Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 17

Abschrift der Predigt vom 9. September 1973 über 1. Mose 12, 1-9 (Die Berufung des Abraham).

 

Liebe Freunde,

ich lese gerne Heiratsannoncen und da wundert mich immer, was manche Leute für Ideale haben. Zum Beispiel wünscht sich ein junger Mann eine Partnerin mit einem Sinn für ein gemütliches Heim. Das sieht man mal, es gibt achtjährige, die sind schon totale Spießer. Und es gibt Achtzigjährige, die haben noch den Mut, eine Weltreise anzutreten.

Von alten Menschen, die auf Reisen gehen.

Neulich, das heißt, es ist schon eine Weile her, also: überneulich hat ein achtzigjähriger Bürger aus Karl-Marx-Stadt eine Reise in den Kaukasus angetreten. Nicht mit einem Flugzeug, das wär ja keine Kunst, sondern mit einem Trabanten. Dieser Trabant war zehn Jahre alt. Das ist eine ganz schöne Leistung, nicht wahr? Ich meine, für den Trabanten. Er stammte übrigens aus dem Kaukasus… ich meine nicht der Trabant, sondern der Achtzigjährige.

Man hört ja auch heute noch, dass die Menschen da hinten im Kaukasus immer noch steinalt werden. Vorige Woche habe ich in der Zeitung gelesen, der älteste Bürger der UdSSR und vermutlich der ganzen Erde, Schirali Mislimow ist im Alter von 168 Jahren im Kaukasus verstorben[1]. Wisst ihr, warum die Menschen dort so alt werden? Na, das ist ja klar: weil die so gesund leben. Dort gibt es keine Umweltverschmutzung der Luft – da raucht zum Beispiel niemand Karo[2]. Sie haben gesunde Ernährung – nicht immer bloß Rostocker Makrele in Senftunke, sondern richtig Knoblauch und Ziegenkäse – das hält den Menschen zusammen.

Abraham - Einer, der mit fünfundsiebzig Jahren noch auszog.

Ich erzähle euch heute die Geschichte von einem Mann, der sogar noch älter geworden ist als Schirali Mislimow. Es ist die Geschichte von einem Mann, der mit fünfundsiebzig Jahren eine große Reise angetreten hat. Eine Reise, die viele Jahre dauerte und über viele tausende Kilometer führte. Aber nicht mit dem Trabanten – der ist zu Fuß gegangen. Die Geschichte, die ich erzähle, spielt zu einer Zeit, da gab es noch gar keine Trabanten. Deswegen nennt man sie ja auch die gute alte Zeit. Das war vor ungefähr viertausend Jahren, in der Nähe von Mesopotamien und Palästina.

Es ist die Geschichte von Abraham. Wenn ein Mann, der es im Leben zu etwas gebracht hat, der viel erreicht hat, der alles hat, was ein Mensch gebrauchen kann, mit Sack und Pack eine Reise antritt, die jahrelang dauert und wenn er tausende Kilometer marschiert in ein unbekanntes Land, dann muss er dafür einen triftigen Grund haben. Der Grund für Abraham war der: Gott hat ihn gerufen. So steht es in 1.Mose 12: Und der Herr sprach zu Abraham: geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen und du sollst ein Segen sein[3].

Abraham hätte brav seine Ziegen gehütet und seinen Ziegenkäse gefressen bis an sein Lebensende, er wäre nie über den Rand seiner Klitsche rausgekommen, er wäre namenlos untergegangen wie hunderttausende Menschen aus der Frühgeschichte, von denen wir nichts mehr wissen. Wenn Gott ihn nicht aus seinem Trott heraus geholt hätte. Dieser eine kurze Satz: Gott sprach zu Abraham macht ihn erst zu einem Menschen, über den sich überhaupt erst lohnt, zu reden. Und ich sage euch von vornherein: Ich erzähle euch die Geschichte von Abraham bloß deswegen, weil der Gott, der den Abraham damals gerufen hat, der gleiche Gott ist, der mich auch gerufen hat, und der euch auch ruft.

Gottes Ruf ereilt die Menschen und bringt Veränderung.

Manche Leute unterhalten sich gerne stundenlang darüber, ob es Gott gibt oder ob es Ihn nicht gibt. Ich glaube, solche Leute wissen gar nicht, wer Gott in Wirklichkeit ist. Gott ist kein Diskussionsgegenstand, über den man sich mal so gemütlich, mit der Zigarette in der Hand, unterhalten kann. Sondern Gott ist jemand, der den Menschen ruft, ihn fordert, ihn zum Gehorsam auffordert, verändert!

