Der Apostel Paulus und seine Bedeutung für die Geschichte Europas

Roger Liebi

06.01.2021

ID: 34331

 

Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen zu diesem Abendvortrag und nebst den Anwesenden hier in der Schweiz möchte ich ganz besonders auch alle begrüßen, die über den Livestream zugeschaltet sind. Und unter denen ganz besonders Grüße an die, die heute Abend in Memmingen wären. Dieser Vortrag hätte eigentlich in der Stadthalle in Memmingen stattfinden sollen und wegen der politischen Maßnahmen in Zusammenhang mit Covid 19 ist das absolut unmöglich. Darum als Ersatz dieser Livestream hier aus Hunzenschwil aus der Schweiz. Das Thema lautet der Apostel Paulus und seine Bedeutung für Europa.

Die Person des Apostels Paulus - Kindheit in Tarsus

Wir beginnen ganz vorne, zuerst mit der Person des Apostels Paulus. Er bekam am achten Tag nach der Geburt, als er beschnitten wurde, den Namen Saulus. Er wurde in Tarsus, in einer Stadt der heutige Südtürkei, geboren. Auf dem Bild der PowerPoint sieht man eine Römerstraße bei Tarsus, die noch heute sichtbar ist. Die Eltern waren beide Juden, wobei zu sagen ist, nicht Hellenisten (das sind Juden, die im Ausland wohnen und ihre gängige Sprache Griechisch ist und die meisten hatten Hebräisch, die Sprache der Bibel, verloren), seine Eltern waren Hebräer. So steht das in Philipper 3, d.h. also die waren wirklich in der hebräischen Kultur des AT völlig verankert. Sie gaben ihm, diesen kleinen Jungen, den Namen Saulus. Die Endung –us ist einfach die lateinische Endung an dem hebräischen Namen Saul, auf Hebräisch ausgesprochen „Scha-ul“, d.h. der Gefragte, der Begehrte. Ich muss noch dazu sagen, die Eltern waren aus dem Stamm Benjamin und das gibt uns die Brücke zurück. Der 1. König Israels kam aus dem Stamm Benjamin und hieß Scha-ul, Saul, der Gefragte. Das war der König, der vom Volk Israel erwünscht war. Nach der Richterzeit wollten sie nicht mehr auf diese Art regiert werden, sie wollten einen König haben, wie alle anderen Völker und der erste König, der König nach den Herzen der Menschen, des Volkes, war eben der Gefragte, Saul. Er war einen Kopf größer als alle anderen. Also ein Überragender. Sie gaben ihm diesen Namen Saulus und sie hatten wirklich Pläne mit ihrem Jungen, der sollte einmal Karriere machen. Das ist ganz ähnlich, wie das auch heute noch im Judentum vorkommen kann. Die Mutter sagt, das ist Michael, 6 Jahre alt, das ist unser Arzt und das ist der Schmu-el, 8 Jahre alt, das ist unser Rechtsanwalt. Ja da wissen die Kinder schon, was auf sie zukommt, eine gute Karriere. Das war offensichtlich auch der Gedanke bei Saulus.

Rabbinerschule in Jerusalem

Als die Zeit reif war, er seine Lehre als Zeltmacher bei seinem Vater vollendet hatte, musste er in den Jahren danach nach Jerusalem, und zwar, um dort Rabbinerschüler zu werden. Aber nicht bei irgendeinem Rabbi in Jerusalem, sondern bei Gamaliel, das ist einer der größten Rabbiner im Talmud! Der Talmud ist ja im Judentum nach der Bibel, dem AT, das wichtigste theologische Werk. Der Talmud ist aufgebaut, indem es eine erste Schicht gibt, die Mischna, das ist das wichtigste. Die Mischna ist das wichtigste im Talmud. Dann gibt es noch die Gemara, das sind Kommentare von späteren Rabbinern über die Mischna. Und nun, Gamaliel, der Lehrer von Paulus, das war ein Rabbiner, der die Lehren der Mischna gelehrt hat und zwar noch bevor die Mischna im 2. Jhd schriftlich verfasst wurde. Er hat das seinen Schülern mündlich weitergegeben, die mussten das auswendiglernen und er war aus der ersten Tradition der sog. Tanaim. Im Judentum werden ab dem 1. Jhd die Rabbiner in verschiedene Perioden eingeteilt. Die Tanaim, das sind die ganz großen Rabbiner! Ab 200 n.Chr. kommen die Anoraim, das sind auch wichtige Rabbiner, aber natürlich nicht ganz so wichtig wie die Tanaim. Gamaliel, der Lehrer von Paulus, war also einer aus der ersten Generation und er war Mitglied des obersten Gerichtshofes in Israel, im Sanhedrin. In den Jahren 10 bis etwa 50 n.Chr.

Paulus beschreibt das später einmal in einem Zeugnis so, Apostelgeschichte 22, 3: Und er spricht: „Ich bin ein jüdischer Mann, geboren zu Tarsus in Cilicien; aber auferzogen in dieser Stadt zu den Füßen Gamaliels, unterwiesen nach der Strenge des väterlichen Gesetzes, war ich, wie ihr alle heute seid, ein Eiferer für Gott;...“ Hier sieht man den 2. Tempel in Jerusalem im 1. Jhd und Gamaliel, als Mitglied des Sanhedrins, war in den Jahren 10 – 30 jeweils da in diesem Gebäude, das nennt man das Haus der behauenen Steine. In der Ecke beim innersten Vorhof des Tempels, dort war er in den Sitzungen vertreten. Ab dem Jahr 30, so berichtet das der Talmud, hat der Sanhedrin in die Königliche Säulenhalle den Platz gewechselt. Da in der Süd-Ost-Ecke der Königlichen Säulenhalle versammelte sich jeweils der Sanhedrin zu den Gerichtssitzungen. Hier sieht man das von außen deutlicher, diese Säulenhalle und den Platz da, wir gehen jetzt in die Säulenhalle hinein. Das war wie eine Kathedrale mit Säulenhallen und der Pfeil zeigt den Sitz des Sanhedrins. Dort saß der weise Gamaliel mit den anderen Richtern und musste als höchstes Gericht in wichtigen Angelegenheiten entscheiden. Die Studenten, die Rabbinerschüler, die waren auf Bänken vor dem Halbkreis der 71 Mitglieder des Sanhedrins und da war natürlich auch Paulus, damals noch Saulus, der da zuhörte und lernte. In Galater 1 sagt er, dass er so eine steile Karriere gemacht hat, dass er seine Altersgenossen im Judentum alle überflügelt hatte. Also das war wirklich ein Genie, das zu einem richtigen Lehrer gebracht worden war und dann wirklich die steilste Karriere vor sich hatte, die man sich im Judentum nur hätte denken können.

Jerusalem zur Zeit 29 - 32

Aber in dieser gleichen Zeit, als Saulus Rabbinerschüler war, veränderten sich die Dinge sehr. Ein Mann aus Nazareth hatte vom Jahr 29 – 32 im ganzen Land gepredigt und er hat die Prophezeiungen aus dem AT über den Messias, den leidenden Messias, eine nach dem anderen erfüllt. Schließlich wurde er in Erfüllung vom Psalm 22 und Jesaja 53 in Jerusalem, vor den Toren draußen auf Golgatha, gekreuzigt. Aber dann ist er am 3. Tag auferstanden und das hat eine solche Wirkung gehabt, dass Tausende von Juden zum Glauben kamen, in der Überzeugung, Jesus von Nazareth ist der Messias! Das war so, am Pfingsttag im Jahr 32 n.Chr., also einige Wochen nach Tod und Auferstehung von Jesus Christus, da haben sich am Pfingsten 3000 Juden entschieden, Jesus ist der Messias und haben sich dann auch taufen lassen auf den Namen des Messias. Sie haben sich täglich, sagt die Bibel, im Tempel, da in der Osthalle in der sog. Säulenhalle Salomos, versammelt. Aber wenn man die Apostelgeschichte liest, nicht nur in Kap. 2, sondern auch 3, 4, 5 sieht man, in der kürzesten Zeit stieg die Zahl der Männer auf 5.000 an. Da werden die Frauen nicht mehr mitgezählt, wie bei den ersten 3.000. Wenn wir die Hochrechnung mit den Frauen machen, haben wir 10.000. Die 12 Aposteln haben diese Gläubigen dort in dieser Halle unterwiesen. Das ist diese Halle, die schon in Johannes 10, 23, wo wenige Monate vorher Jesus Christus am Hanukkah-Fest hin- und herging und da lesen wir: „Und Jesus ging im Tempel, in der Säulenhalle Salomos, umher.“ Ab Pfingsten begannen sich die messiasgläubigen Juden dort zu versammeln. Apostelgeschichte 5, 12: „... und sie waren alle einmütig in der Säulenhalle Salomos.“ Es wird auch in Apostelgeschichte 6 gesagt, dass sehr viele Priester damals zum Glauben kamen, weil sie realisierten, diese Prophezeiungen auf den leidenden Messias, Jesaja 53, das zeigt ja, dass all diese Opfer, die wir da im Tempel täglich darbringen, nur Bilder sind, ein Hinweis auf das wahre Opfer des Messias. Und so haben sich auch ganz viele aus dem Stamm Levi, Nachkommen von dem Hohenpriester Aaron, dieser Bewegung angeschlossen. Das ging ein Jahr und dann kam es zur Steinigung des Stephanus.

