Martin
Luther
(1522)
[WA
10, 2, 275–304]
Mir
graut und ich predige nicht gern vom ehelichen Leben, deshalb, weil ich
befürchte: wo ich’s einmal recht anrühre, wird’s mir und andern viel zu
schaffen geben. Denn der Jammer ist durch das päpstliche verdammte Gesetz so
schändlich verwirrt, dazu haben sich durch das nachlässige Regiment des
geistlichen wie des weltlichen Schwerts so viel gräuliche Missbräuche und
irrige Fälle darin begeben, dass ich nicht gern drein sehe, noch gern davon höre.
Aber angesichts der Not hilft kein Scheuen, ich muss hinan, die elenden,
verwirrten Gewissen zu unterrichten und frisch dreingreifen.
Ich teile diese Predigt in drei Teile.
Aufs
erste wollen wir sehen, welche Personen miteinander die Ehe schließen können.
Und auf dass wir dazu einen passenden Eingang machen, nehmen wir uns den Spruch
1. Mose 1, 27 vor: »Gott schuf den Menschen, als Mann und Weib.« Auf Grund dieses Spruches sind wir sicher, dass Gott die
Menschen in die zwei Teile geteilt hat: dass Mann und Weib oder ein Er und Sie
sein soll. Und das hat ihm so gefallen, dass er’s selbst ein gutes
Schöpfungswerk nennt (1. Mose 1, 31). Darum wie Gott seinen Leib einem jeden
von uns geschaffen hat, so muss er ihn haben, und es steht nicht in unserer
Gewalt, dass ich mich zu einem Weibsbild oder du dich zu einem Mannsbilde machest,
sondern wie er mich und dich gemacht hat, so sind wir: ich ein Mann, du ein
Weib. Und solch gutes Schöpfungswerk will er geehrt und als sein göttlich Werk
unverachtet (gehalten) haben, dass der Mann das Weibsbild nicht verachte noch
verspotte, und umgekehrt (auch) das Weib den Mann nicht, sondern dass ein
jeglicher des andern Bild und Leib als ein göttlich gut Werk ehre, das Gott
selbst wohl gefällt.
Zum
zweiten. Da er Mann und Weib gemacht hatte, segnete er sie und sprach (1. Mose
1, 28) zu ihnen: »Seid fruchtbar und mehret euch.« Aus
dem Spruch sind wir gewiss, dass Mann und Weib zusammen sollen und müssen, dass
sie sich mehren. Und dies ist ja so ernst zu nehmen wie das erste, und noch weniger
zu verachten noch zu verlachen als das erste, sintemal
Gott hierzu seinen Segen gibt und etwas über die Schöpfung (hinaus) tut.
Deshalb: so wenig wie es in meiner Macht steht, dass ich kein Mannsbild sei,
ebenso wenig steht es auch bei mir, dass ich ohne Weib sei. Und umgekehrt: so
wenig wie es in deiner Macht steht, dass du kein Weibsbild seiest, ebenso wenig
steht es auch bei dir, dass du ohne Mann seiest.
Denn
es ist nicht ein freies Ermessen oder Ratschluss, sondern ein notwendig,
natürlich Ding, dass alles, was ein Mann ist, ein Weib haben muss, und was ein
Weib ist, muss einen Mann haben. Denn dies Wort, da Gott spricht: »Seid
fruchtbar und mehret euch«, ist nicht ein Gebot, sondern mehr als ein Gebot,
nämlich ein göttlich Werk, das zu verhindern oder zu unterlassen nicht bei uns
steht, sondern es ist ebenso notwendig, wie dass ich ein Mannsbild sei und
notwendiger als Essen und Trinken, Reinigung des Leibes, Schlafen und Wachen.
Es ist eine (dem Menschen) eingepflanzte Natur und Art ebenso wohl wie die
Gliedmaßen, die dazu gehören. Darum gleichwie Gott niemand gebietet, dass er
Mann oder Weib sei, sondern es schafft, dass sie so sein müssen, ebenso
gebietet er auch nicht, sich zu mehren, sondern schafft es, dass sie sich mehren
müssen. Und wo man dem wehren will, da ist’s dennoch
ungewehrt und geht doch durch Hurerei, Ehebruch und stumme Sünde seinen Weg,
denn es ist Natur und nicht freies Ermessen hierin.
Zum
dritten. Aus dieser Schöpfungsordnung hat er dreierlei Menschen selbst
ausgenommen: Matthäus 19, 12, da er sagt: »Etliche enthalten sich der Ehe, weil
sie von Geburt an zur Ehe unfähig sind; etliche enthalten sich, weil sie von
Menschen zur Ehe untauglich gemacht sind; und etliche enthalten sich, weil sie um
des Himmelreichs willen auf die Ehe verzichten.« Über
diese drei (Gruppen) hinaus vermesse sich kein Mensch, ohne ehelich Gemahl zu
sein. Und wer sich nicht in dieser drei (Gruppen) Zahl befindet, der denke nur
auf das eheliche Leben, denn da wird nichts anderes draus, du bleibst nicht
rechtschaffen, es ist unmöglich. Sondern das Wort Gottes, das dich geschaffen und
gesagt hat: Sei fruchtbar und mehre dich, das bleibt und regiert in dir, und du
kannst dich ihm mitnichten entziehen, oder du wirst gräuliche Sünde ohne
Aufhören tun müssen. Und darin soll dich nicht irremachen, wenn du (auch) zehn
Eide, Gelübde, Bunde und lauter Eisen oder Diamantenverpflichtungen auf dich
genommen hättest. Denn ebenso wenig, wie du geloben kannst, dass du kein Manns oder
Weibsbild sein wolltest – und wenn du es gelobest, so wäre es eine Narrheit und
gälte nichts, denn du kannst dich nicht anders machen – ebenso wenig kannst du
auch geloben, dass du dich nicht samen oder mehren wolltest, wo du dich nicht
in der drei (Gruppen) Zahl einer findest. Und wenn du es gelobtest, so wäre es
auch eine Narrheit und gälte nichts, denn Samen und dich Mehren ist Gottes
Schöpfung und nicht in deiner Macht. Daraus siehst du nun, wie weit und wie
lange alle Klostergelübde gelten: dass keines Jünglings oder Mägdleins Gelübde
vor Gott gilt, es sei denn aus der drei (angeführten Gruppen) Zahl eine, die
Gott allein und selbst ausgenommen hat. So dass Pfaffen, Mönche und Nonnen
schuldig sind, ihr Gelübde zu lassen, wo sie finden, dass Gottes Schöpfung,
sich zu samen und zu mehren in ihnen kräftig und tüchtig ist, und sie keine
Macht haben, durch irgendeine Gewalt, Gesetz, Gebot, Gelübde solche Schöpfung
Gottes an sich selbst zu hindern. Hindern sie es aber, so sei du gewiss, dass
sie nicht rein bleiben und sich mit stummen Sünden oder Hurerei besudeln
müssen. Denn sie vermögen Gottes Wort und Schöpfung an sich nicht zu wehren, es
geht, wie es Gott gemacht hat. Die ersten aber, die Christus »aus Mutter Leibe verschnitten
geboren« nennt, das sind, die von Natur untüchtig sind, sich zu samen und zu
mehren, die kalte und schwache Natur oder sonst einen Mangel am Leibe haben,
durch den sie nicht fähig sind, ehelich zu leben, wie man sowohl Manns- wie
