Vermahnung zum Gebet wider den Türken

1541

Luther hat sich mehrfach zur Türkengefahr und zur Frage geäußert, ob Christen Erlaubnis haben oder gar verpflichtet seien, gegen die Türken zu beten und mit Waffengewalt zu streiten, so in den Schriften von 1529, als die Truppen Suleimans II. vor Wien lagen: Vom Kriege wider die Türken, und: Heerpredigt wider den Türken. Schon früher wurde gegen Luther eingewandt, er fasse die Türkenherrschaft als göttliche Fügung auf und lehne den militärischen Widerstand und damit den Schutz des Reiches und der christlichen Kultur ab. Seit 1539 verdichtete sich die Türkengefahr erneut. 1540 erbat Kurfürst Johann Friedrich von Luther eine Äußerung. Dieser weist jeden Gedanken an einen Kreuzzug ab. Die Türkengefahr ist eine Fügung Gottes. Aber die Türken sind wie der Papst auch eine ins Antichristliche weisende Gefahr. So stellt sich für Luther die Frage, was eigentlich verteidigt werden soll. Die Zustände im Papsttum und im Reich beurteilt er weithin negativ. Auch die Motive der Macht oder der bloßen Aufrechterhaltung des Bestehenden genügen nicht. Zum rechten Abwehrkrieg gehört die Buße der Christen sowie ihr gutes Gewissen, im Dienste Christi zu streiten, und zwar als Christen, nicht allein als Glieder von Staat und Kultur. So gesehen ist der Türkenkrieg eine Form christlichen Martyriums und eine Veranlassung zu umfassender Neubesinnung auf die Wahrheit des göttlichen Wortes. Daher hat nach Luther der Christ das Recht, ja die Pflicht, auf das Gebot der Obrigkeit hin für den Bestand der Christenheit mit Waffen zu streiten und so die geschichtlichen Bedingungen für die Existenz des christlichen Glaubens zu bewahren. So gestaltet Luther das Gebet wider den Türken zu einem Bußruf an die Christenheit Deutschlands. - WA 51; 5 85-625. Manfred Jacobs

 

Man spricht: Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen. Wir Deutschen haben nun viele Jahre das liebe Wort Gottes gehört, durch das uns Gott, der Vater aller Barmherzigkeit, erleuchtet und von den greulichen Greueln der päpstlichen Finsternis und Abgötterei in sein heiliges Licht und Reich gerufen hat.

Aber wie dankbar und ehrlich wir das angenommen und gehalten haben, ist schrecklich genug noch heutigen Tages zu sehen. Denn als ob die früheren Sünden noch zu wenig wären, wo wir Gott mit Messen, Fegefeuer, Heiligendienst und anderen eigenen Werken und eigener Gerechtigkeit mehr aufs höchste (wenn auch unwissend) erzürnt und alle Winkel mit solchen großen Abgöttereien erfüllt und gemeint haben, Gott darin ganz besonders zu dienen, so fahren wir darüber fort und verfolgen das liebe Wort, das uns zur Buße von solchen Greueln fortruft, und verteidigen wissentlich und mutwillig solche Abgötterei mit Feuer, Wasser, Strick, Schwert, Fluchen und Lästern, so dass es kein Wunder wäre, wenn Gott nicht allein Türken, sondern eitel Teufel über Deutschland kommen ließe oder sich längst hätte ergießen lassen.
Denn wie kann er es auf die Dauer dulden? Er muss ja die Wahrheit und Gerechtigkeit letztlich handhaben und schützen, das Böse und die bösen, giftigen Lästerer und Tyrannen strafen. Sonst würde er um seine Gottheit kommen und zum Schluss von niemandem mehr für einen Gott gehalten werden, wenn jedermann fortdauernd tun könnte, was ihn gelüstet, und Gott in seinem Wort und Gebot so sicher und schändlich verachten dürfte, als wäre Gott ein Narr oder ein Göckelmännlein [Hampelmann], dem es kein Ernst mit seinem Drohen oder Gebieten wäre. Darum muss er es so machen, dass man begreifen muss, es sei Ernst und nicht Scherz.
Darüber hinaus erfüllen wir auf unserer Seite, die das Evangelium angenommen haben und sich des Wortes rühmen, auch den Spruch Römer 2, 24: »Gottes Name wird durch euch unter den Heiden gelästert.«
Denn ganz wenige ausgenommen, die es mit Ernst meinen und dankbar annehmen, ist der andere Haufen so undankbar, so mutwillig, so frech, und sie leben nicht anders, als hätte Gott sein Wort uns darum gegeben und uns vom Papsttum samt seinem teuflischen Gefängnis erlöst, damit wir frei tun und lassen könnten, was uns gelüstet, und damit so sein Wort nicht zu seinen Ehren und zu unserer Seligkeit, sondern zu unserem Mutwillen dienen müsste. Dabei hat es doch seines lieben Sohnes Jesu Christi, unseres Herrn und Heilands, Blut und Tod gekostet, damit uns solches so reichlich gepredigt werde.
Denn - damit ich von vom anfange - was für verzweifelte, böse Sekten und Ketzerei haben sich hervorgetan, wie Müntzer, Zwinglianer, Wiedertäufer und viele mehr, alle unter dem Namen und Schein des Evangeliums, die, als sie, durch das Evangelium von des Papstes Bann und Tyrannei befreit, sicher geworden waren, zu lehren und zu tun, was sie gelüstet, die aber zu der Zeit, als der Papst Gott und Herr war, nicht hätten zischen dürfen.
Danach ist der große Gott Mammon oder Geiz gekommen. Wie hat der nicht allein Bauern und Bürger, sondern recht gröblich Adel, Grafen, Fürsten und Herren besessen, so dass man so etwas kaum in allen Historien lesen kann. Der Adel will alles haben, was Bauer und Bürger hat. Ja, sie wollen Fürsten sein. Der Bauer steigert neben dem Adel die Preise für Korn, Gerste und alles, und sie machen mutwillige Teuerung, obgleich Gott doch genug hat wachsen lassen. Der Bürger berechnet in seinem Handwerk auch, was und wie er will.
So weiß man von vornherein, was für Mutwille das Gesinde, die Knechte und Mägde in den Häusern üben, was für ein Stehlen, Untreue und allerlei Bosheit sie treiben, so dass alle Hausväter über das Gesinde klagen und schreien.
So ist auch des Stehlens kein Maß, ein Nachbar dem anderen. Desgleichen die Arbeiter oder Werkleute, wie sind sie doch Herren! Nehmen an Geld genug, arbeiten, was und wie und wann sie wollen, und wenn sie es verderben und zunichte machen, darf niemand ein Wort gegen sie reden.
Und dass ich die Juristen auch nicht vergesse. Es ist mit dem Recht dahin gekommen, dass niemand sich gern ins Rechtsverfahren begibt, auch wenn er noch so helle, gute Sache hat wie die Sonne am hellen Mittag klar ist.
Ich will nicht heucheln, sondern die Wahrheit sagen. Das kaiserliche Kammergericht - sieh, was für eine Teufelshure da regiert, wo es doch als ein göttliches Kleinod in deutschen Landen, ein einziger Trost sein sollte allen denen, die Unrecht leiden. Aber sieh, wie sie denen zu Goslar, Minden und anderen mitspielen [die evangelischen Städte Minden und Goslar waren wegen Reichsfriedensbruch 1538 bzw. 1540 in die Acht getan worden] und dem verzweifelten Buben Heinz Mordbrenner [Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel] beistehen in allen bösen Stücken, obwohl sie doch nicht Richter sind, es auch nicht verstehen können, dazu Partei sind in Sachen, die das Evangelium oder die Kirche betreffen.