Das Leben von Abraham war von dem Moment an, wo Gott ihn gerufen hat, total verändert. Er konnte einfach nicht mehr so weitermachen wie bisher. Selbstverständlich hat Gott Abraham nicht gezwungen. Gott zwingt keinen. Selbstverständlich hat Abraham die Freiheit gehabt, sich zu entscheiden, wie er wollte. Genauso wie ihr die Freiheit habt, zu Gott ja oder nein zu sagen.

Abraham hätte ja einfach sagen können: „Was willste denn mit mir altem Knacker noch anfangen. Ich bin um die Siebzig. Such dir für deine Pläne lieber einen Jungen aus. Mit mir ist nicht mehr viel los, ich krieg schon bald Rente. Lass mich in Frieden!“ Ich glaube nicht, dass der Abraham in Frieden hätte weiterleben können.

Das ist eine alte Erfahrung, die manche von euch auch machen mussten. Wen Gott einmal gerufen hat, den lässt das nicht mehr los. Und wer diesem Ruf nicht folgt, der bleibt unruhig und findet nie wieder den Frieden, den er vielleicht vorher gehabt hat. Wenn uns zum Beispiel im Berufsleben eine Chance geboten wird, dann können wir so ein Angebot einfach ausschlagen, ohne dass das irgendwelche bedeutenden Folgen hat. Wir können einfach sagen: „Wir haben keine Lust, dahin zu gehen.“ Man ist eine Weile lang beunruhigt, überlegt hin und her, gehste oder gehste nicht – aber es bleibt alles beim Alten. So ist es bei mir im vorigen Monat gewesen. Ich habe überlegt, ob ich mal in eine andere Stadt, in eine andere Pfarrstelle gehe. Dann hab ich mir gesagt: „Ich habe hier schon genug Feinde, warum soll ich mir woanders erst wieder neue schaffen?“ – na, und da bleibe ich eben hier, und es bleibt alles so, wie es schon seit eh und je gewesen ist.

Das geht aber nicht so, wenn Gott einen Menschen ruft. Wenn Gott ruft, dann bleibt eben nicht alles so, wie es gewesen ist. Sondern, wenn ein Mensch von einem Ruf Gottes getroffen wird, dann kann es sein, dass dadurch sein ganzes Leben verändert wird. Und wer diesen Ruf Gottes ablehnt, findet nie wieder Ruhe und nie wieder Frieden. Und deswegen ist es für euch gefährlich, wenn ihr hier in diesen Gottesdienst kommt. Nicht weil draußen manchmal einer steht, der beobachtet, wer alles reingeht. Das ist nicht gefährlich, höchstens traurig.

Gefährlich ist es aus einem ganz anderen Grunde, nämlich deswegen, weil ihr es hier mit Gott zu tun kriegt. Wir machen doch hier keine fromm frisierte Show, sondern einen Gottesdienst, und das heißt, hier spricht Gott zu euch, hier redet Gott zu euch, Gott fordert euch. Und ihr werdet hier vor eine Entscheidung gestellt, nämlich: Willst du mit Gott gehen, willst du Ihm dein Leben geben, willst du von Gott beschenkt werden, glücklich gemacht werden, gesegnet werden? Oder willst du dein Leben weiter alleine bestimmen und leben wie bisher und machen, was du willst?

Gemütlichkeit ist kein Ideal für Gotteskinder.

Darum geht es hier. Und deswegen sage ich, ist es gefährlich für euch, hierher zu kommen. Wenn ihr euch nämlich gegen Gott entscheidet, dann kostet euch das den Frieden eure Seele, in diesem Leben und für die Ewigkeit. Auf der anderen Seite, wenn ihr euch nun für Gott entscheidet, dann ist das auch nicht gerade ein Zuckerlecken. Dann geht es erst los. Dann bekommt ihr zwar einen Frieden geschenkt. Einen Frieden und eine innere Ruhe, wie es sie sonst nirgendwo auf der Welt gibt.

Ein Mensch, der an Gott glaubt, der weiß: Wenn ich in Gottes Hand bin und ich Ihn liebe, dann müssen mir alle Dinge zum Besten dienen[4]. Und deswegen brauche ich mir keine Sorgen um mein Leben oder um meine Karriere zu machen, um meine Zukunft, denn ich weiß: Gott sorgt für mich.