Weibsbilder findet. Diese lasse man fahren, die hat Gott selbst ausgenommen und
so geschaffen, dass der Segen nicht über sie gekommen ist, dass sie sich mehren
könnten. Die geht das Wort nichts an: »Seid fruchtbar und mehret euch«, gleich
als wenn Gott jemand lahm oder blind schafft, die sind frei, dass sie nicht
gehen noch sehen können. Die andern, die Christus »mit Menschenhänden verschnitten«
nennt, die Eunuchen, sind ein unselig Volk, denn obwohl sie zur Ehe untüchtig
sind, so sind sie doch von böser Lust nicht frei und werden frauensüchtiger als
vorher und ganz weibisch, und es geht ihnen nach dem Sprichwort: Wer nicht
singen kann, will immer singen. So werden auch diese geplagt, dass sie desto
lieber bei Weibern sind und doch nichts vermögen. Nun, die lassen wir auch
fahren, die sind auch aus dem natürlichen Orden, zu wachsen und sich zu mehren,
herausgenommen, wenn auch mit Gewalt und der Tat nach. Die dritten sind die
hohen, reichen Geister, von Gottes Gnaden aufgezäumt, die von Natur und
Beschaffenheit des Leibes zur Ehe tüchtig sind und doch freiwillig ohne Ehe
bleiben. Diese sagen so: Ich möchte und könnte wohl ehelich werden, aber es gelüstet
mich nicht. Ich will lieber am Himmelreich, das ist am Evangelium, schaffen und
(die Zahl der) geistlichen Kinder mehren. Diese sind selten, und unter tausend
Menschen ist nicht einer, denn sie sind Gottes besonderes Wunderwerk, dessen
sich niemand unterwinden soll, Gott rufe ihn denn besonders wie Jeremia (Jeremia
1, 5; Jeremia 16, 2), oder er finde Gottes Gnade so mächtig in sich, dass jenes
Wort Gottes »Seid fruchtbar und mehret euch« keine Stätte in ihm habe. Aber
über diese drei Menschen(gruppen) hinaus hat der
Teufel Gott durch Menschen scheinbar an Klugheit übertroffen und mehr Leute
gefunden, die er aus der göttlichen und natürlichen Ordnung ausgenommen hat:
nämlich die, deren Ordnung aus Spinnweben gemacht (das ist mit Menschengeboten
und -gelübden) und (die) danach mit viel eisernen Schlössern und Gittern
verschlossen sind. Das ist die vierte Weise, der Natur zu wehren, dass sie
nicht sich same noch mehre, Gottes eingepflanztem Werk und Art entgegen, gerade
als wäre es in unserer Hand und Macht, Jungfrauschaft
zu haben wie Kleider und Schuhe. Aber wenn man mit eisernen Gittern und
Schlössern Gottes Schöpfung und Wort wehren könnte, so hoffe ich, wir wollten
auch so dicke und große eiserne Gitter davor setzen, dass aus Weibern Männer
würden oder aus Menschen Stein und Holz. Es ist der Teufel, der mit der armen
Kreatur so sein Affenspiel treibt und so seinen Zorn befriedigt.
Aufs
zweite wollen wir sehen, welche Personen man voneinander scheiden könne. Drei
Ursachen weiß ich, die Mann und Weib voneinander scheiden.
Die
erste, von der jetzt und oben geredet wird: wenn Mann oder Weib der Gliedmaßen
oder der Natur halber untüchtig zur Ehe ist (wie das sein kann, davon ist genug
geredet).
Die
zweite ist der Ehebruch. Von dieser Ursache haben die Päpste geschwiegen, darum
müssen wir Christus Matthäus 19, 3-12. hören. Als ihn die Juden fragten, ob ein
Mann sein Weib aus irgendeiner Ursache verlassen könnte, antwortete er: »Habt
ihr nicht gelesen, dass, der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie
als Mann und Weib und sprach: Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen
und an seinem Weibe hangen und werden die zwei ein Fleisch sein? Was nun Gott
zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Da sprachen sie: Warum
hat denn Mose geboten, einen Scheidebrief zu geben, wenn man sich scheidet? Er
antwortete: das hat Mose euch erlaubt um eures Herzens Härtigkeit
willen, dass ihr eure Weiber verlasset. Von Anbeginn aber ist’s nicht so
gewesen. Ich aber sage euch: wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn um
der Hurerei willen, und freit eine andere, der bricht die Ehe.«
Hier
siehst du, dass Christus um des Ehebruchs willen Mann und Weib scheidet, von
welchen der, welcher unschuldig ist, sich verändern kann. Denn damit, dass er
sagt, es sei ein Ehebruch, wer eine andere nimmt und die erste verlässt, es sei
denn um Hurerei willen, gibt er genügend (zu erkennen), dass der nicht Ehebruch
tut, der eine andere nimmt und die erste um der Hurerei willen verlässt. Aber
die Juden verließen ihre Weiber um aller möglichen Ursachen willen, wenn auch
keine Hurerei da war, (und) wann sie nur wollten. Das ist so derb, dass sie es
selbst zu viel dünkt, deshalb fragten sie ihn, ob’s auch recht wäre, und
führten ihn in Versuchung, was er zu des Mose Gesetz sagen wollte. Denn im
Gesetz des Mose gab Gott zweierlei Regimente und Gebote: Etliche geistliche,
die vor Gott Frömmigkeit lehrten, wie es Liebe und Gehorsam ist. Welche diese
Gesetze hielten, die stießen ihre Weiber nicht von sich und gebrauchten den
Scheidebrief nimmer, sondern duldeten und ertrugen ihrer Weiber Sitten. (Darüber
hinaus gab Gott) aber etliche weltliche um derer willen, die die geistlichen
Gebote nicht hielten, damit denselben doch auch ein Maß gesteckt würde, dass
sie in Schranken gehalten würden, nicht ganz nach ihrem Mutwillen zu handeln,
und nicht Ärgeres täten. Deshalb gebot er ihnen, wenn sie ja ihre Weiber nicht
leiden konnten, dass sie sie dennoch nicht töteten oder ihnen sonst zu viel
Leids täten, sondern sie mit einem (Scheide)briefe
von sich ließen. Darum gilt solch Gesetz bei den Christen nicht, welche im
geistlichen Regiment leben sollen. Wo aber etliche mit ihren Weibern
unchristlich leben, wäre es (immer) noch gut, dass man sie solch Gesetz
brauchen ließe, sofern man sie (öffentlich) für keine Christen hielte, was sie
doch in der Tat nicht sind. So haben wir nun, dass um des Ehebruchs willen eins
das andere verlassen kann, wie auch Salomo Sprüche 18, 22 sagt: »Wer eine
Ehebrecherin hält, der ist ein Narr.« Und dafür haben
wir das Beispiel des Joseph, Matthäus 1, 19, welchen der Evangelist lobt, er
sei gerecht gewesen, weil er sein Weib Maria nicht in schlechten Ruf bringen,
sondern heimlich verlassen wollte, als er sah, dass sie schwanger war. Damit
ist uns ja genügend gesagt, dass es lobenswert ist, wer eine Ehebrecherin verlässt.
