Einführung in das 3. Buch Mose (Leviticus) - Teil 1/2

Roger Liebi

Audioabschrift – Bibelstudientage Herznach 2000

3. Mose 1, 1 - 3. Mose 27, 34

 

 

3. Mose 1, 1-9: «Und der HERR rief Mose, und er redete zu ihm aus dem Zelte der Zusammenkunft und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich zu ihnen: Wenn ein Mensch von euch dem HERRN eine Opfergabe darbringen will, so sollt ihr vom Vieh, vom Rind- und Kleinvieh, eure Opfergabe darbringen. Wenn seine Opfergabe ein Brandopfer ist vom Rindvieh, so soll er sie darbringen, ein Männliches ohne Fehl; an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft soll er sie darbringen, zum Wohlgefallen für ihn vor dem HERRN. Und er soll seine Hand auf den Kopf des Brandopfers legen, und es wird wohlgefällig für ihn sein, um Sühnung für ihn zu tun. Und er soll das junge Rind schlachten vor dem HERRN; und die Söhne Aarons, die Priester, sollen das Blut herzubringen und das Blut ringsum an den Altar sprengen, der an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist. Und er soll dem Brandopfer die Haut abziehen und es in seine Stücke zerlegen. Und die Söhne Aarons, des Priesters, sollen Feuer auf den Altar legen und Holz auf dem Feuer zurichten; und die Söhne Aarons, die Priester, sollen die Stücke, den Kopf und das Fett auf dem Holze zurichten über dem Feuer, das auf dem Altar ist. Und sein Eingeweide und seine Schenkel soll er mit Wasser waschen; und der Priester soll das Ganze auf dem Altar räuchern: es ist ein Brandopfer, ein Feueropfer lieblichen Geruchs dem HERRN.» Zunächst mal bis hierhin.

Wir wollen als erstes uns vergegenwärtigen, was die Bedeutung der Abfolge der ersten drei Bibelbücher darstellt. In 1. Mose haben wir als Botschaft die Verdorbenheit des Menschen durch die Sünde gefunden. Das 1. Buch Mose zeigt, wie Gott alles wunderbar eingerichtet hat, ideal, und der Mensch ist trotzdem gefallen. Und die Verderbtheit hat sich von Generation zu Generation weiter vererbt. Man könnte eigentlich Psalm 51, 4-5 (6-7) so als Titel über das 1. Buch Mose setzen. Das ist der Bußpsalm von David nach seinem Ehebruch mit Bathseba. Und dort sagt er: «Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen; damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, rein erfunden, wenn du richtest. Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter.» Das haben wir gesehen, das war eine ganz zentrale Botschaft des 1. Buches Mose.

Dann kam das zweite Buch. Und dort fanden wir ein Volk in einer grausamen Unterdrückung und Sklaverei, das aber erlöst wurde durch das Blut des Lammes, 2. Mose 12. Das Opfer des Passahlammes ist das zentrale Opfer, das die Wende hineinbringt in dieses Todesschicksal eines Sklavenvolkes in der Fremde. Also das 2. Buch Mose ist das Buch der Erlösung durch das Blut des Lammes. Da würde ich als Überschrift setzen Jesaja 43, 1. Das zweite Buch Mose heißt in der hebräischen Bibel schemot, Namen, weil es mit den Namen der Söhne Israels beginnt. Aber das ist ein ganz bedeutsames Wort aus dem ersten Bibelvers und wir sehen gleich die Verbindung zu Jesaja 43, 1: «Und nun, so spricht der HERR, der dich geschaffen, Jakob, und der dich gebildet hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.» Das ist die Botschaft des 2. Buches Mose.