Das ist wunderbar, so zu leben, das kann ich bezeugen. Und deswegen ist es das Herrlichste, wenn Gott zu einem Menschen sagt: „Du, dich brauche Ich, dich rufe Ich, Ich will mit dir etwas Neues anfangen!“ Und ich wünschte mir, dass heute Abend viele hier wären, die diesen Ruf Gottes hören und diesen Frieden bekommen. Ich muss euch aber auch dazu sagen, dass in dem Augenblick, wo ein Mensch zu Gott „Ja“ sagt und beschließt, den Weg mit Gott zu gehen, da hört die Gemütlichkeit auf. Die Gemütlichkeit, die wir alles so schätzen. Wie der Dichter sagt: „Höchstes Glück der Erdenkinder ist doch die Gemütlichkeit.“ Das war jetzt ein etwas umfunktioniertes  Zitat von Goethe[5]. Es klingt trotzdem ein wenig nach Willi Schwabes Rumpelkammer (…).

Gemütlichkeit ist kein Ideal für Gotteskinder. Und ein Leben mit Gott ist kein gemütliches Leben. Gemütlichkeit ist nämlich etwas ganz anderes als Ruhe und als Frieden. Es kann einer ein unruhiges und ungemütliches Leben führen. Es kann einer in sehr ungemütlichen Situationen sein, zum Beispiel in einer Gefängniszelle, und trotzdem einen wunderbaren, tiefen Frieden haben und diesen ausstrahlen auf andere Menschen.

Den Spießern, deren Meinungen genauso festgelegt sind wie ihr Platz vor dem Fernseher, die sich nicht verändern wollen und keinen Zentimeter rücken. Für solche geistigen Kleingärtner ist ein Leben mit Gott einfach nichts. Das sind Menschen, die sind gegen jede Veränderung. Und Gott verändert dauernd. Deswegen sage ich: Wo das Leben mit Gott anfängt, hört die Gemütlichkeit auf.


Alte Verbindungen müssen aufhören, damit die Verbindung mit Gott zustande kommt.

Das ist nun das erste, was der Abraham lernen musste. Er musste mit fünfundsiebzig Jahren noch einmal von vorne anfangen. Er muss raus aus seinem gemütlichen Altbau. Er muss alles hinter sich lassen, alle Brücken abbrechen, alle Kontakte, alle Verbindungen. Warum? Wenn die neue Verbindung mit Gott zustande kommen soll, müssen andere Verbindungen, die bisher unser Leben bestimmt haben, aufhören.

Das ist der Grund, warum Abraham zunächst aus seiner Heimat und aus seiner Familie raus muss. Er muss jetzt lernen, ganz allein auf Gott angewiesen zu sein und nur auf Ihn zu hören, nur von diesem Gott abhängig zu sein. Denn alle anderen Sicherungen werden dem Abraham genommen. Das ist ihm bestimmt nicht leicht gefallen, zumal wenn man bedenkt, dass heute noch im Orient die Familie und die Sippe die stärkste Macht im Leben des Einzelnen ist. Das ist damals erst recht so gewesen. Wer von seiner Heimat weg ging und wer sich von seiner Familie trennte, der war praktisch erledigt.

Familienbande und Nachfolge – nicht immer einfach.

Bei uns spielt die Familie zwar nicht mehr so eine entscheidende Rolle wie damals, aber ich denke, Kurt Tucholsky hat Recht gehabt, wenn er über die Familie folgendes geschrieben hat[6]: „Die Familie (familia domestica comunis – die gemeine Hausfamilie) kommt in Mitteleuropa wild vor und verharrt gewöhnlich in diesem Zustand. Sie besteht aus einer Ansammlung verschiedener Menschen verschiedenen Geschlechts, die ihre Hauptaufgaben darin erblicken, ihre Nasen in deine Angelegenheiten zu stecken. Wenn die Familie größeren Umfang erreicht hat, nennt man sie ‚Verwandtschaft‘. Die Familie erscheint meist, zu scheußlichen Klumpen geballt, und würde bei Aufständen dauernd Gefahr laufen, erschossen zu werden, weil sie grundsätzlich nicht auseinander geht.“

Das ist das, was ich meine: „Die Nasen in deine Angelegenheiten stecken“ und „eine Familie geht grundsätzlich nicht auseinander“. Wie gesagt, bei uns hat die Familie nicht mehr so einen großen Einfluss wie früher. Aber ich kenne Familien, die haben einen so starken Einfluss auf ihre Familienangehörigen, dass die denen nicht erlauben, mit Jesus zu gehen. Ich kenne leider junge Christen, die den Ruf von Gott gehört haben, die ein Leben mit Gott führen möchten und deren Eltern sagen: „Das kannst du uns nicht antun, dass du in der Kirche mitmachst! Dadurch bringst du uns in Schwierigkeiten.“ Ich kenne auch junge Christen, die heute Abend zu Hause sitzen, die aber gerne hier wären. Denen es ihre Eltern verboten haben, in diesen Gottesdienst zu kommen.

