Wir Deutschen sind Deutsche und
bleiben Deutsche, d. h. Säue und unvernünftige Bestien.
Anstelle des strengen Rechtes muss die Billigkeit
treten - Ermessen, sagt man heute
Und so sage ich nun: In solchen Fällen wie also in den Beispielen der drei
genannten verschiedenen Leute muss das Recht zurücktreten und an seiner Stelle
die Billigkeit regieren. Denn das Recht spricht mit dürren Worten: Aufruhr ist
des Todes schuldig als crimen laesae maiestatis, als eine Sünde gegen die Obrigkeit.
Aber die Billigkeit spricht so: Ja, liebes Recht, es ist so, wie du sagst, Aber
es kann geschehen, dass zwei dasselbe tun, aber doch mit unterschiedlichem
Herzen und in verschiedener Absicht. Als Judas den Herrn Christus im Garten
küsste (vgl. Matthäus 26, 49), war das, äußerlich gesehen, ein gutes Werk, aber
sein Herz war böse und verriet seinen Herrn mit diesem guten Tun, das Christus
und seine Jünger sonst aus gutem Herzen einander zu erzeigen pflegten.
Umgekehrt: Petrus setzte sich zusammen mit dem Diener des Hannas zum Feuer und
wärmte sich zusammen mit den Gottlosen (vgl. Lukas 22, 55). Das war nicht gut
usw. Wenn es hier nun streng nach dem Gesetz gehen sollte, müsste Judas ein
frommer Mann, Petrus aber ein Bösewicht sein. Aber das Herz des Judas war böse,
das des Petrus war gut. Deshalb muss hier das Recht der Billigkeit den Vortritt
lassen.
Das bedeutet: Diejenigen,
welche mit guter Absicht unter den Aufrührern waren, spricht die Billigkeit
nicht nur frei, sondern hält sie einerdoppelten Gnade für würdig. Denn sie sind
ebenso wie der rechtschaffene Huschai von Arach, der sich dem aufrührerischen
Absalom unterstellte und sich sehr gehorsam gab, aber auf Befehl Davids und
alles mit der Absicht, David zu helfen und dem Absalom zu wehren, wie das alles
2. Sam. 15-16 gut beschrieben ist. Äußerlich gesehen war Huschai auch
aufrührerisch zusammen mit Absalom. Aber er verdiente vor Gott und der ganzen Weit großes
Lob und große Ehre auf ewig. Wenn nun David diesen Huschai als Aufrührer hätte
hinrichten lassen, wäre das eine genauso löbliche Tat gewesen, wie sie jetzt
unsere Fürsten und Junkerlein denselben unschuldigen, wohlverdienten Leuten
antun. Diese Tugend oder Weisheit, die
auf diese Weise das strenge Gesetz lenken und prüfen kann und muss, je nachdem,
wie sich die Fälle ergeben, und das gleiche gute oder böse Tun mit Rücksicht
auf die unterschiedliche Absicht und die Herzen richtet, heißt auf Griechisch
"Epikia", auf Latein "Equitas". Ich nenne sie
"Billigkeit". Denn weil das Recht eindeutig mit klaren, kurzen Worten
festgestellt werden muss, kann es gar nicht alle Zufälle und Hindernisse mit
berücksichtigen. Deshalb müssen die Richter und Herren hier klug und gerecht
sein und aus der Vernunft heraus die Billigkeit abwägen und entsprechend das
Recht seinen Lauf nehmen oder aber zurücktreten lassen. Zum Beispiel gibt ein
Herr seinem Gesinde bestimmte Anweisungen, was an diesem oder jenem Tage zu tun
ist. Damit steht es dann fest: Wer das nicht tut oder einhält, wird bestraft
werden. Nun kann es aber geschehen, dass einer krank wird oder sonst ohne seine
Schuld verhindert wird. Da hört dann das Recht auf. Das wäre ein gar schlechter
Hausherr, der seinen Knecht um dieser Unterlassung willen bestrafen wollte. In
diesem Sinne müssen alle Gesetze, die sich auf eine Tat beziehen, der
Billigkeit wie einer Herrin untergeordnet sein, um der mannigfachen, unzähligen
und unsicheren Zufälle willen, die eintreten können und die niemand vorher
beschreiben und erfassen kann.
Aufruhr gegen die Obrigkeit, egal was für
eine, ist Gott stets zuwider
Dementsprechend reden wir nun auch vom Kriegsrecht oder vom Gebrauch des
Kriegshandwerkes im Hinblick auf die Person: Zuerst dies: Krieg kann entstehen
zwischen drei verschiedenen Personengruppen: Jemand kämpft gegen seinesgleichen,
d. h., keiner von beiden ist dem anderen verpflichtet oder untertan, selbst
wenn der eine nicht in gleicher Weise angesehen, prächtig und mächtig ist wie
der andere. Ebenso ist es, wenn ein Höhergestellter gegen einen Untergebenen
Krieg führt und auch, wenn der Untergeordnete gegen den Übergeordneten
streitet. Die dritte Möglichkeit nehmen wir uns zuerst vor. Hier ist das Gesetz
sehr deutlich und sagt: Niemand darf gegen seinen Oberherrn kämpfen oder
streiten, denn der Obrigkeit ist man Gehorsam, Ehre und Ehrfurcht schuldig,
Römer 13, 7. Wer über sich schlägt, dem fallen die Späne in die Augen, wie auch
Salomo sagt: "Wer Steine in die Höhe wirft, dem fallen sie auf den
Kopf" (Sprüche 26, 27). Das ist, kurz gesagt, das Gesetz an sich, welches
Gott selbst eingesetzt hat und von den Menschen angenommen ist. Denn es passt
nicht zueinander, gehorsam sein und doch widerstreiten, untertänig sein und den
Herrn nicht ertragen wollen. Nun haben wir jetzt aber gesagt, die Billigkeit
müsse die Herrin des Gesetzes sein und da, wo es die Zufälle erfordern, das
Gesetz lenken, fordern oder zulassen, es zu übertreten. Deshalb fragt es sich
hier, ob es auch billig sein könne, d. h., ob vielleicht ein Fall eintreten
könnte, dass man diesem Gesetz entgegen der Obrigkeit ungehorsam sein und sich
gegen sie stellen könne, sie absetzen oder gefangensetzen. Denn in den Menschen
lebt ein Laster. Das heißt "fraus". Das bedeutet "List"
oder "Tücke". Wenn das hört, dass Billigkeit über Recht geht, wie
gesagt, so wendet es sich feindlich gegen das ganze Gesetz, sucht und grübelt
Tag und Nacht, wie es unter dem Namen und mit dem Schein der Billigkeit zu
Markte komme und sich verkaufe, damit das Recht zugrunde gehe und es selber das
Liebe, Vertraute sei, das alles gut gemacht habe. Von daher kommt ein
Sprichwort: "Inventa lege inventa est fraus legis" "Wo das Recht
anfängt, findet sich auch bald die 'Jungfrau fraus'."
Vergangener Aufruhr beweist nichts
Die Heiden haben, da sie von Gott nichts wussten und auch nicht durchschaut
hatten, dass die weltliche Herrschaft eine Ordnung Gottes ist (denn sie hielten
sie für ein menschliches Glück und eine menschliche Tat), hier unbedenklich
eingegriffen und es nicht nur für billig, sondern auch für lobenswert gehalten,
nutzlose, schlechte Obrigkeiten abzusetzen, zu töten und zu verjagen, Deshalb
sprachen die Griechen auch den Tyrannenmördern, d. h. denen, die Tyrannen
erstachen oder umbrachten, durch öffentliche Gesetze Kostbarkeiten und
Geschenke zu. Dem sind die Römer in der Kaiserzeit entschlossen gefolgt und
haben wohl den größten Teil ihrer Kaiser selber ermordet, so dass in diesem
löblichen Kaiserreich fast kein Kaiser je von den Feinden erschlagen worden
ist. Sie selber aber haben nur wenige von ihnen im Bette und eines natürlichen
Todes sterben lassen. Und ebenso haben auch die Völker Israel und Juda einige
ihrer Könige getötet und umgebracht. Uns
genügen solche Beispiele aber nicht. Denn wir fragen hier nicht danach, was die
Heiden oder die Juden getan haben, sondern danach, was recht und billig ist zu
tun, nicht nur vor Gott im Geiste, sondern auch in der göttlichen Ordnung der
weltlichen Herrschaft. Denn wenn gleich noch heute oder morgen ein Volk
aufstünde und seinen Herrn absetzte oder ihn tötete, bitte, was wäre geschehen?
Die Herren müssten abwarten, ob es Gott zulässt. Daraus folgt aber noch nicht,
dass es deshalb gerecht und billig ist. Mir ist auch noch kein solcher Fall
vorgekommen, wo es billig wäre, und ich kann mir auch jetzt keinen vorstellen.
Die Bauern gaben bei ihrem Aufruhr an, die Herren wollten das Evangelium nicht
predigen lassen und schindeten die armen Leute, deshalb müsste man sie stürzen.
Aber ich habe darauf geantwortet: Obwohl die Herren damit unrecht taten, sei es
trotzdem weder billig noch recht, auch unrecht zu tun, d. h. ungehorsam zu sein
und Gottes Ordnung zu zerstören, die nicht in unserer Verfügung steht. Sondern
man müsse das Unrecht leiden. Und wo ein Fürst oder Herr das Evangelium nicht
dulden will, da gehe man in ein anderes Fürstentum, wo es gepredigt wird, wie
Christus sagt "Verfolgen sie euch in einer Stadt, so flieht in die
andere" (Matthäus 10, 23).