Und jetzt kommt das Dritte und das überschreiben wir mit: Die Gemeinschaft mit dem heiligen Gott in der Anbetung. Letztes Mal haben wir doch geendet damit, dass in 2. Mose 40 die Stiftshütte genau nach der Vorschrift Gottes aufgerichtet worden war und dann die Schechina kam. Die Wolke der Herrlichkeit Gottes hat das Tempelhaus erfüllt. Gott hat seinen Platz eingenommen in der Mitte seines Volkes. Und jetzt beginnt das 3. Buch Mose damit, dass der HERR aus der Stiftshütte herrausruft. 3. Mose 1, 1: «Und der HERR rief Mose, und er redete zu ihm aus dem Zelte der Zusammenkunft und sprach:» Das 3. Buch Mose beginnt also mit Gottes Ruf mit Opfern her-zuzukommen. Und die Opfer sprechen von Anbetung, wie wir noch sehen werden. Was ist also die Botschaft des 3. Buches Mose? Wir können das zusammenfassen mit Johannes 17, 24. Das gibt uns einen trefflichen Titel. Ein Gebet des Herrn, als er im Schatten von Golgatha stand: «Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, auf dass sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.» Das 3. Buch Mose ist gewissermaßen der Wunsch des Sohnes Gottes, dass wir herzukommen und seine Herrlichkeit anschauen.

Die ersten sieben Kapitel dieses Buches behandeln die Opfer. Und in diesen Opfern sehen wir die Herrlichkeit des Erlösers Jesus Christus, in allen Details, von verschiedenen Seiten beleuchtet. Und das soll gewissermaßen Gegenstand sein der Gemeinschaft mit Gott. In der hebräischen Bibel hat man als Titel für das 3. Buch Mose auch wieder ein Wort aus dem ersten Vers genommen, nämlich das allererste. Vajikra, so beginnt das Buch. Es bedeutet: und er rief. Es ist Gottes Ruf herzuzukommen und Gemeinschaft zu haben mit Gott. Und Gott erklärt, wie wir Gemeinschaft mit ihm haben können. Er sagt nicht, jetzt müsst ihr mal ein bisschen Phantasie haben und dann können wir zusammen Gemeinschaft haben. Nein, Gott sagt zu Mose: Rede zu den Kindern Israel: Wenn ein Mensch ein Opfer bringen möchte, dann erkläre ich ganz genau, wie das gehen soll. Also Gott sagt, wie der Gottesdienst aussehen soll. Es ist nicht die reine Phantasie des Menschen. Aber es ist wirklich bemerkenswert, es wird ja so oft in den Büchern Mose gesagt, dass Gott zu Mose oder zu Aaron geredet hat, aber ganz selten kann man so etwas finden, dass es heißt, dass Gott ruft. Und so beginnt das Buch: Vajikra el-mosche vajdabber Adonaj ’elav me’ohel mo’ed le’mor. Genau das: Und er rief Mose und er redete zu ihm (wörtlich: Und er rief Mose und sprach zu ihm der HERR.) aus dem Zelt der Zusammenkunft um zu sagen. Und dann kommt der Befehl, wie die Opfer funktionieren sollen. Also Gottes Ruf zur Gemeinschaft.

Ich möchte dazu etwas lesen aus 1. Petrus 1, 14-19. Da finden wir nämlich genau diesen Übergang vom 2. zum 3. Buch Mose in neutestamentlicher Sprache. Ich lese schon ab Vers 13: «Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hoffet völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi; als Kinder des Gehorsams bildet euch nicht nach den vorigen Lüsten in eurer Unwissenheit, sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: "Seid heilig, denn ich bin heilig". (3. Mose 11, 45. Das ist der Schlüsselvers für das 3. Buch Mose). Und wenn ihr den als Vater anrufet, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht, indem ihr wisset, dass ihr nicht mit verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken;» Merken wir den Zusammenhang?

