von Michiaki
Horie[ 1
]
Allein in der Bundesrepublik Deutschland
sterben Jahr für Jahr 13000 bis 14000 Menschen (Stand 1979) durch ihre eigene
Hand, Menschen, die sich bewusst für ihren eigenen Tod entschieden haben. Es
gibt verschiedene Motive, die zu dem Entschluss führen, dem Leben ein Ende zu
setzen.
Da ist einmal der Bilanz-Selbstmord. Wie bei
einer mathematischen Gleichung kommt dieser Mensch zu dem Schluss, dass sein
Leben nicht lebenswert ist. Er ist von der Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit
seines Lebens überzeugt, so dass er nur selten bei einem Arzt oder einem
vertrauten Menschen Rat sucht. Häufig findet man ihn, wenn es zu spät ist, und
ist zutiefst erschüttert, weil niemand etwas von der Tiefe des Konflikts geahnt
hatte.
Ich denke an eine junge Frau, die in einer
sehr einengenden Beziehung aufgewachsen und von ihrer Mutter von klein auf
überängstlich umsorgt worden war. Um dieser besitzergreifenden
Mutter zu entrinnen, floh sie in eine Ehe, die unglücklich war. Auch ihre
überbetonte Emanzipation konnte sie nicht darüber hinwegtäuschen. Da die Ehe
kinderlos blieb, hatte sie nach der Scheidung keinerlei enge Bindung. Eines
Morgens fand man neben ihrem Bett den Abschiedsbrief. Sie war zu dem Schluss
gekommen, dass ihr Leben keinen Sinn mehr habe.
Wie statistisch nachgewiesen wurde, erhöhen
negative Kindheitserlebnisse sowie Probleme in Ehe und Beruf das
Selbstmord-Risiko.
Neben dem Bilanz-Selbstmord begegnen wir
häufig dem Selbstmord, der einen krankheitsgeschichtlichen Hintergrund
aufweist. Hier liegt in der Tat nicht eine nüchtern-kalte Überlegung zugrunde,
sondern eine Krankheit. So finden wir nicht selten bei einer Schizophrenie eine
erhöhte Suizidgefährdung (Suizid-Selbstmord).
Schizophrenie (Spaltungsirresein) ist von altersher eine umstrittene Krankheit, die der Medizin bis
heute Rätsel aufgibt. Der eine sieht in der Schizophrenie einen hirnorganischen
Prozess. Ein anderer setzt Schizophrenie mit einer Neurose gleich und macht
allein das Milieu für die Erkrankung verantwortlich. Ein dritter vermutet
hinter der Schizophrenie eine Besessenheit. Manche Grenzfälle machen in der Tat
eine Unterscheidung schwer.
In erster Linie jedoch handelt es sich um
ein medizinisches Problem, bei dem die Vererbung eine wichtige Rolle spielt.
Heute weiß man, dass gewisse chemische Substanzen unser Gehirn beeinflussen.
Die Schizophrenie beginnt in den meisten Fällen schleichend, so dass diese
Krankheit im Vorstadium nicht ohne weiteres zu erkennen ist. Im weiteren
Verlauf treten dann Wahnideen und Halluzinationen immer häufiger in den
Vordergrund.
Grob gesehen unterscheiden wir vier
Schizophrenieformen:
l. Die Hebephrenie, die vorwiegend in der Pubertät beginnt und
durch Antriebslosigkeit gekennzeichnet ist.
2. Die Katatonie,
in der es zu starken Erregungszuständen oder einer Erstarrung kommt.
3. Die coenästhetische Schizophrenie, bei der es sieh um ein
gestörtes Leibgefühl handelt. Die Patienten klagen über mannigfache
Beschwerden, die undefinierbar sind und in keinem Zusammenhang stehen mit einem
organischen Befund.
4. Die
paranoid-halluzinatorische Form, die durch Wahnideen und Halluzinationen
gekennzeichnet ist, wobei die akustischen Halluzinationen überwiegen.
