Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 89

Abschrift der Predigt vom 09. September 1984 über Apostelgeschichte 9, 1-16 (Die Bekehrung des Paulus).

 

Paulus, der Christenhasser

Liebe Freunde, die Gegner der Christen waren noch nie zimperlich in der Wahl ihrer Methoden. Ihre älteste Methode ist das Arbeiten mit falschen Zeugen. Es gibt immer Leute, die kein Geld und kein Gewissen haben und die bereit sind, für ein paar Scheinchen vor Gericht eine falsche Aussage zu machen. Wenn es darum geht, einen Christen aus dem Verkehr zu ziehen, da braucht man bloß einen Typen, der vor Gericht bestätigt: der und der hat das und das getan und schon ist die angebliche Schuld bewiesen. Mit solchen falschen Zeugen hat man schon Jesus den Prozess gemacht und bei Stephanus, dem ersten Märtyrer der Kirche, ist es genau so gewesen. Unschuldig wie der war, wurde er aufgrund von falschen Zeugenaussagen hingerichtet. Den haben sie gesteinigt wie einen räudigen Hund. Der Mann, der diese Hinrichtung geleitet hat, der hieß Paulus. Und von dem will ich euch heute erzählen. Das könnt ihr nachlesen in der Apostelgeschichte Kapitel neun.

Saulus, auf Griechisch Paulus, auf Deutsch: „der Kleine“, war ein großer Christenhasser. Er war ein ausgebildeter Theologe, ein ausgekochter Denker, ein ausgesprochener Kirchengegner. Es heißt ausdrücklich von ihm, dass er an der Hinrichtung des Stephanus seine Freude hatte. Es gefiel ihm, wie da einer mit Steinen beschossen wurde und bei jedem Treffer mehr zusammensackte, bis er wie so ein nasser Sack da lag, ein Haufen zuckendes Fleisch, bis er endlich verreckte. Herrlich, sowas! Ein Hochgenuss! Das war ein Vergnügen für Paulus, da zuzusehen. Endlich einer von den Christen weniger! So einer also ist der Paulus gewesen. Arbeitet mit falschen Zeugen, schindet die Leute zu Tode, und hat daran noch sein Vergnügen. Der Mann ist nicht nur fanatisch, sondern der ist auch noch fies. Er ist einer von denen, mit denen man am liebsten nichts zu tun haben möchte. Einer von denen, wo man als anständiger Mensch keinen Kontakt hat.

Christenverfolgungen hindern die Verbreitung des Glaubens nicht – im Gegenteil.

Ausgerechnet mit dem will Gott etwas zu tun haben. Ausgerechnet für den hat Gott etwas zu tun. Er soll, so heißt es in der Bibel, er soll den Namen Jesu bekannt machen vor allen Heidenvölkern und vor allen Herrschern[1]. Da hat sich Gott ein besonders schweres Stück herausgesucht, um sein Meisterstück vor aller Welt zu zeigen. Aus dem größten Christenhasser soll der größte Missionar der Kirche werden. Und das kam so: nachdem Paulus Stephanus hat töten lassen, will er die ganze christliche Gemeinde vernichten. Er macht in Jerusalem eine Razzia. Wer als Christ erwischt wird, kommt ins Gefängnis. Wer irgendwie entfliehen kann, verlässt die Stadt. Und so verbreitet sich eben durch diese Flüchtlinge die Botschaft von Jesus in den Nachbarorten und Städten und Gegenden aus. Je mehr der Paulus in die Glut hinein stiebt, umso mehr fliegen die Funken.

