Jesus
Erstens. Weil der Tod ein Abschied ist von dieser Welt und von
allen ihren Geschäften, ist es nötig, dass der Mensch sein zeitliches Gut in
Ordnung bringe, wie es sich gehört oder er es zu regeln gedenkt, damit nach
seinem Tode kein Anlass zu Zank, Hader oder sonst einem Zweifel unter seinen
hinterbliebenen Verwandten zurückbleibt. Das ist ein leiblicher oder
äußerlicher Abschied von dieser Welt; hier wird Hab und Gut entlassen und
verabschiedet.
Zweitens soll man auch geistlich Abschied nehmen, das heißt
man soll freundlich, rein nur um Gottes willen, allen Menschen vergeben, so
sehr sie uns auch Leid zugefügt haben mögen. Umgekehrt soll man auch, rein um
Gottes willen, von allen Menschen Vergebung begehren; denn zweifellos haben wir
vielen von ihnen Leid zugefügt, zum mindesten mit bösen Beispiel oder mit zu
wenig Wohltaten, wie wir nach dem Gebot brüderlicher, christlicher Liebe
schuldig gewesen wären. Das sollen wir tun, damit die Seele nicht mit
irgendwelchen Händeln auf Erden behaftet bleibe.
Drittens. Wenn man so jedermann auf Erden Abschied gegeben
hat, dann soll man sich allein auf Gott richten. Denn dorthin wendet sich und
führt uns auch der Weg des Sterbens. Und zwar fängt hier die enge Pforte an,
der schmale Pfad zum Leben; darauf muss sich jeder fröhlich wagen. Denn er ist
wohl sehr enge, aber er ist nicht lang; es geht hier zu, wie wenn ein Kind aus
der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib mit Gefahr und Ängsten hineingeboren
wird in diesen weiten Raum von Himmel und Erde, das heißt auf diese Welt:
ebenso geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben, und
obwohl der Himmel und die Welt, worin wir jetzt leben, für groß und weit
angesehen wird, so ist es doch alles gegenüber dem zukünftigen Himmel viel
engere und kleiner als es der Mutter Leib gegenüber diesem Himmel ist. Darum
heißt der lieben Heiligen Sterben eine neue Geburt, und ihren Festtag nennt man
auf Lateinisch „natale“, ihren Geburtstag. Aber der enge Gang des Todes
bewirkt, dass uns dieses Leben weit und jenes eng vorkommt. Darum muss man es
glauben und an der leiblichen Geburt eines Kindes es lernen. So sagt ja
Christus: „Ein Weib, wenn es gebiert, so leidet es Angst; wenn sie aber genesen
ist, so denkt sie nimmer an die Angst, weil ein Mensch von ihr in die Welt
geboren ist.“ Ebenso muss man sich auch beim Sterben der Angst entschlagen und
wissen, dass nachher ein großer Raum und Freude da sein wird.
Viertens: Ein solches sich Richten und Vorbereiten auf diese
Fahrt besteht vor allem darin: man beichte aufrichtig, besonders die
hauptsächlichsten Punkte, die sich zur Zeit bei möglichster Bemühung im
Gedächtnis finden, und sorge für die heiligen christlichen Sakramente des
heiligen wahren Leibes Christi und der Ölung, begehre sie andächtig und
empfange sie mit großer Zuversicht, wenn man sie bekommen kann. Ist das aber
nicht der Fall, so soll einem nichtsdestoweniger auch schon das Verlangen und
Begehren nach ihnen zum Troste gereichen, und man soll nicht zu sehr darüber
erschrecken. Christus spricht: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“;
dann sind auch die Sakramente nichts anderes als Zeichen, die zum Glauben
dienen und reizen, wie wir sehen werden, und ohne diesen Glauben sind sie
nichts nütze.
Fünftens soll man jedenfalls mit allem Ernst und Fleiß drauf
sehen, dass man die heiligen Sakramente groß achte und die in Ehren halte; man
verlasse sich frei und fröhlich darauf und wäge sie gegenüber Sünde, Tode und
Hölle so ab, dass sie bei weitem das Übergewicht haben. Auch soll man sich viel
mehr mit den Sakramenten und ihren Kräften beschäftigen als mit den Sünden. Wie
aber das Ehren recht geschieht und worin diese Kräfte bestehen, das muss man
wissen. Das Ehren besteht darin, dass ich glaube, das, was die Sakramente
bedeuten, und alles, was Gott darin sagt und anzeigt, wahr ist und mir zuteil
wird; man soll also mit Maria, der Gottesmutter, in festem Glauben sprechen:
„Mir geschehe nach deinen Worten und Zeichen.“ Denn weil hier durch den
Priester Gott redet und Zeichen gibt, könnte man Gott an seinem Wort und Werk
keine größere Unehre antun, als indem man daran zweifelt, ob es wahr ist, und
keine größere Ehre antun, als indem man glaubt, dass es wahr ist, und sich frei
darauf verlässt.
Sechstens. Um die Kräfte der Sakramente zu erkennen, muss man
vorher die Schädigungen wissen, gegen die sie kämpfen und wogegen sie uns
gegeben sind. Es sind drei: die erste ist das erschreckende Bild des Todes, die
zweite das grauenerregende, mannigfaltige Bild der Sünde, die dritte das
unerträgliche und unentrinnbare Bild der Hölle und der ewigen Verdammnis. Nun
wächst jedes von diesen dreien und wird groß und stark dadurch, dass etwas
Zusätzliches hinzukommt.
