Es ist nicht einfach, Christ zu bleiben

von Rolf Scheffbuch

 

„Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin"

Philipper 3, 12

 

Evangelisation ist in vieler Munde. Wunderbar! Aber darüber darf nicht in Vergessenheit geraten: Alles andere als selbstverständlich ist das Christbleiben. Davor werden oft die Augen zugemacht: Auch im Glauben an Jesus gibt es die Gefahr der Routine, ja auch des Rückschrittes und des Abdriftens. Jesus hat das vorausgesagt, dass „viele abfallen" werden. Die Gemeinde Jesu ist umgeben von einem breiten Gürtel, der sich aus „Ehemaligen" rekrutiert.

 

 

Viele werden abfallen...

 

Sie haben einmal im Jugendchor mitgesungen, sie haben als Mitarbeiter Verantwortung übernommen und mitgebetet -aber mit einem Mal sind sie weggeblieben. Es gibt erschreckend viele, die an der ganzen „Sache mit Gott" ihre Zweifel bekommen hatten, weil sie die Frage nicht vom Hals bekamen: „Mache ich mir mit dem Glauben nicht etwas vor?" „Hat denn das

Beten einen Wert?" Von diesen Fragen sind besonders ältere Christen angefallen. Man hat ihnen viel davon erzählt, wie Gott Gebete erhört. Aber sie wurden enttäuscht. Sie haben für schwerkranke Angehörige oder Freunde gebetet. Die sind aber trotzdem nach schwerem Leiden verstorben. Ihr Vertrauen auf einen Gott der Liebe hat darüber einen Knacks bekommen. Man hatte ihnen nicht klar gesagt, dass „alle, die fromm leben wollen in Christus", sich - wie Jesus und mit Jesus - einstellen müssen - auch darauf, das ganz persönliche „Kreuz" zu tragen. Schrecklich ist es, miterleben zu müssen, wie einst lebendiger Glaube abstirbt. Erkennbare Symptome dafür können das Nachlassen im Gottesdienstbesuch sein, eine um sich greifende Bibel-Magersucht, das Nicht-mehr-recht-beten-Wollen. Darum sind Ermutigungen zum „Christbleiben" •genauso wichtig wie Evangelisation. Ist es nicht mehr notwendig, Johann Ludwig

Konrad Allendorf (1693-1773) nachzubeten: „Herr, habe acht auf mich/und lass mich ritterlich/den Kampf bestehen; wenn Satan, Sund' und Welt/mich stürmend überfällt, nicht übergehen!"?

 

 

Wenn Gebete nicht erhört werden

Das ist „Gottes-Realität" pur. Christen müssen also nicht erlöster aussehen, als ihr Erlöser am Kreuz ausgesehen hat. Aber ebenso wie ihr Erlöser Jesus können sie sich mit allem, was ihren Glauben anfechten will, bergen in den Händen Gottes. Dazu wollen wir uns bereiten lassen: nicht „abzufallen", „wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt!". Ich möchte Christen Mut machen, viel öfter mit dem Apostel Paulus zu bekennen: „Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.".

Rolf Scheffbuch

Erschienen am: 17.09.2008 (idea spektrum 38/2008)