Theo Lehmann – Jugendgottesdienst 14

Abschrift der Predigt vom 8. April 1973 über Johannes 19, 1-42 (überschrieben mit dem Titel: Die Kreuzigung).

 

Liebe Freunde,

Was tut man, wenn man einen Mann verhaften will, der erstens vollkommen unschuldig, zweitens bei den Volksmassen beliebt ist, und drittens schwer zu finden ist? Man kauft sich einen Spitzel. Spitzel sind Leute, die andere Menschen ans Messer liefern. Das ist so ungefähr das schäbigste und erbärmlichste, was ein Mensch überhaupt tun kann. Zumal dann wenn derjenige, den man verpfeift, noch sein bester Kumpel ist.

Der Verrat an Jesus. Methoden der Niedertracht.

Jesus ist das passiert. Einer seiner besten Kumpels, der hieß Judas, und hat Ihn verraten. Der hat für dreißig Silbermünzen den Feinden von Jesus die Informationen gegeben, wie sie Ihn kassieren können. Es gab nicht nur Menschen, die Jesus geliebt haben, sondern es gab auch welche, die Ihn gehasst haben, die nur eins im Sinn hatten: Ihn zur Strecke zu bringen. Und denen hat Judas verraten, wo sie Jesus ergreifen können. Das war in einem Garten in der Nähe von Jerusalem. Dort in diesem Gartengrundstück fand mit einem Riesenaufgebot von Militär und Waffen und Laternen und was weiß ich alles, und bei Nacht und Nebel, wie bei solchen Gelegenheiten üblich, die Verhaftung statt. Bei Nacht und Nebel, damit keiner was davon merkte, damit die Bevölkerung nicht unruhig wurde.

Das nächste Problem war, wie kann man diesen Jesus, der wirklich unschuldig war, so einen Prozess machen, damit Er auch wirklich an den Galgen kommt. Das Problem wurde gelöst durch sogenannte falsche Zeugen. Das sind Leute, die machten Jesus gegenüber im Gerichtsverfahren falsche Aussagen.

Und das nächste Problem war, jetzt auch noch die Bevölkerung gegen Ihn aufzuhetzen. So etwas kann man ja auch manipulieren. Eine besonders wirkungsvolle Methode ist es, wenn man den Häftling zu einer besonders lächerlichen Figur abstempelt. Besonders wirkungsvoll ist die Methode eben dann, wenn man keine Sachargumente mehr zu Hand hat.

Das haben die damals gemacht. Erst haben die Jesus körperlich mit Geißeln zusammen geschlagen, das könnt ihr hier vorne an der Geißelsäule erkennen. Dann haben sie Ihm noch eine Krone aus Dornen aufgesetzt und einen Mantel aus rotem Purpur, damit Er aussieht wie die Karikatur eines Königs. Und dann bekam der wehrlose, an den Händen gefesselte Häftling noch ein paar Ohrfeigen ins Gesicht, und dann haben sie Ihn noch angespuckt und so wurde schließlich dieser Häftling, diese Jammergestalt, mit Blut und Spucke beschmiert, dann den Volksmassen vor die Augen gestellt und präsentiert und dann hieß es: „Wollt ihr dieses lächerliche Würstchen als euren König haben?“ Und da haben die Volksmassen geschrien: „Nein, den wollen wir nicht!“ Und dann hieß es: „Was sollen wir dann mit dem machen?“ Und da bläkten die so, wie es ihnen eingetrichtert worden war: „An den Galgen mit dem! Kreuzige Ihn!“

Der letzte Akt.

Und nun kommt der letzte Akt: die Hinrichtung. Jesus wird bei lebendigem Leib – das ist eine unvorstellbare Grausamkeit, und vollkommen nackt – das ist eine unvorstellbare Erniedrigung, an das Kreuz genagelt und hängt da nun zwischen Himmel und Erde, während unten die Spaziergänger vorbei gehen und ihre blöden Bemerkungen machen. Und das etwa nicht deswegen, weil Jesus etwas verbrochen hätte, so wie die beiden Verbrecher, die links und rechts neben Ihm gekreuzigt werden, oder wie der Barabbas, der Staatsfeind und Mörder, den man statt Ihm frei gelassen hatte.

Jesus hat keinen umgebracht. Er hat niemanden gehasst, Er hat keinem Menschen etwas Böses getan. Im Gegenteil, sogar seine Feinde mussten zugeben, dass sie Ihm nichts anhängen konnten. Die Anklagenummer mit den falschen Zeugen war im Prozess zusammengebrochen. Sogar Pilatus als der Richter musste sagen: „Ich finde keine Schuld an diesem Menschen!“

Und trotzdem haben sie Ihn aufgehängt. Weil es ihnen nämlich nicht passte, dass Er anders war als die anderen, nämlich besser.