Im 2. Buch Mose haben wir das Thema vom Blut des Lammes, das erlöst und befreit hat. Und Petrus erinnert, ihr seid ja nicht mit Silber oder Gold erlöst worden, sondern mit dem Blut Christi. Und nun sollen wir eben nach dem handeln, wie es in 3. Mose steht: «Seid heilig, denn ich bin heilig.“ Also da haben wir genau diesen Übergang. Übrigens ist auch interessant: Der Vers 13 hat ja damit begonnen: deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung. Beim Passah mussten ja alle Israeliten den Gürtel anziehen, einen Stab in der Hand haben, bereit sein für den Aufbruch. So begann es und jetzt wird erklärt: Jetzt, wo wir erlöst sind durch das Blut des Lammes, sollen wir während der Zeit unserer Fremdlingschaft in Furcht, also in Ehrfurcht vor Gott, wandeln. Das ist die Wüstenwanderung. Israel aus Ägypten ausgezogen in die Wüste und jetzt kommt die Belehrung des 3. Buches Mose. Ein ganz wichtiges Stichwort für dieses Buch ist das Wort heilig. Ich habe es mal ausgezählt. Dieses Wort heilig, samt allen verwandten Wörtern, also heilig, heiligen, Heiligtum usw. findet man 150 Mal etwa im 3. Buch Mose. Dieses Buch ist also förmlich charakterisiert durch diesen Ausdruck. Jetzt muss ich erklären, was heilig bedeutet. Die hebräische Wurzel des Ausdrucks heilig, kadasch, bedeutet immer Absonderung. Also heiligen ist immer auf die Seite stellen, will sagen, reserviert sein für Gott. Das ist heilig, reserviert für Gott. Und das war ja genau das, was wir gesehen haben im 2. Buch Mose. Aus diesem götzendienerischen Umfeld von Ägypten ist Israel herausgelöst worden, auf die Seite gestellt worden für Gott. Und jetzt können sie Gemeinschaft haben mit dem heiligen Gott.

Das 3. Buch Mose fällt genau in den Monat Nissan des Jahres 02 nach dem Auszug aus Ägypten. Wieso? Wir haben doch letztes Mal noch gesehen, die Aufrichtung der Stiftshütte fand nach 2. Mose 40, 17 statt, ich lese: «Und es geschah im ersten Monat, im zweiten Jahre, am Ersten des Monats, da wurde die Wohnung aufgerichtet.» Also das 2. Buch Mose endet am 01.01.02 und das 4. Buch Mose beginnt, Vers 1: «Und der HERR redete zu Mose in der Wüste Sinai im Zelte der Zusammenkunft, am Ersten des zweiten Monats, im zweiten Jahre nach ihrem Auszuge aus dem Lande Ägypten und sprach:» Das ist also der 01.02.02. Also fällt zwischen dem Ende des 2. Buches Mose und dem Anfang des 4. Buches Mose exakt dieser Monat Nissan hinein, oder auch Abib genannt. Das war der Monat der Erlösung. Also das ist der Monat, wo quasi das erste Mal Jubiläum gefeiert werden konnte. Ein Jahr Erlösung aus Ägypten. Und genau in dieses Jahr hinein, oder in diesen Jubiläumsmonat fällt das 3. Buch Mose hinein. Gott sagt gewissermaßen, jetzt habt ihr etwas gelernt über den Wert des Blutes des Opfers, damals in Ägypten. Und jetzt will ich euch noch mehr erklären darüber. Und so kommen die Belehrungen im 3. Buch Mose.

