Biblische Urgeschichte - Teil 07/10 - Auf den Spuren der Patriarchen - Isaak und Jakob
Roger Liebi
Audioabschrift – Bibelstudientage Herznach 1999
1. Mose 25, 1 – 1. Mose 27, 46
Wir haben in den letzten Bibelstudientagen begonnen, systematisch das erste Buch Mose zu untersuchen, zunächst die Urgeschichte in 1. Mose 1-11, dann das Leben Abrahams, Kapitel 12-25, und nun kommen wir also zu Isaak und Jakob, Kapitel 25-36. Wenn hier steht, um 2.000 vor Christus, dann meint das die Zeit nach 2.000 vor Christus. Abraham lebte – das kann man sich gut merken – um 2.000 vor Christus und darauf folgten dann Isaak und Jakob. Wir haben das Leben Abrahams gesehen bis Kapitel 25, Vers 11, wo er dann starb mit 175 Jahren und von Isaak und Ismael begraben worden ist. Jetzt kommen die Verse 12-18, die beschreiben die Entwicklung Ismaels, der eben nicht zum Erbe ausersehen war, von dem aber die arabischen Stämme abstammen, wozu auch Muhammad gehört. Muhammad kommt aus der ismaelitischen Abstammungslinie und hat den Islam gebracht, das kommt aus dieser Linie Abraham, Ismael. Und in diesen Versen wird uns gezeigt, wie Ismael sich über zwölf Söhne freuen konnte, während Isaak, der dann beschrieben wird ab Vers 19, vierzig Jahre lang auf seine von Gott geschenkte Frau warten musste.
Und dann mussten die beiden noch einmal zwanzig Jahre lang auf Kinder warten. Obwohl diese Geschichte auf Gottes Führung und Allmacht gegründet war, ging es nicht ohne Probleme und Warten. Als Antwort auf Gebet bekommen sie dann schließlich doch Kinder. Ich lese Kapitel 25, 21: «Und Isaak bat den Ewigen für seine Frau, denn sie war unfruchtbar. Und der Ewige ließ sich von ihm erbitten und Rebekka, seine Frau, wurde schwanger.» Also ganz klar eine Antwort auf Gebet und langes Warten. Heute geht man zum Gynäkologen und dann kann er vielleicht etwas machen und es gibt Kinder. Ich will jetzt nichts dagegen sagen, aber wir müssen auch merken, wie die Zeit sich geändert hat. Je mehr Möglichkeiten wir haben um etwas zu machen, umso weniger erfahren wir dann so unmittelbar das Wirken Gottes. Also ich will nichts dagegen sagen, dass wir diese medizinischen Errungenschaften haben, nur ist es vielleicht eine Erklärung dafür, dass Menschen heute darüber klagen, dass sie Gott nicht so erleben, wie die Menschen das früher getan haben. So vieles ist heute machbar, was man früher nur durch Gebet bekommen konnte. Heute ist es auch was soziale Sicherheit und Versicherung anbetrifft alles machbar, aber früher gab es nur eine Säule: das Vertrauen auf Gott.
Und das taten Isaak und Rebekka und dann kamen sogar Zwillinge. Das war eine doppelte Überraschung. Hier sehen wir wieder, dass der Jüngere von Gott auserwählt wird. Ich lese Vers 22: «Und die Kinder stießen sich in ihr und sie sprach: Wenn es so steht, warum bin ich dies? Und sie ging hin, Jahwe zu befragen.» Das ist Rebekkas persönliches Gebetsverhältnis zu Gott. «Und der HERR sprach zu ihr: Zwei Nationen sind in deinem Leibe, und zwei Völkerschaften werden sich scheiden aus deinem Innern, und eine Völkerschaft wird stärker sein als die andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.» Jetzt wusste sie, Gott in seiner Souveränität hat den Jüngeren gewählt. Das überrascht uns nicht mehr, nachdem wir schon so lange durch das erste Buch Mose gegangen sind. Das haben wir schon gesehen bei Kain und Abel, Sem anstatt Japhet, oder auch Abraham anstatt Haran oder Nahor und auch Isaak anstelle von Ismael dem Älteren. Und hier eben auch: Nicht Esau, sondern Jakob wird erwählt. Das ist Gottes Souveränität. Er kann wählen und erwählen wie er will. Das finden wir in Römer 11, 11-13.
