Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 188

Abschrift der Predigt vom 11. April 1999 über Johannes 21,16 (die Wiederherstellung des Petrus durch Jesus nach dessen Verrat an Ihm). Diese Predigt wurde in etwas veränderter Form schon einmal am 13.04.1986 im Rahmen des Jugendgottesdienstes Nr. 100 gehalten.

 

Richtige Fragen stellen.

Liebe Freunde, zwei Männer sitzen im Gasthaus und haben zu Mittag gegessen, es kommt der Kellner zum kassieren und fragt den ersten: „Was hatten sie?“ – „Ein Bier und ein Schnitzel." Da fragt er den zweiten, der sagt: „Ich hatte Hunger und Durst“. Um eine Frage richtig zu beantworten, da muss man sie erst einmal richtig verstehen beziehungsweise sie richtig verstehen wollen. Von der richtigen Beantwortung bestimmter Fragen hängt im Leben eine ganze Menge ab.

Im Fernsehen kriegt ja der, der am meisten weiß, den ersten Preis, also zum Beispiel: „Was wissen Sie über die Umweltverschmutzung der Meere?“ Antwort: „Ich hab neulich eine Dose Ölsardinen aufgemacht: innen nur Öl, alle Fische tot.“

Im Examen entscheiden deine Antworten darüber, was beruflich aus dir wird. Da helfen dir dann nicht mehr solche Sprüche wie: „Lieber eine Fünf als gar keine persönliche Note.“ Sondern da geht’s zur Sache.

In der Partnerschaft da entscheiden deine Antworten über das, was aus euch beiden wird. Denn irgendwann kommt einmal der Tag, an dem dir dein Partner die Frage stellt, die eine Frage, die Frage, die entscheidende Frage, auf die alles ankommt, nämlich: „Liebst du mich.“

Jesu Frage an dich.

Das ist auch die Frage, die Jesus dir stellt. Die Er dir heute stellt, die Er dir heute durch mich stellt. Also, ich frage dich mal: „Liebst du Jesus?“ Ich weiß natürlich, dass viele von euch jetzt bei sich denken, also so kann man das doch nicht sagen, so kann man das doch nicht fragen. Ja, warum eigentlich nicht? Ich habe in meinem Leben eine ganze Menge Fehler gemacht. Aber ein Fehler war bestimmt, dass ich diese Frage manchen Leuten nicht gestellt habe. Ich habe zum Beispiel mit Vikaren zu tun gehabt in der Ausbildung.

Ein Vikar, das ist so ein Zwischending zwischen Theologiestudent und Pfarrer. So eine Art theo-logischer Teenager. So eine Mischung aus kreativem Chaoten und autoritärer Amtsperson. Ich hab mit diesen jungen Männern viel diskutiert. Ich hab denen viele Fragen gestellt, ich habe sie gefragt: warum wollen Sie überhaupt Pfarrer werden? Was haben Sie für eine Vorstellung, wenn sie später einmal Pfarrer sind? Was wollen Sie dann in Ihrer Gemeinde als Hauptsache machen und so?

Aber die Frage, die eine Frage, entscheidende Frage, ohne die keiner Pfarrer sein kann, die worauf es ankommt, die habe ich nicht gestellt. Wenn ich diese gebildeten, gut ausgebildeten, manchmal auch eingebildeten Theologen gefragt hätte: „Lieben Sie Jesus?“, da hätten die vielleicht gelächelt, vielleicht ein bisschen unsicher auf ihrem Sitz hin und her gerutscht, es wäre ihnen peinlich gewesen, und sie hätten zu mir gesagt: „Also, so geht das nicht, so kann man das doch nicht sagen. Das ist mir zu fromm, das ist mir zu einfach, das ist mir zu pietistisch – so kann man das doch nicht sagen. Also so direkt kann man sowas  nicht fragen“. Ja warum eigentlich nicht?

Erstens mal ist es doch eine ganz einfache Frage, die man doch durchaus beantworten kann, selbst wenn man Theologie studiert hat. Und zweitens hat Jesus auch diese Frage gestellt. Und zwar gleich dreimal, und zwar dem Petrus, das war sein engster Mitarbeiter. Der war ja nicht irgendwer. Wer war Petrus? Petrus war von Haus aus Fischer. Pfoten wie so eine Flunder, hartnäckig wie eine Schildkröte, der hatte ein Temperament wie eine Kaulquappe aber eine Seele wie ein Goldfisch.