Wie gesagt, das Buch beginnt mit den Opfern in 3. Mose 1-7. Und zwar werden verschiedene Typen, verschiedene Arten von Opfern, aufgeführt. Auf dem Blatt findet ihr zuerst das Brandopfer, das ist 3. Mose 1. Und dann gibt es noch einen erklärenden Zusatz in Kapitel 6, 1-6. In 3. Mose 2 kommt dann das Speisopfer und in Kapitel 6, 7-16 wieder zusätzliche Erklärungen und Gesetze hierzu. Dann in 3. Mose 3 das Friedensopfer und in Kapitel 7, 11-38 Zusatzerklärungen. Sodann das Sündopfer in Kapitel 4, 1-5, 13 und die Zusatzerklärungen dazu in Kapitel 6, 17-23. Und schließlich das Schuldopfer in 3. Mose 5, 14-26 und die Zusatzerklärungen in Kapitel 7, 1-10. Das sind also die fundamentalen Kapitel über die Opfer. Es gibt ja so viele Spezialopfer im Alten Testament, aber wenn man diese fundamentalen Belehrungen von 3. Mose 1-7 hat, da hat man das Fundament für den ganzen Opferdienst.

Also das gehört zur Basis für all die Israelis, die sich heute ausbilden lassen für den Opferdienst im 3. Tempel. Das müssen sie intus haben. Es gibt ja die Organisation Ateret Kohanim[1], die Krone der Priester, und die bildet heute bereits Israelis aus, die nachweislich Nachkommen von dem Hohenpriester Aaron sind. Das sind Juden, die heißen im Geschlechtsnamen Kohen, das heißt Priester. Oder es gibt auch so Abwandlungen wie Kohn, Kohnen, Kahn oder Katz, das auch noch damit zusammenhängt, oder Kogut. Das sind so verschiedene Namen. Aber auch Leute, die Levi heißen, wissen, dass sie wenigstens aus dem Priesterstamm Levi kommen, aber auch für Levin, Livinsohn, Levinski usw. gilt das Gleiche. Aber das machen nur Männer, nicht wahr. Und seit Neuerem hat man auch Hinweise darauf, dass es effektiv besondere Gene gibt bei Leuten, die Kohen heißen, so dass man effektiv, auch wenn man nicht Kohen heißt, unter Umständen einen Nachweis geben kann, dass man aus dieser Linie stammt. Ich habe die Email-Adresse, wo man Unterlagen bekommt für einen solchen Test, falls Sie wissen wollen, ob Sie auch dazu gehören.

Also das sind die Grundlagenkapitel. Und die waren so grundlegend für die Zeit von Mose, etwa 1500 vor Christus, mit der Stiftshütte, bis zum Jahr 70 nach Christus. Und dann haben die Opfer aufgehört, was wir heute Morgen ja gesehen haben. Denn ihr werdet viele Tage ohne Opfer sein. Aber heute wo die Vorbereitungen zum dritten Tempel wieder wach werden, wird das auf eine ganz neue Art wieder studiert und auch gelernt, um es zu praktizieren. Aber die Zeit dazwischen war ein echtes Problem. Ein Judentum ohne Opfer, das ist wie wenn man mir das Herz herausschneiden würde. Das ist ein total amputiertes Judentum gewesen. Und das hat auch viel Mühe gemacht durch die 2000 Jahre hindurch: Wo sind die Opfer? Wo sind die Opfer geblieben? Warum hat Gott uns die weggenommen? Und es hat dann auch diese Belehrung gegeben von den Rabbinern im Talmud: Wer diese Kapitel liest, dem werden sie von Gott zugerechnet, wie wenn er diese Opfer darbringen würde. Und strenge Juden lesen diese Kapitel quasi als Ersatz, weil sie diese Opfer nicht darbringen können. Es gibt übrigens eine wunderbare Veröffentlichung eines russischen Juden im 19. Jahrhundert, der davon berichtet, wie er diese Kapitel gelesen hat und Gott gebeten hat, wenn er diese Kapitel las, jede Woche: Herr, rechne mir das Lesen zu als würde ich dir diese Opfer bringen. Und der ist dann schlussendlich zum Glauben durchgedrungen, dass eben Jesus Christus all diese Opfer in seinem Opfer von Golgatha erfüllt hat.