Obwohl der Mann, wenn der Ehebruch verborgen ist. Macht hat, beides zu tun: das
erste, dass er sein Weib heimlich und brüderlich strafe und behalte, wenn sie
sich bessern will; das andere, dass er sie verlasse, wie Joseph tun wollte,
(umgekehrt das Weib auch ebenso). Diese zwei Strafen sind christliche Strafen
und löblich. Aber sich öffentlich scheiden, so dass sich eins wieder verheiraten
kann, das muss durch weltliche Verkündigung und Gewalt zugehen, dass der
Ehebruch vor jedermann offenbar sei oder (wo die weltliche Gewalt nichts dazu
tun will), dass man sich mit Wissen der Gemeinde voneinander scheide, so dass
nicht ein jeglicher wieder einmal sich Ursache nehme, sich zu scheiden, wie er
will.
Fragst
du dann: wo soll das andere bleiben, wenn er vielleicht auch nicht Keuschheit
halten kann?
Antwort:
Darum hat Gott im Gesetz geboten, die Ehebrecher zu steinigen, dass sie dieser
Frage nicht bedürften. So soll auch (heute) noch das
weltliche Schwert und die Obrigkeit die Ehebrecher töten. Denn wer seine Ehe
bricht, der hat sich schon selbst geschieden und ist für einen toten Menschen
zu achten. Darum kann sich das andere wieder verheiraten, gleich als wäre ihm
sein Gemahl gestorben, wo er nach dem Recht verfahren und ihm nicht Gnade
erzeigen will. Wo aber die Obrigkeit säumig und lässig ist und nicht tötet, mag
sich der Ehebrecher in ein anderes fernes Land fortmachen und daselbst freien,
wo er sich nicht enthalten kann, aber es wäre besser: Tot, tot mit ihm, um das
böse Beispiel zu meiden. Wird dies aber jemand anfechten und wird er sagen:
damit wird allen bösen Männern und Weibern Luft und Raum gegeben, voneinander
wegzulaufen und sich in fremdem Land wieder zu verheiraten.
Antwort:
was kann ich dafür? Es ist der Obrigkeit Schuld, warum tötet man die Ehebrecher
nicht? Dann brauchte ich einen solchen Rat nicht zu geben. Es ist ja unter zwei
bösen (Dingen) eins besser, nämlich dass nicht Hurerei geschehe, als einen
Ehebrecher sich in andern Ländern wieder verheiraten und meinen lassen, er sei
auch vor Gott sicher, weil ihm sein Leben gelassen wird und er sich doch nicht
enthalten kann. Laufen aber nach diesem Beispiel auch andere voneinander, so
lasse sie laufen, sie haben nicht Ursache wie dieser, denn sie werden nicht
vertrieben noch gezwungen. Gott und ihr Gewissen wird sie zu seiner Zeit
finden, wer kann aller Bosheit wehren? Doch wo die Obrigkeit nicht tötet, und ein
Gemahl das andere behalten will, soll man es nach dem Evangelium öffentlich
christlich strafen und büßen lassen, wie Matthäus 18, 15-18 alle anderen
öffentlichen Sünden zu strafen eingesetzt ist. Denn es sind nicht mehr als
diese drei Strafen auf Erden unter den Menschen: eine heimliche und
brüderliche, und die evangelische öffentliche vor der Gemeinde getan und die von
weltlicher Obrigkeit geschieht.
Die
dritte Ursache (für eine Scheidung) ist, wenn sich eins dem andern selbst
beraubt und entzieht, dass es die eheliche Pflicht nicht zahlen noch bei ihm
sein will. Wie man wohl so ein halsstarriges Weib findet, das seinen Kopf
aufsetzt, und sollte der Mann zehnmal in Unkeuschheit fallen,
so fragt sie nicht danach. Hier ist es Zeit, dass der Mann sage: Willst du
nicht, so will eine andere, will die Frau nicht, so komme die Magd. Aber doch
so, dass der Mann es ihr zuvor zwei oder dreimal sage und sie warne und es vor
andere Leute kommen lasse, dass man öffentlich ihre Halsstarrigkeit wisse und
vor der Gemeinde strafe. Will sie dann nicht, so lass sie von dir und lass dir
eine Esther geben und die Vasthi fahren, wie der
König Ahasveros tat (Esther 1, 12-22). Hier sollst du
dich auf des Paulus Wort 1. Korinther 7, 4-5 gründen: »Der Mann ist seines
Leibes nicht mächtig, sondern die Frau, und die Frau ist ihres Leibes nicht
mächtig, sondern der Mann. Entziehe sich nicht eins dem andern, es sei denn aus
beider Bewilligung« usw. Siehe, da verbietet Paulus, sich einander zu
entziehen, denn im (Ehe)verlöbnis gibt eins dem andern
seinen Leib zum ehelichen Dienst. Wo nun eins sich sperrt und nicht will, da
nimmt und raubt es seinen Leib, den es dem andern gegeben hat. Das ist dann
eigentlich gegen die Ehe, und die Ehe ist zerrissen. Darum muss hier die
weltliche Obrigkeit das Weib zwingen oder umbringen. Wo sie das nicht tut, muss
der Mann so denken: sein Weib sei ihm von Räubern genommen und umgebracht und
nach einer andern trachten. Müssen wir doch leiden, wenn jemand sein Leib
genommen wird. Warum soll man denn nicht leiden, dass ein Weib sich selbst dem Manne
raubte oder von andern geraubt würde?
Über
diese drei Ursachen ist noch eine, die Mann und Weib voneinander scheiden lässt,
aber doch so, dass beide hinfort ohne Ehe bleiben oder sich wieder versöhnen
müssen. Die ist, wenn Mann und Weib sich nicht wegen der ehelichen Pflicht,
sondern um anderer Sachen willen nicht vertragen. Davon spricht Paulus 1. Korinther
7, 10-16: »Den Ehelichen aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass die
Frau sich nicht scheide von dem Manne, hat sie sich aber geschieden, soll sie
ohne Ehe bleiben oder sich mit dem Manne versöhnen, und dass der Mann die Frau
nicht von sich schicke.« Über solche Weiber klagt auch Salomo viel Prediger 7,
27-28 und sagt, er habe ein Weib gefunden, das sei bitterer als der Tod. Ebenso
findet man (aber) auch manchen wüsten, wilden, unerträglichen Mann. Nun wenn
hier eins von christlicher Stärke wäre und trüge des andern Bosheit, das wäre
wohl ein fein seliges Kreuz und ein richtiger Weg zum Himmel. Denn ein solch Gemahl erfüllt wohl eines Teufels Amt und fegt den
Menschen rein, der es anerkennen und tragen kann. Kann er’s aber nicht, so lass
er sich lieber scheiden, ehe er denn Ärgeres tut, und
bleibe ohne Ehe sein Leben lang. Dass er aber sagen wollte, es sei nicht seine
Schuld, sondern die des andern und er wollte ein anderes eheliches Gemahl
nehmen, das gilt nicht, denn er ist schuldig, Übel zu leiden, oder sich allein
durch Gott vom Kreuz nehmen zu lassen, weil die Ehepflicht nicht versagt wird.