So ist Deutschland reif und voll von allerlei Sünden gegen Gott, will sich dazu verteidigen und trotzt mit Gott, so dass ich leider allzu sehr ein wahrhaftiger Prophet gewesen bin, weil ich oft gesagt habe, dass entweder der Türke oder wir selbst untereinander uns strafen müssten. Ich habe den Wucher vergessen. Ah, wie sicher lebt und wütet der, als wäre er selber Gott und Herr in allen Landen; niemand darf ihm wehren. Und als ich gegen ihn schrieb, lachten über mich die heiligen Wucherer und sprachen: Der Luther weiß nicht, was Wucher ist. Er mag seinen Matthäus und Psalter lesen. Nun wohlan, wenn ich denn ein Prediger Christi bin und mein Wort Gottes Wort ist, woran ich keinen Zweifel habe, so soll dich, verfluchter Wucher, entweder der Türke oder sonst ein anderer Zorn Gottes lehren, dass der Luther wohl verstanden und gewusst hat, was Wucher ist; das gilt einen guten Gulden.
Doch wären diese greulichen Stücke noch eine Weile zu ertragen. Aber es ist so weit gekommen, dass es nicht weiter kommen kann: dass nun etliche Junker, Städte, ja selbst kleine Dreckstädtlein, Dörfer sogar anfangen und wollen ihren Pfarrherren und Predigern verwehren, dass sie auf der Kanzel die Sünde und Laster strafen, oder wollen sie verjagen und aushungern. Dazu, wer ihnen etwas nehmen kann, der ist heilig; klagen die Pfarrherrn es den Amtleuten, so müssen sie geizig heißen, die niemand sättigen könne. Ei, sprechen sie, vorzeiten hatte ein Pfarrherr 30 Gulden und war wohl zufrieden; jetzt wollen sie 90 und 100 haben. Aber dass sie, die Amtleute, geizig, diebisch, räuberisch und den Herren untreu sind, das ist die christliche Heiligkeit. Desgleichen bedenkt niemand, dass, wer zuvor mit 30 Gulden ausgekommen ist, der kann jetzt kaum mit hundert Gulden auskommen. Warum? Früher galt ein Scheffel Korn zwei, drei Groschen, eine Mandel [15 Stück] Eier drei Pfennige, und so fort in allen Stücken. Jetzt muss das Korn 9, 10, 11, 12 Groschen, eine Mandel Eier 18 Pfennige gelten. Danach sprechen sie: Die Pfaffen seien geizig, wenn sie doch selbst den Markt gesteigert und dem armen Mann 60 Gulden abgegeizt haben. Er muss geizig heißen, wenn er 90 Gulden hat, wovon sie ihm 60 abgeizen. O Recht, Recht, dass du Geizwanst nicht geizig heißt, sondern dass der geizig heißen muss, der von deinem Geiz geschunden wird. So, so, so muss man den Türken schlagen, dass Gott, zuvor auf alle Weise erzürnt, uns kein Glück geben kann um solches unerhörten Mutwillens und solcher Bosheit willen.
Was bedeutet schon ein Pfaffe? Ist schon gut! Dagegen Türke ist Türke, Teufel ist Teufel, dessen kannst du sicher sein. Werden die Pfaffen, das heißt: Gottes Diener und Prediger, nicht sein, so wirst du nicht mehr Herr, Bauer noch Bürger sein; und wirst du das Buch und die Lehre nicht achten noch ehren (denn sie sind ja Gottes Diener, und wer sie verachtet, der verachtet Gott, der sie gesandt hat), so wird dein Schwert und Schild weniger als Papier und Feder sein; dessen wirst du und sollst du wohl inne werden.
Ich bin ja wahrlich ein zuverlässiger Prophet, so dass ich mir selber darum gram bin und wohl gern wollte, dass es erlogen wäre (wie Micha auch wünscht [7, 1]). Ich habe oft gegen den Geiz und mutwillige Teuerung gepredigt und gesagt: Sammelt, sammelt, sammelt, liebe Bauern, Bürger, Adel. Sammelt getrost und gebt es dann teuer genug; Bruder Veit [Landsknecht] wird kommen und es wohl finden, was ihr gesammelt habt; ihr sollt es doch nicht behalten, was ihr so mutwillig ergeizt, das heißt: stehlt und raubt. Einem anderen sollt ihr es sammeln, der euch dafür zum Lohn ersticht oder doch zum wenigsten die Haut vollschlägt und dazu spottet. Ursache dafür ist: Ihr stehlt es den Armen und Bedürftigen, deren Geschrei in den Himmel ruft und Gott nicht ruhen lässt, bis er sie erhört und euch Geizhälse straft, wie Habakuk 2, 6 sagt: »Weh dem, der sein Gut mehrt mit fremdem Gut.«
Summa, es steht und geht fast wie vor der Sintflut, 1. Mose 6, 12: »Gott sah auf die Erde und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.« Dessen bin ich mir gewiss: Wenn sich die Welt nicht bessert, sondern so immerfort in allerlei Mutwillen zunehmen sollte, so muss es den letzten Bruch brechen, und ich habe auch bei solchem Treiben keinen anderen Trost noch Hoffnung, als dass der Jüngste Tag vor der Tür sei; denn es überschlägt sich allzu sehr, dass Gott es nicht länger wird dulden können.
Hier sprichst du: Was sollen wir denn tun? Sollen wir verzweifeln, Hände und Füße gehen lassen und dem Türken alles einräumen ohne allen Widerstand und Gegenwehr? Nein, beileibe, ich habe keinen Befehl, dazu zu raten, besonders nicht, dass man verzagen oder verzweifeln soll; denn ebenso wie Gott den frechen Frevel und Mutwillen, von dem ich droben gesagt habe, nicht dulden kann, so will er auch nicht, dass man verzagen oder verzweifeln soll. Die Mittelstraße will er, und weder zur rechten noch zur linken Seite abgewichen haben, wie der Psalter spricht: »Gott hat Wohlgefallen an denen, die sich vor ihm fürchten und auf seine Güte vertrauen.« (Psalm 147, 11) Dagegen ist er ohne allen Zweifel zornig und hat Missfallen an denen, die ihn und sein Wort verachten oder nicht fürchten, und an denen, die nicht vertrauen, sondern zweifeln und verzagen.
Darum ist wohl noch Rat da, wer nur hören und ihn raten lassen wollte, nämlich dass man (wie jetzt gesagt) anfinge, Gott zu fürchten und auf seine Güte zu trauen. Wenn das geschähe, so wissen wir sehr wohl, dass weder Türke noch Teufel uns etwas anhaben könnten; denn wenn Gott mit uns wäre, wer wollte wider uns sein (Römer 8,31)? Wer will und kann aber die Leute zu solcher Furcht Gottes bringen? Die heiligen Propheten haben es noch nie oder nur bei wenigen vermocht im Volk Israel, bis der König von Babel kam, der sie lehrte, indem er keinen Stein auf dem anderen ließ, alles erwürgte oder wegführte und das Land verwüstete; da lernten sie Gott fürchten und anrufen. So muss man die Narren mit Kolben lausen [jeden nach seiner Art behandeln; auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil], wie Jesaja spricht: »Die Anfechtung lehrt aufs Wort merken.« Jesaja 28, 19)
So ist der Türke auch unser Schulmeister und muss uns stäupen und lehren, Gott zu fürchten und zu beten, sonst verfaulen wir ganz in Sünden und in aller Sicherheit, wie bisher geschehen.