Und genau so wollen wir diese Kapitel angehen. Wir wollen sehen, was diese Opfer bedeuten. Im Seminarteil heute Morgen ist doch die Frage gekommen in Verbindung mit dem Opfer von Isaak. Und wir haben gesehen, das Opfer Isaaks hat genau dort stattgefunden, oder diese Darbringung, wo später Jesus Christus wirklich gestorben ist. Auf einem der Berge im Land Morija. Aber hier in 3. Mose haben wir vier Opfer. Das war die nächst mögliche Annäherung, um das Opfer von Jesus Christus vorzuschatten. Menschenopfer waren unmöglich. Und im Fall von Isaak, das war eine ganz besondere Geschichte, wo Gott zeigen wollte: Eigentlich ist das Tieropfer zu wenig, es bräuchte einen Menschen. Aber im letzten Moment hat er das Opfer Isaaks gestoppt, weil es nicht nur einen Menschen braucht, sondern es braucht auch einen vollkommenen, sündlosen Menschen. Aber dort hatte man schon den klaren Hinweis bekommen, dass auf diesem Berg einmal das Opfer ersehen werden wird. Das Opfer, das all diese alttestamentlichen Opfer von Tieren erfüllen würde.

Und dazu lesen wir etwas aus Jesaja 53. In diesem Buch werden die Leiden des Messias vorausgesagt, etwa 700 vor Christus. Und ich muss betonen, dass die alten Rabbiner dieses Kapitel ganz eindeutig auf den Messias bezogen haben. Sogar im Talmud, im Traktat Sanhedrin 98b, wird Jesaja 53 auf den Messias bezogen. Und zwar fragen sie: Wie heißt eigentlich der Messias? Und dann wird Jesaja 53, 4 zitiert und da heißt es: Er ist der von Gott Geschlagene. Und da wird Jesaja 53, 4 auf den Messias bezogen. Als Titel, als Name, nagua, der Geschlagene. Die haben also ganz genau gewusst, das spricht von dem Messias. Und jetzt lese ich etwas aus Jesaja 53, 3-5: «Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt; er war verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen (nagua) und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.» Vers 7: «Er wurde misshandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, gleich dem Lamme, welches zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern; und er tat seinen Mund nicht auf.» Da wird er verglichen mit einem Lamm, dass zur Schlachtung gehen muss. Ein Mensch stirbt so, wie die Opfertiere starben und sein Opfer ist stellvertretend für die Sünden anderer. Ich lese noch Vers 11: «Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen. Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, und ihre Missetaten wird er auf sich laden.» Da wir also alttestamentlich deutlich erklärt, dass das Opfer des Messias die Erfüllung der Tieropfer ist. So in prophetischer Vergangenheitsform, ein Kunstgriff der Propheten, wird das Leiden des Messias vorausgesagt.

Und dann möchte ich noch lesen aus Psalm 40. Das ist ein messianischer Psalm und wir hören die Stimme des Messias ab Vers 6 bzw. 7, je nach Verszählung: «An Schlacht- und Speisopfern hattest du keine Lust; Ohren hast du mir bereitet: Brand- und Sündopfer hast du nicht gefordert. Da sprach ich: Siehe, ich komme; in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.» Jetzt finden wir hier den Ausdruck: Schlacht- und Speisopfer, Brand- und Sündopfer. Das sind diese Ausdrücke aus 3. Mose 1 und folgende. Und da sagt der Messias zu Gott: An Schlacht- und Speisopfern hattest du keine Lust, Brand- und Sündopfer hast du nicht gefordert. Aber wir haben doch gesehen, dass Gott das geboten hat. Nun, das bedeutet, dass der Messias sagt: Das ist nicht das eigentliche, was du willst. Es ist nicht das Opfer eines Tieres, das für Gott etwas bedeutet, es ist nicht das, was Gott will. Sondern das war alles nur ein symbolischer Hinweis. Und drum sagt der Messias: «Da sprach ich: Siehe, ich komme; in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust.» Und was war das, der Wille Gottes? Der Wille Gottes war, dass der Messias als Mensch stirbt und alle Opfer erfüllt. Diese Verse werden zitiert in Hebräer 10. Und dort heißt es ausdrücklich, dass Jesus Christus das gesagt hat, als er in die Welt kommt. Das ist ein Weihnachtstext. Als er in die Welt kam hat er das gesprochen. Er, als der Sohn Gottes, ist ein Kind geworden.