Es ist das alte Gesetz, das Lebensgesetz der Kirche. Es heißt: „das Blut der Märtyrer ist der Samen der Kirche.“ Wo die Kirche unterdrückt wird, verbreitet sie sich über den Druck immer mehr aus. Als Martin Luther gehört hat, dass in Brüssel zwei Studenten verbrannt worden sind wegen ihres evangelischen Glaubens, hat er ein Lied geschrieben[2]. In der ersten Strophe hat er den Gedanken so ausgedrückt: „der Wind wird die Asche der beiden in alle Welt tragen.“ Und so ist es auch gekommen. Die Verfolgung der Hugenotten ist zum Segen der Kirche in ganz Europa geworden. Die Verfolgung der Täufer im 16. Jahrhundert hat ihre Folgen gehabt bis nach Sibirien, bis nach Nordamerika. Und wenn einmal die Missionsgeschichte unseres 20. Jahrhunderts geschrieben wird, dann wird das eine Geschichte sein, die mit Blut und mit Tränen geschrieben ist.

Ich will euch nur ein einziges Beispiel aus der Gegenwart nennen. Es gibt heute einen Staat am Himalaya, das ist Nepal. Dort gibt es eine Staatsreligion, das ist der Hinduismus. In Nepal ist es illegal, Menschen zu taufen. Dort ist das Taufen verboten. Wer sich taufen lässt und wer tauft, wird mit bis zu sechs Jahren Freiheitsentzug bestraft. Und trotzdem gibt es in Nepal immer wieder Taufen. Nicht nur Einzeltaufen, sondern sogar Massentaufen. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Christen in Nepal verdreißigfacht. Aus 500 Christen in Nepal sind 15.000 geworden[3].  Wenn die Kirche unterdrückt wird, bereitet sie sich aus. Sie geht erst in die Tiefe, oft in den Untergrund, in die Katakomben, jedenfalls in die Tiefe. Ihr Glaube geht in die Tiefe, wird fester, gegründeter, verwurzelter, und so breitet er sich aus.

Das ist seit 2000 Jahren so, das weiß jeder, der die Kirchengeschichte kennt. Nur der Paulus weiß das  nicht. Der Paulus ist ja der Erste, der versucht, die Kirche auszurotten. Der noch ganz naiv denkt, wenn man nur hart genug zuschlägt, dann kann man die christliche Kirche von der Erde ausradieren. Nachdem er in Jerusalem aufgeräumt hat, nimmt er sich als nächstes die Stadt Damaskus vor. Aufgrund seiner besonderen Verdienste und seines rücksichtslosen Durchgreifens und seines grenzenlosen Hasses ist er aufgestiegen zum Kommissar für Christenverfolgung. Er trägt ein schwarzes Dokumentenköfferchen bei sich, da sind die Haftbefehle drin, und er wird begleitet von ein paar smarten jungen Herren, die auch solche Dokumentenköfferchen tragen, da sind die Hand-schellen drin.

Die Bekehrung des Paulus.

So marschiert er mit seiner Crew in Richtung Damaskus. Plötzlich ist der Himmel los. Am helllichten Tage, mitten auf der Straße, stellt sich ihm der Auferstandene Jesus mitten in den Weg. Und die Lichtfülle seiner Herrlichkeit, die haut den Saulus zu Boden, dass er in die Knie geht und wie ge-blendet liegen bleibt.

Ich lese euch vor wie das beschrieben ist in der Apostelgeschichte Kapitel neun: auf dem Wege nach Damaskus, kurz vor der Stadt, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er stürzte zu Boden und hörte vom Himmel eine Stimme: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? - Wer bist du, Herr? - fragte er. Ich bin Jesus, den du verfolgst, sagte die Stimme. Aber jetzt steh auf, gehe in die Stadt und dort wird man dir sagen, was du zu tun hast. Den Männern, die Saulus begleiteten, verschlug es die Sprache. Sie hörten zwar die Stimme, aber sie sahen niemand. Als Saulus nun aufstand und die Augen öffnete, konnte er nicht mehr sehen[4].

Das ist also die berühmteste Bekehrungsgeschichte, die es gibt. Das hört sich, wenn man das so liest, eigentlich ziemlich trocken an. Und wieso der Mann sich hier bekehrt, das wird eigentlich überhaupt nicht erklärt. Das liegt daran, dass man eine Bekehrung nicht erklären kann. Denn eine Bekehrung ist ein Wunder. Und ein Wunder kann man nicht erklären. Da gibt es nichts zu erklären, da gibt es nichts zu verstehen, hier geht’s nur darum, dass man zur Kenntnis nimmt: hier hat Gott eingegriffen. Hier hat Gott aus einem Nichtchristen einen Christen gemacht.