Im Weiteren finden wir Jakob, der Wert legt auf das Erstgeburtsrecht. Denn er wusste, durch das Erstgeburtsrecht werde ich Stammvater des in der Zukunft Segen bringenden Messias. Esau verachtete das. Als er da von der Jagd zurückkam und sah das wunderbare Linsengericht, das Jakob am kochen war, war er bereit, sein Erstgeburtsrecht für dieses Linsengericht zu verkaufen. Gut, ich kann das schon wegen der Linsen nicht verstehen, aber das ist ein anderes Thema. Aber was hier deutlich wird, Esau verachtete diese Zukunftsverheißungen Gottes und er glaubte auch nicht an die Bedeutung des Lebens nach dem Tod. Das sehen wir ausdrücklich in Vers 32: «Und Esau sprach: Siehe ich gehe hin zu sterben und wozu mir da das Erstgeburtsrecht.» Denn vieles von dem Segen des Erstgeburtsrechts sollte ja erst viel, viel später in der Heilsgeschichte kommen. Das sollte erst in der Auferstehung einmal erlebt werden. Und Esau sagte, was soll das? Jetzt genieße ich das Leben, jetzt will ich dieses Linsengericht. Er will das Momentane genießen. Hebräer 12, 16-17 kommentiert neutestamentlich die innere Haltung von Esau: „Dass nicht jemand ein Hurer sei oder ein Ungöttlicher wie Esau, der für eine Speise sein Erstgeburtsrecht verkaufte. «Denn ihr wisset, dass er auch nachher, als er den Segen ererben wollte, verworfen wollte. Denn er fand keinen Raum für die Buße, obwohl er ihn (d.h. den Segen) sehr mit Tränen suchte.» In 1. Korinther 15, 32 wird gewarnt vor den Menschen, die sagen: «Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir nicht mehr.» Aber das ist genau das Motto, das viele Leute in unserer Gesellschaft haben. Das momentane Genießen, aber irgendwelche zukünftigen Verheißungen Gottes interessiert sie überhaupt nicht.
Die Archäologie hat in den vergangenen Jahren viele Texte aus dem 2. Jahrtausend vor Christus ans Licht gebracht. Da hat man einen interessanten Text aus Nuzi, wo ein gewisser Tupkitilla sein Erstgeburtsrecht für drei Schafe verkaufte. Ich verweise hier auf das Standardbuch von Kitchen, einer der führenden Altorientalisten in diesem Jahrhundert, er ist übrigens Christ, also echter Christ, Ancient Orient and Old Testament, S. 154. Also das zeigt uns, in dieser Zeit gab es das Prinzip, dass man das Erstgeburtsrecht für etwas relativ Unbedeutendes verkaufen konnte. Dann sind in diesem Text hier die vielen Wortspiele noch wichtig. Bei der Geburt war es ja so, dass der Jüngere den Fersen hielt von seinem Bruder Esau und so bekam Jakob den Namen Fersenhalter, Jaakov. Aber dieses Wort hat eine Doppelbedeutung, denn es bedeutet gleichzeitig auch Betrüger und das beschreibt dann sehr gut den Charakter und das Leben von Jakob.