Es gilt hier das Sprichwort: Wer das Feuer haben will, muss den Rauch auch
leiden. Wie denn, wenn jemand ein krank Gemahl hat, das ihm zur ehelichen
Pflicht unbrauchbar geworden ist, darf der nicht ein anderes nehmen? Beileibe
nicht, sondern er diene Gott in dem Kranken und warte sein, denke, dass dir
Gott an ihm etwas in dein Haus geschickt hat, womit du den Himmel erwerben
sollst. Selig und aber selig bist du, wenn du solche Gabe und Gnade erkennst
und deinem Gemahl so um Gottes willen dienst. Sagst du aber: ja, ich kann mich nicht
enthalten? Da lügst du! Wirst du mit Ernst deinem kranken Gemahl dienen und
anerkennen, dass dir’s Gott zugesandt hat, und ihm
(dafür) danken, so lass ihn sorgen: gewiss wird er dir Gnade geben, dass du nicht
mehr tragen musst als du kannst. Er ist viel zu treu dazu, dass er dich deines
Gemahls so mit Krankheit berauben und dich nicht auch dafür aus des Fleisches Mutwillen herausnehmen sollte, sofern du
deinem Kranken treulich dienst.
Aufs
dritte, dass wir auch etwas, was zur Seelen Seligkeit nützt,
vom ehelichen Leben reden, wollen wir nun sehen, wie man den Stand christlich
und göttlich führen soll. Ich will aber davon schweigen und die eheliche
Pflicht liegen lassen, wie die zu reichen und zu verweigern sei, wie etliche Prediger
bei diesem Stück den Widerwillen dagegen aufzurühren unverschämt genug sind.
Etliche aber setzen auch eine besondere Zeit dafür fest und nehmen die heiligen
Nächte und die Schwangerschaft aus. Ich lass es bleiben, wo es Paulus 1.
Korinther 7, 9 gelassen hat, wo er sagt: »Es ist besser freien als von Begierde
verzehrt werden«, ebenso 1. Korinther 7, 2: »Ein jeglicher habe seine eigene
Frau und eine jegliche ihren eigenen Mann, um der Unkeuschheit willen.« Obwohl nun christliche Eheleute ihre Leiber nicht von der
Sucht böser Lust regieren lassen sollen, wie Paulus 1. Thessalonicher 4, 5 den
Thessalonichern schreibt, so muss sich doch ein jeglicher selbst prüfen, dass
er sich nicht in die Gefahr der Hurerei oder anderer Sünde mit seinem Enthalten
begebe, und nicht ansehen Feier- oder Werktage oder andere leibliche Ursachen. Aber
davon wollen wir am meisten reden, dass der eheliche Stand so einen
jämmerlichen Ruf bei jedermann hat. Es sind viel heidnische Bücher, die nichts als
Weiberlaster und die Unlust des ehelichen Standes beschreiben, so dass etliche
gemeint haben, wenn die Weisheit selbst ein Weib wäre, sollte man dennoch nicht
freien. Es sollte einmal ein römischer Ratsherr die jungen Gesellen dazu
anreizen, Weiber zu nehmen (denn die Stadt bedurfte vieler Menschen um des täglichen
Krieges willen), da sagte er unter anderem:
Liebe
Gesellen, wenn wir ohne Weiber leben könnten, so wären wir ja einer großen
Unlust überhoben. Aber weil sich’s ohne sie nicht leben lässt, so nehmt Weiber
usw. Solche Rede wurde von etlichen getadelt, als nicht nach der Kunst
gehalten, und dass die Gesellen mehr abgeschreckt worden seien. Aber die andern
sagten: Weil Metellus ein tapferer Mann wäre, hätte
er recht geredet, denn ein redlicher Mann soll die Wahrheit ohne Scheu und
Heuchelei sagen. So haben sie beschlossen, dass ein Weib ein nötiges Übel und
kein Haus ohne solches Übel sei. Das sind nun blinder Heiden Worte, die nicht
wissen, dass Mann und Weib Gottes Geschöpfe sind und ihm sein Werk verlästern,
gerade als kämen Mann und Weib unversehens daher. Ich meine auch, wenn die
Weiber Bücher schreiben sollten, so würden sie von den Männern auch dergleichen
schreiben. Was sie aber nicht geschrieben haben, das richten sie doch mit
Klagen und Schwätzen aus, wenn sie beieinander sind. Man findet auch noch
täglich Eltern (die ihre Krankheit vergessen und des Mehls, wie die Maus, nun
satt sind), die ihre Kinder vom ehelichen Stand zur Pfafferei
und Nonnerei anhalten und anreizen, die Mühe und
bösen Tage im ehelichen Leben vorgeben, und so ihre eigenen Kinder dem Teufel
heimbringen, wie wir täglich sehen, und ihnen gute Tage dem Leibe nach, aber
die Hölle an den Seelen verschaffen. Deshalb, weil Gott solche Lästerung seines
Werks von den Heiden leiden musste, gab er ihnen auch ihren Lohn, wovon Paulus
Römer 1, 24 schreibt, und ließ sie in Hurerei, unreinen Fluss hinfahren, bis
sie hinfort keine Weiber, sondern Knaben und unvernünftige Tiere schändeten,
umgekehrt die Weiber auch ebenso sich selbst und eine die andere. Und wie sie
Gottes Werk verlästerten, gab er sie in verkehrten Sinn, wovon auch die
heidnischen Bücher aufs allerunverschämteste voll
sind. Auf dass wir nun nicht so blind einherfahren, sondern christlich wandeln,
so halte aufs erste fest, dass Mann und Frau Gottes Werk sind und halte Dein Herz
und Mund zu und schilt ihm sein Werk nicht und nenne das nicht böse, was er
selbst gut nennt. Er weiß besser, was gut und Dir nützlich ist, als Du selbst,
wie er 1. Mose 2, 18 sagt: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, ich
will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.« Da
siehst Du, dass er das Weib gut und eine Gehilfin nennt. Stellst Du es aber anders
fest, so ist es bestimmt Deine Schuld, dass Du Gottes Wort und Werk nicht
verstehst noch glaubst. Siehe, mit diesem Spruch Gottes stopft man allen das Maul,
die über die Ehe klagen und schelten. Darum mögen die jungen Gesellen sich
vorsehen, wenn sie die heidnischen Bücher lesen und die allgemeine Klage hören,
dass sie nicht Gift schöpfen. Denn dem Teufel ist bei dem ehelichen Leben nicht
wohl. Das macht, dass es Gottes Werk und guter Wille ist. Darum hat er in der
Welt so viel dagegen schreien und schreiben lassen, dass er die Menschen von
dem göttlichen Leben abschreckte und in den Stricken der Hurerei und stummen
Sünde behielte. Dass mich dünkt, auch Salomo, obwohl er böse Weiber sehr schilt,
habe doch gegen solche Gotteslästerer Sprüche 18, 22 gesagt: »Wer eine Ehefrau
gefunden hat, der hat etwas Gutes gefunden und Wohlgefallen erlangt vom Herrn.« Was ist das Gute und das Wohlgefallen? Das wollen wir
sehen. Die Welt sagt von der Ehe: Eine kurze Freude und eine lange Unlust. Aber
lass sie sagen, was sie will: was Gott schafft und haben will, das muss ihr ein
Spott sein. Was sie auch für Lust und Freud außerhalb der Ehe hat, meine ich,
werde sie am besten im Gewissen gewahr. Es ist ein völlig anderes Ding: ehelich
sein und (das Wesen des) ehelichen Lebens erkennen. Wer ehelich ist und (das
Wesen des) ehelichen Lebens nicht erkennt, der kann nimmermehr ohne Unlust,
Mühe und Jammer darinnen leben. Er muss klagen und lästern wie die Heiden und
unvernünftigen, blinden Menschen. Wer es aber erkennt, der hat ohne Unterlass
Lust, Liebe und Freude drinnen, wie Salomo Sprüche 18, 22 sagt, dass »wer eine
Ehefrau gefunden hat, der hat etwas Gutes gefunden« usw. Die sind’s aber, die
es erkennen, die fest glauben, dass Gott die Ehe selbst eingesetzt, Mann und
Frau zusammengegeben, Kinderzeugen und -warten verordnet hat. Denn sie haben 1.