Wollen wir uns nun helfen und raten lassen, so lasst uns Buße tun und die bösen Stücke, die droben aufgezählt sind, bessern. Fürsten und Herrn sollen Recht im Lande schaffen, dem Wucher steuern, dem Geiz des Adels, der Bürger, der Bauern wehren, vor allen Dingen Gottes Wort ehren, Schulen, Kirchen und ihre Diener versorgen, schützen und fördern. Desgleichen sollen auch Adel, Bürger und Bauern hierin gehorsam sein, für Zucht und Ehrbarkeit in den Städten und auf dem Lande sorgen, Handwerkern, Arbeitern, Gesinde nicht gestatten, solchen großen Mutwillen zu treiben, sondern frisch strafen. Summa, man hat den Katechismus deutsch, klar, hell genug; man weiß wohl (gottlob), was jeder Stand und jede Person tun und lassen soll, was wir vorher leider nicht gewusst und gern getan hätten. Dann wird Gott unser Gebet erhören und uns gewiss helfen, wie uns alle Propheten und die ganze Schrift verheißen.
Werden wir aber das nicht tun und wollen wir uns nicht raten lassen, so ist uns auch nicht zu helfen, und es wird vergeblich sein, dass wir viel schreien, der Türke sei ein grausamer Tyrann; denn es hilft nichts, dass ein böses Kind über die scharfe Rute schreit. Denn wenn es fromm wäre, dann wäre die Rute nicht scharf, ja, sie wäre überhaupt keine Rute. Das passt nicht (das ist zu kurz): böse sein und ungestäupt sein wollen. Es muss bei des eines mit dem anderen da sein oder bei des zugleich aufhören.
Das sollt ihr Pfarrer dem Volk mit Fleiß predigen, ob Gott vielleicht Gnade geben wollte, dass sie hören und ihn raten lassen wollten, wie Gott zu Jeremia sagt (Jeremia 26, 3), und ob sie dem Exempel der Niniviten folgen wollten, denen ihr Türke damals viel näher war, als uns unser Türke ist; denn sie hatten nur vierzig Tage bis zu ihrem Verderben (Jona 3, 4) und blieben doch durch ihre Buße bestehen. Weil sie sich raten ließen, wurde ihnen geholfen.
Wie aber, wenn die Leute verstockt sind und das Böse sich so tief eingefressen hätte, dass keine Buße mehr zu erhoffen ist, wie Hesekiel von seinem ehernen Topf sagt, der so ganz rostfräßig geworden war, dass er nicht zu scheuem noch zu reinigen war, sondern aufs neue zerschmolzen und gegossen werden musste durch den König zu Babel (Hesekiel 24, 3-14)? Was können wir anderen Unschuldigen hierzu? Verlass dich drauf, hier wird es heißen: sofern es Gott so haben will. Ein Nachbar ist dem anderen einen Brandschaden schuldig [man muss mit dem Nächsten zusammenstehen im Sinne einer Leidens- und Haftungsgemeinschaft]. So müssen wir (wie Hesekiel und Daniel taten) mit unserem Volk - Königen, Herren und Kirchen, Priestern, Propheten - allesamt als ein Haufen herhalten. Wie wollten wir wohl tun, wenn wir zu Jerusalem gewesen wären und mit den lieben Heiligen, Propheten, König und Königin (wie viele Heilige, fromme Leute zu der Zeit getan haben) nach Babel unter den großen Tyrannen aus unserem Vaterlande hätten ziehen müssen? Wir würden Gott deswegen nicht verlieren noch deswegen zum Teufel fahren; denn auch Daniel und seine Gesellen haben Gott reichlicher zu Babel gefunden, als sie ihn zu Jerusalem gefunden hatten. Denn Gott ist allenthalben allmächtig, und es gilt, wie St. Petrus sagt Apostelgeschichte 10, 35: »Wer Gott fürchtet, er sei, wo er wolle, in allen Landen, so gefällt er Gott wohl.« Sonst müssten die Christen alle verdammt sein, die jetzt unter dem Türken leben und sterben. Nun aber sind die am Jüngsten Tag seine Richter, die jetzt seine Fußschemel sein müssen. Weil wir aber nicht wissen, ob Gott das von uns haben will (denn wir haben keinen Jeremia oder Hesekiel, die uns von Gottes wegen aufs neue gebieten oder befehlen, dem Türken zu weichen, wie die Juden dem König zu Babel aus Gottes Befehl weichen mussten) , so gebührt einem jeden von uns, seinem alten bisherigen Beruf nach, sich zu wehren und zu tun, was er kann, bis auf den letzten Atem. Denn wir können nicht mit gutem Gewissen aus unserem Beruf treten, so lange nicht, bis wir mit Gewalt daraus gedrungen oder von Gott aufs Neue durch Propheten oder Wunderzeichen zurückberufen werden.
Darum teilen wir diese Sache in zwei Teile. Die blutigen, lästerlichen Papisten vermahnen wir, dass sie aufhören, Gott zu lästern und sich anders vorbereiten auf Gottes Zorn; die undankbaren, mutwilligen Leute vermahnen wir, dass sie sich bessern, Gottes Wort ehren und Gott anrufen. Will aber dieser erste Teil nicht Fortschritte machen, sondern uns mit sich in die Züchtigung ziehen, so lasst uns doch, nämlich als der andere Teil, der kleine Haufen, darum noch nicht an Gott verzagen. Und obwohl es schwer ist, dass wir deren Sünde auf uns laden und Gott bitten müssen, dass er sie uns nicht entgelten lassen wolle (denn sie sind unter uns und wir unter sie gemengt, und so müssen sie entweder von unserm Gebet Nutzen haben oder wir ihre Sünde entgelten), so bleiben wir doch nichtsdestoweniger schuldig, Gott zu ehren und zu glauben, der uns befiehlt, unseres Berufes zu warten und das Unsrige dazuzutun, und er befiehlt auch und lehrt zu beten, wenn er spricht Matthäus 7, 7: »Bittet, so werdet ihr empfangen, sucht, so werdet ihr finden, klopft an, so wird euch aufgetan.« Und Johannes 14, 14: »Wahrlich, wahrlich sage ich euch, was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun«, und Psalm 50, 15: »Rufe mich an in der Not, so will ich dir helfen, so sollst du mir danken und mich preisen.«
Es ist wohl wahr, dass wir nicht Josua sind, der die Sonne am Himmel durch sein Gebet stillstehen hieß, auch nicht Mose, der durch sein herzliches Gebet das Rote Meer zertrennte. Auch nicht Elia, der durch sein Gebet Feuer aus dem Himmel herab streute. Wir sind aber gleichwohl ebendenselben Leuten zugehörig, denen Gott sein Wort befohlen hat, und er lässt uns durch seinen Geist predigen. Ja, wir sind ebensowohl solche Leute wie Mose, Josua, Elia und alle anderen Heiligen; denn wir haben des selben Gottes Wort und Geist, den sie gehabt haben, und wir sind des selben Gottes Prediger, Diener und Amtleute, dessen sie es gewesen sind. Obwohl sie herrlicher waren als wir, haben sie doch keinen höheren, besseren Gott gehabt als wir, auch nicht besseres Fleisch und Blut gehabt als wir; denn sie sind Menschen gewesen wie wir und eben des Gottes Kreatur, dessen wir auch sind. Ich rede jetzt von uns armen Sündern, die dennoch Christus lieb haben und sein Reich suchen, nicht von den Papisten und falschen Christen.