Blitzbekehrungen gibt es nicht.

Das Ganze sieht für uns so aus wie so eine Blitzbekehrung aus heiterem Himmel. Aber so ist das ja gar nicht. Und ich bezweifle, ob es solche Blitzbekehrungen überhaupt gibt. Jede Bekehrung hat ihre Vorgeschichte. Zum Beispiel auch deine Bekehrung. Schon allein die Tatsache, dass du heute Abend hier sitzt, zeigt ja, dass Gott bereits angefangen hat, mit dir zu reden, und an dir zu arbeiten. Aber die Vorgeschichte, die jede Bekehrung hat, die ist für unsere Augen meistens nicht sichtbar. Wir sehen bloß das Endergebnis. Wir sehen bloß, wie Saulus plötzlich umkippt, und von einem Moment zum anderen aus einem Nichtchristen zum Christen wird. Das kommt uns alles etwas ruckartig und unverständlich vor, aber da hat sich vorher einiges abgespielt, im Inneren, im Herzen, im Gewissen dieses Mannes. Und was wie eine plötzliche Bekehrung aussieht, ist weiter nichts als eine lange vorbereitete Kapitulation dieses Mannes.

Auch eingefleischte Atheisten können sich bekehren.

Ich habe das schon oft erlebt, wenn ich unterwegs bin zur Jugendevangelisation. Da kommen zum Beispiel Atheisten in die Kirche rein, die sind eingefleischte Atheisten, so seit zehn, zwanzig oder was weiß ich wie viel Jahren. Und die diskutieren dann mit mir und meinen Mitarbeitern, dass die Fetzen fliegen. Die kommen mit einem Argument nach dem anderen, dass uns manchmal die Spucke wegbleibt. Und manchmal agitieren die auf uns ein, dass wir den Mut verlieren, dass wir denken, es hat keinen Zweck mehr, mit diesen Menschen zu reden. Der begreift nicht, der ist verbohrt, der bekehrt sich nie! Und dann passiert es oft, dass gerade so einer, der sich Tag für Tag sich gegen die Wahrheit von Gottes Botschaft wehrt, der Abend um Abend gegen uns kämpft, dass so einer von einer Minute zur anderen ein Christ wird. Und dann sprechen wir zusammen. Und dann erzählt er von sich. Und dann stellt sich heraus, dass der schon tagelang gemerkt hat, dass seine Position längst verloren ist. Aber das wollte er vor sich und vor uns und vor Gott nicht zugeben. Und er hat nur noch Scheingefechte geführt, um sich zu wehren, obwohl er im Grunde seines Herzens von Jesus bereits überwältigt gewesen ist.

So war es bei dem Paulus auch. Er hat die Kirche bekämpft. Er hat sich am Anblick seiner Opfer geweidet. Der hatte sich, als Stephanus unter den Steinschlägen zusammenzuckte und zusammen-brach, noch daran gefreut. Er hat sich die Hände gerieben. Aber dann hat ihn sein Gewissen umgetrieben. Denn er sah nicht nur, als Stephanus starb, sondern er hörte auch, was dieser Mann als letztes sprach. Stephanus war ein Jünger von Jesus. Er ist genauso gestorben wie Jesus. Genauso unschuldig. Und er ist mit den gleichen Worten gestorben wie Jesus. Genauso unschuldig. Er ist mit den gleichen Worten gestorben wie Jesus.  Er hat nämlich dasselbe gesagt, was Jesus am Kreuz auch gesagt hat, er hat nämlich gesagt: „Herr, vergib Ihnen diese Sünde“. Kein Wort des Hasses, kein Wort der Verfluchung, sondern Bitte um Vergebung für seine Mörder. Das war das letzte, was der wim-mernde Stephanus noch sagen konnte. Sowas vergisst man nicht, wenn man das einmal miterlebt hat. Wenn der Paulus daran dachte, wie der Stephanus gestorben ist, da kamen ihm Zweifel und Bedenken, ob der Mord an diesem Mann wirklich richtig gewesen war.