Mose 1, 28 Gottes Wort darauf, so dass sie sicher sind, dass er nicht lügt. Deshalb
sind sie auch sicher, dass ihm der Stand an sich mit allem seinem Wesen, seinen
Werken und Leiden und was drinnen ist, gefällt. Nun sage mir: wie kann ein Herz
größer Gut, Friede und Lust haben als in Gott, wenn es sicher ist, dass sein
Stand, Wesen und Werk Gott gefällt? Siehe, das bedeutet: »ein Weib finden«.
Viele haben Weiber, aber wenige »finden Weiber«. Warum? Sie sind blind, können
nicht merken, dass es Gottes Werk ist und Gott wohl gefalle, was sie mit einer
Frau leben und tun. Wenn sie das fänden, so würde ihnen keine Frau so hässlich,
so böse, so unartig, so arm, so krank sein, daran sie nicht die Lust (ihres)
Herzens fänden deshalb, weil sie immerdar Gott sein Werk und Geschöpf und
Willen vorhalten könnten. Und weil sie sehen, dass es ihres lieben Gottes
Wohlgefallen ist, könnten sie Friede in Leid und Lust mitten in der Unlust,
Freude mitten in der Trübsal, wie die Märtyrer im Leiden haben. Unser Fehler
ist nur, dass wir Gottes Werk nach unserem Fühlen richten und nicht auf seinen
Willen sehen, sondern auf das, was wir suchen. Deshalb können wir seine Werke
nicht erkennen und müssen uns das böse machen, was gut ist, und Unlust
empfangen, wo Lust ist. Nichts ist so böse, auch der Tod selbst (nicht), was
nicht süß und erträglich werde, wenn ich nur weiß und sicher bin, dass es Gott
wohl gefällt. Dann folgt alsbald, wovon Salomo Sprüche 18, 22 spricht: »Er
erlangt Wohlgefallen vom Herrn.« Nun siehe zu, wenn
die kluge Hure, die natürliche Vernunft (welcher die Heiden gefolgt sind, wo
sie am klügsten sein wollten), das eheliche Leben ansieht, so rümpft sie die
Nase und spricht: Ach, sollt ich das Kind wiegen, die Windeln waschen, Betten
machen, Gestank riechen, die Nächte durchwachen, auf sein Schreien achten,
seinen Grind und Blattern heilen, danach die Frau pflegen, sie ernähren, mich
abmühen, hier sorgen, da sorgen, hier tun, da tun, das leiden und dies leiden,
und was denn der Ehestand mehr Unlust und Mühe lernt? Ei, sollt ich so gefangen
sein? O du elender, armer Mann, hast du eine Frau genommen, pfui, pfui des
Jammers und der Unlust! Es ist besser, frei bleiben und ohne Sorge ein ruhiges
Leben geführt. Ich will ein Pfaff oder eine Nonne werden, meine Kinder auch
dazu anhalten. Was sagt aber der christliche Glaube hierzu? Er tut seine Augen
auf und sieht alle diese geringen, unlustigen, verachteten Werke im Geist an
und wird gewahr, dass sie alle mit göttlichem Wohlgefallen wie mit dem köstlichsten
Gold und Edelsteinen geschmückt sind und spricht: Ach Gott, weil ich gewiss
bin, dass du mich als einen Mann geschaffen und von meinem Leib das Kind
gezeugt hast, deshalb weiß ich auch sicher, dass es dir aufs allerbeste
gefällt, und bekenne dir, dass ich nicht würdig bin, dass ich das Kindlein wiegen
noch seine Windeln waschen noch es oder seine Mutter pflegen sollte. Wie bin
ich ohne Verdienst in die Würdigkeit gekommen, dass ich deiner Kreatur und
deinem liebsten Willen zu dienen gewiss geworden bin? Ach wie gerne will ich
solches tun, und wenn’s noch geringer und verachteter wäre. Nun soll mich weder
Frost noch Hitze, weder Mühe noch Arbeit verdrießen, weil ich sicher bin, dass dies
so gut gefällt! So soll auch das Weib bei seinen Werken denken: wenn sie das
Kind säugt, wiegt, badet und andere Werke mit ihm tut, und wenn sie sonst
arbeitet und ihrem Mann hilft und gehorsam ist. Es sind alles lauter goldene,
edle Werke. So soll man auch ein Weib in Kindesnöten trösten und stärken, nicht
mit Legenden und andern närrischen Weiberwerken umgeben, sondern so zu ihr
sprechen: Denke daran, liebe Greta, dass du ein Weib bist und Gott dies Werk an
dir gefällt, getröste dich fröhlich seines Willens
und lass ihm sein Recht an dir. Gib das Kind her und tue (das Deine) mit aller
Macht dazu; stirbst du drüber, so fahr hin: wohl dir, denn du stirbst bestimmt
bei einem edlen Werk und im Gehorsam Gottes. Ja, wenn du nicht ein Weib wärest,
so solltest du dir jetzt allein um dieses Werkes willen wünschen, dass du ein
Weib wärest, (damit du) so köstlich in Gottes Werk und Willen Not leiden und
sterben (könntest). Denn hier ist Gottes Wort, das dich so geschaffen, dir
solche Not eingepflanzt hat. Sage mir, ist das nicht auch (wie Salomo Sprüche
18, 22 sagt) Wohlgefallen von Gott her erhalten, auch mitten in solcher Not? Nun
sage mir: Wenn ein Mann herginge und wüsche die Windeln oder täte sonst am
Kinde ein verachtet Werk, und jedermann spottete seiner und hielte ihn für
einen Maulaffen und Frauenmann, obwohl er’s doch in solcher oben gesagter
Meinung und christlichem Glauben täte. Lieber sage, wer spottet hier des andern
am feinsten? Gott lacht mit allen Engeln und Kreaturen, nicht weil er die
