Volker Gäckle

Jugendgottesdienst 04.06.2000

»Ist Gott wie Big Brother?«

 

 

 

 

Ich hab mir lange überlegt, ob man in einer Predigt »Big Brother« überhaupt in den Mund nehmen darf. So wie die Sendung in den Medien verrissen wurde, muss man sich das gut überlegen.
Und ich will hier auch gar nicht gut machen, was nicht gut ist. Ich hab mich nur gefragt, warum fahren so viele Leute auf diese Sendung ab. Das Ding ist eigentlich öde und langweilig. Ich meine, wenn man aus dem EM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft ein Big Brother-Haus machen würde, das könnte ich mir unterhaltsam vorstellen. Und nach jedem Spiel werden ein paar Spieler nominiert und man darf dann abstimmen, wer nächstes mal draußen bleibt.
Stellt euch mal vor, man würde das beim VfB machen, die könnten nach drei Spielen überhaupt nicht mehr antreten.

 

Oder Big Brother in der Politik. Die Politiker klagen ja immer über sinkende Wahlbeteiligung v.a. bei Jugendlichen. Wie wäre das, wenn man vor der nächsten Wahl mal Gerhard Schröder, Edmund Stoiber, und die Angela Merkel in ein Big Brother-Haus steckt. Und zur Unterhaltung noch den Jürgen Möllemann und den Oskar Lafontaine dazu. Und wer's am längsten aushält wird Kanzler! Da könnte ich für eine gigantische Wahlbeteiligung garantieren.

 

Aber so ist diese Idee eigentlich zum gähnen: Es wird schließlich nur gelabert!
Was macht das ganze trotzdem so faszinierend, dass Millionen von Leuten sich das Ding ankucken? Und ich behaupte einmal ganz steil: Ein Grund warum Menschen sich das öde Gelaber immer wieder anglotzen, ist der, dass man als Zuschauer einmal in seinem Leben Gott spielen kann.
Ich sitze vor der Glotze und bin Big Brother. Ich schlüpfe für eine Stunde am Tag so ein klein wenig in die Rolle Gottes. Ich sehe alles, ich weiß alles - denkt man sich zumindest - und am Ende darf ich Richter spielen: Zlatko raus oder Kerstin raus, das ist ja so ein bisschen wie Himmel oder Hölle. Big Brother heißt, Gott spielen vor der Glotze.

 

Nun gibt's viele kluge Menschen, die sagen: Nein, Gott ist ganz anders, Gott ist überhaupt nicht wie Big Brother. Gott ist nicht so einer der ständig in unser Leben reinkuckt und dann aufschreibt, was gut läuft und schlecht läuft und am Ende den Daumen hebt und senkt. Nein, - sagen sie - so ist Gott nicht.
Ich habe deshalb noch mal in meiner Bibel nachgeschlagen und mich ein bisschen schlau gemacht. Und dabei habe ich festgestellt, dass Gott sehr wohl wie Big Brother ist. Gott achtet sehr wohl sehr genau darauf, was wir Menschen tun. Gott interessiert sich brennend für das was wir Tun und Lassen, auch für das was wir Sagen oder auch nicht. Und Gott vergisst das auch nicht, bei Gott verjähren die Dinge auch nicht, so dass die Sache nach 20 Jahren erledigt ist. Nein, Gott registriert wirklich alles, sogar unsere Gedanken und Gefühle und er hat ein unwahrscheinlich gutes Gedächtnis.

Und jetzt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Die gute ist, dass Gott nicht petzt. Bei ihm ist das anders als bei der Nationalmannschaft: Er lässt nichts raus. Da dringt nichts nach außen. Gott hält dicht und Gott ist abhörsicher. Deshalb: Was du ihm sagst, das ist bei ihm wirklich gut aufgehoben. Da geht nichts raus.

 

Die schlechte Nachricht ist, dass Gott sehr vieles nicht gefällt, was er in unserem Leben sieht. Auch das steht sehr deutlich in der Bibel. Und es gefällt ihm deshalb nicht, weil wir uns und andere damit kaputt machen und weil wir ihn mit unserem Tun verachten. Z.B. die Art und Weise wie wir mit unserem Geld umgehen. Die Art und Weise, wie wir mit unseren Beziehungen umgehen, vor allem mit den schwierigen Beziehungen, die Art und Weise, wie wir mit unserer Sexualität umgehen. Wir tun so vieles was uns und anderen schadet. Und wir tun so vieles womit wir Gott und sein Wort verachten. Gott sagt dazu immer Nein!