Wisst ihr, wenn jemand etwas tut, von dessen Richtigkeit er innerlich gar nicht mehr überzeugt ist, da verdoppelt er oft seine Anstrengungen und steigert sich immer mehr in die Sache rein, um seine eigenen Zweifel zu unterdrücken. Der Paulus wird in seinem Christenhass immer fanatischer. Erst ist er die Männer angegangen, dann hat er auch die Frauen verhaften lassen, jetzt will er schon ganze Gemeinden verhaften. Und nun kommt er an den Punkt, wo Jesus sich ihm entgegenstellt. Er sagt: „Paulus, was hab Ich dir denn eigentlich getan? Warum verfolgst du Mich?“ Der Paulus kann nur stammeln: „Herr, wer bist Du?“ Auf diese klägliche Frage bekommt er eine königliche Antwort. „Ich bin Jesus, den du verfolgst. Und jetzt steh auf, geh in die Stadt, um dort wird man dir sagen, was du tun sollst.“

Jesus nimmt Saulus bei der Hand.

Das muss man sich mal vorstellen. Der Mann, der gekommen ist, um die Christen von Damaskus abzuführen, der soll sich wie ein Kind an der Hand zu den Christen von Damaskus hin führen lassen. Was wird Paulus tun? Es ist ein großer Moment der Spannung. Und da steht Paulus auf. Und er gehorcht. Er lässt sich führen. Das ist der entscheidende Moment der Bekehrung. Bis jetzt hatte Paulus bestimmt, wo es langgeht und jetzt bestimmt Jesus seinen Weg. Bis jetzt hat Paulus gesagt, was zu tun ist, jetzt sagt Jesus ihm, was zu tun ist. Bis jetzt hat Paulus nach seinem eigenen Willen gelebt und jetzt lebt er nach dem Willen von Jesus. So war es bei dem Paulus und war‘s bei jedem, der sich bekehrt. So wird es auch bei dir sein, wenn du dich bekehrst. Du sagst jetzt vielleicht: „Ich bekehre mich nie! Und ich will mit eurem Jesus, den es außerdem überhaupt nicht gibt, überhaupt nichts zu tun haben.“

Na sicher, das sagst du jetzt! Genau dasselbe hat der Paulus ja damals auch gesagt. Aber einen Tag später, da war er ein Christ.

Bei Gott ist nichts unmöglich. Und dass du Christ wirst, das ist bei Gott auch nicht unmöglich. Es gibt Hoffnung für dich. Wenn ein Christenhasser wie Paulus, wenn der ein Christ werden konnte, dann ist für jeden von euch noch eine Chance drin. Der Paulus war doch noch viel ablehnender als du, viel kritischer. Du bist ja so freundlich, dass du hier herkommst, dass du dich hier reinsetzt, mir zuhörst ohne zu protestieren und dazwischen zu toben. Der Paulus hat nicht zugehört. Der war nicht so fair, er hat zugeschlagen. Der hat so was wie mich nicht ausreden lassen, der hat mit Steinen geschmissen. Kein Mensch hätte damals für möglich gehalten, dass der sich bekehrt und ein Christ wird. Also der ganz bestimmt nicht. Eher verschenkt J.R. seinen Anteil von Ewing-Oil[5] freiwillig an die Pamela als dass der Paule ein Christ wird!

Als der sich dann doch bekehrt und das große Wunder geschieht, da können die Christen und die anderen es überhaupt nicht fassen. Und sie wollen es gar nicht glauben, dass Paulus, der große Christenhasser, einer von ihnen geworden ist. Da war zum Beispiel einer, der hieß Ananias, das war ein Glied der Gemeinde in Damaskus. Der hatte natürlich über den Buschfunk schon gehört: der Paulus, das alte Ekel, ist im Anmarsch: es droht eine Verhaftungswelle für die Christengemeinde!