Der Tod wird groß und schrecklich,
weil die furchtsame, verzagte Natur dieses Bild sich zu tief einprägt, zu sehr
sich vor Augen stellt. Dazu steuert nun der Teufel das Seine bei, damit der
Mensch in das grässliche Aussehen und Bild des Todes sich vertiefe und dadurch
bedrückt, weich und zaghaft werde. Da wird einem nämlich der Teufel wohl alle
die schrecklichen, jähen, bösen Todesfälle vorhalten, die ein Mensch je
gesehen, gehört oder gelesen hat; daneben wird er mit hineinflechten, wie der
Zorn Gottes einst da und dort die Sünder heimgesucht und verderbt hat. So will
er die ängstliche Natur dahin treiben, dass sie den Tod fürchte und das Leben
liebe und darum sorge; dadurch soll der Mensch, mit solchen Gedanken zu viel
belastet, Gott vergessen, den Tod fliehen und hassen und so am letzten Ende
Gott ungehorsam sich zeigen und bleiben. Denn je tiefer der Tod betrachtet,
angesehen und erkannt wird, desto schwerer und bedenklicher ist das Sterben. Im
Leben sollte man sich mit dem Gedanken an den Tod beschäftigen und ihn vor uns
treten heißen, solange er noch ferne ist und uns noch nicht bedrängt; im
Sterben dagegen, wenn er schon von selbst nur allzu stark da ist, ist es
gefährlich und nichts nütze. Da muss man sich sein Bild aus dem Sinne schlagen
und es nicht sehen wollen, wie wir hören werden. So hat der Tod seine Kraft und
Stärke in der Furchtsamkeit unserer Natur und darin, dass man zur Unzeit ihn
zuviel ansieht oder betrachtet.
Siebtens. Die Sünde wächst und vergrößert sich ebenfalls
dadurch, dass man sie zu viel ansieht und ihr zu tief nachdenkt; dazu trägt die
Furchtsamkeit unseres Gewissens bei, das sich selbst vor Gott schämt und sich
schreckliche Vorwürfe macht. Damit hat dann der Teufel ein Schwitzbad gefunden,
wie er es gesucht hat: da bedrängt er einen; da macht er die Sünden so viel und
groß; da wird er einem alle die vor Augen führen, die gesündigt haben und wie
viele mit weniger Sünden doch verdammt worden sind. So muss der Mensch abermals
verzagen oder widerwillig werden zum Sterben, und muss somit Gott vergessen und
sich bleibend ungehorsam zeigen bis in den Tod. Das ist vor allem die Folge
davon, dass der Mensch meint, er müsse jetzt die Sünde betrachten und tue wohl
recht und nützlich daran, dass er damit umgeht; da findet er sich dann so sehr
unvorbereitet und untüchtig, dass auch alle seine guten Werke zu Sünden
geworden sind. Daraus muss dann ein widerwilliges Sterben folgen, Ungehorsam
gegen Gottes Willen und ewige Verdammnis. Denn zum Betrachten der Sünde ist da
kein Recht und keine Zeit; das soll man zu Lebzeiten tun. So verkehrt uns der
böse Geist alle Dinge: im Leben, wo wir des Todes, der Sünde und der Hölle Bild
stetig vor Augen haben sollten (wie Psalm 51, 5
steht: „Meine Sünden sind mir allzeit vor Augen“), da tut er uns die Augen zu
und verbirgt uns jene Bilder; im Sterben, wo wir nur das Leben, Gnade und
Seligkeit vor Augen haben sollten, tut er uns dann erst die Augen dafür auf und
ängstigt uns mit den zur Unzeit kommenden Bildern, damit wird die rechten
Bilder nicht sehen sollen.
Achtens. Die Hölle wird groß und wächst gleichfalls dadurch, dass
man sie zu viel ansieht und zur Unzeit streng bedenkt. Dazu trägt
außerordentlich viel bei, dass man Gottes Urteil nicht weiß und dass der böse
Geist die Seele dahin treibt, dass sie sich mit überflüssigem, unnützem
Vorwitz, ja mit dem allergefährlichsten Unterfangen belastet; sie soll das
Geheimnis des göttlichen Ratschlusses erforschen, ob sie zu den Erwählten
gehöre oder nicht. Hier betätigt der Teufel sein letztes, größtes, listigstes
Können und Vermögen. Denn damit führt er den Menschen, wenn er sich nicht in
acht nimmt, über Gott hinaus, dass er Zeichen für den göttlichen Willen sucht
und es nicht ertragen will, dass er nicht wissen soll, ob er zu den Erwählten
gehört; er macht ihm seinen Gott verdächtig, dass er sich beinahe nach einem
andern Gott sehnt; kurzum, hier beabsichtigt er, die Liebe zu Gott mit einem
Sturmwind auszulöschen und Hass gegen Gott zu erwecken. Je mehr der Mensch dem
Teufel folgt und solche Gedanken duldet, desto gefährdeter steht er da und kann
zuletzt nicht mehr durchhalten; er fällt in Hass und Lästerung gegen Gott. Denn
wenn ich es wissen will, ob ich erwählt bin, was ist das anders, als dass ich
alles wissen will, was Gott weiß, und dass ich ihm gleich sein will? Er soll
nichts weiter wissen als ich, und Gott soll somit nicht mehr Gott sein, wenn er
nichts über mich hinaus wissen darf. Da hält einem der Teufel vor, wie viel
Heiden, Juden und Christenkinder verloren gehen und treibt es mit solchen
gefährlichen und vergeblichen Gedanken so weit, dass der Mensch, auch wenn er
sonst gerne stürbe, doch in diesem Stück einen Widerwillen fasst. Das heißt mit
der Hölle angefochten werden, wenn der Mensch mit dem Gedanken an seine
Vorherbestimmung angefochten wird; darüber herrscht im Psalter gar viel Klagen.