Stephanus, einer der ganz mutigen ersten Zeugen, wurde vor den Sanhedrin gestellt und in einem illegalen Prozess zum Tod verurteilt. Er wurde gesteinigt, obwohl der Sanhedrin damals kein Recht mehr auf die Todesstrafe hatte.  Die haben sich so über sein Zeugnis erzürnt, das er da vor dem Sanhedrin abgelegt hatte, das in Apostelgeschichte 7 beschrieben wird und übrigens 5% der ganzen Apostelgeschichte ausmacht. Sie haben sich darüber so geärgert, über diese fantastische Rede, die er da gehalten hat, mit feinen Anspielungen, die wirklich ins Herz stechen, wenn man das AT kennt, dass sie ihn dann auf der Stelle gesteinigt haben. Das wird in Apostelgeschichte 7 und 8 beschrieben. Dann entstand eine ganz massive Verfolgung gegen diese Tausende messiasgläubigen Juden und zwar so, dass alle in die Landschaft Judäa, Samaria und so weiter fliehen mussten. Das wird dann in der Apostelgeschichte beschrieben, Kap 8 und 11, wie diese zerstreuten Gläubigen das Evangelium von Jesus Christus dann auf ihrer Flucht wieder anderen Leuten erzählt haben. So wurde das Evangelium ausgebreitet in Judäa, dann auf der Insel Zypern, auch in Libanon, Syrien, bis hinauf nach Antiochien in Nordsyrien. Heute ist das bereits in der Türkei, aber es gehörte ursprünglich zu Syrien. (Atatürk hatte das noch im letzten Moment im Zusammenhang mit dem 1. Weltkrieg an die Türkei gerissen.)

Bekehrung des Saulus (33 n.Chr.)

In dieser Angelegenheit war Saulus als wichtige Person mitbeteiligt, denn er zürnte all diesen messiasgläubigen Juden und dachte, das sind alles Abgefallene, die die Thora aufgegeben haben und die müssen bestraft werden. Er ging extra zu den führenden Priestern des Sanhedrins, verlangte von ihnen ein Empfehlungsschreiben, dass er diese messiasgläubigen Juden bis nach Damaskus, bis nach Syrien verfolgen könnte. Das wird in Apostelgeschichte 8 und 9 beschrieben. Dann kam die Wende, aus einem Saulus wurde schließlich ein Paulus. Die Bekehrung fand noch vor Damaskus statt, dem eigentlichen Verfolgungsziel. Apostelgeschichte 9, 3:

3.      Als er aber hinzog, geschah es, dass er sich Damaskus näherte. Und plötzlich umstrahlte ihn ein Licht aus dem Himmel;

4.      Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saul, Saul, was verfolgst du mich?

5.      Er aber sprach: Wer bist du, Herr? Er aber sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst.

6.      Steh aber auf und geh in die Stadt, und es wird dir gesagt werden, was du tun sollst.

Das war der entscheidende Moment, wo Saulus eine völlige, innere Umkehr erlebte. Ein Zusammenbruch am Boden. Er dachte, ich bin gerecht und ich kann die Gebote der Thora einhalten. Und plötzlich merkte er, dass er sich vor Gott schwer verschuldet hat, indem er die, die auf dem richtigen Weg waren, bis zum Tod verfolgte. Diese Bekehrungsgeschichte wird in der Apostelgeschichte drei Mal erzählt, nämlich der eigentliche Bericht in Kap 9 und dann im Kapitel 22 und 26, wie Paulus davon vor Menschenmengen Zeugnis gab.

Wenn man diese drei Berichte vergleicht, stellt man Unterschiede fest. In Apostelgeschichte 9 steht, dass die Begleiter, die mit Saulus unterwegs waren, etwas hörten. Aber wenn man in Apostelgeschichte 22 liest, da steht, dass diese Begleiter nichts hörten. Apostelgeschichte 9, 7: „Die Männer aber, die mit ihm reisten, standen sprachlos da, weil sie wohl die Stimme hörten, aber niemand sahen.“ Wenn man das vergleicht, wie Paulus das in Kap 22 erzählt, könnte man denken, da haben wir nun einen Widerspruch in der Bibel, endlich! Paulus sagt in 22, 9 folgendes: „Die aber bei mir waren, sahen zwar das Licht und wurden von Furcht erfüllt, aber die Stimme dessen, der mit mir redete, hörten sie nicht.“ Die Lösung ist ganz einfach, man muss genau lesen! In Kap 9 heißt es, sie sahen niemand, sie sahen keine Person. In Kap 22 heißt es, sie sahen das Licht. Das Licht ist keine Person, sondern es war eine Begleiterscheinung. Das Licht haben sie gesehen aber keine Person. Aber Saulus hat den auferstandenen Messias gesehen! Wie ist es mit der Stimme? Nun, da muss man den griechischen Text zur Hand nehmen. Da steht in Kap 9 „Stimme“ in Genitiv und in Apostelgeschichte 22 ist es mit Akkusativ. Ganz wörtlich übersetzt in Kap 9: sie hörten der Stimme und in Kap 22: sie hörten die Stimme. Der feine Unterschied in der Grammatik hier, wie es Lukas benutzt, ist eben der, sie hörten den Klang der Stimme, so wie man in einem großen Raum ist, alle Leute sprechen, man hört, dass sie sprechen, aber man hört nicht den Inhalt. Das ist in Kap 22, wenn sie die Stimme hören aber nicht den Inhalt. Sie hörten, da spricht jemand mit Saulus, aber sie nahmen nicht wahr, was gesagt wurde. Sie hörten zwar den Schall einer Stimme, verstanden aber nicht den Inhalt. So löst sich dieses scheinbare Problem. Diese drei Kapitel sind ganz wichtige Ergänzungen von diesem entscheidenden Moment, aus Saulus wird ein Paulus.

Predigt in Damaskus

Ab Kapitel 13 wird Saulus plötzlich nur Paulus genannt und Paulus hat diesen Namen selbst gewählt. Paulus heißt auf Lateinisch „der Kleine“ und reimt sich mit dem hebräischen Namen Saul und der Endung: Saulus – Paulus. Der Begehrte, er, der ein Kopf höher ist, der Karriere macht und alle im Schatten zurücklässt, er wird ein Kleiner. Deshalb musste er bei der Bekehrung zu Boden fallen, ganz klein werden, damit er ein Werkzeug für die frohe Botschaft werden konnte. Die Wende ist phänomenal, in Apostelgeschichte 9, gleich nach diesem gewaltigen Erlebnis vor Damaskus, dieser Bekehrung, lesen wir in Kap 9, 20.22:

20.  Und sogleich predigte er in den Synagogen Jesus, dass dieser der Sohn Gottes ist.

21.  ...

22.  Saulus aber erstarkte umso mehr und brachte die Juden, die in Damaskus wohnten, außer Fassung, indem er bewies, dass dieser der Christus ist.

Das ist wirklich ein Drehen von 180°. Was geschieht? Jetzt verkündigt er in Damaskus, da, wo er die messiasgläubigen Juden verhaften und bestrafen hätte sollen, da sagt er jetzt, Jesus ist der Christus! Christus ist das griechische Wort für hebräisch Messias, das ist der verheißene Erlöser, der im AT verheißen und angekündigt ist. Das Gewaltige ist, er bringt die Juden dort außer Fassung und die Bibel sagt, indem er bewies, dass dieser der Messias ist. Es gibt viele Leute, die sagen, glauben und beweisen, das hat schon gar nichts miteinander zu tun. Nun, das ist jedem seine Meinung, sein Recht, er darf sagen, was er will, wir haben noch Redefreiheit. Aber es ist so, dass die Bibel sagt, den Glauben kann man beweisen und dieses Wort beweisen hier im Griechischen ist ganz interessant, es heißt symbibazo.