Und genau zu diesem Ananias, da sagt Jesus: Ananias, du gehst jetzt in die Stadt. Du gehst in die Straße, die die Gerade heißt. Dort gehst du in das Haus des Judas. Dort sitzt ein gewisser Paulus aus der Stadt Tarsus, der betet. Und der ist blind. Und der wartet auf dich, dass du kommst und ihm die Hände auflegst, damit er wieder sehen kann[6]. Der Ananias denkt, er hat sich verhört. Er fängt sofort an, mit Jesus zu diskutieren. Er sagt: „Also, Jesus, Moment mal, da stimmt etwas nicht. Das muss ein Irrtum sein. Ich glaube, du bist nicht ganz auf dem Laufenden, was hier läuft. Ich will Dir mal was erzählen. Ich weiß über diesen Menschen, den Paulus, allerhand und ich kann dir sagen, ich habe von dem nur Übles gehört. Die Gemeinde in Jerusalem hat er kaputt gemacht. Der kommt hier her, um uns alle zu verhaften. Der will die Hände an uns legen. Und dem soll ich die Hand auflegen? Nee, mach ich nicht. Wenn ich zu dem hingehe, bin ich der erste, der hops geht. Das ist mir viel zu gefährlich. Das ist unrealistisch! Der Mann ist ein Schlitzohr. Die Bekehrung ist gespielt. Der bekehrt sich nie. Also, Jesus, ich kann dir nur sagen, dein Befehl ist absolut unmöglich und unausführbar.“

Wir sind alle wie Ananias.

Wir können den Ananias verstehen. Ich glaube, wir hätten alle genauso reagiert. Wir argumentieren wie alle ganz genau so auch heute, wenn es um die Friedensfrage geht. Da sagt Jesus zu uns: „Liebt eure Feinde.“ Und wir sagen: „Das ist unrealistisch. Angesichts der politischen Weltlage geht das nicht. Können wir einfach nicht machen. Das wäre Selbstmord.“ Wir tun so, als ob die Anweisungen von Jesus weltfremd wären und mit unserer Lage nicht in Übereinklang zu bringen wären, nicht praktizierbar wären. Und so suchen wir uns vor dem einfachen Gehorsam, gegenüber den einfachen Anweisungen von Jesus zu drücken. Der Ananias versucht sich vor den Anweisungen von Jesus zu drücken, indem er Jesus für weltfremd erklärt. „Der weiß nicht Bescheid, der weiß gar nicht, was hier gespielt wird! Jesus, Du weißt ja überhaupt nicht, wie gefährlich dieser Paulus ist.“ Dabei ist doch Jesus bis in die kleinste Kleinigkeit hinein ganz genau informiert. Jesus kannte die Straße, wo der Paulus wohnt: geh in die Gerade Straße. Er wusste auch, wo er wohnt: geh in das Haus des Judas. Er wusste auch den Namen des Paulus: Geh zu einem Mann, der heißt Paulus. Er wusste auch, aus welcher Stadt Paulus kommt: suche den Paulus von Tarsus. Und Er wusste auch, was der Paulus tut. Es heißt im Vers elf: siehe, er betet. Jesus weiß wer du bist, wo du bist, was du bist. Und Er weiß auch, was du tust. Wenn du betest, Er sieht es: „siehe, er betet.“

Gott nimmt jedes Gebet wahr.

Das ist einfach nicht wahr, dass Gott, der Schöpfer dieser Welt, so groß und gewaltig ist, dass Er das Gebet eines einzelnen Menschen nicht wahrnehmen würde. Die Heilige Schrift lehrt das genaue Gegenteil: die Größe Gottes zeigt sich gerade darin, dass Er sich dem unscheinbarsten Gebet des unscheinbarsten Menschen zuwendet. Wo auch immer auf dieser Welt ein Mensch zu Gott betet, und wenn es in der in der finstersten Gefängniszelle und der dunkelsten Verzweiflung ist: Gott sieht ihn. Siehe, er betet.