Und zu dem sagt Jesus eines Tages: „Folge Mir nach!“ Das war das erste Wort, das er von Jesus gehört hat. Und dieses eine Wort genügte. Der Mann steht auf und geht mit Jesus. Lässt alles stehen und liegen, und zieht jetzt drei Jahre lang mit elf anderen jungen Männern zusammen mit Jesus durch das Land. Die anderen hielt er für Versager, sich selber hielt er für den Größten.

Petrus überschätzt sich – und versagt.

Und als die Geschichte mit Jesus anfing, brenzlig zu werden, da er erst mal  großfressig behauptet: „Und wenn die anderen Dich alle verlassen, also ich ganz bestimmt nicht.“ Und er hat nicht nur große Reden geschwungen, er hat auch dann, als das Verhaftungskommando kam, ein Schwert geschwungen. Hat als einziger Widerstand mit der Waffe geleistet. Ich meine, das war ja immerhin was! Und als sie dann Jesus den Schauprozess gemacht haben, da hat er im Hof des  Gerichts-gebäudes herumgelungert . Sich so weit vorzuwagen, das war ja schon was. Aber dann klappt er zusammen. Und ausgerechnet aus Angst vor einer Frau. Der Petrus ist nicht von der Stasi verhört worden. Er wurde nicht von seiner Familie getrennt, wie hunderttausende Christen in den letzten Jahrzehnten. Er wurde nicht in ein Straflager gesteckt wie Millionen andere Christen in Russland, in China, in Kambodscha und solchen Ländern. Er wurde nicht jahrelang in der unterirdischen Zelle gehalten wie manche Christen in Rumänien zum Beispiel. Er wurde nicht gefoltert, er wurde nicht nervös gemacht durch Licht in der Nacht, wenig zu essen, gemeine Folterung des Leibes und der Seele wie das ungezählte Christen über sich haben ergehen lassen, bis sie entweder umgefallen sind oder eben in den Tod gegangen sind, ohne Jesus Christus abzuleugnen. Beim Petrus war das nicht so. Bei dem genügte schon die Bemerkung einer Scheuerfrau, um ihn zur Leugnung seines Glaubens zu bringen. Im Gerichtsgebäude, da hatten sie so eine kleine Raumpflegerin angestellt, und als die gerade mit dem Mülleimer so zur Tür heraus marschiert, sieht die den Petrus und sagt: „Hören Sie mal, Sie waren doch auch dabei, bei der Jesus-Truppe.“

Da lässt Petrus die Luft ab, wie so ein Luftballon, in den ein kleiner Junge mit einer kleinen spitzen Nadel hineingestochen hat. Da sackt der große Petrus zusammen und leugnet: „Jesus? Nie gehört!“ Er wird ein zweites Mal gefragt, er leugnet wieder, und als sie zum dritten Mal zu ihm sagen: „Du warst doch auch bei diesen Jesus-People“, da vergisst er alles, was er in drei Jahren gelernt hat. Er vergisst seine gute Erziehung, er fällt zurück in die rüde Sprache seiner vorchristlichen Zeit, fängt an zu fluchen wie so ein Hochseefischer, und sagt: „Nu gottverdammich noch einmal, ich kenne den Menschen überhaupt nicht.“ Den Menschen! Er nennt Jesus noch nicht einmal bei seinem Namen! Stell dir mal vor, einer sagt zu mir: „Du gehörst doch auch zu dem Wolfgang Tost[1]!“ und ich sage: „Was? Den Menschen kenne ich nicht!“ Es ist doch eine fiese Gemeinheit, wenn man seinen Kumpel verleugnet, so tut als wenn man ihn nie kennengelernt hätte.

Ihr müsst euch das mal vorstellen, wer Jesus für Petrus gewesen ist. Sein Freund, sein Meister, zu dem er mal in der größten Stunde seines Lebens gesagt hat: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Davon ist jetzt nichts mehr da, das ist alles vergessen, das ist alles Asche, das ist alles weg. Es ist alles verleugnet. Petrus ist der absolute Versager. Vom hohen Ross seiner Überheblichkeit fällt er runter in das tiefste Loch seines Lebens. Das ist der totale Abfall von Jesus. „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ Als Jesus gekreuzigt wird ist er nicht dabei, als Er beerdigt wird ist der Petrus nicht dabei.

