Sind wir Fettnäpfchen- oder Leisetreter?

von Theo Lehmann

 

„Nach einigen Tagen aber kam Felix mit seiner Frau Drusilla und ließ Paulus kommen und hörte ihn über den Glauben an Christus Jesus." Apostelgeschichte 24, 24

 

Zwei Ehebrecher, Felix nebst Gattin Drusilla, sitzen da - geschminkt, gepudert und geliftet, aber niedergedrückt vom schlechten Gewissen. Behängt mit Gold und Diamanten, aber beladen mit Schuld. Ausgestattet mit Vollmacht über Leben und Tod, aber angekettet an die Macht der Sünde. Voll gestopft mit Leckerbissen, aber mit einem leeren, unbefriedigten Herzen. Doch unaustilgbar sitzt die Frage nach Gott und die Sehnsucht nach Frieden mit Gott auch im Herzen eines brutalen Machthabers und einer ausgekochten Ehebrecherin. Dieses saubere Pärchen will vom Untersuchungshäftling Paulus

etwas „über den Glauben an Christus Jesus hören" (Vers 24).

 

Liebe - das kommt immer an?

 

Jeder andere hätte in dieser Situation anstelle des Paulus gedacht: „Von diesem Mann hängt mein Schicksal ab. Wenn ich den für mich gewinne, lässt der mich vielleicht laufen. Und das gestylte Weibsbild mit der Wespentaille darf ich gleich gar nicht verschnupfen. Vielleicht legt die, wenn ich der eine Nettigkeit sage, für mich ein gutes Wort bei Felixen ein. Die wollen von Jesus hören. Die darf ich also auf keinen Fall abstoßen mit anstößigen Themen. Am besten, ich predige über die Liebe. Das kommt immer gut an." Und worüber predigt Paulus? Über Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und Gericht (Vers 25). Ausgerechnet! In noch mehr Fettnäpfchen konnte er nun wirklich nicht hineintreten. Bei dieser Themenwahl war jede Chance, die Hörer für sich zu gewinnen, im Eimer. Aber Paulus will ja die beiden nicht für sich gewinnen, sondern für Jesus. Er will ja nicht seine Haut retten, sondern dass die beiden gerettet werden. Was wollen, machen, predigen wir eigentlich in unseren Gottesdiensten? Sind wir Fettnäpfchen- oder Leisetreter?

 

Theo Lehmann


Erschienen am: 02.09.2009 (idea spektrum)