-          Das hat mehrere Bedeutungen, die Grundbedeutung ist „zusammentragen“. Ganz viele Stellen, die über den Messias sprechen und sich dann in Jesus von Nazareth erfüllt haben, die hat er zusammengetragen. Da braucht er nicht lange Zeit, denn durch seine Ausbildung hatte er eine derart gründliche Kenntnis des hebräischen AT. Es brauchte nur den Moment, wo es wie Schuppen von den Augen fiel und dann konnte er die Links sofort erstellen. Fantastisch! Er hat plötzlich gesehen, natürlich, die Stelle, die Stelle, die Stelle spricht auch – nicht über den herrschenden Messias, der erst in der Endzeit kommen sollte – sondern über den leidenden Messias, der zuerst kommen sollte, um das Problem der Sünde zu lösen. Jesaja 53, Psalm 22, Daniel 9, usw, er hat das alles zusammengetragen.

-          Symbibazo heißt auch „einen Schluss ziehen“.  Also aus der Fülle von Einzelelementen wird jetzt eine Schlussfolgerung gezogen.

-          Symbibazo bedeutet auch „beweisen“. D.h., aus dem zusammengetragenen Material wird ein Schluss gezogen, der so überzeugend ist, dass man sagen kann, das ist ein Beweis. Das hat er so gemacht.

Flucht nach Jerusalem

Wir lesen dann in Apostelgeschichte 9, 23, wie Lukas, der Verfasser des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte, weiter die Geschichte von Paulus beschreibt.

23.  Als aber viele Tage verflossen waren, beratschlagten die Juden miteinander, ihn umzubringen.

Das macht klar, Paulus war in Damaskus und es ging eine längere Zeit, und dann kam der Moment, wo man von jüdischer Seite einen Mordanschlag auf ihn plante, um diesen unangenehmen, jungen Mann zu beseitigen.

24.  Ihr Anschlag wurde aber Saulus bekannt. Sie bewachten aber auch die Tore, sowohl bei Tag als auch bei Nacht, damit sie ihn umbrächten.

Im weiteren Text wird dann erklärt, wie Paulus tatsächlich trotz dieser Maßnahmen Damaskus fluchtartig verlassen konnte, um dann zum ersten Mal seit seiner Bekehrung wieder nach Jerusalem zu gehen. Nun ist aber interessant, wenn man den Galaterbrief von Paulus liest, in Galater 1, 18 wird deutlich, was diese vielen Tagen waren, die in Apostelgeschichte 9, 23 erwähnt werden. Dort schreibt er nämlich, dass er drei Jahre später nach Jerusalem ging. Also so ergänzt sich das in der Bibel, was da steht und was dort steht.

Aufenthalt in Arabien (33-36 n.Chr.)

Was ist in all diesen drei Jahren geschehen? Das erfahren wir auch in Galater, Galater 1, 17. Da schreibt Paulus in seinem ersten Brief, wie wir noch sehen werden:

17.  Und ging auch nicht hinauf nach Jerusalem zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging fort nach Arabien und kehrte wieder nach Damaskus zurück.

Da wird klar, als er in Damaskus zum Glauben kam, da ging er dann nicht nach Jerusalem, um die zwölf Apostel dort kennenzulernen. Er war dort in Damaskus und dann ging er fort nach Arabien und kehrte wiederum nach Damaskus zurück.

18.  Darauf, nach drei Jahren, ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas (ein anderer Name für Petrus) kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.

Er war also zwei Wochen bei Petrus in Jerusalem. Da waren also diese drei Jahre, wobei man sich im Klaren sein muss, er war in Damaskus und zwischenzeitlich in Arabien, kam dann wieder aus Arabien zurück, dann kam dieser Mordanschlag und darum die Flucht nach Jerusalem.

Dieser Aufenthalt in Arabien ist hochinteressant. Hier auf dem Bild sieht man etwas von Petra, dieser Stadt, die damals von den Arabern im arabischen Reich beherrscht war. In dieser Zeit hat sich Arabien gegenüber früher geografisch deutlich verändert. Das arabische Reich von früher wurde von König Aretas, der von Paulus übrigens in 2. Korinther 11, 32 erwähnt wird, bis gegen Damaskus ausgedehnt. Damaskus gehört noch nicht dazu, aber bis nach Damaskus ging das arabische Reich. Also um nach Arabien zu gehen, musste er nur ein bisschen von Damaskus weggehen. Aber das arabische Reich ging durch das heutige Jordanien hindurch, über das Gebiet der Negevwüste und auch in den Sinai. Darum sagt Paulus übrigens in Galater 4, 25, der Berg Sinai in Arabien. Das hat viele erstaunt, aber das gehörte eben damals zu Arabien. Nun fragt man sich, was hat er da in Arabien gemacht? Etwas Aufschluss gibt uns Galater 1, 11, wo Paulus sagt:

11.  Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist.

Also seine Verkündigung entspricht nicht dem Menschen. Der Mensch, das sieht man in allen möglichen Religionen, möchte sich gerne selber bemühen und an sich herumflicken und sich perfektionieren, um sich zum Göttlichen hinaufzuarbeiten. So ist es in allen möglichen Religionen, da muss man irgendwelche Punkte verdienen, um zum Göttlichen zu kommen. Das Evangelium sagt in Römer 3, 23 „denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ und erklärt dann im Weiteren, sie werden umsonst, gratis gerechtgemacht durch den Glauben an das, was Jesus Christus getan hat. Also keine Leistung von uns aus, reine Gnade Gottes. Das entspricht nicht dem Menschen, das widerspricht dem menschlichen Stolz. Darum sagt Paulus, „dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist.“

12.  Denn ich habe es weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi.

Und jetzt ganz wichtig, nicht einmal von den zwölf Aposteln in Jerusalem hat er es empfangen oder erlernt, sondern völlig unabhängig. Aber wenn man es vergleicht, ist es genau das gleiche! Er hat genau das gleiche verkündigt, aber aus völlig unabhängiger Quelle, Herkunft. Also er hat ganz spezielle Offenbarungen von Jesus Christus direkt bekommen, für das, was er dann in der Welt später verkündigen sollte. Da können wir daran denken, dass in Arabien das eine Zeit der Stille war, wo er solche Offenbarungen bekommen hat. Nicht nur unbedingt dort, auch später ist es möglich, aber das ist ein ganz wichtiger Aspekt, um diesen Arabienaufenthalt zu verstehen.

Erster Jerusalem-Besuch (36 n.Chr.) – 3 Jahre nach der Bekehrung

Nun haben wir gesehen, aus Arabien kam er zurück nach Damaskus, Galater 1, 17:

17.  Und ging auch nicht hinauf nach Jerusalem zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging fort nach Arabien und kehrte wieder nach Damaskus zurück.

18.  Darauf, nach drei Jahren, ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.

Also das ist drei Jahre nach seiner Bekehrung, 33 n.Chr. plus 3 Jahre ergibt das Jahr 36. Von Damaskus geht er nach Jerusalem und da lesen wir, dass er sich dann dort der Gemeinde der Messiasgläubigen angeschlossen hatte, in Jerusalem, bis es dann auch dort schwierig wurde. Apostelgeschichte 9, 24:

24.  Ihr Anschlag wurde aber Saulus bekannt. Sie bewachten aber auch die Tore, sowohl bei Tag als auch bei Nacht, damit sie ihn umbrächten.

25.  Die Jünger aber nahmen ihn bei Nacht und ließen ihn durch die Mauer hinab, indem sie ihn in einem Korb hinunterließen.

Da haben wir die Beschreibung von diesem Anschlag in Damaskus, am Ende dieser drei Jahre. Wir werden gleich sehen, er geht nach Jerusalem und dort gibt es auch einen Anschlag gegen ihn. Wir lesen über den Jerusalembesuch, wie Paulus selber in Galater 1, 18 berichtet: „Darauf, nach drei Jahren, ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.“ Dann kommt eben dieser Mordanschlag, der in Apostelgeschichte 9, 29-30 beschrieben wird. Das führt dazu, dass die messiasgläubigen Juden dafür sorgen, dass Saulus fluchtartig von Jerusalem weggeht. (Man könnte auch Judenchristen sagen, denn Christen bedeutet einfach solche, die Christus angehören. Christus ist ja das andere Wort für Messias. Also ein Christ ist ein Messiasanhänger. Judenchristen sind Juden, die an den Messias glauben. Messianischgläubige Juden, das sind Juden, die an Jesus Christus als Messias glauben.)