Aufruhr zu rechtfertigen, hat schlimme Folgen
Es ist wohl billig, einen Fürsten, König oder Herren, der wahnsinnig wird,
abzusetzen und einzusperren, denn er ist ja fernerhin nicht mehr für einen
Menschen zu halten, weil er den Verstand verloren hat. Ja, sprichst du, ein
wütender Tyrann ist doch bestimmt auch wahnsinnig oder vielleicht für noch
schlimmer zu halten als einer, der den Verstand verloren hat, denn er richtet
viel mehr Schaden an usw. Hier wird die Antwort schwierig, denn solche Rede
scheint sehr einleuchtend und will mit Gewalt auf Billigkeit hinaus. Und doch
sage ich meine Meinung darüber, dass es mit einem Wahnsinnigen und einem
Tyrannen nicht dasselbe ist. Denn der Wahnsinnige kann nichts Vernünftiges tun
noch dulden, es besteht auch keine Hoffnung, denn das Licht der Vernunft ist
erloschen. Dagegen ist ein Tyrann noch zu vielem fähig, z. B. weiß er, wenn er
Unrecht begeht. Er hat noch ein Gewissen und Erkenntnisvermögen, und es besteht
auch Hoffnung, dass er sich bessern kann, sich etwas sagen lässt, dass er sich
belehren lässt und dem folgt. Bei einem Wahnsinnigen gibt es davon nichts. Er
ist wie ein Klotz oder Stein. Außerdem gibt es dabei noch böse Folgen oder
Beispiele: Wenn es gebilligt wird, Tyrannen zu ermorden oder zu verjagen, reißt
es bald ein. Und es entsteht ein allgemeiner Mutwille, als Tyrannen auch solche
zu schelten, die keine Tyrannen sind, und sie auch zu ermorden, wie es dem
Pöbel in den Sinn kommt, wie uns das die römische Geschichte deutlich zeigt, wo
sie manchen guten Kaiser allein deshalb töteten, dass er ihnen eben nicht
gefiel oder nicht ihren Willen tat und sie Herren sein ließ und sich als ihr
Knecht und Maulaffe verhielt. So geschah es dem Galba, Pertinax, Gordian,
Alexander und anderen. Man darf dem Pöbel nicht zuviel pfeifen, er wird sonst
gern toll. Es ist billiger, ihm zehn Ellen abzubrechen, als ihm in einem
solchen Falle eine Handbreit, ja, die Breite eines Fingers einzuräumen. Und es
ist besser, wenn ihm die Tyrannen hundertmal unrecht tun, als dass sie dem
Tyrannen einmal unrecht tun. Denn weil ja das Unrecht gelitten werden muss, so
ist vorzuziehen, durch die Obrigkeit zu leiden, als dass die Obrigkeit durch
die Untertanen zu leiden hat. Denn der Pöbel besitzt und kennt kein Maß. In
jedem einzelnen stecken wohl mehr als fünf Tyrannen, So ist es besser, von
einem Tyrannen, d. h. von der Obrigkeit, Unrecht zu leiden als von unzähligen
Tyrannen, d. h. vom Pöbel. Man sagt, die Schweizer hätten vorzeiten auch ihren
Oberherrn erschlagen und sich selber befreit usw., und die Dänen haben neulich
ihren König verjagt. In beiden Fällen wurde als Ursache die unerträgliche
Tyrannei angegeben, welche die Untertanen hätten erdulden müssen usw. Ich habe
aber oben gesagt, dass ich hier nicht behandle, was die Heiden tun oder getan
haben oder was jenen Beispielen oder Geschichten gleicht, sondern das, was man
tun soll und mit gutem Gewissen tun kann, damit man sicher und gewiss ist, dass
dieses Tun an sich und vor Gott nicht unrecht ist. Denn ich weiß auch
einigermaßen und habe auch nicht wenige Geschichten gelesen, wie die Untertanen
oft ihre Obrigkeiten getötet oder verjagt haben wie die Juden, die Griechen und
die Römer. Und Gott hat es geschehen und sie trotzdem wachsen und zunehmen
lassen. Zuletzt aber hat sich stets im Auskehricht gefunden! Denn die Juden
wurden zuletzt durch die Assyrer, die Griechen durch König Philippus, die Römer
durch die Goten und Langobarden unterworfen und ausgelöscht. Auch die Schweizer
haben es bisher wahrhaftig mit viel Blut teuer bezahlt und bezahlen es noch
immer. Wie es enden wird, kann man leicht absehen. Auch die Dänen sind noch
nicht hindurch. Ich sehe aber keine beständigere Herrschaft, als wo die
Obrigkeit in Ehren gehalten wird, wie bei den Persern, den Tataren und
entsprechenden Völkern mehr, die sich nicht nur gegen die Römer und ihre ganze
Macht behauptet, sondern die Römer und viele Staaten mehr zerschlagen haben. Für
mich liegen Grund und Ursache für dies alles darin, dass Gott spricht:
"Die Rache ist mein, ich will vergelten" (Römer 12, 19), und ebenso:
"Richtet nicht!" (Matthäus 7, 1). Dazu wird im Alten Testament streng
und oft verboten, der Obrigkeit auch nur zu fluchen oder schlecht über sie zu
reden, 2. Mose 22, 28: "Du sollst dem Fürsten deines Volkes nicht
fluchen." und Paulus lehrt 1. Timotheus 2 die Christen, für die Obrigkeit
zu beten usw. Auch
Salomo lehrt in seinen Sprüchen und im Predigerbuch überall, dem Könige zu
gehorchen und untertan zu sein (vgl. Sprüche 24, 21 - Prediger 10, 20). Nun
kann es niemand leugnen: Wenn sich die Untertanen gegen die Obrigkeit stellen,
rächen sie sich selber und machen sie sich selber zum Richter. Und das ist
nicht nur gegen Ordnung und Gebot Gottes, der sich Gericht und Rache selbst
vorbehalten hat, sondern auch gegen jedes natürliche Gesetz und jede
Billigkeit, wie man sagt: "Niemand darf sein eigener Richter sein"
und auch: "Wer zurückschlägt, ist im Unrecht."
Tyrannei ist von Gott verhängt und schadet der Seele
(gar)nicht, also kein Grund zum Aufruhr!
Hier will man vielleicht sagen: Ja, wie kann man von den Tyrannen alles leiden?
Du räumst ihnen zuviel ein. Durch eine solche Lehre wird ihre Bosheit nur noch
stärker und größer. Soll man es denn ertragen, dass eines jeden Frau und Kind,
Leben und Besitz so gefährdet und geschändet wird? Wer kann etwas Redliches
anfangen, wo man so leben soll? Ich antworte: Ich belehre doch nicht dich, der
du tun willst, was dir gut dünkt und gefällt! Nur zu, tue, wonach dir dein Sinn
steht, und töte alle deine Herren. Sieh zu, wie es dir gelingt. Ich belehre
allein die, die gerne rechtschaffen handeln wollen. Solchen sage ich, dass der
Obrigkeit nicht mit Ungesetzlichkeit und Aufruhr entgegengetreten werden darf,
wie es die Römer, Griechen, Schweizer und Dänen getan haben. Sie haben wohl
andere Möglichkeiten. Zuerst: Wenn sie sehen, dass die Obrigkeit ihrer eigenen
Seele Seligkeit so gering achtet, dass sie wütet und unrecht tut, was kümmert
es dich dann, dass sie dir deinen Besitz, dein Leben, deine Frau und dein Kind
verderben? Deiner Seele kann sie doch nicht schaden. Sie schadet sich selber
mehr als dir, weil sie ihre eigene Seele verdammt, worauf dann das Verderben
ihres Lebens und Besitzes folgen muss. Meinst du nicht, dass es schon streng
genug gerächt ist?
Böse Obrigkeit ist wie Krieg - hinzunehmen
Zum anderen. Was wolltest du tun, wenn deine Obrigkeit Krieg führt, in dem
nicht nur dein Besitz, deine Frau und dein Kind, sondern auch du selber zugrunde
gehen müssen, gefangen, verbrannt und getötet werden um deines Herren willen?
Wolltest du deshalb deinen Herren töten? Wie viele gute Leute hat wohl Kaiser
Maximilian sein Leben lang in Kriegen verloren? Trotzdem hat man ihm deswegen
nichts getan. Wenn er sie aber auf tyrannische Weise umgebracht hatte, wäre
freilich nichts Grausameres je gehört worden. Wohlan, dennoch ist er aber die
Ursache dafür, dass sie umgekommen sind, denn um seinetwillen sind sie
erschlagen worden. Was ist nun ein Tyrann und Wüterich anderes als ein
gefährlicher Krieg, wo es manchen guten, rechtschaffenen, unschuldigen Menschen
kostet? Ja, ein schlimmer Tyrann ist noch erträglicher als ein schlimmer Krieg,
was du zugeben musst, wenn du deine eigene Vernunft und Erfahrung befragst. Ich
glaube wohl, dass du gern Frieden und gute Tage hättest. Was aber, wenn Gott
sie dir durch Krieg und Tyrannen verwahrt? Nun wähle und schätze ab, ob du
lieber Krieg oder lieber einen Tyrannen hättest. Denn verdient hast du wohl
beides und bist es vor Gott schuldig. Aber wir sind solche Leute, dass wir
Schurken sein und in Sünden bleiben wollen. Bloß die Strafe für die Sünde
wollen wir vermeiden, dazu uns auch dagegen wehren und unsere Sünde
verteidigen. Das wird uns gelingen wie einem Hunde, der in die Stacheln beißt.
Böse Obrigkeit ist Strafe für Sünde des Volkes
Drittens. Ist die Obrigkeit nicht böse, wohlan, so ist Gott da, der Feuer,
Wasser, Eisen, Steine und unzählige Möglichkeiten hat zu töten. Wie schnell hat
er einen Tyrannen umgebracht. Und er würde das sicher auch tun. Aber unsere
Sünden lassen es nicht zu. Denn so spricht er im Buche Hiob: "Er lässt
einen Schurken regieren um der Sünden des Volkes willen" (Hiob 34, 30).
Und dass ein Schurke regiert, das können wir sehr deutlich sehen. Das er aber
nicht aus seiner Schlechtigkeit heraus so regiert, sondern um der Sünde des
Volkes willen, das will keiner sehen. Seine eigene Sünde bedenkt das Volk
nicht, sondern meint, der Tyrann regiert so, weil er eben so schlecht ist. So verblendet, verkehrt und
toll ist die Welt. Darum geht es auch so zu, wie es den Bauern im Aufruhr
ergangen ist, welche die Sünde der Obrigkeit bestrafen wollten, als wären sie
selber völlig rein und hätten keine Strafe verdient. Deshalb musste Gott ihnen
den Balken in ihrem Auge zeigen, damit sie den Splitter des anderen vergessen
(vgl. Matthäus 7, 5).
Böse Obrigkeit ist stets von Aufruhr bedroht
Viertens. Die Tyrannen befinden sich in der Gefahr, dass sich, wie gesagt,
aufgrund göttlicher Fügung die Untertanen erheben und sie töten oder verjagen.
Denn wir lehren hier die, die das Rechte tun wollen, wovon sehr wenige gibt.
Daneben bleibt gleichwohl die große Masse, Heiden, Gottlose und Nichtchristen,
welche sich, wenn Gott es zulässt, zu Unrecht der Obrigkeit widersetzen und
Unglück anrichten, wie es die Juden, Griechen und Römer oft getan haben.
Deshalb brauchst du nicht zu klagen, dass die Tyrannen und Obrigkeiten durch
unsere Lehre sicher werden, Böses zu tun. Nein, sie sind gewiss nicht sicher.
Freilich lehren wir so, dass sie sicher sein sollten, Gott gebe es, sie mögen
nun Böses oder Gutes tun. Wir aber können ihnen diese Sicherheit nicht geben
noch verschaffen, denn wir können die große Masse nicht zwingen, unserer Lehre
zu folgen, wenn Gott nicht seine Gnade gibt. Wir können lehren, was wir wollen.
Die Welt tut trotzdem, was sie will. Gott muss helfen, und wir müssen die
belehren, die das Gute und Rechte tun wollen. Vielleicht können sie helfen, die
große Menge aufzuhalten. Und was unsere Lehre angeht, so sitzen die Oberherren
ebenso sicher, wie sie ohne sie sitzen. Denn leider geht es so, dass deine
Klage nicht nötig ist, weil der größte Teil der Menge nicht auf uns hört und es
allein bei Gott und in Gottes Hand liegt, die Obrigkeit zu erhalten, so wie er
sie auch allein angeordnet hat. Auch das haben wir wohl im Bauernaufstand
erfahren. Darum lass dich nicht dadurch beirren, dass die Obrigkeit böse ist.
Ihr liegt die Strafe und das Unglück näher, als du wünschen kannst, wie es der
Tyrann Dionys bekannte, um sein Leben stünde es, als hinge ihm ein bloßes
Schwert an einem Seidenfaden über dem Kopf, während unter ihm eine große
Feuersglut brennte.
Gott bedroht böse Obrigkeit durch Krieg von außen
Fünftens. Gott hat noch eine andere Möglichkeit, die Obrigkeit zu bestrafen, so
dass du dich nicht selbst zu rächen brauchst. Er kann eine fremde Obrigkeit
erwecken, wie z. B. die Goten gegen die Römer, die Assyrer gegen Israel usw. So
schwebt also überall Rache, Strafe und Gefahr genug über den Tyrannen und der
Obrigkeit. Gott lasst sie nicht mit Freuden und in Frieden böse sein. Er ist
kurz hinter ihnen, ja um sie herum, hat sie zwischen den Sporen und im Zaum.
Christen verzichten darauf, sich gegen die Obrigkeit zu empören. Hierzu passt
auch das natürliche Gesetz, das Christus Matthäus 7, 12 lehrt: "Was ihr
wollt, dass die Leute es euch tun, das tut ihnen." Es will doch auch kein
Hausvater von den Seinen aus seinem Hause gejagt, getötet oder zugrunde
gerichtet werden um seiner bösen Taten willen, besonders wenn sie es aus selbst
angemaßter Gewalt tun, um sich selbst zu rächen und selbst Richter zu sein ohne
vorhergehende Klage vor einer anderen höheren Obrigkeit. Ebenso unrecht muss es
auch für einen jeden Untertan sein, etwas gegen seinen Tyrannen zu unternehmen.