Esau fiel bei seiner Geburt dadurch auf, dass er über und über behaart war. Das hat ihm den Namen Esau, hebr. esav, eingebracht, das bedeutet der Behaarte. Aber interessant ist, Esau geht später in die Gegend von Südjordanien um dort zu wohnen und dieses Gebirge wird Seir genannt, das heißt behaart oder rau. Das heißt nicht, dass diese Berge Haare haben, aber sie sind rau. Esau war auch nicht nur behaart, sondern er war auch in seinem Wesen eher ein rauer Mensch, ein Jägertyp. Dieses Gebirge Seir wird erwähnt in Kapitel 32, 3, ein raues, unwirtliches Gebirge in Südjordanien. Esau bekommt, als er da in Vers 30 die roten Linsen unbedingt wollte, den Namen Edom. Edom heißt rot. Aber es ist noch ein anderes Wortspiel, denn in Vers 25, schon bei der Geburt, heißt es: «Und der erste kam heraus, rötlich am ganzen Leib.» Und später bekommt er eben den Namen Edom, weil er die roten Linsen mehr schätzte als das Erstgeburtsrecht. Aber interessant ist auch, dass in der Bibel auch Südjordanien, Esaus späteres Siedlungsgebiet, Edom genannt wird und das sind auch ganz rote Felsen. Das erklärt übrigens noch etwas, nämlich das Rote Meer. So wird das Meer genannt in Hebräer 11, 29. Aber das rote Meer ist überhaupt nicht rot, aber es war eben gelegen neben dem Siedlungsgebiet von Edom und möglicherweise kam von daher diese Bezeichnung Rotes Meer, weil es das Meer Edoms ist.
Wir gehen weiter zu Kapitel 26. Es gibt eine Hungersnot im Land Kanaan. Isaak kommt hier in Not und geht dann nach Gerar zu den Philistern, also in den Westen, nach Westkanaan. Und dort erscheint ihm Gott in einer Vision und warnt ihn, nach Ägypten hinabzugehen. Vers 26, 2: «Und der Ewige erschien ihm zu sprach: Ziehe nicht nach Ägypten. Bleibe in dem Land, von dem ich dir sage. Halte dich auf in diesem Land und ich werde mit dir sein und dich segnen, denn dir und deinem Samen werde ich all diese Länder geben, und ich werde den Eid aufrechterhalten, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe. Und ich werde deinen Samen mehren wie die Sterne des Himmels und deinem Samen alle diese Länder geben; und in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde: darum dass Abraham meiner Stimme gehorcht und beobachtet hat meine Vorschriften, meine Gebote, meine Satzungen und meine Gesetze. So blieb Isaak in Gerar.» Also die abrahamitischen, messianischen Verheißungen werden jetzt hier an Isaak von Gott bestätigt.
Wegen der Hungersnot wollte Isaak offensichtlich nach Ägypten hinunter. Das haben wir schon früher gesehen, als Abraham das auch getan hat wegen einer Hungersnot, Kapitel 12. Und das hat sehr schwere Konsequenzen gebracht. Und jetzt, als Isaak in der Gefahr steht, den gleichen Fehler auch zu begehen, warnt ihn Gott und sagt:Bleibe hier! Schwierigkeiten sind nicht automatisch ein Aufruf, dass man dann flüchten soll. Gott sagt, ich will mit dir sein auch in den Schwierigkeiten. Also nicht gleich davonlaufen, wenn es irgendwie schwierig wird. Aber Gott gibt Verheißungen und Isaak baut auf diese Verheißungen. Es geht nicht alles so schnell wie bei Ismael, aber er hat Gottes Zusagen und er glaubt sie.
Im Weiteren sehen wir wie Isaak dort bei den Philistern Rebekka als seine Schwester vorstellt. Und er hatte Angst zu sagen, dass sie seine Frau ist, weil man ihn sonst vielleicht töten könnte, weil Rebekka so unwahrscheinlich schön war. Die Geschichte wiederholt sich. Das haben wir doch alles schon gesehen bei Abraham. Wir sehen also, wie Söhne die Fehler der Väter sehr leicht wiederholen können. Und auch hier ist dann alles aufgeflogen. Interessant ist aber, wie es aufgeflogen ist. Vers 8: «Und es geschah, als er längere Zeit daselbst gewesen war, da blickte Abimelech, der König der Philister, durchs Fenster, und er sah, und siehe, Isaak scherzte mit Rebekka, seinem Weibe. Da rief Abimelech den Isaak und sprach: Sieh, fürwahr, sie ist dein Weib; und wie hast du gesagt: Sie ist meine Schwester? Und Isaak sprach zu ihm: Weil ich mir sagte: dass ich nicht sterbe ihretwegen. Und Abimelech sprach: Was hast du uns da getan! Wenig fehlte, so hätte einer aus dem Volke bei deinem Weibe gelegen, und du hättest eine Schuld über uns gebracht.» Also auch hier ist man erstaunt über diesen hohen moralischen Standard, den die Philister damals noch hatten. Wir haben das ja auch schon bei den Ägyptern gesehen.