Diese Menschen erhalten halluzinatorisch
Befehle, die stets negativen Inhalt aufweisen. So hören sie etwa den Befehl,
sich umzubringen. Zu Beginn dieser Phase sind sie irritiert, doch im Laufe der
Krankheit den Stimmen völlig ausgeliefert. Hier liegt offensichtlich eine
starke Ich-Störung zugrunde. Auffallend ist, dass ein Suizid oft in grausamster
Form erfolgt, als würde ein fremder Gegenstand zerstört.
Außer den akustischen Halluzinationen können
auch Wahnvorstellungen, das heißt Wahnideen im Vordergrund stehen. So kann
jemand fest davon überzeugt sein, vergiftet oder verfolgt zu werden. In seinem
Verfolgungswahn fühlt er sich in die Enge getrieben. Alles was er hört und
sieht, bezieht er auf sich und deutet es als geheime Botschaft.
Ich erinnere mich an einen 40jährigen Mann,
der blutüberströmt in die Klinik eingeliefert wurde. Wie sich herausstellte,
hatte er sich während einer Wahl beobachtet gefühlt und war überzeugt, von
einer unbekannten Geheimorganisation verfolgt zu werden. Ob er Radio hörte oder
das Fernsehen einschaltete oder Zeitung las, alles deutete er als
verschlüsselte Botschaft, die auf seinen Tod zielte. In seiner Verzweiflung
versuchte er schließlich, sich selbst umzubringen, bevor er in die Hände seiner
vermeintlichen Verfolger fiel. Nach mehrwöchiger psychiatrischer Behandlung war
dieser Mann krankheitseinsichtig und distanzierte sich von seinem Wahn.
Auch bei einer Depression sind gehäuft
Selbstmorde feststellbar. Einer Depression können verschiedenste Ursachen
zugrunde liegen. Da hat beispielsweise ein Mensch durch ein tiefgreifendes
Erlebnis seine Orientierung verloren, sei dieses Erlebnis nun schuldhafter Art
oder auf Verlust zurückzuführen oder in einer Enttäuschung begründet. Darüber
hinaus aber kann eine Depression krankheitsbedingt sein, und auf einer Störung
des Stoffwechsels beruhen. Wir unterscheiden bei einer Depression verschiedene
Schweregrade.
1. Die depressive
Verstimmung, bei der neben einer leichten Gedrücktheit die Unfähigkeit steht,
Gefühle wahrzunehmen. Es ist eine stumpfe Traurigkeit ohne Tränen. Diese
Menschen grübeln Tag und Nacht über dasselbe Thema - oft ohne Realitätsbezug.
2. Depressive Menschen
zeigen eine gewisse Denkhemmung. Sie können sich nicht konzentrieren und
erfassen keinen Zusammenhang.
3. Die
psychomotorische Hemmung macht jede Entscheidung zu einem unlösbaren Problem.
4. Wir beobachten
bei Depressionen Vitalstörungen, diese Kranken haben keinen Appetit. Sie klagen
über Verdauungsstörungen, Potenzstörungen und Schlaflosigkeit. Sie werden
geplagt von Kopfschmerzen, Schwindel, Magen- und Herzbeschwerden. Über 70
Prozent der Depressiven klagen über spontane Angst, sei es Angst vor Krebs, der
Vereinsamung, Verarmung oder irgendeinem Schicksal.
Häufig ist die Angst gegenstandslos, kann
sich aber dennoch bis zur Todesangst steigern. So kann das Bewusstsein,
schuldig geworden zu sein, einen Menschen derart niederzwingen, dass er an keine
Vergebung mehr glaubt; oder der Gedanke zu verarmen - auch wenn er objektiv
betrachtet unrealistisch ist - ihn so tief bedrücken, dass er keinen anderen
Ausweg sieht, als seinem Leben ein Ende zu setzen. Menschliche Kontakte
entscheidend.