Dafür muss ich ein Beispiel geben oder
auch zwei, die gut zu merken sind und denen zu folgen nützlich ist. Man liest
folgendes: Eine Witwe betete aufs andächtigste für ihren Tyrannen, Gott möge
ihn lange leben lassen usw. Der Tyrann hörte das und wunderte sich, weil er
wohl wusste, dass er ihr viel Leid angetan hatte und ein solches Gebet selten
vorkommt. Denn im allgemeinen pflegt das Gebet für den Tyrannen nicht so zu
lauten. Er fragte sie, warum sie so für ihn bete. Sie antwortete: Als dein
Großvater lebte, hatte ich zehn Kühe. Er nahm mir zwei. Da betete ich gegen
ihn, damit er stürbe und dein Vater Herr würde. Als das geschah, nahm mir dein
Vater drei Kühe. Wieder betete ich, damit du Herr wurdest und er stürbe. Nun
hast du mir vier Kühe genommen. Deshalb bitte ich nun für dich. Denn ich fürchte, wer nach
dir kommt, nimmt mir auch die letzte Kuh mit allem, was ich habe. Ebenso
berichten die Gelehrten von einem Bettler, der von Wunden bedeckt war, in denen
viele Fliegen saßen, die ihn aussaugten und stachen. Da kam ein barmherziger
Mensch, wollte ihm helfen und scheuchte die Fliegen alle von ihm weg. Er aber
schrie und sagte: Ach, was tust du? Diese Fliegen waren nahezu voll und satt,
so dass sie mir nicht mehr so viel Qual bereiteten. Nun kommen an ihrer Stelle
hungrige Fliegen und werden mich viel mehr plagen. Verstehst du diese Fabeln? Die Obrigkeit ändern und
die Obrigkeit bessern sind zwei verschiedene Dinge, so weit getrennt wie Himmel
und Erde. Das Ändern kann leicht geschehen. Das Bessern ist schwierig und
gefährlich. Warum? Weil es nicht unserem Willen und Vermögen anheim gestellt
ist, sondern allein in Gottes Willen und Hand liegt. Der tolle Pöbel aber fragt
nicht viel, wie es besser werde, sondern nur danach, dass es anders werde. Wenn
es dann schlimmer wird, will er wieder etwas anderes haben. Und so bekommt er
Hummeln für Fliegen und zuletzt Hornissen für Hummeln. Die Frösche wollten
vorzeiten auch nicht den Klotz als Herren leiden. Dafür bekamen sie den Storch,
der sie auf den Kopf hackte und fraß. Es ist eine verdammte, verfluchte Sache
mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die
sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf
bessere Art zu regieren sein, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie
gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an,
was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn
sie es zu tun wagten. Darum rate ich, dass ein jeder, der hier mit einem guten Gewissen handeln
und das Rechte tun will, mit der weltlichen Obrigkeit zufrieden sei und sich
nicht an ihr vergreife. Er bedenke, dass die weltliche Obrigkeit der Seele
keinen Schaden zufügen kann, wenn es die Geistlichen und die falschen Lehrer
tun. Er folge hierin dem gerechten David, der vom König Saul so große Gewalt
litt, wie du nur immer erleiden kannst. Dennoch wollte er nicht die Hand an
seinen König legen, was er wohl oft hätte tun können, sondern überließ es Gott
(vgl. 1. Samuel 24, 26). Er ließ alles gehen, solange Gott es so haben wollte,
und duldete bis zum Ende. Wenn sich nun ein Krieg oder Streit erhebt gegen
deinen Oberherrn, dann lasse kriegen und streiten, wer da will, denn, wie
gesagt, wenn Gott nicht die Masse hält, können wir es auch nicht. Du aber, der
du das Rechte tun und ein reines Gewissen behalten möchtest, lass Harnisch und
Waffe liegen und kämpfe nicht gegen deinen Herrn oder Tyrannen. Leide lieber
alles, was dir geschehen mag. Die Masse aber, die es tut, wird ihren Richter
wohl finden.
Auch Verfassungsbruch rechtfertigt keinen Aufstand
Ja, sagst du, wenn sich ein König oder Herr seinen Untertanen gegenüber eidlich
verpflichtet, nach vorgelegten Artikeln zu regieren, dies aber nicht hält und
damit eigentlich schuldig wird, auch die Herrschaft niederzulegen usw., wie man
sagt, dass der König von Frankreich nach Vorschriften der Parlamente seines
Reiches regieren und der König von Dänemark auch auf besondere Artikel schwören
müsse? Hier antworte ich: Es ist gut und billig, dass die Obrigkeit nach
Gesetzen regiert und diese schützt und nicht nach eigenem Mutwillen. Darüber
hinaus ist ferner zu bedenken, dass ein König nicht nur gelobt, sein Landrecht
oder Artikel zu halten, sondern auch Gott selber gebietet ihm, gerecht zu sein,
und er gelobt, auch das zu tun. Wohlan, wenn nun dieser König nichts hält,
weder Gottes Recht noch sein Landrecht? Sollst du ihn deshalb angreifen, dieses
richten und bestrafen? Wer hat es dir befohlen? Es müsste hier doch eine andere
Obrigkeit zwischen euch treten, die euch beide verhört und den Schuldigen
verurteilt. Sonst
würdest du dem Urteil Gottes nicht entrinnen, der da spricht: "Die Rache
ist mein" (Römer 12, 19), und "Richtet nicht!" (Matthäus 7, 1). Und weil hierauf gerade das Beispiel des Königs von
Dänemark zutrifft, den die von Lübeck und der Seestädte zusammen mit den Dänen
vertrieben haben, will ich auch meine Antwort dazu sagen um derer willen, deren
Gewissen hierin vielleicht falsch orientiert ist, und damit sich vielleicht
einige besser besinnen und zur Erkenntnis kommen. Wohlan, es sei allerdings so:
Der König ist ungerecht vor Gott und der Welt, und das Recht liegt ganz und gar
auf Seiten der Dänen und Lübecker. Das ist eine Sache für sich. Darüber hinaus
nun die andere Seite, dass die Dänen und die Lübecker zugegriffen haben als
Richter und Oberherrn des Königs und dieses Unrecht bestraft und gerächt haben.
Damit haben sie sich das Recht und die Rache angemaßt. Und hier entsteht nun
die Frage und geht es um das Gewissen: Wenn die Sache vor Gott kommt, wird er
nicht fragen, ob der König ungerecht ist oder sie gerecht sind, denn das ist
offenbar geworden. Sondern er wird so fragen: Ihr Herren von Dänemark und zu
Lübeck, wer hat euch den Vollzug dieser Rache und Strafe befohlen? Habe ich es
euch befohlen oder der Kaiser oder Oberherr? So legt Brief und Siegel vor und
beweist es! Können sie das, so steht ihre Sache gut. Können sie es nicht, so
wird Gott folgendermaßen urteilen: Ihr Aufrührer, die ihr mich bestehlen wollt,
die ihr mir in mein Amt eingreift und anmaßend die göttliche Rache an euch
gerissen habt, ihr seid schuldig laesae maiestatis divinae, d. h., ihr habt
euch an der göttlichen Majestät versündigt und vergangen. Denn es ist
zweierlei, im Unrecht sein und Unrecht bestrafen, ius et executio iuris,
iustitia et administratio iustiliae, Recht und Unrecht haben ist jedermanns
Sache. Aber Recht und Unrecht geben und sprechen ist Aufgabe dessen, der Herr
ist über Recht und Unrecht. Und das ist Gott allein, der es an seiner Statt der
Obrigkeit übergibt. Deshalb darf niemand es sich anmaßen, er sei denn gewiss,
dass er dafür von Gott oder seiner Dienerin, der Obrigkeit (vgl. Römer 13, 4),
einen Befehl hat.
Das Recht auf Selbsthilfe würde die Welt ins Chaos
stürzen
Wenn es so gehen sollte, dass ein jeder, der recht hat, den, der unrecht hat,
selber bestrafen könnte, was sollte daraus in der Welt werden? Da würde es dazu
kommen, dass der Knecht den Herrn, die Magd die Herrin, Kinder die Eltern und
Schüler den Lehrer schlagen. Das würde eine lobenswerte Ordnung werden! Wozu
brauchte man dann Richter und eine von Gott eingesetzte Obrigkeit? Lasst sie es
selbst, die Dänen und Lübecker, bedenken, ob sie es für rechtens ansehen, dass
ihr Gesinde, ihre Bürger und Untertanen sich gegen sie stellen dürfen, sofern ihnen
Unrecht geschieht. Warum verhallen sie sich anderen gegenüber nicht so, wie sie
es erwarten, und verschonen einen anderen nicht damit, womit sie selber
verschont werden möchten, wie es Christus und das natürliche Gesetz lehren
(vgl. Matthäus 7, 12). Die Lübecker freilich und andere Städte können sich
damit herausreden, dass sie keine Untertanen des Königs sind, sondern als
Feinde einem Feinde und als gleiche einem gleichen gegenüber gehandelt haben.
Die armen Dänen aber haben ohne Befehl von Gott als Untertanen gegen ihre
Obrigkeit gehandelt. Und die Lübecker haben dazu geraten und dabei geholfen.
Damit haben sie sich mit dieser fremden Sünde beladen und sich in den
aufrührerischen Ungehorsam gegen die göttliche wie die menschliche Majestät
gemischt, verwickelt und verbunden. Davon, dass sie auch das Gebot des Kaisers
verachten, will ich gar nicht erst reden.
Dieses erzähle ich hier in
diesem Falle als ein Beispiel, weil wir lehren, dass sich die
"Unterperson" nicht gegen die "Oberperson" stellen darf. Denn
es ist eine bemerkenswerte Geschichte mit dem vertriebenen König und kann
gerade hier wohl dazu dienen, alle anderen zu warnen, damit sie sich vor diesem
Beispiel in acht nehmen, und dass denen, die es getan haben, das Gewissen
angesprochen wird, damit sich einige bessern und von ihrem unrechten Tun
lassen, bevor Gott kommt und sich wiederum an seinen Räubern und Feinden rächt.
Nicht, dass
sich alle danach richten werden. Denn, wie gesagt, die große Menge richtet sich
nicht nach Gottes Wort. Es ist ein verlorener Haufe, der nur für den Zorn und
die Strafe Gottes vorgesehen ist. Sondern ich bin damit zufrieden, dass es sich
einige zu Herzen nehmen und nicht mit den Dänen und Lübeckern gemeinsame Sache
machen oder aber, wenn sie darin verwickelt gewesen sind, sich herauslösen und
als an fremden Sünden beteiligt gefunden werden. Denn wir haben alle zusammen
mehr als genug mit unseren eigenen Sünden zu tun.
Das Verbot des Krieges gegen die Obrigkeiten heißt
nicht, dass diese ohne Tadel wären
Hier werde ich freilich wieder herhalten und meine Richte hören müssen, die da
schreien: Oh, ich meine ja doch, das heißt getrost den Fürsten und Herren
geschmeichelt. Kriechst du nun zu Kreuze und suchst Gnade? Fürchtest du dich?
usw. Wohlan, diese Hummeln lasse ich brummen und vorüberfliegen. Wer es kann,
der mache es besser. Ich habe mir jetzt nicht vorgenommen, den Fürsten und
Oberherren zu predigen. Ich meine wohl auch, solche Schmeichelei sollte mir
schlechte Gnade einbringen wie jene über solche Schmeichelei nicht sehr froh
sein werden. Denn ich setze ja, wie man hören konnte, ihren Stand einer großen
Gefahr aus. Außerdem habe ich es an anderen Stellen genug betont, und es ist ja
auch leider allzu wahr, dass der größte Teil der Fürsten und Herren gottlose
Tyrannen und Feinde Gottes sind, die das Evangelium verfolgen und dazu mir
ungnädige Herren und Junker sind. Aber danach frage ich auch nicht viel.