Die Lüge hier ist ein bisschen stärker, denn Rebekka war nicht die Halbschwester von Isaak. Man könnte höchstens sagen, Schwester bedeute auch Verwandte, Cousine, in diesem Sinne würde es dann noch stimmen. Es ist aber schon weiter gegangen als bei Abraham. Eindrücklich ist: Wie hat Abimelech gemerkt, dass Isaak verheiratet ist? Sie haben zusammen gescherzt. Das war also ein romantischer Umgang zwischen Isaak und Rebekka, der sofort deutlich macht, dass sie eine intime Beziehung haben, dass sie verheiratet sind. Isaak war damals wenigstens sechzig Jahre alt und trotzdem konnten sie noch so romantisch miteinander spielen. Das muss man wieder ganz positiv werten, denn es ist ganz wichtig, dass eine Ehe so gepflegt wird bis ins Alter hinein. Also wir können der Geschichte des Versagens von Isaak auch etwas Gutes abgewinnen.
In Kapitel 26, 12-14 wird dann betont wie Isaak gesegnet wird: «Und Isaak säte in selbigem Lande und gewann in selbigem Jahre das Hundertfältige; und der HERR segnete ihn.» Also gleich auf dieses Versagen hin kommt dieser hundertfältige Segen. Das zeigt etwas Wichtiges: Segen ist nicht automatisch die Folge von einer Treue in unserem Leben. Wir können also nicht sagen: Wenn wir gesegnet sind, dann ist das der Beweis dafür, dass wir total auf dem richtigen Weg sind. Das ist Gottes Souveränität. Er kann segnen, auch wenn wir es überhaupt nicht verdient haben und darum habe ich dann auf dem Blatt noch Psalm 136, 1 zitiert: «Der HERR ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.» Davon leben wir. Später, in den Versen 15 und folgende, wird uns berichtet wie Isaak alte Wasserbrunnen von seinem Vater Abraham wieder aufgegraben hat, einen nach dem anderen. Schließlich findet er sogar einen Brunnen mit lebendigem Wasser. Lebendiges Wasser auf hebräisch «majim chajim», das bedeutet Quellwasser, frisches Quellwasser, also das fließend ist. Diese Wasserbrunnen sind von den Philistern verstopft worden, Vers 15, und er gräbt sie nun wieder auf, findet sogar lebendiges Wasser. Aber die Philister kommen wieder und sind streitsüchtig und er muss von einem Ort zum nächsten gehen.
Das hat uns sehr viel zu sagen in der Übertragung. Die Philister sind für uns ein Bild für die Namenschristen. Man sieht in 1. Mose 10, dass die Philister ursprünglich aus dem Mittelmeerraum nach Ägypten gekommen und von dort nach Kanaan eingewandert sind, in das Gebiet des heutigen Gazastreifens. Die sind also, wie Israel später auch, einmal aus Ägypten ausgezogen in das Land der Verheißung. Aber nicht so wie das Volk Israel, das mit Gott einen Bund geschlossen hat am Sinai und Erfahrungen mit Gott in der Wüste gemacht hat, sondern die sind einfach so dorthin gezogen. Und so sind sie für uns ein gutes Bild für Namenschristen, die so ganz ähnlich wirken können wie echte Christen. Was haben die Philister gemacht? Sie haben einen Brunnen nach dem anderen von Abraham verstopft. Wasser, besonders lebendiges Wasser, ist in der Bibel ein Bild einerseits von Gottes Wort, Epheser 5, 25, und andererseits die Kraft des Heiligen Geistes, Johannes 7, 37-39.