Eine Abrechnung der anderen Art.

Jetzt ist er wieder dabei, in seiner alten Berufswelt zu arbeiten, als Fischer. Er ist zum See Tiberias gegangen und dort will er wieder fischen. Da kommt Jesus zu ihm, direkt zu seinem Arbeitsplatz. Es ist die erste intensive Begegnung des Auferstandenen, der vom Grab herausgekommen ist, mit diesem so tief gefallenen Petrus. Der absolute Sieger trifft auf den absoluten Versager.

Petrus kann sich jetzt an allen fünf Fingern abzählen, was jetzt losgeht. Jetzt wird Jesus zu ihm sagen: „Du bist 'ne Pfeife, du hast versagt, du hast Mich enttäuscht, hier hast du Parteibuch und Papiere, du bist entlassen, zwischen uns ist alles aus!“ Aber Jesus tut nie das, was zu erwarten ist. Er tut immer das Ungewöhnliche - genau das, was gerade nicht erwartet wird.  Zum Beispiel, als sie ihn zum König machen wollen, da machte Er nicht mit, sondern da machte Er sich davon. Als sie Ihn ans Kreuz hängten, da gibt Er nicht auf, sondern Er vergibt sogar seinen Mördern. Als sie Ihn ins Grab legten, war Er nicht lahmgelegt, sondern Er steht wieder auf.

Und als Er jetzt dem Petrus begegnet, da macht Er ihm keinen Vorwurf, sondern Er macht ihm eine Liebeserklärung. Er fragt ihn nicht nach seinem Versagen von Vorgestern, sondern nach seiner Liebe von heute. Johannes-Evangelium, Kapitel 21: Als sie nun gegessen hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du Mich lieber, als Mich die anderen haben? Jesus tut hier nicht so, als gar nichts gewesen wäre. Er wischt das Versagen des Petrus nicht einfach vom Tisch. Er schludert nicht einfach über seine Sünde weg – im Gegenteil. Jesus nimmt sie unheimlich genau. Er nimmt den Petrus hart ran. Aber nicht so wie die auf die plumpe Tour wie wir: „Wieso hast du denn versagt, warum bist du denn nicht linientreu gewesen?“ oder, was noch blöder ist: „Was hast du dir denn dabei gedacht?“ Das ist immer die Frage, die Lehrer oder die Eltern stellen, wenn einer in der Schule irgendeinen Mist gemacht hat. Jesus stellt nicht solche idiotischen Fragen. Er stellt das  anders an. Dezent, aber deutlich. Er spricht das Versagen des Petrus nicht einfach aus, aber er spricht es dreifach an.

Schon beim ersten Wort, das Jesus sagt, da weiß der Petrus Bescheid. Denn Jesus redet ihn hier nicht an mit „Petrus“, das war ja der Name, den Jesus ihm nach seiner Bekehrung gegeben hat. Sondern Er redet ihn mit seinem alten Namen an: „Simon, Sohn des Johannes“. So hieß er vor seiner Bekehrung, als er noch kein Kind Gottes gewesen ist.  Und wenn Jesus ihn hier so anredet, dann heißt das: „Mein lieber Mann, mit dir muss Ich noch einmal ganz von vorne anfangen“. Mit dieser Anrede „Simon“ ist das ungefähr so, wie wenn meine Lehrer zu mir „Theodor“ gesagt haben. Also eigentlich, nach meinem Ausweis, heiße ich Theodor, aber mich haben schon immer alle Theo genannt. Aber wenn mein Lehrer zu mir gesagt hat: „Theodor!“, da wusste ich, dass etwas im Busch war. Das war Alarmstufe eins! Da war ich bei irgendeiner Unbotmäßigkeit erwischt worden. Wenn Jesus hier sagt: „Simon, Sohn des Johannes“, wenn er also hoch offiziell wird, dann will er ihm damit klarmachen: Sünde, also deine Sünde – das ist eine offizielle Sache, und die erledigt sich nicht von alleine. Sondern so etwas muss auch offiziell erledigt werden. Sünde ist Trennung von Gott, und diese Trennung hatte Petrus offiziell und öffentlich vollzogen, in dem er sich von Jesus losgesagt hat.

Jesus nimmt jede Sünde blutig ernst. Sündenerkenntnis tut not.