Sondern ich lehre das, damit ein jeder selbst weiß, wie er sich in dieser Sache
der Obrigkeit gegenüber zu verhalten hat, damit er tut, was Gott ihm befiehlt,
die Oberherren aber lasse ich auf das Ihre sehen und dafür einstehen. Gott wird
die Tyrannen und Oberen nicht vergessen. Er ist auch ihnen hinreichend
gewachsen, wie er es vom Anfang der Welt bis heute bewiesen hat.
Man kann nicht nur von den Untertanen, hier den
Bauern, Gehorsam fordern
Zudem möchte ich, dass das, was ich hier schreibe, nicht als nur auf die Bauern
bezogen verstanden wird, als wären sie allein die "Unterperson", der
Adel aber nicht. So nicht! Sondern was ich über die "Unterperson"
sage, gilt sowohl Bauern wie Bürgern, Edelleuten, Herrn, Grafen und Fürsten.
Denn sie alle haben auch Oberherren und sind "Unterperson" eines
anderen. Und wie man einem aufrührerischen Bauern den Kopf abschlägt, so soll
man auch einem aufrührerischen Edelmann, Grafen und Fürsten den Kopf
abschlagen, einem wie dem anderen, so dass niemandem Unrecht geschieht. Kaiser
Maximilian hatte einem wohl, glaube ich, ein Lied singen können von
ungehorsamen, aufrührerischen Fürsten und einem solchen Adel, die sich alle
sehr gern zusammengerottet und gegen ihn verschworen hatten. Und wie oft hat
der Adel wohl geklagt und geflucht, gewünscht und versucht, den Fürsten zu
trotzen und sich zu verbünden. Zum Beispiel hat doch der fränkische Adel den
Ruf, dass er wenig auf den Kaiser und die Bischöfe gibt. Solche Junkerlein darf
man nicht aufgewiegelt oder aufrührerisch nennen, wenn sie es gleich sind. Der
Bauer muss es leiden. Der muss herhalten. Wenn meine Sinne aber mich nicht
trügen, ist es doch so, dass Gott durch die aufrührerischen Bauern die
aufrührerischen Herren und den Adel gestraft hat, einen Schuft durch den
anderen, weil Maximilian sie ertragen musste und nicht bestrafen konnte, obwohl
er, solange er lebte, derjenige sein musste, der aufhielt. Und ich möchte
wetten: Wenn der Bauernaufstand nicht dazwischengekommen wäre, hätte sich unter
dem Adel ein Aufstand gegen die Fürsten und vielleicht auch gegen den Kaiser
erhoben. So sehr stand es in Deutschland auf des Messers Schneide. Nun aber die
Bauern dazwischengekommen sind, müssen allein sie schwarz sein. Der Adel und
die Fürsten sind fein heraus, sind ohne Schuld und haben noch nie etwas Böses
getan. Gott aber lässt sich auf diese Weise nicht täuschen, und er hat sie mit
diesem Beispiel gewarnt, ebenso ihrer Obrigkeit gehorsam zu sein. So sieht
meine Heuchelei den Fürsten und Herren gegenüber aus.
Die Obrigkeit, hier der Adel, steht auch unter dem Gebot Gottes
Hier sagst du: Soll man das denn von einem Oberherren ertragen, dass er ein
rechter Bösewicht ist, uns Land und Leute verderben lassen ? Um in der Sprache
des Adels davon zu reden: Teufel, Veitstanz, Pest, Sankt Anton, Sankt Quirin!
Ich bin vom Adel! Wer will es zulassen, dass mir ein Tyrann Frau Kind, Leben
und Gut elendiglich zugrunde richte? Ich antworte: So höre doch! Ich belehre
dich doch nicht! Fahre nur immer fort, du bist doch klug genug. An mir soll es
nicht liegen. Es kostet mich nicht mehr Mühe, als dass ich dir zusehe, wie du
ein solches hohes Lied heraussingst. Den anderen, die sich gern ihr gutes
Gewissen bewahren wollen, sagen wir folgendes: Gott hat uns in der Welt der
Herrschaft des Teufels unterworfen. Wir haben hier also kein Paradies, sondern
müssen zu jeder Stunde auf alles Unglück gefasst sein an Leib, Weib, Kind, Gut
und Ehre. Und wenn in einer Stunde nicht zehn Unglücksfälle eintreten, ja, wenn
du eine Stunde leben kannst, sollst du sagen: Oh, welch große Güte erweist mir
Gott, dass mir in dieser Stunde nicht alles Unglück zustößt! Wie geht das zu? Dürfte
ich doch unter der Herrschaft des Teufels nicht eine selige Stunde erleben,
usw. So belehren wir die Unseren. Du aber kannst für dich etwas anderes machen:
Baue dir ein Paradies, wo der Teufel nicht hinkommen kann, damit du von keinem
Tyrannen solches Wüten zu erwarten brauchst. Wir wollen zusehen. Ach, uns geht
es viel zu gut. Uns sticht der Hafer. Wir kennen Gottes Güte nicht und glauben
weder, dass Gott uns so behütet, noch dass der Teufel so böse ist. Nichts als
böse Kerle wollen wir sein und doch von Gott nur Gutes haben.
Krieg gegen die Obrigkeit ist immer unrecht
So viel sei über den ersten Punkt gesagt, dass gegen die "Oberperson"
kein Kampf noch Streit rechtmäßig sein kann. Und obwohl es oft geschehen ist
und täglich die Gefahr besteht, dass es geschieht, so wie alle anderen Sünden
und alles Unrecht auch geschehen, wenn Gott es zulässt und nicht verhindert, so
geht es zuletzt doch nicht gut aus und bleibt nicht ungerächt, und wenn man
gleich eine Zeitlang Glück hatte.
Krieg Gleicher gegen Gleiche kann berechtigt sein, wenn es ernsthafte
Gründe gibt, mutwilliger Krieg ist immer verwerflich
Nun wollen wir uns dem zweiten Punkt zuwenden, ob man als gleicher gegen einen
gleichen kämpfen und streiten darf. Und das möchte ich so aufgefasst wissen:
Nicht, dass es gerechtfertigt ist, nach eines jeden tollen Herren Laune Krieg
anzufangen. Das möchte ich vor allen Dingen zuvor gesagt haben: Wer Krieg
anfängt, der ist im Unrecht, und es ist gerecht, dass er geschlagen oder doch
zuletzt bestraft wird, welcher als erster das Messer zieht. Gemeinhin ist es
auch so geschehen und zugegangen in allen Geschichten, dass die den Krieg
verloren haben, die ihn anfingen, und ganz selten diejenigen geschlagen worden
sind, die sich wehren mussten. Denn die weltliche Obrigkeit ist von Gott nicht
dazu eingesetzt worden, den Frieden zu brechen und Krieg anzufangen, sondern
dazu, den Frieden zu schützen und denen, die Krieg suchen, zu wehren, wie
Paulus Römer 13, 4 sagt, es sei die Aufgabe des Schwertes, zu schützen und zu
strafen, die Gerechten im Frieden zu schützen und die Bösen mit Krieg zu
bestrafen. Und Gott, der das Unrecht nicht duldet, fügt es auch so, dass die,
die Krieg suchen, bekämpft werden müssen, so wie das Sprichwort lautet:
"Noch nie war einer so böse, der nicht einen noch Schlimmeren gefunden
hat." So lässt auch Gott von sich singen, Psalm 68, 31: "Dissipa
gentes que bella volunt"-"Der Herr zerstört die Völker, die Freude am
Kriege haben." Davor hüte dich! Gott lügt nicht! Und lass dir gesagt sein,
dass du Wollen und Müssen, Lust und Notwendigkeit, Freude am Krieg und
Kampfeswillen sehr weit auseinanderhalten musst, Lass dich ja nicht in die
Versuchung führen, du seist dem türkischen Kaiser gleich. Warte so lange, bis
die Not und das Muss kommen, ohne die Lust und den Willen. Du wirst dennoch
genug zu tun haben und genug zu kämpfen bekommen; damit du sagen kannst und
dein Herz sich rühmen kann: Wohlan, wie gerne wollte ich doch Frieden haben,
wenn meine Nachbarn wollten. Dann kannst du dich mit gutem Gewissen wehren.
Denn da steht Gottes Wort: "Er zerstreut, die Freude am Kriege haben"
(Psalm 68, 31 ). Achte auf die richtigen Krieger, die bei dem Spiel dabei
gewesen sind. Die ziehen nicht schnell, trotzen nicht, haben keine Lust zum
Schlagen. Wenn man sie aber zwingt, so dass sie müssen, so hüte dich vor ihnen!
Da spaßen sie nicht! Ihr Messer steckt fest. Wenn sie es aber ziehen müssen,
kommt es nicht ohne Blut wieder in die Scheide! Umgekehrt ist es mit den tollen
Narren, Die führen den Krieg zuerst mit Gedanken, beginnen trefflich, fressen
die Welt mit Worten und ziehen als erste das Messer. Sie sind aber auch die
ersten, die fliehen und das Messer einstecken. Rom, das mächtige Kaiserreich,
hat am allermeisten dadurch gewonnen, dass es gezwungen war, Kriege zu führen.
Denn ein jeder wollte sich mit ihnen anlegen und dabei Lorbeeren ernten.
Deshalb mussten sie sich wehren und schlugen denn auch weidlich um sich.
Hannibal, der Fürst aus Afrika, tat ihnen immerhin sehr weh, so dass er sie
beinahe zunichte gemacht hatte. Aber, was soll ich sagen? Er hatte angefangen,
und er musste auch aufhören. Der Mut blieb bei den Römern, obwohl sie verloren.