Also das haben wir in der Kirchengeschichte auch erlebt, wie Namenschristen, große Theologen begonnen haben, die Quelle des Wortes Gottes zu verstopfen. Das hat begonnen mit der Bibelkritik im 18. Jahrhundert und hat sich dann im 19. Jahrhundert entfaltet mit Wellhausen, Wellhausen-Graf-Schule und so weiter, die versucht haben die Bibel zu zerpflücken. Man hat die Bücher Mose in verschiedene Quellen aufgeteilt und hat gesagt, das ist überhaupt nicht übernatürlich inspiriert, das ist reines Menschenwort und man muss die Geschichte Israels als eine Evolution sehen und so weiter. Und dadurch hat sich ganz massiv im 20. Jahrhundert der Unglaube gegenüber der Bibel entwickelt. Aber das haben nicht Atheisten getan, sondern das haben Christen getan, solche Geier wie Wellhausen und Konsorten. Also die haben gewissermaßen diese Brunnen verstopft, aber Isaak, dieser Mann Gottes, hat einen Brunnen nach dem anderen, die sein Vater Abraham gegraben hatte, wieder aufgegraben. Und das ist genau das, was wir als Christen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts tun müssen. All diese verstopften Brunnen, die uns die Bibelkritiker verstopft haben, wieder aufgraben und dieses lebendige Wasser finden. Ganz neu, jede Generation muss neu zur Bibel zurückkehren. Aber wir erleben dann philistäischen Widerstand. Das ist ganz normal.
Aber schließlich kommt Isaak nach Rechoboth, das heißt Raum, und dort bekommt er plötzlich Ruhe. Dann geht er nach Beer-Sheva und Gott erscheint ihm dort, Vers 24. Dann baut Isaak einen Altar. Er pflegt die Gemeinschaft mit Gott. Hier haben wir ein wichtiges Prinzip: Segen trotz Widerstand. Wir müssen nie denken, wenn wir Widerstand haben, dann ist wahrscheinlich alles krumm und schief, sondern Isaak hatte viel Widerstand, aber gerade darin hatte Gott ihn gesegnet. Ich habe verwiesen auf 1. Korinther 16, 9. Paulus sagt: Eine wirkungsvolle Tür ist mir aufgetan in Ephesus, aber der Widersacher sind viele. Also eine offene Türe heißt nicht, dass alles so einfach und glatt geht, sondern es kann viele Feinde geben wie bei Paulus. Die Feinde Gottes sehen, wie Gott zu Isaak steht und die Philister sagen ihm in Vers 28: Wir haben deutlich gesehen, dass der HERR mit dir ist. Und in Vers 29 sagen sie: Du bist nun einmal ein Gesegneter des HERRN. Eindrücklich, die anderen Menschen sehen, dass dieser Isaak, obwohl er ein unvollkommener Heiliger war, ein Gesegneter des HERRN war. Denn er ließ sich führen und leiten, Schritt für Schritt und auch korrigieren. Das ist wie bei seinem Vater. Ich habe verwiesen auf 23, 6: Abraham bei den Hethitern und die Hethiter sagen zu ihm: Du bist ein Fürst Gottes unter uns. Das macht deutlich, dass diese Patriarchenzeit in Kanaan eine ganz wichtige Zeit war, denn in dieser Zeit konnten die kanaanitischen Völker durch das Zeugnis dieser Männer und ihrer Familien den einen wahren Gott erkennen. Sie hatten Jahrhunderte Zeit umzukehren von ihrem Spiritismus und Götzendienst und erst als Israel später aus Ägypten auszog und unter Josua ins Land kam, kam dann das Gericht über diese Völker. Also Gott hatte Jahrhunderte Gnadenzeit gegeben um den einen Gott zu erkennen. Also man kann sagen, diese Patriarchen waren ein Art Evangelisten unter den kanaanitischen Völkern.