Wer hier gewinnt, der hat die Hölle, die Sünde und den Tod auf einmal
überwunden.
Neuntens. Nun muss man in diesem Streit allen Fleiß darauf
verwenden, dass man keines dieser drei Bilder in s Haus lade und den Teufel
nicht über die Türe male. Sie werden schon von selbst nur allzu stark
eindringen und das Herz mit ihrem Anblick, ihrem Disputieren und Beweisen ganz
und gar innehaben wollen. Wenn das geschieht, so ist der Mensch verloren und
Gott ganz vergessen; denn in diese Zeit [wo es sich um Bereitung zum Sterben
handelt] gehören diese Bilder in gar keiner andern Weise herein, als um mit
ihnen zu kämpfen und sie auszutreiben. Ja, wenn sie allein da sind, ohne dass
man durch sie hindurch auf andere Bilder sieht, so gehören sie nirgends anders
hin als in die Hölle unter die Teufel.
Wer nun erfolgreich mit ihnen
kämpfen und sie austreiben will, dem wird es nicht genügen, sich mit ihnen hin-
und herzuzerren und herumzuschlagen oder zu ringen; denn sie werden ihm zu
stark sein, und es wird schlimmer und schlimmer werden. Der Kunstgriff ist, sie
ganz und gar fallen zu lassen und nichts mit ihnen zu tun zu haben. Wie geht
das aber vor sich? Es geht so vor sich: Du musst den Tod in Verbindung mit dem
Leben, die Sünde in Verbindung mit der Gnade, die Hölle in Verbindung mit dem
Himmel ansehen und darfst dich von dieser Art des Ansehens oder Blickes nicht
wegtreiben lassen, auch wenn alle Engel, alle Kreaturen, ja sogar (wie es dir
vielleicht vorkommt) Gott selbst dir es anders nahe legen wollen (was sie doch
nicht tun; vielmehr verursacht der böse Geist einen solchen Anschein). Wie soll
das angreifen?
Zehntens. Du darfst den Tod nicht an und für sich ansehen
oder betrachten, auch nicht in dir oder deiner Natur, auch nicht in denen, die
durch Gottes Zorn getötet worden sind und die der Tod überwunden hat. Sonst
bist du verloren und wirst mit ihnen überwunden. Vielmehr musst du deine Augen,
deines Herzens Gedanken und alle deine Sinne gewaltsam von seinem Bild abkehren
und den Tod stark und emsig nur in denen ansehen, die in Gottes Gnade gestorben
sind und den Tod überwunden haben, vor allem in Christus, sodann in allen
seinen Heiligen. Sieh, an diesen Bildern wird dir der Tod nicht zum Schrecken
oder Grauen, vielmehr verachtet und getötet und durch das Leben erwürgt und
überwunden. Denn Christus ist nichts als lauter Leben und seine Heiligen auch.
Je tiefer und fester du dir dieses Bild einprägst und ansiehst, desto mehr fällt
des Todes Bild dahin und verschwindet von selbst, ohne alles Hin- und Herzerren
und Streiten; und so hat dein Herz Frieden und kann mit Christus und in
Christus gelassen sterben, wie es Offenbarung
14, 13 steht: „Selig sind, die in dem Herrn Christus sterben.“ Darauf ist 4. Mose 21, 9
hingewiesen: Als die Kinder Israel von den feurigen Schlangen gebissen waren,
durften sie sich nicht mit diesen Schlangen hin- und herzerren, sondern mussten
die tote, eherne Schlange ansehen; da fielen die lebendigen von selbst ab und
gingen zugrunde. Ebenso darfst du dich auch nur um den Tod Christi kümmern;
dann wirst du das Leben finden. Wenn du aber den Tod anderswo ansiehst, tötet
er dich durch große Unruhe und Pein. Darum sagt Christus: „In der Welt werdet
ihr Unruhe haben, in mir aber den Frieden.“
Elftens. Ebenso darfst du die Sünde nicht ansehen in den Sündern
und auch nicht in deinem Gewissen; auch nicht in denen, die endgültig in den
Sünden geblieben und verdammt worden sind; sonst kommst du gewiss ins
Hintertreffen und wirst überwunden. Vielmehr musst du deine Gedanken davon
abkehren und die Sünde nur noch im Bilde der Gnade ansehen; du musst dieses
Bild mit aller Kraft dir einprägen und vor Augen haben. Das Bild der Gnade ist
nichts anderes als Christus am Kreuz, und alle seine lieben Heiligen. Wie ist
das zu verstehen? Das ist Gnade und Barmherzigkeit, dass Christus am Kreuze
deine Sünden von dir nimmt, sie für dich trägt und sie erwürgt. Und das fest
glauben und vor Augen haben und nicht daran zweifeln: das heißt das Gnadenbild
ansehen und sich einprägen. Ebenso tragen auch alle Heiligen in ihrem Leiden und
Sterben deine Sünde auf sich und leiden und mühen sich für dich, wie
geschrieben steht: „Einer trage des andern Last, so erfüllet ihr Christi
Gebot.“ Ebenso spricht er selbst: „Kommet her zu mir alle, die ihr beladen seid
und euch mühet, ich will euch helfen.“ Sieh, so kannst du deine Sünden ohne
Gefahr außerhalb deines Gewissens ansehen; sieh, da sind Sünden nicht mehr
Sünden; da sind sie überwunden und in Christus verschlungen. Das entspricht