Bei einer echten Depression ist medizinische
Hilfe angezeigt, da dieser Kranke durch Medikamente Erleichterung erfahren
kann. Doch darüber hinaus ist der menschliche Kontakt sehr entscheidend. Dabei
kommt es nicht so sehr auf ein tiefenpsychologisch fundiertes Gespräch, sondern
einfach auf menschliche Nähe an, die dem Kranken Geborgenheit gibt und das
Bewusstsein, nicht allein gelassen zu werden. In seiner depressiven Phase ist
der Kranke nur sehr schwer zugänglich, aber im Grunde genommen dankbar für
menschliche Nähe und einen engagierten menschlichen Beistand.
Vielleicht sind Sie als Seelsorger etwas
verärgert, wenn Sie den Eindruck gewinnen, dass all Ihre Zuwendung nicht
genügend gewürdigt wird. Aber der Kranke registriert im Allgemeinen sehr genau,
ob jemand mit aufrichtigem Herzen neben ihm aushalten kann und bereit ist, die
Last mitzutragen. Wenn Sie einen Depressiven zu einem
Ortswechsel zu überreden versuchen, werden Sie ihm in der Regel keinen guten
Dienst leisten, da er sich in der vertrauten Umgebung am sichersten fühlt.
Eine große Hilfe ist es, wenn ein
Depressiver solange wie möglich im Arbeitsprozess bleibt, denn dadurch wird die
Gelegenheit zum Grübeln auf ein Mindestmaß beschränkt. Allerdings sollte es
eine Arbeit sein, die nicht zu viele Entscheidungen von ihm fordert, da die
Angst zu versagen sonst übermächtig werden kann.
Im Gegensatz zu dem Bilanz-Selbstmörder wird
der Depressive häufig seine Lebensmüdigkeit zum Ausdruck bringen.
Eine Untersuchung unter Depressiven ergab, dass
bei verheirateten und ledigen Patienten seltener Suizide nachgewiesen worden
waren als bei Verwitweten und Geschiedenen. Familiäre Probleme erhöhen
zweifellos ein Suizidrisiko, wobei eine 'broken-home'-Situation
eine deutliche Suizidgefährdung darstellt. Auch schwere körperliche Erkrankung
führt nicht selten zu einem Suizid.
Bei einer statistischen Auswertung (Weig, W. Neurol. Psych. 5 (1979)
203-206) wurde festgestellt, dass von Depressiven mit einer tragfähigen
religiösen Bindung seltener Suizidhandlungen unternommen wurden, so dass eine
intakte Familie und religiöse Bindung prophylaktisch, das heißt als vorbeugend
angesehen werden können.
Ich habe erfahren, dass eine kontinuierliche
Verbindung mit selbstmordgefährdeten Menschen eine große Hilfe darstellt. So
ist es wichtig, dass Sie feste Zeiten miteinander vereinbaren wie etwa: "
Wir sehen uns morgen um 16 Uhr." Dieses feste Engagement stellt für den
Gefährdeten eine Sicherheit dar und kann einen Selbstmord abwenden. Es wäre
keine Hilfe, wenn Sie ihm tröstend versicherten: "Wir sehen uns
wieder" oder wenn Sie sagen: "Sie können mich einmal besuchen."
Ein fester Zeitpunkt wird in der schwersten Stunde einer Anfechtung zu einem
Rettungsring, an den sich der Kranke wie ein Ertrinkender festklammert. Ein
winziger Schimmer Hoffnung leuchtet so in seinem Leben auf.
Als letztes sei hier noch eine andere
Störung aufgezeigt, die zu einem Suizid führen kann, die Neurose. Neurose ist
eine Störung der Erlebnisverarbeitung mit Verdrängung, unangenehme Erlebnisse
werden in das Unterbewusstsein verdrängt. Man will sie nicht wahrhaben und
versucht so zu leben, als gäbe es sie nicht. Aber was einen Menschen zutiefst
getroffen hat, kann er nicht einfach ungeschehen machen. Wenn er das versucht,
wird dieser Versuch körperliche und seelische Folgen nach sich ziehen. Und in
der Tat stellen sich Symptome ein, sei es im seelischen oder im körperlichen
Bereich.