11 Jahre in Tarsus (36 -46 n.Chr.)

Wohin geht er? Nach Tarsus. Er geht zurück in seine Geburtsstadt, da, wo er groß geworden war. Warum? Ein ganz wichtiger Grundsatz: Wenn man Missionar werden will, d.h. einer, der die frohe Botschaft von Jesus Christus in der Welt ausbreiten will, der muss zuerst bei den Seinigen beginnen. Man kann nicht in der eigenen Familie schweigen und im Umfeld, Nachbarschaft schweigen und dann geht man als Missionar nach Thailand und nach Liberia oder nach Argentinien. Das geht gar nicht. Wir lernen hier diesen Grundsatz im Leben des Apostels Paulus. Zuerst bei den Seinigen. Aber wir werden gleich noch sehen, er war 11 Jahre dort! Oh, das ist doch das Gegenteil von einer Blitzkarriere. Vorher ging alles so schnell! Es gibt ein holländisches Sprichwort: Frühreif früh verblüht. Gott arbeitet oft ganz anders, es braucht Zeit, um uns zu formen. Das war bei Paulus auch. Nicht wahr, besonders in Amerika ist es möglich, da kommt eine prominente Person zum Glauben und dann wird die zum christlichen Star gemacht. Es kann auch jemand sein, der vorher gar nicht prominent war, die können auch einen Nichtprominenten plötzlich zum Star machen. Sie können das, sie haben die Mittel dazu und das funktioniert und das ist so gefährlich! Solche Leute sind derart gefährdet, dass sie abstürzen, weil sie das gar nicht ertragen. Es braucht eine Entwicklung für einen Dienst, wo man dann der Öffentlichkeit ausgesetzt ist. Das sehen wir, 11 Jahre Tarsus. Auch da kann er Offenbarungen bekommen haben, nur die Schrift schweigt darüber.

In Antiochien (46-47 n.Chr.)

In Apostelgeschichte 11, 25 sind wir bereits im Jahr 46. Wenn man die Chronologie durchrechnet, es gibt auf meinem Livestream Roger Liebi live einen Vortrag über die Chronologie des Neuen Testaments. Dort findet man alle Elemente genau erklärt, wie man das durchrechnen kann. In Apostelgeschichte 11, 25 geht es um Barnabas:

25.  Er zog aber auch nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen;

26.  Und als er ihn gefunden hatte, brachte er ihn nach Antiochien.

Ich muss erklären, was in der Zwischenzeit geschehen war. Die messianischen Juden wurden zerstreut, das habe ich erklärt, und die haben das Evangelium bis nach Zypern gebracht und bis nach Nordsyrien, nach Antiochien. Da entstand die erste Gemeinde aus Nichtjuden. (Man kann auch Kirche sagen, man muss nur das Richtige meinen, wenn man das Wort benutzt. Das ist nicht ein Kirchturm, sondern die Gemeinde. Die Kirche ist die Vollzahl von denen, die Jesus Christus als ihren persönlichen Erlöser angenommen haben.) Also da entstand die Gemeinde, die Kirche in Antiochia aus Nichtjuden und das war eine gefährliche Sache! Das waren Leute, die hatten einen völlig bibelfernen Hintergrund und bis die dann Festigkeit und Stabilität bekommen, das braucht sehr viel. Deshalb wurde von Jerusalem Barnabas nach Antiochien geschickt. Der hat sich die Situation angeschaut und hat sich offensichtlich überlegt, der richtige Mann hier wäre Saulus von Tarsus. Das ist nämlich einer, der ganz stabil im AT verankert war, aber trotzdem im Ausland aufgewachsen war. D.h., obwohl er Hebräer war, hatte er eben einen guten Umgang mit Nichtjuden. Das war oft eine Schwierigkeit für die Hebräer im Land Israel, dass die da Mühe hatten in Kontakt mit Nichtjuden. Also einer, der voll verankert ist in der Schrift, aber gleichzeitig den Umgang mit den Nichtjuden kennt. Der muss hier hin! Der soll Stabilität bringen, indem er eben einen guten Umgang mit diesen Nichtjuden in Antiochia hat. Wir lesen hier, Barnabas ging also von Nordsyrien in die heutige Türkei und hat dort Saulus gesucht. Es steht ja hier, „um Saulus aufzusuchen; und als er ihn gefunden hatte, brachte er ihn nach Antiochien.“

Man kann sich also vorstellen, er hat dort gefragt, kennt ihr einen Saulus? Hmm, nein. Irgendwo anders, kennt man da in Tarsus einen Saulus? Ja natürlich, das ist immer der, der... Aha, gut, wo wohnt der? Aber es hat offensichtlich einige Zeit gebraucht und dann hat er diesen Saulus gefunden. Und dann bringt er ihn nach Antiochien. Apostelgeschichte 11, 26:

26.  ... Es geschah ihnen aber, dass sie auch ein ganzes Jahr in der Versammlung zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten und dass die Jünger zuerst in Antiochien Christen genannt wurden.

Da haben wir in der Bibel zum ersten Mal den Ausdruck „Christen“. Diese Nichtjuden, die an den Messias glaubten, werden messianische Leute genannt, Christen. Jetzt sehen wir hier, Paulus hat also ein ganzes Jahr in dieser Gemeinde gedient und diese Gemeinde aufgebaut. Zusammen mit Barnabas und dann sogar mit anderen. Das war also im Jahr 47 nach diesen 11 Jahren in Tarsus.

Zweiter Jerusalem-Besuch (47 n.Chr.) – 14 Jahre nach der Bekehrung

Dann kommt der zweite Jerusalembesuch, ungefähr im Jahr 47. Agabus, ein Prophet der frühen Gemeinde, so berichtet Apostelgeschichte 11, 27-30, kündigte prophetisch eine Hungersnot an. Es geht da um eine Hungersnot, die in Israel begonnen hat, dann nach Griechenland weiterging und schließlich sogar in die Hauptstadt nach Rom kam. Dieser Agabus hat diese Hungersnot prophetisch vorausgesehen und dann hat man sich in Antiochien gesagt, wir haben so viel von den Gläubigen aus dem jüdischen Volk profitiert, so wollen wir Gläubige aus den Heidenvölkern, also aus den nichtjüdischen Völkern, wir wollen die in Israel, in Judäa unterstützen. Sie haben eine Sammlung gemacht und jeder konnte geben, was er wollte. Dann ist es sehr gefährlich, Geld und Glaube, Geld und Geist, das ist eine gefährliche Sache. Darum braucht es ganz bewährte Leute, wenn es um Geld geht, darum haben sie sich gesagt, Salus und Barnabas, das sind die richtigen, die sollen diesen Geldbetrag nach Judäa bringen, als Hilfslieferung für die messiasgläubigen Juden dort. In Galater 2, 1 berichtet Paulus darüber: „Darauf, nach vierzehn Jahren [Anmerkung: nach seiner Bekehrung], zog ich wieder nach Jerusalem hinauf mit Barnabas und nahm auch Titus mit.“ Aha, 14 Jahre! Jetzt müssen wir von seiner Bekehrung an rechnen, im Jahr 33, dann kommen wir mit den 14 Jahren auf das Jahr 47 n.Chr. Das ist also ein weiterer Jerusalembesuch und in Galater 2, 9 sagt er: „und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, gaben Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen wurden, mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, damit wir unter die Nationen, sie aber unter die Beschneidung gingen“.

Dieser Besuch ist jetzt ganz, ganz entscheidend! Und zwar aus diesem Grund: Hier kommt Paulus in Kontakt mit Jakobus, den Bruder des Herrn (das ist der Mann, der den Jakobusbrief geschrieben hat) und wieder mit Petrus (Kephas) und mit Apostel Johannes. Diese drei Männer, die geben Paulus die rechte Hand der Gemeinschaft, um zu sagen, wir stehen vollkommen hinter dir. Obwohl er Offenbarungen ganz unabhängig bekam, haben sie gesehen, er verkündet genau das gleiche wie wir. Hier ist nun ganz wichtig, es gibt ja Leute, die wollen den Jakobusbrief gegen den Römerbrief ausspielen. Aber das geht gar nicht, das geht überhaupt nicht! Der Jakobusbrief sagt, ein Mensch wird durch Werke gerecht gesprochen, gerechtfertigt; der Römerbrief sagt, der Mensch wird durch Glauben allein gerechtfertigt. Und jetzt, wie bringt man das zusammen?