In Kapitel 26, 34-35 heiratet Esau zwei hethitische Götzendienerinnen. Später, Kapitel 28, 8-9 kommt noch eine Ismaelitin dazu und 36, 3 erwähnt noch eine Hewiterin, also eine Kanaaniterin. Wir sehen, Esau, der Mann, der das Erstgeburtsrecht verachtete, der den Momentangenuss im Vordergrund hatte, ist auch bereit, Götzendienerinnen, ungläubige Frauen zu heiraten. Es wird uns ausdrücklich erzählt, wie die Eltern darauf reagiert haben, Vers 36, 35: Und sie waren ein Herzeleid für Isaak und Rebekka. Wörtlich steht im Hebräischen «eine Bitterkeit des Geistes».
Nun kommen wir zum Leben Jakobs. Wie können das in vier Perioden einteilen.
Periode 1: 77 Jahre ihre Dauer, er ist in Kanaan, aber wegen seines Betruges muss er schließlich aus Kanaan fliehen (Kapitel 27 und 28).
Periode 2: 20 Jahre Dauer, in Mesopotamien, Dienst bei Onkel Laban. Er heiratet dort vier Mal, es werden ihm elf Söhne geboren und eine Tochter (Kapitel 29-31).
Periode 3: 33 Jahre Dauer, Jakob wieder in Kanaan, Geburt Benjamins und Verlust Josephs (Kapitel 32-45).
Periode 4: 17 Jahre Dauer, Jakob in Ägypten, sein Lieblingssohn Joseph, der zum Erstgeborenen erklärt wurde, ist dort Vizekönig (Kapitel 46-50).
Dann stirbt Jakob. Also diese Übersicht hilft uns, das Weitere gut zu erfassen.
Wir kommen also zu 1. Mose 27 und da sehen wir eine traurige Situation. Isaak und Rebekka hatten sich mit der Zeit auseinander gelebt und das, obwohl sie ursprünglich auf eindrückliche Art von Gott zusammengeführt worden sind. Wir sehen hier, Isaak hing an Esau, weil er das Fleisch liebte, das dieser als Jäger heimbrachte und Rebekka hing an Jakob, weil er so gut im Haushalt helfen konnte (?). Und hier erfahren wir nun in diesem Kapitel wie Rebekka Jakob berät, wie er am besten seinen fast blinden Vater betrügen kann. Das ist tragisch und die ganze Familie stürzt praktisch ins Unglück. Und dabei hat die Ehe gut angefangen. Aber wir lernen daraus, der gute Anfang einer Ehe garantiert nicht ein gutes Ende. Eine Beziehung muss dauernd gepflegt werden. Und Fehlentwicklungen, die kommen automatisch, müssen immer wieder korrigiert werden. Nun, das Ganze ist aber sehr, sehr tragisch. Obwohl ja Isaak durch Rebekka wusste, was Gottes Auserwählung des Jüngeren anbetrifft, so war er dennoch bereit, wie wir das in diesem Kapitel sehen, den Erstgeborenensegen Esau zu geben. Und zwar sagt er: Ich will dich jetzt segnen, aber zuvor hol mir noch ein Wildbret und dann bereite es mir zu, so wie ich es gerne habe. Also Issak war bereit für eine gute Speise den Falschen zu segnen.
Merken wir den Zusammenhang? Esau war bereit für ein gutes Essen sein Erstgeburtsrecht aufzugeben. Da kommen ähnliche Fehlentwicklungen ans Licht. Dazu ein Streiflicht aus der Archäologie. Auch da geht aus den Texten des 2. Jahrtausends vor Christus, die man gefunden hat, hervor, dass in dieser Zeit der mündliche Segen eines sterbenden Vaters rechtskräftig war. Das ist hier wichtig, weil in dieser erzählt wird, wie Isaak unwissend Jakob gesegnet hat anstatt Esau. Dann kommt Esau zurück und sagt: Was, du hast den Segen gegeben? Ja und jetzt? Und Isaak sagt: Ich kann nicht mehr anders, jetzt kann ich das nicht mehr rückgängig machen. Das waren auch die Gesetze dieser Zeit, ein mündlicher Segen eines sterbenden Vaters war rechtskräftig. Und solche Details zeigen uns heute wie authentisch, wie echt diese Patriarchengeschichten sind. Die Bibelkritiker wollten uns weismachen, dass diese Geschichten tausend Jahre nach Mose erfunden worden sind, als ganz andere Gewohnheiten und Gesetze im Nahen Osten gültig waren. Aber nein, sie beschreiben genau das Hintergrundbild, das wir aus der Archäologie kennen für das 2. Jahrtausend vor Christus.