Sie lebten nach dem Gesetz: Auge um Auge, Zahn um Zahn – auf gut Deutsch: Haust du mir eins in die Fresse, hau ich dir eins in die Fresse. Das hielten die für normal und für gut und voll in Ordnung. Und da war nur plötzlich dieser Jesus aufgetaucht. Und sagte: „Nö, das ist überhaupt nicht in Ordnung!“ und verlangte: „Liebt sogar eure Feinde! Hört auf mit dem Hassen und fangt an mit der Liebe.“[1] Und das hat Jesus nicht nur gepredigt, das hat Er auch gemacht. Er hat sich gerade um die gekümmert, um die Alle einen Bogen gemacht und die sie alle verachtet und mit Dreck beschmissen haben.

Jesus war zu gerecht für die Selbstgerechten.

Wen die anständigen Bürger abstempelten zum Abschaum der Menschheit, zum Beispiel die Huren oder die Zöllner, die Betrüger vom Zoll - solche Menschen, auf die die gesamte Bevölkerung einhackte, bezeichnete Jesus als seine allerliebsten Freunde. Das heißt nicht, dass Jesus nun die Hurerei und die Gaunerei uns den Betrug gebilligt hätte, das nun ganz und gar wieder nicht. Aber Er gab solchen Menschen, die sich im Dreck gewälzt hatten, und die von allen Menschen mit Dreck geschmissen wurden, denen es dreckig ging, solchen Menschen gab Er die einzigartige Chance, ein neues Leben anzufangen. Und den Braven, den Korrekten, den Selbstgerechten, den Spießern, den Anständigen, den Frommen, die immer so auf ihre Selbstgerechtigkeit pochten, denen hat Jesus Pfeffer gegeben. Denen hat Er gesagt: „Wenn ihr euch nicht ändert und wenn ihr nicht Busse tut, dann seid ihr meilenweit von Gottes Reich entfernt.“ Das haben die Jesus natürlich übel genommen. Da haben sie gesagt: „Der stört uns, der muss weg!“ Und deswegen haben sie keine Ruhe gegeben, bis sie Ihn da hatten, wo sie Ihn haben wollten: am Galgen.

Ich stelle mir vor, dass die sich damals, am Karfreitag, als sie Jesus gekreuzigt haben, die Hände gerieben und sich gesagt haben: „Jetzt haben wir es endlich geschafft, jetzt ist der Kerl endlich mundtot. Jetzt hängt Er endlich dort, wo Er sein müsste - nämlich am Kreuz. Jesus ist erledigt, der Plan ist gelungen!“ Und dabei merken die gar nicht, dass alle die schlauen Pläne, die sie gemacht haben, nur den großen Plan Gottes zum Durchbruch verhelfen müssen.

Gott führt seinen Plan zum Sieg – egal wie böse der Menschen Pläne sind.

Gott ist ja schließlich auch noch da, und Er hat auch seinen Plan. Und wenn Gott sich etwas vorgenommen hat, dann können sich die Menschen auf die Hinterbeine stellen und planen was sie wollen – Gott setzt seinen Plan durch.

Ich habe es erst vor kurzem erlebt. Da gab es in unserer Stadt einen jungen Mann, der hat sich gesagt: „Gehst du einmal am Sonntag in die Schlossgemeinde und tust den frommen Laden da einmal ein bisschen aufmischen, einmal ein bisschen Rabatz machen, denen mal klarmachen, was sie da für einen Nonsens erzählen.“ Das hat er auch gemacht. Er ist erschienen und hat den ganzen Abend nur Mist gemacht und gestört, so wie er sich's vorgenommen hatte.

Er hatte bloß nicht damit gerechnet, dass Gott auch mit ihm einen Plan hat. Und am nächsten Sonntag hat Gott so deutlich zu ihm gesprochen, dass er sich bekehrt hat. Und am Mittwoch drauf war er wieder bei uns in der jungen Gemeinde und er hat gesagt: „Jetzt will ich euch einmal etwas sagen. Ich war vorige Woche hier, um euch zu stören. Und jetzt hab ich Jesus gefunden und jetzt will ich mit euch leben.“ Der junge Mann ist hier und kann es euch vielleicht selber erzählen.