-          Ganz einfach, der Apostel Paulus erklärt im Römerbrief, dass ein Mensch erkennen muss, ich bin verloren und ich kann nichts leisten, um gerettet zu werden. Darum, ohne irgendwelche Werke, nur durch das Vertrauen, durch den Glauben an das, was Jesus Christus am Kreuz getan hat, kann ich errettet werden.

-          Aber Jakobus spricht über das Leben von einem, der bereits bekehrt ist! Das muss ja Auswirkungen haben. Nicht wahr, jeder kann sagen, ich bin gläubig. Aber man sieht nichts in seinem Leben! Und da sagt er, ein solcher Glaube ist tot. Der echte Glaube muss Werke haben, d.h. aus dem rettenden Glauben aus dem Römerbrief heraus muss es dann Folgen haben und das sind eben Werke. Dann wird der Mensch eben als Gerechter bestätigt durch ein Leben, das der Bibel entspricht. Dann wird klar, das war eine echte Bekehrung. So kann man eine Scheinbekehrung von einer echten Bekehrung unterscheiden.

Wir hatten die Bekehrung von Saulus im Jahr 33, dann drei Jahre später geht er nach Jerusalem und dann, 14 Jahre nach seiner Bekehrung, im Jahr 47, nach Jerusalem und bekommt diese wunderbare Bestätigung. Also man kann nicht irgendwie die Bibelschreiber des NT gegeneinander ausspielen. Sie haben selber gesehen, wir verkündigen alle dasselbe. Aber hier wird klar, dass Paulus einen ganz besonderen Auftrag hatte, um unter den Nationen, andere Bibeln übersetzen Nationen mit Heiden, d.h. unter den nichtjüdischen Völkern die frohe Botschaft zu verkündigen. Während Jakobus, Petrus und Johannes einen besonderen Auftrag hatten, weiterhin unter den Juden zu wirken. Darum gab es die 12 Aposteln für die 12 Stämme Israels und der Apostel Paulus für die anderen Völkern.

Nun, er war ein Jahr in Antiochien, das war auch wieder eine Vorbereitung für das, was kommen sollte. Also die Mühlen Gottes mahlen viel langsamer. Ein Mose wurde 40 Jahre in der Wüste erzogen, bevor er dann Israel aus Ägypten führen sollte. Paulus wurde so über 14 Jahre aufgezogen.

 

Aussendung zur Weltmission (48 n.Chr.)

In Apostelgeschichte 13, 2 lesen wir nun, wie er zur Weltmission berufen wird:

2.      Während sie aber dem Herrn dienten und fasteten (in der Gemeinde in Antiochien), sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe.

3.      Da entließen sie sie, nachdem sie gefastet und gebetet und ihnen die Hände aufgelegt hatten.

4.      Sie nun, ausgesandt von dem Heiligen Geist, gingen hinab nach Seleuzia, und von dort segelten sie nach Zypern.

Hier werden Barnabas und Saulus zur Mission berufen. Wer beruft? Nicht die Gemeinde, sondern Gott. Gott der Heilige Geist sagt, ich habe sie dazu berufen. Also eine Gemeinde kann keine Missionare berufen, das muss Gott tun. Aber der Heilige Geist sagt, „sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus“ – aussondern! Die Gemeinde musste sich sagen, wir haben von Paulus und auch von Barnabas sehr viel profitiert, und jetzt lassen wir sie gehen. Aussondern war, bewusst zu sagen, wir sind bereit, sie gehen zu lassen. Aber noch mehr, sie haben dann ihnen auch die Hände aufgelegt und Handauflegung bedeutet in der Bibel Identifikation. Damit drückten sie aus, wir stehen hinter eurer Arbeit, eure Arbeit ist, wie wenn wir die Arbeit machen würden. Und so wussten sie, die stehen mit Gebet hinter uns und auch mit Unterstützung. Dann haben sie sie entlassen, die Gemeinde entlässt, sie beruft nicht und sie sendet auch nicht aus. Vers 4 sagt, „sie nun, ausgesandt von dem Heiligen Geist, gingen hinab nach Seleuzia“.

Erste Missionsreise (48/49 n.Chr.)

Das ist die erste Missionsreise des Paulus im Jahr 48 n.Chr. Sie wird in Apostelgeschichte 13-14 beschrieben und da sehen wir, wie Paulus nach Salamis geht, Paphos, Antiochien in Pisidien, Ikonium, Lystra und Derbe. Das ist das südgalatische Gebiet. Da gründet er Gemeinden und dann geht er wieder zurück nach Antiochien. Nun, ganz am Schluss dieser Missions-Rundreise, schreibt Paulus als ersten Brief den Galaterbrief. An wen? An diese eben entstanden Gemeinden in Lystra und Ikonium aus Südgalatien. Er schreibt an die Gemeinden in Galatien (siehe Galater 1, 2). Was war in der Zwischenzeit geschehen? Sie haben Besuch bekommen. Er hat diese Gemeinden gegründet, hat ihnen klar von der Bibel her gesagt, wie Gemeinde nach Gottes Bauplan aussieht und dann kamen Besucher, Juden. Sie sagten, es ist sehr gut, dass ihr jetzt so gläubig geworden seid und auch an das AT glaubt, aber ihr solltet beschnitten werden, ihr solltet all die Gebote wie Sabbath, Passahfeier, Laubhüttenfest usw. auch tun. Erst dann werdet ihr richtig gerettet. Dann schreibt Paulus in aller Eile den Galaterbrief. Er hatte ja ein Augenproblem und er schreibt im Galaterbrief am Schluss, seht mit welch großen Buchstaben ich euch eigenhändig geschrieben habe. Das hat so pressiert, er konnte sich keinen beiziehen, der unter Diktat geschrieben hätte, wie das z.B. beim Römerbrief durch Tertius geschehen ist. Er musste es eigenhändig machen mit ganz großen Buchstaben. Mühsam hat er diesen Galaterbrief, diese ganzen sechs Kapitel geschrieben, um zu zeigen, eine totale Irrlehre! Ihr dürft ja nicht ins Judentum hineingeführt werden! Die Gemeinde ist nicht Teil des Judentums, das ist etwas ganz Neues und wenn ihr euch so unter das Gesetz und die Gebote ab dem Sinai, 2. Mose 19, stellt, dann habt ihr den Boden der Gnade verlassen. Mit einer Schärfe schreibt er da, das geht überhaupt nicht! Es ist eben so, der Bund am Sinai wurde damals mit Israel geschlossen. In 2. Mose 30 sagt Gott, das Zeichen des Bundes ist der Sabbath. D.h. Gott hat das Sabbathgebot und all diese weiteren Gebote nur Israel gegeben! Mit diesen Geboten wollte er Israel absondern von allen anderen Völkern, damit sie sich ja nicht mit den Götzendienst vermischen. Jetzt kommen solche, die sagen, eigentlich sollten alle den Bund von Sinai halten. Damit zerstören sie die spezielle Rolle von Israel, denn Israel sollte durch das Sabbathgebot und alle anderen Speisegebote, etc von allen anderen Völkern abgesondert bleiben. Diesen Bund hat Gott nur mit Israel geschlossen und nicht mit der Gemeinde, darum macht er ihnen im Galaterbrief klar, das geht überhaupt nicht! Wer solche Dinge verkündet, ist unter dem Fluch Gottes. Der sei verflucht, ganz hart.

Was uns auch auffällt, wenn man die erste Missionsreise liest, dass der Apostel Paulus, wenn er in eine Stadt kommt, immer zuerst danach schaut, wo es eine Synagoge hat. Der Apostel Paulus sagt nämlich in Römer 1, 16: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen.“ Er hat die Juden also nie vergessen, sondern sie haben sogar eine Priorität! In jeder Stadt geht er zuerst zu den Juden und wenn dann solche zum Glauben kommen, die das AT schon kennen, dann kommen Nichtjuden auch zum Glauben, es entsteht eine Gemeinde von Juden und Nichtjuden, und die Juden können bereits die Nichtjuden belehren, obwohl sie erst ganz jung im Glauben sind. Das war das Prinzip, das Apostel Paulus ganz klar durchgezogen hat.