Diese Symptome sind sehr vielschichtig. Bei
dem einen kommt es zu Erbrechen, zu Magen-, Darm- oder Gallenbeschwerden. Ein
anderer neigt zu Nierenkoliken, wieder ein anderer fängt an zu zittern; auch
Lähmungen können auftreten sowie Sprachstörungen; sehr häufig treffen wir
Herzbeschwerden an oder Asthmaanfälle, auch schwer zu behandelnde Ekzeme werden
beobachtet. Andere wiederum leiden unter Zwängen, sie müssen sich unzählige
Male am Tag die Hände waschen oder zigmal zur Tür gehen, um zu kontrollieren,
ob sie auch tatsächlich verschlossen ist. Ähnlich störend wirken sich
Zwangsgedanken aus, wobei der Betreffende einen bestimmten Gedanken denken
muss. Je mehr sich der Mensch dagegen wehrt, desto mehr verstrickt er sich
darin wie ein Opfer im Netz einer Spinne. Ein anderer wird von starkem
Misstrauen geplagt. Er schöpft bei jedem Verdacht und vermutet hinter allem
einen Angriff gegen die eigene Person. All diese Symptome haben eines
gemeinsam: sie engen den Menschen ein und lassen ihn zu einem Zerrbild seiner
selbst werden.
Eines Tages kam ein Psychologiestudent in
meine Sprechstunde. Er hatte gerade einen demonstrativen Selbstmordversuch
hinter sich. Sein ganzes Auftreten wirkte unnatürlich und übertrieben. Seufzend
ließ er sich nieder und fragte mich gespannt: "Na, wie wirke ich auf
Sie?" ich wollte ihm beim ersten Kennenlernen
nicht sofort meinen Eindruck sagen, darum antwortete ich ausweichend: "Sie
wirken etwas erschöpft." Enttäuscht, ja, geradezu entsetzt fragte er:
"Ist das alles - ist das alles? Und dann ein so geschulter Mann wie Sie?
Da hätte ich Ihnen doch eine bessere Menschenkenntnis zugetraut."
Ich bedankte mich höflich für seine hohe
Meinung von mir und meinte so beiläufig: "Sie hätten es am liebsten
gesehen, jemand hätte Sie ohnmächtig aufgefunden, man hätte dann einen Notarzt
gerufen und Sie schließlich mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren."
Entsetzt starrte er mich an: "Woher wissen Sie das? Genau das hatte ich
mir im Stillen gewünscht. Aber es hat nicht geklappt", fügte er ehrlich
hinzu. Nun, hier handelt es sich um einen etwas hysterischen Persönlichkeitstyp,
obwohl diese Bezeichnung sehr belastet ist. Aber dieser demonstrative
Selbstmordversuch, der durchaus ungewollt einmal gelingen kann! - wird häufig
bei neurotischen Persönlichkeiten beobachtet. Auf der einen Seite ist er ein
Appell, um andere auf sich aufmerksam zu machen, auf der anderen Seite kann er
eine Rache sein. Man wurde verletzt und will sich rächen, indem man dem anderen
wehtut.
Dahinter aber steckt eine Bitterkeit, auf
die man im Grunde nicht verzichten will. Diese Menschen fühlen sich gekränkt,
gedemütigt, nicht verstanden. Anstatt ihre Bitterkeit und ihren Groll
aufzuarbeiten und sich davon zu distanzieren, suchen sie nach einer
Möglichkeit, den anderen mit einem massiven Schuldgefühl zu bestrafen. Sie
werden kaum einen Selbstmordversuch unternehmen, ohne zuvor deutlich genug ihre
Absieht kundzutun.
Nun, es ist hier nicht der Raum, im Einzelnen
auf die Entstehung einer Neurose näher einzugehen. Es seien nur kurz einige
Punkte genannt, die zu einer Neurose führen können. Da ist einmal die Verwöhnung
in der Kindheit - oder als Gegenseite auch die Demütigung. Dann die
doppelzüngige Botschaft, wobei das übermittelte Gefühl dem gehörten Wort
entgegensteht. Sodann eine zu hohe Anforderung an das Kind. Weiter: die
Bindungslosigkeit, die vor allem in der heutigen Gesellschaft eine große Rolle
spielt. Und schließlich die überängstliche Erziehung. Diese sechs
Gefahrenquellen können im späteren Verlauf eine Neurose entstehen lassen.