So geht das, wenn Menschen Pläne haben und Gott trotzdem seinen Plan hat und ihn auch durchsetzt. Damals, als Jesus gekreuzigt wurde, da war das ähnlich. Sie hatten alle ihre Absichten und ihre Pläne. Angefangen von dem Judas, der Ihn verraten hat bis hin zum Pilatus, der um seinen Posten zitterte, weil er Angst hatte, dass er abgesetzt wird, wenn er Jesus nicht fertig macht, bis hin zu den Soldaten, die sich wie die Aasgeier auf die Klamotten von Jesus gestürzt haben und darum gewürfelt haben.  Sie alle setzen ihre kleinen egoistischen Pläne durch und merken nicht, dass alles, was sie tun, dazu dient, dass Gottes Plan zum Ziel kommt. Dabei haben die alle gar keine Ahnung von Gottes Plan. Der einzige, der wirklich Bescheid weiß in dieser ganzen Geschichte, das ist Jesus. Der weiß, dass alles was mit ihm geschieht, nach dem Plan Gottes verläuft und seinem Willen entspricht.

Schon längst, bevor Er nach Jerusalem geht, weiß Er, was dort passieren wird und sagt zu seinen Jüngern: Ich gehe jetzt dahin, weil Ich sterben muss. Und längst, bevor der Judas Ihn verraten hat, hat Er gewusst, dass einer unter ihnen ist, der Ihn verraten wird und hat es ihm auf den Kopf zugesagt. Und längst Bevor sie Ihn verhaftet haben im Garten Gethsemane, da wusste Er schon, was Ihm bevorsteht. Und Er wusste schon, welche Folterqualen Ihm bevorstehen, und deswegen hat Er sich hingekniet im Garten und gebetet zu Gott: Vater, wenn es möglich ist, dann gib, dass es vorübergeht, dass Ich das nicht mitmachen muss. Und dann hat Er das Gebet abgeschlossen hat gesagt: Aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.[2] Und weil Er wusste, dass alles, was dann kam, Gottes Wille war, Hat Er sich gefangen nehmen lassen. Und als Er noch am Kreuz hing, hat Er noch für seine Mörder gebetet und hat gesagt: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun[3].

Und weil Er wusste, dass alles dem Plan Gottes folgte, hat Er, als Er starb, gesagt: Es ist vollbracht.[4] Das ist wie eine Vollzugsmeldung, soviel wie: Vater, jetzt ist dein Plan zu Ende gebracht.

 

Der Plan Gottes mit den Menschen.

Ich will euch jetzt erklären, worin dieser Plan Gottes eigentlich besteht. Denn seit Christus gekreuzigt ist, kennen wir diesen Plan, und ihr sollt den Plan auch kennen, weil ihr darin eine Rolle spielt, weil es um euch geht. Es geht Gott darum, dass alle Menschen glücklich werden. Das ist auch schon der ganze Plan. Es sollen alle glücklich werden – ihr auch!

Aber ein Mensch, der eine Sünde begangen hat, der eine Schuld auf sich geladen hat, der kein gutes Gewissen hat, der ist nicht glücklich. Guckt euch doch bloß mal den Judas an. Der hat von dem Augenblick an, wo er die Sünde des Verrats begangen hat, keine ruhige Sekunde mehr gehabt. Er hat vom Leben nichts mehr gehabt. Und da hat ihm auch das Geld keine Hilfe mehr geben können, das er sich da verdient hatte auf diese leichte Art und Weise. Es gibt ja ganz Schlaue, die sagen: „Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt“ – den Judas hat das nicht beruhigt. Von wegen „Geld stinkt nicht“ – das ist auch so eine Lüge.

Dem Judas hat dieses Geld gebrannt wie Feuer und da ist er hingegangen zu seinen Auftraggebern und hat zu ihnen gesagt: „Ich will mit dem Geld nichts zu tun haben, nehmt es zurück!“ Und die haben die Annahme verweigert. Da hat er das Geld genommen und hat es ihnen vor die Füße geschmissen, im Tempel. Bloß – damit ist er seine Schuld auch nicht los geworden. Das was er getan hatte, konnte er nicht damit beseitigen, dass er das Geld wegwarf. Da ist er zu den Auftraggebern hingegangen und hat gesagt: „Es war eine große Schweinerei, was ich da getan habe, dass ich einen unschuldigen Menschen verpfiffen habe. Ich bereue das!“

Da haben die gesagt: „Bereue?! Hören wir richtig? Gewissen? Interessiert uns doch nicht! Was geht denn uns das an, das ist dein Bier! Da sieh du zu, wie du damit zurechtkommst.“ Aber Judas kam eben nicht damit zurecht. Als seine Auftraggeber erreicht haben, was sie wollten, da haben sie den kleinen Spitzel Judas fallen lassen wie eine ausgequetschte Zitrone. Da war er ihnen egal. Die konnten und die wollten ihm in seinen Gewissensqualen nicht helfen. Aber die Verantwortung für das, was Judas getan hatte, die konnte ihm keiner abnehmen. Weil er mit seiner Schuld nicht länger leben konnte, hat er sich selber umgebracht. Er hat Selbstmord begangen, er hat sich aufgehängt, an einem Baum, weil er keinen hatte, zu dem er hingehen konnte mit seiner Schuld.