Manch einer hat sich vielleicht schon gefragt, es gab doch in Apostelgeschichte 15 die Zusammenkunft der Apostel, wo genau diese Frage zwischen Gesetz und Gnade, stehen Gläubige, die nicht aus den Juden sind, unter dem Bund vom Sinai oder nicht, beantwortet wurde. Da wurde alles völlig geklärt und es wurde klargemacht, dass die Gläubigen aus den Nationen nicht ins Judentum hineingebracht werden dürfen. Warum hat der Apostel Paulus dieses Schlüsselargument, unterstützt von allen anderen zwölf Aposteln, nicht im Galaterbrief gebracht? Weil er den Galaterbrief eben noch vorher geschrieben hatte, da war das in Apostelgeschichte 15 eben noch nicht geschehen.

Dritter Jerusalem-Besuch (49 n.Chr.) – Apostel-Konzil

Am Ende der 1. Missionsreise kommt der Apostel Paulus wieder zurück nach Antiochia und dann kommt dort Besuch. Juden, die früher bei den Pharisäern waren und messiasgläubig wurden, die kamen aus Judäa nach Antiochien. Sie begannen genau so zu lehren: Schön ihr Nichtjuden, dass ihr auch das AT angenommen habt und daran glaubt, aber das reicht nicht, ihr müsst auch beschnitten werden, um gerettet zu werden. Genau das Problem, das der Apostel Paulus da in Südgalatien mit dem Galaterbrief in der Zwischenzeit voll angehen konnte. Jetzt gibt es das in der eigenen Gemeinde. Es gibt einen Riesenaufruhr. Es war nicht etwa so, dass die alle gesagt hätte, jetzt fragen wir mal Apostel Paulus, was sagt er dazu? Und was sagt Barnabas dazu? Nein, da wurde wild diskutiert. Schließlich hat man beschlossen, man muss eine Delegation nach Jerusalem zu den Aposteln schicken. Diese Frage muss geklärt werden. Wer geht? U.a. Barnabas und Paulus. Das ist der Besuch in Jerusalem für das Apostel-Konzil, wenn man das so nennen darf. Das ist die 3. Reise nach Jerusalem seit der Bekehrung des Paulus. Dort wird wirklich alles dann besprochen. Interessant ist, dass da alle sich aussprechen durften und dann sind aber verschiedene wirkliche Säulen aufgestanden und haben gesagt, so und so ist das und es wurde bestätigt, so und so ist das. Es gab wirklich eine Einmütigkeit aller Apostel und sonst Verantwortung tragender Brüder und auch die ganze Gemeinde. Die haben dann einen Brief nach Antiochien geschrieben und haben die Sache geklärt. So wurden diese Irrlehrer ausgeschaltet. Es kam wieder Ruhe, Freude und Friede in die Gemeinde zurück.

 

 

Zweite Missionsreise (ca. 50-52 n.Chr.) – Paulus Bedeutung für Europa

Dann hat Paulus die Idee, jetzt könnten wir zur nächsten Missionsreiche gehen, wir, Paulus und Barnabas. Aber Barnabas wollte Markus wieder mitnehmen. Ich habe das noch nicht gesagt, auf der ersten Missionsreise ging Markus mit und als es dann ganz schwierig wurde, da hat er sich dann wieder abgewendet. Paulus sagt, nein, jemand, der nicht bewährt ist in der Mission, der soll nicht mehr kommen. Barnabas war eben mit ihm verwandt und der hat dann Argumente gebracht, dass dieser Markus doch eine weitere Chance bekommt. Das hat einen solchen Zwiespalt zwischen Barnabas und Paulus gegeben, dass sie gesagt haben, wir können nicht mehr zusammenarbeiten. Dann ist Barnabas nach Zypern gegangen, mit Markus. Er kam ja ursprünglich von Zypern. Es ist interessant, auf der ersten Reise ist als erstes Ziel Zypern anvisiert worden und jetzt geht er wieder nach Zypern. Der Apostel Paulus geht dann auf seiner Reise weiter, die dann in der Apostelgeschichte beschrieben wird, während die Reise von Barnabas nicht mehr beschrieben wird. So haben wir die 2. Missionsreise von 50-52 n.Chr. Apostelgeschichte 16: Paulus kommt nach einer Reise durch die heutige Türkei schließlich nach Philippi. Da sind wir beim Thema Europa. Wir haben bis dahin gesehen, wer der Apostel Paulus von seiner Herkunft und seinem Werdegang her war. Jetzt sehen wir seine Bedeutung für Europa. Sie waren da in Troas und schließlich bekam Paulus dort einen Traum. Er sah einen mazedonischen Mann im Traum, offensichtlich erkannte er ihn an der Kleidung, und er rief „kommt herüber zu uns“. Er hatte das mit seinen Mitarbeitern besprochen und sie kamen zum Schluss, das ist nicht irgendein Traum. Im Buch Prediger steht, dass durch viel Beschäftigung kommen Träume. Man muss in Träumen vieles vom Alltag verarbeiten und das hilft uns, damit wir, wenn wir nachts ein bisschen verrückt sind, am Tag wieder normal sind. Aber wir sehen, an Schlüsselereignissen hat Gott zu biblischen Zeiten auch durch Träume Weisung geben können. Das war eine Schlüsselweisung, dass er nämlich von Asien nach Europa ging. Philippi war damit die erste europäische Stadt, die durch den Apostel Paulus die frohe Botschaft der Bibel vernommen hat. Dann geht er in Europa weiter nach Thessalonich, nach Beröa, Athen, Korinth.

Dritte Missionsreise (52-55 n.Chr.)

Auf der dritten Missionsreise, ab Apostelgeschichte 18, 23, da geht er nach Ephesus, Mazedonien, Achaja, Trojas, Milet, Tyrus, dann wieder über Ptolemäus und Cäsarea nach Jerusalem. Auch da wieder wichtige Gebiete Europas werden durch ihn bedient.

Bollwerke gegen das Christentum

Wenn man die Verkündigung von Paulus untersucht, sieht man, seine Verkündigung, die nicht menschengemäß war, stieß im Römischen Reich auf ganz massiven Widerstand. Es gab eine ganze Reihe von richtiggehenden Bollwerken, die sich gegen die frohe Botschaft stellten. Hier habe ich versucht, die wichtigsten Säulen zusammenzustellen.

-          Eine Säule war die Götterwelt der Griechen und Römer mit Jupiter, bzw. Zeus und all den unzähligen Götter, die sie in dieser Region verehrten. Das geht natürlich mit der Bibel gar nicht zusammen. Auch die griechische Mythologie geht mit der Bibel überhaupt nicht zusammen.

-          Dann gab es den Kaiserkult. Der Kaiser ließ sich damals göttlich verehren und er verlangte das von allen, dass sie ihn verehren. Es gab im Römischen Reich Religionsfreiheit, jeder durfte glauben, was er wollte und er konnte jeder Religion angehören, auch zwei Religionen. Viele waren Mitglieder eines Geheimkultes und sie verehrten die griech.-röm. Götter. Sie durften das alles wählen, aber sie mussten den Kaiser auch verehren! Die Christen mussten sagen, nein, es gibt nur einen wahren Gott und wir dürfen niemand anders verehren als nur den wahren Gott, der sich dreieinig geoffenbart hat als Vater, der Sohn und der Heilige Geist, aber es ist ein Gott. So war der Kaiserkult ein ganz gewaltiges Bollwerk. Man musste sich wirklich entscheiden und es konnte um Leben und Tod gehen!

-          Auch Okkultismus und Esoterik spielten in der alten Welt des Römischen Reiches eine riesige Rolle. Der ganze Alltag war durch Esoterik und Okkultismus geprägt. Das geht mit der Bibel überhaupt nicht zusammen.

-          Überhaupt der religiöse Pluralismus, man konnte ja alles glauben und konnte auch zwei oder drei Religionen gleichzeitig haben. Kein Problem. Wie haben das manche ertragen? Wie kann man zwei Religionen, die sich widersprechen, gleichzeitig angehören? Kein Problem, so eine Art religiöse Toleranz, da geht alles. Aber die Bibel ist ganz exklusiv, indem sie ausschließlich durch Jesus Christus sagt, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich. Aber dieser religiöse Pluralismus war ein Problem. Viele dachten, diese Christen sind so engstirnig, wieso sind sie so borniert und sagen, wir beten nur einen Gott an. Sie dürfen ja, aber daneben dürfen sie auch den Kaiser verehren. Nein, das geht nicht.