Und Gott muss (dass ich einmal so rede) ebensowohl unser Gebet erhören wie jener Gebet; denn wir sind Glied seiner Kirche, das ist seines lieben Sohnes Braut, die er nicht verachten kann, wenn sie ernstlich schreit. Darum ist es für Gott kein großes Ding, ebenso große oder größere Werke durch uns zu tun, als er durch sie getan hat; wie wir es ja bisher schon gesehen und erfahren haben, dass er uns gegen den Teufel des Papstes, der etwas größer ist als des Türken Teufel, gewaltig und wunderbar geholfen hat. Wenn wir es bedenken oder glauben könnten! Denn so spricht er Johannes 14, 12: »Wahrlich, wahrlich sage ich euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue, und wird noch größere tun, denn ich gehe zum Vater.«.
Demnach lasst uns Prediger, wie wir zu tun schuldig sind, erstens das Volk mit Fleiß zur Buße vermahnen als die (wenn der Türke fortfahren sollte), die gewiss des Todes sind und alles jämmerlich verlieren müssen, Leib, Gut, Ehre, Weib, Kind und (was wohl ärger ist) die Seele dazu. Denn es ist schrecklich, in unbußfertigem Leben zu sterben, das heißt: ewig verdammt zu sein. Deshalb sollen wir von der Kanzel herab getrost die Laster und Sünde schelten und strafen, wie Jesaja 58, 1 sagt: »Predige getrost, schone nicht, erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Bosheit und dem Haus Jakob seine Sünde.« Und St. Paulus 2. Timotheus 4, 2 f.: »Predige das Wort, halte an, es sei zur Unzeit oder zur rechten Zeit, strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre; denn es wird eine Zeit sein, wo sie die heilsame Lehre nicht dulden werden.«
Wenn nun etliche sind, die solche Strafe nicht ertragen wollen in Gottes Namen, die mögen aus der Kirche bleiben oder herausgehen in Teufels Namen. Wer hält hier den anderen? Sie, die Gottes Wort nicht hören wollen, werden uns doch keinen Nutzen oder Hilfe, sondern vielmehr Schaden tun in solchen Nöten. Wir aber können nicht von Gottes Wort still schweigen um ihretwillen. Lass sie zum Teufel fahren und sterben wie die Säue und Hunde, ohne Sakrament und Gnade, immer hin auf den Schindanger begraben. Denn wenn wir einen gnädigen Gott haben wollen, müssen wir wahrlich von ihm ertragen, dass er uns als Sünder und böse Buben straft und schilt, dazu auch bekennen, dass er recht tut, wenn er uns Sünder und böse Buben schilt, wie David sagt: »Dir habe ich gesündigt, auf dass du gerecht bist in deinen Worten.« (Psalm 51 ,6). Rechte Christen zwar hören es gern, dass man sie schilt und straft mit Gottes Wort. Aber diese, die ungestraft sein wollen, bekennen damit frei, dass sie die rechten, heillosen Buben sind, die hiermit auch gegen den heiligen Geist sündigen als die, die nicht ertragen wollen, dass er sie durch sein Predigtamt strafe. Oder sie sind soweit gefallen, dass sie unsere Predigt und unser Wort für unser, das heißt: für Menschenwort halten und deswegen nicht leiden wollen. So sind sie längst vom christlichen Glauben abgefallen, wohl wert und verdient, dass sie Mohammed, den Türken, den Papst, den Teufel und seine Mutter an Gottes Statt hören. Amen, Amen, wenn sie es ja so haben wollen! Aber lasse sie ja nicht in unserem Heer sein oder, wenn sie schon drin sein müssen, dass man sich in nichts auf ihre Hilfe verlasse, sondern dafür sorge und bitte, dass uns Gott nicht ihre Bosheit entgelten lassen wolle, weil wir es nicht gern haben, dass sie als Gottes Feinde sein Wort verachten, von dem wir doch Hilfe begehren.
Und besonders sollen die Heerprediger das Kriegsvolk, auch den wilden, wüsten, rohen Bruder Veit, der viel vom Fluchen bei den Martern, Wunden, Franzosen, Pestilenzen, St. Velten, St. Antonius, St. Quirinus versteht, hart vermahnen, bitten, anflehen, bedrohen, verheißen, dass sie von solchem Lästern ablassen und dafür das Vaterunser und den Glauben beten. Denn sie sollen wissen, dass wir nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Teufel in der Hölle streiten, und der Türke bleibt im Fluchen und Lästern wohl ungeschlagen. Wie jener Hauptmann zu einem Krieger sagt, der dem Feind sehr fluchen konnte: Hörst du, ich habe dich nicht im Heer, damit du dem Alexander fluchen, sondern damit du gegen Alexander streiten sollst. Vielleicht werden sich etliche vermahnen lassen und folgen, vor allem die, die dennoch auch gedenken, selig zu werden. An den anderen ist nichts gelegen, sie werden besser oder ärger. Denn um ihretwillen ist und wird nichts angefangen in solchen Nöten und großen Sachen, und Gott wird auch nicht auf sie, sondern auf die anderen sehen, wie Psalm.33, 18 sagt: »Die Augen des Herrn sehen auf die, die ihn fürchten und die auf seine Güte warten.«
So liest man in der Römer Geschichte, dass ein Kaiser unter anderen Heiden einen christlichen Haufen hatte; die knieten im Feld nieder und beteten (wie den Christen gebührt) vor der Schlacht. Da kommt ein Wetter und schlägt die Feinde vom Himmel herab. Das war dem Kaiser (wiewohl selbst Heide) ein liebes Kriegsvolk, und er nannte sie Keraunobulos, das heißt: Donnerschläger, weil sie mit Donnerschlägen kriegen konnten. Ebenso könnten wir wohl auch noch tun, wenn wir uns mit Ernst bessern und herzlich beten wollten. Denn das, was Gott tut und gibt der ganzen Welt, Heiden und Türken, Bösen und Guten, das tut er doch alles durch seine lieben Kinder und um ihretwillen, das ist um der Christen willen, die ihn fürchten, sich für Sünder erkennen, gerne strafen lassen und doch herzlich ihm vertrauen, zu ihm beten und ihn anrufen in allen Nöten, das ist ja gewiss wahr.
Das sei von dem ersten Werk unseres Predigtamtes gesagt. »Wer Ohren hat zu hören, der höre.« (Matthäus 11, 15) Wer nicht, der bleibe dahinten ohne Ohr, ohrlos, hörlos und taub, so lange er will oder kann; wir müssen weiter. Das zweite Werk ist, dass wir uns danach zu Gott kehren mit rechtem Gebet. Denn das sind die zwei priesterlichen Ämter, zum Volk sich kehren und sie lehren, was recht und gut ist, und danach sich zu Gott kehren und bitten, dass wir dieses tun und auch Glück und Sieg erlangen mögen, wie Samuel 1. Samuel 12, 23f. spricht: »Das sei ferne von mir, mich so am Herrn zu versündigen, dass ich ablassen sollte, für euch zu beten und euch den guten und richtigen Weg zu lehren. Fürchtet nur den Herrn und dient ihm treulich von ganzem Herzen.« Hier hören wir, dass es Sünde gegen Gott ist, wenn wir Prediger das Volk nicht recht lehren und für sie beten, dass es auch Sünde ist, wenn das Volk nicht gehorcht, auch nicht Gott fürchtet, der sie durch unser Predigtamt lehrt.