Wenn schon das für manche nicht zu schaffen ist, sich auch nur eine einzige Stunde sich von dem Familienklumpen zu lösen, dann könnt ihr euch mal vorstellen, was es für den Abraham bedeutet hat, seine Familie, seine Sippe einfach hinter sich zu lassen. Abraham hat eine gesicherte und gutbürgerliche Existenz aufgegeben für eine unsichere Zukunft. Er hat sein gemütliches Plätzchen hinter dem Ofen verlassen um in ein neues, ihm völlig unbekanntes Land aufzubrechen – ohne, dass er den genauen Weg dorthin wusste, ohne dass er wusste, was ihm dort alles blüht und wie er dort hinkommen soll.

Abraham hat aus Glauben alles für Gott aufgegeben – was ist mit euch?

Er hatte die Verheißung von Gott, der gesagt hat: Ich will dich segnen. Im Vertrauen auf diese Verheißung ist Abraham losmarschiert und ist dadurch für alle Zeiten zum Stammvater, zum Vorbild des Glaubens geworden[7].

Es ist nicht gesagt, dass Gott von euch allen dasselbe verlangt wie von Abraham, es ist nicht gesagt, dass Er von euch verlangt, dass ihr eure Familien verlassen müsst, wenn ihr mit Gott gehen wollt, obwohl es das auch gibt. Jesus hat davon gesprochen.

Auf alle Fälle verlangt Gott von jedem, der mit Ihm anfangen möchte, dass er sein warmes Nest verlässt. Ich weiß nicht, wie das Nest aussieht, das ihr euch gerade baut, zum Beispiel im Hinblick auf euren Beruf. Manche von euch sind noch am Überlegen, was sie einmal machen sollen, manche haben schon ein festes Berufsziel. Es sind sicherlich auch viele hier, die schon einen festen Beruf haben, na gut.

Was sagt ihr aber dazu, dass die einzige Pflegestation für alte und kranke Menschen, die die Kirche in Karl-Marx-Stadt besitzt, dass wir die schließen müssen, wenn sich keine Schwester findet, die die alten Leute dort pflegt? Was sagt ihr dazu, dass in manchen staatlichen Krankenhäusern die Pflegestationen geschlossen werden müssen, weil sich kein Pflegepersonal findet? Was sagt ihr dazu, dass in unserer Stadt unzählige alte Menschen buchstäblich in ihrem eigenen Saft liegen, weil es zu wenig Plätze in den Heimen gibt und zu wenig Menschen, Schwestern, die diese Menschen pflegen?

Gibt es keinem von euch zu denken? Macht es bei keinem „Klick“ im Gehirn?

Ich weiß nicht, warum ich auf die Idee gekommen bin, heute über Abraham zu predigen. Vielleicht hat mir Gott deswegen diese Idee gegeben, weil Er durch mich euch rufen will. Es sind in dieser Kirche heute wieder weit über tausend Menschen. Ich könnte mir vorstellen, dass Gott für einige unter euch eine ganz bestimmte Aufgabe hat und dass Er jetzt vielleicht zu einem jungen Mädchen unter euch sagt: „Du, junges Mädchen, lass deine Pläne sausen - du wirst Krankenschwester!“ Und Er sagt vielleicht so einem jungen Mann unter euch: „Du, Ich brauche dich! Steck deine Berufspläne auf, du wirst Pfleger!“

Zum Beispiel in der Nervenklinik sucht man dringend einen jungen Mann, der den Beruf eines Pflegers übernimmt und vielleicht spricht Gott jetzt zu Irgendeinem unter euch, der schon einen Beruf hat und sagt: „Komm, sattle um! Du hast schon lange genug hinter der Ladentheke gestanden und Zahnpasta verkauft. Das macht ab morgen ein anderer. Ich habe für dich etwas Neues.“

Falls jemand von euch sich angesprochen fühlen sollte und Informationen sucht über Ausbildungsmöglichkeiten für Krankenschwestern, der kann nachher hier nach vorne kommen. Wir haben Schwestern und Pfleger, die euch hierüber Auskunft geben können (...).