Aber ihr habt einen! Ihr habt bestimmt nicht so etwas auf dem Kerbholz wie der Judas. Aber auch ihr seid vor Gott schuldig. Es gibt kein Menschenleben auf dieser Erde, ohne schuldig zu werden. Ihr könnt eure Sünde leugnen, ihr könnt sie vertuschen, ihr könnt sie im Alkohol ersäufen, ihr könnt sie mit eurer großen Klappe überspielen, aber ihr könnt euch eure eigene Sünde nicht selber vom Halse schaffen. Braucht ihr auch nicht. Es ist ja einer da, der das für euch macht, eben dieser Jesus, von dem ich rede. Es ist wahrscheinlich keiner hier unter uns, der einmal einen Menschen umgebracht hat. Das heißt, so unwahrscheinlich ist die Annahme gar nicht – vielleicht sind ein paar Mädchen hier, die einmal ein Kind abgetrieben haben, das heißt also, zur Mörderin geworden sind. Die brauchen Jesus ganz besonders.

Ein Millimeter genügt und der Draht zu Gott ist unterbrochen. Und so leicht repariert!

Aber auch wenn das nicht der Fall ist, und wenn ihr brave Bürger und untadelig seid. Wenn ihr keine großen Dinger gedreht habt vor Gott, da seid ihr trotzdem schuldig. Und es spielt überhaupt keine Rolle, ob eure Sünde groß oder klein ist. Schon die kleinste Sünde genügt, um den Kontakt zwischen Gott und uns zu zerstören. Und wer nicht im Kontakt mit Gott lebt, der lebt im Finstern. Der lebt nicht im Licht der Freude. Um diese große Kirche hier finster zu machen, ist es überhaupt nicht nötig, erst ein meterlanges Stück Kabel heraus zu schneiden, sondern da genügt schon ein Millimeter kleines Stück Leitung, um den Kontakt zu unterbrechen, und dann ist es hier finster. Ob da ein Meter in der Leitung fehlt oder ein Millimeter, das spielt keine Rolle. Der Endeffekt ist derselbe, es ist am Schluss zappenduster. Und es ist in eurem Leben finster, wenn ihr in eurem Leben auch nur eine einzige kleine Sünde habt, die euch von Gott trennt, die den Kontakt zwischen Gott und euch unterbricht. Sünde wird von Gott bestraft, da kennt Er nichts. Aber Er kennt euch, und Er weiß, dass ihr mit eurer Schuld allein nicht fertig werden könnt. Er kennt die Schuld eures Lebens, und deswegen schickt Er seinen Sohn in diese Welt lässt Ihn ans Kreuz gehen, damit Er dort stirbt, an unserer Stelle. Er verbüßt die Strafe, die wir eigentlich verdient hätten. Ich weiß nicht, ob ihr das begreifen könnt. Das kann man eigentlich gar nicht begreifen. Weil es hier um etwas geht, was durch Liebe geschieht. Und Liebe ist immer unerklärlich, unbegreiflich. Wie ein Wunder! Deswegen heißt es ja im Neuen Testament: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.[5] – So ist das.

Eigentlich  müsstet ihr dort hängen, an der Stelle, an der Jesus hängt. Bloß das braucht es nicht. Ihr hängt hier in eurer Kirchenbank und auf eurer Empore und ihr braucht im Grunde genommen nichts weiter zu Jesus zu sagen: „Danke, dass Du meine Schuld ans Kreuz getragen hast. Herr, ich danke Dir, dass Du für mich das erduldet hast!“ – und dann seid ihr frei[6]. Wir Christen sind frei, wir leben Schuldenfrei, das ist der Grund, warum wir so glücklich sind! Das unterscheidet uns von anderen Menschen. Nicht, das wir besser sind als andere Leute, aber wir sind besser dran, weil wir wissen, wo wir unsere Schuld hinbringen können. Und nur dort, wo einer seine Schuld abladen kann, wo einer sein Gewissen freisprechen lassen kann, nur dort wird ein Mensch glücklich. Und ihr alle könnt genau so glücklich sein, weil euch Gott genau so liebt. Lächle! – Gott liebt euch.

Gott kennen ist so einfach.

