1.
Der
Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am
Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar.
2.
Wie
ist die Welt so stille und in der Dämmrung Hülle so traulich
und so hold als eine stille Kammer, wo ihr des Tages Jammer verschlafen und
vergessen sollt.
3.
Seht
ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie
nicht sehn.
4.
Wir
stolzen Menschenkinder sind eitel arme Sünder und wissen gar nicht viel. Wir
spinnen Luftgespinste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel.
5.
Gott,
lass dein Heil uns schauen, auf nichts Vergänglichs
trauen, nicht Eitelkeit uns freun; lass uns einfältig
werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein.
6.
Wollst
endlich sonder Grämen aus dieser Welt uns nehmen durch einen sanften Tod; und
wenn du uns genommen, lass uns in' Himmel kommen, du unser Herr und unser Gott.
7.
So
legt euch denn, ihr Brüder, in Gottes Namen nieder; kalt
ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott, mit Strafen und lass uns ruhig
schlafen. Und unsern kranken Nachbarn auch.
Text:
Matthias Claudius 1779
Melodie:
Johann Abraham Peter Schulz 1790