Was ich euch jetzt erzählt habe, sind Beispiele, Möglichkeiten. Es können ja nun nicht Alle Krankenschwester werden. Ich mit einem Häubchen… Das wäre vielleicht nicht das Richtige!

Abraham ist ja auch nicht Krankenschwester geworden. Er ist nicht diesen Weg gegangen, aber er ist den Weg Gottes gegangen, und er hat den Auftrag übernommen, den Gott für ihn hatte, und das ist das Entscheidende.

Gott hat nicht für jeden von uns den gleichen Auftrag, aber für jeden von uns hat Er das gleiche Angebot. Und Gott sagt: „Geh du mit mir und lass dich von mir führen und Ich zeige dir ein Glück, von dem du noch gar keine Ahnung gehabt hast.“

Der Weg mit Gott sieht aus wie ein Verlustgeschäft – Anfangs.

Das sieht am Anfang aus wie ein einziges großes Verlustgeschäft. Abraham muss zunächst erst einmal alles hergeben. Er verliert erst einmal alles. Und auch du wirst, wenn du den Weg mit Gott anfängst, eine Menge verlieren. Du setzt dabei allerhand aufs Spiel. Du musst vieles aufgeben, vielleicht verlierst du deine besten Freunde oder du verlierst deine Berufschancen. Vielleicht musst du deine Lebensgewohnheiten aufgeben, musst deinen Lebensplan ändern.

Jeder von uns macht sich ja Pläne, wie es mal weitergehen soll und jeder von uns hat es schon erfahren, wie oft gehen unsere Pläne schief! Bert Brecht sagt in der Dreigroschenoper: „Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht, und mach dann noch ҆nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“ Wenn unsere Pläne schiefgehen, dann macht uns das fertig.

Deswegen ist es wunderbar zu wissen, dass Gott hat für jeden von uns, für jedes Menschenleben einen Plan hat, und wenn man sich Ihm anvertraut, dann kann man sicher sein: Es geht bei Gott nichts schief. Gott gibt uns diesen Plan nicht vorher in allen Einzelheiten bekannt. Er sagt uns nicht, wie so im Reisebüro im Prospekt, wo es im Einzelnen langgeht. Gott sagt nur: „Wenn du nach meinem Plan lebst, dann wirst du etwas ganz Herrliches erleben!“ Abraham hat das erlebt. Da kann ich euch ein anderes Mal darüber erzählen. Er hat erlebt, dass keiner, der mit Gott geht, auf der Strecke bleibt. Er hat erlebt, wie Gott seine Versprechen erfüllt. Du kannst das genauso erleben, das kannst du glauben. Hinterher wirst du genauso wie Abraham sagen: „Das, was ich damals verloren habe war nichts im Vergleich zu dem, was ich bei Gott gewonnen habe!“[8] Die Gewinnchancen sind für alle gleich, und es ist keiner zu jung, und keiner zu alt, dass er nicht zu Gott kommen könnte.

Abraham war fünfundsiebzig Jahre alt, als er anfing, als er wirklich zum ersten Mal anfing, zu leben. Ihr seid dem Abraham gegenüber in einem Riesenvorteil. Ihr braucht nicht zu warten, bis ihr fünfundsiebzig seid. Ihr könnt heute schon anfangen, den Weg mit Gott zu gehen. Amen.

 

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[1] So das „Neues Deutschland“  in seiner Ausgabe vom 3. September 1973. – Anm. des Schreibers.

[2] DDR-Zigarettenmarke. – Anm. des Schreibers.

[3] Verse 1-2

[4] Vgl. Römer 8, 28

[5] Das Originalzitat lautet: „Höchstes Glück der Persönlichkeit ist die Persönlichkeit“ und stammt aus Goethes „West-Östlichen Diwan“. – Anm. des Schreibers.

[6] Aus dem Essay „Die Familie“, veröffentlicht in „Die Weltbühne“ vom 12.1.1923. Der Essay beginnt mit dem Satz: „Als Gott am sechsten Schöpfungstage alles ansah, was er gemacht hatte, war zwar alles gut, aber dafür war auch die Familie noch nicht da. Der verfrühte Optimismus rächte sich, und die Sehnsucht des Menschengeschlechtes nach dem Paradiese ist hauptsächlich als der glühende Wunsch aufzufassen, nur ein einziges Mal friedlich ohne Familie dahinleben zu dürfen.“ – Anm. des Schreibers.

[7] Vgl. Hebräer 11, 8

[8] Vgl. Matthäus 19, 29