sich: er nimmt deinen Tod auf sich und erwürgt ihn, dass er dir nicht schaden
kann, wenn anders du glaubst, dass er dir das tut, und deinen Tod in ihm, nicht
an dir ansiehst; ebenso nimmt er auch deine Sünden auf sich und überwindet sie
für dich aus lauter Gnade in seiner Gerechtigkeit. Wenn du das glaubst, so tun
sie dir keinen Schaden mehr. So ist Christus, des Lebens und der Gnade Bild,
unser Trost gegenüber dem Bild des Todes und der Sünde. Das sagt Paulus: „Gott
sei Lob und Dank, dass er uns in Christus Überwindung der Sünde und des Todes
gegeben hat.“
Zwölftens darfst du die Hölle und die Ewigkeit der Pein samt
der Frage deiner Vorherbestimmung nicht in denen, die verdammt sind, ansehen;
du darfst dir auch keine Sorge machen um so viele Menschen in der ganzen Welt,
die nicht [zur Seligkeit] vorherbestimmt sind. Denn siehst du dich nicht vor,
so wird dich dieses Bild schnell stürzen und zu Boden stoßen. Darum musst du
hier Gewalt anwenden und die Augen fest zuhalten vor diesem Anblick. Denn er
ist gar nichts nütze, auch wenn du tausend Jahre lang damit umgingest, und auf
einmal bringt er dich ins Verderben. Du musst doch Gott darin Gott sein lassen,
dass er mehr von dir weiß als du selbst. Darum sieht das himmlische Bild,
Christus, an: er ist um deinetwillen in die Hölle gefahren und ist von Gott
verlassen gewesen, als wäre er einer, der ewig verdammt ist, als er am Kreuze
sprach: „Eli, eli, lama asabthani“ „O mein Gott, o mein Gott, warum hast du
mich verlassen?“ Sieh, in diesem Bild ist deine Hölle überwunden und deine
ungewisse Erwählung ist gewiss gemacht; denn wenn du dich nur darum kümmerst
und das als für dich geschehen glaubst, so wirst du in diesem Glauben gewiss
errettet. Drum lass dir´s nur nicht aus den Augen nehmen und suche dich nur in
Christus und nicht in dir, so wirst du dich ewig in ihm finden. In solcher
Weise musst du Christus und alle seine Heiligen ansehen und dir die Gnade
Gottes, der sie so erwählt hat, wohlgefallen lassen und nur fest in diesem
Wohlgefallen bleiben: dann bist du auch schon erwählt. Sagt er doch 1. Mose 12, 3:
„Alle, die dich segnen, sollen gesegnet sein.“ Bleibst du aber nicht hieran
allein haften, sondern fällst auf dich zurück, so wird eine Unlust gegen Gott
und seine Heiligen in dir erwachen, und du wirst so in dir nichts Gutes finden.
Davor hüte dich; denn dahin wird dich der böse Geist mit viel Listen treiben.
Dreizehntens. Auf diese drei Bilder oder Kampfweisen deutet Richter 7 hin.
Da griff Gideon die Midianiter in der Nacht mit dreihundert Mann an drei
Stellen an; er tat jedoch nicht mehr, als dass er Trompeten blasen und Tonkrüge
mit Fackeln drin zusammenschlagen ließ, so dass die Feinde flohen und sich
selbst erwürgten. Ebenso flieht Tod, Sünde und Hölle mit allen ihren Kräften,
wenn wir nur Christi und seiner Heiligen leuchtende Bilder in der Nacht uns
einüben und uns dazu mit Gottes Wort wie mit Trompeten aufmuntern und stärken.
So wendet Jesaja eben dieses bildhafte Geschehen sehr fein gegen dieselben drei
Bilder an, indem er von Christus spricht: „Die Last seiner Bürde, die Rute auf
seinem Rücken, den Stecken seines Treibers hast du überwunden wie zu den Zeiten
der Midianiter, die Gideon überwand.“ Das ist, als wollte er sagen: „Deines
Volkes Sünde (das ist ja eine schwere „Last seiner Bürde“ in seinem Gewissen)
und den Tod (der ist eine „Rute“ oder Strafe, die „seinen Rücken“ schlägt) und
die Hölle (die ist ein „Stecken“ und Gewaltmittel des „Treibers“, womit ewige Bezahlung
für die Sünde gefordert wird) - das hast du alles überwunden, wie es damals
geschehen ist zu den Zeiten Midians, das heißt durch den Glauben, mit dem
Gideon die Feinde ohne einen Schwertstreich verjagte.“
Wann hat er das getan? Am Kreuze.
Denn dort hat er sich selbst zu einem dreifachen Bild für uns bereitet; das
sollen wir unserem Glauben gegen die drei Bilder vorhalten, mit denen der böse
Geist und unsre Natur uns anficht, um uns aus dem Glauben zu reißen. Er ist das
lebendige und unsterbliche Bild wider den Tod; denn er hat ihn erlitten und hat
ihn doch durch seine Auferstehung von den Toten in seinem Leben überwunden. Er
ist das Bild der Gnade Gottes wieder die Sünde; denn er hat sie auf sich
genommen und durch seinen unüberwindlichen Gehorsam überwunden. Er ist das Bild
des Himmels; denn indem er wie ein Verdammter von Gott verlassen war und durch
seine allermächtigste Liebe die Hölle überwunden hat, bezeugt er, dass er der
liebste Sohn ist, und dass uns allen dasselbe zu eigen gegeben ist, wenn wir so
glauben.