Deine Gebete verhallen nicht ungehört im Weltraum. Und sie fallen nicht in die Tiefe des Nichts. Sondern sie werden aufgenommen von dem Herzen unseres himmlischen Vaters. Gott wartet auf dein Gebet. Er sehnt sich nach deinem Gebet. Denn Gott hat dich geschaffen. Und Er hat dich lieb. Er möchte mit dir in Kontakt sein, im Gespräch sein, in Verbindung sein. Er hat eine Sehnsucht in seinem Herzen, dass du sagst: „Ja, Vater, ich will Dein Kind sein.“  Das ist das Gebet, was der Paulus in der Dunkelheit seiner Blindheit jetzt betet. Das ist das Kennzeichen „B“, das ist das Kennzeichen der echten Bekehrung, wenn ein Mensch anfängt, zu beten. Das ist das Lebenszeichen der Wiedergeburt.

Das ist wie bei einem neugeborenen Kind. Wenn ein Kind zur Welt kommt, da muss es einen Ton von sich geben, einen Schrei. Der Schrei, dieser erste, ist das erste Zeichen, dass es atmet. Dass es lebt. Und genauso ist es, wenn ein Mensch zum lebendigen Glauben kommt, wie ein neugeborenes Kind. Da muss er einen Ton von sich geben. Dass er zu Gott sagt: Herr, da bin ich. Herr, nimm mich. Und dieser Ton, das ist das Zeichen einen neuen Geburt. Dass der Mensch neu geboren ist. Siehe, er betet. Wenn Jesus zu Ananias gesagt hätte: „siehe, der predigt.“ Da hätte Ananias gesagt: „das tun viele Pfarrer, ohne bekehrt zu sein.“ Wenn Jesus gesagt hätte: „siehe, er besucht kirchliche Veranstaltungen.“ Da hätte Ananias gesagt: „das tun viele, ohne bekehrt zu sein.“ Wenn Jesus gesagt hätte: „siehe, er zahlt die Kirchensteuer.“ Da hätte Ananias gesagt: „das tun Millionen, ohne bekehrt zu sein.“ Aber als Jesus zu ihm sagt: „siehst du, er betet!“ da hat der Ananias keinen Grund mehr zum Misstrauen. Einem Menschen, der betet, dem kannst du immer vertrauen. Wer mit Gott in Verbindung ist, der legt keinen anderen rein und er legt keinen andern um. Vor dem brauchst dich nicht zu fürchten. Wer im Geheimen mit Gott verkehrt, dem kann man auch öffentlich trauen.

Ohne Beten kein Christsein.

Ihr wisst, ich bin im Reisedienst. Ich bin immer unterwegs. Ich bin immer mit anderen Menschen zusammen, auch mit anderen Mitarbeitern zusammen. Ich kann mit Menschen, die nicht beten können, nicht zusammenarbeiten. Dort wo gebetet wird, da kann ich arbeiten, da kann ich leben, da fühl ich mich wohl. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, denen ich am meisten vertrauen kann, meistens Menschen sind, die beten können. Der Jörg zum Beispiel, das ist ja einfach nicht nur ein guter Kumpel, mit dem ich zurechtkomme, wenn wir zusammen reisen, sondern das ist ein Mensch, der beten kann, mit dem ich beten kann. Das ist die Grundlage unserer Zusammenarbeit. Wenn du von mir verlangst, dass ich mal mit einem Wort sagen soll, was bei mir die Hauptsache in meinem Christenleben ist, da antworte ich: das Gebet. Ich kann mir mein Leben ohne Gebet überhaupt nicht mehr vorstellen. Sage mir, ob du betest, und ich sage dir, ob du ein Christ bist. Das echte Gebet ist der Echtheitsbeweis für eine echte Bekehrung.  Der englische Prediger Spurgeon[7] hat einmal gesagt: „Wer betet, hört auf zu sündigen und wer sündigt, hört auf zu beten.“ Solange du betest, da kannst du die Ehe nicht brechen. Solange du aber die Ehe brichst, kannst du auch nicht beten.