Darüber hinaus soll das Volk vermahnt werden, dass sie auch beten. Denn das Vaterunser und alle Gebete sind allen Christen gemeinsam, ob sie Prediger oder Hörer sind, vornehmlich aber den Predigern als denen, die das Wort führen und an der Spitze stehen und gehen sollen. Wie man aber beten soll, ist durch viele Bücher nun reichlich gelehrt, nämlich, dass man nicht im Gebet zweifle. Denn wer zweifeln will, ob er von Gott erhört wird, der lasse es anstehen und sei mit Gott und Gebet unbehelligt. Denn Gott kann und will es nicht dulden, dass man zweifle, das heißt, er kann und will es nicht haben, dass er von uns für einen Lügner und Untreuen gehalten und gescholten wird. Wer aber zweifelt, der tut ebenso viel, als wenn er spräche: Herr Gott, ich glaube es nicht, weiß auch nicht, ob es wahr ist, wo du in der Schrift sagst: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch, was ihr bitten werdet, das will ich tun« Johannes 14, 14), und dergleichen viel mehr Sprüche.
Darum denke so, dass, wenn du beten willst, du kühn und ohne Scheu daher kniest oder trittst (sofern du dich als einen Sünder erkannt hast und dich bessern willst, wie droben gesagt) und mit Gott so redest: Herr Gott, himmlischer Vater, ich bitte und will es nicht abgeschlagen haben, dass es soll und muss Ja und Amen sein, das und kein anderes; sonst will ich nicht beten oder gebeten haben. Nicht, dass ich darin recht habe oder würdig bin; ich weiß wohl und bekenne, dass ich es nicht verdient, ja das höllische Feuer und deinen ewigen Zorn mit vielen großen Sünden verdient habe, aber dass ich doch hierin ein wenig gehorsam bin, weil du mich heißt und zwingst, zu beten im Namen deines lieben Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi. Auf diesen Trotz und Trost deiner grundlosen Güte, nicht auf meine Gerechtigkeit knie oder trete ich vor dich und bete um N.N., usw.
Zum zweiten: Es ist auch genügend gelehrt, dass man Gott im Gebet nicht versuchen soll, das heißt: ihm nicht Zeit, Maße, Ziel, Weise oder Person aufstelle, wie, wann, wo und durch welches Mittel er uns erhören müsse, sondern dass man alles ihm demütig anheimstelle, der es alles nach seiner göttlichen, unbegreiflichen Weisheit wohl recht treffen wird; doch ja nicht indes (wenn es auch anders erscheint) zweifeln, das Gebet sei gewiss erhört, wie der Engel Gabriel Daniel 9, 23 sagt: »Da du anfingst zu beten, ging der Befehl aus«, und es wurde weit höher und mehr erhört, als Daniel gebeten hatte. Das, sage ich, ist alles früher genügend gelehrt im Katechismus und sonst in vielen Schriften. Darum soll man es hier auch in der gegenwärtigen Not gegen den Türken so halten und jedermann bei sich selbst beten.
Damit aber das Volk zur Andacht und zum Ernst gereizt wird durch öffentliches Gebet in der Kirche, ließe ich es mir gefallen, wenn es den Pfarrherren und Kirchen auch gefallt, dass man am Feiertag nach der Predigt (es sei morgens oder abends oder abwechselnd) den 79. Psalm sänge, ein Chor um den anderen, wie gewohnt. Danach trete ein Knabe mit guter Stimme vor das Pult in ihrem Chor und singe die Antiphon oder den Tractus: »Domine, non secundum« [wohl nach Psalm 103, 10: Herr, nicht nach unsern Sünden handle mit uns]. Danach singe ein anderer Knabe den anderen Tractus: »Domine, ne memineris« [nach Psalm 79, 8: Gedenke nicht unserer früheren Missetaten], und darauf der ganze Chor, knieend: »Adiuva nos, Deus« [nach Psalm 79, 9: Hilf uns, Gott, unser Helfer]. Alles so, wie man es in der Fastenzeit im Papsttum gesungen hat, denn es lautet und sieht sehr andächtig aus. Und die Worte reimen sich gut zur Sache gegen den Türken, wenn man sie mit dem Herzen dahin lenkt.
Darauf (wenn man will) kann der Laie singen: »Verleih uns Frieden« oder das deutsche Vaterunser. Den 79. Psalm könnte man abwechseln mit dem 20. Psalm, der für die Obrigkeit betet und für die, die sich im Streit abmühen. Wenn aber solcher Gesang nach der Predigt zu lang sein sollte, könnte man alles anstatt des Introitus oder auch wohl innerhalb der Kommunion singen. Das wäre zum öffentlichen Gebet (neben der Litanei) an Zeremonien auf diese Not genug. So aber jemand bei sich selbst in der Kirche oder daheim besonders beten will und weiß nicht bessere Worte oder Weise, der nehme vor sich das Vaterunser und, wenn es ihm gefällt, reize er mit diesen oder dergleichen Worten seine Andacht:
Himmlischer Vater, wir haben es ja wohl verdient, dass du uns strafst. Aber strafe du uns selbst nach deiner Gnade und nicht nach deinem Grimm. Es ist uns besser, uns in deiner Hände Züchtigung zu geben, als in der Menschen oder des Feindes Hände. Wie David auch bat: »Denn groß ist deine Barmherzigkeit, wir haben dir gesündigt und deine Gebote nicht gehalten« usw. (Psalm 51, 3.6) Aber du weißt, allmächtiger Gott Vater, dass wir gegen den Teufel, Papst, Türken nichts gesündigt haben, sie auch kein Recht noch Macht haben, uns zu strafen, sondern du kannst und magst sie gebrauchen als deine grimmige Rute gegen uns, die wir an dir gesündigt und alles Unglück verdient haben. Ja, lieber Gott, himmlischer Vater, wir haben keine Sünde gegen sie getan, weshalb sie Recht hätten, uns zu strafen; sondern viel lieber wollten sie, dass wir mit ihnen zusammen aufs greulichste gegen dich sündigen. Denn sie fragen nicht danach, o b wir dir ungehorsam wären, dich lästerten, allerlei Abgötterei trieben (wie sie es tun), mit falscher Lehre, falschem Glauben und Lügen umgingen, Ehebruch, Unzucht, Mord, Diebstahl, Räuberei, Zauberei und alles Übel gegen dich täten. Da fragten sie nicht nach.
Sondern das ist unsere Sünde gegen sie, dass wir dich, Gott Vater, den rechten, einzigen Gott, und deinen lieben Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, und den heiligen Geist, den einen ewigen Gott, predigen, glauben und bekennen. Ja, das ist die Sünde, die wir gegen sie tun. Aber wenn wir dich verleugneten, würden uns Teufel, Welt, Papst und Türke wohl zufrieden lassen, wie dein lieber Sohn spricht: »Wäret ihr nicht von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb.« (Johannes 15, 19)
Hier sieh nun drein, du barmherziger Vater über uns und ernster Richter über unsere Feinde; denn sie sind deine Feinde, mehr als unsere Feinde. Und wenn sie uns verfolgen und schlagen, so verfolgen und schlagen sie dich selber. Denn das Wort, das wir predigen, glauben und bekennen, ist deines und nicht unseres, alles deines heiligen Geistes Werk in uns. Der Teufel will das nicht leiden, sondern an deiner Statt unser Gott sein, an deines Wortes Statt Lügen in uns stiften. Der Türke will seinen Mohammed an deines lieben Sohnes Jesu Christi Statt setzen; denn er lästert ihn und spricht, er sei kein rechter Gott. Sein Mohammed sei höher und besser, als er es ist. Ist es nun Sünde, dass wir dich, den Vater, und deinen Sohn und den heiligen Geist für den rechten, einzigen Gott halten, bekennen und rühmen, so bist du selbst der Sünder, der du das in uns wirkst, gebietest und haben willst. Darum hassen, schlagen und strafen sie dich selbst, wenn sie uns um solcher Sachen willen hassen, schlagen und strafen.