Vierzehntens. Zu allem Überfluss hat er nicht nur an sich selbst
die Sünde, den Tod und die Hölle überwunden und uns das zum Glauben
vorgehalten, sondern zu noch größerem Trost hat er auch selber die Anfechtung
erlitten und überwunden, die wir an diesen Bildern haben. Er ist ebenso sehr
mit dem Bild des Todes, der Sünde und der Hölle angefochten worden als wir. Des
Todes Bild hielten sie ihm vor, als die Juden sagten: „Er steige nun herab vom
Kreuz! Andre hat er gesund gemacht; er helfe nun sich selbst!“ Das war, als
sagten sie: „Da, da, siehst du den Tod? Du musst sterben; da hilft nichts
dagegen“; in solcher Weise rückt der Teufel des Todes Bild vor einen sterbenden
Menschen hin und erschüttert die furchtsame Natur mit dem erschreckenden Bild.
Der Sünde Bild hielten sie ihm
vor: „Er hat andere gesund gemacht; ist er Gottes Sohn, so steige er herab.“
Das war, als sagten sie: „Seine Werke sind falsch und lauter Betrügerei
gewesen; er ist des Teufels Sohn und nicht Gottes Sohn; er ist sein mit Leib
und Seele. Er hat nie etwas Gutes getan, nur lauter Böses.“
Der Hölle Bild ließen sie auf ihn
los, als sie sagten: „Er vertraut Gott; lasst sehen, ob er ihn erlöst; er sagt
ja, er sei Gottes Sohn.“ Das war, als sagten sie: „Er gehört in die Hölle; Gott
hat ihn nicht zur Seligkeit bestimmt; er ist ewig verworfen. Hier hilft kein
Vertrauen noch Hoffen; es ist alles umsonst.“
Und wie die Juden diese drei
Bilder untereinander ohne Ordnung auf Christus losließen, ebenso wird der
Mensch von ihnen zugleich auf einmal ohne Ordnung bestürmt, damit er in
Verwirrung gerate und nur recht bald verzweifle. In diesem Sinn beschreibt der
Herr die Zerstörung Jerusalems: Ihre Feinde umgeben sie mit einem Wall, damit
sie nicht herauskommen können; das ist der Tod. Sie ängstigen und bedrängen sie
an allen Enden, so dass sie nirgends bleiben können; das sind die Sünden. Sie
machen sie drittens dem Erdboden gleich und lassen keinen Stein auf dem andern;
das ist die Hölle und die Verzweiflung.
Nun sehen wir, dass Christus zu
all diesen Worten und erschreckenden Bildern stillschweigt; er kämpft nicht mit
ihnen; er tut, als höre oder sehe er sie nicht, und gibt auf nichts Antwort.
Vielmehr hat er allein auf den liebsten Willen seines Vaters acht, so ganz und
gar, dass er seinen Tod, seine Sünde, seine Hölle, die auf ihn losgelassen
wurden, vergisst und für sie bittet, für ihren Tod, ihre Sünde und Hölle.
Ebenso sollen auch wir diese
Bilder über uns herfallen und von uns abfallen lassen, wie sie wollen oder
können, und nur darauf bedacht sein, dass wir am Willen Gottes haben, das heißt
dass wir an Christus haften und fest glauben, unser Tod, unsre Sünde und Hölle
sei für uns in ihm überwunden und könne uns nicht schaden. So soll allein das
Bild Christi in uns sein und wir sollen nur mit ihm uns besprechen und
verhandeln.
Fünfzehntens. Nun kommen wir zurück auf die heiligen Sakramente
und ihre Kräfte, damit wir lernen, wozu sie gut und wofür sie zu brauchen sind.
Wem nun die Gnade und die Zeit verliehen ist, dass er Beichte und Absolution,
Kommunion und letzte Ölung empfängt, der hat wohl großen Anlass, Gott zu
lieben, zu loben und zu danken und dann fröhlich zu sterben, wenn anders er
sich getrost auf die Sakramente verlässt und an sie glaubt, wie oben gesagt
wurde. Denn in den Sakramenten handelt, redet, wirkt durch den Priester dein
Gott, Christus selbst, mit dir; da geschehen nicht Menschenwerke oder -worte,
da verspricht dir Gott selbst alle Dinge, die soeben von Christus gesagt
wurden. Er will, dass die Sakramente ein Wahrzeichen und eine Urkunde dafür
sind: Christi Leben soll deinen Tod, sein Gehorsam soll deine Sünde, seine
Liebe deine Hölle auf sich genommen und überwunden haben. Dazu wirst du durch
diese Sakramente mit allen Heiligen einem Leibe eingefügt und vereinigt und
kommst in die rechte Gemeinschaft der Heiligen, so dass sie mit dir in Christus
sterben, die Sünde tragen und die Hölle überwinden. Daraus folgt, dass die
Sakramente ein ganz großer Trost sind und gleichsam ein sichtbares Zeichen der
Gesinnung Gottes. Daran soll man sich mit einem festen Glauben halten als an
einen guten Stab, wie der Patriarch Jakob mit einem solchen durch den Jordan
ging, oder als an eine Laterne, nach der man sich richten und auf die man mit
allem Fleiß ein Auge haben soll auf dem finstern Weg des Todes, der Sünde und
der Hölle, wie der Prophet sagt: „Dein Wort, Herr, ist ein Licht für meine
Füße“, und S. Petrus: „Wir haben ein gewisses Wort Gottes, und ihr tut wohl
daran, wenn ihr darauf achtet [als auf ein Licht].“ Es kann sonst nichts helfen
in Todesnot, und nur mit diesem Zeichen werden alle gerettet, die gerettet
werden. Es weist hin auf Christus und sein Bild, damit du gegen des Todes, der
Sünde und der Hölle Bild sagen kannst: „Gott hat mir seine Zusage gemacht und
ein gewisses Zeichen für seine Gnade in den Sakramenten gegeben: Christi Leben
soll meinen Tod in seinem Tod überwunden haben, sein Gehorsam soll meine Sünden
in seinem Leiden vertilgt, seine Liebe meine Hölle in seiner Verlassenheit
zerstört haben. Dieses Zeichen (die Zusage, dass ich selig werde) wird mich
nicht belügen noch betrügen. Gott hat es gesagt; Gott kann nicht lügen, weder
mit Worten noch mit Werken.“ Wer so darauf pocht und sich auf die Sakramente
stützt, dessen Erwählung und Vorherbestimmung zur Seligkeit wird sich von
selbst ohne Sorge und Bemühung wohl finden.