 

Und Gott wird einmal Gericht über unserem Leben halten. Ich weiß, dass es auch da wieder viele Menschen gibt, die so was ablehnen und behaupten, der liebe Gott hält kein Gericht und so was sei eine Vorstellung von vorgestern. Und überhaupt man darf doch Menschen keine Angst machen und ihr könnt dann nicht mehr einschlafen heute nacht. Und ich verstehe das auch sehr gut. Es macht mir selbst auch keinen Spaß, über das Gericht Gottes zu predigen, und manchmal erschrecke ich über mich, wie feige ich oft bin, wie gern ich diesen Punkt verschweige.

 

Aber die Frage ist eigentlich schlicht und einfach: Gibt es ein Gericht Gottes oder nicht? Ich hab noch mal in der Bibel nachgekuckt und gemerkt, dass dort fast auf jeder dritten Seite vom Gericht Gottes die Rede ist. Wer das Gericht aus der Bibel streichen will, der hat nachher nicht mehr viel übrig.
Und weil Jesus dieses Gericht unmissverständlich angekündigt hat, muss ich auch drüber reden, sonst würde ich doch euch und mir was in die Tasche lügen. Es hilft niemanden, wenn wir die unbequemen Dinge der Wirklichkeit Gottes verschweigen. Nein, Gott wird uns einmal alle vor seinem Richterstuhl zur Rechenschaft ziehen. In der Bibel steht: Es ist dem Menschen bestimmt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.

 

Was das Gericht Gottes aber von Big Brother unterscheidet, ist dass Gott keine Tedabstimmung macht, so nach dem Motto: Jürgen raus, oder Sabrina raus. Sondern er wird selbst richten. Dass Gott uns richtet, gibt unserem Leben übrigens eine ungeheuere Würde. Es ist Gott nicht egal, was wir tun. Gott interessiert für unser Leben und das allein schon, gibt uns einen unglaublichen Wert, das macht uns wichtig. Dass Gott sich für unser Denken, Reden und Handeln interessiert, gibt diesem Denken, Reden und Handeln einen Sinn.

 

Und Gott wird gerecht richten, gerechter als Menschen es tun. Aber weil das so ist - das ist die andere Seite -, ist unsere Situation sehr ernst. Denn wir haben vor Gott auf allen Positionen unseres Lebenskontos ein Minus stehen.
Wenn wir könnten, würden wir jetzt weg laufen, so wie bei Big Brother. Wer Big Brother satt hat, kann gehen. Wer eine Ausbildung satt hat kann gehen. Wer einen Job satt hat kann gehen. Wir haben es uns angewöhnt zu gehen, wenn es schwierig wird. Das können wir bei Gottes Gericht nicht. Wir werden einmal vor seinem Thron stehen und können uns da nicht einfach verabschieden.

 

Viele Menschen wollen das nicht wahr haben: Sie haben ein Bild von Gott, dass ihn zum senilen Trottel degradiert, der am Ende sowieso nicht dem Mumm hat, einen in die Hölle zu schicken. Ich kann nur sagen: Wer Gott und sein Wort nicht ernst nimmt, der macht einen Fehler. Um es klar zu sagen: Unsere Lage ist nicht nur ernst, sie ist eigentlich aussichtslos! Sie ist eigentlich zum Verzweifeln. Und es braucht nicht weniger als ein Wunder, um uns da noch mal raus zu holen.

 

Und weil Gott das alles weiß, und weil Gott uns trotz all dem Mist, den er in unserem Leben sieht, immer noch lieb hat, hat er ein Wunder getan. Er hat etwas gemacht, was es bei Big Brother auch gibt: Er hat einen reingeschickt. Aber er schickt nicht Verona Feldbusch, die auch gleich wieder geht, sondern er schickt seinen eigenen Sohn rein. Und Jesus ist gegangen, freiwillig, aus der gleichen Liebe zu uns, die auch sein Vater zu uns hat. Jesus sagt: Ich verlasse freiwillig meine himmlische Herrlichkeit um in das Haus dieser Welt einzuziehen, in der sich Menschen soviel Leid antun. Ich übernehme freiwillig die Verantwortung für deine Schulden, auch wenn es mein Leben kostet.
Jesus ist eingezogen in das Haus deines Lebens, um den Kopf hinzuhalten für unsere Lügen, für unsere Laster, für unsere Fehler, für den ganzen Müll, den wir immer wieder produzieren. Er ist eingezogen, um das Gerichtsurteil zu übernehmen, das wir verdient haben.