Darum wache auf, lieber Herr Gott, und heilige deinen Namen, den sie schänden. Stärke dein Reich, das sie in uns zerstören, und schaffe deinen Willen, den sie in uns dämpfen wollen, und lasse dich nicht um unserer Sünde willen so mit Füßen treten von denen, die nicht unsere Sünde in uns strafen, sondern dein heiliges Wort, Namen und Werk in uns tilgen wollen, dass du kein Gott sein sollst und kein Volk haben, das dich predigt, glaubt und bekennt.
Sieh, solche Gedanken geben dir die Worte im Vaterunser, wenn du sie recht ansiehst: »Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe.« Darum sollst du auch solche Gedanken in dein Vaterunser fassen, wie wir ja sehen, dass alle Propheten beten, dass Gott ihre Sünde verschonen wolle um seines Namens willen, damit die Heiden (die des rechten Gottes Namen und nicht ihre Sünde tilgen wollen) nicht rühmen: »Wo ist ihr Gott?« (Psalm 79, 10). Die Propheten sorgen viel mehr für den Namen Gottes und dafür, dass die Feinde ja Gottes Wort nicht verheeren (was ja der höchste Zorn ist), als dafür, dass sie für ihre Sünde gestraft werden. Darum bekennen sie ihre Sünde und beten um Gnade, damit um ihretwillen nicht Gott und sein Name vertilgt werde. Sie wenden und weisen damit Gottes Zorn von sich auf die Feinde, die seinem Volk feind sind, nicht um ihrer Sünde willen, sondern um Gottes willen, der seinen Namen, sein Wort und Reich in ihnen hat.
Dieses und dieser Art Gebet ist, wie gesagt, aller Propheten Art, wie du siehst in Jesaja, Jeremia und dem Psalter, die immerdar ihre Sünde Gott bekennen, aber sich doch gegen ihre Feinde als unschuldig, ja fromm, gerecht und heilig rühmen, nicht ihrer Werke oder Sünde wegen, sondern weil sie den rechten Gott haben, anbeten, anrufen und bekennen. Das wirkt Gott in ihnen, und so muss er selbst für Teufel, Türken, Papst, Welt, Fleisch ein Sünder sein, Unrecht haben, sich verdammen, lästern und strafen lassen, was er ja um unserer Sünde willen leiden muss (oder vielmehr ungern leidet), wie St. Paulus Römer 2, 24 sagt: »Gottes Name wird gelästert euretwillen unter den Heiden.« Darum sollen wir, wenn wir Gottes Volk sein wollen, heilig und fromm sein, dass Gott nicht um unsretwillen leiden muss, oder er wird uns schrecklich strafen und uns selbst leiden lassen. Und ebenso wie wir ihn nicht für einen Gott halten wollen, dem wir gehorchen, so wird umgekehrt auch er uns nicht für sein Volk halten, das er retten und dem er helfen will.
Das sei davon gesagt, was wir, die im geistlichen Amt sind, tun sollen und können; denn obwohl es mich selbst oft anficht, dass unsere Sünde und Bosheit zu groß, der Papisten unbußfertiges Toben und auf unserer Seite die Undankbarkeit übermächtig sind, so dass ich an unserem Gebet zweifeln möchte, so bewegt mich auch das Exempel hart, da Gott dem Propheten Jeremia verbot, er solle nicht für sein Volk beten oder klagen: »Denn ich will dich nicht erhören (spricht der Herr)«, Jeremia 7, 16. Und noch einmaI Jeremia 15, 1: »Wenn schon Mose und Samuel vor mir stünden, so habe ich doch kein Herz zu diesem Volk. Treibe sie weg von mir.« Und Hesekiel 14, 14: »Wenn auch die drei Männer Noah, Daniel, Hiob unter diesem Volk wären, so würden sie nichts als ihre eigene Seele erretten.« Denn fürwahr, es ist zuviel Greuliches, was wir Deutschen noch über das frühere greuliche Leben unter den päpstlichen Abgöttereien hinaus dazugebracht haben. Nun auch noch, dass wir, wenn uns Gott gnädig mit dem Licht seiner unaussprechlichen Gnade heimsucht, dasselbe lästern und schänden, dazu allen Mutwillen üben gegen seine Diener und unseren Nächsten.
Doch weil ich den neuen Befehl nicht habe, den Jeremia hatte, dass ich nicht beten soll, weil ja auch etliche sehr fromme Herzen da sind, wenn auch wenige, aber ohne Zweifel viel mehr als ein Mose oder ein Samuel oder ein Noah, Daniel, Hiob, will es sich nicht mit gutem Gewissen tun lassen, dass wir verzagen und zu beten ablassen sollten aus eigenem Wagnis und Vornehmen, sondern wir müssen uns zum allgemeinen und alten Befehl halten: »Betet, sucht, klopft an« (Matthäus 7, 7), damit wir nicht gescholten werden, wie Gott die Propheten schilt, Hesekiel 13,4: »O Israel, deine Propheten sind wie die Füchse in der Wüste. Sie treten nicht vor die Lücken und machen sich nicht zu Hürden um das Haus Israel und stehen nicht im Streit am Tage des Herrn.« Und Hesekiel 22, 30 f.: »Ihr sucht unter ihnen, ob jemand da wäre und dem Zorn vor mir steuern wollte, damit ich das Land nicht verderbe. Aber ich fand keinen. Darum schüttete ich meinen Zorn über sie, und mit dem Feuer meines Grimms verzehrte ich sie und gab ihnen so ihren Verdienst auf ihren Kopf, spricht der Herr.« Ebenso klagt auch Jesaja 64, 7: »Niemand ruft deinen Namen an.«
Darum müssen wir beten. Es gehe und geschehe darauf, was Gott will. Werden wir es zeitlich und, was wir gern jetzt hätten, dieses Mal nicht erlangen, so ist doch gleichwohl unser Gebet gewiss erhört und angenehm (das wissen wir), und es muss etwas viel Größeres und Besseres folgen, als wir gebeten haben, wie St. Paulus sagt Epheser 3 ,20: »Der überschwänglich und übermächtig tut über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen.« Und o selig wären wir, wenn uns dies Gebet dieses Mal gegen den Türken fehlschlüge und wir doch statt dessen damit den Jüngsten Tag bald danach erworben hätten, der j a doch nicht fern sein kann. Und der Türke muss auch (wie der Papst) an seinem Ende sein, daran zweifle ich nicht.