Sechzehntens. Hier kommt es nun am allermeisten darauf an, dass
man die heiligen Sakramente, in welchen lauter Gottesworte, Gotteszusagen,
Gotteszeichen geschehen, hoch achte, in Ehren halte, sich darauf verlasse. Das
heißt: man darf weder an den Sakramenten noch an den Dingen, für die sie
gewisse Zeichen sind, zweifeln. Wenn nämlich daran gezweifelt wird, so ist
alles verloren. Denn wie wir glauben, so wird uns geschehen, wie Christus sagt.
Was hülfe es, dass du dir vorstellst und glaubst, der Tod, die Sünde, die Hölle
der andern sei in Christus überwunden? Wenn du nicht auch glaubst, dass dein
Tod, deine Sünde, deine Hölle für dich dort überwunden und vertilgt ist und du
somit erlöst bist, so wäre das Sakrament ganz umsonst, weil du die Dinge nicht
glaubst, die dir dort gezeigt, gegeben und versprochen werden. Das ist aber die
schrecklichste Sünde, die geschehen kann; denn durch sie wird Gott selber in
seinem Wort, Zeichen und Werk für einen Lügner gehalten, als wäre er einer, der
etwas redet, zeigt und zusagt, was er nicht meint und nicht halten will.
Deshalb ist mit den Sakramenten nicht zu scherzen; es muss der Glaube da sein,
der sich darauf verlässt und es fröhlich auf dieses Zeichen und Versprechen
Gottes hin wagt. Was wäre das für ein Seligmacher oder Gott, der uns nicht vom
Tode, von der Sünde, von der Hölle selig machen könnte oder wollte! Es muss
etwas Grosses sein, was der rechte Gott zusagt und wirkt.
Nun kommt dann der Teufel und
flüstert dir ein: „Ja wie, wenn ich dann die Sakramente unwürdig empfangen und
mich durch meine Unwürdigkeit dieser Gnade beraubt hätte?“ Hier mache das Kreuz
davor, lass dich Würdigkeit oder Unwürdigkeit nichts anfechten. Schau nur zu,
dass du glaubst, es seien gewisse Zeichen, wahre Worte Gottes; dann bist du und
bleibst du wohl würdig. Glaube macht würdig, Zweifel macht unwürdig. Darum will
der böse Geist dir eine andere Würdigkeit und Unwürdigkeit vorspiegeln, um bei
dir einen Zweifel hervorzurufen und dadurch die Sakramente mit ihren Wirkungen
zunichte und Gott in seinen Worten zu einem Lügner zu machen.
Gott gibt dir um deiner Würdigkeit
willen nichts. Er baut auch sein Wort und Sakrament nicht auf deine Würdigkeit,
sondern aus lauter Gnade baut er dich Unwürdigen auf sein Wort und Zeichen.
Daran halte nur fest und sprich: „Der mir sein Zeichen und Wort darauf gibt und
gegeben hat, dass Christi Leben, Gnade und Himmel meinen Tod, meine Sünde und
Hölle für mich unschädlich gemacht habe, der ist Gott; der wird mir das
Versprochene wohl halten. Hat mich der Priester absolviert, so verlasse ich
mich darauf als auf Gottes Wort selbst. Sind es denn Gottes Worte, so wird es
wahr sein; darauf bleibt ich, darauf sterbe ich.“ Denn du sollst auf des
Priesters Absolution ebenso fest vertrauen, als wenn dir Gott einen besonderen
Engel oder Apostel sendete, ja als ob dich Christus selbst absolvieren würde.
Siebzehntens. Sieh, einen solchen Vorzug hat der, der die
Sakramente bekommt: er bekommt ein Zeichen und eine Zusage Gottes, woran er
seinen Glauben üben und stärken kann, dass er zu Christi Bild und Gütern
berufen sei. Die anderen dagegen müssen sich ohne solche Zeichen allein mit dem
Glauben mühen und sie nur mit dem Begehren ihres Herzens bekommen; doch werden
auch sie gerettet, wenn sie in diesem Glauben feststehen.
Ebenso sollst du auch vom
Altarsakrament sagen: „Der Priester hat mir den heiligen Leib Christi gegeben;
das ist ein Zeichen und eine Zusage der Gemeinschaft mit allen Engeln und
Heiligen, dass sie mich lieb haben, für mich sorgen, bitten und mit mir leiden,
sterben, die Sünde tragen und die Hölle überwinden; dann wird und muss es auch
so sein. Das göttliche Zeichen betrügt mich nicht, und ich lasse mir´s nicht
nehmen. Ich wollte eher alle Welt und mich selber verleugnen, ehe ich dran
zweifelte, dass mein Gott mir in diesem seinem Zeichen und Versprechen gewiss
und wahrhaftig ist. Mag ich seiner würdig sein oder nicht, - jedenfalls bin ich
ein Glied der Christenheit nach dem Wortlaut und dem Zeichen dieses Sakraments.