Viele Menschen nehmen viele Sünden viel zu leicht. Jesus nimmt jede Sünde ernst, blutig ernst. Er verblutet am Kreuz in aller Öffentlichkeit. Es  ging nicht anders. In der Bibel heißt es: es gibt keine Vergebung  ohne Blutvergießen[2]. Da musste erst einmal einer sterben, um den Schaden der Menschheit und die Sünde des Petrus und deine Sünde aus der Welt schaffen zu können. Und wenn Jesus ihn hier ganz offiziell mit seinem alten Namen anredet, da möchte er schon mit dem ersten Wort in dem Petrus eine Sehnsucht wecken. Die Sehnsucht nach Vergebung, nach Befreiung von der alten Schuld. Nach einem neuen Leben, nach Heil. Viele Menschen, die sich Christen nennen, die haben diese Sehnsucht nie verspürt – eben deswegen, weil sie noch nie den Ernst der Sünde begriffen haben. Sünde ist doch keine Panne – Sünde ist eine Katastrophe. Sünde ist Selbstmord! Das ist Selbstausschliessung  aus Gottes Reich. Sünde ist die Eintrittskarte in die Hölle! Das ist der Garantieschein für ewige Verlorenheit. Auch hier in diesem Gottesdienst sitzen immer wieder Menschen, die ihre Verlorenheit  noch nie erkannt haben.

Für diese Menschen ist ja dieser Gottesdienst. Und Gott sei Dank ist dieser Gottesdienst immer wieder für solche Menschen der Punkt gewesen, wo sie diese Verlorenheit erkannt haben. Und wo sie sich ihre Schuld von Jesus haben vergeben lassen, und wiedergeboren wurden, ein neues Leben angefangen haben. Ich höre manchmal von Leuten, die mir nach Jahren, nach Jahrzehnten eine Postkarte schreiben, dass ihr Glaubensweg hier in diesem Gottesdienst angefangen hat. Vor ein paar Tagen hat mir einer geschrieben, der war zu DDR-Zeiten hier drin, das war ein Blinder. Der war damals auch geistlich blind. Er war FDJ-Mitglied und Atheist. Und er hat hier zum ersten Mal von Gott gehört. Und heute ist er ein Christ, der in einer Christlichen Gemeinde lebt. Das ist der Sinn dieses Gottesdienstes, dass in euch eine Sehnsucht entsteht, eine tiefe Sehnsucht nach Vergebung und einem neuen Leben. Und diese Sehnsucht möchte ich in dir wecken, und deswegen frage ich dich jetzt: weißt du, dass du durch deine Sünde vor Gott verloren bist? Fürchtest du dich vor der Hölle? Leidest du unter deiner Schuld? Schämst du dich für deine Sünde? Weißt du, dass nur Jesus dich vor der Hölle retten kann und dass Er dich in den Himmel bringen will? Hast du Jesus schon gebeten, dich zu retten? Sehnst du dich nach Rettung und nach Vergebung? Dann komm doch, und gib Jesus, der damals mit ausgebreiteten Armen am Kreuz hing, dein Leben. Er erwartet dich jetzt mit ausgebreiteten Armen.

Jesu „Therapie“ mit Petrus.

Jesus sagt dem Petrus zunächst nicht: „Hast du Mich lieb?“, sondern er sagt: „Hast du Mich lieber als die anderen?“. Das ist eine diskrete, aber unüberhörbare Anspielung auf die Szene, wo Petrus sich wie ein sieggewohnter Boxer aufgespielt hat mit dieser angeberischen Behauptung „Wenn die alle versagen, also ich ganz bestimmt nicht.“ An diese Arroganz, als er sich für besser hielt als andere, erinnert ihn Jesus hier mit der Frage: „hast du Mich mehr lieb als die anderen.“ Und das Dritte, wodurch Jesus den Petrus an seine Schuld erinnert - Er fragt ihn dreimal: „Hast du Mich lieb?“ Dreimal hat Petrus Jesus verleugnet, dreimal fragt Jesus den Petrus, hast du Mich lieb?“. Er geht sozusagen mit seinem Jünger die Stationen seiner Sünde noch einmal durch[3]. Und Er erspart ihm nicht, jeden falschen Schritt noch einmal nachzuerleben.