-          Die Philosophie der Griechen und Römer geht gar nicht zusammen mit der Bibel. Das war ein Denken, das völlig andere Wege ging.

-          Die heidnische Unmoral und Perversion war so unvorstellbar. Unter den röm. Kaiser z.B. war das ganz normal, dass die in allen möglichen Arten von extremer Perversion lebten.

Nun möchte ich das an drei Beispielen illustrieren:

1.      Athen war die Hochburg der Philosophie im alten Reich. Paulus kommt in Apostelgeschichte 17 nach Athen und wird dort mit Epikuräern und Stoikern konfrontiert. Er hält dann auch eine wunderbare Rede auf dem Areopag. Später im Kolosserbrief schreibt er in Kolosser 2, 8: „Gebt acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus.“ Also Paulus warnt vor der Philosophie, aber er musste sich mit den Philosophen auseinandersetzen. Das hat er in Athen so wunderbar gemacht, Apostelgeschichte 17, als Beispiel.

2.      Ein Kapitel später kommt er nach Korinth. Korinth war wirklich die Hochburg der Unmoral und Perversion. Aus dieser Perversion kamen viele in Korinth zum Glauben. Später muss er ihnen schreiben in 1. Korinther 6, 18: „Flieht die Hurerei!“ Das griech. Wort pornaia bezeichnet jeglichen Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, dem geschützten Bereich, so wie Gott das als Schöpfer vorgesehen hat. Er sagt, „flieht die Hurerei!“ Das ist also eine Entscheidung, wo man wirklich Energie anwendet, um damit gar nichts zu tun zu haben. 1. Korinther 6, 18-19: „... Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?“ Der Körper ist der Tempel Gottes, er darf nicht irgendwie durch Unmoral verunreinigt werden.

3.      Er kam dann ein Kapitel später nach Ephesus und das war die Hochburg des Okkultismus, der Magie und des Aberglaubens. Dort wurde ganz besonders Artemis verehrt, eine furchtbare Todesgöttin, von der man sagte, ihre schwarze Magie sei der stärkste Zauber, den es gibt. Da hat Paulus die frohe Botschaft verkündigt und ganz viele Menschen kamen zum Glauben. Man liest dann auch, wie Zauberbücher im ganz enormen Wert verbrannt wurden. Paulus schreibt dann später an die Epheser in Epheser 2, 2 von ihrem alten Leben: „in denen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams.“ Kein einziges Mal erwähnt er Artemis, aber er erwähnt hier den Satan, den Fürsten der Gewalt der Luft, als dieser Geist, der hinter dem Götzendienst und dem Okkultismus und Esoterik steckt.

Vierte Missionsreise (ca. 55-62 n.Chr.) und Gefangenschaft in Rom (60-62 n. Chr.)

Die vierte Missionsreise wird dann in Apostelgeschichte 21 – 28 berichtet. Sie führt von Jerusalem schließlich nach Rom, ins Zentrum des Römischen Reiches in Europa. Es ist eine Reise, die ganz anders ist als die früheren Reisen. Aber dennoch kann Paulus auf diese Art schließlich dem Kaiser von Rom Nero die frohe Botschaft verkündigen. Das ist gewaltig! Paulus wurde ja auf falsche Anklage hin in Jerusalem verhaftet. Er hat sich dann auf das höchste Gericht im Römer  Reich berufen, auf den Kaiser. Darum musste er zum Kaiser gehen. Die Apostelgeschichte beschreibt, wie das schließlich eine Schiffsfahrt war, die ihn nach Rom bringen sollte. Da gab es einen dramatischen Schiffbruch, bei dem Paulus und alle, die mit waren, überlebt haben. Auf diese Weise kam er schließlich nach Rom. Dort konnte er eine Wohnung mieten und war in Halbgefangenschaft. Das war üblicherweise so, dass man mit Soldaten der Legion angekettet war und so konnte man nicht fliehen. Aber er konnte Leute empfangen und ihnen das Evangelium in seinem Haus in Rom verkündigen. Das ging zwei Jahre lang, damit endet die Apostelgeschichte. Diese zwei vollen Jahre. Er konnte nicht vor den Kaiser, so lange diese Ankläger aus Jerusalem nicht da waren. Aber es gab ein römisches Gesetzt das sagte, wenn zwei volle Jahre vorbei sind und die Ankläger nicht erschienen sind, dann wird der Angeklagte freigesprochen. Darum endet die Apostelgeschichte mit diesem Ausdruck nach zwei vollen Jahren, und dann kam die Freiheit. Apostelgeschichte 28, 30-31: „Er aber blieb zwei ganze Jahre in seinem eigenen gemieteten Haus und nahm alle auf, die zu ihm kamen, und predigte das Reich Gottes und lehrte mit aller Freimütigkeit ungehindert die Dinge, die den Herrn Jesus Christus betreffen.“

In dieser Zeit, gegen das Ende dieser zwei Jahre, hat er den Philipperbrief, Kolosserbrief, Epheserbrief, Philemonbrief verfasst und man kann zeigen, auch den Hebräerbrief.

Fünfte Missionsreise

Dann wurde Paulus freigelassen, wie er das schon im Philipperbrief und im Philemonbrief z.B. andeutet. Dann kam diese Freiheit von 62-66/67 n.Chr. Jetzt wird klar, manche haben gesagt, die Bibel stimmt doch gar nicht, im Titusbrief steht, Paulus sei in Nikopolis gewesen und habe dort überwintert. Das kommt ja in diesen vier Missionsreisen in der Apostelgeschichte nirgends vor. Tja, natürlich nicht in den vier Missionsreisen, aber nachher, auf der 5. Missionsreise! Da kam er nach Nikopolis. Der Titusbrief wurde nach der Apostelgeschichte geschrieben! Auch der 1. Timotheusbrief wurde in der Zeit geschrieben. Paulus kam schließlich bis nach Spanien. Das war ja sein Wunsch, den er in Römer 15, 24 schon ausgedrückt hatte. Damit war er ja eigentlich überall: in der Türkei, dann in Griechenland, aber im Römerbrief sagt Paulus, dass er auch nach Dalmatien kam und das ist das Gebiet von Albanien und Kroatien und noch mehr zum Beispiel. Da war er auch! Dann kam er nach Italien und schließlich bis nach Spanien. Das wird uns um das Jahr 100 herum außerbiblisch überliefert in dem sog. Clemensbrief. Ein Brief von Clemens an Rom und da wird klargemacht, dass er dann den Wunsch, nach Spanien zu reisen, erfüllen konnte. Da hat er die ganzen Küstengebiete von der Türkei bis nach Spanien besucht.

Zweite Gefangenschaft und Tod

Dann wurde Paulus wieder verhaftet und er kam in den Kerker Tullianus. Das ist die gefürchtete Todeszelle in Rom, da kam nur ganz selten jemand wieder lebendig heraus. Viele wurden erdrosselt, schrecklich, und der Apostel Paulus wurde schließlich, von Kaiser Nero angeordnet, enthauptet. Aus dieser Todeszelle schrieb er noch den letzten Brief, den 2. Timotheusbrief. Er sagt in 2. Timotheus 4, 7-8: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt (das heißt das Glaubensgut hat er bewahrt bis zum Schluss); fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag; nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieben.“