Es ist besser, ich bin unwürdig, als dass Gott nicht für wahrhaftig gehalten
wird. Hebe dich weg, Teufel, wenn du mir etwas anderes sagst.“
Nun sieh, man findet viele Leute,
die wollten gerne dessen gewiss sein oder ein Zeichen vom Himmel dafür haben,
wie sie mit Gott dran sind, und wollten gerne ihre Vorherbestimmung zur
Seligkeit wissen. Aber wenn sie schon ein solches Zeichen bekämen, und sie doch
nicht glaubten, - was hülfe es sie? Was hülfen alle Zeichen ohne Glauben? Was
halfen den Juden die Zeichen Christi und der Apostel? Was helfen noch heute die
hochwürdigen Zeichen der Sakramente und Worte Gottes? Warum halten sie sich
nicht an die Sakramente, welches gewisse und eingesetzte Zeichen sind? Von
allen Heiligen sind sie erprobt und versucht und bei allen denen als
zuverlässig befunden worden, die geglaubt und alles das bekommen haben, was sie
anzeigen. In dieser Weise sollten wir die Sakramente erkennen lernen: was sie
sind, wozu sie dienen und wie man sie gebrauchen soll; dann finden wir, dass es
nichts Größeres auf Erden gibt, was betrübte Herzen und böse Gewissen
freundlicher trösten kann. Denn in den Sakramenten sind Worte Gottes enthalten;
die dienen dazu, uns Christus mit allem seinem Gut (das er selber ist) zu
zeigen und zuzusagen wider den Tod, die Sünde und die Hölle. Nun kann man
nichts Freundlicheres, Begehrenswerteres hören als von der Vertilgung des
Todes, der Sünde und der Hölle; das aber geschieht durch Christus in uns, wenn
wir das Sakrament recht gebrauchen. Dieser rechte Gebrauch besteht in nichts
anderem als in dem Glauben, dass es so ist, wie die Sakramente es durch Gottes
Wort zusagen und geloben. Darum ist es nötig, dass man nicht allein die drei
Bilder in Christus ansehe und die Gegenbilder damit austreibe und fallen lasse,
sondern dass man ein gewisses Zeichen habe, das uns versichert, es sei uns so
gegeben: das sind die Sakramente.
Achtzehntens soll kein Christenmensch an seinem Ende daran
zweifeln, dass er nicht allein ist in seinem Sterben, sondern er soll dessen
gewiss sein, dass, wie das Sakrament es anzeigt, gar viele Augen auf ihn sehen.
Erstens die Augen Gottes selber und Christi, weil er seinem Wort glaubt und
seinem Sakrament anhängt; sodann die lieben Engel, die Heiligen und alle
Christen. Denn daran ist, wie das Altarsakrament ausweist, kein Zweifel, dass
diese allesamt herzueilen, ihm den Tod, die Sünde, die Hölle überwinden helfen
und alle mit ihm tragen. Da ist das Werk der Liebe und Gemeinschaft der
Heiligen ernsthaft und gewaltig im Gange, und ein Christenmensch soll es sich
auch vor Augen stellen, und keinen Zweifel daran haben. Daraus wird er dann
beherzt werden zum Sterben. Denn wer daran zweifelt, der glaubt wieder nicht an
das hochwürdige Sakrament des Leibes Christi, in dem doch Gemeinschaft, Hilfe, Liebe,
Trost und Beistand aller Heiligen in allen Nöten gezeigt, zugesagt und gelobt
wird. Denn wenn du an die Zeichen und Worte Gottes glaubst, so hat Gott ein
Auge auf dich, wie er Psalm 32, 8
sagt: „Ich will meine Augen stetig auf dich richten, dass du nicht
untergehest.“ Wenn aber Gott auf dich sieht, so sehen ihm nach alle Engel, alle
heiligen, alle Kreaturen, und wenn du in diesem Glauben bleibst, so halten sie
alle die Hände unter. Geht deine Seele von dir, so sind sie da und nehmen sie
in Empfang; du kannst nicht untergehen. Das ist bezeugt bei Elisa, der zu
seinem Knecht sprach: „Fürchte dich nicht; es sind mehr mit uns als mit ihnen.“
Und doch hatten die Feinde sie umringt, und sie sahen sonst niemand. Aber Gott
tat dem Knechte die Augen auf; da war um sie ein großer Haufe von feurigen
Pferden und Wagen. Ebenso ist es auch gewiss um jeden herum, der Gott glaubt.
Hierher gehören dann die Sprüche Psalm 34, 8:
„Der Engel Gottes wird sich niederlassen rings um die, die Gott fürchten, und
wird sie erlösen.“ Psalm 125, 1
„Welche Gott vertrauen, die werden unbeweglich sein wie der Berg Zion; der wird
ewiglich bleiben. hohe Berge (das heißt Engel) sind in seinem Umkreis, und Gott
selber umringt sein Volk von nun an bis in Ewigkeit.“ Psalm 91, 11f:
„Er hat dich seinen Engeln anbefohlen; auf den Händen sollen sie dich tragen
und dich bewahren, wo du auch hingehst, dass du deinen Fuß nicht an irgendeinen
Stein stößest. Auf der Schlange und dem Basilisken sollst du gehen und auf den
Löwen und Drachen sollst du treten (das heißt alle Stärke und List des Teufels
werden dir nichts tun); denn er hat auf mich vertraut. Ich will ihn erlösen,
ich will bei ihm sein in allen seinen Anfechtungen, ich will ihm heraushelfen
und ihn zu Ehren bringen, ich will ihn erfüllen mit Ewigkeit, ich will ihm
offenbaren meine ewige Gnade.“ Ebenso sagt auch der Apostel, dass die Engel,
deren es unzählig viele gibt, allzumal dienstbar sind und ausgeschickt werden
um derer willen, die da selig werden.