Allerdings, wenn man in Hebräer 10, 5 liest, die griechische Übersetzung, die dort verwendet wird, - das Neue Testament ist ja auf Griechisch und das Alte in Hebräisch - dann steht dort nicht: Ohren hast du mir bereitet, sondern im Hebräerbrief steht: Einen Leib hast du mir bereitet. Nun, ich will erklären, dass das kein Gegensatz ist. Wörtlich steht sogar im hebräischen Text: Ohren hast du mir gegraben. Wenn der Embryo im Mutterleib ausgebildet wird, dann ist er zuerst ein ungeformter Knäuel. Das finden wir auch im Alten Testament, und zwar in Psalm 139. Da sagt David: Meinen Knäuel sahen deine Augen. Das hebräische Wort golem, der Knäuel, die ungeformte Masse. Meinen Knäuel sahen deine Augen. Und jetzt hier, Ohren hast du mir gegraben. Die Embryonalentwicklung ist ein so wunderbares Geheimnis. Plötzlich beginnen sich dann in diesem Knäuel Furchen zu bilden und eine der frühesten Entwicklungen ist das Bilden der Gehörgänge. Ohren hast du mir gegraben. Und jetzt sehen wir, die Übersetzung in Hebräer 10: einen Leib hast du mir bereitet, das ist so wunderbar. Das ist genau, könnten wir sagen, die dynamisch-äquivalente Übersetzung. Das ist genau der Sinn der Aussage: Du hast mir einen Leib bereitet im Mutterleib. Und es wird betont: Ohren. Ich will hören, was du willst und dein Wille ist eben, dass ich mich hingebe als Opfer. Und so hat der Messias Jesus in seinem Tod als Mensch, darum ist er Mensch geworden, all diese Opfer erfüllt. Und wenn wir diese Perspektive haben, eben aus Psalm 40, Jesaja 53 und Hebräer 10, dann haben wir den Schlüssel, den Zugang zu diesen ersten Kapiteln des 3. Buches Mose.

Wir kommen zur nächsten Überschrift: Die blutigen Opfer im Detail. Ich habe ja vorhin aufgezählt, wir haben fünf verschiedene Opfer, aber nur vier sind blutig. Das zweite da auf dem Blatt, das Speisopfer, ist unblutig. Es ist aus Mehl gemacht und musste immer blutige Opfer begleiten. Man hat also das Speisopfer nie isoliert für sich dargebracht, sondern immer in Verbindung mit den blutigen Opfern auf dem Altar. Was die Bedeutung hiervon ist, werden wir noch sehen. Also wir haben vier blutige Opfer und die wollen wir uns zuerst einmal anschauen. Und in Verbindung mit ihnen stets das Speisopfer.