Wo aber der Mut bleibt, da folgt bestimmt auch die Tat. Denn es ist Gott, der
da handelt. Und der will Frieden haben und ist feind denen, die Krieg anfangen
und den Frieden brechen. Ich muss hier an Herzog Friedrich, Kurfürst von
Sachsen, als Beispiel denken. Es ist ja auch schade, dass die Worte eines
solchen klugen Fürsten zusammen mit seinem Leibe sterben sollen. Als er manche
tückischen Anfeindungen sowohl von seinen Nachbarn wie auch sonst überall
ertragen musste und insofern hinreichend Grund gehabt hätte für einen Krieg,
dass ein anderer, toller Fürst, der Freude am Kriegführen hat, zehnmal
angefangen hätte, ließ er dennoch sein Schwert stecken, gab immer gute Worte
und verhielt sich, als fürchte er sich sehr und fliehe geradezu. Er ließ die
anderen trotzig auftreten und blieb gleichwohl vor ihnen sitzen. Als er darauf
angesprochen wurde, warum er sie so machen ließe, antwortete er: Ich will nicht
anfangen. Wenn ich aber Krieg führen muss, so sollst du sehen, dass das
Aufhören von mir abhängen wird. Und so blieb er ungebissen, obwohl viele Hunde
ihre Zähne zeigten. Er sah, dass es Narren waren, und konnte ihnen das zugute
halten. Hätte der König von Frankreich nicht den Krieg gegen Kaiser Karl
angefangen, er wäre nicht so mit Schande geschlagen und gefangengenommen
worden. Und noch jetzt, wo sich Venedig und die Welschen gegen den Kaiser
stellen (wiewohl er mein Feind ist, bin ich doch kein Freund des Unrechts) und
anfangen - gebe Gott, dass endlich auch sie als erste aufhören und den Spruch
wahr bleiben lassen müssen: "Gott zerstreut, die Freude am Kriege
haben" (Psalm 68, 31 ). Dieses
alles bestätigt Gott mit treffenden Beispielen in der Schrift. Deshalb ließ er
den Königreichen der Amoriter und Kanaaniter zuerst durch sein Volk Frieden
anbieten und wollte nicht, dass sein Volk zu kämpfen begann, damit diese seine
Lehre bestätigt würde. Allerdings: Als dieselben Königreiche anfingen und das Volk Gottes
zwangen, sich zu wehren, mussten sie alle zugrunde gehen (vgl. 4. Mose 21, 21
ff.). Oh, Sichwehren ist ein redlicher Grund zum Kämpfen. Deshalb billigen auch
alle Rechtsordnungen, dass Notwehr unbestraft bleiben soll. Wer aus Notwehr
jemanden erschlägt, ist vor jedermann unschuldig. Umgekehrt: Als die Kinder
Israel ohne Notwendigkeit die Kanaaniter schlagen wollten, wurden sie
geschlagen, 4. Mose 14, 45. Und als Joseph und Asarja kämpfen wollten und Ehre
suchten, wurden sie geschlagen, 1. Makkabäer. 5, 55 ff. Amazja, der König von
Juda, wollte auch aus Lust gegen den König von Israel Krieg führen. Wie es ihm
aber erging, das lies im 2. Buch der Könige, Kapitel 14. Ebenso fing der König
Ahab gegen die Syrer an zu Ramoth. Aber er verlor und fand den Tod, 1. Könige
22. Und die von Ephraim wollten Jephthah fressen und verloren 42 000 Mann
(Richter 12). Und immer so weiter findest du, dass fast immer die verloren
haben, die angefangen hatten. Der heilige König Josia musste erschlagen werden,
weil er Streit gegen den König von Ägypten begann (vgl. 2. Könige 23). Er
musste den Spruch wahr bleiben lassen: "Der Herr zerstreut, die Freude am
Kriege haben" (Ps. 68, 31). Von daher haben auch meine Landsleute, die vom
Harz, ein Sprichwort: "Ich habe doch wahrhaft gehört: Wer schlägt, wird
wieder geschlagen." Und warum das? Doch deshalb, weil Gott die Welt mit
Strenge regiert und das Unrecht nicht unbestraft lässt. Wer Unrecht begeht, es
aber nicht büßt und seinem Nächsten dafür keine Genugtuung verschafft, der
erhält seine Strafe von Gott, so gewiss er lebt. Ich meine, der Müntzer musste
das mit seinen Bauern auch bekennen.
Krieg unter Gleichen ist nur zur Abwehr erlaubt
Also ist in diesem Punkte das erste, dass Kriegführen nicht gerechtfertigt ist,
auch wenn sich Gleichgestellte gegenüberstehen, es sei denn, dass es unter der
Rechtfertigung und mit einem guten Gewissen geschieht, das da sagen kann: Mein
Nachbar zwingt und drängt mich zum Kriege. Ich wollte lieber verzichten, damit der
Krieg nicht nur Krieg, sondern auch pflichtmäßiger Schutz und Notwehr heißen
kann. Denn man muss beim Kriege Unterschiede machen: Die einen werden mit Lust
und Willen angefangen, bevor ein anderer angreift, der andere aber wird einem
aus Not und mit Gewalt aufgedrängt, nachdem man von einem anderen angegriffen
worden ist. Der erste kann wohl ein "Lustkrieg" heißen, der andere
ein "Notkrieg". Der erste ist vom Teufel - Gott gebe ihm kein Glück!
Der andere ist menschliches Unglück - Gott helfe ihm! Deshalb, ihr lieben
Herren, lasst euch sagen: Hütet euch vor dem Krieg, es sei denn, - dass ihr
euch wehren und schützen müsstet und euch das euch auferlegte Amt zum Kriege
zwingt. Dann lasst es geschehen und schlagt dazwischen, seid Männer und beweist
die Kraft eurer Waffen. Dann darf man nicht nur mit Gedanken kämpfen. Die Sache
selbst wird genug Ernst mit sich bringen, so dass den zornigen, trotzigen,
stolzen Eisenfressern die Zähne so stumpf werden sollen, dass sie nicht einmal
mehr frische Butter beißen können. Und das aus dem Grunde: Ein jeder Herr und
Fürst ist verpflichtet, die Seinen zu beschützen und ihnen Frieden zu
verschaffen. Das ist sein Amt. Dafür hat er das Schwert, Römer 13, 4. Das soll
auch seines Gewissens sein, worauf er sich verlassen kann, damit er weiß, dass
dieses Tun vor Gott recht und von ihm aufgetragen ist. Denn ich lehre jetzt
nicht darüber, was die Christen tun sollen, denn uns Christen geht eure
Herrschaft nichts an. Aber wir dienen euch und sagen, was ihr in eurer
Herrschaft vor Gott tun sollt. Ein Christ ist eine Person für sich. Er glaubt
für sich selbst und für sonst niemanden. Ein Herr aber und Fürst ist keine
Person für sich, sondern er ist für andere da, um ihnen zu dienen, d. h., sie
zu beschützen und zu verteidigen. Freilich wäre es gut, wenn er dazu auch noch
Christ wäre und an Gott glaubte. Dann wäre er wohl glückselig. Aber Christsein
ist nicht fürstlich. Deshalb können wenige Fürsten Christen sein, so wie man
sagt: "Ein Fürst ist Wildbret im Himmel." Wenn sie nun gleich nicht
Christen sind, sollen sie dennoch rechtschaffen und richtig handeln gemäß der
äußeren Ordnung Gottes. Das verlangt er von ihnen. Ein Herr oder Fürst aber,
der dieses Amt und diesen Auftrag nicht wahrnimmt, sondern meint, er sei nicht
um seiner Untertanen willen, sondern wegen seiner schönen blonden Haare Fürst,
Gott habe ihn zum Fürsten gemacht, damit er sich seiner Macht, seines Besitzes
und seiner Ehre freue, dass er Spaß daran habe und auch die Möglichkeit,
trotzig aufzutreten und sich darauf zu verlassen, der gehört unter die Heiden,
ja, der ist ein Narr. Denn dieser selbe dürfte auch um einer tauben Nuss willen
einen Krieg anfangen und auf nichts anderes sehen als darauf, wie er seinen
bösen Willen befriedigt. Solchen tritt Gott entgegen dadurch, dass auch andere
Fäuste haben und jenseits des Berges auch Leute wohnen. So hält ein Schwert das
andere in der Scheide fest. Ein vernünftiger Fürst aber sieht nicht auf sich
selber. Es genügt ihm, dass seine Untertanen gehorsam sind. Wenn seine Feinde
oder Nachbarn trotzig auftreten und viele böse Worte verlieren, so denkt er
"Narren schwätzen allezeit mehr als Weise", und: "Viele Worte
gehen in einen Sack" und: "Mit Schweigen beantwortet man
vieles." Deshalb fragt er nicht viel danach, bis er sieht, dass man seine
Untertanen angreift, oder bis er das Messer schon zur Tat gezückt findet. Da
leistet er dann Widerstand, so gut er kann, darf und muss. Anderenfalls - wer
eine solche Memme ist, dass er alle Worte ernst nehmen will und nach Gründen
sucht, der will gewiss den Wind mit dem Mantel fangen. Was er damit aber für
Ruhe oder Nutzen erreicht, das lass ihn zuletzt selber beichten, so wirst du es
wohl erfahren.
Auch einen Abwehrkrieg darf man nicht leichtfertig
sondern nur in Gottesfurcht führen
Das sei nun also das erste Stück in diesem Punkte. Das andere ist genauso nötig
zu merken: Wenn du gleich gewiss und sicher bist, dass nicht du anfängst,
sondern zum Kriege gezwungen wirst, musst du dennoch Gott fürchten und vor
Augen haben und darfst nicht einfach darauf los handeln - Ja, ich werde
gezwungen, ich habe gute Gründe, Krieg zu führen -, dich darauf verlassen
wollen und tollkühn hineinspringen. Das führt zu nichts. Es ist wahr, du hast
gute Gründe für den Krieg und dafür, dich zu wehren. Deswegen hast du aber noch
nicht Brief und Siegel von Gott, dass du gewinnen wirst. Ja, eben dieser Trotz
sollte wohl der Grund für deine Niederlage werden, obwohl du gerechte Gründe
für den Krieg hast. Denn Gott kann weder Stolz noch Trotz leiden, es sei denn
von dem, der sich vor ihm demütigt und ihn fürchtet. Dass man sich vor Menschen
und vor dem Teufel nicht fürchtet, dass man tapfer und trotzig, mutig und
entschieden ihnen gegenüber ist, wenn sie anfangen und unrecht haben, das
gefällt ihm gut. Dass damit aber gewonnen sein soll, als wären wir es, die
alles tun oder ausrichten, daraus wird nichts. Sondern er will gefürchtet sein
und hören, dass von Herzen dieses Lied gesungen wird: "Lieber Herr, mein
Gott, du siehst, dass ich Krieg führen muss. Ich möchte es lieber lassen. Ich
baue auch nicht auf die gerechte Sache, sondern auf deine Gnade und
Barmherzigkeit. Denn ich weiß, wenn ich mich auf die gerechte Sache verlasse
und darauf poche, könntest du wohl mich billig fallen lassen als einen, der
gerechterweise fällt, weil ich mich auf mein Recht und nicht auf deine Gnade
und Güte allein verlasse." Hier höre, was die Heiden, wie die Griechen und
die Römer, die von Gott und Gottesfurcht nichts wussten, in einem solchen Falle
sagten: Sie meinten, sie wären es, die da Krieg führten und siegten. Aber auch
aus mannigfachen Erfahrungen, dass oft große, gerüstete Heere von wenigen und
Ungerüsteten geschlagen wurden, mussten sie lernen und bekannten es auch
freimütig, dass es im Kriege nichts Gefährlicheres gäbe, als sich sicher zu fühlen
und trotzig zu sein, und sie schlossen daraus, man dürfe auf keinen Fall den
Feind verachten, wie gering er immer sein möge; ferner: man dürfe keinen
Vorteil aufgeben, wie geringfügig er auch sein möge; und schließlich: man dürfe
keinen Schutz, keine Wache und keine Vorsicht unterlassen, wie klein sie auch
immer seien, fast so, als sollte man alles mit der Goldwaage abwiegen. Narren,
trotzige, unachtsame Leute taugen im Kriege zu nichts, als dass sie Schaden
anrichten. Das Wort Non putassem - ich habe es nicht so gemeint - halten sie
für das schlimmste Wort, das ein Soldat sagen kann. Denn es zeigt einen
sicheren, trotzigen, lässigen Menschen, der in einem Augenblick, mit einem
Schritt, mit einem Worte mehr verderben kann, als zehn wiederherstellen können,
und der dann noch sagen will, so habe ich das wahrhaftig nicht gemeint. Wie
vernichtend schlug Fürst Hannibal die Römer, solange sie trotzig und sicher
gegen ihn waren. Und von solchen Geschichten gibt es unzählig viele. Sie stehen
auch uns täglich vor den Augen. Nun, die Heiden haben es erfahren und gelehrt.
Sie wussten aber keine Ursache und keinen Grund dafür anzugeben, außer dass sie
dem Glück die Schuld gaben, vor welchem sie sich gleichwohl fürchten mussten.