Windeln wäscht, sondern weil er’s im Glauben tut. Jener Spötter aber, die nur das
Werk sehen und den Glauben nicht sehen, spottet Gott mit aller Kreatur als der
größten Narren auf Erden, ja sie spotten nur ihrer selbst und sind des Teufels
Maulaffen mit ihrer Klugheit. So tat Cyprian, der
treffliche große Mann und heilige Märtyrer, und schreibt, man sollte ein
Kindlein, wenn es geboren und noch ungetauft ist, den hier auf frischer Tat
begriffenen göttlichen Händen zu Ehren küssen. Was meinst du, würde er von
einem getauften Kindlein sagen? Das ist ein rechter Christenmann gewesen, der
Gottes Werk und Kreaturen recht erkannt und angesehen hat. Darum sage ich, dass
alle Nonnen und Mönche, die ohne Glauben sind und sich ihrer Keuschheit und
ihres Ordens trösten, nicht wert sind, dass sie ein getauftes Kind wiegen oder
ihm einen Brei machen sollten, wenn’s gleich ein Hurenkind wäre. Ursache: ihr
Orden und Leben hat kein Wort Gottes für sich, sie können sich auch nicht
rühmen, dass es Gott gefalle, was sie tun, wie ein Weib tun kann, wenn’s gleich
ein uneheliches Kind trägt. Das sage ich darum, dass wir lernen, wie ein gar edel
Ding es ist, wer in dem Stand ist, den Gott eingesetzt hat, und da Gottes Wort
und Wohlgefallen drinnen ist, wodurch alle Werke, Wesen und Leiden solchen Standes
heilig, göttlich und kostbar werden, so dass Salomo mit Recht einem solchen
Mann Glück wünscht und Sprüche 5, 18 sagt: »Freue dich des Weibes deiner
Jugend«, und Prediger 9, 9: »Genieße das Leben mit deinem Weibe, das du lieb hast,
solange du das eitle Leben hast.« Diese Worte redet Salomo ohne Zweifel nicht
um fleischlicher Freude willen, denn der heilige Geist redet durch ihn, sondern
er tröstet die in Gott, welche da viel Mühe im ehelichen Leben haben, gegen die
Lästerer göttlicher Ordnung, die nicht mehr als die Heiden fleischliche und
zeitliche Wollust drinnen suchen und nicht finden. Umgekehrt lernen wir, wie
unselig der geistliche Mönchs- und Nonnenstand an sich ist, wo kein Gotteswort noch
Wohlgefallen ist, wo alle Werke, Wesen und Leiden unchristlich, vergeblich und
schändlich sind, so dass Christus Matthäus 15, 9 mit Recht sagt und schreckt:
»Vergeblich dienen sie mir in Menschengeboten. « Darum ist ja kein Vergleich
zwischen einem Eheweib und einer Klosterfrau, sofern jene ihres Standes in
Erkenntnis und Glauben und diese ihres geistlichen Standes ohne Glauben in
Vermessenheit lebt, gleich wie Gottes Wege und der Menschen Wege keinen Vergleich
miteinander haben, wie er Jesaja 55, 9 sagt: »So viel der Himmel höher ist als
die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege.« Es ist eine große Gnade
für den, der Gottes Wort für sich hat, dass er mit Gott reden, es ihm vorhalten
und sagen kann: »Siehe, das hast du gesagt, das ist dein Wohlgefallen.« Was
liegt einem solchen Menschen dran, ob’s aller Welt übel gefalle und ein Spott
sei? Dass aber auch die Eheleute zum größeren Teil nichts als Unlust und Jammer
haben, ist kein Wunder, denn sie haben keine Kenntnis von Gottes Wort und Willen
über ihren Stand, darum sind sie eben so unselig wie Mönche und Nonnen, auf
beiden Seiten ohne Trost und Zuversicht göttlichen Wohlgefallens. Deshalb ist
es unmöglich, dass sie die äußerliche Widerwärtigkeit und Mühe recht tragen
sollten, denn es ist dem Menschen zu viel, inwendig und auswendig Unlust haben.
Wenn sie inwendig ihren Stand nicht erkennen, dass er Gott gefällt, so ist
schon Unlust da. Wenn sie die äußerliche Lust drinnen suchen, so geht es ihnen
fehl, und so trifft Unlust mit Unlust zusammen, daher denn das Zetergeschrei
und Schreiben über Weiber und ehelichen Stand kommen muss. Denn Gottes Ordnung
und Werk will und muss auf Gottes Wort und Zuversicht angenommen und getragen werden
oder es tut Schaden und wird unerträglich. Darum mäßigt Paulus 1. Korinther 7,
28 seine Worte fein, wenn er sagt: »Die Ehelichen werden leibliche Trübsal haben«,
d.h. äußerliche Unlust. Aber er schweigt von der geistlichen, innerlichen Lust
deshalb, weil äußerliche Unlust beiden. Gläubigen und Ungläubigen, gemeinsam
ist, dazu auch (zu) des ehelichen Standes Art und Eigenschaft (gehört). Aber
rechte Lust drinnen kann niemand haben, der nicht im Glauben fest erkennt, dass
solcher Stand Gott gefalle und vor ihm mit allen seinen Werken teuer geachtet
sei, wie gering sie auch seien. Gering sind sie und verächtlich, aber wir
kommen alle daher und haben ihrer alle bedurft, und es wäre kein Mensch, wo sie
nicht wären. Darum gefallen sie Gott, der sie verordnet hat und unser damit
pflegt wie eine Mutter in aller Güte. Nun siehe, bisher habe ich vom ehelichen
Leben nichts (weiter) erzählt als eben das, welches die blinde Welt und
Vernunft als ein böses und unlustiges, unerfreuliches Wesen scheut und lästert.