Zuerst das Brandopfer. Im Hebräischen haben wir hier das Wort olah. Das bedeutet wörtlich Aufsteigendes und zwar im Sinne von aufsteigendes Opfer. Es ist das Opfer zum Wohlgefallen für Gott. Wir haben das gelesen, 3. Mose 1, 3: «Er soll sie darbringen zum Wohlgefallen für ihn vor dem HERRN.» Vers 9 am Schluss: «Es ist ein Brandopfer, ein Feueropfer lieblichen Geruchs dem HERRN.» Vers 13 am Schluss wieder: lieblichen Geruchs dem HERRN. Vers 17 wieder: lieblichen Geruchs dem HERRN. Im Neuen Testament ist dieses Wort olah übersetzt worden mit holokautoma, das heißt das vollständig Verbrannte, wieder im Sinne von Opfer. Übrigens das Wort Holocaust kommt daher. Aber eigentlich ist das falsch, wenn man das auf das jüdische Volk bezieht, denn das Holocaust-Opfer ist das perfekte Opfer, zum lieblichen Geruch dem HERRN, das keine Sünde an sich hat. Und das kann kein Jude und kein Nichtjude von sich sagen. Wir sind eben gerade alle verdorben in unserer sündigen Natur. Das passt eigentlich nicht. Darum spreche ich lieber von der Lichtung, oder, wenn man schon ein Fremdwort haben will, kann man auch von der Schoah reden. Schoah ist ein hebräisches Wort und heißt Katastrophe. Das trifft die Sache.

Also dieses Opfer, das holokautoma, findet man in Hebräer 10, 6. Das war das Opfer zur Verherrlichung Gottes, zum lieblichen Geruch dem Ewigen. Oder man kann diesen Ausdruck reach nichoach l’adonaj auch übersetzen: zum Geruch der Ruhe für den Ewigen. Das ist also das Opfer, in dem Gott seine vollständige Erfüllung findet. Wir finden es zum ersten Mal in 1. Mose 8, 21. Dort hat Noah nach der Sintflut solche Brandopfer gebracht und da heißt es: Der Herr roch den Duft der Ruhe. Und dann sagt er: Nie mehr werde ich eine Sintflut bringen über die Welt. Das ist also das Opfer, das für Gott wirklich alles, all seinen Zorn gegen die Sünde, löst und Gott kann sagen: Jetzt gibt es kein Gericht mehr. Wir finden in 3. Mose 1, 4 die Aufforderung: «Und er (also der Opfernde) soll seine Hand auf den Kopf des Brandopfers legen und es wird wohlgefällig für ihn sein um Sühnung für ihn zu tun.» Hier haben wir das Thema Handauflegung. Das Wort samach, auflegen, bedeutet eigentlich aufstützen. Also nicht nur so die Hand oben auf den Kopf legen, sondern mit Druck, mit Druck auf den Kopf auflegen. Das bedeutet Identifikation.

Zum Beispiel in 5. Mose 34, 9 hat auch Mose, als Josua sein Nachfolger werden sollte, ihm die Hände aufgedrückt. Da hat er gewissermaßen sein ganzes Gewicht auf Josua übertragen. Und dann sollte Josua so anerkannt sein, wie Mose es war. Sehen wir das Bild der Übertragung? Und das spielt nun eine ganz große Rolle bei den Opfern. Da musste auch immer wieder die Hand aufgedrückt werden auf das Opfer und dann entsteht Identifikation. Und hier ist es nun so, dass das Opfer dem Aufstützenden seine Herrlichkeit übergibt. Das bedeutet, wenn er das macht, sagt Gott, ist es zum Wohlgefallen für ihn vor dem HERRN. Dann betrachtet Gott den Aufstützenden so, als ob er selbst das Opfer wäre. Das heißt, die Herrlichkeit des Opfers wird ihm zugerechnet. Das ist ganz gewaltig. Wenn wir zum Beispiel Epheser 1, 7 aufschlagen, dann verstehen wir diesen Gedanken noch deutlicher. Dort heißt es von Gott und seiner Gnade: «worin er uns begnadigt hat in dem Geliebten, in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen,» Diesen Ausdruck begnadigt, kann man auch übersetzen mit angenehm machen. Das griechische Wort hat diese Doppelbedeutung, begnadigen oder angenehm machen. Und wenn wir das in diesem Sinne übersetzen, dann heißt es: «worin er uns angenehm gemacht hat in dem Geliebten, in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut.»