Nun, in dieser traurigen Geschichte werden alle in der Familie schuldig. Wir sehen nämlich, wie Isaak so brutal betrogen wird von seinem Sohn Jakob. Er gibt sich aus als sei er der haarige Esau. Aber Isaak hat versagt, indem er nicht auf Gottes Erwählungswort geachtet hat. Rebekka hat total versagt, da sie Jakob zum Betrug angeleitet hat. Jakob hat total versagt, denn er hat seinen Vater grausam betrogen. Und Esau hat schon längst versagt, denn er verachtete damals das Erstgeburtsrecht und er hat seine Sünde nicht bereut. Und genau das lesen wir in Hebräer 12, wo wir gelesen haben, dass er zwar später sehr geweint hat, dass er den Segen verpasst hat, aber er hat eben nur wegen des Segens geweint und wie der Hebräerbrief es sagt, er hat keinen Raum für die Buße gefunden, obwohl er ihn, d.h. den Segen, mit Tränen suchte. Also, er hat keine Umkehr erlebt. Die ganze Familie hat in dieser Sache versagt. Und wir müssen ja eines festhalten: Jakob und auch seine Mutter Rebekka meinten, sie müssten Gottes Erwählungswort noch ein wenig nachhelfen. Sie hätten nicht diese betrügerischen Dinge tun müssen, denn Gott hatte ja den Jüngeren erwählt. Auf Gott zu warten hätte durchaus gereicht. Gott hätte schon eingegriffen. Aber durch diese Betrügereien meinten sie dort ein wenig nachhelfen zu müssen.
Esau, haben wir gelesen in Hebräer 12, 16-17, wird dort bezeichnet als Ungöttlicher. Das griechische Wort bebelos meint jemanden, der offen ist für alles. Ist übrigens noch interessant, in der heutigen Zeit ist das ein Ideal, das man offen ist für alles, zugänglich ist für alles. Einer der offen ist für alles, ist ein Ungöttlicher. Das war Esau. Und er wird auch bezeichnet als Hurer. Das ist ein hartes Wort, wir lesen nirgends, dass Esau Hurerei getrieben hätte. Er hatte zwar mehrere Frauen, aber das war Polygamie, das war nicht das Gleiche wie Hurerei. Aber er wird Hurer genannt im Sinne von Götzendiener, denn er war bereit, götzendienerische Frauen zu nehmen und hat Gottes Erwählung und Segen verachtet. Nun, alle mussten Konsequenzen tragen. Isaak wird grausam betrogen. Rebekka verliert ihren Lieblingssohn für immer. Esau wollte Jakob ja töten und so musste Jakob Hals über Kopf fliehen nach Mesopotamien und er kam erst zurück, als Rebekka schon gestorben war. Das war Gottes Zucht für Rebekka. Jakob flieht zu Onkel Laban und dort wird er selber grausam betrogen. Er hat sich dann verliebt in Rahel und dann wollte er Hochzeit feiern, sieben Jahre hatte er dafür gearbeitet, sie wird ihm verhüllt zugeführt und am nächsten Morgen stellt er fest, dass es Lea, Rahels Schwester war. Das war ein innerer Zusammenbruch für Jakob und er wusste genau, was das zu bedeuten hatte. Ich habe meinen Vater so sehr betrogen und jetzt hat mein Onkel noch schlimmeres getan an mir. Esau bekommt auch einen Segen. Aber dieser Segen war, wie wir noch sehen werden, eigentlich ein Fluch.