Und hüte dich vor dem türkischen, epikureischen [hier: gottlos, weltformig] Glauben, den etliche vorschützen: Was soll ich tun? Was ist Beten nütze? Was hilft es, viel zu sorgen? Ist es vorherbestimmt, so muss es geschehen. Denn so glauben und sagen die Türken: Es kann niemand sterben, es sei denn, sein Stündlein sei gekommen. Daher sind sie so toll und frech und meinen, sie tun wohl und verfahren recht. Ja, wahr ist es, was vorbestimmt ist, das geschieht. Aber mir ist es nicht befohlen, sondern vielmehr verboten, zu wissen, was vorbestimmt ist. Weil ich es nun nicht weiß, was vorbestimmt ist, so heißt es Gott versuchen, wer auf solches sein Unwissen hineinfahrt und verdirbt. Mir ist geboten, dass ich wissen soll, was zu tun ist. Und darum ist sein Wort uns gegeben, damit wir wissen sollen, was wir tun sollen, und nicht damit wir tun, was wir nicht wissen, sondern das sollen wir Gott anheimstellen und uns an unseren Befehl, Beruf, Amt halten. Gott wird es wohl und will es allein wissen, was vorherbestimmt ist; du sollst es nicht wissen. Joab, der Feldhauptmann Davids, als er hinten und vorne Feinde hatte, sprach er nicht zu seinem Bruder Abisai: Lieber, halt, lass sehen, was vorherbestimmt ist, danach wollen wir dann tun. Sondern er sprach so: »Streite du gegen Ammon. Ich will gegen die Syrer streiten. Werden mir die Syrer zu stark sein, so komm mir zu Hilfe. Wird dir Ammon zu stark sein, will ich dir zu Hilfe kommen. Sei getrost und lass uns stark sein für unser Volk und für die Städte unseres Gottes. Der Herr aber tue, was ihm gefallt.« (2. Samuel 10, 11 f.)
So sollen wir uns auch einrichten in unseren Ämtern; nicht nach der Vorherbestimmung, von der wir kein Wort, Licht noch Kenntnis haben, sondern sie sollen wir aus den Augen, Herzen und allen Sinnen tun, im Finstern und heimlich verborgen bleiben lassen und tun, was wir wissen und uns befohlen ist durch sein Wort und sein vor Augen gestelltes Licht. Da wird sich die Vorherbestimmung von selbst und ungesucht einfinden, die sich sonst nicht finden lässt, und darüber werden Epikureer, Türken, Freche, Dumme, Narren oder verzagte und verzweifelte, elende Leute werden. Der Teufel reitet solche Leute, dass sie sich klug und weise dünken lassen sollen, und sie sehen nicht, dass es der Apfel ist, an dem Adam und Eva sich samt allen Nachkommen den ewigen Tod gefressen haben. Die wollten über das hinaus, was ihnen geboten war, auch Gottes heimlichen Rat und Vorsehung wissen, versuchten damit Gott und übertraten sein heiliges Gebot.
Nach diesem unserem, der Geistlichen, Werk denkt ihr weltlichen Stände auch an euer Werk. Lasst euch sagen und raten: Hört Gottes Wort und betet mit uns; schafft Recht im Lande, straft Wucher und andere Laster mehr. Mäßigt das hässliche, schändliche Saufen, Spielen und Verschwenden. Kehrt euch auch zum Sakrament und stellt euch nicht dagegen, wie etliche, als wäre es Gift oder als wäre es ihrem Stand eine Schande, sich darin zu demütigen. Wollen wir das Wort bekennen, so müssen wir auch wahrlich das Sakrament empfangen, das zum Bekenntnis eingesetzt ist oder (wie Christus selbst spricht) zum Gedächtnis. Sonst wird solche Verachtung, dass etliche wohl in vielen Jahren nicht dahin gehen, Gott nicht gefallen können, und es wird gewiss kein gutes Gewissen noch Ernst zu Gottes Wort da sein.
Und wenn ihr nun gegen den Türken zieht, so seid ja gewiss und zweifelt nicht daran, dass ihr nicht gegen Fleisch und Blut, das heißt: gegen Menschen, streitet. Sonst will ich euer Prophet sein, dass ein Türke viele Christen schlagen wird. Sondern seid gewiss, dass ihr gegen ein großes Heer Teufel streitet; denn des Türken Heer ist eigentlich der Teufel Heer. Darum verlasst euch nicht auf eure Spieße, Schwerter, Büchsen, Macht oder Menge; denn danach fragen die Teufel nicht, wie wir bisher an Erfahrung wohl gewitzt sind, dass der Türke eitel Sieg und Glück gegen uns gehabt hat und künftig haben wird, wenn wir als Menschen gegen Menschen kriegen werden. So ja auch der Papst und seine Teufel nicht geschlagen werden ohne Gottes Wort, so doch die Kaiser Friedriche, Heinriche usw. mächtig genug waren, sondern er trat sie alle mit Füßen unter sich; denn der Teufel war bei ihm. Wir müssen mit dem 44. Psalm singen lernen: »Ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen.« (Psalm 44, 7) Wir müssen gegen die Teufel die Engel bei uns haben. Das wird geschehen, wenn wir uns demütigen, beten und Gott in seinem Wort vertrauen.
Wenn wir also das Unsrige getan haben, mit Beten uns zu rüsten oder zu wehren, so lasst uns dann mit Joab sagen: Lass frisch hergehen. Es geschehe Gottes Wille, wie er es vorher bestimmt hat und wie es ihm gefällt, zum Leben oder Tod. Will er uns strafen und schlagen lassen, so sterben und leiden wir in unserem Beruf und nach seinem Befehl, dazu um seines Namens willen, und werden so seine Märtyrer. Wir haben überdies den Vorteil, dass wir doch am Jüngsten Tag ewig des Türken, des Papstes, der Welt und aller Teufel Richter und Herren sein werden mit Christus und allen Engeln. Und was können denn uns Christen der Türke und alle Teufel tun? Und wie böse kann er es denn machen? Er kann uns ja das Leben weder geben noch nehmen. Denn das Leben ist uns schon vorher längst genommen im Anfang der Welt, im Paradies, durch Adams Sünde; in ihr sind wir schon alle gestorben und tot, die wir von ihm geboren werden, Römer 5, 12 (der Türke ebenso wie wir). Dagegen hat es uns Christus, unser Heiland, längst wiedergebracht und durch seine Auferstehung allen gegeben, die es glauben und ihn anrufen und seiner begehren; aber nicht den Türken und Ungläubigen oder den Teufeln, denn die bleiben im Tod.
Das kann er wohl tun, dass er sterblich uns Sterblichen die Zeit verkürzen mag, dass wir desto eher begraben werden, verfaulen und zur Auferstehung bereitet werden. Mehr vermag er uns nicht zu tun, wie Christus selbst uns tröstet Matthäus 10, 28: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts mehr haben, was sie euch tun können. Sieh dir, wenn es dir gefällt, meine Annotationes [Annotationes D. M. Lutheri in aliquot capita Matthaei, die Postillenpredigten, die Luther seit 1536 hat drucken lassen; WA 38; 447-667] dazu an! Und 1. Petrus 3 , 13-15 : »Und wer ist es, der euch Schaden tun könnte, wenn ihr dem, das gut ist, nachkommt? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig, fürchtet euch vor ihrem Trotzen nicht und erschreckt nicht; heiligt aber Gott, den Herrn, in euren Herzen.« Denn wir streiten nicht darum, dass wir Land und Leute, Gut und Ehre gewinnen oder Abgötterei stiften und ausbreiten, sondern damit wir Gottes Wort und seine Kirche erhalten wollen, besonders für unsere liebe Jugend und unsere Nachkommen, und wir gedenken dem Türken zu wehren, dass er seinen Teufelsdreck und lästerlichen Mohammed nicht an unseres lieben Herrn Jesu Christi Statt setzt. Das ist ja die Grundursache und ernstliche Meinung unseres Streites um Sterben und Leben in diesem Fall, das ist gewiss wahr. Darum führen wir einen gottseligen Krieg gegen den Türken und sind heilige Christen und sterben selig.