Grund und Ursache dafür sind aber, wie ich gesagt habe, dass Gott in allen und
durch alle diese Geschichten bezeugt haben will, dass er auch in diesen Dingen
gefürchtet sein will, dass er keinen Trotz, keine Verachtung, keine
Vermessenheit oder Sicherheit leiden kann und will, bis wir lernen, alles, was
wir haben wollen und dürfen, durch lauter Gnade und Barmherzigkeit aus seinen
Händen zu nehmen. Es ist deshalb eine wunderliche Sache: Ein Soldat, der einen
gerechten Grund hat, muss gleichzeitig mutig und verzagt sein. Wie will er
kämpfen, wenn er verzagt ist? Streitet er aber unverzagt, so schwebt er erneut
in großer Gefahr. Er verhalte sich aber so: Vor Gott sei er verzagt, furchtsam
und demütig, ihm befehle er seine Sache, damit er es nicht nach unserem Rechte,
sondern nach seiner Güte und Gnade füge, damit man zuvor mit einem demütigen,
furchtsamen Herzen Gott gewinne. Den Menschen gegenüber sei man mutig, frei und
trotzig, weil sie ja unrecht haben. Sie soll man also mit trotzigem, getrostem
Gemüte schlagen. Denn warum sollen wir uns nicht unserem Gott gegenüber so
verhalten wie die Römer, die größten Krieger auf Erden, zu ihrem Abgott, dem
Glück, vor dem sie sich fürchteten? Und wo sie das nicht taten, kämpften sie in
großer Gefahr und wurden schwer geschlagen.
Krieg gegen Gleichgestellte ist nur im Notfall
rechtens
So sei an diesem Punkte festgestellt: Kriegführen gegen einen Gleichgestellten
muss eine aufgezwungene Sache sein und mit Gottesfurcht unternommen werden.
Gezwungen aber heißt, wenn der Feind oder Nachbar angreift und anfängt und
nicht das Seine dazu tun will, dass man sich dem Rechtsweg stellt und einen
Vertrag anbietet sowie mancherlei böse Worte und Übergriffe erträgt und
verzeiht, sondern einfach mit dem Kopf hindurch will. Denn ich erkläre immer,
dass ich denen predige, die gerne vor Gott rechtschaffen handeln wollen.
Diejenigen aber, die den Rechtsweg weder anbieten noch annehmen wollen, gehen
mich nichts an. Gottesfurcht heißt, sich nicht auf seine gerechten Gründe
verlassen, sondern besorgt, besonnen und vorsichtig sein auch in der
allergeringsten Sache, und wenn es nur eine Pfeife wäre. Mit dem allen hat Gott
seine Hand nicht gebunden, dass er nicht gebieten könnte, gegen die zu kämpfen,
die uns keinen Grund dafür gegeben haben. So befahl er den Kindern Israel,
gegen die Kanaaniter zu kämpfen (vgl. 4. Mose 33, 50 ff.). Und da ist nun
freilich Grund genug für den Krieg, nämlich Gottes Gebot. Aber auch so ein
Krieg darf nicht ohne Furcht und Sorgen geführt werden, wie Gott Josua 7 zeigt,
wo die Kinder Israel in sorgloser Sicherheit gegen die Leute von Ai zogen und
tatsächlich geschlagen wurden. Derselbe Grund besteht, wenn die Untertanen auf
Befehl der Obrigkeit kämpfen. Denn Gott befiehlt, der Obrigkeit gehorsam zu
sein (vgl. Römer 13,1 ), und sein Gebot setzt eine Notwendigkeit. Dennoch muss
auch das mit Furcht und Demut geschehen. Darüber wollen wir nachher noch weiter
reden.
Die Obrigkeit darf ihre Untertanen strafen
Der dritte Punkt: Darf ein Höhergestellter mit Recht gegen einen Untergebenen
Krieg führen? Oben haben wir gehört, dass die Untertanen gehorsam sein und von
ihren Tyrannen auch das Unrecht leiden sollen. Wenn es rechtmäßig zugeht, hat
die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu
bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören
und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen
sie mit Gewalt vorzugehen. Ebenso darf auch ein Fürst gegenüber seinem Adel und
der Kaiser den Fürsten gegenüber handeln, wenn sie sich auflehnen und Krieg
anfangen. Aber auch das muss mit Gottesfurcht geschehen. Man darf sich nicht zu
trotzig auf das Recht verlassen, damit Gott es nicht so fügt, dass die
Oberherren - auch durch Unrecht - von ihren Untertanen bestraft werden, wie es
oft geschehen ist. Wir haben es oben gehört. Denn im Recht sein und das Recht
vollstrecken sind nicht stets beieinander, ja niemals, wenn Gott es nicht gibt.
Wenn es deshalb auch rechtens ist, dass sich die Untertanen ruhig verhalten,
alles dulden und sich nicht empören, so liegt es doch nicht in der Menschen
Hand, dass sie es auch tatsächlich tun. Denn Gott hat es für die
"Unterperson" so eingerichtet, dass sie einzeln, ganz für sich allein
steht. Er hat ihr das Schwert genommen und es unter Verschluss gelegt. Wenn sie
sich also zusammenrotten, andere an sich binden und das Schwert an sich reißen,
so sind sie vor Gott des Gerichts und des Todes schuldig.
Die Obrigkeit leitet ihre Gewalt von Gott her
Andererseits ist es für die "Oberperson" so eingerichtet, dass sie
eine öffentliche Person ist und nicht für sich allein steht, dass die
Untertanen ihr folgen und sie das Schwert führt. Wenn sich also ein Fürst an
den Kaiser wendet als an seinen Oberherrn, so ist er nicht mehr Fürst, sondern
eine Privatperson im Gehorsam gegenüber dem Kaiser wie alle anderen, ein jeder
für sich. Wenn er sich aber seinen Untertanen zuwendet, eben als zu seinen
Untertanen, so vertritt er so viele Personen, wie viele Häupter er unter sich
hat und ihm folgen. Ebenso der Kaiser: Wendet er sich zu Gott, so ist er nicht
Kaiser, sondern eine einzelne Person, wie vor Gott alle anderen. Wendet er sich
aber seinen Untertanen zu, so ist er so viele Male Kaiser, wie viele Untertanen
er unter sich hat. Und genauso ist auch von allen anderen Obrigkeiten zu reden.
Im Verhältnis zu ihrem "Oberherrn" sind sie keine Obrigkeit, sind sie
jeder obrigkeitlichen Würde entkleidet. Nach unten aber sind sie mit aller
Würde der Obrigkeit ausgezeichnet. So gelangt schließlich alle obrigkeitliche
Würde zu Gott, dem sie allein zukommt. Denn er ist der Kaiser, Fürst, Graf,
Edelmann, Richter und alles. Er teilt sie aus, wie er will, den Untertanen
gegenüber, und hebt sie wieder auf, sich selbst gegenüber. Deshalb darf sich
keine Privatperson gegen die Allgemeinheit stellen noch die Allgemeinheit an
sich binden. Sie schlägt damit nach oben, so dass ihr gewiss die Späne in die
Augen fallen. Und hieraus siehst du, dass sich die, die sich der Obrigkeit
widersetzen, der Ordnung Gottes widersetzen, wie der heilige Paulus Römer 13, 2
lehrt. Auch 1. Korinther 15, 24 spricht er davon, dass Gott alle Obrigkeit
aufheben wird, wenn er selbst regieren und alles zu sich ziehen wird.
Darf man in fremdem Sold und nicht nur aus
Pflichterfüllung gegen den eigenen Herrn kämpfen?
Das sei zu diesen drei Punkten gesagt. Nun kommen die Fragen dazu. Kein König
oder Fürst kann ja allein Krieg führen. (Er braucht Leute und Truppen dazu, die
ihm dienen, so wie er ja auch nicht selber Gericht halten und das Gesetz
durchsetzen kann, sondern dazu Räte, Richter, Rechtsgelehrte, Aufseher, Henker
und was zum Gericht gehört, braucht.) Man fragt, ob es recht sei, dass jemand
Sold annimmt oder, wie sie es nennen, Dienstgeld oder Manngeld und sich damit
anstellen lässt, sich also verpflichtet, dem Fürsten zu dienen, wenn es die
Zeit erfordert, wie es der Brauch jetzt ist. Um hierauf zu antworten, teilen
wir die, die im Kriege dienen. Einerseits sind es Untertanen, die ohnehin ihrem
Oberherren verpflichtet sind, ihm mit Leben und Eigentum beizustehen und ihrem
Aufgebot zu folgen. Vor allem der Adel und die, weiche von der Obrigkeit
Lehensgüter besitzen. Denn die Güter, welche Grafen, Herren und die Adligen
besitzen, sind früher durch die Römer und die römischen Kaiser in der Weise
verteilt und verliehen worden, dass diejenigen, die sie innehaben, stets
gerüstet und bereit zu sein hatten, der eine mit soundso viel Pferden und
Männern, der andere mit so viel, je nach der Größe des Besitzes. Die Güter
waren ihr Sold, für den sie angestellt waren. Deshalb heißen sie auch Lehensgüter,
und aus dem Grunde sind sie noch mit solchen Verpflichtungen verbunden. Der
Kaiser lässt solche Güter vererben. Und das ist im Römischen Reiche auch alles
recht und geordnet. Der Türke aber lässt, wie man sagte, keine Erbfolge zu. Er
duldet kein erbliches Fürstentum, keine Grafschaft, kein Rittergut oder
Lehensgut, sondern setzt ein und vergibt, wann und wem er will. Deshalb besitzt
er auch so übermäßig viel an Gold und Reichtümern und ist der absolute Herr im
Lande oder vielmehr ein Tyrann. Deshalb dürfen die vom Adel nicht meinen, sie
hätten ihren Besitz umsonst, so als hätten sie ihn gefunden oder im Spiel
gewonnen. Die darauf liegenden besonderen Belastungen und die Lehenspflicht
zeigen deutlich, woher und wozu sie ihn haben, nämlich geliehen vom Kaiser oder
vom Fürsten, und das nicht, um darauf zu prassen und damit groß zu tun, sondern
um gerüstet bereit zu sein zum Kampfe, um das Land zu beschützen und den
Frieden zu bewahren. Wenn sie sich nun rühmen, wie sehr sie sich um die Pferde
zu kümmern hatten und den Fürsten und Herren dienen müssten, während andere
Ruhe und Frieden haben, so sage ich: Ei, mein Lieber, dafür lasst euch danken!