Wir haben gesehen, wie das alles so viel edle Tugend und rechte Lust in sich
hat, sofern man auf Gottes Wort und Willen acht hat und das Wesen (der Ehe)
dadurch erkennt. Denn ich will davon schweigen, was an Nutzen und Lust mehr
drinnen sei, wenn ein solcher Stand gut gerät, dass Mann und Weib sich lieb haben,
eines sind, eins das andere versorgt, und was mehr Gutes daran ist, auf dass
mir nicht jemand das Maul stopfe und sage, ich redete von dem, was ich nicht
erfahren habe, und es sei mehr Galle als Honig drinnen. Ich rede davon nach der
Schrift, die mir zuverlässiger ist als alle Erfahrung und mir nicht lügt. Hat
jemand darüber hinaus (noch) mehr Gutes daran, der hat soviel mehr Gewinn und
danke Gott dafür. Es muss ja gut sein, was Gott gut nennt, es sei denn, dass
man es nicht erkenne oder es verkehrt missbrauche. Darum lass ich anstehen, was
die Erfahrung Gutes und Böses gibt, und folge weiter der Schrift und Wahrheit
nach, was die ihm für Gutes zuschreibt. Und ist das
etwas nicht geringes Gutes, dass durch solches Leben die Hurerei und
Unkeuschheit unterbleibt und verwehrt wird, welches ein so großes Gut ist, dass
es allein genug wäre dazu anzureizen, aufs allereiligste aus vielen Ursachen
ehelich zu werden. Die erste, dass Hurerei nicht allein die Seele, sondern auch
Leib, Gut, Ehre und Freundschaft verdirbt, denn wir sehen, wie das hurerische
und unzüchtige Leben nicht allein eine große Schande, sondern auch ein
unredliches Leben ist und mehr kostet als ein eheliches Leben, dazu auch eins
mehr vom andern leiden muss, als eheliche Leute miteinander leiden. Über das
hinaus verzehrt es den Leib, verdirbt Fleisch und Blut, Natur und
Körperzustand. Und Gott stellt sich mit solchen mancherlei bösen (Krankheits) Anfällen, als wollte er die Menschen
schlechterdings von der Hurerei zum ehelichen Leben treiben, obwohl sich wenige
daran kehren. Doch haben’s etliche überdacht und sind aus eigener Erfahrung
inne geworden, so dass sie ein fein, edel Sprichwort darauf gemacht und gesagt
haben: Frühe aufstehen und frühe freien, das soll niemand gereuen. Warum? Ei,
da werden doch Menschen draus, die gesunden Leib, gutes Gewissen, Gut und Ehre
und Freunde behalten, welches alles sich durch Hurerei zerrüttet und zerstreut,
so dass es gar schwerlich wieder zusammengebracht wird und unter Hundert nicht einem
gelingt. Diesen Nutzen hat Paulus 1. Korinther 7, 2 angeführt: »Um der
Unkeuschheit willen habe ein jeglicher seine eigene Frau und eine jegliche habe
ihren eigenen Mann.« Nicht allein aber dient der
eheliche Stand einem jeglichen zu seines Leibes, Gutes, Ehre und Seele Nutzen,
sondern auch ganzen Städten und Ländern, dass sie vor Gottes Plagen bewahrt
bleiben. Denn wir wissen wohl, dass fast die gräulichsten Plagen der Hurerei halber
über Land und Leute ergangen sind. Denn diese Sünde wird 1. Mose 6, 4 ff. (als
Grund dafür) angeführt, weshalb die Welt mit der Sintflut ersäuft und Sodom und
Gomorra mit Feuer verbrannt wurde (1. Mose 19, 4 ff.), und wie viele andere
Plagen die Schrift mehr anzeigt, auch bei heiligen Leuten wie David, Salomo,
Simson, und dass Gott noch täglich neue und mehr Plagen sendet, wie wir vor
Augen sehen. Es meinen viele, damit dem ehelichen Stand zu entlaufen, dass sie
eine Zeitlang die Unkeuschheit austoben und danach rechtschaffen werden wollen.
Ja, mein Lieber, wenn (dadurch) unter Tausend einer gerettet wird, so ist’s
viel. Was keusch leben soll, das wird zeitig angefangen und nicht mit Hurerei
erlangt, sondern ohne Hurerei aus Gottes Gnade oder durch die Ehe. Wir sehen
auch wohl, wie sie täglich geraten. Es mag wohl mehr eingetobt denn ausgetobt
heißen. Der Teufel hat solches aufgebracht und solch verfluchtes Sprichwort
erdichtet: Einmal muss man ein Narr sein, ferner: Wer’s nicht in der Jugend
tut, der tut’s im Alter, und: ein junger Engel, ein alter Teufel. In dieser Richtung
schreiben auch der Poet Terenz und mehr Heiden:
Heiden sind’s, heidnisch, ja teuflisch reden sie. Freilich ist’s wahr, dass der
huren muss, der nicht ehelich wird. Wie sollt’s
anders zugehen, sintemal Gott Mann und Weib, sich zu besamen und zu mehren geschaffen
hat? Warum kommt man aber der Hurerei nicht mit der Ehe zuvor? Denn wo eine
besondere Gnade sie nicht davon ausnimmt, da will und muss die Natur sich samen
und mehren. Geschieht’s nicht in der Ehe, wo sollt’s anders als in der Hurerei oder ärgeren Sünden
geschehen? Wie denn, sagen sie, wenn ich weder ehelich noch unzüchtig würde und
mich mit Gewalt enthielte? Hörst du nicht, dass ohne die besondere Gnade das
nicht möglich ist? Denn Gottes Wort lässt sich nicht aufhalten, lügt auch
nicht, da er 1. Mose 1, 28 sagt: »Seid fruchtbar und mehret euch.« Das Fruchtbarsein und sich Mehren kannst du weder
abwehren noch aufhalten, es ist Gottes Werk und geht seinen Weg. Daher reden
auch die Ärzte nicht übel, dass sie sagen, wo man mit Gewalt dieses Werk der
Natur aufhält, da muss es in das Fleisch und Blut schlagen und zu Gift werden,
woraus dann ungesunde, schwache, schwindsüchtige und stinkende Leiber werden, denn
was zur Frucht und Mehrung kommen sollte, das muss der Leib in sich selbst
verzehren. Wo denn nicht ungeheurer Hunger oder schwere Arbeit oder die hohe
Gnade da ist, da wird’s dem Leib zu viel, und er muss ungesund und siech davon
werden. Daher sieht man auch, wie schwach und ungesund die unfruchtbaren Weiber
sind, die aber fruchtbar sind, sind gesünder, reinlicher und lustiger. Wenn sie
sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts, lass sie sich
nur tot tragen, sie sind dazu da. Es ist besser kurz gesund als lange ungesund
leben. Das allerbeste aber im ehelichen Leben, um dessentwillen auch alles zu
leiden und zu tun wäre, ist, dass Gott (in ihm) Frucht gibt und sie zu Gottes Dienst
aufzuziehen befiehlt. Das ist auf Erden das alleredelste, teuerste Werk, weil
Gott nichts Lieberes geschehen kann als Seelen zu erlösen. Da wir nun alle schuldig
sind, wo es not wäre, zu sterben, auf dass wir eine
Seele zu Gott bringen möchten, so siehst du, wie reich der eheliche Stand an
guten Werken ist, dem Gott die Seelen, von eigenem Leibe erzeugt, in den Schoß
gibt, an welchen sie alle christliche Werke üben können. Denn Vater und Mutter
sind gewiss der Kinder Apostel, Bischöfe, Pfarrer, indem sie ihnen das
Evangelium kundmachen. Und in Kürze: auf Erden ist keine größere, edlere Gewalt
als die der Eltern über ihre Kinder, sintemal sie die geistliche und weltliche
Gewalt über sie haben. Wer den andern das Evangelium lehrt, der ist wahrlich
sein Apostel und Bischof. Hüte und Stäbe und große Länder machen wohl Götzen,
aber das Evangelium lehren macht Apostel und Bischöfe. Darum siehe, wie gut und
reich es sei, was Gottes Werk und Ordnung ist. Ich will’s hierbei lassen und
andern anbefehlen, weiter zu suchen, was der eheliche Stand mehr Gutes und
Nutzen habe, denn ich will nur den aufgezählt haben, den ein christlicher
Mensch haben kann, seine Ehe christlich zu führen, dass er, wie Salomo Sprüche
18, 22 sagt, vor Gott sein Weib finde und von Gott her Wohlgefallen erhalte.