Der Petrus begreift: Jesus war zwar gar nicht dabei, als er ihn verleugnet hat, aber Er weiß alles. Jesus wusste es ja schon vorher. Er wusste alles über Petrus, und Er weiß auch alles über dich. Ob deine Sünde, wie beim Petrus, erst ein paar Tage oder Stunden zurückliegt oder Jahre, das spielt keine Rolle. Jesus weiß Bescheid. Kein Mensch weiß, was und wie oft du gesündigt hast, du hast es selber vielleicht schon vergessen, aber Jesus weiß es.

Jesu Frage ist eine Liebeserklärung.

Deswegen ist auch Er der einzige, der dir deine Sünde bewusst machen kann, nämlich durch seinen heiligen Geist. Jesus überführt hier den Petrus Punkt für Punkt seiner Schuld. Aber er macht es nicht, indem er ihn nach seiner Schuld fragt, sondern indem er ihn nach seiner Liebe fragt. „Petrus, hast du mich lieb?“ Wer so fragt, der liebt den anderen. Niemals wird dir jemand, dem du unsympathisch bist, oder verhasst oder gleichgültig, dir diese Frage stellen. Wenn du in den Bus steigst und einen anderen rempelst und dem auf die Füße latschst, da sagt er bestimmt nicht zu dir: „Sagen Sie mal, haben Sie  mich lieb?“

Der denkt ganz etwas Anderes. Sondern wenn dich jemand fragt: „Liebst du mich?“, dann ist das doch nur ein Zeichen, dass er dich liebt, schon bevor du eine Antwort gibst. Die Frage: „Liebst du mich?“ ist in Wirklichkeit eine Liebeserklärung. Wenn also Jesus den Petrus fragt: „Liebst du mich?“, dann will Er ihm damit erklären: „Ich jedenfalls habe dich lieb, nach wie vor, und Ich will, dass es wieder gut ist zwischen uns beiden.“ Jesus liebt dich und er möchte, dass es wieder gut ist zwischen dir und Ihm. Stell dir das einmal vor. Er will das, obwohl er dein Versagen kennt. Er weiß alles von dir, was die anderen alle hier nicht von dir wissen. Was deine Mutter nicht weiß, und was deine Freundin nicht weiß - Er kennt sogar die Gedanken, die nur du alleine in deinem Schädel gedacht hast. Was du schon alles gemacht hast. Er kennt deinen Neid auf deine Klassenkameraden, deinen Hass auf deine Eltern, deine Ausreden, deine Heuchelei, deine elende Feigheit, deine ganze Erbärmlichkeit bis hin zu deiner Gottlosigkeit, kennt Er alles. Und Er liebt dich trotzdem. Er liebt dich so wie du bist, aber er möchte nicht, dass du bleibst wie du bist. Er möchte aus dir einen neuen Menschen machen. Kannst du dir das vorstellen? Das kann man sich eben nicht vorstellen, das übersteigt ja eben jede Vorstellung.

Kannst du ohne Jesus sein?

Aber Liebe läuft ja nicht über die Vorstellung, über den Verstand , sie läuft über das Herz. Also frage ich dich jetzt, Hand aufs Herz: „Hast du Jesus lieb?“ Weißt du, es geht hier nicht um Gefühle. Wenn es um Gefühle geht, da genügt es, wenn du ein paar Bier hinein schüttest und anschließend auf den Rummel gehst und fährst ein paar Runden mit der Berg-und-Tal-Bahn. Da kannst du dich dort befriedigen. Nein, es geht hier um die ganz nüchterne Frage: kannst du ohne Jesus überhaupt sein? Was bleibt von dir übrig, wenn von deinem Leben Jesus abgezogen wird? Welche Rolle spielt Er in deinem Leben? Welche Stelle hat Er in deinem Leben?

Hat er in deinem Leben die erste Stelle? Das ist die einzige Stelle, die Er haben will. Er ist nicht bereit, die zweite oder irgendeine andere Stelle einzunehmen. Entweder Jesus hat in deinem Leben die erste Stelle oder Er hat gar keine. Und heute bewirbt Er sich bei dir um die erste Stelle in deinem Leben. Er bewirbt sich um deine Liebe.

Hast du Mich lieb?