 

Und Gott hält Gericht über ihm. Am Kreuz von Golgatha, da wird mein und dein Gerichtsurteil vollstreckt. Da stirbt ein Unschuldiger für dich und mich. Da hält einer für uns den Kopf hin.

Warum tut Jesus das? Der Apostel Paulus erklärt uns das im Römerbrief, Kapitel 8, ab Vers 31: Dort schreibt er:

 

»Ist Gott für uns, wer kann dann noch gegen uns sein? Wenn er sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns hergibt, wie sollte er uns dann nicht auch alles andere schenken?
Wer will gegen die Auserwählten Gottes noch Anklage erheben? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will hier noch verurteilen? Jesus Christus ist hier, der gestorben ist und auch wieder auferstanden ist. Er sitzt zur Rechten Gottes und vertritt uns. Und am Ende schreibt Paulus: Deshalb - weil das so ist - kann uns nichts mehr trennen von der Liebe Gottes.«

 

Weil Gott dich unendlich liebt, weil er kompromisslos für dich ist, deshalb besorgt er dir den besten Rechtsanwalt, den es gibt. Jesus ist unser Rechtsanwalt. Und wenn einmal im Gericht Gottes der Teufel und alle bösen Mächte dieser Welt uns anklagen, uns nominieren wollen und uns aus dem Himmel rausschmeißen wollen, dann wird Jesus aufstehen. Und Jesus wird sagen: »Oh ja, ihr habt völlig recht. Den, den ihr da anklagt, das ist ein totaler Sünder und ich muss euch in allen Anklagepunkten recht geben. Aber trotzdem werde ich ihn nicht verurteilen, denn sein Schuld ist schon beglichen, die habe ich schon bezahlt. Und er hat sich das gefallen lassen. Er war demütig genug, um dieses Geschenk der Vergebung anzunehmen. Und er war auch demütig genug, um an mich zu glauben. Deshalb bin ich für ihn!«
Und dann wir Gott sagen: »Weil mein Sohn für ihn ist, bin ich auch für ihn!« So wird das sein. Und ich bitte dich, sei nicht zu stolz, um dich von Jesus freisprechen zu lassen. Sei nicht zu arrogant, um dich von ihm retten zu lassen. Zu Glauben ist eigentlich ganz einfach und trotzdem braucht man viel Mut dazu.

Gott ist für dich! Das gilt übrigens auch nicht erst, wenn wir mal vor seinem Thron stehen, sondern das gilt schon heute! Gott ist für dich, auch wenn du den Eindruck hast, dass die ganze Welt immer nur gegen dich ist.

 

Ich weiß, dass heute Abend viele da sind, von denen immer nur Leistung erwartet wurde. Wo Eltern waren, die immer nur dann zufrieden waren, wenn du funktioniert hast. Die immer nur dann ein bisschen Liebe rausgerückt haben, wenn du gut warst. Vor einigen Wochen hat mir eine Frau gesagt. »Wissen Sie, ich bekam immer zu spüren, dass ich nicht recht bin ... Meine Schwester, die war in Ordnung, ich nicht! Das hat mir weh getan, das hat mich kaputt gemacht.« Es gibt viele, die sich unglaublich anstrengen, um von ihren Eltern oder von ihren Freunden angenommen und akzeptiert zu werden, die aber immer nur Ablehnung erfahren.

 

Wenn das bei dir so ist, dann lass dir das sagen: Gott ist für dich, ganz kompromisslos. Das kann man am Kreuz sehen. Und wenn du diese Liebe mal gespürt hast, dann wird sie dich auch verändern. Dann wird die Liebe Gottes dich zu einem Menschen machen, der nun selber für andere ist und auch für andere da ist.

 

Zu einem Menschen, der nicht gleich wegläuft, wenn's mal Dicke kommt. Zu einem Menschen, der sich nicht verdrückt, wenn andere ihm mal die Wahrheit sagen. Zu einem Menschen an dem sich andere festhalten können, wenn sie den Halt verlieren. Zu einem Menschen von dem deine Freunde wissen: Der ist immer für mich da. Und von dem und dein Ehepartner und deine Kinder, wenn es mal soweit ist, einmal wissen werden: Dieser Mensch gibt das Letzte für mich. Der steht für mich hin, wenn's drauf an kommt.


Jesus will dich zu einem Menschen machen, wie du es eigentlich selbst sein willst. Wie du es dir selber eigentlich wünschst. Ein Mensch, auf den man sich verlassen kann.

 

Gott ist für dich! Ich bitte, lass dir das gefallen, nimm es einfach an und dein Leben kann beginnen.

 

Amen.