Denn ich will damit den ehelosen Stand nicht verwerfen, noch davon weg zum ehelichen
Leben reizen. Ein jeglicher fahre, wie er kann und sich fühlt, dass ihm von
Gott gegeben ist. Allein den Lästermäulern habe ich wehren wollen, die den
ehelichen Stand so weit unter den ehelosen stellen, dass sie sagen können, wenn
die Kinder gleich heilig werden sollten, so wäre dennoch Keuschheit besser. Man
soll keinen Stand vor Gott besser sein lassen als den ehelichen. Der Keuschheit
Stand ist auf Erden wohl besser, weil er weniger Sorge und Mühe hat, und (zwar)
nicht um seiner selbst willen, sondern weil er besser predigen und Gottes Wort
wahrnehmen kann, wie Paulus 1. Korinther 7, 35 sagt. Gottes Wort und Predigen
macht den Stand der Keuschheit besser als der eheliche ist, so wie ihn Christus
und Paulus geführt haben. Von sich aus ist er aber viel geringer. Am Ende haben
wir vor uns eine große starke Einrede zu beantworten. Ja, sagen sie, es wäre
gut, ehelich zu werden, wie will ich mich aber
ernähren? Ich habe nicht: »nimm ein Weib und iss davon« usw. Das ist freilich das
größte Hindernis, das am allermeisten die Ehe hindert und zerreißt und Ursache
aller Hurerei ist. Aber was soll ich dazu sagen? Es ist Unglaube und Zweifel an
Gottes Güte und Wahrheit. Darum ist’s auch nicht
wunder, wo der ist, dass lauter Hurerei folge und alles Unglück. Es fehlt ihnen
daran, sie wollen zuvor des Gutes sicher sein, wo sie Essen, Trinken und
Kleider hernehmen. Ja, sie wollen den Kopf aus der Schlinge ziehen 1. Mose 3,
19: »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen«, faule, gefräßige
Schelme wollen sie sein, die nicht arbeiten müssen. Darum wollen sie freien,
wenn sie reiche, hübsche, fromme, freundliche Weiber haben können; ja warte,
wir wollen sie dir malen lassen. Aber lass solche Heiden fahren, wir reden mit
ihnen nicht, und wenn’s ihnen gelänge, dass sie das ihnen Passende bekämen,
würde es doch eine ungläubige und unchristliche Ehe bleiben. Sie trauen Gott,
solange sie wissen, dass sie seiner nicht bedürfen und Vorrat haben. Wer aber
auf christliche Weise ehelich sein will, der darf sich nicht schämen, arm und
verachtet zu sein, geringe Werke zu tun. Er muss sich daran genügen lassen:
aufs erste, dass Gott sein Stand und Werk wohl gefalle; aufs zweite, dass ihn
Gott bestimmt ernähren wird, wenn er sich nur abmüht und schafft, soviel er
kann, und wenn er nicht ein Junker und Fürst sein kann, dass er ein
Dienstknecht und -magd sei. Denn Gott hat Matthäus 6, 31+33 verheißen: »Sorget nicht,
was ihr essen, trinken und anziehen sollt, sucht zuvor Gottes Reich und sein
Recht, so soll euch das alles zufallen«, ebenso Psalm 37, 25: »Ich bin jung
gewesen und alt geworden und habe noch nie den Gerechten verlassen gesehen und
seine Kinder um Brot betteln.« Wer nun nicht glaubt, was ist’s Wunder, dass er
Hunger, Durst und Frost leide und nach Brot gehe. Siehe Jakob, den heiligen
Erzvater an, der hatte noch gar nichts in Syrien (1. Mose 29) und hütete nur
die Schafe und bekam Güter, dass er vier Weiber mit großem Gesinde und Kindern
ernährte und dennoch genug hatte. Ebenso wurden Abraham und Isaak und Lot auch
reich und viele Heilige mehr im Alten Testament. Und zwar hat Gott genug
bewiesen, wie er für uns sorge, da er 1. Mose 1 alle Dinge im Himmel und auf Erden
mit allen Tieren und Gewächsen zuvor schuf und bereitete, ehe er den Menschen
schuf. Damit zeigt er, wie er für uns allezeit Nahrung und Bekleidung übergenug
im Vorrat bestellt habe, ehe wir ihn darum bitten. Es ist nur darum zu tun, dass
wir arbeiten und nicht müßig gehen, ernährt und bekleidet sind wir gewiss. Aber
der leidige Unglaube lässt es nicht zu und sieht, begreift und fühlt doch: wenn
er sich gleich zu Tod sorgt, dass er nicht ein Körnlein
auf dem Feld machen noch behalten kann; dazu: wenn schon alle seine Gemächer
ganz voll wären, dass er dennoch nicht einen Bissen noch Faden davon gebrauchen
kann, Gott behalte ihn denn gesund und lebendig und bewahre ihm seine Habe.
Dennoch hilft’s nichts. Deshalb (um diese Schrift) zu
beschließen: Wer sich nicht zur Keuschheit geschickt findet, der tue beizeiten (etwas)
dazu, dass er etwas schaffe und zu arbeiten habe, und wage es danach in Gottes
Namen und greife zur Ehe (ein Jüngling aufs späteste, wenn er zwanzig, ein
Mägdlein, wenn es gegen fünfzehn oder achtzehn Jahre alt ist, so sind sie noch
gesund und geschickt) und lasse Gott sorgen, wie sie mit ihren Kindern ernährt
werden. Gott macht Kinder, der wird sie auch wohl ernähren. Hebt er dich und
sie nicht hoch auf Erden, so lass dir daran genügen, dass er dir eine
christliche Ehe gegeben und dich hat erkennen lassen, dass er dich dort hoch
erhebe, und sei ihm dankbar für solch seine Güter und Gaben. Aber mit all
diesem Preis des ehelichen Lebens will ich nicht der Natur zugegeben haben, dass
dort keine Sünde sei, sondern ich sage, dass Fleisch und Blut, durch Adam
verderbt, in Sünden empfangen und geboren wird, wie Psalm 51, 7 lautet, und dass
keine Ehepflicht ohne Sünde geschieht. Aber Gott verschont sie aus Gnade
deshalb, weil die eheliche Ordnung sein Werk ist, und behält auch mitten und
durch die Sünde hindurch all das Gute, das er darein gepflanzt und gesegnet
hat.