So könnte es auch wohl an dem sein, dass der Türke, ebenso wie der Papst, in Zerfall kommen würde. Denn die zwei Reiche des Papstes und des Türken sind die letzten zwei Greuel und »Gottes Zorn« (Offenbarung 15, 1), wie sie die Apokalypse nennt, der »falsche Prophet« und »das Tier«, und sie müssen miteinander ergriffen und »in den feurigen Pfuhl geworfen werden« (Offenbarung 19, 20). Denn das ist von keinem Königreich von Anfang an je gehört worden, dass sie den Ehestand so schändlich vernichteten, wie es der Papst und der Türke tun. Der Papst hat ihn unter dem Schein der Keuschheit verboten und als unrein verdammt. Der Türke reißt Mann und Weib voneinander und gibt und verkauft die Frauen, als wären es Kühe und Kälber. Davon und von anderem mehr habe ich jenes Mal in der Heerpredigt [Eine Heerpredigt wider den Türken (1529); WA 30,3; 160-197] geschrieben. Insgesamt, da ist nichts anderes als: Haus, Stadt und Kirchenregiment zerstören, bei beiden, im Papsttum und in der Türkei.
Zuletzt: Dass man die Kinder ja den Katechismus wohl lernen lasse, dass sie, wenn sie im Streit weggeführt würden, doch etwas vom christlichen Glauben wissen. Wer weiß, was Gott durch sie wirken möchte. Joseph war auch im siebzehnten Jahr nach Ägypten verkauft; aber er hatte Gottes Wort und kannte seinen Glauben und bekehrte hernach ganz Ägypten. So taten Daniel und seine Gesellen zu Babylon auch. Desgleichen, dass die Ehefrauen, wenn sie, weggeführt, bei anderen Männern in der Türkei zu Bett und zu Tisch leben müssten, sich in Geduld fügen und es um Christi willen leiden, dennoch nicht darüber verzweifeln, als wären sie verdammt. Die Seele kann nichts dazu, was der Feind am Leib tut. Wer gefangen ist, der ist gefangen; Gottes Wort und der Glaube bleiben ungefangen, so wie Christus auch ungefangen bleibt. Solches werden die Prediger wohl weiter lehren und erklären können. Es heißt: »Wunderbar, unerforschlich sind seine Wege.« (Römer 11, 33) Und wie er zu Mose sagt: »Mein Angesicht kannst du nicht sehen, sondern mir hinterher sollst du sehen.« (2. Mose 33 ,20+23)
Ich will aber diesen Trost nicht geschrieben haben, damit sich Meinz, Heinz [Albrecht von Mainz; Heinrich von B raunschweig-Wolfenbüttel] und wer sie mehr sind, die heillosen Meuchler, Verräter, Mordbrenner und Bösewichter, damit trösten sollen. Von denen meine ich und weiß es gewiss: Ehe sie unsere Lehre, das göttliche Wort - von dem sie doch selbst wissen und erkennen und bekennen müssen, dass es nicht unser, sondern wahrhaftig Gottes Wort ist - annehmen, würden sie viel eher gegen uns selbst zu Türken oder, wenn sie könnten, wohl selbst gern zu Teufeln, geschweige denn, dass sie dem Türken gar herzlich gern gönnen, dienen, raten und helfen wollten, wie sie nur können, nach dem Spruch Virgils: Kann ich die Höchsten nicht beugen, werd' ich des Abgrunds Mächte bewegen. Will uns Gott vom Himmel nicht helfen, so helfen uns alle die Teufel in der Hölle, das sind Meinzen und Heinzen samt ihren Gedanken; das weiß ich fürwahr.
Und eben das ist mir ein nicht geringer Trost, dass Gott unsere klägliche Bitte, Rufen und Seufzen, dazu so große verräterische Bosheit und teuflische Anschläge der Heinzen und Meinzen, die wir erleiden und noch erleiden müssen, ansehen wird, und dass er uns über unser Verdienst hinaus,  a ohne auf unsere Sünde zu sehen, dennoch gegen alle beide helfen und zuletzt, wenn wir gedemütigt sind, ihnen ihren verdienten Lohn auf ihren Kopf geben wird. Denn er lässt von sich singen: »Er schafft Gerechtigkeit denen, die Unrecht leiden«, und: »Der Herr ist gerecht.« [Psalm 103 ,6; Psalm 145, 17] Und ebenso wie sie jetzt singen: »Wo ist nun euer Gott?« (Psalm 42, 4), wollen wir unsererseits einmal singen: Wo sind nun Meinz, Heinz, Georg und ihre Gesellen?
Ebenso will und kann ich auch nicht unsere Gewaltigen (1. Mose 6, 4), die Tyrannen, Wucherer und Schelme unter dem Adel getröstet haben, die sich dünken lassen, Gott habe uns das Evangelium darum gegeben und vom päpstlichen Gefängnis erlöst, dass sie geizen, schinden und allen Mutwillen treiben mögen, gegen ihre Fürsten auftreten, Land und Leute bedrücken und alles in allem etwas sein wollen, was ihnen nicht befohlen, sondern verboten ist. Die sind es, die dazu helfen, dass Gottes Zorn den Türken zum Drescher über uns, über sie selbst auch, schickt, wenn sie nicht Buße tun werden. Denn es ist unmöglich, dass Deutschland sollte bestehen bleiben, es wäre auch unerträglich und unleidlich, wenn solche Tyrannei, Wucher, Geiz, Mutwille des Adels, des Bürgers, des Bauern und aller Stände so bleiben und zunehmen sollte. Es behielte zuletzt der arme Mann keine Kruste Brot im Hause und möchte lieber oder ebenso gern unter diesen Umständen unter dem Türken sitzen als unter solchen Christen. Es ist doch gar zu weit getrieben, und es ist kein Bessern da, sie verspotten auch noch Gottes Wort und plagen seine Diener.
Vielmehr steht der Trost darauf, dass uns Gott, der Vater aller Barmherzigkeit, ein gerechter Richter, dazu ein zorniger Strafer über alle Teufel, Türken, Mohammed, Papst, Meinz, Heinz und alle Übeltäter, aus herzlichen Gnaden sein heiliges, teures Wort gegeben hat, seinen lieben Sohn zu erkennen, und dass solches Wort dennoch unter so vielen Lästerern, Verfolgern, Verächtern, heillosen Teufelskindern von vielen gutherzigen, auserwählten Menschen angenommen, geehrt und gelobt wird, so herrlich, dass darüber nicht wenige ihr Leib und Leben, Gut und Ehre gewagt haben und noch wagen. Dieser Leute Glauben und Beten werden und sollen dem Fass den Boden ausstoßen und dem Spiel ein Ende machen, wie Christus spricht Lukas 18, 7 f.: »Meint ihr, Gott werde nicht seine Auserwählten retten, die Tag und Nacht zu ihm schrien? Ich sage euch, er wird sie retten in Kürze.«
Summa: Wir Christen haben uns nichts anzumaßen wegen unserer Klugheit oder Macht (wie der Türke, Papst, Meinz und die Welt tut); umgekehrt aber auch nichts zu verzagen noch zu fürchten, wie es Judas tat und Türke, Papst, Meinz und die Welt zuletzt auch tun müssen. Unser Trost, Trotz, hoher Mut, Vermessenheit, Stolz, Pochen, Sicherheit, Sieg, Leben, Freude, Ruhm und Ehre sitzen droben zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Trotz Teufel, krümme ihm ein Haar; er heißt und bleibt Scheblimini [nach Psalm 110, 1 hebräisch: der uns zu seiner Rechten setzt.]. Dem sei es alles befohlen. Er wird es und soll es wohl machen, wie er es von Anfang bis hierher gemacht, fortan bis in Ewigkeit machen wird. Amen.