Seid beharrlich im Gebet.

Zum Schluss möchte ich jetzt noch zweierlei sagen: erstens wende ich mich mal an diejenigen unter euch, die sich selber Christen nennen. Du bist dir oft nicht sicher, dass du ein Gotteskind bist. Und du hast Zweifel an der Wahrheit der Bibel. Und du leidest darunter, dass du immer wieder die gleichen Fehler machst, dass du in deinem Glaubensleben nicht vorwärts kommst, dass du keine Freude in deinem Leben hast, dass keine Kraft in dir drin ist und so weiter und so fort.

Ich will dir den Punkt nennen, an dem alle Schwächen, alle Abweichungen, alle Rückfälle beginnen. Das ist genau dort, wo du aufhörst zu beten. So oft ein Christ rückfällig wird und sündigt, fängt das immer bei der Gebetsflaute an. Je weniger du betest, umso kümmerlicher wird dein Glaube.

Und jetzt zweitens zu euch, die ihr euch Atheisten und Gottlose nennt. Du hast noch nie gebetet? Und du willst auch nie beten? Ich frage dich jetzt nicht, wie du die Tage deines Lebens zubringen kannst ohne ein einziges Dankeswort gegenüber deinem Schöpfer, ohne eine einzige Fürbitte für deine leidenden Mitgeschöpfe. Ich frage dich nur: wie willst du sterben, wenn du nie gebetet hast. Wenn du Gott nicht dein Leben gegeben hast und im Gebet nie mit Ihm gesprochen hast, kommst du in die Hölle.

Aber heute kannst du in den Himmel kommen, dazu lädt Gott dich ein. Ich lese vor, was Gott in der Bibel gesagt hat durch den Propheten Hesekiel: so war Ich lebe, spricht Gott, der Herr: ich habe keine Freude am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose sich bekehrt von seinem falschen Weg und lebt. Also bekehrt euch jetzt[8]. Jetzt! -  sagt die Bibel. Jetzt in diesem Moment kannst du Gott dein Leben geben und sagen: „Nimm mich, Herr, bei der Hand“ - so wie wir es vorher gesungen haben.

Und du kannst auch hinterher, wenn wir fertig sind, kommen und einen unserer Mitarbeiter ansprechen. Wir haben ja hier eine Menge Mitarbeiter in der Kirche, die haben so ein gelbes Schild, da steht ihr Name drauf. Otto oder irgend so was. Es ist egal, was da drauf steht. Im Grunde genommen heißen die alle Ananias. Das sind Menschen, die für euch Zeit haben und bereit sind. Für dich und mit dir die Hände zu falten. Dir die Hände aufzulegen. Dass dir deine geistige Blindheit genommen wird, dass dir deine Schuld genommen wird. Dass du wieder sehen kannst, dass du Land siehst. Dass du Gott siehst. Dass du Aufatmen, dass du leben kannst. Und dass Gott zu dir sagen kann: siehe, er betet.

 

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[1] Apostelgeschichte 9, 15

[2] Es handelt sich vermutlich um „Ein neu Lied von den zweyen Marteren Christi, zu Brüssel von den Sophisten zu Löwen verbrannt“ aus dem Wittenberger Gesangbuch von 1524. – Anm. des Schreibers

[3] Zur aktuellen Situation der Christen in Nepal siehe www.opendoors.de – Anm. des Schreibers

[4] Apostelgeschichte 9, 2

[5] Theo Lehmann bezieht sich wohl auf die US-amerikanische Fernsehsage „Dallas“, die in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts im westdeutschen Fernsehen lief. – Anm. des Schreibers

[6] Apostelgeschichte 9, 11-12

[7] Charles Haddon Spurgeon (*1834 – 1892). Englischer Baptistenpastor. Einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts, hinterließ tausende von Predigten. – Anm. des Schreibers

[8] Hesekiel 33,11