Ihr habt euren Sold und das Lehensgut und seid damit für diese Aufgabe
angestellt und auch gut bezahlt. Haben die anderen nicht auch Arbeit genug um
ihr geringes Gut? Oder seid ihr es allein, die Arbeit haben? Euer Einsatz wird
doch seitens gebraucht, andere aber müssen sich täglich mühen. Willst du das
aber nicht oder dünkt es dich zu schwer und ungerecht, so gib doch dein Gut
auf. Man findet wohl, die es gern übernehmen und dafür das leisten, was es
erfordert. Aus diesem Grunde haben die Gelehrten alle
menschliche Arbeit in zwei Arten eingeteilt: in die agricultura und die
militia, d. h. in Ackerbau und Kriegsdienst, so wie es sich auch von selbst und
natürlich einteilt. Der Ackerbau soll ernähren, und der Kriegsdienst soll
wehren. Und diejenigen, weiche im Dienst der Verteidigung stehen, sollen ihre
Abgaben und Nahrung haben von denen, die die Aufgabe der Ernährung haben, damit
sie verteidigen können. Umgekehrt sollen diejenigen, die für die Ernährung
sorgen, ihren Schutz von denen haben, denen die Verteidigung aufgetragen ist,
damit sie für die Ernährung sorgen können. Und der Kaiser oder Fürst im Lande
muss auf beide achten und darüber wachen, dass die mit der Verteidigung
Beauftragten gerüstet und bereit sind und die anderen im Dienst der Ernährung
rechtschaffen handeln, um die Nahrung zu vermehren. Unnütze Leute aber, die
weder zum Wehren noch zum Ernähren taugen, sondern nur verzehren, faulenzen und
untätig sein können, soll man nicht dulden, sondern aus dem Lande jagen oder
zum Arbeiten anhalten, so wie es die Bienen tun, welche die Drohnen wegstechen,
die nicht arbeiten und den anderen Bienen ihren Honig wegfressen. Deshalb nennt
Salomo in seinem Predigerbuch die Könige "Bauleute, die das Land
bauen" (Prediger 5, 8), denn das soll ihre Aufgabe sein. Gott aber behüte
uns Deutsche davor, nicht zu schnell klug zu werden und so zu handeln, damit
wir noch eine Weile gute Verzehrer bleiben und Ernährer und Wehrer sein lassen,
wer eben Lust dazu hat und es nicht umgehen kann. Dass diese ersten nun mit Recht ihren Sold und ihr
Lehensgut besitzen und auch recht daran tun, ihren Herrn im Kriege zu helfen
und ihnen auf diese Weise zu dienen, so wie sie es schuldig sind, das hat
Johannes der Täufer bestätigt Lukas 3, 14: Als die Soldaten ihn fragten, was
sie zu tun hatten, antwortete er: "Begnügt euch mit eurem Sold." Denn
wäre ihr Sold unrecht oder ihr Dienst widergöttlich, so hätte er ihn nicht so
bleiben lassen, erlauben und bestätigen dürfen, sondern als ein göttlicher,
christlicher Lehrer hätte er sie tadeln und davon abhalten müssen. Und damit
ist denen geantwortet, die aus einem engen Gewissen heraus (obwohl es das in
diesem Volke jetzt selten gibt) behaupten, es sei gefährlich, um zeitlichen
Gutes willen einen solchen Dienst anzunehmen, der in nichts anderem besteht als
im Blutvergießen und darin, seinem Nächsten Leid zuzufügen, so wie es der Lauf
des Krieges mit sich bringt. Diejenigen müssen nämlich ihr Gewissen so
unterrichten, dass jene solch ein Amt nicht aus Leichtsinn, Lust oder Hass
versehen, sondern weil es ein Auftrag von Gott ist und sie es ihrem Fürsten und
Gott gegenüber schuldig sind. Und weil es ein rechtes Amt ist, von Gott
angeordnet, gebührt jedem sein Sold und Lohn dafür, wie Christus Matthäus 10,
10 sagt: "Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert." Freilich ist es wahr: Wenn
einer mit keiner anderen Regung im Herzen und keiner anderen Absicht im Kriege
dient, wenn er nichts anderes sucht und an nichts anderes denkt als daran,
Besitz zu erwerben, das zeitliche Gut sein einziger Beweggrund ist, so dass er
es nicht gern sieht, wenn Friede herrscht, und es ihm leid ist, dass kein Krieg
ist, der tritt freilich aus der Bahn und ist des Teufels, wenn er gleich im
Gehorsam und durch das Aufgebot seines Herrn im Kriege steht. Denn er macht aus
einem guten Werke für sich selbst ein böses durch den Zusatz, dass er nicht
viel darauf gibt, wie er aus Gehorsam und Pflicht dient, sondern er sucht
allein das Seine. Deshalb hat er kein gutes Gewissen, das da sagen könnte:
Wohlan, wenn es um mich ginge, würde ich gerne zu Hause bleiben. Weil mich aber
mein Herr fordert und ruft, so komme ich in Gottes Namen und weiß, dass ich
Gott damit diene, und will meinen Sold verdienen oder annehmen, was mir dafür
gegeben wird. Denn ein Soldat muss ein solches Gewissen haben und den Trost,
dass er das schuldig ist und es tun muss, damit er die Gewissheit hat, Gott
damit zu dienen, und sagen kann: Hier schlage, steche und töte nicht ich,
sondern Gott und mein Fürst, deren Diener jetzt meine Hand und mein Leib sind.
Denn genau das bedeutet auch die Losung und das Kampfgeschrei "Hier
Kaiser", "Hier Frankreich", "Hier Lüneburg",
"Hier Braunschweig". So schrien auch die Juden im Kampf gegen die
Midianiter, Richter 7, 20: "Hier Gottes und Gideons Schwert!" Ein
solcher Habgieriger verdirbt wohl auch alle anderen guten Werke. Wer z. B. um
vergänglichen Gutes willen predigt, ist ebenso verloren, und doch spricht
Christus, ein Prediger soll durch das Evangelium ernährt werden (vgl. Matthäus
10, 10). Etwas um des vergänglichen Gutes willen tun ist nicht böse, denn Zins,
Sold und Lohn sind auch vergängliches Gut, sonst dürfte niemand arbeiten oder etwas
tun, um sich zu ernähren, weil das alles für vergängliches Gut geschieht. Aber
gierig nach vergänglichem Gute trachten und einen Mammon daraus machen, das ist
immer und in allen Ständen, in jedem Amte und bei allem Tun unrecht. Lässt du die Habsucht und
andere schlechte Absichten, so ist der Kriegsdienst keine Sünde. Nimm dafür
deinen Sold und was dir gegeben wird. Deshalb habe ich oben gesagt, dass dieses
Werk an sich recht und göttlich ist. Wenn aber die Person unrecht ist oder
ihren Auftrag nicht rechtschaffen wahrnimmt, wird auch das Werk unrecht.
Wie ist es mit einem Herrn, der im Unrecht ist?
Eine andere Frage: Was wäre, wenn mein Herr unberechtigt Krieg führte? Die
Antwort: Wenn du sicher bist, dass er unrecht hat, so sollst du Gott mehr fürchten
und gehorchen als den Menschen, Apostelgeschichte 5, 29, und sollst nicht
mitkämpfen noch dienen, denn du kannst ja kein gutes Gewissen vor Gott haben.
Ja, sagst du, mein Herr zwingt mich, er nimmt mir mein Lehen, gibt mir mein
Geld, den Lohn und Sold nicht, außerdem würde ich verachtet und verleumdet als
einer, der sich fürchtet, ja, der treulos ist vor der Welt, der seinen Herrn in
der Not verlässt usw. Die Antwort: Das musst du riskieren und um Gottes willen
fahrenlassen, was dir genommen wird. Er kann es dir wohl hundertfältig
wiedergeben, wie er es im Evangelium verheißt: "Wer um meinetwillen Haus,
Hof, Frau und Besitz verlässt, der soll es hundertfältig wiederbekommen"
(vgl. Markus 10, 29 f.). Solcher Gefahr muss man doch bei allem anderen Tun
ebenfalls gewärtig sein, wo uns die Obrigkeit zwingt, unrecht zu handeln. Weil
Gott aber will, dass man um seinetwillen auch Vater und Mutter verlässt, so
muss man freilich um seinetwillen auch den Herrn verlassen usw. Wenn du aber
nicht weißt oder nicht erfahren kannst, ob dein Herr unrecht hat, sollst du den
klar gebotenen Gehorsam nicht um des nicht sicher feststellbaren Rechtes willen
in Frage stellen, sondern, wie die Liebe es tut, das Beste von deinem Herrn
vermuten. Denn "die Liebe glaubt alles", und "sie denkt nichts
Böses", 1. Korinther 13, 7.5. So bist du sicher und handelst auch recht
vor Gott. Verleumdet man dich deswegen und schilt dich treulos, so ist es
besser, wenn Gott dich treu und redlich preist, als wenn die Welt es tut. Was
könnte es dir helfen, wenn die Welt dich für Salomo oder Mose hielte, du aber
vor Gott für so böse giltst wie Saul oder Ahab?
Darf ein Sodat für mehrere Herrn kämpfen?
Die dritte Frage: Kann sich ein Soldat mehr als nur einem Herrn zum Dienst
verpflichten und von jedem Sold oder Dienstgeld annehmen? Die Antwort: Ich habe
oben gesagt: Habsucht ist Unrecht, gleichgültig ob in einem guten Werke oder in
einem bösen. Der Ackerbau ist wahrhaftig eine der höchsten Aufgaben. Dennoch
ist ein habsüchtiger Bauer unrecht und vor Gott verdammt. So auch hier: Sold
nehmen ist billig und recht, dafür dienen ist auch recht. Aber Habsucht ist
nicht recht, auch wenn der Sold jährlich kaum einen Gulden betrüge. Umgekehrt:
Sold nehmen und verdienen ist an sich recht, es sei von einem, von zwei oder
drei Herren oder wie viele es sein mögen, sofern dem Erbherren und
Landesfürsten nicht entzogen wird, was ihm gebührt, und der Dienst mit seiner
Erlaubnis und seinem Einverständnis geschieht. Denn so wie ein guter Handwerker
seine Kunstfertigkeit jedem, der sie haben will, verkaufen kann und jedem damit
dienen kann, sofern es nicht gegen die Obrigkeit und die Allgemeinheit
gerichtet ist, so: Weil ein Soldat von Gott das Geschick zum Kämpfen bekommen
hat, kann er damit wie mit seiner Kunst und seinem Handwerk jedem dienen, der
ihn haben will, und dafür seinen Lohn wie für seine Arbeit annehmen. Denn das
ist auch ein Beruf, der aus dem Gesetz der Liebe quillt: Wenn mich jemand
braucht und ruft, dass ich seinem Willen folgen und dafür annehme, was mir gebührt
oder was mir gegeben wird. Denn so spricht der heilige Paulus 1. Korinther 9,
7: "Niemand leistet Kriegsdienste für eigenen Sold." Damit billigt er
dieses Recht. Solange also ein Fürst den Untertanen eines anderen braucht und
ihn für den Krieg haben möchte, kann jener ihm wohl mit Erlaubnis und Wissen
seines Fürsten dienen und dafür Sold annehmen.
Wie aber, wenn von den Fürsten
und Herren einer gegen den anderen Krieg führte und ich beiden verpflichtet
wäre, aber lieber dem dienen möchte, der unrecht hat, weil er mir mehr Gnade
oder Gutes erwiesen hat, als dem, der recht hat, weil ich von dem geringeren
Nutzen habe? Hier lautet die schnelle, kurze Antwort: Recht (und das ist Gottes
Wohlgefallen) muss über Besitz, Leben, Ehre und Freund, Gnade und Nutzen gehen.
Hier darf nicht
auf eine Person gesehen werden, sondern allein auf Gott. Hier ist auch um
Gottes willen ein weiteres Mal zu ertragen, dass einer für undankbar gehalten
und verachtet wird. Denn es gilt hier die wirkliche Entschuldigung, nämlich Gott
und das Recht, und die dulden nicht, dem, der uns am liebsten ist, zu dienen
und den, der uns unwert erscheint, zu verlassen. Obwohl der alte Adam das nicht
gerne hört, soll es dennoch so sein, wenn anders es recht sein soll. Denn gegen
Gott ist nicht zu streiten. Wer aber gegen das Recht kämpft, der kämpft gegen
Gott, der alles Recht setzt, ordnet und schützt.
Um der Ehre willen in den Krieg zu ziehen, ist
verwerflich
Die vierte Frage: Was soll man von einem sagen, der nicht nur um des Besitzes
willen, sondern auch um vergänglicher Ehre willen Kriegsdienste leistet, um ein
tüchtiger Mann zu sein und auch als solcher angesehen zu werden? Die Antwort:
Ehrsucht und Geldgier ist alles beides Habsucht. Eines ist genauso unrecht wie
das andere. Wer Kriegsdienste leistet, getrieben von diesem Laster, der
verdient sich die Hölle. Denn wir sollen allein Gott die Ehre lassen und geben
und uns mit Sold und Nahrung begnügen (vgl. Lukas 3, 14). Deshalb ist das eine
heidnische und keine christliche Art, die Soldaten vor der Schlacht auf
folgende Weise zu ermahnen: Liebe Leute, liebe Soldaten! Seid frisch und
getrost, wir wollen, so Gott will, heute Ehre erwerben und reich werden.