Wie können wir einer Suizidgefährdung
entgegenwirken? Auch hier wieder einige Punkte zusammenfassend:
1. Zusammenhänge
aufdecken, wobei der Seelsorger nur das aufnehmen sollte, was der andere von
sich aus preisgibt, ohne mit Gewalt psychologisch deuten zu wollen.
2. Neue Beziehung
knüpfen.
3. Bewusste
Entscheidungen treffen lehren.
4. Verantwortung
übernehmen.
5. Eine geistige
Umschulung vornehmen.
6. Zur
Vergebungsbereitschaft führen.
Helmut kam nach einem zweimaligen
Suizidversuch zu mir. Er war sehr wortkarg und reserviert. Dementsprechend
gestalteten sich die Gespräche schwer. Es war ein mühsames Frage- und
Antwortspiel. Man spürte seine innere Spannung. Gegen Ende des Gespräches kam
ich auf seinen Vater zu sprechen. Und da war's, als wären alle Schleusen
geöffnet.
Seine ganze Aggression kam zum Ausbruch, als
er sagte: "Ich hasse meinen Vater. Er hat mich noch nie verstanden. Ich
musste immer so sein, wie mein Vater mich haben wollte. Mein ganzes Leben hat
er bestimmt. Auch meine Studienfächer wurden von ihm vorgeschrieben. Bei allem,
was ich tue, habe ich immer das Gefühl, dass mir mein Vater über die Schulter
sieht." - "Fühlen Sie sich Ihrem Vater ausgeliefert?" -
"Ja, vollkommen." Wir versuchten lange, diesen oder jenen Gedanken
weiter zu verfolgen, bis ich schließlich sagte: "Sie würden mit Sicherheit
keine Lösung für Ihr Problem finden, wenn Sie Ihre Aggression an Ihrem Vater
oder an sich selbst auslassen würden. Ich kenne nur eine einzige Lösung für Ihr
Problem." Und so sagte ich ihm das Wort Jesu von der Vergebung. Er schwieg,
und ich spürte seinen inneren Kampf.
Danach machten wir einen neuen Termin aus.
Noch vor dem Termin erreichte mich eine Karte mit dem Satz: "Es
funktioniert."
Als er dann einige Tage später vor mir
stand, hatte ich den Eindruck, ein anderer Mensch stände vor mir. Und dann
berichtete er. Das letzte Gespräch hatte ihn sehr mitgenommen. Die Forderung
Jesu erschien ihm unmöglich. Aber schließlich sagte er sich: Ich habe alles
ausprobiert. Ich habe gehasst, gestichelt, ich war beleidigt, bin weggelaufen,
ja, ich habe sogar zweimal versucht, meinem leben ein Ende zu machen - nur die
Möglichkeit der Vergebung habe ich bisher nicht versucht. So fing er an, mit
Jesus darüber zu sprechen. Er fühlte sich von Jesus akzeptiert. Und plötzlich
erkannte er: Ich bin ja gar nicht meinem Vater ausgeliefert. Ich gehöre ja zu
Jesus. Und diese neue Zugehörigkeit gab ihm eine neue Position. In dieser Zeit
waren seine Eltern gerade im Urlaub. Als sie zurückkamen, konnte er ihnen zum
ersten Mal unbefangen begegnen. Und zu seinem größten Erstaunen stellte er
fest, dass die Hassgefühle nicht mehr da waren. Auch konnte er mit seinem Vater
ohne die gewohnte Aggression sprechen. Und noch mehr wunderte es ihn, dass sein
Vater Verständnis zeigte, als er bald darauf seine Studienfächer änderte.
Vergebung hat nichts mit einem Gefühl zu
tun, es ist eine Entscheidung. Und ich habe in meiner Praxis immer wieder
erfahren, dass Gott sich zu einer solchen Entscheidung bekennt.
[ 1
] Der Autor, Dr. med. Michiaki Horie
ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychologie. Er lebt heute mit
seiner Frau in Kanada.