Das heißt also, indem wir uns einsmachen mit dem Opfer von Jesus Christus. Und das geschieht bei der Bekehrung, wo ich sage, das Opfer von Jesus Christus ist geschehen für mich ganz persönlich. Ich habe mal als Teenager am Bahnhof von Zürich Traktate verteilt und bin dabei mit jemandem ins Gespräch gekommen. Und da hab ich ihn gefragt: Glauben Sie, dass Jesus Christus für Sie gestorben ist? Und da sagte er: Er ist ja für alle gestorben. Habakuk ich dann gefragt: Ja, aber glauben Sie, dass er auch für Sie gestorben ist? Er sagt wieder: Ja er ist für alle gestorben. Dann habe ich nochmals gefragt. Er konnte das effektiv nicht sagen: Er ist für mich gestorben. Und das war der klare Beweis dafür, dass er nie seine Hände auf das Opfer gelegt hat. Der hat also nie gesagt, der Tod ist genau wegen mir geschehen. Und nur, wer das sagen kann, für den gilt: Angenehm gemacht in dem Geliebten. Also die Herrlichkeit Christi wird uns zugerechnet. Und dazu möchte ich noch lesen 2. Korinther 2, da wird es vielleicht noch deutlicher. Dort heißt es in Vers 14: «Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Orte durch uns offenbart! Denn wir sind Gott ein Wohlgeruch Christi.» Das ist ein unerhörtes Wort. Das heißt also, wenn Gott erlöste Menschen anschaut, dann sieht er die ganze Herrlichkeit von Jesus Christus in ihnen. Nicht weil wir irgendetwas verdient haben. Das ist reine Zurechnung durch Handauflegung. Und die Identifikation geht ja so weit, dass Paulus sagen kann in Galater 2, 20: «Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.» Also das ist das Entscheidende, diese Identifikation mit Jesus Christus. Und dann rechnet uns Gott seine Herrlichkeit zu.

Es mag vielleicht überraschen, dass es da in 3. Mose 1, 4 heißt: um Sühnung für ihn zu tun. Denn in 3. Mose 1 beim Brandopfer wird nie gesagt, dass jemand Sünden bekennen soll. Es gibt dafür zwei Erklärungen. Das Wort Sühnen, habe ich erklärt auf dem Blatt, heißt auf Hebräisch lechapper. Also lechapper alav heißt eigentlich über ihm zudecken. Sühnen heißt zudecken über jemandem, so dass nämlich der Zorn Gottes nicht den Schuldigen trifft, sondern den, der ihn zudeckt. So ist Jesus Christus dazwischen getreten. Aber der Hauptgedanke ist nun beim Brandopfer der, dass Jesus Christus mit seiner ganzen Herrlichkeit uns zudeckt. Um Sühnung zu tun heißt, dass er uns seine Herrlichkeit zurechnet und darum uns vor dem Gericht verschont. Aber vielleicht ist noch etwas zu sagen. Im Judentum hat man erklärt, für Gedankensünden muss man Gott ein Brandopfer bringen. Das steht aber nirgends so im Gesetz Mose auf diese Art. Und dann hat man das schon oft als rabbinischen Kunstgriff abgetan. Aber daran ist etwas. Als Hiob sich überlegt hat, als seine zehn Kinder mal wieder zusammen Geburtstag gefeiert haben, dass diese sich vielleicht in ihrem Herzen von Gott losgesagt haben könnten. Und dann hat er für sie ein Opfer gebracht. Und was war das für ein Opfer? Ein Brandopfer, ja! Der hat kein Sündopfer gebracht. Aber er hat dieses Brandopfer gebracht im Blick auf verborgene Sünden in Gedanken. Und darum ist dieser Gedanke gar nicht so abwegig. Aber was wichtig ist: Im Vordergrund steht beim Brandopfer jedenfalls nicht die Sünde, sondern es geht darum, dass eben die Herrlichkeit des Opfers dem Opfernden zugerechnet wird.



[1] Diese Organisation nennt sich auch Ateret Jeruschalajim