Dies sind alles große Dinge. Wer
kann es glauben? Darum soll man wissen, dass es Gottes Werke sind. Die sind
größer als jemand denken kann, und doch wirkt er sie in einem so kleinen
Zeichen, in den Sakramenten, um uns zu lehren, was für ein großes Ding es um
einen rechten Glauben an Gott ist.
Neunzehntens sollte sich aber niemand anmaßen, diese Dinge aus
seinen eigenen Kräften fertig zu bringen, sondern man soll Gott demütig bitten,
dass er solchen Glauben und solches Verständnis seiner heiligen Sakramente in
uns schaffe und erhalte, damit es so mit Furcht und Demut zugehe und wir nicht
uns dieses Werk zuschreiben, sondern Gott die Ehre lassen. Dazu soll der Mensch
alle heiligen Engel, besonders seinen Schutzengel, die Mutter Gottes, alle
Apostel und lieben Heiligen anrufen, besonders diejenigen, zu welchem ihm Gott
besondere Andacht gegeben hat. Er soll aber so bitten, dass er nicht zweifle,
sein Gebet werde erhört. Dafür hat er zwei Gründe. Erstens hat er soeben aus
der Schrift gehört, wie Gott ihnen befohlen hat und wie es das Sakrament mit
sich bringt, dass sie alle, die glauben, lieben und ihnen helfen müssen. Das
soll man ihnen vorhalten und vorrücken; nicht als ob sie es nicht wüssten oder
sonst nicht täten, sondern damit der Glaube und das Zutrauen zu ihnen und durch
sie zu Gott desto stärker und fröhlicher werde, um so dem Tod unter die Augen
zu gehen. Zweitens hat Gott geboten, wenn wir beten wollen, sollen wir gewiss
fest glauben, dass das geschehe, was wir bitten, und es solle ein wahrhaftiges
„Amen“ geben. Dieses Gebot muss man Gott gleichfalls vorrücken und sagen: „Mein
Gott, du hast geboten, zu bitten und zu glauben, die Bitte werde erhört.
Daraufhin bitte ich und verlasse mich darauf, du werdest mich nicht verlassen
und mir einen rechten Glauben geben.“
Dazu sollte man das ganze Leben
lang Gott und seine Heiligen um einen rechten Glauben für die letzte Stunde
bitten, wie das ja sehr fein am Pfingsttag gesungen wird: „Nun bitten wir den
Heiligen Geist um den rechten Glauben allermeist, wenn wir heimfahren aus
diesem Elende.“ Und wenn die Stunde des Sterbens gekommen ist, soll man Gott
außer an sein Gebot und seine Zusage an dieses Gebet erinnern, ohne irgend
daran zu zweifeln, dass es erhört sei. Denn wenn er geboten hat, zu bitten und
beim Beten Vertrauen zu haben, und wenn er außerdem Gnade zum Bitten gegeben
hat: was sollte man daran zweifeln, dass er das alles darum getan hat, weil er
es erhören und erfüllen will?
Zwanzigstens. Nun sieh, was soll dir dein Gott mehr tun, damit du
den Tod willig annimmst, nicht fürchtest und überwindest? Er zeigt und gibt dir
in Christus das Bild des Lebens, der Gnade und der Seligkeit, damit du dich
nicht vor dem Bild des Todes, der Sünde und der Hölle entsetzest. Er legt
weiter deinen Tod, deine Sünde und der Hölle auf seinen liebsten Sohn,
überwindet sie für dich und macht sie unschädlich für dich. Er lässt obendrein
deine Anfechtung durch den Tod, die Sünde und die Hölle auch über seinen Sohn
gehen und lehrt dich, dich darin aufrechtzuerhalten und macht sie unschädlich
und auch erträglich. Er gibt dir für das alles ein zuverlässiges Wahrzeichen,
damit du ja nicht daran zweifelst: nämlich die heiligen Sakramente. Er befiehlt
seinen Engeln, allen Heiligen und allen Kreaturen, dass sie mit ihm zusammen
auf dich sehen, auf deine Seele Acht geben und sie in Empfang nehmen. Er
gebietet, du sollst das von ihm erbitten und der Erhörung gewiss sein. Was kann
oder soll er mehr tun? Darum siehst du, dass er ein wahrer Gott ist und rechte,
große, göttliche Werke mit dir wirkt. Warum sollte er dir nicht etwas Großes,
wie es das Sterben ist, auferlegen, wenn er so großes Vorrecht, Hilfe und
Stärkung hinzufügt, um zu erproben, was seine Gnade vermag, wie Psalm 111, 2
geschrieben steht: „Die Werke Gottes sind groß und auserwählt nach all seinem
Wohlgefallen.“?
Deshalb muss man darauf sehen,
dass man ja mit großer Freude des Herzens seinem göttlichen Willen danke, weil
er an uns wider den Tod, die Sünde und die Hölle so wunderbar, reichlich und
unermesslich Gnade und Barmherzigkeit übt. Man darf sich nicht so sehr vor dem
Tode fürchten: man muss allein seine Gnade preisen und lieben. Denn die Liebe
und das Loben erleichtern das Sterben gar sehr; so sagt Gott durch Jesaja: „Ich
will deinen Mund mit meinem Lobe zäumen, dass du nicht untergehst.“ Dazu helfe
uns Gott! Amen.