So lockt er dich aus der Tiefe deiner Schuld. Und er kommt nicht mit harter Faust und haut in dein Leben rein, obwohl er dazu auch das Recht und die Macht hätte. Aber es geht ja Jesus nicht um sein Recht, es geht Ihm um deine Rettung. Deshalb kommt Er und deckt deine Sünde auf, in dem Er um deine Liebe bittet: „Hast du mich lieb?“ Petrus antwortet auf diese Frage jedes Mal: „Ja, Herr, Du weißt doch, dass ich Dich liebhabe.“

Das Wichtigste: Jesus nachfolgen. Das biblische Verständnis von Lobpreis.

Wenn es bei dir auch so ist, ja dann sag es ich doch mal. Jesus lieben heißt, dass du seinen Willen tust, dass du ihm gehorchst, dass du ihm nachfolgst. Und deshalb heißt das letzte Wort, was Jesus hier in dieser Geschichte zu Petrus sagt: „Folge mir nach!“.

Das ist buchstäblich das letzte Wort, was Jesus zu Petrus spricht: „Folge mir nach.“ Aber bevor er das sagt, sagt er zu Petrus noch etwas anderes: Ich sage dir, als du Jünger warst, da machtest du, was du wolltest und gingst hin, wohin du wolltest. Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich führen, wo du nicht hinwillst. Das sagte Jesus aber, um zu zeigen, mit welchem Tode Petrus Gott preisen würde. Und als er das zu ihm gesagt hatte, sagt er zu ihm: „Folge mir nach!“

Wir verstehen ja heute unter „preisen“, unter Lobpreis meistens etwas ganz anderes. Es gibt Lobpreis-Gesänge, es gibt Lobpreis-Gesangsgruppen, es gibt Lobpreis-Gottesdienste, wo die Menschen meistens mit ausgestreckten Armen Gott preisen. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen. Jedenfalls solange nicht, solange nicht durch diese Art von Lobpreis übersehen und vergessen wird, dass es in der Bibel noch eine ganz andere Art von Lobpreis gibt. Nämlich die, von der Jesus hier redet. Nämlich, dass einer ins Leiden geführt wird, dass er dorthin geführt wird, wo er nicht hin will: ins Martyrium, in den Märtyrertod. Das ist jedenfalls der Lobpreis-Gottesdienst, zu dem Petrus hier berufen wird, mit diesen abschließenden Worten: „Komm und folge mir nach.“

Und so hat es Jesus im Johannes-Evangelium, ein paar Kapitel vorher, schon gesagt, was für Ihn Verherrlichung Gottes ist: Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger[4]. Jünger von Jesus sein, andauernd zu Jesus rufen, ihm nachfolgen, das ist die Hauptsache. Und deshalb auch das letzte Wort, was Jesus hier zu Petrus spricht: „Folge mir nach!“ Das ist buchstäblich das erste und letzte Wort, das Jesus zu Petrus spricht, das er auch zu seinen Jüngern gesagt hat und das Er hier im Johannes Evangelium zu seinen Jüngern sagt.

Vor allen Predigten, die Jesus gehalten hat, vor allen Wundern, die Er getan hat, und vor allen Erlebnissen, die Er geteilt hat, da steht als Erstes die Aufforderung: „Folge mir nach!“ Und nach allen Pleiten und nach allem Schuldig werden, nach allem Versagen, nach allen Sündenbekenntnissen und nach aller Sündenvergebung steht als letztes die Aufforderung: „Folge Mir nach!“ Mit diesem Wort fängt Jesus an und mit diesem Wort hört Jesus auf.

Ihr wisst ja, das erste und das letzte Wort sind immer von einem ganz besonderen Gewicht. Und  Jesus meint, es ist das Wichtigste für dich, dass du Ihm nachfolgst. Bedenke doch bitte einmal, dass Er dich heute, egal in welcher Situation du lebst, liebt. Er liebt dich, obwohl Er dein Versagen kennt. Er weiß, wie du bisher versagt hast, Er weiß, dass du in Zukunft wieder versagen wirst und Er liebt dich trotzdem. Vergiss das nicht, Er liebt dich trotzdem.

 

* * * * *



[1] Wolfgang Tost ist Liedermacher und langjähriger Wegbegleiter von Theo Lehmann – Anm. des Schreibers

[2] Hebräer 9, 22 – Anm. des Schreibers

[3] Vielleicht fühlte sich Petrus auch durch das in Vers 9 erwähnte Kohlenfeuer, welches Jesus am Strand vorbereitet hatte, an das Kohlenfeuer im Innenhof des Palastes des Hohepriesters erinnert. – Anm. des Schreibers

[4] Johannes 15, 8