Wenn ihr wissen wollt, wer Gott ist und wer hinter dieser Vokabel steckt, dann dürft ihr mit euren Überlegungen nicht einsetzen bei einem höheren Wesen, das irgendwo über den Wolken schwebt. Gott schwebt nicht irgendwo über dem Himmel, sondern Gott hängt am Kreuz. Und dort könnt ihr sehen, wer Gott wirklich ist. Das ist einer, der stirbt aus Liebe. Der stirbt aus Liebe zu Euch. Der lässt sich lieber selber totschlagen, als dass euch etwas passiert.

Die Leute, die Jesus damals gekreuzigt haben, die haben sich eingebildet, sie hätten damit nun ein für alle mal den Fall Jesus erledigt. Aber das stimmt nicht. Die Geschichte von Jesus geht weiter. Sie ist am Kreuz noch nicht zu Ende. Die Leute, die Jesus umgebracht haben, gingen über Leichen. Aber selbst das stört Gott noch nicht und Er bringt seinen Plan zu Ende. Denn den toten Jesus hat Er von den Toten auferweckt. Nach drei Tagen ist dieser Jesus, den sie mit so viel List und Tücke ans Kreuz gebracht haben, da ist dieser Jesus wieder da. Und jetzt geht die Jesus-Bewegung erst richtig los, durch die ganze Welt, bis zum heutigen Tage. Weil Jesus lebt und nicht bei den Toten geblieben ist.

Aber diese Fortsetzung der Geschichte ist heute nicht unser Thema. Das feiern wir zu Ostern. Im Übrigen erlebt ihr heute ja selber die Fortsetzung der Geschichte von Jesus mit. Auch dieser Gottesdienst hier ist ja ein Teil der Geschichte von Jesus. Und gerade heute, wo wir über seinen Tod reden, da ist Jesus hier und Er wartet, dass viele von euch aus bloßen Zuhörern und Zuschauern zu Mitspielern in seiner Geschichte werden. Das ist ja überhaupt der ganze Grund, warum ich euch die ganze Geschichte erzähle. Ich rufe euch ja nicht zu einem toten Jesus, der einen tragischen Tod gestorben ist, sondern ich rufe euch zu dem lebendigen Herrn, der für euch am Kreuz gestorben ist und auch an dich gedacht hat, als Er rief: Es ist vollbracht!

Die Geschichte von Maximilian Kolbe.

Nun will ich euch zum Schluss eine Geschichte erzählen, die sich Ende Juli 1941 im Konzentrations-lager Auschwitz abspielt. Da ist ein Gefangener entflohen. Zur Strafe, weil dieser Gefangene entwischt ist, sollen zehn Mann in den Hungerbunker. Das bedeutet für die zehn, die da rein müssen, das absolute Ende, den sicheren Tod. Der Lagerkommandant lässt einen ganzen Block antreten, er zählt sich diese zehn Häftlinge selber raus. Und unter denen, die da vortreten müssen, ist ein gewisser Franciszek Gajowniczek[7], ein verheirateter Mann und Vater von ein paar kleinen Kindern. Als der vortritt, da tritt plötzlich ein anderer Häftling vor, ein gewisser Maximilian Kolbe, ein katholischer Priester. Dieser sagt: „Ich möchte für den in den Bunker gehen.“ Das verschlägt dem Lagerkommandanten von Auschwitz fast die Sprache und er fragt: „Warum willst du denn das machen?“ – „Ich habe anders als dieser Mann keine Familie, ich habe nur mich selber.“ Von den zehn Männern, die in den Hungerbunker hinein gegangen sind, ist keiner lebendig wieder rausgekommen[8]. Aber dieser Franciszek Gajowniczek hat gelebt – weil der Christ Maximilian Kolbe an seiner Stelle gestorben ist. Und ihr alle, ihr könnt leben, weil Christus für euch gestorben ist. Amen.

 

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[1] Nach Matthäus 5, 38-48

[2] Vgl. insbesondere Lukas 22, 40-46

[3] Lukas 23, 34

[4] Johannes 19, 30

[5] Johannes 3, 16

[6] Siehe auch Johannes 8, 36

[7] Franciszek Gajowniczek (1901 – 1995) überlebte und reiste in späteren Jahren durch Europa und die USA, um über Pater Maximilian Kolbe und seine Taten zu berichten. – Anm. des Schreibers.

[8] Maximilian Kolbe (1894 – 1941) überlebte den „Hungerbunker“ zusammen mit weiteren drei der zehn Männer, wurde aber am 14. August 1941 gemeinsam mit diesen durch eine Pheholspritzeninjektion getötet. – Anm. des Schreibers.