Europa im Alten Testament

Dann möchte ich in dem Zusammenhang noch am Schluss etwas zum Thema Europa im Alten Testament anfügen. Es gibt nämlich eine wunderbare Prophetie in Jesaja 49, das ist eine Prophetie auf den Messias. Es gibt fünf Gottesknechtgedichte in Jesaja: 42, 49, 50, 53 und dann 60. Da hört man den Messias sprechen. Jesaja 49, 1: „Hört auf mich, ihr ijim, und hört zu, ihr Völkerschaften in der Ferne!“ Ich habe das hebräische Wort ijim nicht übersetzt, sondern einfach auf Hebräisch stehengelassen, ich werde es nachher erklären. „Hört auf mich, ihr ijim, und hört zu, ihr Völkerschaften in der Ferne!“ und dann Vers 6 spricht Gott: „ja, er spricht: Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde.“ Hier wird klargemacht, wenn der Messias kommt, kommt er nicht nur als Messias für Israel, sondern für alle Völker. „... an das Ende der Erde“ sind die Teile des Festlandes, die am weitesten von Israel entfernt sind, also z.B. Tierra del Fuego in Südamerika ganz unten oder Alaska ganz oben oder Australien, Neuseeland, Thailand, Indonesien, Südafrika. Alles das sind die Enden der Erde. Die Botschaft soll überall hinkommen und sie hat in den letzten 2000 Jahren wirklich alle fünf Kontinente erreicht. Aber hier sagt der Messias in Vers 1: „Hört auf mich, ihr ijim...“ Was ist das? Bei dem hebräischen Wort „ijim“, das im Text von Jesaja 49, 1 zumeist mit „Inseln“ übersetzt wird, handelt es sich um einen interessanten geographischen Begriff. Er bezeichnet im Bibelhebräischen insbesondere die Inseln und Küstenländer des Mittelmeeres auf der europäischen Seite von Kleinasien – heutige Türkei - bis Spanien. Und jetzt merkt man, warum der Apostel Paulus so gewichtig alles erreichen musste. Von der Türkei her über Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien, Italien und bis nach Spanien. Hier sehen wir auf der Karte auch diese Inseln des Mittelmeeres auf der europäischen Seite und auch die gesamten Küstengebiete, die werden mit dem Ausdruck „ijim - Inseln“ mit ausgedrückt. Darum übersetze ich nicht mit „Inseln“, sondern es ist eigentlich das hebräische Wort im AT für Europa. Der Messias sagt dort in Jesaja 49, 1 „Hört auf mich“ und er spricht Europa an, „und hört zu, ihr Völkerschaften in der Ferne!“

Damit wird die Frage beantwortet, die am Anfang nicht klar war.  Das Evangelium ging in Asien herum, kam nach Europa und auch schnell nach Afrika, das beschreibt auch die Apostelgeschichte. Alle drei Kontinente, die da so verbunden sind über die Landbrücke Israel, die wurden schon im 1. Jhd mit dem Evangelium erreicht. Aber Amerika kam viel später, Australien auch. Aber man hätte sich damals fragen können, welcher Kontinent wird das Evangelium am deutlichsten aufnehmen? Welcher Kontinent wird durch das Evangelium ganz besonders auch in seiner ganzen Kultur geprägt werden? Nun, Jesaja 49 weist darauf hin, dass der Messias ganz speziell Europa anspricht, „hört auf mich“. In Jesaja 42, 4, das erste der fünf Gottesknechtgedichte, dort wird auch gesagt, dass die ijim auf den Messias harren!  Es ist genauso wie in dem Traum: der mazedonische Mann rief „komm herüber und hilf uns!“ und Paulus ging, um die Hilfe durch das Evangelium zu bringen. So hat Europa eine ganz besondere Chance gehabt im Kontrast zu den anderen Kontinenten.

Ich möchte jetzt ganz kurz zwei Punkte nennen, in den 2000 Jahren, in denen Europa besonders durch das Evangelium geformt worden ist, ausgehend von dem Dienst, ganz besonders von dem Apostel Paulus.

1.      Wir gehen in die Zeit um 400 n.Chr. Da lebte ein gewisser Augustinus, Philosoph, Rhetoriker, brillanter Mann. In Thagaste, heutiges Algerien, wurde er 354 n.Chr. geboren. Er machte seiner Mutter Monika große Not. Sie war eine Christin und ihr Sohn lebte in furchtbarer Unmoral, wirklich ganz, ganz schlimm. Sie betete für ihn und schließlich kam der Tag, er hatte ein Manuskript auf Lateinisch auf seinen Knien (er konnte übrigens kein Griechisch), der Römerbrief. Er begann nicht zu lesen. Dann hörte er ein Kind im Garten spielen, das sagte dauern auf Lateinisch (damals sprach man auch in Algerien lateinisch) „Tolle, lege! Tolle, lege! Tolle, lege!“ Nimm und lies! Ist das für mich? Und liest im Römerbrief. Er kommt zu Kapitel 13, das führt ihn zum Zusammenbruch, zu seiner Bekehrung. Der Römerbrief von Paulus! Da heißt es in Römer 13, 13-14: „Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzuchthandlungen und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch zur Befriedigung seiner Begierden.“ Das führte ihn zum Zusammenbruch und Augustinus sollte eine ganz große Bedeutung später für Europa haben. Er hat auch viele Dinge verkündigt, die ganz falsch waren. Aber er hat auch Dinge gesagt, die richtig waren und hatte viel über die Gnade Gottes geschrieben. Das hat seinen Einfluss auch auf die weitere Geschichte gehabt, als von Rom ausgehend Europa immer mehr von der Bibel wegkam, obwohl gerade der Römerbrief sagt, man wird gerettet nur durch Glauben, ohne Werke, ohne eigene Leistung! Aber ausgerechnet von Rom aus kam die Lehre, man muss gute Werke tun, um dann eventuell gerettet zu werden.

2.      Aber Augustinus hatte aus den Paulusbriefen gelernt, Gnade Gottes und das hat sich durch die Jahrhunderte doch fortgesetzt, bis schließlich im 16. Jhd ein Mönch Martin lebte. Er war ganz verhaftet in dieser Lehre, ich muss Gutes leisten, um Gott zufrieden zustellen. Dann hatte er einmal einen Auftrag von seinem Orden bekommen, den Augustinern, die ganz besonders mit der Gnadenlehre von Augustin verbunden waren. Er musste nach Rom gehen. Das war gerade die Zeit, als der Petersdom gebaut wurde. Das brauchte unheimliche Finanzen. Darum kam Tetzel bis nach Deutschland und hat Geld gesammelt, „wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt!“ Das war das Motto und die armen Leute mussten Geld geben, um diesen Prachtbau zu bauen. Martin sah das alles und er war entsetzt. Er sah hinter die Kulissen und sah, wie der Klerus in fürchterlicher Unmoral lebte, genau das, wovor in Römer 13 gewarnt wird! Er war entsetzt und er realisierte, Europa ist völlig von der Bibel weggekommen. Wir müssten zurück zur Bibel! Dann, es war 1517, er war in diesem Turm und er las den Römerbrief, Kap 1, „der Gerechte aber wird durch Glauben leben“. Durch Glauben, nicht durch Werke! Ich dachte immer durch Werke! Paulus hat geschrieben, „der Gerechte wird durch Glauben leben“ und das gab den Durchbruch in seinem Leben, dass er dann wirklich die Gnade Gottes im Glauben annehmen konnte. Das war ihm klar, die Kirche hat sich vom ursprünglichen Christentum weit weg entfernt, wir müssen zurück zu den Wurzeln, zurück zu der Bibel! Allein die Bibel! Und das hat die Reformation in Europa ausgelöst, ausgehend von dem Römerbrief von Paulus. Das hat Europa eine derartige Freiheit gebracht.

Heute erleben wir, wie all dieses Erbe, diese Entdeckung der Reformation in Europa von den Massen zertreten, verworfen, in den Schmutz gezogen wird. Wir erleben ein Europa, das sich völlig entchristianisiert und jetzt wieder dem Europa gleicht, wie es war, als der Apostel Paulus kam. Wir sehen, wie viele dieser Anfangsbollwerke wieder die heutigen Bollwerke sind! Wir haben als Christen genau die gleichen Probleme, wie Apostel Paulus am Anfang. So lange wir noch können, wollen wir auch Europa diese Botschaft auch in einer nachchristlichen Zeit verkündigen. Gescheit gesagt post-christlichen Zeit, so wie der Apostel Paulus in der prä-christlichen Zeit Europa mit dem Evangelium bediente. Die Reformatoren haben es klar erkannt, die Bibel ist das einzige Fundament, nur das gilt! Nicht die Tradition der Menschen. Die Bibel hat Autorität über alle Bereiche des Lebens: über Glauben, aber auch Familie, Gesellschaft, Arbeit, Ethik, Kunst, Wissenschaft, Politik, überall! Die Bibel hat Autorität in allen Themen, nicht nur wenn es um Glauben geht. Das kann man nicht trennen, in allen Bereichen. So haben wir eine große Aufgabe heute, in den Fußstapfen des Apostel Paulus voranzugehen hier in Europa. Wir sehen genau die gleichen Probleme wie damals am Anfang. Aber so, wie die Menschen damals aus diesen Bollwerken ausbrechen konnten, befreit werden konnten, durch Glauben allein errettet wurden, ist es auch heute möglich. Für jeden, der seine persönliche Schuld bereut, im persönlichen Gebet Gott bekennt und an den Herrn Jesus glaubt, der alles gut gemacht hat an dem Kreuz auf Golgatha.

Danke für das Interesse.