Sondern so, auf folgende Weise soll man sie ermahnen: Liebe Leute, wir sind
hier versammelt im Dienst, in Pflicht und Gehorsam unserem Fürsten gegenüber,
so wie wir es nach Gottes Willen und Ordnung schuldig sind, unserem Herrn mit
Leben und Gut beizustehen, wie wohl wir vor Gott ebensolche armen Sünder sind
wie unsere Feinde. Weil wir aber wissen oder doch nichts anderes wissen, als
dass unser Fürst in dieser Sache recht hat, so sei ein jeder frisch und
unverzagt und denke nichts anderes, als dass seine Faust Gottes Faust und sein
Spieß der Spieß Gottes sei. Ein jeder schreie mit Herz und Mund: Hier Gott und
Kaiser! Gibt uns Gott den Sieg, so sollen Ehre und Ruhm nicht uns zukommen,
sondern ihm, der durch uns arme Sünder handelt. Die Beute aber und den Sold
wollen wir nehmen als uns Unwürdigen durch seine göttliche Güte und Gnade
geschenkt und gegeben und ihm dafür von Herzen danken. Und nun walte Gott und
dran mit Freuden! Denn wenn man die Ehre Gottes sucht und sie ihm lässt, wie es billig und
recht ist und auch sein soll, so wird ohne Zweifel mehr Ehre zuteil werden, als
man suchen kann, weil Gott 1. Samuel 2, 30 verheißen hat: "Wer mich ehrt,
den will ich wieder ehren. Wer mir aber die Ehre nimmt, dem soll sie auch
genommen werden", so dass er es wahrhaftig nicht unterlassen kann, dieser
Verheißung entsprechend: Er muss die ehren, die ihn ehren. Seine eigene Ehre
suchen ist eine der größten Sünden. Das ist nichts anderes als Crimen laesae
maiestatis divinae: Ein Raub an der göttlichen Majestät. Darum lass andere
rühmen und Ehre suchen. Sei du gehorsam und still. Deine Ehre wird sich schon finden.
Es ist manche Schlacht verloren worden, die sonst gewonnen worden wäre, wenn
die eitle Ehre nicht im Spiele gewesen wäre. Denn solche ehrsüchtigen Krieger
glauben nicht, dass Gott mit im Kriege ist und den Sieg gibt. Darum fürchten
sie auch Gott nicht und sind nicht kühn, sondern frech und toll und werden
zuletzt auch geschlagen.
Leichtfertig in den Kampf zu ziehen, ist verwerflich
Das aber sind mir die allerbesten Gesellen, die sich vor der Schlacht ermahnen
und ermahnen lassen durch die lobenswerte Erinnerung an ihre Buhle und sich
sagen lassen: Ha, nun denke ein jeder an seine Liebste. Ich sage, hätte ich
nicht von zwei glaubwürdigen, in diesem Spiel erfahrenen Männern gehört, dass
so etwas geschieht, ich hätte nicht geglaubt, dass das Menschenherz in einer so
ernsten Sache, die Todesgefahr vor den Augen, so vergesslich und leichtfertig
sein kann. Wer allein mit dem Tode kämpft, tut das wahrhaftig nicht. Aber hier
in der Menge reizt einer den anderen, so dass keiner an das denkt, was ihm geschehen
kann, weil es vielen ebenso geschehen kann. Für ein christliches Herz aber ist
es erschreckend zu denken und zu hören, dass man sich in der Stunde, wo man das
Gericht Gottes und die Gefahr des Todes vor Augen hat, zu allererst mit
fleischlicher Liebe reizt und tröstet. Denn die in dieser Verfassung erstochen
werden oder sterben, schicken gewiss ihre Seelen frisch in die Hölle ohne jeden
Verzug. Ja, sagen sie, wenn ich an die Hölle denken sollte, dürfte ich niemals
mehr in den Krieg ziehen. Und das ist noch schrecklicher. Dass man sich
mutwillig Gott und sein Gericht aus dem Sinn schlägt und nichts davon wissen,
denken noch hören will. Deshalb ist ein großer Teil der Soldaten Eigentum des
Teufels und einige so ganz von Teufeln besessen, dass sie ihre Kühnheit nicht
besser zu beweisen wissen, als verächtlich über Gott und sein Gericht zu reden,
als seien sie damit die richtigen Eisenfresser, dass sie abscheulich bei
Christi Leiden schwören und fluchen und Gott im Himmel zu trotzen wagen. Es ist
ein verlorener Haufe und die Spreu, so wie es auch in allen anderen Ständen
viel Spreu und wenig Korn gibt.
Landsknechte sollten besser durch Arbeit ihren
Lebensunterhalt verdienen
Daraus folgt, dass die Landsknechte, die in den Ländern umherirren und Krieg
suchen, wo sie doch gut arbeiten und ein Handwerk ausüben könnten, bis sie
gerufen werden, und also aus Faulheit oder getrieben durch ihr rohes, wildes
Gemüt die Zeit verlieren, vor Gott nicht gut dran sein können. Denn sie können
vor Gott für dieses Umherziehen weder Gründe vorbringen noch ein gutes Gewissen
beweisen, sondern haben nichts als eine tollkühne Lust oder Leichtsinn zum
Kriege oder zu einem freien wilden Leben nach Art solcher Leute. So müssen
teilweise zuletzt auch Spitzbuben und Räuber aus ihnen werden. Wenn sie sich
aber zur Arbeit bequemen oder in ein Handwerk begeben und ihr Brot verdienen
würden, wie Gott es allen Menschen geboten und auferlegt hat, bis sie der
Landesfürst aufbietet für sich selber oder erlaubt und wünscht, dass sie für
einen anderen in den Krieg ziehen, so könnten sie sich mit gutem Gewissen
aufmachen als solche, die wissen, dass sie diesen Dienst ihrem Oberherren zu
Gefallen leisten, welches gute Gewissen sie sonst nicht haben könnten. Denn das
soll doch für alle Welt ein Trost und eine Freude, ja auch ein gewichtiger
Grund sein, die Obrigkeit zu lieben und zu ehren, dass uns Gott, der
Allmächtige, die große Gnade erweist und uns die Obrigkeit als ein äußerliches
Mal und Zeichen seines guten Willens hinstellt, wo wir gewiss sind, dass wir
seinem göttlichen Willen gefallen und das Rechte tun, sooft und wenn immer wir
nach dem Willen und Wunsche der Obrigkeit handeln. Denn er hat sein Wort und
seinen Willen an sie geheftet und gebunden, wenn er spricht: "Gebt dem
Kaiser, was dem Kaiser gehört" (Matthäus 22, 21 ), und Römer 13, 1:
"Ein jeder sei der Obrigkeit untertan."
Aberglaube unter Soldaten
Schließlich gibt es unter den Soldaten im Kampfe auch viel Aberglauben. Der
eine befiehlt sich dem heiligen Georg, der andere dem heiligen Christophorus,
der eine diesem, der andere jenem Heiligen. Einige können Eisen und Geschosse
beschwören, einige können Ross und Reiter segnen. Einige tragen das
Johannesevangelium oder sonst etwas bei sich, worauf sie sich verlassen. Sie
alle zusammen sind in einer sehr gefährlichen Lage. Denn sie glauben nicht an
Gott, sondern versündigen sich vielmehr mit Unglauben und falschem Glauben an
Gott. Wenn sie so sterben, müssen sie auch verloren sein.
Im Kampf sollen sie sich der Gnade Gottes empfehlen
Sie sollten sich vielmehr so verhalten: Wenn es zur Schlacht kommt und die
Ermahnung so, wie ich es oben beschrieben habe, erfolgt ist, soll man sich
einfach der Gnade Gottes befehlen und sich in dieser Sache als Christ
verhalten. Denn in dieser vorigen Ermahnung ist allein ein Beispiel dafür
gegeben, wie man sich äußerlich im Kriege mit gutem Gewissen verhalten soll.
Weil aber kein gutes Werk selig macht soll ein jeder nach solcher Ermahnung bei
sich selber im Herzen oder mit dem Munde sprechen: Himmlischer Vater, nach
deinem göttlichen Willen stehe ich hier in diesem äußerlichen Tun und im
Dienste meines Oberherrn, wie ich es schuldig bin zuerst vor dir und um
deinetwillen diesem Oberherrn. Ich danke deiner Gnade und Barmherzigkeit, dass
du mich in dieses Werk gestellt hast, wo ich sicher bin, dass es keine Sünde
ist, sondern Recht und ein deinem Willen entsprechender Gehorsam. Weil ich aber
weiß und es durch dein gnadenreiches Wort gelernt habe, dass uns keines unserer
guten Werke helfen kann und niemand als ein Soldat, sondern allein als Christ
selig werden kann, will ich mich auch gar nicht auf diesen meinen Gehorsam und
solches Tun verlassen, sondern das alles einfach in Erfüllung deines Willens
tun. Und ich glaube von Herzen, dass mich allein das unschuldige Blut deines
lieben Sohnes, meines Herrn Jesu Christi, erlöst und selig macht, das er im
Gehorsam gegen deinen gnädigen Willen für mich vergossen hat. Dabei bleibe ich,
darauf lebe und sterbe ich. Dafür kämpfe ich und tue alles. Lieber Herr, Gott und
Vater, erhalte und stärke mir diesen Glauben durch deinen Geist. Amen.
Willst
du darauf das Glaubensbekenntnis und ein Vaterunser sprechen, so kannst du es
tun. Und damit lass es genug sein. Damit befiehl Leib und Seele in seine Hände.
Und dann ziehe vom Leder und schlage dazwischen in Gottes Namen.
Wirklich
christliche Soldaten wären unschlagbar
Wenn es viele solcher Soldaten in einem Heere gäbe, Lieber, wer, meinst du,
würde ihnen etwas tun? Sie fräßen wohl die Welt ohne einen Schwertstreich. Ja,
wenn nur 9 oder 10 von ihnen in einer Truppe wären, oder nur 3 oder 4, die mit
rechtem Herzen so sprechen könnten, sollten sie mir lieber sein als alle
Geschütze, Spieße, Rosse und Harnische. Und ich wollte den Türken mit aller
seiner Macht kommen lassen. Denn der christliche Glaube ist kein Spaß noch ein
geringes Ding, sondern, wie Christus im Evangelium sagt (Markus 9, 23):
"Er vermag alles." Aber, Lieber, wo sind sie, die so glauben und so
etwas tun können? Und wenn es die Menge nicht tut, müssen wir es dennoch lehren
und wissen um derer willen (wie wenige es von ihnen auch gibt), die es tun
werden. Denn "Gottes Wort geht nicht umsonst aus", sagte Jesaja 55,
11. Es bringt doch einige zu Gott. Die anderen, die diese heilbringende Lehre,
die zu ihrer Seligkeit dient, verachten, die haben ihren Richter, dem sie
antworten müssen. Wir sind entschuldigt und haben das Unsere getan.
Der Schluss
Hiermit will ich es jetzt bewenden lassen. Wollte ich auch über den türkischen
Krieg noch etwas sagen, weil er uns so nahe gekommen war. Einige haben mir auch
meine Worte vorgeworfen, ich hätte von einem Kriege gegen die Türken abgeraten.
Nun wusste ich freilich längst, dass ich noch türkisch werden muss und es mir
nicht hilft, dass ich so deutlich darüber geschrieben habe. Dazu habe ich auch
in dem Büchlein "Die weltliche Obrigkeit" gelehrt, dass man als
gleicher gegen einen gleichen sehr wohl Krieg führen darf. Weil der Türke aber
wieder heimgezogen ist und unsere Deutschen nun nicht mehr danach fragen, ist es
jetzt noch nicht Zeit, darüber zu schreiben.
Diese
Unterrichtung, mein lieber Herr Assa, hätte ich schon lange fertig stellen
sollen. So lange hat es sich verzögert, dass wir inzwischen aus Gottes Gnaden
Gevatter geworden sind. Bitte, wollt mir diese Verzögerung zugute halten. Ich
weiß selbst nicht, wie es sich hat so lange hinziehen können, hoffe aber, es
möchte keine unfruchtbare Verzögerung gewesen sein und die Sache desto besser
gefördert haben. Damit Gott befohlen.